Studie - Wirtschaftsmotor Alter - Pluspunkt Erfahrung
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Information<br />
Wir t schaf t smotor<br />
<strong>Alter</strong><br />
Endbericht
Wir t schaf t smotor<br />
<strong>Alter</strong><br />
Endbericht<br />
Autoren:<br />
Stefan Schaible<br />
Roland Berger Strategy Consultants<br />
Ashok Kaul<br />
Universität Mainz<br />
Melanie Lührmann<br />
Institute for Fiscal <strong>Studie</strong>s, London<br />
Bertram Wiest<br />
Roland Berger Strategy Consultants<br />
Per Breuer<br />
Roland Berger Strategy Consultants
Inhalt<br />
Zusammenfassung 1<br />
Ein roter Faden durch die <strong>Studie</strong> 6<br />
A. <strong>Alter</strong>ung und Haushaltsstruktur in Deutschland 7<br />
A.1 Bevölkerungsentwicklung 7<br />
A.1.1 Allgemeine und geschlechtsspezifische Trends in der Vergangenheit 7<br />
A.1.2 Prognose der Bevölkerungsstruktur bis 2035 und bis 2050 13<br />
A.2 Entwicklung der Haushaltsstruktur 19<br />
A.2.1 Haushaltszahl, Haushaltsgröße und Haushaltseinkommen 19<br />
A.2.2 Mögliche Ursachen 23<br />
A.2.3 Kleiner Ausblick in die Zukunft 26<br />
A.3 Fazit 29<br />
B. Konsumentenverhalten in Deutschland zwischen<br />
1983 und 2003 30<br />
B.1 Datengrundlage: die Einkommens- und<br />
Verbrauchsstichprobe (EVS) 30<br />
B.2 Ein deskriptiver Überblick 31<br />
B.2.1 Wie unterscheiden sich Haushalte verschiedenen <strong>Alter</strong>s? 31<br />
B.2.2 Wofür haben die Haushalte ihr Geld ausgegeben? 35<br />
B.2.3 Wo liegen die Unterschiede im Konsumverhalten verschiedener<br />
<strong>Alter</strong>sgruppen? 37<br />
B.3 Multivariate Analyse des Konsumverhaltens von<br />
Haushalten 41<br />
B.3.1 Die ökonomische Theorie eines Nachfragesystems 41<br />
B.3.2 Ökonometrische Schätzung des empirischen Modells 43<br />
B.4 Ergebnisse 44<br />
B.4.1 <strong>Alter</strong>sspezifische Präferenzheterogenität 44<br />
B.4.2 Die Rolle von Einkommen und Konsumbudget: Engelkurven 48<br />
B.4.3 Andere Einflussfaktoren 56
B.5 Exkurs: Nach Lebensalter unterschiedene<br />
Präferenzen und Wertvorstellungen 57<br />
B.5.1 Erhobene Daten und Berechnung operationaler Präferenzindikatoren:<br />
Die Roland Berger Brand Power <strong>Studie</strong> 58<br />
B.5.2 Statistischer Zusammenhang zwischen Archetypen und<br />
nachfragerelevanten Faktoren 60<br />
Anhang A:<br />
Anhang B:<br />
Anhang C:<br />
Definition der Güterkategorien (inkl. Angabe der<br />
Variablencodes in den Scientific Use Files der EVS) 63<br />
Detaillierte Einzelübersichten für die Alten und Neuen<br />
Bundesländer sowie für Gesamtdeutschland 68<br />
Die Ergebnisse der Schätzung des empirischen<br />
Modells im Detail 69<br />
C. Prognose der Konsumstruktur und Implikationen<br />
für die Beschäftigung 75<br />
C.1 Szenarienwahl und Prognosemethodik 75<br />
C.1.1 <strong>Alter</strong>sstrukturverschiebung: Der (rein) demografische Effekt<br />
(Szenario 0) 77<br />
C.1.2 Die veränderte Haushaltsstruktur (Szenario 0’) 77<br />
C.1.3 <strong>Alter</strong>ssicherungssysteme und intergenerative Einkommensverteilung<br />
(Szenarien 1 und 2) 79<br />
C.1.4 Aggregation und Prognosemethodik 85<br />
C.2 Ergebnisse 86<br />
C.2.1 Die reine <strong>Alter</strong>sstrukturverschiebung (Szenario 0) 86<br />
C.2.2 Änderungen in der Haushaltszusammensetzung (Szenario 0’) 98<br />
C.2.3 <strong>Alter</strong>ssicherungssysteme und intergenerative Einkommensverteilung<br />
(Szenarien 1 und 2) 101<br />
C.2.4 Exkurs: Wertewandel, demografischer Wandel und Prognose<br />
der Konsumstruktur 108<br />
C.3 Beschäftigungseffekte 112<br />
C.4 Fazit 115<br />
Anhang: Kurze Beschreibung des Makro-Simulationsmodells 120<br />
ii
D. Trends auf der Angebotsseite 121<br />
D.1 Einleitung 121<br />
D.2 Charakteristika und Ausdifferenzierung des<br />
Seniorenmarktes 122<br />
D.3 Produkttrends und Innovationen in den Bereichen der<br />
Gerontotechnologie und Medizintechnik 131<br />
D.4 Zusammenfassung und Ausblick 133<br />
Literaturverzeichnis 136<br />
Autoren 138<br />
iii
Verzeichnis der Abbildungen<br />
Abbildung A.1 <strong>Alter</strong>spyramide 1910/1950/2001 8<br />
Abbildung A.2a Anzahl der über 65-Jährigen und ihr Anteil an der<br />
Erwerbsbevölkerung (20 bis 64 Jahre): „<strong>Alter</strong>squotient“ 8<br />
Abbildung A.2b Anzahl der über 75-Jährigen und ihr Anteil an der<br />
Gesamtbevölkerung 9<br />
Abbildung A.3 Anzahl der Lebendgeborenen vs. Gesamtbevölkrung 10<br />
Abbildung A.4 Übersicht über die Entwicklung der <strong>Alter</strong>sstruktur 10<br />
Abbildung A.5 Geschlechterverhältnisse in ausgewählten <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
2005 11<br />
Abbildung A.6 Aufteilung der Erwerbstätigen nach Geschlecht 12<br />
Abbildung A.7 Erwerbstätigkeit der Frau (Voll- oder Teilzeit) 12<br />
Abbildung A.8 Gesamtbevölkerungsentwicklung 14<br />
Abbildung A.9 Entwicklung der <strong>Alter</strong>sstruktur 2005/2035/2050 14<br />
Abbildung A.10 Hochbetagtenquotient, Seniorenquotient und <strong>Alter</strong>squotient<br />
für 1950/1970/2005/2035/2050 15<br />
Abbildung A.11 Geschlechteraufteilung in <strong>Alter</strong>sgruppen 2035 16<br />
Abbildung A.12 Kohorteneffekt 17<br />
Abbildung A.13 <strong>Alter</strong>sstruktur der Seniorinnen und Senioren 17<br />
Abbildung A.14a Aufteilung der Kategorie 50+ nach Geschlecht 18<br />
Abbildung A.14b Aufteilung der Kategorie 95+ nach Geschlecht 19<br />
Abbildung A.15 Entwicklung der Anzahl Haushalte 20<br />
Abbildung A.16 Haushaltsmitglieder je Haushalt 20<br />
Abbildung A.17 Einpersonen- vs. Mehrpersonenhaushalte 21<br />
Abbildung A.18 Entwicklung der Subkategorien der MPH 22<br />
Abbildung A.19 Prozentuale Aufteilung der Einpersonen- und Mehrpersonenhaushalte<br />
nach Nettoeinkommensklassen 2004 23<br />
Abbildung A.20 Anzahl Rentnerinnen und Rentner in Einpersonenhaushalten 24<br />
Abbildung A.21 Elternkind- vs. Paargemeinschaften ohne Kinder 25<br />
Abbildung A.22 Anzahl Scheidungen und Eheschließungen pro Jahr 25<br />
Abbildung A.23 Anzahl der in Einpersonenhaushalten lebenden Personen 26<br />
Abbildung A.24 Anzahl der Haushalte und ihre Grösse 27<br />
iv
Abbildung A.25 Entwicklung der verschiedenen Haushalte 28<br />
Abbildung A.26 Prozentuale Aufteilung der Haushalte nach Haushaltsgrösse 28<br />
Abbildung A.27 Paare ohne Kinder vs. Paare mit Kindern 29<br />
Abbildung B.1 Entwicklung der <strong>Alter</strong>sverteilung in der Einkommensund<br />
Verbrauchsstichprobe, 1993 versus 2003 31<br />
Abbildung B.2: Verteilung der Haushaltsgröße für die Jahre 1993 und 2003 33<br />
Abbildung B.3: Durchschnittliche Haushaltsgröße nach vier detaillierten<br />
<strong>Alter</strong>sgruppen 34<br />
Abbildung B.4 Verteilung der Haushaltsgröße nach <strong>Alter</strong> 35<br />
Abbildung B.5 Verteilung der realen Gesamtausgaben für den privaten<br />
Verbrauch, 1993 versus 2003 36<br />
Abbildung B.6 Durchschnittliche Ausgaben nach detaillierten<br />
Gütergruppen in Gesamtdeutschland, 1993-2003 37<br />
Abbildung B.7 Durchschnittlicher privater Verbrauch pro Monat von<br />
Haushalten Gesamtdeutschland nach vier <strong>Alter</strong>skategorien,<br />
1993 und 2003 38<br />
Abbildung B.8 Anteile der Konsumausgaben nach detaillierten<br />
Gütergruppen und zwei Hauptaltersgruppen 39<br />
Abbildung B.9a Engelkurvenverläufe für Nahrungsmittel/Getränke 49<br />
Abbildung B.9b Engelkurvenverläufe für Energie 49<br />
Abbildung B.9c Engelkurvenverläufe für Kommunikation 50<br />
Abbildung B.10a Engelkurvenverläufe für Möbel 50<br />
Abbildung B.10b Engelkurvenverläufe für Restaurantbesuche 51<br />
Abbildung B.10c Engelkurvenverläufe für Reisen 51<br />
Abbildung B.11a Engelkurvenverläufe für Bekleidung, Schuhe und Schmuck 52<br />
Abbildung B.11b Engelkurvenverläufe für Freizeitgestaltung 53<br />
Abbildung B.11c Engelkurvenverläufe für Körperpflege 53<br />
Abbildung B.12a Engelkurvenverläufe für Gesundheit 54<br />
Abbildung B.12b Engelkurvenverläufe für Verkehr 55<br />
Abbildung B.12c Engelkurvenverläufe für Home Entertainment 55<br />
Abbildung B.13 Verteilung der Typen in der Bevölkerung 59<br />
v
Abbildung B.14 Archetypen für junge und alte Menschen 60<br />
Abbildung C.1 Schematische Darstellung des Prognosemodells<br />
und der Szenarien 76<br />
Abbildung C.2 Wachstum in Prozent und Entwicklung des BIP,<br />
2005-2050 im Basisszenario (Szenario 1) 81<br />
Abbildung C.3 Wachstumsraten der realen Konsumausgaben nach<br />
<strong>Alter</strong>sgruppen in Szenario 1 zwischen 2010 und 2035<br />
(relativ zu 2003), trendbereinigt 81<br />
Abbildung C.4 Wachstumsraten der realen Konsumausgaben nach<br />
<strong>Alter</strong>sgruppen in Szenario 2 zwischen 2010 und 2035<br />
(relativ zu 2003), trendberenigt 83<br />
Abbildung C.5 Wachstum in Prozent und Entwicklung des BIP,<br />
2005-2050 im Reformszenario (Szenario 2) 84<br />
Abbildung C.6 Unterschied in der intergenerativen Umverteilung<br />
zwischen den Szenarien 1 und 2 84<br />
Abbildung C.7 Veränderung der aggregierten Ausgabenanteile der<br />
Detaillierten Konsumgruppen im Zeitverlauf<br />
(relativ zum Jahr 2003), Szenario 0 86<br />
Abbildung C.8 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für<br />
Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren , Szenario 0 88<br />
Abbildung C.9 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für<br />
Bekleidung, Schuhe und Schmuck , Szenario 0 89<br />
Abbildung C.10 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Energie,<br />
Szenario 0 90<br />
Abbildung C.11 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für<br />
Haushaltsgeräte, Möbel , Szenario 0 91<br />
Abbildung C.12 Konsumanteile an den Gesamtausgaben<br />
für Gesundheit, Szenario 0 92<br />
Abbildung C.13 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für<br />
Verkehr, Szenario 0 93<br />
vi
Abbildung C.14 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für<br />
Kommunikation, Szenario 0 94<br />
Abbildung C.15 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für<br />
Aktive Freizeitgestaltung 95<br />
Abbildung C.16 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für<br />
Home Entertainment, Szenario 0 96<br />
Abbildung C.17 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Restaurants<br />
und Cafes , Szenario 0 97<br />
Abbildung C. 18 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für<br />
Reisen und Hotels, Szenario 0 98<br />
Abbildung C.19 Veränderung der aggregierten Ausgabenanteile der<br />
detaillierten Konsumgruppen im Zeitverlauf<br />
(relativ zum Jahr 2003), Szenario 0' 99<br />
Abbildung C.20 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Nahrungsmittel,<br />
Getränke und Tabakwaren, Szenario 0 100<br />
Abbildung C. 21 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Nahrungsmittel,<br />
Getränke und Tabakwaren, Szenario 0’ 101<br />
Abbildung C.22 Veränderung der aggregierten Ausgabenanteile der<br />
detaillierten Konsumgruppen im Zeitverlauf<br />
(relativ zum Jahr 2003), Szenario 1 102<br />
Abbildung C.23 Konsumanteile an den Gesamtausgaben für<br />
Reisen und Hotels, Szenario 1 103<br />
Abbildung C.24 Konsumanteile an den Gesamtausgaben<br />
für Reisen und Hotels, Szenario 0 104<br />
Abbildung C.25 Veränderung der aggregierten Ausgabenanteile der<br />
Detaillierten Konsumgruppen im Zeitverlauf<br />
(relativ zum Jahr 2003), Szenario 2 105<br />
Abbildung C.26 Konsumanteile an den Gesamtausgaben<br />
für Gesundheit, Szenario 1 106<br />
Abbildung C.27 Konsumanteile an den Gesamtausgaben<br />
für Gesundheit, Szenario 2 107<br />
vii
Abbildung C.28 Prozentuale Veränderung der Häufigkeit der Archetypen<br />
zwischen 2005 und 2035 110<br />
Abbildung C.29 Prozentuale Veränderung der Häufigkeit der Archetypen<br />
zwischen 2005 und 2035 111<br />
Abbildung C.30 Relative Beschäftigungsveränderung durch<br />
demografischen Wandel, Szenario 1 (Basisszenario) 113<br />
Abbildung C.31 Relative Beschäftigungsveränderung durch<br />
demografischen Wandel, Szenario 2 (Reformszenario) 114<br />
Abbildung C.32: Konsumanteile der unter und über 50-Jährigen in 2005<br />
und 2035 ohne politische Reformen bzgl. Erwerbsbeteiligung,<br />
Abgaben und Haushaltspolitik (Basisszenario) 116<br />
Verzeichnis der Tabellen<br />
Tabelle B.1<br />
Tabelle B.2<br />
Tabelle B.3<br />
Tabelle B.4<br />
Tabelle B.5<br />
Tabelle C.1<br />
Entwicklung der Haushaltszusammensetzung in<br />
Gesamtdeutschland zwischen 1993 und 2003 32<br />
Entwicklung der Haushaltszusammensetzung zwischen<br />
1993 und 2003 im West-Ost-Vergleich 32<br />
Konsumausgaben insgesamt (ohne Wohnausgaben und<br />
Kfz Käufe) nach den Hauptaltersgruppen im<br />
Ost-West-Vergleich (in Euro und Preisen von 2000) 40<br />
Schätzergebnisse für die <strong>Alter</strong>skoeffizienten auf Basis der<br />
EVS aus den Jahren 1983-2003 45<br />
Zusammenhang zwischen Orientierung und sozioökonomischen<br />
und soziodemografischen Faktoren 61<br />
Prognose der Veränderungen der Anzahl der Haushalte<br />
nach Größe und <strong>Alter</strong>sgruppe 77<br />
viii
Zusammenfassung<br />
1. Im Jahr 2035 wird fast die Hälfte der Bevölkerung über 50 Jahre alt sein. Die<br />
Haushaltsgröße sinkt, die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte hat bereits<br />
in den letzten 10 Jahren stark zugenommen.<br />
Die Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes belegen die fortschreitende<br />
<strong>Alter</strong>ung der Bevölkerung in Deutschland. Der Anteil der über 50-Jährigen lag im<br />
Jahr 2005 bereits bei über 37 Prozent der Bevölkerung und wird bis 2035 auf fast 50<br />
Prozent ansteigen, bis 2050 sogar über 50 Prozent. Die Zahl der Menschen im <strong>Alter</strong><br />
50+ wächst im Zeitraum von 2005 bis 2050 um knapp 21 Prozent, wobei die Gesamtbevölkerungszahl<br />
um knapp 10 Prozent sinkt.<br />
Die demografische Entwicklung ist einerseits auf die geringe Geburtenrate und andererseits<br />
auf die erhöhte Lebenserwartung zurückzuführen. Dabei gibt es deutliche<br />
Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Je höher das <strong>Alter</strong>, desto größer der<br />
Anteil der Frauen.<br />
Geburtenrate und Lebenserwartung prägen vor allem auch die Struktur der Haushalte.<br />
Die Anzahl der Haushalte ist zwischen 1991 und 2004 um 11 Prozent gestiegen,<br />
während das Bevölkerungswachstum nur 2,4 Prozent betrug.<br />
Dementsprechend gesunken ist die durchschnittliche Mitgliederzahl der Haushalte.<br />
Die Zahl der Einpersonen-Haushalte ist seit 1991 mit 22,4 Prozent deutlich am<br />
stärksten gestiegen – doch auch die Zweipersonenhaushalte haben innerhalb der<br />
Gruppe der Mehrpersonenhaushalte stark zugenommen. Der Trend zu kleineren<br />
Haushalten bleibt auch in Zukunft bestehen.<br />
2. Menschen verschiedenen <strong>Alter</strong>s konsumieren unterschiedliche Güter. Das<br />
Konsumentenverhalten ist Ergebnis eines komplexen Mix aus Präferenzen,<br />
finanziellen Verhältnissen, dem Zusammenleben im Haushalt und anderer<br />
Charakteristika, die sich bei jüngeren und älteren Menschen unterscheiden.<br />
Das Konsumentenverhalten ist altersspezifisch unterschiedlich. Beispielsweise geben<br />
über 75-Jährige grob gerechnet doppelt so viel für Gesundheit aus als 20- bis<br />
49-Jährige, aber nur halb so viel für Verkehrsmittel.<br />
Das Konsumentenverhalten wird jedoch durch einen komplexen Mix aus unterschiedlichen<br />
Präferenzen und unterschiedlichen Lebenssituationen (finanziellen<br />
Verhältnissen, der Zusammensetzung der Haushalte, dem Erwerbsstatus usw.) bestimmt.<br />
Es gibt also eine Vielzahl von Charakteristika, die über die <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
hinweg variieren. Sie alle beeinflussen die Konsumentscheidungen. Insbesondere<br />
die Kombination aus altersspezifischer Präferenz und finanzieller Situation spielt<br />
eine entscheidende Rolle.<br />
1
3. Die über 50-Jährigen bilden bereits in der Gegenwart sowohl zahlenmäßig<br />
als auch finanziell eine wichtige Konsumentengruppe. In der Zukunft werden<br />
sie die wichtigste Konsumentengruppe sein und die Konsumstruktur bis 2035<br />
substantiell verändern.<br />
Bereits heute sind die über 50-Jährigen in vielen Gütergruppen (z.B. Nahrungsmittel,<br />
Bekleidung, Reisen) für annähernd 50 Prozent der Konsumausgaben verantwortlich.<br />
Damit sind sie jetzt schon weitaus einflussreichere Konsumenten als zum<br />
Beispiel ihre Präsenz in der Werbung suggeriert. Es gibt also einen „Konsummotor<br />
<strong>Alter</strong>“.<br />
Der Einfluss der älteren Bevölkerung wird weiter steigen. In keiner einzigen der von<br />
uns untersuchten Gütergruppen sind die 20- bis 49-Jährigen eine „Wachstumszielgruppe“.<br />
Das bedeutet: Ihr Anteil an der Gesamtnachfrage wird in keiner einzigen<br />
der betrachtetetn zwölf Gütergruppen wachsen oder auch nur konstant bleiben. Die<br />
über 50-Jährigen sind damit die Zielgruppe der Zukunft, und innerhalb dieser Gruppe<br />
haben besonders die über 65-Jährigen ein hohes Wachstumspotenzial als Konsumentengruppe.<br />
Dabei weisen die die Hochbetagten (über 75-Jährigen) bis 2035<br />
den höchsten Anstieg des Anteils am Gesamtkonsum auf.<br />
In unserer Prognose der Konsumnachfrage haben wir drei verschiedene Szenarien<br />
erstellt. Zunächst wurde als Vorüberlegung die demografische Entwicklung isoliert<br />
analysiert. Die Fragen lauten: Wenn sich die sonstigen Parameter des Konsumentenverhaltens<br />
überhaupt nicht verändern, sondern nur die Zahl der jüngeren Haushalte<br />
sinkt und die der älteren Haushalte steigt, wie entwickelt sich dann die<br />
Konsumstruktur? Und welches Gewicht haben die über 50-Jährigen dann als Konsumentengruppe?<br />
Die Veränderungen der Konsumstruktur bis 2035 sind substantiell. Dabei stechen<br />
insbesondere zwei Gütergruppen ins Auge: Gesundheit sowie Reisen und Hotels.<br />
Ihre Ausgabenanteile werden alleine aufgrund der demografischen Entwicklung bis<br />
zum Jahr 2035 um 12 bzw. 6 Prozent steigen. Großer Verlierer der demografischen<br />
Entwicklung sind die Ausgabenanteile für Verkehrsmittel 1 : Sie werden bis 2035 um<br />
5 Prozent sinken.<br />
4. Die Bedeutung des „Konsummotors <strong>Alter</strong>“ wird wesentlich davon abhängen,<br />
wie sich die sozialen Sicherungssysteme und andere Determinanten des<br />
Einkommens von Seniorinnen und Senioren in Zukunft entwickeln.<br />
In unserem Basisszenario (Status Quo Szenario) berücksichtigen wir, dass die demografische<br />
Entwicklung nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern Auswirkungen<br />
auf die sozialen Sicherungssysteme hat, also Beitragszahlungen und<br />
Renteneinkommen beeinflusst. Damit ändert sich die Einkommensverteilung zwischen<br />
den Generationen. In einem Makrosimulationsmodell wurde daher unter Be-<br />
1 Private Kfz sind in diese Größe nicht einbezogen<br />
2
ücksichtigung des bereits eingeführten Rentennachhaltigkeitsfaktors berechnet, wie<br />
sich die demografische Entwicklung auf die Verteilung der Einkommen auswirkt.<br />
Es zeigt sich, dass die demografische Entwicklung im Basisszenario zu hohen zusätzlichen<br />
finanziellen Lasten der Beitragszahler und -zahlerinnen führen wird. Dieser<br />
Verteilungsaspekt wird sich ganz wesentlich auf die zukünftige Konsumstruktur<br />
auswirken. Gesundheit mit einem Zuwachs von 40 Prozent sowie Reisen und Hotels<br />
mit einem Zuwachs von 13 Prozent werden zusätzlich an Gewicht am Gesamtkonsum<br />
gewinnen. Hingegen werden Bekleidung, Schuhe und Schmuck sowie Verkehr<br />
und Home Entertainment an Gewicht verlieren.<br />
Wir betrachten weiterhin ein hypothetisches, umfassendes politisches Reformszenario.<br />
Es wird unterstellt, dass tief greifende Reformen am Arbeitsmarkt und Maßnahmen<br />
zur verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Erwerbsquote<br />
insbesondere von Frauen und von über 50-jährigen Männern schrittweise bis zum<br />
Jahr 2035 auf schwedisches bzw. US-amerikanisches Niveau erhöhen. Dies speigelt<br />
die von der Bundesregierung beschlossene Erhöhung des Renteneintrittsalters<br />
wider. Des Weiteren wird in Anlehnung an die formulierten Ziele der Bundesregierung<br />
eine in dem Zeitraum von 2010-2015 greifende Haushaltskonsolidierung mit<br />
einer Nettoneuverschuldung von Null unterstellt.<br />
Die quantitativen Unterschiede zwischen Basisszenario und Reformszenario sind<br />
beträchtlich. Ohne Reformen, die neue Wachstums- und Beschäftigungsimpulse<br />
setzen, wird dieser Verteilungsaspekt die Verschiebungen in der zukünftigen Konsumstruktur<br />
in Folge der demografischen Entwicklung verstärken (Basisszenario).<br />
Im Reformszenario wird der Umverteilungsaspekt durch zusätzliches Wachstum und<br />
die ausgeweitete Erwerbstätigkeit Älterer abgeschwächt. Einerseits wird die Abgabenbelastung<br />
der Beschäftigten reduziert, was sich positiv auf deren Konsum auswirkt,<br />
andererseits erwirtschaften über 50-Jährige zusätzliches Einkommen, das<br />
nachfragewirksam wird.<br />
Der Ausgabenanteil für die Gütergrupe „Gesundheit“ wird bis 2035 etwas weniger<br />
um ca. 37 Prozent steigen, der Anteil von Ausgaben für „Reisen“ wird um über 15<br />
Prozent wachsen. Zwei neue Gütergruppen mit deutlichem Wachstumspotenzial<br />
sind in diesem Szenario „Körperpflege“ und die Ausgaben für „Möbel und Haushaltsgeräte“.<br />
Den stärksten Rückgang verzeichnen die Gütergruppen „Verkehr“ sowie<br />
„Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren“ mit Schrumpfungsraten, die 5<br />
Prozent deutlich überschreiten.<br />
5. Die veränderte Haushaltsstruktur scheint die Struktur des privaten<br />
Verbrauchs aller Haushalte nur wenig zu beeinflussen. Für eine genauere Analyse<br />
wäre eine offizielle, detaillierte Haushaltsprognose notwendig.<br />
Die Begleiteffekte der demografischen Entwicklung auf die Haushaltszusammensetzung<br />
haben wir in einem eigenen Szenario berücksichtigt, indem wir die demografische<br />
Prognose durch eine Haushaltsprognose ersetzt haben, die alters- und<br />
3
haushaltsgrößenspezifisch ist. Die Ergebnisse dieser Prognose unterscheiden sich<br />
wenig von denen des rein demografischen Szenarios.<br />
6. Die Beschäftigungseffekte des demografischen Wandels sind ohne weitere<br />
Reformen negativ. Sie werden jedoch wesentlich durch die zukünftige technologische<br />
Entwicklung – vom Erfindungs- und Innovationsreichtum Deutschlands,<br />
zum Beispiel im Seniorenmarkt – sowie die Bildung und Ausbildung der<br />
Erwerbstätigen determiniert. Mit umfassenden Reformen können in Zukunft<br />
positive Beschäftigungseffekte im Zuge der <strong>Alter</strong>ung der deutschen Gesellschaft<br />
erreicht werden.<br />
Schreibt man die heute geringen Erwerbsquoten in älteren <strong>Alter</strong>sgruppen in die Zukunft<br />
fort, so übersetzt sich die <strong>Alter</strong>ung der Bevölkerung in ein geringeres Beschäftigungsvolumen<br />
und Gesamt-Konsumniveau in Deutschland in der Zukunft. Die<br />
Beschäftigungseffekte durch den demografischen Wandel sind im Basisszenario<br />
grundsätzlich negativ. Im Basisszenario geht die Beschäftigung im Vergleich zu<br />
2005 bis 2035 um 20 Prozent zurück. Ohne weitere Reformen ist der demografische<br />
Wandel mit drastischen Konsequenzen für Beschäftigung und Wachstum in<br />
Deutschland verbunden.<br />
Im Reformszenario kann dagegen die Beschäftigung von 2005 bis 2025 um bis zu<br />
10 Prozent ansteigen. Danach folgt bis 2035 wieder ein Abfall auf das Ausgangsniveau.<br />
Reformen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Abgabenbelastung und Staatsverschuldung<br />
zahlen sich also aus. Diese Effekte können durch Innovation und<br />
technischen Fortschritt noch weiter vergrößert werden, wenn diese 1,3 Prozent p.a.<br />
überschreiten.<br />
