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Finanzsystem und Krise in Argentinien und Chile1 - Beigewum

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<strong>F<strong>in</strong>anzsystem</strong> <strong>und</strong> <strong>Krise</strong> <strong>in</strong> Argent<strong>in</strong>ien <strong>und</strong> Chile<br />

wurde durch e<strong>in</strong>e passive Geldpolitik ergänzt (der »enfoque morlctario dei balance de<br />

pa,gos«), <strong>in</strong> der die Geldmenge durch Devisenzufluss oder -abfluss bestimmt wurde.<br />

Kurz danach wurde der Wechselkurs durch die so genannte »Tablita« eng an<br />

den Dollar geb<strong>und</strong>en. Der Effekt war e<strong>in</strong>e reale AufWertung des Pesos. Begründet<br />

wurde die Tablita mit der Inflationsbekämpfung, real ebnete sie aber durch e<strong>in</strong>e<br />

künstliche Aufwertung des Pesos e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en M<strong>in</strong>derheit ungeahnte Möglichkeiten<br />

der Bereicherung. Um das aus der Überbewertung resultierende Leistungsbilanzdefizit<br />

über Kapitalzuflüsse aus dem Ausland zu decken, wurden hohe Z<strong>in</strong>sen<br />

offeriert. Argent<strong>in</strong>ische Spekulanten verschuldeten sich <strong>in</strong> US-Dollar zu<br />

niedrigen Z<strong>in</strong>sen, legten diese <strong>in</strong> Argent<strong>in</strong>ien zu hohen Z<strong>in</strong>sen an <strong>und</strong> transferierten<br />

die Gew<strong>in</strong>ne dann wieder <strong>in</strong>s Ausland. Das Resultat war e<strong>in</strong>e zwischen 1976<br />

<strong>und</strong> 1982 von 9,7 Mrd. US$ auf43,6 Mrd. US$ hochschnellende Auslandsschuld<br />

(Rapoport 2000: 812, Tab. 7.13).<br />

Als Empfanger der Anlagen hatten die Banken <strong>in</strong> diesem Geldkreislauf die Hauptrolle.<br />

Sie konnten aber die Geldanlagen aufgr<strong>und</strong> der Rezession <strong>und</strong> der hohen<br />

Z<strong>in</strong>sen nicht weiterverleihen. Weiters hätte die Kreditausdehnung der Stabili6tspolitik<br />

der Regierung widersprochen. Aus diesem letzten Gr<strong>und</strong> waren die llanken<br />

gezwungen, das Geld bei der Zentralbank zu veranlagen, die dafur die Z<strong>in</strong>sen<br />

zahlte. In letzter Instanz f<strong>in</strong>anzierte also der Staat die Spekulation.<br />

Als die Z<strong>in</strong>sen <strong>in</strong> den USA Ende der 70er Jahre stark h<strong>in</strong>aufgesetzt wurden <strong>und</strong><br />

sich die Leistungsbilanz ständig verschlechterte, war diese Politik nicht mehr durchhaltbar.<br />

Den wichtigsten F<strong>in</strong>anzkonzernen gelang es jedoch, dank ihrer engen<br />

Beziehungen mit der Regierung, noch vor dem Zusammenbruch der Tablita ihr<br />

Geld im Ausland <strong>in</strong> Sicherheit zu br<strong>in</strong>gen. Der Staat stellte die nötigen Devisen<br />

zur Verfugung, <strong>in</strong>dern sich die öffentlichen Firmen verschuldeten, um Dollars auf<br />

deIn freien Markt anbieten zu können. Die »Fiesta« der Spekulation endete <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er dramatischen Abwertung, e<strong>in</strong>er Verstaatlichung der privaten Auslandsschulden<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er scharfen Rezession. Durch den llankrott vieler Privatbanken verlor<br />

die Mittelklasse e<strong>in</strong>en wesentlichen Teil ihrer Ersparnisse. E<strong>in</strong>e Schlüsselfigur der<br />

rentierfre<strong>und</strong>lichen Wirtschaftspolitik war der damalige Zentralbankdirektor Dom<strong>in</strong>go<br />

Cavallo.<br />

Die der Militärdiktatur folgende Zivilregierung der Union Civica Radical (UCR)<br />

hatte dann die Aufgabe, mit der Verschuldungskrise fertig zu werden. Unter dem<br />

Druck der Gläubiger setzte sie vorübergehend auf die Erzielung e<strong>in</strong>es Exportüberschusses,<br />

der die lledienung der Auslandsschuld ermöglichen sollte. Es gelang<br />

ihr jedoch nicht, e<strong>in</strong> tragf:ihiges Wirtschaftsmodell zu etablieren. Im Gegenteil:<br />

die Verteilungskonflikte spitzten sich zu <strong>und</strong> f.'mden ihren Ausfluss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hyper<strong>in</strong>flation.<br />

Trotz der schweren Wirtschaftsprobleme konnte der F<strong>in</strong>anzsektor <strong>in</strong> der zweiten<br />

Hälfte der 80er Jahre e<strong>in</strong>e neue Spekulationswelle aufblasen. Da der Staat die<br />

E<strong>in</strong>nahmen <strong>in</strong> der heimischen W;ihrung - Australes - bekam, sollten die Devisen<br />

fur die Z<strong>in</strong>senzahlung der Außenverschuldung auf dem Markt gekauft werden.<br />

Man versuchte aber gleichzeitig die dadurch entstandene Expansion der Geldmenge,<br />

die im Widerspruch zum Stabilitätsziel stand, durch Wertpapiere zu sterilisieren.<br />

Die Folge war e<strong>in</strong> unkontrolliertes Wachstum der Innenverschuldung -<br />

das »Bondsfestival« -, das wieder die Z<strong>in</strong>ss;itze stark erhöhte <strong>und</strong> die Spekulation<br />

<strong>in</strong> Gang setzte. Mit der Hochz<strong>in</strong>spolitik explodierte das Budgetddizit erneut, die<br />

K71rswechsel312002<br />

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