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<strong>Lebenswelt</strong><br />

„Schlüssel zum Sozialen“<br />

7. Vorlesung - 10. Kapitel<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

10. <strong>Lebenswelt</strong><br />

1. Rahmung: Begriff <strong>de</strong>r <strong>Lebenswelt</strong><br />

2. Soziale Arbeit als Vermittlungsarbeit<br />

3. Hans Thiersch: <strong>Lebenswelt</strong>orientierung<br />

4. <strong>Lebenswelt</strong>orientierte Soziale Arbeit<br />

5. Zusammenfassung<br />

Fragestellung:<br />

Was heißt <strong>Lebenswelt</strong> und welche Be<strong>de</strong>utung hat sie für die<br />

Gestaltung einer zeitgemäßen Sozialen Arbeit?<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

1


10.1. Rahmung: Begriff <strong>de</strong>r <strong>Lebenswelt</strong><br />

• Edmund Husserl (1859 - 1938):<br />

Die <strong>Lebenswelt</strong> ist die unbefragte Grundlage jeglichen<br />

Alltagshan<strong>de</strong>ln und Denkens, ein „Universum <strong>de</strong>s<br />

Selbstverständlichen“, anschaulich, praktisch und konkret („konkrete<br />

<strong>Lebenswelt</strong>“)<br />

• Kurt Lewin (1890 - 1947):<br />

<strong>Lebenswelt</strong> ist <strong>de</strong>r „Inbegriff möglichen Verhaltens“; es geht um die<br />

aktuelle Wahrnehmung bisheriger Erfahrungen und <strong>de</strong>r inneren und<br />

äußeren Situation<br />

• Alfred Schütz (1899 - 1959):<br />

Die <strong>Lebenswelt</strong> ist die Welt <strong>de</strong>s „Je<strong>de</strong>rmann“, wo sich je<strong>de</strong>r mit<br />

je<strong>de</strong>m alltäglich verständigt, han<strong>de</strong>lt und <strong>de</strong>nkt: eine intersubjektive<br />

Kulturwelt und eine Welt <strong>de</strong>s subjektiven Sinns<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

10.2. Soziale Arbeit als Vermittlungsarbeit<br />

Nach Hans Thiersch<br />

• ist Soziale Arbeit „engagiert in Problemen, die Menschen in sich und<br />

mit sich selbst haben,<br />

• also in ihren Entwicklungs-, Lern- und Bewältigungsaufgaben;<br />

• sie vermittelt zwischen Gesellschaft und Subjekt<br />

• im Primat <strong>de</strong>s Subjekts —<br />

• sie ist erst in zweiter Linie engagiert in <strong>de</strong>n Problemen, die die<br />

Gesellschaft mit Menschen in Schwierigkeiten hat“ (Thiersch 2002a:<br />

34)<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

2


10.3.1. Eckpunkte bei Thiersch<br />

• Soziale Anthropologie:<br />

Alltag stellt die Lebenserfahrung aller Menschen dar<br />

• Grundpositionen:<br />

<strong>Lebenswelt</strong>orientierung bezieht sich „auf die Bewältigungs- und<br />

Verarbeitungsformen von Problemen in <strong>de</strong>r <strong>Lebenswelt</strong>“<br />

• Theorie <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit:<br />

Soziale Arbeit sucht „Menschen in <strong>de</strong>n Problemen <strong>de</strong>s Alltags und<br />

<strong>de</strong>r Anstrengung <strong>de</strong>r Lebensbewältigung zu unterstützen und ihnen<br />

so zu einem gelingen<strong>de</strong>ren Alltag und zu Bewältigungsmustern <strong>de</strong>r<br />

Anerkennung zu helfen“<br />

• Professionalität:<br />

Handlungsmaximen sind Prävention, Dezentralisierung, Alltagsnähe,<br />

Integration/Normalisierung und Partizipation<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

10.3.2. Flexible Hilfen zur Erziehung<br />

• Daraus folgt eine Anpassung <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>nen Soziale<br />

Arbeit die Subjekte in <strong>de</strong>ren Lebensbewältigung unterstützt:<br />

• <strong>Lebenswelt</strong>liche<br />

Soziale Arbeit<br />

kann nicht aus<br />

„Standardlösungen“<br />

bestehen<br />

• Hilfen sind lebensweltgerecht<br />

und<br />

<strong>de</strong>m Einzelfall<br />

angemessen<br />

„maßzuschnei<strong>de</strong>rn“<br />

http://www.statistik.ba<strong>de</strong>nwuerttemberg.<strong>de</strong>/GesundhSozRecht/Lan<strong>de</strong>sdaten/Jugendhilfe/KJH_01.asp<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

3


10.4. <strong>Lebenswelt</strong>orientierte Soziale Arbeit (1)<br />

• <strong>Lebenswelt</strong>orientierte Soziale Arbeit stellt als Theorie eine Antwort<br />

auf die Entwicklung <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Gesellschaft und ihrer Probleme<br />

für die Subjekte dar; dazu Hans Thiersch:<br />

– „Prinzip <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit“ (sozusagen ihr Auftrag) ist die<br />