7. Der Seniorenmarkt selbst bietet viel Raum für innovative Produkt-Markt-<br />
Kombinationen. Dabei ist die potentielle Marktgröße ein zentraler Bestimmungsfaktor<br />
für das Innovationstempo.<br />
Auf dem Seniorenmarkt ist bereits viel in Bewegung gekommen. Im Unterschied zu<br />
bahnbrechenden technologischen Umbrüchen wird sich der Seniorenmarkt aber<br />
langsamer entwickeln. Das Tempo dieser "stillen Revolution" wird durch die zunehmende<br />
<strong>Alter</strong>ung der Gesellschaft bestimmt werden. Steigende Marktvolumina und<br />
Verschiebungen der relativen Preise werden die Wettbewerbsintensität im Seniorenmarkt<br />
sukzessive erhöhen – und damit auch sein Entwicklungstempo. Dabei ist<br />
die potentielle Marktgröße ein zentraler Bestimmungsfaktor. Denn je größer der<br />
Markt ist, auf dem das neu entwickelte Produkt abgesetzt werden kann, desto höher<br />
sind die potentiellen Firmengewinne und damit die Investitionsanreize.<br />
Aus diesem „Marktgrößen“-Argument resultiert für Deutschland als eine der am frühesten<br />
alternden Gesellschaften Europas eine aussichtsreiche Startposition im internationalen<br />
Handel. Unternehmen, die sich früh auf dem heimischen<br />
Seniorenmarkt positionieren, können sich auf dem zeitlich verzögert wachsenden<br />
4
internationalen Markt für Seniorenprodukte strategische Wettbewerbsvorteile erschließen.<br />
Lernkurveneffekte in Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Produkten<br />
und Dienstleistungen für Ältere ermöglichen einen Wettbewerbsvorsprung<br />
gegenüber ausländischen Wettbewerbern, wenn diese erst mit verzögerter <strong>Alter</strong>ung<br />
auf ihren Heimmärkten aktiv werden.<br />
Der "Wettbewerb als Entdeckungsverfahren" wird dabei nicht nur innovative Produkt-Markt-Kombinationen<br />
hervorbringen, sondern auch die Präferenzen der Seniorinnen<br />
und Senioren weiter aufdecken und zu einer Ausdifferenzierung und<br />
Vergrößerung des Seniorenmarktes führen - ein Win-Win-Szenario für Unternehmen<br />
und die ältere Generation.<br />
5
Ein roter Faden durch die <strong>Studie</strong><br />
Diese <strong>Studie</strong> befasst sich mit der Frage: Wie wird sich durch den demografischen<br />
Wandel die Nachfrage der Konsumenten in Deutschland ändern, die eine wichtige<br />
Komponente des Wirtschaftswachstums ist? Des Weiteren sollen Beschäftigungseffekte<br />
quantifiziert werden. Schließlich skizzieren wir auf der Angebotsseite Möglichkeiten<br />
und Trends im Bereich von Produktinnovation, Forschung und Entwicklung.<br />
In Teil A der <strong>Studie</strong> werden wichtige demografische Trends skizziert. Hierzu gehören<br />
historische und prognostizierte Änderungen in der <strong>Alter</strong>sstruktur der Bevölkerung<br />
sowie Änderungen in der Haushaltsstruktur. Ein besonderes Augenmerk liegt<br />
auf geschlechtsspezifischen Unterschieden. Da Männer und Frauen sehr unterschiedliche<br />
Produkte konsumieren, sind geschlechtsspezifische Unterschiede in der<br />
<strong>Alter</strong>sstruktur direkt für die Konsummachfrage relevant.<br />
Teil B der <strong>Studie</strong> analysiert die Frage, wie sich die Güternachfrage in der Gesamtwirtschaft<br />
ändert, wenn sich die Bevölkerung wandelt. Welche Strukturen ergeben<br />
sich? Und wenn es so viele ältere Menschen in einer Bevölkerung gibt, wie wird ihr<br />
Anteil am Produktumsatz aussehen? Wir analysieren in Teil B das Konsumentenverhalten<br />
in Deutschland zwischen 1983 und 2003. Dies geschieht mit der Einkommens-<br />
und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes. Wir<br />
schätzen dabei ein so genanntes Nachfragesystem. Zuerst einmal fragen wir, ob<br />
ältere Menschen tatsächlich andere Güter konsumieren als jüngere. Im zweiten<br />
Schritt geht es darum, die eventuellen Konsumunterschiede danach aufzuteilen, ob<br />
sie aus altersspezifisch unterschiedlichen Präferenzen resultieren – oder weil das<br />
Einkommen der betrachteten Personen unterschiedlich ist.<br />
Erst wenn diese historische Betrachtung abgeschlossen ist, kann eine Prognose<br />
gewagt werden: Sie findet sich in Teil C der <strong>Studie</strong>. Wir verwenden dort die Ergebnisse<br />
der Nachfragesystemschätzung aus Teil B und kombinieren sie mit einem<br />
Prognosemodell. Dieses benutzt demograhische Prognosen sowie Informationen<br />
über die zukünftige Einkommensverteilung in verschiedenen Politikszenarien. Letztere<br />
gewinnen wir aus einem Makro-Simulationsmodell.<br />
Teil D der <strong>Studie</strong> befasst sich mit der Produktangebotsseite. Es werden Trends und<br />
Visionen im Bereich der Güter und Dienstleistungen für Seniorinnen und Senioren<br />
skizziert. Des Weiteren werten wir Informationen aus Unternehmensinterviews aus.<br />
6
A. <strong>Alter</strong>ung und Haushaltsstruktur in Deutschland<br />
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Neugeborenen in den Industrieländern<br />
deutlich gesunken. Gleichzeitig werden die Menschen immer älter. Dieser demografische<br />
Wandel setzt sich fort und wird in den nächsten Jahren zu einer <strong>Alter</strong>ung der<br />
Gesellschaft führen – ein Trend, der in die Zukunft weist. Das Statistische Bundesamt<br />
prognostiziert, dass der Anteil der über 50-Jährigen an der Gesamtbevölkerung<br />
von deutlich unter 40 Prozent (im Jahr 2005) auf über 50 Prozent im Jahr 2050 ansteigen<br />
wird. Bislang hat man sich angesichts dieser Entwicklung hauptsächlich mit<br />
der Frage befasst, ob und wie das Sozialsystem sie tragen kann. Mittlerweile aber<br />
rückt auch eine andere Frage in den Blick: Wie wird sich durch den demografischen<br />
Wandel die Nachfrage der Konsumenten ändern, die eine wichtige Komponente des<br />
Wirtschaftswachstums ist? Eine genaue Betrachtung der Bevölkerungsstatistiken<br />
kann zeigen, welche Auswirkungen die künftige <strong>Alter</strong>ung der Gesellschaft auf den<br />
Konsum haben wird.<br />
A.1 Bevölkerungsentwicklung<br />
Zu den wichtigsten Determinanten einer solchen Untersuchung zählen die Entwicklung<br />
der Bevölkerung, also die so genannte <strong>Alter</strong>spyramide, und die Zusammensetzung<br />
der Haushalte. Unter Bevölkerungsentwicklung versteht man die Veränderung<br />
der Einwohnerzahl und die damit einhergehende Veränderung der <strong>Alter</strong>sstruktur.<br />
Besonders wichtig ist es dabei, Männer und Frauen getrennt zu betrachten. Denn<br />
die Entwicklung der beiden Geschlechter unterscheidet sich deutlich, zum Beispiel<br />
in der Lebenserwartung, aber auch in der Erwerbsbeteiligung.<br />
Die Veränderung der Haushaltsstrukturen ist im Wesentlichen demografisch und<br />
durch eine Veränderung der Lebensweisen bestimmt. Zum Beispiel können höhere<br />
Scheidungsraten dazu führen, dass die Anzahl der Haushalte trotz einer rückläufigen<br />
Bevölkerung zunimmt. Die folgenden Daten beleuchten diese beiden wichtigen<br />
Schlüssel einer künftigen Konsumentennachfrage genauer.<br />
A.1.1 Allgemeine und geschlechtsspezifische Trends in der Vergangenheit<br />
Ein Vergleich mit der Vergangenheit zeigt eine deutliche Veränderung der <strong>Alter</strong>spyramide.<br />
Diese schichtet die Bevölkerungszahlen je <strong>Alter</strong>sgruppe übereinander und<br />
trennt dabei nach Männern und Frauen. Die klassische Form der <strong>Alter</strong>spyramide,<br />
wie sie für 1910 noch zu sehen ist, konnte im Verlauf des 20. Jahrhunderts nicht<br />
bestehen bleiben. Die steigende Lebenserwartung schlägt sich in einer Verbreiterung<br />
der Pyramidenspitze nieder, die rückläufige Fertilitätsrate in der schmaleren<br />
Basis der Pyramide (Abb. A.1).<br />
7
Abbildung A.1: <strong>Alter</strong>spyramide 1910/ 1950/ 2001<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
25000<br />
20000<br />
15000<br />
10000<br />
5000<br />
0<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2035 2050<br />
Anzahl der 65+ (in Tsd) prozentualer Anteil 65+ an Erwerbsbevölkerung<br />
Abbildung A.2a: Anzahl (in Tsd) der über 65-Jährigen und ihr Anteil (in Prozent) an<br />
der Erwerbsbevölkerung (20 bis 64 Jahre): „<strong>Alter</strong>squotient“<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
8
16000<br />
14000<br />
12000<br />
10000<br />
8000<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2035 2050<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
Anzahl der 75+ (in Tsd)<br />
prozentualer Anteil der 75+ an Erwerbsbevölkerung<br />
Abbildung A.2b: Anzahl (in Tsd.) der über 75-Jährigen und ihr Anteil (in Prozent) an<br />
der Gesamtbevölkerung<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Die Entwicklung des <strong>Alter</strong>squotienten (Abb. A.2a) und der starke Anstieg des prozentualen<br />
Anteils der über 75-Jährigen zeigen den Trend zur <strong>Alter</strong>ung der Gesellschaft<br />
(Abb. A.2b).<br />
Trotz eines Geburtenrückgangs um rund 30 Prozent in der zweiten Hälfte des 20.<br />
Jahrhunderts konnte die Bevölkerungszahl aufgrund einer zunehmenden Lebenserwartung<br />
um ein Fünftel zunehmen.<br />
9
1400<br />
1300<br />
1200<br />
1100<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000<br />
85 000<br />
80 000<br />
75 000<br />
70 000<br />
65 000<br />
60 000<br />
Anzahl Lebendgeborene<br />
Gesamtbevölkerung<br />
Abbildung A.3: Anzahl der Lebendgeborenen vs. Gesamtbevölkerung (in Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
8000<br />
7000<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
0-4 10-<br />
14<br />
20-<br />
24<br />
30-<br />
34<br />
40-<br />
44<br />
50-<br />
54<br />
60-<br />
64<br />
70-<br />
74<br />
80-<br />
84<br />
90-<br />
94<br />
100+<br />
1950 2005<br />
Abbildung A.4: Übersicht über die Entwicklung der <strong>Alter</strong>sstruktur (in Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
In Abbildung A.4 sind nochmals alle Effekte in einer Graphik zu sehen. Die geburtenstarken<br />
Jahrgänge 1955-1965, die so genannte Babyboomer-Generation, macht<br />
sich durch die Spitze der graublauen Kurve in der <strong>Alter</strong>skategorie 30-45 Jahre bemerkbar.<br />
Gleich darauf folgt der berühmte „Pillenknick“: Es wurden deutlich weniger<br />
Kinder geboren. Die rückläufigen Geburtenraten und die höhere Lebenserwartung<br />
10
sind an der auffälligen Verschiebung der Kurven am unteren und oberen Ende der<br />
<strong>Alter</strong>skategorien zu erkennen.<br />
Bislang haben wir die allgemeinen Tendenzen der demografischen Entwicklung<br />
aufgezeigt. Jedoch bleibt die Frage offen, ob Frauen und Männer davon unterschiedlich<br />
betroffen sind. Das ist deshalb wichtig, weil Männer und Frauen sehr unterschiedliche<br />
Güter und Dienstleistungen nachfragen. Wenn sich die Geschlechter<br />
also in der demografischen Entwicklung deutlich unterscheiden, wird dies Auswirkungen<br />
auf die zukünftige Nachfrage haben.<br />
Bei der geschlechterspezifischen Analyse gibt es einen zentralen Ansatzpunkt:<br />
Frauen haben eine weit höhere Lebenserwartung als Männer. Die Abbildung A.4<br />
zeigt für das Jahr 2005 die Geschlechterverhältnisse in den verschiedenen <strong>Alter</strong>sgruppen.<br />
Während das Verhältnis bis zur <strong>Alter</strong>sgruppe der unter 65-Jährigen ausgeglichen<br />
ist, steigt der Anteil der Frauen in den älteren Gruppen markant an. Diese<br />
Momentaufnahme für das Jahr 2005 hat unterschiedliche Ursachen. Die beiden<br />
Weltkriege etwa haben große Verluste an Männern in bestimmten Jahrgängen erzeugt.<br />
Außerdem schlägt sich in der Statistik nieder, dass mehr Männer in körperlich<br />
anstrengenden und belastenden Berufen wie etwa in Bergwerken, in der Landwirtschaft<br />
oder in Fabriken, gearbeitet haben – oder dies noch tun.<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
49% 50% 53%<br />
51% 50% 47%<br />
65%<br />
35%<br />
79%<br />
21%<br />
0%<br />
0-49 50-64 65-74 75-94 95+<br />
Männer<br />
Frauen<br />
Abbildung A.5: Geschlechterverhältnisse in ausgewählten <strong>Alter</strong>sgruppen 2005<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Neben dem Unterschied in der Lebenserwartung ist ein zweiter geschlechtsspezifischer<br />
Unterschied für die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen von großer<br />
11
Bedeutung, nämlich die Erwerbstätigkeit. Mit ihr verbunden ist ein Unterschied in<br />
der Kaufkraft. Frauen haben, das zeigt ein Blick in die Vergangenheit, mehr und<br />
mehr am Erwerbsleben teilgenommen (Abb. A.6). Der Befund ist deutlich, auch<br />
wenn die deutsche Frauenerwerbsquote im internationalen Vergleich immer noch<br />
auf den hinteren Rängen zu finden ist.<br />
60%<br />
58%<br />
55%<br />
53%<br />
50%<br />
48%<br />
45%<br />
43%<br />
40%<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
Frauen<br />
Männer<br />
Abbildung A.6: Aufteilung der Erwerbstätigen nach Geschlecht<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
75%<br />
70%<br />
65%<br />
60%<br />
55%<br />
50%<br />
45%<br />
40%<br />
35%<br />
30%<br />
25%<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
Teilzeit<br />
Vollzeit<br />
Abbildung A.7: Erwerbstätigkeit der Frau (Voll- oder Teilzeit)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
12
Diese Zunahme der Frauenerwerbsquote ist unter anderem darauf zurückzuführen,<br />
dass es mehr Teilzeitstellen gibt. Die Anzahl Vollzeitstellen ist in derselben Periode<br />
gesunken (Abb. A.7).<br />
Die Kombination von höherer Lebenserwartung und zunehmender Erwerbstätigkeit<br />
der Frauen spielt also voraussichtlich eine wesentliche Rolle im künftigen Konsumverhalten.<br />
Denn mit einer größeren Zahl von arbeitenden Frauen steigt auch die<br />
Kaufkraft.<br />
A.1.2 Prognose der Bevölkerungsstruktur bis 2035 und bis 2050<br />
Bislang wurden Entwicklungen der Vergangenheit wiedergegeben. Nach der Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Statistischen Bundesamtes werden sich diese in den<br />
nächsten 50 Jahren weiter fortsetzen. Die <strong>Alter</strong>spyramide (Abb. A.1) wird nach dieser<br />
Prognose dann auf dem Kopf stehen. Was das bedeutet, werden wir später<br />
noch genauer betrachten.<br />
Diese Analyse basiert auf der zehnten koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Statistischen Bundesamtes (Variante 5: „mittlere Bevölkerung“). 2 In dieser<br />
Berechnung gibt es bestimmte Grundannahmen zu Migration, Geburtenhäufigkeit<br />
und Lebenserwartung. Demnach beträgt der Zuwanderungssaldo für Deutsche (im<br />
Wesentlichen Aussiedler und Aussiedlerinnen) anfangs jährlich 80.000 und wird bis<br />
2040 auf ein Nullniveau abgebaut. Der Zuwanderungssaldo nach Deutschland für<br />
Ausländer beträgt über die ganze Zeit jährlich 200.000. Die Geburtenrate wird für<br />
den ganzen Prognosezeitraum als konstant angenommen und liegt bei 1.400 Kindern<br />
pro 1.000 Frauen. Die Lebenserwartung für Männer beträgt bei der Geburt<br />
81,1 Jahre, im <strong>Alter</strong> von 60 Jahren noch 23,7 Jahre. Die Lebenserwartung für Frauen<br />
beträgt hingegen bei der Geburt 86,6 Jahre, im <strong>Alter</strong> von 60 Jahren noch 28,2<br />
Jahre.<br />
Überblick über die Gesamtbevölkerungsentwicklung<br />
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist die Bevölkerung gewachsen, obwohl<br />
die Geburtenrate immer weiter zurückging. Für die erste Hälfte des 21. Jahrhunderts<br />
gilt dieses Phänomen nicht mehr, was die Abbildung A.8 deutlich zeigt: Die niedrige<br />
Geburtenrate wird nicht mehr durch die höhere Lebenserwartung oder durch Migration<br />
kompensiert.<br />
2 Zum Zeitpunkt der Erstellung lagen nur die Daten der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Statistischen Bundesamtes vor. Auch unter Berücksichtigung der mittlerweile<br />
vorliegenden 11. koordinierten Bevölkerlungsvorausberechung würden sich jedoch<br />
keine Veränderungen an den Ergebnissen dieser <strong>Studie</strong> ergeben.<br />
13
84<br />
82<br />
80<br />
78<br />
76<br />
74<br />
72<br />
2005 2008 2011 2014 2017 2020 2023 2026 2029 2032 2035 2038 2041 2044 2047 2050<br />
Gesamtbevölkerung in Mio<br />
Abbildung A.8: Gesamtbevölkerungsentwicklung (in Mio.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
8000<br />
7000<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
0-4 10-<br />
14<br />
20-<br />
24<br />
30-<br />
34<br />
40-<br />
44<br />
50-<br />
54<br />
60-<br />
64<br />
70-<br />
74<br />
80-<br />
84<br />
90-<br />
94<br />
100+<br />
2005 2035 2050<br />
Abbildung A.9: Entwicklung der <strong>Alter</strong>sstruktur 2005/2035/2050 (in Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
14
Im Gegensatz zum Bevölkerungswachstum ist bei der <strong>Alter</strong>sstruktur keine Trendumkehr<br />
zu erkennen. Die Abbildung A.9 zeigt die Entwicklung und nimmt dafür die<br />
beiden Jahre 2005 und 2035. Wie schon in der Abbildung A.4 für die Periode 1950<br />
bis 2005 sind zwei klare Trends ersichtlich: Die steigende Lebenserwartung, das<br />
heißt, die Kurve verschiebt sich weiter nach rechts, und die niedrige Geburtenrate,<br />
die Kurve flacht also dort ab, wo die jüngeren Jahrgänge liegen. Der Rückgang um<br />
38 Prozent in der <strong>Alter</strong>skategorie 40-45 Jahre ist auf die geburtenstarken Jahrgänge<br />
zurückzuführen. Die „Babyboomer“-Generation (Jahrgang 1955-1965) geht nun in<br />
die Rente, was den <strong>Alter</strong>squotienten nochmals deutlich ansteigen lässt.<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
1950 1970 2005 2035 2050<br />
Hochbetagtenquotient Seniorenquotient <strong>Alter</strong>squotient<br />
Abbildung A.10: Hochbetagtenquotient, Seniorenquotient und <strong>Alter</strong>squotient für<br />
1950/1970/2005/2035/2050<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Die Abbildung A.10 veranschaulicht die Konsequenzen auf den prozentualen Anteil<br />
der über 64-Jährigen an der Erwerbsbevölkerung (20-64). Dieser sogenannte <strong>Alter</strong>squotient<br />
steigt von knapp 31 Prozent im Jahr 2005 auf 54 Prozent im Jahr 2035<br />
und 60 Prozent im Jahr 2050. Der von uns definierte Seniorenquotient (der Anteil<br />
der über 50-Jährigen an der Gesamtbevölkerung) steigt bis 2035 auf knapp 50 Prozent<br />
und bis 2050 sogar über 50 Prozent. Besonders deutlich wird die <strong>Alter</strong>ung der<br />
Gesellschaft, wenn man den von uns definierten Hochbetagtenquotienten betrachtet<br />
(den Anteil der über 75-Jährigen an der Gesamtbevölkerung). Dieser steigt von unter<br />
10 Prozent im Jahr 2005 auf etwa 15 Prozent im Jahr 2035 und etwa 20 Prozent<br />
im Jahr 2050.<br />
15
120%<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
49% 51% 53%<br />
60%<br />
76%<br />
40%<br />
20%<br />
51% 49% 47%<br />
40%<br />
24%<br />
0%<br />
0-49 50-64 65-74 75-94 95+<br />
Männer<br />
Frauen<br />
Abbildung A.11: Geschlechteraufteilung in <strong>Alter</strong>sgruppen 2035<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Abb. A.11 zeigt, dass Frauen im Jahr 2035 zwar noch immer eine höhere Lebenserwartung<br />
haben werden als Männer, der Frauenanteil in höheren <strong>Alter</strong>sklassen<br />
wird dann aber längst nicht mehr so hoch sein wie noch im Jahr 2005.<br />
Analyse der Zielgruppe der über 50-Jährigen<br />
Die Statistiken machen deutlich: Will man abschätzen, wie der Konsum sich verändert,<br />
wenn die Gesellschaft altert, muss die Gruppe der über 50-Jährigen genauer<br />
betrachtet werden. In diesem Kapitel geht es nur um sie, die Gruppe 50+. Diese<br />
<strong>Alter</strong>skategorie wächst im Zeitraum von 2005 bis 2050 um knapp 21 Prozent, wobei<br />
die Gesamtbevölkerungszahl um knapp 10 Prozent sinkt. Es wird also ein großes<br />
Nachfragepotenzial von dieser Gruppe ausgehen. Kapitel B wird dies ausführlich<br />
beschreiben.<br />
In der Abb. A.12 werden zwei Faktoren für den Anstieg der Bevölkerungsgruppe der<br />
Seniorinnen und Senioren ersichtlich. Zum einen wirkt der so genannte Kohorteneffekt,<br />
der unter dem Schlagwort der „Babyboomer“ schon beschrieben worden ist:<br />
Die Jahrgänge 1955 bis 1965 sind besonders starke Jahrgänge. Außerdem steigt<br />
die Lebenserwartung: Das zeigt ein genereller Aufwärtstrend aller <strong>Alter</strong>skategorien,<br />
insbesondere jener ab 80 Jahre.<br />
16
25000<br />
20000<br />
15000<br />
10000<br />
50-64<br />
65-74<br />
75-94<br />
95+<br />
5000<br />
0<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Abbildung A.12: Kohorteneffekt (in Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
18% 18% 20% 18% 19% 19%<br />
22% 25%<br />
26% 24%<br />
29% 28% 24% 24%<br />
27%<br />
34%<br />
31% 26% 18% 25%<br />
49% 50% 52% 51%<br />
48%<br />
41% 40% 41%<br />
41% 40%<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
50-64 65-74 75-94 95+<br />
Abbildung A.13: <strong>Alter</strong>sstruktur der Seniorinnen und Senioren<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
17
Schaut man genauer darauf, wie die über 50-Jährigen in den vier <strong>Alter</strong>skategorien<br />
verteilt sind, stellt man fest, dass die <strong>Alter</strong>sgruppen 50-64 und 65-74 immer die dominierenden<br />
Gruppen bilden (Abb. A.13). Zusammen machen sie über die Jahre<br />
hinweg zwischen 60 Prozent und 80 Prozent der Seniorinnen und Senioren aus.<br />
Betrachtet man jedoch die Veränderung über die gewählte Periode 2005 bis 2035,<br />
ist auffällig, dass der Anteil der 75- bis 94-Jährigen von 18 Prozent (2005) über 22<br />
Prozent (2035) auf 24 Prozent (2050) steigt.<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
55% 54% 53% 53% 53% 53% 53% 53% 54% 54%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
45% 46% 47% 47% 47% 47% 47% 47% 46% 46%<br />
10%<br />
0%<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Männer<br />
Frauen<br />
Abbildung A.14a: Aufteilung der Kategorie 50+ nach Geschlecht<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
18
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
81% 82% 81% 80%<br />
19% 18% 19% 20%<br />
74% 73% 72% 72% 71% 71%<br />
26% 27% 28% 28% 29% 29%<br />
0%<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Männer<br />
Frauen<br />
Abbildung A.14b: Aufteilung der Kategorie 95+ nach Geschlecht<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Getrennt in Männer und Frauen ergibt sich für die Gruppe 50+ kein klarer Trend.<br />
Der Frauenanteil schwankt über die ganze Periode zwischen 53 Prozent und 55<br />
Prozent (Abb. A.14a). In den höheren <strong>Alter</strong>skategorien bleibt der Anteil der Frauen<br />
nach wie vor sehr hoch. Jedoch ist in der Abbildung A.14b eine deutliche Zunahme<br />
des Männeranteils feststellbar. Weil die Lebenserwartung der Männer überdurchschnittlich<br />
ansteigt, tragen sie zu einem Bevölkerungswachstum in der Gruppe der<br />
über 50-Jährigen bei.<br />
A.2 Entwicklung der Haushaltsstruktur<br />
Nicht nur die Größe der Bevölkerung und ihre <strong>Alter</strong>sstruktur haben sich gewandelt.<br />
Auch die Art, in der Menschen leben und zusammen leben, hat sich verändert. Erfasst<br />
wird die Lebensform in unterschiedlichen Typen von Haushalten. Nach den<br />
jeweiligen Bedürfnissen zeigt sich ein jeweils eigenes Konsumprofil dieser Typen.<br />
A.2.1 Haushaltszahl, Haushaltsgröße und Haushaltseinkommen<br />
Will man herausfinden, wie sich die Lebensweisen in einer Bevölkerung verändern,<br />
geben zwei Zahlen Aufschluss: Die Größe der Haushalte und deren Anzahl. Wenn<br />
man die reine Anzahl der Haushalte betrachtet, ergibt sich seit 1991 eine deutliche<br />
19
Zunahme: Bis 2004 sind sie um 11 Prozent gewachsen (Abb. A.15). Im gleichen<br />
Zeitraum hat die Gesamtbevölkerung jedoch nur um 2,4 Prozent zugenommen.<br />
40<br />
39<br />
38<br />
37<br />
36<br />
35<br />
34<br />
33<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
