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RLV-Fachausschuss Milch - Kartellamt macht keine Milchpreise

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AGRARPOLITIK<br />

Eva-Maria Schulze vom Bundeskartellamt referierte<br />

vor dem <strong>RLV</strong>-<strong>Fachausschuss</strong> <strong>Milch</strong>. Nicht nur <strong>RLV</strong>-<br />

Präsident Friedhelm Decker lauschte aufmerksam<br />

ihren Ausführungen.<br />

<strong>Kartellamt</strong> <strong>macht</strong> <strong>keine</strong><br />

<strong>Milch</strong>preise<br />

Eva-Maria Schulze vom Bundeskartellamt zu Gast beim <strong>RLV</strong>-<strong>Fachausschuss</strong><br />

<strong>Milch</strong><br />

Gut, ja sehr gut besucht war die jüngste Sitzung<br />

des <strong>Fachausschuss</strong>es <strong>Milch</strong> des Rheinischen<br />

Landwirtschafts-Verbandes (<strong>RLV</strong>)<br />

am Mittwoch vergangener Woche in Bonn.<br />

49 Mitglieder waren gekommen und damit<br />

war der Ausschuss fast vollständig vertreten.<br />

Kein Wunder, denn ein besonderer Gast<br />

war angekündigt. Der Ausschussvorsitzende<br />

Wilhelm Neu konnte Eva-Maria Schulze<br />

vom Bundeskartellamt begrüßen. Die Beisitzerin<br />

der zweiten Beschlussabteilung des<br />

<strong>Kartellamt</strong>es stand dabei den Ausschussmitgliedern<br />

Rede und Antwort rund um die<br />

Arbeit des <strong>Kartellamt</strong>es und insbesondere<br />

über die kartellrechtliche Situation im<br />

<strong>Milch</strong>bereich.<br />

Molkereien, die sich unter Druck gesetzt<br />

fühlten, sich an das <strong>Kartellamt</strong> wendeten.<br />

„Diese Molkereien riskieren mit einer Anzeige<br />

beim <strong>Kartellamt</strong>, dass sie ausgelistet<br />

werden“, so die <strong>Kartellamt</strong>smitarbeiterin.<br />

Sektoruntersuchung im <strong>Milch</strong>bereich<br />

Dies halt aber das Bundeskartellamt zurzeit<br />

nicht davon ab, eine Sektoruntersuchung im<br />

<strong>Milch</strong>bereich durchzuführen, um die Strukturen<br />

und Handelsbeziehungen der <strong>Milch</strong>branche<br />

besser zu verstehen. Anlass hierzu seien<br />

zahlreiche Beschwerden gewesen von wechselwilligen<br />

<strong>Milch</strong>erzeugern, die <strong>keine</strong> Molkerei<br />

fänden oder wegen langer Kündigungsfristen<br />

kurzfristig nicht wechseln könnten,<br />

aber auch Beschwerden von Molkereien,<br />

dass sich Lieferanten gegen neue Lieferbedingungen<br />

zur Wehr setzten. „Es gibt dabei<br />

sehr hohe Erwartungshaltungen an das Kartellrecht“,<br />

meinte die Referentin. Aber das<br />

Kartellrecht könne die globalen Rahmenbedingungen<br />

nicht ändern. „Und was wir vor<br />

allen Dingen nicht können: Wir können nicht<br />

die Auszahlungspreise der Molkereien festlegen“,<br />

<strong>macht</strong>e Eva-Maria Schulze unmissverständlich<br />

deutlich. Das Problem sei, die<br />

Politik habe die <strong>Milch</strong>erzeuger lange nicht<br />

als Unternehmer gesehen und in den Markt<br />

eingegriffen. Die <strong>Milch</strong>erzeuger müssten<br />

sich künftig noch stärker den Rahmenbedingungen<br />

stellen und deren einzelbetriebliche<br />

Auswirkungen besser abschätzen.<br />

Sie warnte davor, zu glauben, dass der Staat<br />

so weitblickend sei, für alle die richtigen<br />

Bedingungen zu schaffen. So werde beispielsweise<br />

die Frage der Kündigungsfrist<br />

von den <strong>Milch</strong>erzeugern unterschiedlich bewertet.<br />

Ob lange Kündigungsfristen und damit<br />

auch eine vertraglich geregelte längere<br />

Abnahmegarantie gut oder schlecht seien,<br />

müsse jeder Unternehmer für sich selbst<br />

entscheiden, so die <strong>Kartellamt</strong>svertreterin.<br />

Sie sprach auch das Thema <strong>Milch</strong>erzeugergemeinschaften<br />

an. Die derzeit größte<br />

<strong>Milch</strong> erzeugergemeinschaft in Deutschland<br />

sei die Bayern MEG, die rund 30 % des<br />

<strong>Milch</strong>aufkommens in Bayern bündele. Dagegen<br />

sei kartellrechtlich nichts einzuwen-<br />

Was die Landwirtschaft anbelangt, so sind<br />

die wesentlichen Aufgaben des <strong>Kartellamt</strong>es<br />

die Zusammenschluss- und Missbrauchkontrollen.<br />

„Im deutschen Lebensmitteleinzelhandel<br />

dominieren dabei einige wenige<br />

Große das Geschehen“, erläuterte Eva-Maria<br />

Schulze. Schon allein aus diesem Grund<br />

sei es häufig schwierig, einen vermuteten<br />

Missbrauch von Markt<strong>macht</strong> durch Zeugen<br />

nachzuweisen. Die „Ross- und Reiterproblematik“<br />

verhindere, dass beispielsweise<br />

Die Mitglieder des <strong>RLV</strong>-<strong>Fachausschuss</strong>es <strong>Milch</strong><br />

stimmten noch einmal über ihre bisherigen Positionen<br />

zur <strong>Milch</strong>politik ab. Fotos: Dr. Elisabeth Legge<br />

10 LZ 42 · 2009


AGRARPOLITIK<br />

Lage am <strong>Milch</strong>markt festigt sich<br />

Die Lage am <strong>Milch</strong>markt scheint sich zu<br />

bessern. Wie Reinhard Schoch von der<br />

Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft<br />

(AMI) auf der Sitzung des <strong>RLV</strong>-<strong>Fachausschuss</strong>es<br />