„Realisierung <strong>de</strong>r Gerechtigkeit“ und<br />

– ihre „spezifische Aufgabe“ die „Lebensbewältigung als Gestaltung<br />

<strong>de</strong>s Sozialen im Zeichen von Gerechtigkeit, als Herstellung von<br />

Teilhabechancen und Unterstützung in Kommunikations- und<br />

Interaktionsproblemen und <strong>de</strong>r Inszenierung von lebbaren<br />

Räumen, also einer kommunalen Infrastruktur“<br />

– Der Sozialstaat ist die „Antwort auf die Frage danach, wie<br />

soziale Gerechtigkeit für alle realisiert wer<strong>de</strong>n kann“<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

10.4. <strong>Lebenswelt</strong>orientierte Soziale Arbeit (2)<br />

• Soziale Arbeit ist zuständig „für Aufgaben <strong>de</strong>r Unterstützung und<br />

Hilfe in Problemen <strong>de</strong>r Entwicklung von und <strong>de</strong>s Lernens für<br />

Lebenskompetenzen, für die ‚Kunst <strong>de</strong>s Lebens’ (Salomon), für<br />

Aufgaben im Ziel einer Hilfe zur Selbsthilfe“.<br />

• Sie „ist engagiert in Problemen, die Menschen in sich und mit sich<br />

selbst haben, also in ihren Entwicklungs-, Lern- und Bewältigungsaufgaben;<br />

sie vermittelt zwischen Gesellschaft und Subjekt im Primat<br />

<strong>de</strong>s Subjekts - sie ist erst in zweiter Linie engagiert in <strong>de</strong>n Problemen,<br />

die die Gesellschaft mit Menschen in Schwierigkeiten hat“.<br />

• „‚Anfangen wo <strong>de</strong>r Klient steht‘, Situationsbezug <strong>de</strong>r Arbeit,<br />

Gemeinwesenarbeit sind Konzepte, die als <strong>Lebenswelt</strong>orientierung<br />

… (im) weiten Sinn verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können“.<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

4


10.4. <strong>Lebenswelt</strong>orientierte Soziale Arbeit (3)<br />

Soziale<br />

Arbeit<br />

familialer<br />

Kontext<br />

Subjekt<br />

„objektive“<br />

Faktoren<br />

Kollektiv/e<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

10.5. Zusammenfassung und Kritik<br />

• Nach Thiersch wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Alltag und die <strong>Lebenswelt</strong> <strong>de</strong>r Subjekte<br />

als Ort <strong>de</strong>r Lebensbewältigung zum zentralen Feld <strong>de</strong>r Interaktion<br />

zwischen Subjekten und Akteuren im sozialen Beruf.<br />

• Kritisch wird angemerkt, dass die von ihm formulierte Ansprüche<br />

einer <strong>Lebenswelt</strong>orientierung in <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit als (zu)<br />

moralisch und angesichts <strong>de</strong>r Zumutungen <strong>de</strong>r Risikogesellschaft als<br />

lebensfern, wenn nicht -fremd wahrgenommen wer<strong>de</strong>n. Es wer<strong>de</strong><br />

eine (professionelle) Informiertheit bei <strong>de</strong>n Akteuren unterstellt, die<br />

nur selten gegeben sei. Das Konzept übersehe die starken<br />

Auftraggeber, die die Soziale Arbeit eingrenzen und kein Interesse<br />

an <strong>de</strong>r Realisierung einer tatsächlichen <strong>Lebenswelt</strong>orientierung<br />

haben können. Der handlungspraktische Vollzug <strong>de</strong>r Ansprüche an<br />

eine lebensweltorientierte Soziale Arbeit falle daher oft schwer.<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

5


Literatur 9. Kapitel<br />

• Grunwald, K., und Thiersch, H.: Das Konzept <strong>Lebenswelt</strong>orientierte<br />

Soziale Arbeit — einleiten<strong>de</strong> Bemerkungen; in: diess. (Hg.), Praxis<br />

<strong>Lebenswelt</strong>orientierter Sozialer Arbeit, Weinheim und München<br />

2004: 13-39<br />

• Thiersch, H.: <strong>Lebenswelt</strong>orientierte Soziale Arbeit. Aufgaben und<br />

Praxis im sozialen Wan<strong>de</strong>l, Weinheim und München 1992 ( 4 2000)<br />

• Thiersch, H.: <strong>Lebenswelt</strong>orientierung in <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit – als<br />

radikalisiertes Programm; in: <strong>de</strong>rs., Positionsbestimmungen <strong>de</strong>r<br />

Sozialen Arbeit, Weinheim und München 2002 (a): 29-51<br />

• Thiersch, H.: Der Beitrag <strong>de</strong>r Sozialen Arbeit für die Gestaltung <strong>de</strong>s<br />

Sozialen. Ein Resümee; in: Lange, D., und Karsten, F. (Hg.): Soziale<br />

Fragen – Soziale Antworten, Neuwied 2002 (b): 12-21<br />

• Thole, W.: Soziale Arbeit als Profession und Disziplin; in: <strong>de</strong>rs. (Hg.),<br />

Grundriss Soziale Arbeit, Opla<strong>de</strong>n 2002, S. 13-59<br />

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt<br />

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