Anzahl Haushalte (in Mio)<br />
Abbildung A.15: Entwicklung der Anzahl Haushalte (in Mio.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
2.30<br />
2.25<br />
2.20<br />
2.15<br />
2.10<br />
1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003<br />
Haushaltsmitglieder je Haushalt<br />
Abbildung A.16: Haushaltsmitglieder je Haushalt<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
20
Die enorme Steigerung der Haushalte trotz des geringen Bevölkerungswachstums<br />
liegt an der Verkleinerung der Haushalte: Seit 1991 haben sie immer weniger Mitglieder.<br />
Im Durchschnitt lebten in einem Haushalt 1991 noch 2,27 Personen – im<br />
Jahr 2004 waren es 2,12 (Abb. A.16).<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
EPH<br />
MPH<br />
Abbildung A.17: Einpersonen- vs. Mehrpersonenhaushalte (in Prozent)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Auffallend deutlich ist die Zahl derjenigen gestiegen, die alleine leben, die so genannten<br />
Einpersonenhaushalte. Dieser Haushaltstyp hat seit 1991 um 22,8 Prozent<br />
zugenommen. Im Gegensatz dazu hat die Zahl derjenigen, die zusammen leben,<br />
deutlich weniger zugenommen: Die Mehrpersonenhaushalte wuchsen in dieser Zeit<br />
um 5 Prozent.<br />
Wenn man nun einen Schritt weiter geht und die Haushalte, in denen mehrere Personen<br />
zusammen leben, in verschiedene Kategorien unterteilt, wird die Entwicklung<br />
noch deutlicher. In der jüngsten Vergangenheit ist eine einzige Kategorie von Haushalten,<br />
in denen mehr als ein Mensch lebt, gewachsen: Diejenige der Zweipersonenhaushalte.<br />
Sie hat in den Jahren 1991 bis 2004 um 22,7 Prozent zugenommen.<br />
Von den 5 Prozent Zuwachs im Typ der Mehrpersonenhaushalte ist also dem Zweipersonenhaushalt<br />
ein großer Teil zuzuschreiben: Es zeichnet sich ein Trend zu kleineren<br />
Haushalten ab (Abb. A.18).<br />
21
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
7%<br />
14%<br />
11%<br />
29%<br />
34%<br />
Einpersonenhaushalt<br />
5%<br />
14%<br />
22%<br />
19%<br />
7%<br />
10%<br />
4%<br />
Mehrpersonenhaushalt<br />
bis 899 EUR 900 - 1299 EUR 1300 - 1499 EUR<br />
1500 - 1999 EUR 2000 - 2599 EUR 2600 - 3199 EUR<br />
4500 - 5999 EUR 6000+ EUR<br />
Abbildung A.19: Prozentuale Aufteilung der Einpersonen- und Mehrpersonenhaushalte<br />
nach Nettoeinkommensklassen 2004<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
A.2.2 Mögliche Ursachen<br />
Für dieses Bild der Haushaltsstruktur gibt es verschiedene Ursachen. Sie liegen in<br />
der demografischen Entwicklung, die im Anfangskapitel erläutert wurde, und in einer<br />
unterschiedlichen Lebensweise. Die steigende Lebenserwartung und die rückläufige<br />
Geburtenrate sind demografische Ursachen. Sie erklären die Anzahl der kinderlosen<br />
Ein- oder Zweipersonenhaushalte junger Leute. Am stärksten aber wirkt sich der<br />
steigende Anteil der Rentnerinnen und Rentner an der Gesamtbevölkerung darauf<br />
aus, dass es immer mehr kleinere Haushalte gibt.<br />
23
5400<br />
5300<br />
5200<br />
5100<br />
5000<br />
4900<br />
4800<br />
4700<br />
4600<br />
4500<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
Abbildung A.20: Anzahl Rentnerinnen und Rentner, die in einem Einpersonenhaushalt<br />
leben (in Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Abbildung A.20 zeigt, dass seit 1991 die Anzahl der Rentnerinnen und Rentner, die<br />
in Einpersonenhaushalte leben, um mehr als 10 Prozent zugenommen hat. Der prozentuale<br />
Anteil dieser <strong>Alter</strong>sgruppe an den allein lebenden Personen betrug im Jahr<br />
2004 36,8 Prozent. Die niedrige Geburtenrate hingegen führt gleichzeitig dazu, dass<br />
es die mittlerweile klassisch gewordene Familie mit zwei Kindern immer seltener<br />
gibt. Zusammen genommen erklärt sich also, warum es eine deutliche Zunahme der<br />
kleinen Haushalte gibt.<br />
In Abb. A.21 ist diese Entwicklung graphisch dargestellt. Die Anzahl der Paare, die<br />
zusammen ohne Kinder leben, ist seit 1996 deutlich um 9,4 Prozent gestiegen. Im<br />
Jahr 2004 machten die allein lebenden Paare etwa ein Drittel aller Menschen aus,<br />
die in Mehrpersonenhaushalten lebten. In der gleichen Zeit hat die Zahl jener, die in<br />
einer so genannten Eltern-Kind-Gemeinschaft leben, um 5,6 Prozent abgenommen.<br />
Sie betrug im Jahr 2004 knapp 64 Prozent.<br />
65+<br />
24
50000<br />
45000<br />
40000<br />
35000<br />
30000<br />
25000<br />
20000<br />
15000<br />
10000<br />
5000<br />
0<br />
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
Elternkindgemeinschaft<br />
Paargemeinschaft ohne Kinder<br />
Abbildung A.21: Elternkindgemeinschaften vs. Paargemeinschaften ohne Kinder (in<br />
Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt (Mikrozensus 2004)<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
Eheschliessungen<br />
Scheidungen<br />
Abbildung A.22: Anzahl Scheidungen und Eheschließungen pro Jahr (in Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt(wird noch bearbeitet)<br />
25
5000<br />
4500<br />
4000<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
25 bis unter 45 Jahre 45 bis unter 65 Jahre<br />
Abbildung A.23: Anzahl der in Einpersonenhaushalten lebenden Personen (in Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Nicht nur die Entwicklung der Lebenserwartung und der Geburtenrate spielen eine<br />
wichtige Rolle bei der Verteilung der Haushaltstypen. Genauso bedeutsam ist es,<br />
Veränderungen in der Lebensweise zu betrachten, soweit sie in Statistiken zu erfassen<br />
sind. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Scheidungen und Eheschließungen.<br />
Abb. A.22 zeigt die Stagnation der jährlichen Eheschließungen und den markanten<br />
Anstieg der jährlichen Scheidungen. Dieser Trend hat Auswirkungen auf die Entwicklung<br />
der Einpersonenhaushalte. In Abb. A.23 ist deutlich zu sehen, dass immer<br />
mehr Menschen der beiden <strong>Alter</strong>sgruppen 25-45 und 45-65 Jahre in Einpersonenhaushalten<br />
leben. Beide Erhebungen zeigen also einen Zusammenhang: Die Zahl<br />
der Eheschließungen stagniert, die Scheidungsrate steigt, und im gleichen Zeitraum<br />
leben immer mehr Menschen allein.<br />
A.2.3 Kleiner Ausblick in die Zukunft<br />
Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) hat eine <strong>Studie</strong> „Auswirkungen<br />
des demografischen Wandels auf die private Nachfrage nach Gütern und<br />
Dienstleistungen in Deutschland bis 2050“ erarbeitet. Auf deren Ergebnisse stützt<br />
sich die folgende kleine Zusammenfassung, die einen Ausblick in die Zukunft der<br />
Haushaltsstruktur unternimmt. Eine genauere Prognose von ProFamy in Zusammenarbeit<br />
mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (bib) wird im Teil B<br />
dieser <strong>Studie</strong> verwendet.<br />
26
In der Zukunft wird es laut DIW weiterhin einen Zuwachs der kleineren Haushalte<br />
geben, bis zum Jahr 2050 wird die durchschnittlich Haushaltsgröße auf fast zwei<br />
Mitglieder sinken. Im Gegensatz dazu ist bei der Anzahl der Haushalte eine leichte<br />
Trendumkehr festzustellen. Denn nach den Berechnungen des DIW steigt die Anzahl<br />
der Haushalte aufgrund der demografischen Entwicklung bis 2020 auf 40,7<br />
Millionen an. Danach aber soll sie deutlich unter das Niveau von 2003 sinken (Abb.<br />
A.24).<br />
41000<br />
40500<br />
40000<br />
39500<br />
39000<br />
38500<br />
38000<br />
37500<br />
37000<br />
36500<br />
36000<br />
35500<br />
2003 2010 2020 2030 2040 2050<br />
2.14<br />
2.12<br />
2.10<br />
2.08<br />
2.06<br />
2.04<br />
2.02<br />
2.00<br />
1.98<br />
1.96<br />
Anzahl Haushalte<br />
Haushaltsmitglieder je Haushalt<br />
Abbildung A.24: Anzahl der Haushalte und ihre Grösse (in Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Betrachtet man genauer, wie sich dem DIW zufolge die Haushaltsstruktur in der<br />
Zukunft entwickeln wird, ergibt sich eine deutliche Zunahme der Zweipersonenhaushalte<br />
(Abb. A.25). Die Einpersonenhaushalte hingegen nehmen nicht mehr so<br />
stark zu. Der Grund liegt bei dieser Prognose in der steigenden Lebenserwartung<br />
der Männer: Je länger sie leben, desto weniger Frauen leben im höheren <strong>Alter</strong> allein<br />
(Abb. A.26).<br />
27
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
2003 2010 2020 2030 2040 2050<br />
1 Person 2 Personen 3 Personen<br />
4 Personen 5 oder mehr Personen<br />
Abbildung A.25: Entwicklung der verschiedenen Haushalte (indexiert 2003=100)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
4%<br />
4% 4% 4% 4% 4%<br />
11% 10% 9% 9% 9% 8%<br />
14%<br />
13%<br />
12% 12% 11% 11%<br />
34% 35% 38% 39% 40% 40%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
37% 38% 37% 37% 37% 37%<br />
10%<br />
0%<br />
2003 2010 2020 2030 2040 2050<br />
1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 oder mehr Personen<br />
Abbildung A.26: Prozentuale Aufteilung der Haushalte nach Haushaltsgrösse<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
28
Deutlich nimmt dagegen, wie man in der Abb. A.27 sehen kann, der Haushalttyp<br />
„Paare mit Kindern“ ab. Es wird etwa 20 Prozent weniger Haushalte dieses Typs<br />
geben. Das heißt, dass im Jahr 2050 nur noch jedes vierte Paar mindestens ein<br />
Kind haben wird.<br />
16000<br />
14000<br />
12000<br />
10000<br />
8000<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
2003 2010 2020 2030 2040 2050<br />
Paare ohne Kinder<br />
Paare mit Kinder<br />
Abbildung A.27: Paare ohne Kinder vs. Paare mit Kindern (in Tsd.)<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
A.3 Fazit<br />
Die Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes und eine genauere Analyse<br />
all der Daten, die bis jetzt vorliegen, belegen die fortschreitende <strong>Alter</strong>ung der<br />
Bevölkerung in Deutschland. Der Anteil der über 50-Jährigen lag im Jahr 2005 bereits<br />
bei über 37 Prozent der Bevölkerung und wird bis 2035 auf fast 50 Prozent<br />
ansteigen, bis 2050 sogar über 50 Prozent. Diese demografische Entwicklung ist<br />
einerseits auf die geringe Geburtenrate und andererseits auf die erhöhte Lebenserwartung<br />
zurückzuführen. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern:<br />
Je höher das <strong>Alter</strong>, desto größer der Anteil der Frauen. Diese Tendenz<br />
wird sich fortsetzen und dabei eine große Bedeutung für die Nachfrage nach Konsum<br />
bekommen. Geburtenrate und Lebenserwartung prägen deutlich die Struktur<br />
der Haushalte. Die Anzahl der Haushalte ist gestiegen und ihre durchschnittliche<br />
Mitgliederzahl gefallen. Die Zahl der Haushalte wird ab 2020 voraussichtlich nicht<br />
mehr zunehmen. Der Trend zu kleineren Haushalten bleibt jedoch auch in Zukunft<br />
bestehen.<br />
29
B. Konsumentenverhalten in Deutschland zwischen 1983 und<br />
2003 3<br />
Wenn eine Bevölkerung sich so deutlich wandelt, verändern sich Angebot und<br />
Nachfrage. Die Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen und deren Vermittlung<br />
an den Konsumenten ändern sich, Marketing und Markenmanagement richten<br />
sich auf diese Strömungen ein, formulieren ihre Zielgruppen um. Dahinter aber steht<br />
eine grundsätzliche Frage: Wenn sich eine Bevölkerung wandelt, wie wird sich die<br />
Güternachfrage in der Gesamtwirtschaft ändern? Welche Strukturen ergeben sich?<br />
Und wenn es so viele ältere Menschen in einer Bevölkerung gibt, wie wird ihr Anteil<br />
am Produktumsatz aussehen?<br />
Um zu diesen Fragen vorzudringen, müssen andere vorab beantwortet werden.<br />
Zuerst einmal, ob ältere Menschen tatsächlich andere Güter konsumieren als jüngere.<br />
Im zweiten Schritt soll es darum gehen, die eventuellen Konsumunterschiede<br />
danach aufzuteilen, ob sie aus altersspezifisch unterschiedlichen Präferenzen resultieren<br />
– oder weil das Einkommen der betrachteten Personen unterschiedlich ist.<br />
Erst wenn diese Untersuchung abgeschlossen ist, kann eine Prognose gewagt werden.<br />
Sie findet sich in Kapitel C.<br />
B.1 Datengrundlage: die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS)<br />
Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse basieren auf fünf Wellen der Einkommens-<br />
und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes, nämlich für<br />
die Jahre 1983, 1988 für Westdeutschland und 1993, 1998 und 2003 für Gesamtdeutschland.<br />
In der EVS werden etwa 0,2 Prozent der Haushalte des Erhebungsgebietes<br />
zu der Zusammensetzung ihres Haushaltes, zu ihrem Einkommen,<br />
Sparverhalten und anderen wirtschaftlichen und sozialen Charakteristika befragt.<br />
Die EVS ist zur Analyse des Konsumverhaltens besonders geeignet, da sie mit dem<br />
Anspruch entwickelt wurde, zuverlässige Informationen über einen repräsentativen<br />
Querschnitt der Bevölkerung zu liefern. 4<br />
Das Kernstück der EVS ist die detaillierte Erfassung der Ausgaben und Einnahmen<br />
von Haushalten. Der Konsum wird über Haushaltsbücher erfragt, die über drei aufeinander<br />
folgende Monate geführt werden sollten. Diese Haushaltsbücher erfassen<br />
alle Ausgaben, aber keine Mengenangaben. Ergänzt werden diese Angaben durch<br />
3 Die Ergebnisse in Teil B beruhen auf einer laufenden Forschungskooperation von Ashok<br />
Kaul (Universität Mainz) und Melanie Lührmann (Institute for Fiscal <strong>Studie</strong>s, London).<br />
4 Aus Anonymisierungsgründen werden jedoch nur Haushalte mit einem monatlichen Nettohaushaltseinkommen<br />
unterhalb einer gewissen Grenze erfasst. Diese betrug 1998 35.000<br />
DM. Weiterhin werden die Haushalte per Quotenverfahren auf Basis der sozialen Stellung<br />
des Haupteinkommensbeziehers, des monatlichen Haushaltsnettoeinkommens und des<br />
Haushaltstyps ausgewählt [siehe Fleck und Papastefanou (2006)].<br />
30
Feinanschreibungshefte, in denen einen Monat lang detaillierte Angaben über Nahrungsmittel,<br />
Getränke und Tabakwaren gemacht werden sollten. Die EVS stellt damit<br />
die umfassendste Datenquelle seitens der amtlichen Statistik zur Erfassung des<br />
Konsumentenverhaltens dar. Pro Jahr werden zwischen 40.000 und 50.000 Haushalte<br />
befragt. Aufgrund der deutschen Wiedervereinigung ergibt sich ein natürlicher<br />
Strukturbruch in den Daten. Wir betrachten daher in den zwei Befragungen aus den<br />
achtziger Jahren Westdeutsche und von 1990 an Haushalte aus Gesamtdeutschland.<br />
5<br />
B.2 Ein deskriptiver Überblick<br />
B.2.1 Wie unterscheiden sich Haushalte verschiedenen <strong>Alter</strong>s?<br />
Vergleicht man die in der EVS vertretenen Haushalte zwischen 1993 und 2003,<br />
zeigt sich schon in dieser kurzen Spanne von zehn Jahren eine Verschiebung der<br />
<strong>Alter</strong>sstruktur: Von einer Vielzahl junger Haushalte wandelt sich das Bild hin zu einer<br />
Mehrheit von Haushalten mit einem Haushaltsvorstand mittleren <strong>Alter</strong>s (Abb.<br />
B.1). So hat sich das <strong>Alter</strong> in der Stichprobe im Median von 47 auf 49 Jahre erhöht,<br />
während die durchschnittliche Haushaltsgröße von 2,6 auf 2,4 Personen gesunken<br />
ist.<br />
0 5 10 15<br />
20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80<br />
1993 2003<br />
Abbildung B.1: Entwicklung der <strong>Alter</strong>sverteilung in der Einkommens- und<br />
Verbrauchsstichprobe, 1993 versus 2003 (relative Häufigkeit in Prozent)<br />
5 Wir gehen im Haupttext nur auszugsweise auf die Unterschiede zwischen den alten und<br />
den neuen Bundesländern ein. In Anhang C finden sich die im Folgenden für Gesamtdeutschland<br />
abgebildeten Tabellen getrennt für die alten Bundesländer von 1983 an und für<br />
die neuen von 1994 an.<br />
31
Am deutlichsten zeigt sich die demografische Entwicklung, wenn man die Zusammensetzung<br />
der Haushalte genauer betrachtet (Tabelle B.1): Während im Jahr 1993<br />
noch in 46,7 Prozent der Haushalte Kinder lebten, hatte sich dieser Anteil 2003 auf<br />
31,2 Prozent reduziert. Damit waren 2003 fast 70 Prozent der Haushalte kinderlos.<br />
Etwas weniger drastisch, aber ebenfalls deutlich zurückgegangen ist auch der Anteil<br />
der Familien mit einem Kind. Er lag 1993 noch bei 19,4 Prozent und fiel bis 2003 auf<br />
14 Prozent.<br />
1993 2003<br />
Medianalter des Haushaltsvorstandes 47 49<br />
Durchschnittl. Haushaltsgröße 2.6 2.4<br />
Durchschnittl. Kinderzahl 0.85 0.54<br />
Anteil kinderloser Haushalte [%] 53.3 68.8<br />
Anteil Haushalte mit einem Kind [%] 19.4 14.0<br />
Tabelle B.1: Entwicklung der Haushaltszusammensetzung in Gesamtdeutschland<br />
zwischen 1993 und 2003<br />
Im Vergleich der neuen und der alten Bundesländer zeigen sich nur leichte demografische<br />
Unterschiede, wie Tabelle B.2 zeigt.<br />
1993 1998 2003<br />
ABL NBL ABL NBL ABL NBL<br />
Medianalter des 47 46 46 47 49 49<br />
Haushaltsvorstandes<br />
Durchschnittl. Haushaltsgröße<br />
2.6 2.6 2.6 2.5 2.4 2.4<br />
Durchschnittl. Kinderzahl<br />
0.86 0.83 0.69 0.60 0.56 0.44<br />
Anteil kinderloser 54.1 50.3 61.9 62.5 68.4 70.4<br />
Haushalte [%]<br />
Anteil Haushalte mit 18.6 22.4 15.1 18.7 13.1 17.8<br />
einem Kind [%]<br />
Tabelle B.2: Entwicklung der Haushaltszusammensetzung zwischen 1993 und 2003<br />
im West-Ost-Vergleich<br />
Anmerkung: ABL = alte Bundesländer, NBL = neue Bundesländer<br />
Insgesamt zeigt sich, dass in der Stichprobe insgesamt und pro Jahr die Single-<br />
Haushalte zunehmen. Inzwischen machen sie 36 Prozent der Haushalte in Gesamtdeutschland<br />
aus. Zugleich zeigt die Erhebung einen Rückgang von Haushalten mit<br />
drei und mehr Personen, also der klassischen Familien mit Kindern (Abb. B.2): Sie<br />
ist inzwischen auf weniger als 30 Prozent aller Haushalte gesunken.<br />
32
1993<br />
0 10 20 30 40<br />
32.27 32.52<br />
17.46<br />
13.29<br />
4.46<br />
0 1 2 3 4 5<br />
2003<br />
0 10 20 30 40<br />
36.44<br />
34.69<br />
13.48<br />
11.33<br />
4.065<br />
0 1 2 3 4 5<br />
Abbildung B.2: Verteilung der Haushaltsgröße für die Jahre 1993 und 2003 (in Prozent)<br />
Die Haushaltsgröße verändert sich, je nachdem wie alt die erfasste Person ist. Bis<br />
zum 40. Lebensjahr etwa befindet sich der Haushaltsvorstand in der Phase der Familiengründung,<br />
was steigende Haushaltsgrößen zur Folge hat. Später im Lebenszyklus<br />
sinkt die durchschnittliche Haushaltsgröße jedoch auch wieder: Die Kinder<br />
werden erwachsen und ziehen aus. In Kapitel A wurde gezeigt, wie Geburtenent-<br />
33
wicklung, Familienbildung und Scheidungsverhalten sich darstellen – sie beeinflussen<br />
auch die altersspezifische Entwicklung der Haushaltsgröße.<br />
0 .5 1 1.5 2 2.5 3<br />
20-49 50-64 65-74 75+<br />
Abbildung B.3: Durchschnittliche Haushaltsgröße nach vier detaillierten <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
Betrachtet man, wie sich die Größe der Haushalte auf die vier Hauptaltersgruppen<br />
verteilt, wird deutlich, dass eine relativ ausgewogene Mischung von Haushalten unterschiedlicher<br />
Größe sich, je älter die untersuchten Personen werden, auf Haushalte<br />
kleinerer Größe konzentriert (Abb. B.4). Während in Haushalten mit einem 50-64<br />
Jahre alten Vorstand noch knapp 20 Prozent der Haushalte drei Mitglieder haben,<br />
vermutlich vorwiegend aufgrund von noch zu Hause lebenden Kindern, sind in der<br />
<strong>Alter</strong>sgruppe über 65 Jahre fast nur noch Ein- oder Zweipersonenhaushalte zu finden.<br />
In der <strong>Alter</strong>sgruppe bis 74 Jahre sind weniger als 10 Prozent der Haushalte<br />
größer. Weil Männer und Frauen unterschiedliche Lebenserwartungen haben und<br />
Männer im Durchschnitt etwa zwei Jahre älter sind als ihre Partnerin, leben die über<br />
75-Jährigen am häufigsten in Einpersonenhaushalten.<br />
34
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
20-49-Jährige<br />
0 1 2 3 4 5<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
50-64-Jährige<br />
0 1 2 3 4 5<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
65-74-Jährige<br />
0 1 2 3 4 5<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
über 75-Jährige<br />
0 1 2 3 4 5<br />
Abbildung B.4: Verteilung der Haushaltsgröße nach <strong>Alter</strong> (in Prozent)<br />
Es gibt viele weitere Charakteristika, in denen sich Haushalte unterscheiden. Teilweise<br />
liegen sie im <strong>Alter</strong> der Mitglieder begründet und potentiell beeinflussen sie<br />
das Konsumverhalten. In der empirischen Analyse des nächsten Kapitels wird daher<br />
eine multivariate Analyse durchgeführt, die diese zusätzlichen Einflussfaktoren berücksichtigt.<br />
B.2.2<br />
Wofür haben die Haushalte ihr Geld ausgegeben?<br />
Um das Konsumverhalten von Seniorinnen und Senioren besser verstehen zu können,<br />
muss zunächst der Durchschnitt der Verbraucher betrachtet werden: Wofür gibt<br />
er sein Geld aus und wie hat sich im Verlauf der Zeit das allgemeine Konsumverhalten<br />
verändert? Auf solche allgemeine Konsumtrends fällt der Blick zuerst. Aber im<br />
Mittelpunkt steht bei dieser Untersuchung der Konsument 50+.<br />
Die Einzelbetrachtung der jüngsten drei Befragungsjahre zeigt, dass die nominalen<br />
Ausgaben für den privaten Verbrauch zwar zwischen 1993 und 2003 kontinuierlich<br />
gestiegen sind. Doch die inflationsbereinigten Daten belegen, dass es zwar insgesamt<br />
einen Anstieg um etwa 5 Prozent gegenüber dem Niveau von 1993 gab. Die<br />
realen Ausgaben sind aber zwischen 1998 und 2003 im Mittel um etwa 3 Prozent<br />
gesunken.<br />
35
Betrachtet man, wie die Gesamtkonsumausgaben des Jahres 1993 verteilt waren<br />
und vergleicht diese mit den Daten des Jahres 2003, kann man außerdem deutlich<br />
sehen, dass diese Ausgaben 2003 noch unterschiedlicher auf die Haushalte verteilt<br />
sind als zuvor.<br />
1993 2003<br />
0 2 4 6<br />
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000<br />
0 1 2 3 4 5<br />
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000<br />
Abbildung B.5: Verteilung der realen Gesamtausgaben für den privaten Verbrauch<br />
(in Prozent und in Preisen des Jahres 2000), 1993 versus 2003<br />
Der Löwenanteil des Gesamtkonsums, über zehn Jahre betrachtet, entfällt mit etwa<br />
23 Prozent auf Speisen und Getränke. Gleich darauf folgen die Ausgaben für Verkehr,<br />
die rund 11 Prozent der Gesamtausgaben ausmachen. Jeweils etwa 9 Prozent<br />
entfallen auf Bekleidung, Energie sowie auf Möbel und Haushaltsgeräte. Für ihre<br />
Körperpflege geben die Deutschen etwa 3,5 Prozent aus, für Reisen stehen 5,4<br />
Prozent des Gesamtkonsums zur Verfügung. Gut 4 Prozent der gesamten Konsumausgaben<br />
werden privat, also ohne die Leistungen der Krankenkassen mitzuberechnen,<br />
für die Gesundheit ausgegeben. Mehr Geld als dafür geben die Deutschen<br />
im Schnitt für Restaurantbesuche mit 5,6 Prozent aus. 7,5 Prozent des Gesamtkonsums<br />
machen Leistungen der Unterhaltungsindustrie und -elektronik, das so genannte<br />
Home Entertainment, aus, fast genauso viel wird für die aktive<br />
Freizeitgestaltung verwendet (Abb. B.6).<br />
Im Zeitablauf lässt sich vor allem ein wesentlicher Trend ablesen: Sinkende Ausgabenanteile<br />
für Güter, die elementare Lebensbedürfnisse decken - wie etwa Nahrungsmittel<br />
und Getränke sowie Bekleidung und Schuhe. Auch der Anteil für<br />
Energieausgaben fällt grundsätzlich in diese Kategorie. Allerdings variiert er stark<br />
aufgrund der starken Preisschwankungen von Rohöl. Der Ausgabenanteil für Gesundheit<br />
ist hingegen im Zeitverlauf gestiegen.<br />
36
5.6% 3.5%<br />
5.4%<br />
23.3%<br />
7.7%<br />
7.5%<br />
9.0%<br />
4.4%<br />
11.1%<br />
4.3%<br />
9.3%<br />
8.8%<br />
Essen, Trinken<br />
Energie<br />
Gesundheit<br />
Kommunikation<br />
Aktive Freizeitgestaltung<br />
Restaurants<br />
Bekleidung, Schuhe, Schmuck<br />
Möbel, Haushaltsgeräte<br />
Verkehr<br />
Home Entertainment<br />