<strong>Milch</strong> erläuterte, gibt es dafür<br />

einige Anzeichen. Zur Marktbelebung<br />

trage unter anderem die rückläufige<br />

<strong>Milch</strong>anlieferung in Deutschland und<br />

der EU bei. Außerdem sei das Angebot<br />

an Butter knapp. Indiz hierfür seien die<br />

Preise, die im Oktober um circa 20 %<br />

gestiegen seien. Auch der Käsemarkt<br />

sei von einer regen Nachfrage und<br />

einem knappen Angebot gekennzeichnet,<br />

betonte Schoch. Erfreulich sei,<br />

dass der Export in Drittländer und Südeuropa<br />

wieder angezogen ist, was auf<br />

eine angestiegene Kaufbereitschaft<br />

zurückzuführen sei. Ein weiterer Indikator<br />

für eine Stabilisierung und mögliche<br />

Trendumkehr am deutschen <strong>Milch</strong>markt<br />

sei der deutliche Anstieg des Rohstoffwertes<br />

für <strong>Milch</strong> in den letzten Monaten.<br />

Der Rohstoffwert, der die Verwertungsmöglichkeit<br />

für Butter und Magermilchpulver<br />

wiedergibt, sei von seinem<br />

tiefsten Punkt im März 2009 inzwischen<br />

um 4 Cent/kg gestiegen. <br />

Q<br />

den, so die Referentin. Allerdings eine<br />

100 %ige Bündelung aller <strong>Milch</strong>erzeuger<br />

beispielsweise im <strong>Milch</strong>board sei nicht<br />

möglich, betonte Eva-Maria Schulze: „Eine<br />

solche Behauptung ist unredlich und kartellrechtlich<br />

unzulässig. Erzeuger dürfen<br />

sich zusammenschließen, aber der Wettbewerb<br />

darf nicht ausgeschlossen werden.“<br />

Natürlich waren auch die milchpolitischen<br />

Diskussionen auf EU- und nationaler Ebene<br />

Thema der <strong>Fachausschuss</strong>sitzung. Einen<br />

Überblick über den aktuellen Stand gab Dr.<br />

Rudolf Schmidt, <strong>Milch</strong>referent des Deutschen<br />

Bauernverbandes (DBV). Er berichtete<br />

unter anderem über das Sondertreffen<br />

der EU-Agrarminister am 5. Oktober in Brüssel.<br />

Die Kommission habe dabei die Einsetzung<br />

einer hochrangigen Expertengruppe<br />

angekündigt, die unter anderem künftige<br />

Vertragsbeziehungen zwischen Molkereien<br />

und <strong>Milch</strong>erzeugern prüfen soll, um Angebot<br />

und Nachfrage auf dem Markt besser<br />

aufeinander abzustimmen. Aber auch die<br />

Möglichkeiten für eine stärkere Verhandlungsposition<br />

von <strong>Milch</strong>erzeugern und die<br />

Chancen von Warenterminmärkten für<br />

<strong>Milch</strong>erzeuger sollen untersucht werden.<br />

Die Kommission habe darüber hinaus angekündigt,<br />

so der DBV-<strong>Milch</strong>referent weiter,<br />

beim nächsten Agrarrat am 19. Oktober Vorschläge<br />

über kurzfristige Maßnahmen zur<br />

Unterstützung des <strong>Milch</strong>sektors vorzulegen.<br />

Hierzu gehöre unter anderem die Anhebung<br />

der Beihilfegrenze für nationale<br />

Hilfsmaßnahmen, eine schnellere Reaktion<br />

