Finanzsystem und Krise in Argentinien und Chile1 - Beigewum
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<strong>F<strong>in</strong>anzsystem</strong> <strong>und</strong> <strong>Krise</strong> <strong>in</strong> Argent<strong>in</strong>ien <strong>und</strong> Chile 37<br />
Devisenverkehr mit dem Ausland. Damit war es mit der Unterstützung des IWF<br />
vorbei. Die Mittelklasse, die um ihre Ersparnisse ftirchtete, g<strong>in</strong>g auf die Straße,<br />
auch die Marg<strong>in</strong>albevölkerung protestierte. Der Peronismus witterte se<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> forcierte die Proteste. In kurzem Abstand traten Cavallo als Wirtschaftsm<strong>in</strong>ister<br />
<strong>und</strong> Fernando de la Rua als Präsident zurück. Innerhalb der peronistischen<br />
Partei kam es zu heftigen Ause<strong>in</strong>andersetzungen, bei denen sich der bonarensische<br />
Politiker Eduardo Duhalde gegen e<strong>in</strong>e Gruppierung um den Kurzzeitpräsidenten<br />
A. Rodriguez Sia durchsetzte. Ke<strong>in</strong> halbes Jahr im Amt, kündigte Duhalde An-<br />
6ngJuli 2002 wiederum vorgezogene Präsidentschaftswahlen ftir den März 2003<br />
an. Die ökonomische <strong>Krise</strong> wurde durch die politische <strong>Krise</strong> verdoppelt.<br />
Duhalde zeigte sich als Politiker nach dem Vorbild von Lampedusas literarischen<br />
»Leoparden«, »der sagt, dass er ändern wird, was er auf ke<strong>in</strong>en Fall ändern<br />
wird« (Giard<strong>in</strong>elli 2002). Duhalde sprach von der Stärkung des produktiven Sektors,<br />
suchte aber die F<strong>in</strong>anzwelt zu schützen. Er suchte verbal den Schulterschluss<br />
mit dem Mercosur, real aber die Unterstützung der USA, um erneute Kredite<br />
vom IWF zu bekommen. Die Hoffimng auf den IWF ist jedoch eher illusionär.<br />
So merkt Neue Zürcher Zeitung am 4. Juli 2002 süffisant an: »Der W;ihrungsfonds<br />
- se<strong>in</strong>e Politik wird maßgeblich von der amerikanischen Regierung gesteuert<br />
- zeigt <strong>in</strong> den Umschuldungsverhandlungen sehr wenig Bereitschaft zu irgende<strong>in</strong>em<br />
Entgegenkommen. Es entsteht der E<strong>in</strong>druck, dass hier e<strong>in</strong> Exempel<br />
statuiert werden soll: Argent<strong>in</strong>ien zahlt se<strong>in</strong>e Schulden oder muss sich alle<strong>in</strong> weiterhelfen.<br />
Das Land bietet sich fur e<strong>in</strong> solches Experiment der harten Gangart an.<br />
Anders als die Türkei oder Japan liegt es fern von allen wichtigen geostrategischen<br />
Interessenpunkten, <strong>und</strong> es ist ganz anders als vor h<strong>und</strong>ertjahren ke<strong>in</strong>e große Volkswirtschaft<br />
mehr.«<br />
Die peronistischen Regierungen werteten den Peso ab. Zunächst erfolgte e<strong>in</strong>e<br />
begrenzte Abwertung, dann e<strong>in</strong>e völlige Kursfreigabe. Bis Ende Mai 2002 fiel der<br />
Peso-Kurs auf e<strong>in</strong> Tauschverhältnis von 1:3,7 zum US-Dollar. E<strong>in</strong>e solche Abwertung<br />
würde verbliebenen ausländischen Interessenten e<strong>in</strong>en billigen Kauf der<br />
argent<strong>in</strong>ischen Konkursmasse erlauben. Für die produktiven Aktivitäten <strong>und</strong> Dollarschuldner<br />
gegenüber dem Ausland, darunter dem argent<strong>in</strong>ischen Staat, s<strong>in</strong>d die<br />
starke Abwertung bzw. hohe Währungsvolatilität h<strong>in</strong>gegen ungünstig. Über den<br />
Zusammenhang von Geld- <strong>und</strong> Währungspolitik e<strong>in</strong>erseits <strong>und</strong> Budgetdefizit andererseits<br />
will der IWF nicht reden. Er forderte hartnäckig e<strong>in</strong>e Radikalisierung<br />
der staatlichen Ausgabenkürzungen. Von der Alternativmöglichkeit e<strong>in</strong>es relativ<br />
fixen Wechselkurses <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Entschuldungsmaßnahmen <strong>und</strong> dauerhaften<br />
Kapitalverkehrskontrollen wollen jedoch weder der IWF noch dom<strong>in</strong>ante<br />
Sektoren <strong>in</strong> Argent<strong>in</strong>ien etwas wissen.<br />
Zusammen mit der Währungspolitik waren die Bewertung von Forderungen<br />
<strong>und</strong> Guthaben, sowie der Umgang mit den e<strong>in</strong>gefrorenen Konten zentraler Konfliktpunkt<br />
der argent<strong>in</strong>ischen Wirtschaftspolitik. Das Ziel, sowohl des IWF als<br />
auch der argent<strong>in</strong>ischen Regierung war, die Banken vor dem Totalkollaps zu bewahren.<br />
Dem IWF geht es vor allem um die Wahnmg der Interessen der ausländischen<br />
Banken. Ihre Verluste sollen sozialisiert, ihr Wiedere<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en - prospektive<br />
irgendwann e<strong>in</strong>mal wieder stabilisierten - argent<strong>in</strong>ischen Markt erleichtert<br />
werden. Die Staatsbanken sollen h<strong>in</strong>gegen schärfer an die Kandare genommen<br />
werden. Die Zentralbankspitze soll nach dem Willen des IWF bei ihrer Gebarung<br />
Kur.