Reisen<br />
Körperpflege<br />
Abbildung B.6: Durchschnittliche Ausgaben nach detaillierten Gütergruppen in Gesamtdeutschland<br />
(in Prozent der Gesamtausgaben), 1993-2003<br />
B.2.3 Wo liegen die Unterschiede im Konsumverhalten verschiedener <strong>Alter</strong>sgruppen?<br />
In verschiedenen Lebensphasen konsumieren Menschen anders. Weil die Zielgruppe<br />
dieser Betrachtung die große Gruppe 50+ ist, lohnt es sich, diese genauer zu<br />
betrachten. Dazu wird die Gesamtzahl der Haushalte in vier <strong>Alter</strong>skategorien unterteilt:<br />
Die erste Gruppe bilden die 20- bis 49-Jährigen. Die nächsten drei Gruppen<br />
ermöglichen eine feinere Analyse der Generation 50+: Unterteilt wird in 50 bis 64-<br />
Jährige, 65 bis 74-Jährige und alle über 75 Jahre alten Personen. Außerdem werden<br />
diese vier Haushaltsgruppen für Ost- und Westdeutschland getrennt betrachtet.<br />
Das <strong>Alter</strong> eines Haushaltes wird dabei vom <strong>Alter</strong> der so genannten Bezugsperson<br />
bestimmt. Diese ist bei einem Paarhaushalt in der Regel der Mann.<br />
Haushalte in der <strong>Alter</strong>skategorie 50-64 Jahre haben im Gesamtvergleich die höchsten<br />
Konsumbudgets (siehe Abb. B.7). Mit Erreichen des Rentenalters sinken die<br />
Konsumausgaben je Haushalt um durchschnittlich 20 Prozent. Nochmals knapp 20<br />
Prozent weniger geben die Haushalte der über 75-Jährigen für den privaten<br />
Verbrauch aus.<br />
37
Alle Haushalte zusammen geben im Durchschnitt 1386 Euro pro Monat aus (ohne<br />
Wohungsausgaben und Kfz-Käufe). Betrachtet man Ostdeutschland alleine, liegt<br />
der Durchschnitt dort um 220 Euro niedriger als der Gesamtdurchschnitt. Trotz dieser<br />
Niveauunterschiede ist jedoch das <strong>Alter</strong>sprofil der Konsumausgaben im Osten<br />
und Westen ähnlich. Es gibt aber einen einzigen deutlichen Unterschied: Im Westen<br />
ist es die Gruppe der 50- bis 64-Jährigen, die am meisten für Konsum ausgibt. Im<br />
Osten hingegen sind die 20 bis 49 Jahre alten Haushalte die finanzstärkste Konsumgruppe.<br />
0 500 1,000 1,500<br />
1549<br />
1429<br />
1216<br />
980<br />
20-49 50-64 65-74 75+<br />
Abbildung B.7: Durchschnittlicher privater Verbrauch pro Monat von Haushalten in<br />
Gesamtdeutschland nach vier <strong>Alter</strong>skategorien (real in Preisen von 2000, in Euro),<br />
1993-2003<br />
Nicht nur in der Höhe, sondern auch in der Struktur ihrer Konsumausgaben unterscheiden<br />
sich Haushalte verschiedenen <strong>Alter</strong>s. Am deutlichsten wird dies am Beispiel<br />
der Ausgaben für Verkehrsgüter und Verkehrsdienstleistungen. Ihr<br />
prozentualer Anteil an den Gesamtausgaben ist in der <strong>Alter</strong>sgruppe der über 75-<br />
Jährigen nur halb so hoch wie in der <strong>Alter</strong>sgruppe der 20- bis 49-Jährigen (siehe<br />
Abb. B.8). Das umgekehrte Bild ergibt sich bei den Gesundheitsausgaben: Von 3,0<br />
Prozent des monatlichen Gesamtbudgets bei den 20 bis 49 Jahre alten Haushalte<br />
steigen sie auf 7,7 Prozent (Abb. B.8). Auch der Anteil der Energieausgaben erhöht<br />
sich, von 8 steigt er auf 11,3 Prozent (Abb. B.8). Während sich die Ausgabenanteile<br />
der über 75-Jährigen für Nahrungsmittel und Getränke im Vergleich zu den 20- bis<br />
49-Jährigen nur leicht erhöhen, sinkt der Ausgabenanteil für Kleidung etwas.<br />
38
20-49-Jährige<br />
0 5 10 15 20 25<br />
23.1<br />
9.3<br />
8.0<br />
8.7<br />
3.0<br />
12.7<br />
4.7<br />
8.3 8.2<br />
4.7<br />
6.1<br />
3.3<br />
Essen, Trinken<br />
Energie<br />
Gesundheit<br />
Kommunikation<br />
Aktive Freizeitgestaltung<br />
Restaurants<br />
Bekleidung, Schuhe<br />
Möbel, Haushaltsgeräte<br />
Verkehr<br />
Home Entertainment<br />
Reisen, Hotels<br />
Körperpflege<br />
über 75-Jährige<br />
0 5 10 15 20 25<br />
23.8<br />
7.5<br />
11.3<br />
8.7<br />
7.7<br />
6.5<br />
4.4<br />
7.1<br />
7.7<br />
5.5 5.1 4.7<br />
Essen, Trinken<br />
Energie<br />
Gesundheit<br />
Kommunikation<br />
Aktive Freizeitgestaltung<br />
Restaurants<br />
Bekleidung, Schuhe<br />
Möbel, Haushaltsgeräte<br />
Verkehr<br />
Home Entertainment<br />
Reisen, Hotels<br />
Körperpflege<br />
Abbildung B.8: Anteile der Konsumausgaben nach detaillierten Gütergruppen und<br />
zwei Hauptaltersgruppen (in Prozent)<br />
Betrachtet man die Gesamtausgaben in Ost und West getrennt, ist der Anteil, der<br />
für grundlegende Güter wie Nahrungsmittel und Energie ausgegeben wird, im Osten<br />
39
deutlich höher. Das ist deswegen nicht erstaunlich, weil die Haushalte im Osten zum<br />
einen weniger Geld zur Verfügung haben. Zum anderen aber gehören Nahrungsmittel<br />
zu den elementaren Gütern, die eine so genannte geringe Einkommenselastizität<br />
aufweisen. Das heißt, die Summe des Konsums nimmt nicht nennenswert zu, wenn<br />
das Einkommen steigt. Ärmere Haushalte geben daher tendenziell einen höheren<br />
Anteil ihres schmalen Budgets für Nahrungsmittel aus, aber weniger für Luxusgüter.<br />
Mindestens um einen Prozentpunkt höher als in Westdeutschland ist auch der Anteil<br />
für Haushaltswaren und Möbel, während die Ausgaben für Verkehr geringer sind.<br />
Man hätte erwarten können, dass es größere Unterschiede in den Ausgabenanteilen<br />
gibt, wenn man die verschiedenen <strong>Alter</strong>sgruppen betrachtet. Dies ist nicht der<br />
Fall (siehe Abb. B.8). Dort, wo sich die Konsumstruktur je nach der <strong>Alter</strong>sgruppe<br />
auffallend verändert, betrifft das meist Ausgaben, die in direkter Verbindung mit den<br />
körperlichen Einschränkungen des <strong>Alter</strong>s stehen: Gesundheit, Verkehr und Energie.<br />
Unterschiedliche Präferenzen der <strong>Alter</strong>sgruppen, etwa in der Freizeitgestaltung,<br />
kann man nur schwach erkennen.<br />
Gesamtdeutschlanländeländer<br />
Alte Bundes-<br />
Neue Bundes-<br />
Differenz<br />
Insgesamt 1386 1430 1166 +23%<br />
20-49 Jahre 1429 1456 1293 +13%<br />
50-64 Jahre 1549 1624 1183 +37%<br />
65-74 Jahre 1216 1271 963 +32%<br />
> 75 Jahre 980 1015 775 +31%<br />
Tabelle B.3: Konsumausgaben insgesamt (ohne Wohnausgaben und Kfz-Käufe)<br />
nach den Hauptaltersgruppen im Ost-West-Vergleich (in Euro und Preisen von<br />
2000)<br />
40
B.3 Multivariate Analyse des Konsumverhaltens von Haushalten<br />
Aus den deskriptiven Ergebnissen lässt sich vermuten, dass die altersspezifischen<br />
Konsumunterschiede nicht ausschließlich auf unterschiedliche Präferenzen und<br />
Bedürfnisse zurückzuführen sind. Sie dürften auch mit den Einkommensunterschieden<br />
zusammenhängen, die in Verbindung mit dem <strong>Alter</strong> stehen. Doch nicht nur das<br />
Einkommen und dessen Verteilung in Ost und West, sondern auch andere Faktoren<br />
können den altersspezifischen Konsum beeinflussen. So kann man erwarten, dass<br />
große Haushalte pro Kopf weniger für Nahrungsmittel ausgeben als kleinere, weil<br />
sie Skalenerträge nutzen können, das heißt: Sie können größere Mengen einkaufen,<br />
die zu einem niedrigeren Stückpreis angeboten werden. Dazu kommen weitere<br />
Gründe, etwa dass in einem größeren Haushalt weniger Lebensmittel weggeworfen<br />
werden.<br />
Die Charakteristika von Haushalten beeinflussen das jeweilige Konsumverhalten.<br />
Sind etwa in einem Haushalt mehr Mitglieder erwerbstätig, geben sie aller Voraussicht<br />
nach einen höheren Anteil ihres Konsumbudgets für Verkehr, Kleidung und<br />
Essen in Restaurants aus als andere Haushalte. Dafür aber dürften sie geringere<br />
Energieausgaben haben – sie sind seltener zu Hause. Außerdem stehen diese<br />
Haushaltscharakteristika potentiell in einem Zusammenhang mit dem <strong>Alter</strong> der Bezugsperson.<br />
Will man also verstehen, welchen Einfluss ältere Haushalte auf die<br />
Wirtschaft haben, wenn man von einem „<strong>Wirtschaftsmotor</strong> <strong>Alter</strong>“ spricht, müssen<br />
diese charakteristischen Unterschiede berücksichtigt werden. Daher ist eine multivariate<br />
Regressionsanalyse notwendig, die den Einfluss der einzelnen Haushaltscharakteristika<br />
auf den Konsum identifizieren und quantifizieren kann. Die Methodik und<br />
die Ergebnisse dieser Analyse werden im Folgenden vorgestellt.<br />
Empirische Analysen des Konsumverhaltens beruhen auf der ökonomischen Theorie<br />
des Nachfrageverhaltens. Aus ihr kann ein System von Nachfragen nach einzelnen<br />
Gütergruppen abgeleitet werden.<br />
B.3.1 Die ökonomische Theorie eines Nachfragesystems<br />
Die Präferenzen von Haushalten, für alle Güter betrachtet, werden in der Nutzenfunktion<br />
U(q,z) repräsentiert, wobei q die konsumierten Mengen der Güter bezeichnet<br />
und z die Charakteristika des Haushalts. Bei gegebener Budgetbeschränkung<br />
x=pq, wobei p die Preise und x die Gesamtausgaben bezeichnet, maximieren die<br />
Haushalte ihren Nutzen. Dabei abstrahieren wir für unsere Analyse von der Sparentscheidung<br />
der Haushalte: Wir gehen davon aus, dass die Entscheidung zwischen<br />
Sparen und Konsumieren schon gefallen ist und konzentrieren uns darauf,<br />
wie das Konsumbudget auf die einzelnen Güter verteilt ist.<br />
Weiterhin klammern wir Ausgaben für langlebige Güter mit Investitionscharakter<br />
aus. Dazu gehören etwa Wohnungen, Häuser, Autos oder Motorräder. Denn diese<br />
Güter sind zugleich Konsumgüter und Investitionsobjekte. Außerdem hängt ihr An-<br />
41
kauf von Kreditrestriktionen 6 und auch von verschiedenen Kaufstrategien ab. Deshalb<br />
müssen solche Güter separat betrachtet werden und spielen für unsere Analyse<br />
keine Rolle.<br />
Das Nutzenmaximierungsproblem kann dann in einem Kostenminimierungsansatz<br />
folgendermaßen ausgedrückt werden:<br />
wobei a(.), b(.) und g(.) Funktionen von Preisen und Haushaltscharakteristika sind.<br />
c(.) bezeichnet die Kosten (Ausgaben) des Haushaltes. Nachfragesysteme mit der<br />
oben aufgeführten funktionalen Form heißen „Almost Ideal Demand Systems“ (siehe<br />
Deaton und Muellbauer (1980) sowie Deaton (1992) und Banks, Blundell und Lewbel<br />
(1997)). Die Funktionen a(.), b(.) und g(.) werden in „Almost Ideal Demand Systems“<br />
folgendermaßen charakterisiert:<br />
Z k sind sozioökonomische Charakteristika, p i bezeichnet den Preis des Gutes i und<br />
p j den des Gutes j. α, β, γ, λ, und η sind die interessierenden Parameter des Modells,<br />
die im Folgenden abgeleitet werden sollen. Der Kostenminimierungsansatz<br />
ergibt folgende Marshallsche Nachfragefunktionen, die als Ausgabenanteile w(x,p,z)<br />
ausgedrückt werden:<br />
6 Kreditrestriktionen sind Beschränkungen, die Haushalte davon abhalten, sich kurz- oder<br />
mittelfristig beliebig zu verschulden. Dazu gehören bspw. negativ ausfallende Bonitätsprüfungen<br />
von Banken oder der Mangel an Kreditsicherheiten.<br />
42
Ein Ausgabenanteil ist der Anteil, den die Konsumausgaben für ein Gut an den<br />
Konsumausgaben insgesamt ausmachen.<br />
B.3.2<br />
Ökonometrische Schätzung des empirischen Modells<br />
Unter Verwendung der Haushaltsdaten aus den fünf EVS-Befragungen von 1983,<br />
1988, 1993, 1998 und 2003 kann dieses Modell nun genutzt werden. Aufgrund der<br />
Annahme, dass die Summe aller Einzelausgaben eines Haushalts seine Gesamtausgaben<br />
ergeben soll, addieren sich die Ausgabenanteile zu eins. Daher wird bei<br />
der Ableitung eine der Gütergruppen ausgelassen, da sie durch die restlichen determiniert<br />
wird. Die Kategorie, die ausgelassen wird, ist hier die Körperpflege. Der<br />
quantitative Effekt der betrachteten Einflussfaktoren für die ausgelassene Kategorie<br />
kann dann aus den Ergebnissen für die anderen Kategorien berechnet werden. Wir<br />
berücksichtigen außer dem <strong>Alter</strong> des Haushalts in unserer Analyse folgende Haushaltscharakteristika:<br />
Haushaltsgröße: Aufgrund der bereits angesprochenen möglichen Skalenerträge<br />
wird die Haushaltsgröße berücksichtigt. So können Aussagen über die Konsumunterschiede<br />
zwischen verschiedenen Haushaltstypen getroffen werden.<br />
Anzahl der Kinder im Haushalt: Vor allem kleine Kinder beeinflussen das Konsumverhalten<br />
eines Haushalts entscheidend. In jungen Familien wird vergleichsweise<br />
wenig Geld für abendliches Ausgehen ausgegeben, dafür aber relativ viel für Babybekleidung.<br />
Anzahl der Erwerbstätigen: Vor allem für das Essen außer Haus, die Bekleidung<br />
und Verkehr fallen für Erwerbstätige erhöhte Ausgaben an, die in direktem Bezug zu<br />
ihrer Beschäftigung stehen. Dies kann zu Konsumunterschieden im Vergleich zu<br />
älteren Konsumenten führen, die nur darauf beruhen, dass diese nicht mehr erwerbstätig<br />
sind.<br />
Selbständige/Landwirte/Arbeitslose/Rentner: Diese vier Gruppen unterscheiden sich<br />
alle durch bestimmte Merkmale von abhängig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und<br />
-nehmern. Landwirte bspw. geben oft weniger Geld für Nahrungsmittel aus, weil sie<br />
Nahrungsmittel selbst produzieren oder günstig im Direktverkauf beziehen.<br />
Größe der Wohnung/des Hauses in Quadratmetern: Größere Wohnungen verursachen<br />
tendenziell höhere Heizkosten. Es steht also zu erwarten, dass es eine Verbindung<br />
zwischen der Wohnungsgröße und dem Ausgabenanteil für Energie gibt.<br />
Größe der Stadt: Das Leben auf dem Land und in der Stadt unterscheidet sich in<br />
der Regel, was das Freizeit- und Kulturangebot, die Infrastruktur und andere für die<br />
Ausgaben relevante Strukturen betrifft. Diese Unterschiede könnten sich in höheren<br />
Verkehrsausgaben und geringeren Freizeitausgaben auf dem Land niederschlagen.<br />
43
Andere Haushaltscharakteristika umfassen den Bildungsstand 7 , Mieter- oder Eigentümerstatus,<br />
den Gebietsstand, das Befragungsjahr und das Bundesland sowie eine<br />
Variable, die misst, ob der Haushalt Aktien besitzt oder nicht.<br />
Ferner werden die Höhe der Gesamtausgaben für den Konsum als quadratische<br />
Funktion sowie Interaktionen zwischen dem Ausgabenniveau und dem <strong>Alter</strong> des<br />
Haushalts berücksichtigt.<br />
B.4. Ergebnisse<br />
B.4.1 <strong>Alter</strong>sspezifische Präferenzheterogenität<br />
Die Ergebnisse weisen auf deutlich mit dem Lebensalter variierende Konsumpräferenzen<br />
hin. Während der Ausgabenanteil für Energie über den gesamten Lebenszyklus<br />
kontinuierlich steigt, geht der Ausgabenanteil für Möbel und Haushaltsgeräte<br />
ebenso kontinuierlich zurück. Die Ausgabenanteile für Nahrungsmittel steigen bis<br />
zum <strong>Alter</strong> von 55 Jahren und gehen dann leicht zurück. Deutliche <strong>Alter</strong>seffekte sind<br />
aber auch bei der Gesundheit zu verzeichnen. Dieser Ausgabenanteil verändert sich<br />
bis zum <strong>Alter</strong> von 50 Jahren relativ wenig. Dann aber steigt er deutlich. Dies sind die<br />
drastischsten Effekte.<br />
Etwas geringer ausgeprägt sind die altersspezifischen Konsumprofile der Kategorien<br />
Körperpflege und aktive Freizeitgestaltung. Während der Ausgabenanteil für<br />
Freizeit langsam, aber stetig sinkt, bleiben die Ausgaben für Körperpflege bis zum<br />
<strong>Alter</strong> von 50 Jahren relativ konstant und sinken erst dann. Das altersspezifische<br />
Konsumprofil für Restaurantausgaben gleicht dem der aktiven Freizeitgestaltung.<br />
Etwa ab dem 50. Lebensjahr sinkt der Ausgabenanteil für Bekleidung, Schuhe und<br />
Schmuck.<br />
Auch das Phänomen des „Reisefiebers“, das nach dem Auszug der Kinder aus dem<br />
Haushalt eintritt, lässt sich beobachten: Ab dem 55. Lebensjahr steigt der Ausgabenanteil<br />
für Reisen an.<br />
In unserer Analyse haben wir zusätzlich zu den <strong>Alter</strong>sgruppen noch eine Variable<br />
einbezogen, die uns erlaubt, Rentnerinnen und Rentner von Erwerbstätigen zu unterscheiden.<br />
Obwohl die empirischen Ergebnisse für etwa die Hälfte der Güterkategorien<br />
auf einen statistisch signifikanten Rentnerinnen- und Rentnereffekt<br />
hinweisen, ist dieser quantitativ eher vernachlässigbar. Es scheint, dass die Veränderung<br />
der Konsumpräferenzen deutlich stärker durch das <strong>Alter</strong> geprägt wird als<br />
durch den Rentnerstatus.<br />
7 Der Bildungsstand kann lediglich in den Schätzungen berücksichtigt werden, in denen wir<br />
uns auf die drei Befragungen nach der Wiedervereinigung konzentrieren, da dieses Merkmal<br />
in den Befragungen von 1983 und 1988 nicht erhoben wurde.<br />
44
Tabelle B.4: Schätzergebnisse für die <strong>Alter</strong>skoeffizienten auf Basis der EVS aus den Jahren 1983-2003<br />
(1) (2) (3) (4) (5)<br />
Nahrungsmittel, Getränke,<br />
Bekleidung, Schuhe, Energie<br />
Haushaltsgeräte, Gesundheit<br />
Genussmittel Schmuck<br />
Möbel<br />
Rentner 0.00085 -0.00142 0.00083 0.00607 0.00739<br />
(0.97) (2.30)** (1.69)* (5.97)*** (11.18)***<br />
<strong>Alter</strong> 25-29 0.25280 -0.10457 0.24475 -0.26145 -0.07618<br />
(9.94)*** (5.85)*** (17.24)*** (8.87)*** (3.97)***<br />
<strong>Alter</strong> 30-34 0.47354 -0.18451 0.46465 -0.49192 -0.12277<br />
(10.09)*** (5.60)*** (17.74)*** (9.05)*** (3.47)***<br />
<strong>Alter</strong> 35-39 0.65136 -0.24307 0.65610 -0.70114 -0.14342<br />
(10.12)*** (5.37)*** (18.26)*** (9.40)*** (2.96)***<br />
<strong>Alter</strong> 40-44 0.78550 -0.28282 0.82322 -0.88215 -0.13607<br />
(10.08)*** (5.17)*** (18.93)*** (9.77)*** (2.32)**<br />
<strong>Alter</strong> 45-49 0.87413 -0.30553 0.96388 -1.03209 -0.10003<br />
(9.98)*** (4.96)*** (19.72)*** (10.17)*** (1.52)<br />
<strong>Alter</strong> 50-54 0.91987 -0.31120 1.07871 -1.14479 -0.03889<br />
(9.83)*** (4.73)*** (20.64)*** (10.55)*** (0.55)<br />
<strong>Alter</strong> 55-59 0.91801 -0.29783 1.16754 -1.23006 0.05125<br />
(9.54)*** (4.40)*** (21.73)*** (11.03)*** (0.71)<br />
<strong>Alter</strong> 60-64 0.87711 -0.26861 1.22721 -1.29829 0.16818<br />
(9.15)*** (3.99)*** (22.94)*** (11.69)*** (2.33)**<br />
<strong>Alter</strong> 65-69 0.79299 -0.22225 1.26322 -1.33519 0.31513<br />
(8.52)*** (3.40)*** (24.32)*** (12.38)*** (4.49)***<br />
<strong>Alter</strong> 70-74 0.66727 -0.15887 1.27596 -1.34534 0.49207<br />
(7.50)*** (2.54)** (25.68)*** (13.05)*** (7.34)***<br />
<strong>Alter</strong> 75-79 0.50181 -0.08468 1.26189 -1.32561 0.70285<br />
(5.87)*** (1.41) (26.45)*** (13.38)*** (10.91)***
<strong>Alter</strong> 80+ 0.30080 -0.00090 1.22398 -1.28051 0.94780<br />
(3.53)*** (0.01) (25.73)*** (12.97)*** (14.76)***<br />
Anzahl Haushalte 220465 220465 220465 220465 220465<br />
R 2 0.35 0.09 0.38 0.13 0.12<br />
(6) (7) (8) (9) (10) (11)<br />
Verkehr Kommunikation Aktive Freizeitgestaltung<br />
Home<br />
Reisen<br />
Restaurants<br />
Entertainment<br />
Rentner -0.00381 0.00033 -0.00424 -0.00069 -0.00232 -0.00305<br />
(5.20)*** (1.14) (6.76)*** (1.18) (2.94)*** (5.05)***<br />
<strong>Alter</strong> 25-29 -0.02868 0.12114 -0.03204 0.06062 -0.13488 -0.03422<br />
(1.35) (14.23)*** (1.76)* (3.59)*** (5.89)*** (1.96)*<br />
<strong>Alter</strong> 30-34 -0.05527 0.22438 -0.07367 0.11033 -0.25107 -0.07678<br />
(1.41) (14.29)*** (2.19)** (3.54)*** (5.94)*** (2.38)**<br />
<strong>Alter</strong> 35-39 -0.07204 0.30734 -0.11678 0.15489 -0.33943 -0.11990<br />
(1.34) (14.27)*** (2.53)** (3.62)*** (5.85)*** (2.71)***<br />
<strong>Alter</strong> 40-44 -0.07416 0.37441 -0.16871 0.19190 -0.40820 -0.16635<br />
(1.14) (14.37)*** (3.03)*** (3.71)*** (5.82)*** (3.11)***<br />
<strong>Alter</strong> 45-49 -0.06401 0.42112 -0.22131 0.22015 -0.45594 -0.21590<br />
(0.88) (14.37)*** (3.53)*** (3.79)*** (5.78)*** (3.59)***<br />
<strong>Alter</strong> 50-54 -0.04795 0.44760 -0.27560 0.24043 -0.48325 -0.26651<br />
(0.61) (14.29)*** (4.11)*** (3.87)*** (5.73)*** (4.14)***<br />
<strong>Alter</strong> 55-59 -0.02192 0.45515 -0.33205 0.25595 -0.48714 -0.32042<br />
(0.27) (14.13)*** (4.82)*** (4.00)*** (5.62)*** (4.84)***<br />
<strong>Alter</strong> 60-64 0.01677 0.44318 -0.39169 0.26287 -0.46217 -0.36946<br />
(0.21) (13.82)*** (5.71)*** (4.13)*** (5.35)*** (5.61)***<br />
<strong>Alter</strong> 65-69 0.06318 0.41266 -0.45687 0.26464 -0.41754 -0.42212<br />
46
(0.81) (13.25)*** (6.86)*** (4.28)*** (4.98)*** (6.60)***<br />
<strong>Alter</strong> 70-74 0.11422 0.36507 -0.52308 0.25912 -0.35526 -0.47576<br />
(1.54) (12.26)*** (8.21)*** (4.38)*** (4.43)*** (7.78)***<br />
<strong>Alter</strong> 75-79 0.17710 0.29632 -0.59155 0.24772 -0.27608 -0.53087<br />
(2.48)** (10.36)*** (9.67)*** (4.36)*** (3.59)*** (9.04)***<br />
<strong>Alter</strong> 80+ 0.25085 0.20764 -0.66231 0.22728 -0.18269 -0.58352<br />
(3.53)*** (7.28)*** (10.86)*** (4.02)*** (2.38)** (9.96)***<br />
Anzahl Haushalte 220465 220465 220465 220465 220465 220465<br />
R 2 0.20 0.21 0.07 0.06 0.10 0.08<br />
Anmerkung: Absolutwert der t-Statistik in Klammern; * Signifikanzniveau 10%; ** 5%; *** 1%<br />
47
B.4.2 Die Rolle von Einkommen und Konsumbudget: Engelkurven<br />
Wie schon im deskriptiven Teil dieser <strong>Studie</strong> deutlich wurde, hängt das altersspezifische<br />
Konsumverhalten nicht nur von je nach Lebensalter unterschiedlichen Präferenzen<br />
ab. Wichtig sind auch weitere Charakteristika der Haushalte, zum Beispiel<br />
ihre finanziellen Ressourcen.<br />
Will man illustrieren, wie sich die je nach <strong>Alter</strong> unterschiedlichen Ressourcen auf<br />
das Konsumverhalten auswirken, ist das Konstrukt der Engelkurve besonders hilfreich.<br />
Das Konzept ist nach dem Statistiker Ernst Engel (1821-1896) benannt. Engelkurven<br />
beschreiben den Zusammenhang zwischen der Konsumnachfrage nach<br />
einem Gut und dem Einkommen. Aus der angestellten Schätzung ergeben sich die<br />
nun folgenden Engelkurven. Anstelle des Einkommens werden die Gesamtkonsumausgaben<br />
beziehungsweise die Ausgabenanteile verwendet, da die Sparentscheidung<br />
des Haushaltes als exogen gegeben betrachtet wird.<br />
Die Konstruktion der Engelkurven ergibt sich aus den Schätzergebnissen für die<br />
Einflussfaktoren Gesamtkonsumausgaben und die Interaktionen mit der <strong>Alter</strong>svariablen.<br />
Für die Konstruktion der Engelkurven werden alle anderen Einflussfaktoren<br />
herausgerechnet. So zeigen die Abbildungen nur den Effekt des altersspezifischen<br />
Konsumbudgets auf die Ausgabenanteile für die einzelnen Gütergruppen. Es werden<br />
also isoliert Konsumunterschiede, die auf das <strong>Alter</strong>sprofil des Haushalts in seinen<br />
Gesamtausgaben zurückzuführen sind, betrachtet.<br />
Nahrungsmittel und Getränke sowie Energie und Kommunikation<br />
Nahrungsmittel sind der klassische Fall eines Gutes, dessen Ausgabenanteil mit<br />
zunehmendem Wohlstand des Haushalts sinkt. Das ist in Abbildung B.9a deutlich zu<br />
sehen. Denn die Engelkurven beschreiben, wie die Nachfrage von Haushalten auf<br />
eine Änderung des Gesamtbudgets reagiert. Sie gehen von konstanten Preisen<br />
(und konstanten Haushaltscharakteristika) aus. 8<br />
Ist die Steigung der Engelkurve negativ, so handelt es sich um ein Gut, das mit steigendem<br />
Einkommen im Verhältnis zu anderen Gütern weniger konsumiert wird. Hier<br />
werden zwar zur Berechnung Gesamtausgaben anstelle des Einkommens benutzt.<br />
Die Gesamtausgaben sind jedoch ein guter Einkommensproxy. Unsere Analyse<br />
zeigt, dass der Zusammenhang zwischen dem Gesamtkonsum und dem Ausgabenanteil<br />
für Nahrungsmittel weitgehend altersunabhängig ist, denn es sind weder<br />
im Niveau noch im Kurvenverlauf deutliche Unterschiede zwischen den <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
zu verzeichnen. Dasselbe ergibt sich für die Ausgabenanteile für Energie und<br />
Kommunikation(siehe Abb. B.9).<br />
8 Da wir hier die geschätzten altersspezifischen Einkommenseffekte isoliert betrachten, interessiert<br />
uns lediglich der unterschiedliche Kurvenverlauf der Engelkurven für die einzelnen<br />
<strong>Alter</strong>sgruppen. Daher wurden die Kurven normiert.