bei Marktkrisen durch Aufnahme einer<br />

Dringlichkeitsklausel, ein nationales Herauskaufprogramm<br />

<strong>Milch</strong>quoten, eine Verlängerung<br />

des Interventionszeitraums für<br />

Butter und Magermilch sowie die Auslagerung<br />

der Interventionsbestände, wenn die<br />

Marktentwicklung nicht gefährdet werde. In<br />

der anschließenden Diskussion wurden<br />

Zweifel der <strong>Milch</strong>erzeuger deutlich, ob die<br />

Vorschläge der Kommission überhaupt finanzierbar<br />

und damit umsetzbar sind. Andernfalls<br />

würden sich die Überlegungen der<br />

Kommission als „zahnlose Tiger“ erweisen,<br />

die den <strong>Milch</strong>erzeugern nicht weiterhelfen<br />

würden, so der Tenor im <strong>Fachausschuss</strong>.<br />

Der DBV-<strong>Milch</strong>referent ging auch kurz auf<br />

das Treffen der deutschen Landwirtschaftsminister<br />

in Eisleben ein. Die Minister hätten<br />

dabei mit großer Mehrheit EU-weite Lösungen<br />

in punkto <strong>Milch</strong>markt gefordert und nationale<br />

Alleingänge etwa bei der Saldierung<br />

und Quotenerhöhung abgelehnt.<br />

Forderungen werden beibehalten<br />

Und wie lauten die Forderungen des <strong>Fachausschuss</strong>es<br />

in punkto <strong>Milch</strong>politik. Halten<br />

die Mitglieder an ihren bisherigen beschlossenen<br />

Forderungen fest? Mit großer<br />

Mehrheit stimmten die Mitglieder dafür,<br />

die bisherige Auffassung des <strong>Fachausschuss</strong>es<br />

zur <strong>Milch</strong>politik beizubehalten.<br />

Hierzu zählt unter anderem die einzelbetriebliche<br />

Zuteilung der Quotenerhöhung<br />

an die Betriebe – soweit diese nicht mehr<br />

rückgängig ge<strong>macht</strong> werden –, außerdem<br />

soll auf nationale Alleingänge verzichtet<br />

werden und sowohl die Molkereisaldierung<br />

als auch die Bundessaldierung in unveränderter<br />

Form beibehalten werden.<br />

Zum Ende der Ausschusssitzung kam es<br />

noch zu einer intensiven Aussprache über<br />

die berufsständische Situation im <strong>Milch</strong>bereich.<br />

An dieser Aussprache, in der <strong>RLV</strong>-<br />

Hauptgeschäftsführer Willi Bennerscheidt<br />

die von unten nach oben erfolgende Willensbildung<br />

im Verband beschrieb, beteiligten<br />

sich zahlreiche Ausschussmitglieder,<br />

von denen auch einige im BDM engagiert<br />

sind. Am Ende stand ein übereinstimmend<br />

formuliertes Ziel. Nach manchen Gräben<br />

insbesondere der letzten Wochen sollten<br />

nun die Reihen wieder geschlossen werden,<br />

hieß es hierzu im Ausschuss. Denn, so betonte<br />

ein Sitzungsteilnehmer: „Nur ein geschlossener<br />

Berufsverband kann in immer<br />

schwieriger werdenden Zeiten für bestmögliche<br />

Rahmenbedingungen sorgen.“ el<br />

LZ 42 · 2009 11

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