Nahrungsmittel/Getränke<br />
-.1 0 .1 .2<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.9a: Engelkurvenverläufe für Nahrungsmittel/Getränke (Euro p.a.)<br />
Energie<br />
-.05 0 .05 .1 .15<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.9b: Engelkurvenverläufe für Energie (Euro p.a.)<br />
49
Kommunikation<br />
-.02 0 .02 .04<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.9c: Engelkurvenverläufe für Kommunikation (Euro p.a.)<br />
Möbel und Haushaltsgeräte; Restaurantbesuche und Reisen<br />
Möbel/Haushaltsgeräte<br />
-.1 -.05 0 .05 .1<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.10a: Engelkurvenverläufe für Möbel/Haushaltsgeräte (Euro p.a.)<br />
50
Restaurantbesuche<br />
-.06 -.04 -.02 0 .02<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.10b: Engelkurvenverläufe für Restaurantbesuche (Euro p.a.)<br />
Reisen<br />
-.08 -.06 -.04 -.02 0 .02<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.10c: Engelkurvenverläufe für Reisen (Euro p.a.)<br />
Die Ausgabenanteile für Möbel und Haushaltsgeräte, Restaurants sowie die für Reisen<br />
und Hotels nehmen in allen <strong>Alter</strong>sgruppen mit dem Gesamtbudget zu (siehe<br />
51
Abb. B.10). Das gilt vor allem für die jüngste <strong>Alter</strong>sgruppe: Sie hat als einzige ein<br />
individuelles Steigungsprofil. Während dieses Profil bei Möbeln/Haushaltsgeräten<br />
stärker ausgeprägt ist als in den anderen <strong>Alter</strong>sgruppen, fällt es bei den Reise- und<br />
Restaurantanteilen schwächer aus.<br />
Bislang sind also in allen sechs untersuchten Kategorien – Nahrungsmittel, Energie,<br />
Kommunikation, Möbel und Haushaltsgeräte, Reisen und Restaurantausgaben –<br />
kaum altersspezifische Profile zu erkennen.<br />
Bekleidungsartikel, Schuhe und Schmuck sowie Aktive Freizeitgestaltung und Körperpflege<br />
Ein deutlicheres Bild zeigt sich für die Ausgabenanteile der drei Gruppen Bekleidung,<br />
Schuhe und Schmuck, aktive Freizeitgestaltung und Körperpflege. Alle diese<br />
Kategorien zeigen ein ähnliches Profil (siehe Abb. B.11): Sie steigen zunächst mit<br />
zunehmendem Gesamtbudget deutlich an und verlaufen dann eher flach. Doch<br />
kann man deutliche <strong>Alter</strong>sprofile erkennen: Die älteste <strong>Alter</strong>sgruppe verhält sich im<br />
Bereich der unteren Einkommen deutlich einkommenselastischer in ihren Ausgaben<br />
für Bekleidung und Schuhe als alle anderen <strong>Alter</strong>sgruppen. Dieser Trend kehrt sich<br />
im oberen Einkommensbereich um. Insgesamt betrachtet sind die Ausgabenanteile<br />
für diese Kategorien allerdings in den Haushalten der beiden jüngeren <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
am einkommenselastischsten.<br />
Bekleidung, Schuhe und Schmuck<br />
-.03 -.02 -.01 0 .01<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.11a: Engelkurvenverläufe für Bekleidung (Euro p.a.)<br />
52
Freizeitgestaltung<br />
-.04 -.02 0 .02<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.11b: Engelkurvenverläufe für Freizeitgestaltung (Euro p.a.)<br />
Körperpflege<br />
-.03 -.02 -.01 0 .01<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.11c: Engelkurvenverläufe für Körperpflege (Euro p.a.)<br />
53
Gesundheit, Verkehr und Home Entertainment<br />
Die größte Heterogenität bei den altersspezifischen Engelkurven zeigt sich in den<br />
nun noch verbleibenden Kategorien von Gütern: Bei Gesundheit, Verkehr und Home<br />
Entertainment sind die Unterschiede deutlich (Abb. B.12).<br />
Während die über 75-Jährigen die höchste Einkommenselastizität aufweisen, ist der<br />
Ausgabenanteil für Gesundheit in der jüngsten <strong>Alter</strong>sgruppe am wenigsten einkommenselastisch,<br />
das heißt, es gibt kaum einen Unterschied zwischen den höheren<br />
und den niedrigeren Einkommensbereichen. Dieses Ergebnis mag auf die Tatsache<br />
zurückzuführen sein, dass die Wertschätzung für Gesundheit im <strong>Alter</strong> steigt. Gesundheitsprodukte<br />
werden dann wie ein Luxusgut konsumiert.<br />
Im Gegensatz zur Gesundheit sinkt der Ausgabenanteil für Verkehr mit dem steigenden<br />
Gesamtbudget. Dieser Zusammenhang ist in der ältesten Gruppe von<br />
Haushalten am schwächsten, in der jüngsten am stärksten ausgeprägt. Dies ist gut<br />
erklärbar: Den Kauf von Kraftfahrzeugen haben wir aus der Kategorie Verkehr herausgerechnet,<br />
weil Investitionen von Konsumverhalten getrennt werden sollten. Da<br />
ältere Haushalte in der Regel weniger mobil sind als jüngere und seltener oder nur<br />
kürzere Strecken mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen, sind sie stärker auf<br />
öffentliche Verkehrsmittel, die den Löwenanteil dieser Kategorie ausmachen, angewiesen.<br />
Gesundheit<br />
-.1 -.05 0 .05<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.12a: Engelkurvenverläufe für Gesundheit (Euro p.a.)<br />
54
Verkehr<br />
-.04 -.02 0 .02 .04<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.12b: Engelkurvenverläufe für Verkehr (Euro p.a.)<br />
Home Entertainment<br />
-.01 -.005 0 .005 .01 .015<br />
0 5000 10000 15000<br />
20-50 50-64<br />
65-75 75+<br />
Abbildung B.12c: Engelkurvenverläufe für Home Entertainment (Euro p.a.)<br />
Ebenfalls sehr unterschiedlich sehen die Engelkurven für das Home Entertainment<br />
aus, betrachtet man die verschiedenen <strong>Alter</strong>sgruppen (Abb. B.12c). Unter die Kate-<br />
55
gorie Home Entertainment fallen Ausgaben für Unterhaltung durch Fernsehen, HiFi<br />
und Computer. Während das Profil für die jüngeren Konsumenten im <strong>Alter</strong> von 20<br />
bis 49 Jahren leicht steigend und für die 50- bis 64-Jährigen fast flach verläuft, also<br />
nahezu unabhängig vom Gesamtbudget ist, nimmt sie für die beiden älteren Konsumentengruppen<br />
stark im Gesamtbudget ab.<br />
B.4.3<br />
Andere Einflussfaktoren<br />
Die Untersuchung zeigt, dass Haushalte verschiedenen <strong>Alter</strong>s sich in zweierlei unterscheiden:<br />
Zum einen bevorzugen sie je nach <strong>Alter</strong> verschiedene Konsumgüter.<br />
Zum anderen haben sie eine unterschiedliche Kaufkraft, also Ressourcen, die sie<br />
für den Konsum verwenden können oder wollen (siehe Abb. B.7 und Tabelle B.3).<br />
Damit gehen altersspezifische Engelkurven einher, also unterschiedliche Einkommenselastizitäten<br />
der Ausgabenanteile je nach <strong>Alter</strong>sgruppe.<br />
Wie schon in der deskriptiven Analyse erwähnt, variieren jedoch noch weitere Charakteristika<br />
im Lebenszyklus der Menschen. Offensichtliche Charakteristika sind<br />
dabei die Haushaltsgröße und, damit eng verbunden, die Zahl der im Haushalt lebenden<br />
Kinder. Daher haben wir zum einen die (logarithmierte) Haushaltsgröße,<br />
zum anderen ein Polynom 2. Ordnung in der Kinderzahl in unsere Schätzungen mit<br />
aufgenommen. Dies ermöglicht uns, Skaleneffekte bei der Nachfrage zu erfassen.<br />
Die Ergebnisse zeigen insbesondere für Nahrungsmittel und Getränke, aber auch<br />
für Kleidung, Energie, Haushaltsgeräte und Möbel sowie für Gesundheit geringere<br />
Ausgabenanteile, je mehr Kinder im Haushalt leben. Diese Trends kehren sich jeweils<br />
um, wenn mehr als vier Kinder im Haushalt leben. Für die ersten drei Güter ist<br />
dieser auf den ersten Blick vielleicht erstaunliche Effekt leicht erklärbar: Es handelt<br />
sich hierbei um klassische Güter mit positiven Skalenerträgen, wie sie schon bei<br />
den Nahrungsmitteln gezeigt wurden, außerdem kann beispielsweise ein jüngeres<br />
Kind die Kleider des älteren Geschwisterkindes tragen.<br />
Je größer der Haushalt insgesamt ist, desto größer sind die Ausgabenanteile für<br />
Nahrungsmittel, Energie und Verkehr. Gleichzeitig sind die Ausgabenanteile für Bekleidung,<br />
Haushaltsgeräte und Möbel, Gesundheit, Kommunikation, Aktive Freizeitgestaltung,<br />
Home Entertainment, Restaurants und Reisen deutlich geringer.<br />
Die Hypothese, dass Bewohner von größeren Wohnungen und Häusern einen größeren<br />
Anteil ihres Budgets für Energie ausgeben, wird durch die Ergebnisse bestätigt.<br />
Außerdem geben Wohneigentümer mehr für Haushaltsgeräte und Möbel aus.<br />
Da die EVS es nicht erlaubt, ein konsistentes Vermögensmaß über alle Befragungsjahre<br />
zu konstruieren, benutzen wir in der Schätzung einen Dummy. Dieser gibt an,<br />
ob der befragte Haushalt Aktien oder sonstige Wertpapiere besitzt und dient als<br />
rudimentärer Proxy für Vermögen, d.h. ersetzt eine fehlende Vermögensvariable<br />
näherungsweise. Wir interpretieren Haushalte, die im Besitz von Wertpapieren sind,<br />
56
als vermögend 9 - in der Schätzung können allerdings keine Aussagen darüber getroffen<br />
werden, wie hoch das Vermögen ist. Nach diesem Proxy geben vermögende<br />
Haushalte einen höheren Anteil ihres Budgets für Bekleidung, Gesundheit, Verkehr,<br />
Aktive Freizeitgestaltung, Home Entertainment, Reisen und Restaurants aus.<br />
„<strong>Wirtschaftsmotor</strong> <strong>Alter</strong>“: Diskussion der Ergebnisse<br />
Diese Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass es nicht ausreicht, nur zu betrachten,<br />
welche Gütergruppen in welchem <strong>Alter</strong> konsumiert werden. Daraus ergeben sich<br />
noch keine deutlichen Schlüsse auf die Konsumnachfrage, die es ermöglichen, einen<br />
„<strong>Wirtschaftsmotor</strong> <strong>Alter</strong>“ näher zu beschreiben. Das Konsumverhalten hängt<br />
nicht allein vom <strong>Alter</strong> der Haushalte ab, sondern auch von ihren finanziellen Ressourcen.<br />
Dazu kommt eine Vielzahl von Charakteristika, die über die <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
hinweg variieren.<br />
Um das Konsumverhalten zu verstehen, müssen also verschiedene Wirkungskanäle<br />
isoliert werden. Dann kann eine künftige Konsumentwicklung verlässlich vorausgesagt<br />
werden, politische Schlussfolgerungen werden möglich. Das wird an einem<br />
Beispiel deutlich, das den Zusammenhang zwischen Sozialpolitik und dem Konsum<br />
von Seniorinnen und Senioren zeigt: Die Rentenreformen der vergangenen Jahre<br />
haben gezeigt, dass im Sinne der Generationengerechtigkeit eine Neuverteilung der<br />
demografischen Lasten erfolgen muss. Das wurde mit dem Nachhaltigkeitsfaktor<br />
erreicht. Er verteilt die Lasten, indem er das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Rentnerinnen<br />
und Rentnern berücksichtigt. Die Kürzung der Renteneinkommen legt die<br />
Schlussfolgerung nahe, dass in allen Gütergruppen auch der Konsum anteilig proportional<br />
sinkt. Wenn man aber die Engelkurvenrelation betrachtet, wie in dieser<br />
Analyse, zeigt sich, dass diese Folgerung eine grobe Fehleinschätzung ist.<br />
B.5 Exkurs: Nach Lebensalter unterschiedene Präferenzen und Wertvorstellungen<br />
In den vorhergehenden Abschnitten dieses Kapitels, insbesondere in Kapitel B.4.1,<br />
wurden starke empirische Hinweise in den EVS-Daten gefunden, dass sich die Präferenzen<br />
von Konsumenten je nach ihrem <strong>Alter</strong> unterscheiden. Die EVS bietet aber<br />
keine Informationen, um die altersspezifischen Unterschiede in diesen Präferenzen<br />
näher zu beschreiben oder zu analysieren. Präferenzen aber, das ist eine klassische<br />
Aussage der empirischen Marketingstudien, bestimmen wesentlich das Käu-<br />
9 Die Ergebnisse verändern sich durch die Einbeziehung dieses Maßes nur unwesentlich.<br />
Ferner besteht eine positive Korrelation zwischen dem Haushaltsnettoeinkommen und dem<br />
Wertpapierbesitz. Der potentielle Einwand, dass Wertpapiere altersspezifisch unterschiedlich<br />
stark als Vermögensanlageinstrumente benutzt werden, scheint zumindest nicht stark ausgeprägt,<br />
denn der Anteil der Wertpapierbesitzer ist in den <strong>Alter</strong>sgruppen 20-49 Jahre und<br />
65-74 Jahre fast identisch und liegt bei 42%. Lediglich unter den über 75-Jährigen ist er mit<br />
36% gering.<br />
57
ferverhalten – ob es sich um eine Bevorzugung von fair gehandelten Waren, von<br />
umweltschonend hergestellten oder besonders eleganten Produkten handelt 10 .<br />
Auch <strong>Studie</strong>n von Roland Berger bestätigen diesen Zusammenhang zwischen Präferenzen<br />
und Kaufverhalten. Dabei hängt nicht nur die Entscheidung, ob zum Beispiel<br />
fair gehandelter Kaffee gekauft wird, stark von den Vorlieben der Haushalte ab.<br />
Das Wissen um die Präferenzen der Kunden ist auch von makroökonomischer Bedeutung.<br />
In mehreren <strong>Studie</strong>n hat Roland Berger Strategy Consultants nachgewiesen,<br />
dass insbesondere auch emotionale Gründe eine wichtige Rolle beim<br />
Kaufverhalten spielen. So ist beim Kauf eines Autos beispielsweise mit entscheidend,<br />
wie der jeweilige Fahrzeugtyp bei der relevanten Bezugsgruppe angesehen<br />
wird – ob der Konsument ihn mit Eleganz, Lebensfreude oder Abenteuerlust verbindet.<br />
Der Kern der aus diesen <strong>Studie</strong>n entwickelten Philosophie besagt, dass die<br />
Nachfrage nach einem Produkt vor allem auch durch die „weichen“ Vorstellungen<br />
der Konsumenten und nicht nur durch die „harten“ Attribute des Produktes verstanden<br />
werden kann.<br />
Dieses Kapitel stellt für Deutschland einen empirischen Zusammenhang zwischen<br />
dem <strong>Alter</strong> von Konsumenten und deren Wertvorstellungen her, sofern diese für die<br />
Nachfrage von Produkten bedeutsam sind. Wir belegen, dass die Präferenzen in<br />
verschiedenen <strong>Alter</strong>sgruppen sehr unterschiedlich sind und dass bei älteren Menschen<br />
bestimmte für die Produktnachfrage relevante Werteprofile besonderes hervorstechen.<br />
Dies ist deshalb von zunehmender Bedeutung, weil die Nachfrage<br />
älterer Menschen ein immer größer werdender Teil der Gesamtnachfrage ist. Doch<br />
die Marktstudien und die Marketinganstrengungen für diese <strong>Alter</strong>sgruppe konzentrieren<br />
sich meist darauf, schon bestehende Produkte zu verändern oder einen altersgemäßen<br />
Service zu bieten. Ein Marken-Management, das sich gezielt mit den<br />
älteren Konsumenten beschäftigt, ist vernachlässigt worden. Das heißt, die Marken<br />
haben verpasst, sich auf die Bedürfnisse und die Präferenzen Älterer auszurichten.<br />
Nach einer <strong>Studie</strong> von Roland Berger entsprechen nur etwa 7 Prozent der analysierten<br />
Marken dem Konsumbedürfnis dieser <strong>Alter</strong>sgruppen.<br />
B.5.1 Erhobene Daten und Berechnung operationaler Präferenzindikatoren: Die<br />
Roland Berger Brand Power <strong>Studie</strong><br />
Die in diesem Kapitel verwendete Datenbasis beruht auf einer Markenerhebung<br />
vom Frühjahr 2005, der Brand Power <strong>Studie</strong> von Roland Berger Strategy Consultants.<br />
Für den Datensatz wurden 2004 repräsentative in Deutschland lebende Personen<br />
zwischen 16 und 69 Jahren in persönlichen Interviews befragt. Die Fragen<br />
betrafen zum einen sozioökonomische Faktoren wie Einkommen und Bildungsstand,<br />
zum anderen soziodemografische Aspekte wie <strong>Alter</strong> und Geschlecht. Außerdem<br />
wurden dabei auch subjektive Eigenschaften wie Werte und Präferenzen<br />
berücksichtigt. Die sozioökonomischen und -demografischen Eigenschaften der<br />
10 Siehe auch Bajari und Benkard (2005).<br />
58
Grundgesamtheit decken sich aufgrund der Repräsentativität weitgehend mit denen<br />
in der EVS und werden daher an dieser Stelle nicht weiter beschrieben.<br />
Die für die Brand Power <strong>Studie</strong> wichtige Ermittlung von subjektiven Eigenschaften,<br />
die sich auf die Nachfrage auswirken, wurde in einer Marktforschungsanalyse mit<br />
150.000 Konsumenten aus 15 Ländern ermittelt. Dabei hat Roland Berger 19 allgemeine<br />
für die Nachfrage relevante Werte identifizieren können. Ausgehend von diesen<br />
Werten werden durch Aggregation statistisch verwertbare Indikatoren ermittelt,<br />
die Präferenzausprägungen anzeigen. Die Individuen werden durch so genannte<br />
Archetypen charakterisiert. Bei diesem Verfahren weist man jedem Individuum, je<br />
nach seinem Verhalten, eine Typenklasse zu. Die Typenklassen werden so gewählt,<br />
dass sie sich deutlich genug voneinander unterscheiden. Kennt man also den Typ,<br />
kann man ein bestimmtes Verhalten voraussagen - und jedes Verhaltensmuster<br />
lässt auf einen bestimmten Typen schließen. Es wurden folgende acht Archetypen<br />
identifiziert: Humanist, Minimalist, Traditionalist, Performer, Individualist, Träumer,<br />
Maximalist, Hedonist.<br />
Für den Menschen vom Typ Hedonist etwa entsteht demnach folgendes Bild: Er<br />
besitzt starke Präferenzen für die neuesten und „coolsten“ Trends, für Aktivitäten,<br />
die Spaß machen. Gern hat er etwas Nervenkitzel mit im Spiel. Von maßgeschneiderten,<br />
natürlichen oder kostengünstigen Produkten hält er nicht viel: Der Hedonist<br />
bevorzugt stets das neueste, auffälligste und teuerste Produkt. Alle acht Typen können<br />
so eindeutig charakterisiert werden. Da jedem Individuum genau ein Typ zugeordnet<br />
werden kann, bildet sich folgende Typenverteilung in der Bevölkerung:<br />
0.18<br />
0.16<br />
0.14<br />
0.12<br />
0.1<br />
0.08<br />
0.06<br />
0.04<br />
0.02<br />
0<br />
Humanist Minimalist Traditionalist Performer Individualist<br />
Träumer Maximalist Hedonist<br />
Abbildung B.13: Verteilung der Typen in der Bevölkerung<br />
59
B.5.2 Statistischer Zusammenhang zwischen Archetypen und nachfragerelevanter<br />
Faktoren<br />
Dieser Abschnitt soll den systematischen Zusammenhang zwischen der nachfragerelevanten<br />
Unterscheidung in Archetypen und dem individuellen Charakteristikum<br />
<strong>Alter</strong> sowie anderer sozioökonomischer Faktoren wie Bildungsstand, Geschlecht<br />
und Einkommen aufdecken. Abb. B.14 zeigt die Archetypen in Abhängigkeit zweier<br />
<strong>Alter</strong>sklassen. Die rote Klasse umfasst die jüngeren Teilnehmer (jünger als 50 Jahre)<br />
und die blaue Klasse steht für die älteren Teilnehmer mit einem <strong>Alter</strong> von 50 o-<br />
der mehr Jahren. Das Diagramm zeigt, dass unter den älteren Menschen<br />
Archetypen wie Humanist, Traditionalist und Träumer zahlreicher sind, während bei<br />
jüngeren Personen Minimalisten, Performer, Individualisten, Maximalisten und Hedonisten<br />
als Archetypen dominieren.<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Humanist Minimalist Traditionalist Performer Individualist Träumer Maximalist Hedonist<br />
Jünger als 50 Jahre<br />
50 Jahre und älter<br />
Abbildung B.14 : Archetypen für junge und alte Menschen (Zahl der Nennungen)<br />
Um einen multivariaten statistischen Zusammenhang herzustellen, wird eine ökonometrische<br />
Analyse mittels einer logistischen Regression unternommen. Mit Hilfe<br />
dieses Verfahrens lässt sich für jeden Archetypen bestimmen, ob er von sozioökonomischen<br />
und soziodemografischen Faktoren positiv oder negativ beeinflusst wird.<br />
Die nachfolgende Tabelle B.5 lässt sich also folgendermaßen interpretieren. Eine<br />
positive (oder negative) Zahl, der Koeffizient, besagt, dass die Zustimmung mit dem<br />
<strong>Alter</strong>, dem Bildungsstand oder dem Einkommen zunimmt (oder abnimmt). Dabei<br />
sind Koeffizienten, die mit zwei Sternen gekennzeichnet sind, auf dem 5 Prozent-<br />
Niveau signifikant. Unsere Interpretation beschränkt sich auf diese hochsignifikanten<br />
Ergebnisse. Beispielsweise bedeutet ein positiver Koeffizient, der mit zwei Sternen<br />
gekennzeichnet ist, für einen bestimmtem Archetypen bei der Variablen Geschlecht,<br />
dass Frauen im Vergleich zu Männern eine statistisch deutlich höhere Wahrschein-<br />
60
lichkeit aufweisen, diesem Archetypen anzugehören oder sich durch diesen beschreiben<br />
zu lassen.<br />
Tabelle B.5 zeigt alle Ergebnisse und Zusammenhänge zur Regressionsanalyse:<br />
Archetyp <strong>Alter</strong> Geschlecht Bildung Einkommen<br />
Humanist 0,0396** 0,6600** -0,0570 -0,0670<br />
Minimalist -0,0167** -0,5220** -0,1610 -0,0170<br />
Traditionalist 0,0416** 0,433** 0,0810 -0,0467<br />
Performer -0,002 0,247 0,279** 0,126**<br />
Individualist -0,022** -0,406** -0,121 -0,041<br />
Träumer 0,038** 0,196 -0,335** -0,191**<br />
Maximalist -0,0742** -0,891** 0,152** 0,056<br />
Hedonist -0,0224** -0,1690 -0,0009 0,1420**<br />
Tabelle B.5: Zusammenhang zwischen Orientierung und sozioökonomischen und<br />
soziodemografischen Faktoren; ** signifikant auf 5%-Niveau<br />
Die statistische Analyse zeigt, dass der Archetyp Humanist bei älteren Menschen<br />
(Koeffizient 0,0396 > 0) und Frauen wahrscheinlicher ist. Ebenso verbreitet unter<br />
älteren Personen ist der Archetyp Traditionalist, wobei dies auch für Frauen gilt.<br />
Archetypen wie Minimalist, Individualist, Maximalist und Hedonist finden sich bei<br />
den älteren Personen seltener (Koeffizienten -0,0167, -0,022, -0,0742, -0,0224, alle<br />
< 0), auch Frauen gehören seltener zu diesen Archetypen. Dass diese beiden Aussagen<br />
für ältere Menschen und Frauen in die gleiche Richtung gehen, könnte damit<br />
zusammenhängen, dass Frauen unter den Älteren nach wie vor dominieren, wie im<br />
A-Teil dieses Kapitel 1 bereits diskutiert wurde. Dieses Bild könnte sich aber in den<br />
nächsten 50 Jahren mit dem steigenden Anteil an älteren Männern verändern.<br />
Menschen mit mehr Geld sind dem Typ Träumer eher abgeneigt; sie zählen eher zu<br />
den Hedonisten oder Performern. Ein Umstand, der daher rühren dürfte, dass sich<br />
die neuesten Trends und die fortschrittlichsten Technologien nur mit höherem finanziellen<br />
Aufwand erschließen lassen.<br />
In gleicher Weise wie Personen mit höherem Einkommen mag auch der gebildete<br />
Mensch sich offenbar nicht als Träumer betrachten. Er steht mit beiden Beinen in<br />
der Realität, weiß, was er will, möchte das Bestmögliche aus dem Leben gewinnen<br />
und entspricht somit den Archetypen Performer oder Maximalist.<br />
Generell kommen also unter höher gebildeten Menschen die Archetypen Performer<br />
und Maximalisten häufiger vor, während Träumer eher selten sind. Das könnte da-<br />
61
mit zusammenhängen, dass Personen mit höherer Bildung eine stärkere Präferenz<br />
für gute Qualität und maßgeschneiderte Produkte hegen und ein größeres Interesse<br />
und breiteres Wissen besitzen, das für neue Technologien empfänglich macht.<br />
Meist geht ein gehobener Bildungsstandard mit einem höheren verfügbaren Einkommen<br />
einher. Das zeigt sich auch in den ähnlichen Archetypen-Ausprägungen.<br />
Ältere Menschen hingegen haben eine Tendenz zum „Träumer“. Sie haben die turbulente<br />
Zeit bereits durchlebt, haben sich profiliert und befinden sich nun in einer<br />
Lebensspanne, in der es ruhiger und entspannter zugeht. Eventuell ermöglichen sie<br />
sich dann die Verwirklichung eines Jugendtraums.<br />
Allerdings verfügen Rentnerinnen und Rentner meist über weniger Geld als noch<br />
zur Erwerbszeiten. Er verfolgt weniger die neuesten Trends, bevorzugt aber qualitativ<br />
hoch stehende und bewährte Produkte nach dem Motto „weniger ist mehr“. So<br />
ergibt sich auch die Tendenz zum Traditionalisten und Humanisten bei den Älteren.<br />
Die Vermutung liegt nahe, dass junge Menschen in guten Einkommensverhältnissen<br />
eher geneigt sind, neue Technologien und hochwertige Produkte zu erwerben, also<br />
eher Hedonisten oder Performer sind.<br />
Die Ergebnisse der statistischen Analyse zeigen also, dass ältere Menschen bei den<br />
Humanisten, Traditionalisten und den Träumer deutlich überproportional vertreten<br />
sind. Umgekehrt sind die Archetypen Minimalist, Performer, Individualist, Maximalist<br />
und Hedonist bei jüngeren Menschen weiter verbreitet: Die Statistik bestätigt, was<br />
Alltagsbeobachtungen in der Gesellschaft nahe legen.<br />
62
Anhang A – Definition der Güterkategorien (inkl. Angabe der Variablencodes in den Scientific Use Files der EVS)<br />
1983 1988 1993 1998 2003<br />
Essen<br />
Nahrungsmittel, Getränke,<br />
Tabakwaren<br />
125<br />
Nahrungsmittel, Getränke 544 544 642-643 51<br />
+ Genussmittel 545 545 + 547 644 52<br />
Kleidung, Schuhe, Schmuck<br />
Kleidung 547-576<br />
+ 582<br />
548-577<br />
+ 583<br />
664-693<br />
+ 699<br />
741-<br />
746<br />
230-<br />
237<br />
+ 701<br />
+ Schuhe 577-581<br />
+ 583<br />
578-581<br />
+ 582<br />
694-698<br />
+ 700<br />
747-<br />
750<br />
238-<br />
242<br />
+ 584<br />
+ Schmuck 680 687 +815 855 352<br />
Energie<br />
Energie 42 33 112 128 57<br />
Haushaltsgeräte und Möbel<br />
Haushaltsgeräte und Möbel<br />
43 34 113<br />
(inklusive Schönheitsreparaturen)
Möbel, Haushaltsgeräte<br />
und andere Güter für<br />
die Haushaltsführung<br />
129 58<br />
- Haushaltsdienstleistungen 611 613-614 736-737 797 279<br />
- Werkzeug 606 608 730 795 276<br />
(berechnet aus den<br />
Wohnausgaben minus<br />
allen Ausgaben außer<br />
Schönheitsrep.)<br />
127<br />
+ Schönheitsreparaturen<br />
minus<br />
751-<br />
765<br />
+ Schönheitsreparaturen<br />
56<br />
Gesundheit<br />
Gesundheit 130 Gesundheit 59<br />
Gesundheit und Körperpflege<br />
44 35 114<br />
(inkl. Altenpflege/Pflegeheime)<br />
- Körperpflege 620-624 625-629 750-754<br />
+ Altenpflege 857 + Altenpflege 354<br />
Verkehr<br />
Verkehr 131 Verkehr 60<br />
Verkehr und Nachrichtenübermittlung<br />
45 36 115<br />
- Nachrichtenübermittlung 641-642 646-647 774-775<br />
64
- Kfz-Käufe 625-627 630-632 755-757 805-<br />
807<br />
292-<br />
294<br />
- Kraftstoffe und fremde Verkehrsdienstleistungen<br />
für<br />
Reisen<br />
638-639 643-644 773<br />
+768<br />
- Fremde Verkehrsdienstleistungen<br />
auf<br />
Reisen<br />
308<br />
+ 306<br />
- Sonstige Ferienausgaben<br />
776 + Unterstellte Mietzahlungen<br />
für Garagen und<br />
Stellplätze<br />
765 + Leasing von Kraftfahrzeugen<br />
und<br />
Krafträdern<br />
356<br />
Nachrichtenübermittlung<br />
Nachrichtenübermittlung s.o. s.o. 774-775 132 61<br />
Home Entertainment<br />
Fernseher, Radios, Phonogeräte,<br />
Fotoapparate, Filmkameras,<br />
Dia- Projektoren,<br />
Kopierer, Schreibmaschinen,<br />
PCs etc.<br />
643-651 648-656 777-785 822-<br />
827<br />
314-<br />
319<br />
Spielwaren 653 658 789 830 322<br />
Verbrauchsgüter für Foto- und<br />
Kinozwecke<br />
662 667 796 In<br />
827<br />
In 316<br />
oder so<br />
Sonstige Verbrauchsgüter für<br />
Bildung, Unterhaltung, Freizeit<br />
663 668 797 841 336<br />
65
(bzw, Schreibwaren etc.)<br />
Bücher,<br />
Schreibwaren<br />
Zeitschriften,<br />
660-661 665-666 794-795 839-<br />
840<br />
333-<br />
334<br />
Rundfunk- und Fernsehgebühren,<br />
Ausleihgebühren<br />
667 673 802 835-<br />
836<br />
330-<br />
331<br />
Glücksspiel 838 332<br />
Aktive Freizeitgestaltung<br />
Freizeit, Bildung, Unterhaltung<br />
(inkl. Kinderbetreuung)<br />
46 Freizeit, Bildung,<br />
Unterhaltung (inkl.<br />
Kinderbetreuung)<br />
37<br />
Freizeit, Bildung,<br />
Unterhaltung<br />
116<br />
Freizeit,<br />
Kultur<br />
Unterhaltung,<br />
133 62<br />
+ Bildungwesen 134 63<br />
- Home Entertainment s.o. s.o. s.o. s.o. s.o.<br />
+ Haushaltsdienstleistungen s.o. s.o. s.o. s.o. s.o.<br />
+ Werkzeug s.o. s.o. s.o. s.o. s.o.<br />
- Pauschalreisen bzw. sonst.<br />
Ferienausgaben<br />
Restaurants<br />
679 686 842-<br />
843<br />
+ Kinderbetreuung 858<br />
337-<br />
338<br />
66
Verzehr außer Haus 546 546 645 847-<br />
850<br />
343-<br />
344<br />
Reisen & Hotels<br />
Übernachtungen 684-688 691-695 819-823 851-<br />
852<br />
+ Pauschalreisen 689-692 696-699 824-827 842-<br />
843<br />
345<br />
337-<br />
338<br />
+ Kraftstoffe und fremde Verkehrsdienstleistungen<br />
für<br />
Reisen<br />
s.o. s.o. s.o.<br />
+ Sonstige Ferienausgaben 679 + Sonstige Ferienausgaben<br />
s.o. + Fremde Verkehrsdienstleistungen<br />
auf Reisen<br />
s.o.<br />
Körperpflege<br />
Körperpflege s.o. s.o. s.o. 853-<br />
854<br />
346-<br />
350<br />
67
Anhang B – Detaillierte Einzelübersichten für die Alten und Neuen Bundesländer sowie für Gesamtdeutschland<br />
Alte Bundesländer:<br />
1983 1988 1993 1998 2003<br />
Durchschnittsalter des Haushaltsvorstandes 48.35 49.29 49.21 48.57 50.44<br />
Medianalter des Haushaltsvorstandes 46 48 47 46 49<br />
Durchschnittl. Haushaltsgröße 2.8 2.7 2.6 2.6 2.4<br />
Durchschnittl. Kinderzahl 0.97 0.90 0.86 0.69 0.56<br />
Anteil kinderloser Haushalte [%] 45.5 49.1 54.1 61.9 68.4<br />
Anteil Haushalte mit einem Kind [%] 22.9 21.9 18.6 15.1 13.1<br />
Neue Bundesländer:<br />
1993 1998 2003<br />
Durchschnittsalter des Haushaltsvorstandes 47.4 49.2 50.3<br />
Medianalter des Haushaltsvorstandes 46 47 49<br />
Durchschnittl. Haushaltsgröße 2.6 2.5 2.4<br />
Durchschnittl. Kinderzahl 0.83 0.60 0.44<br />
Anteil kinderloser Haushalte [%] 50.3 62.5 70.4<br />
Anteil Haushalte mit einem Kind [%] 22.4 18.7 17.8<br />
Deutschland:<br />
1993 1998 2003<br />
Durchschnittsalter des Haushaltsvorstandes 48.8 48.7 50.4<br />
Medianalter des Haushaltsvorstandes 47 46 49<br />
Durchschnittl. Haushaltsgröße 2.6 2.6 2.4<br />
Durchschnittl. Kinderzahl 0.85 0.67 0.54<br />
Anteil kinderloser Haushalte [%] 53.3 62.0 68.8<br />
Anteil Haushalte mit einem Kind [%] 19.4 15.8 14.0<br />
68
Anhang C – Die Ergebnisse der Schätzung des empirischen Modells im Detail<br />
(1) (2) (3) (4) (5)<br />
Nahrungsmittel, Bekleidung, Energie Haushaltsgeräte, Gesundheit<br />
Getränke,<br />
Genußmittel<br />
Schuhe,<br />
Schmuck<br />
Möbel<br />
Kinderzahl -0.01623 0.01134 0.00106 0.00044 0.00112<br />
(23.29)*** (23.14)*** (2.74)*** (0.54) (2.13)**<br />
Kinderzahl 2 0.00203 -0.00191 -0.00083 -0.00061 -0.00013<br />
(10.72)*** (14.34)*** (7.84)*** (2.79)*** (0.90)<br />
Log. Haushaltsgröße 0.11544 -0.01366 0.01221 -0.02159 -0.01132<br />
(164.97)*** (27.77)*** (31.26)*** (26.63)*** (21.47)***<br />
Selbständige 0.00537 0.00172 0.00197 -0.01712 0.00093<br />
(6.34)*** (2.89)*** (4.16)*** (17.46)*** (1.45)<br />
Arbeitslose 0.01845 -0.00369 0.00754 0.00329 -0.00997<br />
(18.07)*** (5.14)*** (13.23)*** (2.78)*** (12.97)***<br />
Rentner 0.00085 -0.00142 0.00083 0.00607 0.00739<br />
(0.97) (2.30)** (1.69)* (5.97)*** (11.18)***<br />
Landwirte 0.03670 -0.00410 0.00255 0.00742 -0.00173<br />
(17.39)*** (2.76)*** (2.16)** (3.03)*** (1.09)<br />
Anzahl Erwerbstätige -0.00221 0.00420 -0.00136 -0.00545 -0.00587<br />
(5.89)*** (15.91)*** (6.48)*** (12.53)*** (20.76)***<br />
Wohnungsgröße -0.00012 -0.00004 0.00030 -0.00010 0.00000<br />
(17.15)*** (7.92)*** (78.78)*** (13.45)*** (0.62)<br />
Stadt -0.00330 0.00086 0.00039 -0.00999 0.00262<br />
(6.66)*** (2.47)** (1.40) (17.44)*** (7.04)***<br />
Großstadt 0.00174 -0.00145 -0.00221 -0.00665 0.00142<br />
(2.43)** (2.89)*** (5.53)*** (8.03)*** (2.64)***<br />
Wohneigentümer -0.01527 -0.00394 0.00516 0.02149 -0.00178<br />
(31.82)*** (11.70)*** (19.26)*** (38.66)*** (4.93)***<br />
Aktienbesitz -0.02123 0.00166 -0.00607 -0.00482 0.00107<br />
(52.46)*** (5.85)*** (26.86)*** (10.28)*** (3.51)***<br />
log. Ausgaben 0.37400 -0.02409 0.22225 -0.93387 -0.26687<br />
(7.00)*** (0.64) (7.46)*** (15.10)*** (6.63)***<br />
log. Ausgaben 2 -0.02611 0.00103 -0.01352 0.06472 0.01929<br />
(7.87)*** (0.44) (7.30)*** (16.83)*** (7.72)***<br />
log. Ausgaben * <strong>Alter</strong> -0.01899 0.00695 -0.01504 0.02095 0.01151<br />
(8.67)*** (4.52)*** (12.31)*** (8.26)*** (6.98)***<br />
log. Ausgaben 2 * <strong>Alter</strong> 0.00103 -0.00034 0.00077 -0.00140 -0.00080<br />
(7.61)*** (3.56)*** (10.19)*** (8.91)*** (7.82)***<br />
log. Ausgaben * <strong>Alter</strong> 2 0.00018 -0.00007 0.00011 -0.00015 -0.00016<br />
(8.72)*** (4.66)*** (9.02)*** (6.28)*** (10.00)***<br />
log. Ausgaben 2 * <strong>Alter</strong> 2 -0.00001 0.00000 -0.00001 0.00001 0.00001<br />
(7.75)*** (3.52)*** (7.22)*** (6.78)*** (11.23)***
<strong>Alter</strong> 25-29 0.25280 -0.10457 0.24475 -0.26145 -0.07618<br />
(9.94)*** (5.85)*** (17.24)*** (8.87)*** (3.97)***<br />
<strong>Alter</strong> 30-34 0.47354 -0.18451 0.46465 -0.49192 -0.12277<br />
(10.09)*** (5.60)*** (17.74)*** (9.05)*** (3.47)***<br />
<strong>Alter</strong> 35-39 0.65136 -0.24307 0.65610 -0.70114 -0.14342<br />
(10.12)*** (5.37)*** (18.26)*** (9.40)*** (2.96)***<br />
<strong>Alter</strong> 40-44 0.78550 -0.28282 0.82322 -0.88215 -0.13607<br />
(10.08)*** (5.17)*** (18.93)*** (9.77)*** (2.32)**<br />
<strong>Alter</strong> 45-49 0.87413 -0.30553 0.96388 -1.03209 -0.10003<br />
(9.98)*** (4.96)*** (19.72)*** (10.17)*** (1.52)<br />
<strong>Alter</strong> 50-54 0.91987 -0.31120 1.07871 -1.14479 -0.03889<br />
(9.83)*** (4.73)*** (20.64)*** (10.55)*** (0.55)<br />
<strong>Alter</strong> 55-59 0.91801 -0.29783 1.16754 -1.23006 0.05125<br />
(9.54)*** (4.40)*** (21.73)*** (11.03)*** (0.71)<br />
<strong>Alter</strong> 60-64 0.87711 -0.26861 1.22721 -1.29829 0.16818<br />
(9.15)*** (3.99)*** (22.94)*** (11.69)*** (2.33)**<br />
<strong>Alter</strong> 65-69 0.79299 -0.22225 1.26322 -1.33519 0.31513<br />
(8.52)*** (3.40)*** (24.32)*** (12.38)*** (4.49)***<br />
<strong>Alter</strong> 70-74 0.66727 -0.15887 1.27596 -1.34534 0.49207<br />
(7.50)*** (2.54)** (25.68)*** (13.05)*** (7.34)***<br />
<strong>Alter</strong> 75-79 0.50181 -0.08468 1.26189 -1.32561 0.70285<br />
(5.87)*** (1.41) (26.45)*** (13.38)*** (10.91)***<br />
<strong>Alter</strong> 80+ 0.30080 -0.00090 1.22398 -1.28051 0.94780<br />
(3.53)*** (0.01) (25.73)*** (12.97)*** (14.76)***<br />
1988 -0.00454 0.00508 -0.01027 -0.00836 0.00151<br />
(6.57)*** (10.45)*** (26.61)*** (10.44)*** (2.89)***<br />
1993 -0.00200 -0.00377 -0.01074 -0.01836 0.00823<br />
(3.04)*** (8.17)*** (29.35)*** (24.16)*** (16.65)***<br />
1998 -0.01795 -0.02092 -0.02533 -0.01519 0.01593<br />
(27.52)*** (45.63)*** (69.58)*** (20.10)*** (32.42)***<br />
2003 -0.01741 -0.03142 -0.01283 -0.03036 0.01541<br />
(26.64)*** (68.42)*** (35.17)*** (40.10)*** (31.31)***<br />
Hamburg 0.00860 0.00166 -0.00207 0.00132 -0.00820<br />
(5.64)*** (1.55) (2.44)** (0.75) (7.14)***<br />
Niedersachsen -0.00742 0.00504 -0.00496 0.00797 -0.00075<br />
(6.62)*** (6.40)*** (7.93)*** (6.14)*** (0.89)<br />
Bremen -0.00357 0.00268 -0.00370 0.00812 -0.00637<br />
(1.40) (1.50) (2.60)*** (2.76)*** (3.32)***<br />
Nordrhein-Westfalen 0.00005 0.01188 -0.00419 0.00274 -0.00153<br />
(0.05) (16.39)*** (7.28)*** (2.29)** (1.96)**<br />
Hessen -0.00777 0.00417 -0.00560 0.00290 0.00015<br />
(6.78)*** (5.17)*** (8.75)*** (2.18)** (0.17)<br />
Rheinland-Pfalz -0.00296 0.00663 -0.00694 0.00214 0.00204<br />
(2.43)** (7.75)*** (10.21)*** (1.51) (2.23)**<br />
Baden-Württemberg -0.01095 0.00635 -0.00887 0.00075 0.00137<br />
70
(10.35)*** (8.54)*** (15.03)*** (0.61) (1.72)*<br />
Bayern -0.01329 0.00759 -0.01258 0.00163 0.00454<br />
(12.76)*** (10.37)*** (21.64)*** (1.35) (5.78)***<br />
Saarland 0.00986 0.00886 0.00124 0.00796 -0.00665<br />
(5.52)*** (7.06)*** (1.24) (3.85)*** (4.94)***<br />
Berlin(West) -0.01383 -0.00135 -0.00289 0.00533 -0.00656<br />
(9.39)*** (1.30) (3.51)*** (3.12)*** (5.91)***<br />
Brandenburg -0.01453 0.00575 -0.00069 0.02940 -0.00693<br />
(9.50)*** (5.36)*** (0.81) (16.61)*** (6.02)***<br />
Mecklenburg-Vorp. -0.00247 0.00944 -0.00282 0.02499 -0.00813<br />
(1.42) (7.72)*** (2.90)*** (12.40)*** (6.20)***<br />
Sachsen -0.02061 0.00445 -0.01171 0.03121 -0.00606<br />
(15.89)*** (4.88)*** (16.17)*** (20.76)*** (6.20)***<br />
Sachsen-Anhalt -0.01100 0.00805 -0.00390 0.03457 -0.00963<br />
(7.20)*** (7.49)*** (4.57)*** (19.53)*** (8.37)***<br />
Thüringen -0.01208 0.00526 -0.00395 0.03255 -0.00711<br />
(7.37)*** (4.57)*** (4.32)*** (17.14)*** (5.76)***<br />
Berlin (Ost) -0.02679 -0.00050 -0.00309 0.03848 -0.01094<br />
(9.21)*** (0.24) (1.90)* (11.42)*** (4.99)***<br />
Konstante 0.26582 -0.29617 0.37682 2.10069 0.32431<br />
(3.36)*** (5.33)*** (8.54)*** (22.93)*** (5.44)***<br />
Anzahl Haushalte 220465 220465 220465 220465 220465<br />
R 2 0.35 0.09 0.38 0.13 0.12<br />
Absoluter Wert der t-Statistik in Klammern<br />
* signifikant auf einem 10%-Niveau; ** signifikant auf 5%-Niveau;<br />
*** signifikant auf 1%-Niveau<br />
(6) (7) (8) (9) (10) (11)<br />
Verkehr Kommunikation<br />
Aktive Home Reisen Restaurants<br />
Freizeit-<br />
gestaltung<br />
Entertainment<br />
Kinderzahl -0.01409 -0.00018 0.01789 0.00317 -0.00361 -0.00758<br />
(24.22)*** (0.79) (35.87)*** (6.86)*** (5.75)*** (15.82)***<br />
Kinderzahl 2 0.00229 0.00006 -0.00219 0.00012 0.00076 0.00146<br />
(14.46)*** (1.00) (16.13)*** (0.94) (4.45)*** (11.21)***<br />
Log. Haushaltsgröße 0.01123 -0.00377 -0.02056 -0.01352 -0.02131 -0.01940<br />
(19.23)*** (16.10)*** (41.06)*** (29.10)*** (33.82)*** (40.35)***<br />
Selbständige -0.00387 0.00314 0.00510 -0.00578 0.00235 0.00759<br />
(5.48)*** (11.08)*** (8.42)*** (10.29)*** (3.08)*** (13.05)***<br />
Arbeitslose 0.00020 0.00479 -0.00721 -0.00125 -0.01092 -0.00407<br />
(0.23) (14.02)*** (9.88)*** (1.85)* (11.88)*** (5.80)***<br />
Rentner -0.00381 0.00033 -0.00424 -0.00069 -0.00232 -0.00305<br />
(5.20)*** (1.14) (6.76)*** (1.18) (2.94)*** (5.05)***<br />
71
Landwirte 0.00221 -0.00141 -0.01352 -0.00675 -0.01328 -0.01063<br />
(1.25) (1.99)** (8.95)*** (4.81)*** (6.99)*** (7.33)***<br />
Anzahl Erwerbstätige 0.01477 -0.00108 -0.00505 -0.00239 -0.00117 0.00637<br />
(47.12)*** (8.56)*** (18.81)*** (9.57)*** (3.45)*** (24.70)***<br />
Wohnungsgröße 0.00008 0.00002 0.00008 -0.00003 -0.00005 -0.00007<br />
(13.49)*** (9.40)*** (16.22)*** (6.98)*** (8.51)*** (15.44)***<br />
Stadt -0.00993 0.00254 0.00242 0.00285 0.00880 0.00268<br />
(24.05)*** (15.32)*** (6.83)*** (8.67)*** (19.74)*** (7.90)***<br />
Großstadt -0.00526 0.00168 0.00323 -0.00013 0.00319 0.00554<br />
(8.82)*** (7.02)*** (6.31)*** (0.27) (4.95)*** (11.28)***<br />
Wohneigentümer 0.00904 -0.00358 0.00277 -0.00435 -0.00170 -0.00265<br />
(22.57)*** (22.31)*** (8.08)*** (13.66)*** (3.94)*** (8.04)***<br />
<strong>Alter</strong> 25-29 -0.02868 0.12114 -0.03204 0.06062 -0.13488 -0.03422<br />
(1.35) (14.23)*** (1.76)* (3.59)*** (5.89)*** (1.96)*<br />
<strong>Alter</strong> 30-34 -0.05527 0.22438 -0.07367 0.11033 -0.25107 -0.07678<br />
(1.41) (14.29)*** (2.19)** (3.54)*** (5.94)*** (2.38)**<br />
<strong>Alter</strong> 35-39 -0.07204 0.30734 -0.11678 0.15489 -0.33943 -0.11990<br />
(1.34) (14.27)*** (2.53)** (3.62)*** (5.85)*** (2.71)***<br />
<strong>Alter</strong> 40-44 -0.07416 0.37441 -0.16871 0.19190 -0.40820 -0.16635<br />
(1.14) (14.37)*** (3.03)*** (3.71)*** (5.82)*** (3.11)***<br />
<strong>Alter</strong> 45-49 -0.06401 0.42112 -0.22131 0.22015 -0.45594 -0.21590<br />
(0.88) (14.37)*** (3.53)*** (3.79)*** (5.78)*** (3.59)***<br />
<strong>Alter</strong> 50-54 -0.04795 0.44760 -0.27560 0.24043 -0.48325 -0.26651<br />
(0.61) (14.29)*** (4.11)*** (3.87)*** (5.73)*** (4.14)***<br />
<strong>Alter</strong> 55-59 -0.02192 0.45515 -0.33205 0.25595 -0.48714 -0.32042<br />
(0.27) (14.13)*** (4.82)*** (4.00)*** (5.62)*** (4.84)***<br />
<strong>Alter</strong> 60-64 0.01677 0.44318 -0.39169 0.26287 -0.46217 -0.36946<br />
(0.21) (13.82)*** (5.71)*** (4.13)*** (5.35)*** (5.61)***<br />
<strong>Alter</strong> 65-69 0.06318 0.41266 -0.45687 0.26464 -0.41754 -0.42212<br />
(0.81) (13.25)*** (6.86)*** (4.28)*** (4.98)*** (6.60)***<br />
<strong>Alter</strong> 70-74 0.11422 0.36507 -0.52308 0.25912 -0.35526 -0.47576<br />
(1.54) (12.26)*** (8.21)*** (4.38)*** (4.43)*** (7.78)***<br />
<strong>Alter</strong> 75-79 0.17710 0.29632 -0.59155 0.24772 -0.27608 -0.53087<br />
(2.48)** (10.36)*** (9.67)*** (4.36)*** (3.59)*** (9.04)***<br />
<strong>Alter</strong> 80+ 0.25085 0.20764 -0.66231 0.22728 -0.18269 -0.58352<br />
(3.53)*** (7.28)*** (10.86)*** (4.02)*** (2.38)** (9.96)***<br />
1988 0.00618 0.00316 0.01327 0.00516 -0.02237 0.00827<br />
(10.70)*** (13.67)*** (26.82)*** (11.23)*** (35.92)*** (17.42)***<br />
1993 0.00437 0.00676 0.00855 0.00780 -0.01004 -0.00083<br />
(7.99)*** (30.81)*** (18.22)*** (17.91)*** (17.00)*** (1.85)*<br />
1998 0.03913 0.01390 0.01968 0.02455 -0.03281 -0.00341<br />
(71.86)*** (63.69)*** (42.17)*** (56.69)*** (55.86)*** (7.61)***<br />
2003 0.04571 0.02407 0.01647 0.01894 -0.03221 -0.00708<br />
(83.79)*** (110.11)*** (35.22)*** (43.64)*** (54.73)*** (15.76)***<br />
Hamburg 0.00305 -0.00468 -0.00044 -0.00102 -0.00054 0.00260<br />
(2.39)** (9.17)*** (0.40) (1.00) (0.40) (2.48)**<br />
72
Niedersachsen -0.00313 0.00005 -0.00172 0.00203 0.00014 0.00164<br />
(3.34)*** (0.13) (2.15)** (2.73)*** (0.14) (2.13)**<br />
Bremen -0.00291 0.00084 -0.00039 -0.00359 0.00459 0.00291<br />
(1.37) (0.98) (0.21) (2.12)** (2.00)** (1.66)*<br />
Nordrhein-Westfalen 0.00123 -0.00339 -0.00878 -0.00343 0.00030 0.00428<br />
(1.43) (9.83)*** (11.90)*** (5.01)*** (0.32) (6.04)***<br />
Hessen 0.00235 -0.00046 -0.00674 0.00026 0.00170 0.00811<br />
(2.46)** (1.20) (8.22)*** (0.35) (1.65)* (10.30)***<br />
Rheinland-Pfalz 0.00385 -0.00064 -0.01182 -0.00131 -0.00246 0.00895<br />
(3.79)*** (1.58) (13.56)*** (1.62) (2.24)** (10.69)***<br />
Baden-Württemberg 0.00759 -0.00139 -0.00596 0.00028 0.00037 0.00907<br />
(8.60)*** (3.93)*** (7.88)*** (0.40) (0.39) (12.48)***<br />
Bayern 0.00755 -0.00150 -0.00457 0.00090 -0.00445 0.01311<br />
(8.68)*** (4.31)*** (6.12)*** (1.29) (4.75)*** (18.31)***<br />
Saarland 0.00622 -0.00589 -0.01338 -0.00443 -0.01101 0.00466<br />
(4.18)*** (9.85)*** (10.47)*** (3.74)*** (6.84)*** (3.80)***<br />
Berlin(West) 0.00161 -0.00671 -0.00013 0.00605 0.01712 0.00027<br />
(1.31) (13.60)*** (0.13) (6.18)*** (12.90)*** (0.27)<br />
Brandenburg -0.00504 -0.00566 -0.00311 0.00277 0.00227 -0.00646<br />
(3.95)*** (11.07)*** (2.85)*** (2.73)*** (1.65)* (6.15)***<br />
Mecklenburg-Vorp. -0.00553 -0.00698 0.00314 -0.00086 -0.00414 -0.00909<br />
(3.81)*** (12.00)*** (2.53)** (0.74) (2.64)*** (7.60)***<br />
Sachsen -0.00099 -0.01037 0.00002 0.00023 0.01419 -0.00067<br />
(0.91) (23.90)*** (0.02) (0.26) (12.15)*** (0.75)<br />
Sachsen-Anhalt -0.00790 -0.01027 -0.00238 0.00035 0.00558 -0.00586<br />
(6.20)*** (20.09)*** (2.18)** (0.34) (4.06)*** (5.58)***<br />
Thüringen -0.00435 -0.00945 -0.00621 0.00044 0.00492 -0.00018<br />
(3.18)*** (17.24)*** (5.30)*** (0.41) (3.34)*** (0.16)<br />
Berlin (Ost) -0.00626 -0.01732 0.00838 0.01864 0.00949 -0.00954<br />
(2.58)*** (17.80)*** (4.03)*** (9.65)*** (3.62)*** (4.77)***<br />
Aktienbesitz 0.00441 -0.00160 0.00582 0.00388 0.01549 0.00563<br />
(13.05)*** (11.84)*** (20.11)*** (14.46)*** (42.52)*** (20.24)***<br />
log. Ausgaben 0.29369 0.23194 0.00737 0.18649 -0.17018 0.04219<br />
(6.59)*** (12.98)*** (0.19) (5.26)*** (3.54)*** (1.15)<br />
log. Ausgaben 2 -0.02073 -0.01597 -0.00095 -0.01193 0.00974 -0.00495<br />
(7.48)*** (14.38)*** (0.40) (5.41)*** (3.26)*** (2.17)**<br />
log. Ausgaben * <strong>Alter</strong> 0.00271 -0.01080 -0.00073 -0.00520 0.00994 -0.00037<br />
(1.48) (14.74)*** (0.46) (3.58)*** (5.04)*** (0.25)<br />
log. Ausgaben 2 * <strong>Alter</strong> -0.00011 0.00069 0.00014 0.00036 -0.00051 0.00013<br />
(0.96) (15.25)*** (1.42) (3.97)*** (4.20)*** (1.42)<br />
log. Ausgaben * <strong>Alter</strong> 2 -0.00005 0.00010 0.00004 0.00004 -0.00010 0.00002<br />
(2.58)*** (14.11)*** (2.39)** (3.14)*** (5.03)*** (1.56)<br />
log. Ausgaben 2 * <strong>Alter</strong> 2 0.00000 -0.00001 -0.00000 -0.00000 0.00001 -0.00000<br />
(2.33)** (14.66)*** (3.46)*** (3.69)*** (4.33)*** (2.44)**<br />
73
Konstante -1.13941 -0.09824 -0.02089 -0.33022 0.05335 -0.06909<br />
(17.26)*** (3.71)*** (0.37) (6.29)*** (0.75) (1.27)<br />
Anzahl Haushalte 220465 220465 220465 220465 220465 220465<br />
R 2 0.20 0.21 0.07 0.06 0.10 0.08<br />
74
C. Prognose der Konsumstruktur und Implikationen für die Beschäftigung<br />
11<br />
Nachdem wir uns in den ersten Teilen mit der vergangenheitsbezogenen Analyse<br />
des Konsumverhaltens befasst haben, soll nun die künftige Konsumnachfrage älterer<br />
Haushalte prognostiziert werden. In diesem Kapitel verwenden wir die Ergebnisse<br />
der Nachfragesystemschätzung des bisherigen vergangenheitsbezogenen<br />
Modells und kombinieren diese mit einem statistischen Prognosemodell.<br />
In seiner zehnten koordinierten Bevölkerungsvorausschätzung prognostiziert das<br />
Statistische Bundesamt, dass der prozentuale Anteil der über 50-Jährigen an der<br />
Gesamtbevölkerung von rund 37 Prozent (2005) auf knapp 50 Prozent (2050) ansteigen<br />
wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie stark die Konsumkraft<br />
der über 50-Jährigen wirklich ist und wie diese <strong>Alter</strong>sgruppe die zukünftige Konsumstruktur<br />
beeinflussen wird. Gibt es wirklich den „<strong>Wirtschaftsmotor</strong> <strong>Alter</strong>“ im Bereich<br />
der Konsumnachfrage? Die Antwort auf diese Frage spielt für Beschäftigungseffekte<br />
eine Rolle, die wir in Kapitel C.3 genauer betrachten wollen. Außerdem steht und<br />
fällt mit ihr ein Ausblick auf mögliche Produktinnovationen, den Kapitel D bieten<br />
wird.<br />
C.1 Szenarienwahl und Prognosemethodik<br />
Unser Prognosemodell, das in Abbildung C.1 schematisch veranschaulicht wird,<br />
verbindet die nach <strong>Alter</strong> unterschiedenen Konsumnachfrageprofile von Haushalten<br />
aus Kapitel B mit den makroökonomischen Prognosen der <strong>Alter</strong>sstrukturentwicklung,<br />
der Haushaltsentwicklung und den Prognosen zur intergenerativen Einkommensverteilung<br />
aus einem eigenen Makro-Simulationsmodell. Wir prognostizieren in<br />
vier Szenarien, die in den Unterkapiteln genauer beschrieben sind.<br />
11 Die Ergebnisse in Teil C beruhen auf einer laufenden Forschungskooperation von Ashok<br />
Kaul (Universität Mainz) und Melanie Lührmann (Institute for Fiscal <strong>Studie</strong>s, London).<br />
75
<strong>Alter</strong>sgruppe<br />
20-49 Jahre<br />
Bevölkerung 2003<br />
<strong>Alter</strong>sgruppe<br />
50-64 Jahre<br />
<strong>Alter</strong>sgruppe<br />
> 65 Jahre<br />
Wie entwickelt sich die Nachfrage dieser „Referenzbevölkerung“, wenn man annimmt, dass sich die<br />
Menschen und ihr Konsumverhalten in der Zukunft nicht verändern, es aber weniger junge und<br />
mehr ältere Menschen geben wird?<br />
<strong>Alter</strong>sgruppe<br />
20-49 Jahre<br />
<strong>Alter</strong>sgruppe<br />
50-64 Jahre<br />
<strong>Alter</strong>sgruppe<br />
> 65 Jahre<br />
Bevölkerung 2035<br />
… und sich aufgrund der Ausgestaltung<br />
der sozialen Sicherungssysteme<br />
die intergenerative Verteilung der<br />
Einkommen bzw. des privaten<br />
Verbrauchs ändern wird?<br />
… und sich aufgrund der Entwicklung<br />
von Fertilität und Lebenserwartung<br />
die Haushaltszusammensetzung ändern<br />
wird?<br />
Abbildung C.1: Schematische Darstellung des Prognosemodells und der Szenarien<br />
76
C.1.1 <strong>Alter</strong>sstrukturverschiebung: Der (rein) demografische Effekt (Szenario 0)<br />
Das erste Szenario isoliert den rein demografischen Effekt auf die Konsumnachfrage.<br />
Es ist damit das restriktivste Szenario, das wir betrachten. Hier treffen wir die<br />
Annahme, dass sich die soziodemografischen Charakteristika von Haushalten in der<br />
Zukunft nicht ändern werden, dass es also weiterhin innerhalb einer <strong>Alter</strong>sgruppe<br />
genau den selben Anteil an Ein-, Zwei- und Mehrpersonenhaushalten geben wird,<br />
dass sich deren Erwerbsverhalten nicht ändern wird und dass ihre soziale Stellung<br />
im Beruf (selbständig, Landwirt oder ähnliche) ebenfalls konstant bleibt. Außerdem<br />
nehmen wir an, dass sowohl die Höhe als auch die Verteilung des Gesamtkonsumbudgets<br />
auf dem Niveau des Basisjahres bleibt. Als Basisjahr haben wir 2003 gewählt,<br />
das Jahr, in dem die letzte EVS-Welle verfügbar ist.<br />
Dieses Szenario ist sehr restriktiv und wenig realistisch. Vor allem ist nicht anzunehmen,<br />
dass die Einkommensverteilung in den nächsten 30 Jahren unverändert<br />
bleiben wird. Außerdem wissen wir schon heute, dass Prozesse wie Heirat und Familienbildung<br />
im Vergleich zu früher zeitlich verzögert stattfinden, was langfristige<br />
Konsequenzen für die künftige Verteilung der Haushaltsgrößen innerhalb der <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
hat. Wir betrachten daher dieses Szenario als ein Gedankenexperiment:<br />
Was passiert, wenn sich das Konsumverhalten des Einzelhaushalts im<br />
Zeitverlauf überhaupt nicht ändert und es lediglich mehr Haushalte mit beispielsweise<br />
einem 60-jährigen Haushaltsvorstand gibt als heute und weniger Haushalte mit<br />
einem 30-jährigen Vorstand?<br />
C.1.2 Die veränderte Haushaltsstruktur (Szenario 0’)<br />
Das rein demografische Szenario beruht auf der Annahme, dass sich das Verhältnis<br />
der Haushaltsvorstände zu den gleichaltrigen Personen insgesamt über die Zeit<br />
nicht verändert, sprich: wenn etwa die Zahl der 30-Jährigen um 10 Prozent sinkt,<br />
sinkt auch die Zahl der 30-jährigen Haushaltsvorstände um 10 Prozent. Zudem<br />
bleibt auch der Anteil der 30-jährigen Haushaltsvorstände, die in Ein- oder Mehrpersonenhaushalten<br />
leben, über die Zeit konstant. Dies gilt für alle anderen <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
analog.<br />
<strong>Alter</strong> Anzahl der Haushaltsmitglieder Ingesamt<br />
1 2 3+<br />
2003<br />
20-39 Jahre 4.92 1.52 3.76 10.19<br />
40-59 Jahre 3.20 3.82 6.29 13.31<br />
60-79 Jahre 4.23 5.76 1.23 11.23<br />
Über 79 Jahre 1.96 0.61 0.33 2.90<br />
Insgesamt 14.67 11.81 11.63 38.01<br />
2010<br />
20-39 Jahre 6.49 1.16 2.95 10.70<br />
77
40-59 Jahre 4.46 4.15 5.69 14.30<br />
60-79 Jahre 4.46 5.75 0.89 11.10<br />
Über 79 Jahre 2.52 0.95 0.21 3.58<br />
Insgesamt 19.07 12.01 9.74 40.81<br />
2015<br />
20-39 Jahre 6.93 0.95 3.11 11.00<br />
40-59 Jahre 4.89 4.01 4.85 13.75<br />
60-79 Jahre 4.79 5.76 0.87 11.42<br />
Über 79 Jahre 2.68 1.08 0.20 3.95<br />
Insgesamt 20.52 11.90 8.93 41.36<br />
2020<br />
20-39 Jahre 6.96 0.88 3.29 11.13<br />
40-59 Jahre 5.18 3.73 3.91 12.93<br />
60-79 Jahre 5.02 5.66 0.85 11.54<br />
Über 79 Jahre 3.23 1.42 0.19 4.74<br />
Insgesamt 21.49 11.69 8.35 41.53<br />
2025<br />
20-39 Jahre 6.59 0.64 3.38 10.62<br />
40-59 Jahre 5.44 3.23 3.37 12.14<br />
60-79 Jahre 5.64 5.78 0.84 12.36<br />
Über 79 Jahre 3.49 1.55 0.19 5.23<br />
Insgesamt 22.31 11.30 7.78 41.39<br />
2030<br />
20-39 Jahre 6.25 0.53 3.17 9.94<br />
40-59 Jahre 5.68 2.73 3.15 11.55<br />
60-79 Jahre 6.58 5.91 0.83 13.31<br />
Über 79 Jahre 3.56 1.56 0.18 5.20<br />
Insgesamt 22.88 10.82 7.42 41.13<br />
Tabelle C.1: Prognose der Veränderungen der Anzahl der Haushalte nach Größe<br />
und <strong>Alter</strong>sgruppe (jeweils in Tsd.)<br />
In Szenario 0’ wird diese Annahme aufgehoben. Wir verwenden hier nicht mehr die<br />
individuenbasierte Bevölkerungsprognose, sondern die ProFamy-<br />
Haushaltsprognose, die in Zusammenarbeit des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung<br />
(bib) mit Demografieforschern entstand. Sie wurde uns freundlicherweise<br />
von Herrn Dr. Hullen zur Verfügung gestellt. Haushaltsprognosen werden auf Basis<br />
von demografischen Prognosen erstellt. Zusätzlich verwenden sie aber noch Annahmen<br />
über die Entwicklung von Mustern des Zusammenlebens, der Familiengründung<br />
und -auflösung, über die Heterogenität des Fertilitätsverhaltens innerhalb<br />
von Haushalten und weitere Faktoren [siehe Hullen (2003)].<br />
78
Wir lockern in diesem Szenario die Annahme des Szenarios 0, dass sich die Haushaltszusammensetzung<br />
im Zeitverlauf nicht ändert. Um dies zu erreichen, benötigen<br />
wir eine Zukunftsprognose der Anzahl der Haushalte nach <strong>Alter</strong> des Haushaltsvorstandes<br />
und nach der Haushaltsgröße. Selbstverständlich ließen sich diese Veränderungen<br />
der Haushaltszusammensetzung noch nach weiteren Kriterien wie der<br />
Anzahl der Kinder, der Bundeslandzugehörigkeit und Ähnlichem analysieren. Wir<br />
betrachten jedoch die Dekomposition nach der Haushaltsgröße als das wichtigste<br />
Kriterium, da sie einen direkten Bezug zum Partnerschafts- und Fertilitätsverhalten<br />
hat und auch das Sinken der Haushaltsgröße durch den Wegzug der Kinder sowie<br />
den Tod des Lebenspartners abbilden kann.<br />
Die durch das bib bereitgestellten Daten liefern leider keine sehr detaillierte Unterteilung<br />
der verschiedenen Haushaltsgrößen und <strong>Alter</strong>sgruppen 12 (siehe Tabelle C.1).<br />
Daher ersetzen wir nicht, wie ursprünglich geplant, die Bevölkerungsprognose komplett<br />
durch die Haushaltsprognose, sondern kombinieren beide. Denn vor allem<br />
durch die Unterscheidung von lediglich vier <strong>Alter</strong>sgruppen, wie in Tabelle C.1 gezeigt,<br />
würden wir einen bedeutenden Teil der demografischen Variation verlieren.<br />
Daher benutzen wir aus der Bevölkerungsprognose weiterhin die weitaus feinere<br />
Unterscheidung in 5-Jahres-<strong>Alter</strong>sgruppen innerhalb der vier groben Kategorien.<br />
Unter der damit notwendigen Annahme, dass innerhalb dieser groben <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
die Verteilung der Haushalte nach ihrer Größe homogen ist, erhalten wir dann eine<br />
approximative Haushaltsprognose, die besser als bisher Veränderungen im Konsumverhalten<br />
von Haushalten abbilden kann.<br />
C.1.3<br />
<strong>Alter</strong>ssicherungssysteme und intergenerative Einkommensverteilung (Szenarien<br />
1 und 2)<br />
Szenario 1 erweitert das rein demografische Szenario 0, indem es die Annahme der<br />
konstanten Einkommensverteilung lockert. Grundsätzlich hätten wir gerne eine<br />
Haushaltsprognose wie in Szenario 0’ zugrunde gelegt. Wir konnten jedoch keine<br />
Prognosegrundlage finden, die hinsichtlich beider Dimensionen – <strong>Alter</strong> und Haushaltsgröße<br />
- detailliert genug gewesen wäre. Darum werden wir im Folgenden auf<br />
Szenario 0 aufbauen.<br />
Die intensiven Reformen und Diskussionen der vergangenen Jahre über das Rentensystem<br />
und die <strong>Alter</strong>svorsorge in Deutschland fußen auf zwei Grundfragen:<br />
1. Wie kann man die finanzielle Stabilität der <strong>Alter</strong>svorsorge sichern, wenn die<br />
Bevölkerung altert?<br />
12 In den ProFamy Prognosen existiert das Konzept des Haushaltsvorstandes, wie er in der<br />
EVS definiert wird, nicht. Daher wurden die Zahlen in Tabelle C.1 durch Summieren der<br />
Haushalte mit männlicher Bezugsperson und der ohne männliche Bezugsperson errechnet.<br />
Die Bezugsperson wird dann – vermutlich ohne größere Präzisionseinbußen der Prognose –<br />
dem Haushaltsvorstand gleichgesetzt.<br />
79
2. Wie sollen die zusätzlichen Finanzierungslasten zwischen den Generationen<br />
aufgeteilt werden?<br />
Während alle Reformvorschläge zumindest das Ziel einer nachhaltigen Finanzierung<br />
der <strong>Alter</strong>ssicherung in Deutschland verfolgen, unterscheiden sie sich in der<br />
intergenerativen Verteilung zukünftiger Ressourcen. Diese wird im Wesentlichen<br />
durch die Kombination von Beitrags- und Rentenniveau gesteuert.<br />
Im Folgenden entwerfen wir zwei Szenarien, die auf einem eigenen Makro-<br />
Simulationsmodell beruhen. Die Grundvoraussetzungen und die Modellstruktur sind<br />
im Anhang beschrieben. Wichtig ist, dass in beiden Szenarien, im Gegensatz zu<br />
Szenario 0, von einem exogenen Trend im Technologiewachstum ausgegangen<br />
wird. Dieses Trendwachstum liegt bei 1,3 Prozent p.a., einem Wert, der nach den<br />
Entwicklungen in Deutschland in den vergangen Jahren realistisch ist. Wir betrachten<br />
die Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme in zwei sehr unterschiedlichen<br />
Szenarien 1 und 2. Im Fokus steht dabei die intergenerative<br />
Einkommensumverteilung, also Umverteilung zwischen verschiedenen <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
zu einem bestimmten Zeitpunkt.<br />
1. Basisszenario (Szenario 1):<br />
Dieses Szenario berücksichtigt die bisher umgesetzten Reformen der Rentenversicherung.<br />
Außerdem sieht es einen Maastricht konformen öffentlichen Haushalt in<br />
jeder 5-Jahresperiode bis 2035 vor. Dazu nehmen wir eine Erwerbsbeteiligung und<br />
dadurch induzierte Einkommens- und Rentenzahlungen an, wie sie im Wesentlichen<br />
heute existieren.<br />
Auf die Empfehlungen der Rürup-Kommission hin wurde 2004 die Einführung eines<br />
Rentennachhaltigkeitsfaktors beschlossen. Dieser besteht aus einem politisch festzulegenden<br />
Gewichtungsfaktor und dem so genannten Rentnerquotienten. Der Rentennachhaltigkeitsfaktor<br />
ermöglicht es, die Renten künftig so anzupassen, dass die<br />
demografischen Effekte berücksichtigt werden: Das veränderte Verhältnis von<br />
Rentnerinnen und Rentnern zu Beitragszahlerinnen und -zahlern geht ebenso ein<br />
wie die Entwicklung der Einkommen der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten.<br />
Wir haben diese Reform in unserer Einkommensprognose in Szenario 1 eingearbeitet.<br />
Abbildung C.2 demonstriert die aggregierten Wachstumseffekte des Basisszenarios<br />
mit exogenem technischen Fortschritt von 1,3 Prozent p.a. Trotz des historisch festgeschriebenen<br />
Fortschritts greift die <strong>Alter</strong>ung massiv. Die Grundbotschaft des Basisszenarios:<br />
Ohne weitere Reformen in Deutschland wird es ein sinkendes und<br />
über zehn Jahre (2015 bis 2025) sogar ein negatives Wirtschaftswachstum geben!<br />
80
WACHSTUM BASIS-SZENARIO<br />
ø Wachstumsrate je Periode %<br />
ENTWICKLUNG BIP<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
-0,5<br />
1,2<br />
0,9<br />
0,7 0,6 0,6<br />
0,4<br />
0,4<br />
0,3<br />
-0,05<br />
-0,1<br />
'05 '10 '15 '20 '25 '30 '35 '40 '45 '50<br />
130<br />
125<br />
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
106<br />
121 124<br />
118<br />
113 113<br />
111 112 114<br />
'05 '10 '15 '20 '25 '30 '35 '40 '45 '50<br />
Abbildung C.2: Wachstum in Prozent und Entwicklung des BIP (indexiert:<br />
2005=100), 2005-2050 im Basisszenario (Szenario 1)<br />
Abbildung C.3 enthält die trendbereinigte Wachstumsrate der Konsumausgaben,<br />
das heißt der technische Fortschritt wurde herausgerechnet. Diese Einkommensverteilung<br />
liegt unserer Prognose zu Grunde.<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
20<br />
-10<br />
30 40 50 60 70 80 90<br />
-20<br />
2010<br />
2020<br />
2030<br />
2035<br />
-30<br />
-40<br />
-50<br />
Abbildung C.3: Wachstumsraten der realen Konsumausgaben nach <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
im Basisszenario (Szenario 1) zwischen 2010 und 2035 (relativ zu 2003), trendbereinigt<br />
(in Prozent)<br />
81
2. Ein hypothetisches, umfassendes (Arbeitsmarkt-, Abgaben-, Verschuldungs-)<br />
Reformszenario (Szenario 2):<br />
Dieses Szenario zieht die Konsequenzen aus der Wachstumsprognose des Basisszenarios<br />
und legt tief greifende weitere Reformen zu Grunde. Sie betreffen die Erwerbsbeteiligung,<br />
das effektive Renteneintrittsalter und die Staatsverschuldung. Im<br />
Wesentlichen profitieren von den Reformen die Erwerbstätigen, während die Rentnerinnen<br />
und Rentner verlieren. Es profitieren aber auch die Menschen zwischen 60<br />
und 65 Jahren finanziell, denn ihre Erwerbsquote steigt im Reformszenario im Vergleich<br />
zum Basisszenario (siehe Abb. C. 4).<br />
Es wird angenommen, dass es in Deutschland bis 2035 gelingt, die Beschäftigungsquote<br />
der 30- bis 65-Jährigen und die der über 65-Jährigen zu heben. Ziel ist<br />
es, den Arbeitskräfteschwund aufgrund der demografischen Entwicklung annähernd<br />
zu kompensieren. Genauer gesagt: Die <strong>Alter</strong>skohorten zwischen 30 und 55 Jahren<br />
müssen eine Beschäftigungsquote von bis zu 86 Prozent erreichen. Der höchste<br />
Wert für eine der mittleren <strong>Alter</strong>skohorten liegt heute noch bei 82 Prozent. Soll eine<br />
solche Zahl erreicht werden, muss der Anteil an erwerbstätigen Frauen steigen. Bei<br />
den 60- bis 65-Jährigen darf die Beschäftigungsquote nicht mehr wie heute auf 23<br />
Prozent sinken, sondern muss beispielsweise auf dem heutigen schwedischem Niveau<br />
(78 Prozent), bei den über 65-Jährigen beispielsweise auf dem heutigen amerikanischem<br />
Niveau (26 Prozent bei den 65- bis 70-Jährigen) gehalten werden.<br />
Letzteres ist angesichts der verabschiedeten stufenweisen Erhöhung des Renteneintrittsalters<br />
durchaus realistisch. Das Reformszenario unterstellt, dass es tatsächlich<br />
gelingt, das effektive Renteneinrittsalter graduell im Laufe der Jahrzehnte zu<br />
erhöhen.<br />
Für die Staatsverschuldung wird angenommen, dass die öffentlichen Haushalte zwischen<br />
2010 und 2015 im Durchschnitt nur 1 Prozent Nettoneuverschuldung als Anteil<br />
am BIP aufgenommen wird. Bis 2025, also 10 Jahre lang, soll keine<br />
Nettoneuverschuldung aufgenommen werden. Erst dann werden bis 2035 Maastricht<br />
konform neue Schulden aufgenommen. So kann Abgabenbelastung in den<br />
demografisch schwierigen Jahren 2025-2035 gering gehalten werden.<br />
Wie man aus Abbildung C.4 und C.6 sieht, gibt es in beiden Szenarien im Vergleich<br />
zum rein demografischen Szenario 0 eine andere Verteilung der Einkommen. Sie<br />
geht zu Gunsten der über 60-Jährigen und zu Lasten der 30- bis 50-Jährigen. Dies<br />
wird von der demografischen Entwicklung forciert, die im Renten-Umlageverfahren<br />
zu steigenden Lasten der Beitragszahler und -zahlerinnen führt. Jedoch unterscheiden<br />
sich die beiden Szenarien deutlich im Ausmaß ihrer Umverteilung (siehe Abbildung<br />
C.6) sowie im <strong>Alter</strong> der Gewinner- und Verlierergruppe. Während das<br />
Reformszenario (Szenario 2) insgesamt weniger umverteilt als Szenario 1, konzentriert<br />
sich dieser Unterschied ganz wesentlich auf die 55- bis 65-Jährigen als Gewinnergruppe<br />
und die 35- bis 45-Jährigen als Verlierer.<br />
82
Das Basisszenario (Szenario 1) hingegen wirkt günstiger für alle über 60- bis 65-<br />
Jährigen und finanziert dies zum Teil zu Lasten aller Beitragszahler im <strong>Alter</strong> von 25<br />
bis 60 Jahren. Denn dieses Reformszenario erhöht das effektive Renteneintrittsalter<br />
und trifft alle, die von 2020 an über 65 Jahre alt sind. Gleichzeitig wird die Abgabenbelastung<br />
der zukünftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Vergleich zum<br />
Reformszenario (Szenario 1) verringert und die Erwerbsquote erhöht. Damit steigt<br />
das Einkommen aller, die von 2020 an über 60 Jahre alt sind.<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
20<br />
-10<br />
30 40 50 60 70 80 90<br />
2010<br />
2020<br />
2030<br />
2035<br />
-20<br />
-30<br />
Abbildung C.4: Wachstumsraten der realen Konsumausgaben nach <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
im Reformszenario (Szenario 2) zwischen 2010 und 2035 (relativ zu 2003), trendbereinigt<br />
(in Prozent)<br />
Folgende Abbildung C.5 verdeutlicht, dass mit weiteren Reformen die negativen<br />
Wachstumsraten, wie sie im Basisszenario (Szenario 1) dargestellt werden, vermieden<br />
werden können. 40 Prozent BIP Wachstum bis 2035 sind möglich, verglichen<br />
mit nur 14 Prozent im Basisszenario. Allerdings wird auch ersichtlich, dass selbst<br />
mit tief greifenden Reformen jene Zeiten hoher Wachstumsraten in Deutschland<br />
nicht erreicht werden können.<br />
83
Abbildung C.5: Wachstum in Prozent pro Jahr und Entwicklung des BIP (indexiert:<br />
2005=100), 2005-2050 im Reformszenario (Szenario 2)<br />
Abbildung C.6 verdeutlicht noch einmal die Verteilungsunterschiede zwischen dem<br />
Basisszenario und dem Reformszenario. Das Reformszenario berücksichtigt die<br />
Erwerbstätigen deutlich besser.<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
20 30 40 50 60 70 80 90<br />
-10<br />
2035<br />
2030<br />
2020<br />
2010<br />
-20<br />
Abbildung C.6: Unterschied in der intergenerativen Umverteilung zwischen den<br />
Szenarien 1 und 2 (in Prozentpunkten)<br />
84
C.1.4<br />
Aggregation und Prognosemethodik<br />
Anhand dieser Szenarien lässt sich auch unsere Aggregations- und Prognosemethodik<br />
anschaulich erklären. Zunächst betrachten wir nicht die Entwicklung in der<br />
Zukunft, sondern lediglich die Gegenwart. Um die gesamtwirtschaftliche Konsumstruktur<br />
des Haushaltssektors 13 in den EVS-Befragungsjahren zu bestimmen, müssen<br />
wir die Haushalte zunächst aggregieren, d.h. aus dem Einzelkonsum jedes<br />
Haushaltes den Gesamtkonsum aller Haushalte berechnen. Dazu wählen wir eines<br />
der EVS-Befragungsjahre als Basisjahr, hier das Jahr 2003. Wir betrachten die<br />
Stichprobenbevölkerung dieses Jahres als unsere Referenzbevölkerung. Die Hochrechnungsfaktoren<br />
der EVS (im Folgenden als EVSgewicht bezeichnet) geben an,<br />
wie viele Haushalte in der deutschen Bevölkerung durch einen bestimmten Stichprobenhaushalt<br />
repräsentiert werden. Der Beitrag eines Haushalts zur aggregierten<br />
Konsumstruktur hängt jedoch zusätzlich von der Höhe seiner Konsumausgaben<br />
insgesamt (x) ab. Aus diesen zwei Erwägungen ergeben sich folgende Aggregationsgewichte<br />
für das Jahr 2003, als aggrgewicht bezeichnet:<br />
aggrgewicht<br />
= EVSgewicht<br />
⋅ x<br />
a, h,2003<br />
a,<br />
h,2003<br />
a,<br />
h,2003<br />
In dieser Gleichung bezeichnet a die <strong>Alter</strong>sgruppe und h den Haushalt. Der gesamtwirtschaftliche<br />
Ausgabenanteil für Nahrungsmittel errechnet sich danach zum<br />
Beispiel als gewichtete Summe der auf Basis der Schätzergebnisse vorhergesagten<br />
Ausgabenanteile der einzelnen Haushalte.<br />
Da wir jedoch auch Prognosen über die zukünftige Entwicklung treffen wollen, stellt<br />
sich die Frage, wie sich diese Gewichte in der Zukunft verändern. Wie bereits gesagt<br />
nehmen wir in den Szenarien an, dass sich der Anteil der 30-Jährigen Haushaltsvorstände<br />
proportional zu dem Anteil der 30-Jährigen an der<br />
Gesamtbevölkerung verändert. Demnach erhält man die Prognosegewichte mittels<br />
der Aggregationsgewichte und einem Faktor, der das Verhältnis zwischen den 30-<br />
Jährigen im Jahr 2003 und dem Prognosejahr abbildet:<br />
progngewicht<br />
a,<br />
h,<br />
t<br />
= aggrgewicht<br />
a,<br />
h,2003<br />
⋅<br />
pop<br />
pop<br />
a,<br />
t<br />
a,2003<br />
pop gibt in dieser Gleichung den Bevölkerungsanteil der betreffenden <strong>Alter</strong>sgruppe<br />
in dem bezeichneten Jahr an.<br />
Dies ist das Prognosegewicht für das Szenario 0. In Szenario 0’ wird lediglich das<br />
Verhältnis der Bevölkerungsanteile in Basis- und Prognosejahr durch das Verhältnis<br />
der Anteile von Haushalten der <strong>Alter</strong>sgruppe a an allen Haushalten in Basis- und<br />
Prognosejahr ersetzt.<br />
13 Die Konsumnachfrage des Staats- und Unternehmenssektors werden in der EVS nicht<br />
erfasst und sind nicht Thema dieser <strong>Studie</strong>.<br />
85
In den Szenarien 1 und 2 wird das Prognosegewicht aus Szenario 0 noch um den<br />
trendbereinigten Faktor angepasst, mit dem sich das Ausgabenbudget der einzelnen<br />
<strong>Alter</strong>sgruppen verschiebt. Wenn eine Rentenreform zum Beispiel das Beitragsniveau<br />
zu Gunsten der Erhaltung des Rentenniveaus erhöhen würde, verteilte sie zu<br />
Gunsten der älteren Menschen um. Dies stellt das Prognosegewicht dar: Das Ausgabengewicht<br />
der Haushalte, die zu den älteren <strong>Alter</strong>sgruppen zählen, wird dann<br />
höher. Außerdem dienen die geschätzten Koeffizienten dazu, die Veränderung des<br />
Gesamtbudgets auch bei der Vorhersage der Ausgabenanteile zu berücksichtigen.<br />
C.2 Ergebnisse<br />
C.2.1 Die reine <strong>Alter</strong>sstrukturverschiebung (Szenario 0)<br />
Im ersten Szenario haben wir lediglich betrachtet, wie sich die Verschiebung der<br />
<strong>Alter</strong>sstruktur auswirkt, wenn wir keine Begleiteffekte, etwa auf die Verteilung der<br />
Einkommen oder die Zusammensetzung von Haushalten, berücksichtigen. Die Ergebnisse<br />
sind in Abbildung C.7 illustriert.<br />
Sie zeigen einen deutlichen Anstieg der Ausgaben für Gesundheit und Reisen an<br />
den Gesamtausgaben, in Höhe von etwa 12 respektive 6 Prozent bis 2035. Ebenfalls<br />
steigend, um knapp 4 Prozent, ist der Ausgabenanteil für Körperpflege, während<br />
die Energienachfrage lediglich um 2 Prozent steigt. Gleichzeitig sinkt der<br />
Ausgabenanteil für Verkehrsgüter um etwa 5 Prozent, und die Ausgabenanteile für<br />
Home Entertainment, Aktive Freizeitgestaltung und Restaurants um etwa 1 bis 2<br />
Prozent.<br />
-6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 12<br />
Essen, Trinken<br />
Bekleidung, Schuhe<br />
Energie<br />
Möbel, Haushaltsgeräte<br />
Gesundheit<br />
Verkehr<br />
Kommunikation<br />
Home Entertainment<br />
Aktive Freizeitgestaltung<br />
Reisen,Hotels<br />
Restaurants<br />
Körperpflege<br />
2005 2010 2020 2030 2035<br />
Abbildung C.7: Veränderung der aggregierten Ausgabenanteile der detaillierten<br />
Konsumgruppen im Zeitverlauf (in Prozent relativ zum Jahr 2003), Szenario 0<br />
86
Die folgenden Abbildungen betrachten genauer, welcher Art ein „<strong>Wirtschaftsmotor</strong><br />
<strong>Alter</strong>“ sein könnte. Sie zeigen, welcher Anteil der heute und in Zukunft konsumierten<br />
Gütern von den Seniorinnen und Senioren konsumiert wird und welcher von jüngeren<br />
Haushalten. Drei Ergebnisse sind besonders frappierend:<br />
1. Schon im Jahr 2003 hatten die über 50-Jährigen bereits einen Konsumanteil von<br />
mindestens 45 Prozent bei allen Konsumgütergruppen. Besonders hoch ist der Anteil<br />
bei den Gesundheitsgütern und bei Reisen, dort liegt er über 60 Prozent. Damit<br />
stellen die über 50-Jährigen bereits jetzt fast in allen Bereichen etwa die Hälfte der<br />
Konsumnachfrage.<br />
2. Es zeigt sich, dass in keiner einzigen Gütergruppe die 20 bis 49-Jährigen eine<br />
„Wachstumszielgruppe“ sind. Das heißt: Ihr Anteil an der Gesamtnachfrage nach<br />
einem Gut wird in keiner einzigen der zwölf aggregierten Gütergruppen wachsen<br />
oder auch nur konstant bleiben. Dies schließt zwar nicht aus, dass sie bei einzelnen<br />
Gütern, die in der Analyse nicht betrachtet werden können, eine Zielgruppe mit<br />
Wachstumspotenzial darstellen können. Grundsätzlich aber gilt in diesem Szenario:<br />
Die über 50-Jährigen sind die Zielgruppe der Zukunft, und innerhalb dieser Gruppe<br />
haben besonders die über 65-Jährigen ein hohes Wachstumspotenzial als Konsumentengruppe.<br />
3. Weiterhin kann man sehen, wie sich die <strong>Alter</strong>sstruktur verschiebt, indem man die<br />
Konsumanteile der einzelnen <strong>Alter</strong>sgruppen im Zeitverlauf vergleicht. Im Allgemeinen<br />
nimmt der Konsumanteil der 50- bis 64-Jährigen bis 2020 zu und sinkt dann<br />
langsam wieder. Dies liegt daran, dass der demografische Wandel sich zunächst in<br />
einem größeren Bevölkerungsanteil dieser <strong>Alter</strong>sgruppe niederschlägt, nach 2020<br />
aber hauptsächlich zu einem Anwachsen der beiden älteren <strong>Alter</strong>sgruppen über 65<br />
Jahre führen wird.<br />
Die Gütergruppen Nahrungsmittel und Getränke sowie Bekleidung, Schuhe und<br />
Schmuck weisen zwar unterschiedliche Konsumanteile der einzelnen <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
auf, aber ihre Zeitprofile sind sich sehr ähnlich. 2003 geben die über 50-Jährigen<br />
knapp unter 50 Prozent der Gesamtsumme für diese beiden Gütergruppen aus. Ihr<br />
Anteil wird in Zukunft weiter steigen – in diesem Szenario auf etwa 60 Prozent.<br />
Doch auch innerhalb dieser <strong>Alter</strong>sgruppe ergeben sich Verschiebungen. Nach 2020<br />
wird im Wesentlichen die Konsumentengruppe der über 65-Jährigen gestärkt, wie<br />
die grün und orange markierten Flächen zeigen.<br />
87
0 20 40 60 80 100<br />
8.9<br />
9.6<br />
10.2<br />
12.3<br />
13.7<br />
15.3<br />
15.2<br />
16.2<br />
16.8<br />
16.1<br />
20.7<br />
21.7<br />
25.5<br />
24.8<br />
26.4<br />
31.3<br />
25.8<br />
24.3<br />
50.4<br />
49.4<br />
46.6<br />
40.3<br />
39.8<br />
38.6<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.8: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Nahrungsmittel, Getränke<br />
und Tabakwaren (in Prozent), Szenario 0<br />
88
0 20 40 60 80 100<br />
7.1<br />
7.8<br />
8.2<br />
9.8<br />
11.1<br />
12.4<br />
15.1<br />
16.2<br />
16.7<br />
16.1<br />
20.8<br />
21.9<br />
26.4<br />
25.7<br />
27.4<br />
32.6<br />
27.0<br />
25.6<br />
51.3<br />
50.4<br />
47.7<br />
41.5<br />
41.2<br />
40.1<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.9: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Bekleidung, Schuhe<br />
und Schmuck (in Prozent), Szenario 0<br />
Was Energie angeht, sind die <strong>Alter</strong>sgruppen jenseits der 50 schon heute die Abnehmer<br />
Nummer Eins. Ihr Anteil an der Nachfrage nach Energie wird laut dieses<br />
Szenarios bis 2035 von knapp über 50 Prozent auf fast 65 Prozent steigen, hauptsächlich<br />
aufgrund der höheren Energienachfrage der über 65-Jährigen. Dasselbe<br />
gilt auch für den Ausgabenanteil für Haushaltsgeräte und Möbel.<br />
89
0 20 40 60 80 100<br />
10.6<br />
11.5<br />
12.1<br />
14.6<br />
16.1<br />
17.9<br />
16.7<br />
17.8<br />
18.5<br />
17.5<br />
22.3<br />
23.3<br />
25.4<br />
24.6<br />
26.1<br />
30.7<br />
25.2<br />
23.6<br />
47.2<br />
46.1<br />
43.3<br />
37.3<br />
36.4<br />
35.2<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.10: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Energie (in Prozent),<br />
Szenario 0<br />
90
0 20 40 60 80 100<br />
8.9<br />
9.6<br />
10.1<br />
12.0<br />
13.4<br />
15.0<br />
16.8<br />
17.9<br />
18.4<br />
17.4<br />
22.4<br />
23.5<br />
28.1<br />
27.3<br />
28.9<br />
34.0<br />
28.1<br />
26.5<br />
46.2<br />
45.3<br />
42.6<br />
36.6<br />
36.1<br />
35.0<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.11: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Haushaltsgeräte, Möbel<br />
(in Prozent), Szenario 0<br />
91
0 20 40 60 80 100<br />
16.9<br />
18.0<br />
18.8<br />
22.1<br />
23.6<br />
25.8<br />
22.8<br />
23.9<br />
24.5<br />
22.4<br />
27.7<br />
28.8<br />
26.5<br />
25.1<br />
26.0<br />
30.1<br />
24.4<br />
22.2<br />
33.9<br />
33.0<br />
30.7<br />
25.4<br />
24.3<br />
23.2<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.12: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Gesundheit (in Prozent),<br />
Szenario 0<br />
92
0 20 40 60 80 100<br />
6.1<br />
6.6<br />
7.0<br />
8.5<br />
9.7<br />
10.9<br />
12.7<br />
13.6<br />
13.9<br />
13.5<br />
17.7<br />
18.7<br />
26.6<br />
26.1<br />
27.9<br />
33.2<br />
27.7<br />
26.5<br />
54.6<br />
53.8<br />
51.1<br />
44.8<br />
44.9<br />
43.9<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.13: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Verkehr (in Prozent),<br />
Szenario 0<br />
Noch ausgeprägter als bei der Energie ist die hohe Kaufkraft der Seniorinnen und<br />
Senioren im Feld Gesundheit. Fast 40 Prozent der Nachfrage werden 2003 von den<br />
über 65-Jährigen generiert, und mehr als 65 Prozent von Personen jenseits der 50.<br />
2035 werden nach unseren Berechnungen in diesem Szenario die über 65-Jährigen<br />
mehr als 50 Prozent der Gesundheitsausgaben bestreiten, mehr als 75 Prozent tätigen<br />
die Personen über 50 Jahren. Auch die Gruppe der älteren Seniorinnen und<br />
Senioren über 75 Jahre kommt dann auf einen Anteil von etwa 26 Prozent (siehe<br />
Abbildung C.12). Relativ gering nehmen sich dagegen die Veränderungen bei den<br />
Verkehrsgütern aus, wie Abbildung C.13 zeigt. Jedoch sinkt der Anteil der unter 50-<br />
Jährigen an den Gesamtausgaben auch hier von 55 auf 44 Prozent und der Anteil<br />
der über 75-Jährigen am Gesamtbudget steigt um den Faktor 1,5.<br />
Der Anteil der mittleren <strong>Alter</strong>sgruppe zwischen 50 und 64 Jahren ist bei Verkehrsgütern<br />
2003 und 2035 nahezu identisch. Aber er steigt bis 2020 um über 6 Prozentpunkte,<br />
um danach wieder abzuschmelzen. Ähnlich sieht das Bild für diese<br />
<strong>Alter</strong>sgruppe auch bei Kommunikation, Home Entertainment und Aktiver Freizeitgestaltung<br />
aus. Jedoch sinken die Konsumanteile der 50- bis 64-Jährigen hier sogar<br />
unter das Niveau von 2003. Grund für diesen zeitlichen Verlauf ist die eingangs erwähnte<br />
Verschiebung der <strong>Alter</strong>sstrukturen, die sich auch in den Konsumprofilen<br />
bemerkbar macht. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in den nächsten Jahren in<br />
93
Rente und verstärken dann in etwa 15 Jahren zunehmend die <strong>Alter</strong>sgruppe der über<br />
65-Jährigen. Ferner führt auch die weiterhin steigende Lebenserwartung dazu, dass<br />
mehr Menschen über 65 und sogar über 75 Jahre alt werden. Daher gewinnen die<br />
65- bis 74-Jährigen erst um 2030 deutlich an Gewicht als Zielgruppe für Verkehrsund<br />
Kommunikationsgüter. Auch was die Freizeitgestaltung und Home Entertainment<br />
angeht, steigt ihr Anteil erst von 2030 deutlich an.<br />
0 20 40 60 80 100<br />
8.5<br />
9.2<br />
9.7<br />
11.7<br />
13.1<br />
14.7<br />
15.3<br />
16.3<br />
16.9<br />
16.1<br />
20.7<br />
21.8<br />
24.9<br />
24.2<br />
25.7<br />
30.5<br />
25.3<br />
23.8<br />
51.4<br />
50.3<br />
47.7<br />
41.7<br />
40.9<br />
39.7<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.14: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Kommunikation (in<br />
Prozent), Szenario 0<br />
94
0 20 40 60 80 100<br />
8.4<br />
9.1<br />
9.7<br />
11.7<br />
13.2<br />
14.8<br />
14.4<br />
15.4<br />
16.0<br />
15.5<br />
20.0<br />
21.1<br />
24.3<br />
23.9<br />
25.8<br />
30.3<br />
25.0<br />
23.7<br />
52.9<br />
51.6<br />
48.5<br />
42.5<br />
41.8<br />
40.5<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.15: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Aktive Freizeitgestaltung<br />
(in Prozent), Szenario 0<br />
95
0 20 40 60 80 100<br />
8.2<br />
8.9<br />
9.5<br />
11.4<br />
12.8<br />
14.4<br />
14.8<br />
15.8<br />
16.3<br />
15.7<br />
20.2<br />
21.2<br />
24.1<br />
23.4<br />
25.0<br />
29.7<br />
24.6<br />
23.2<br />
53.0<br />
51.9<br />
49.2<br />
43.2<br />
42.4<br />
41.2<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.16: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Home Entertainment<br />
(in Prozent), Szenario 0<br />
96
0 20 40 60 80 100<br />
8.6<br />
9.3<br />
9.9<br />
12.0<br />
13.4<br />
15.0<br />
14.2<br />
15.1<br />
15.7<br />
14.9<br />
19.3<br />
20.3<br />
25.9<br />
25.2<br />
26.8<br />
31.6<br />
26.3<br />
24.8<br />
51.2<br />
50.3<br />
47.7<br />
41.5<br />
41.0<br />
39.8<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.17: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Restaurants und Cafes<br />
(in Prozent), Szenario 0<br />
97
0 20 40 60 80 100<br />
11.0<br />
11.8<br />
12.3<br />
14.4<br />
15.8<br />
17.6<br />
21.9<br />
23.1<br />
23.6<br />
22.2<br />
27.8<br />
29.1<br />
28.4<br />
27.2<br />
28.4<br />
33.4<br />
27.3<br />
25.2<br />
38.7<br />
38.0<br />
35.7<br />
30.1<br />
29.1<br />
28.2<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C. 18: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Reisen und Hotels (in<br />
Prozent), Szenario 0<br />
Für den Reisesektor sind Personen über 50 Jahre als Zielgruppe besonders interessant.<br />
Sie hatten bereits 2003 einen „Marktanteil“ von über 60 Prozent. Dies ist<br />
wiederum auf die 50- bis 64-Jährigen zurückzuführen, die 28 Prozent ausmachen.<br />
Ihr Anteil wird bis 2020 auf 33,4 Prozent steigen. Ebenfalls deutliche Zunahmen sind<br />
in der <strong>Alter</strong>sgruppe der 65- bis 74-Jährigen zu verzeichnen. Ihr Anteil an den Gesamtausgaben<br />
für Reisen und Hotels wird im Jahr 2035 fast 30 Prozent erreicht<br />
haben. Erstaunlich ist dabei nicht so sehr, dass der Konsumanteil der 50 bis 74-<br />
Jährigen so hoch ist. Dies bestätigt lediglich das viel beschriebene Reisefieber unter<br />
Seniorinnen und Senioren, das entweder nach dem Auszug der Kinder aus dem<br />
Elternhaus oder nach dem Renteneintritt auftritt. Überraschend ist aber der hohe<br />
Konsumanteil der über 75-Jährigen von 11 Prozent im Jahre 2003 an den Reiseausgaben.<br />
Er ist zwar geringer als bei den drei anderen <strong>Alter</strong>sgruppen, wenn man<br />
aber die zunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die Mobilitätseinschränkungen<br />
im <strong>Alter</strong> betrachtet, relativ hoch.<br />
C.2.2 Änderungen in der Haushaltszusammensetzung (Szenario 0’)<br />
In diesem Szenario berücksichtigen wir im Vergleich zum Szenario 0 nicht nur die<br />
demografische Entwicklung, sondern auch ihre Auswirkungen auf die Haushaltsstruktur,<br />
wie zum Beispiel die sinkende Kinderzahl in jungen Haushalten.<br />
98
Diese Verfeinerung der Prognose hat Auswirkungen auf die aggregierte Konsumstruktur:<br />
Die Entwicklung der Ausgabenanteile für Gesundheit, Reisen und Hotels,<br />
Bekleidung, Schmuck und Schuhe sowie Verkehr und Home Entertainment sind<br />
relativ ähnlich. Teilweise weichen sie in ihrer Wachstumsrate um 0,5-1,2 Prozentpunkte<br />
ab.<br />
Größere Unterschiede, teilweise sogar diametrale Effekte, sind aber bei den anderen<br />
Gütergruppen zu beobachten. So steigt der Ausgabenanteil für Körperpflege bis<br />
2030 laut dieser Prognose um 6,5 Prozent im Vergleich zu knapp 3 Prozent im Szenario<br />
0. Für Energie werden 4,5 Prozent statt 1,5 Prozent mehr ausgegeben. Die<br />
vormals leicht sinkenden Ausgaben für Restaurants steigen nunmehr um 2 Prozent,<br />
ebenso wie die Güter der aktiven Freizeitgestaltung, die ebenfalls bislang als Verlustkategorien<br />
galten. Der Ausgabenanteil für Kommunikation steigt sogar um 4<br />
Prozent, während er vormals leicht sank. Für Nahrungsmittel und Haushaltsgeräte/Möbel<br />
hingegen kehrt sich die Situation um: Ihr Anteil schrumpft – um 2,5 bis 3<br />
Prozent. Vorher konnten sie positive Wachstumsraten aufweisen.<br />
-5 0 5 10<br />
Essen, Trinken<br />
Bekleidung, Schuhe<br />
Energie<br />
Möbel, Haushaltsgeräte<br />
Gesundheit<br />
Verkehr<br />
Kommunikation<br />
Home Entertainment<br />
Aktive Freizeitgestaltung<br />
Reisen,Hotels<br />
Restaurants<br />
Körperpflege<br />
2010 2020 2030<br />
Abbildung C.19: Veränderung der aggregierten Ausgabenanteile der detaillierten<br />
Konsumgruppen im Zeitverlauf (in Prozent relativ zum Jahr 2003), Szenario 0’<br />
Die Aufteilung des aggregierten Konsums auf die vier <strong>Alter</strong>sgruppen weicht in diesem<br />
Szenario vom Szenario 0 zwar etwas, aber nicht drastisch ab. Die Anteile der<br />
99
<strong>Alter</strong>sgruppe über 75 Jahre fallen durchweg höher aus, in der Regel um etwa einen<br />
Prozentpunkt, die der 50- bis 64-Jährigen geringer. Bei den beiden anderen <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
sind die Veränderungen vernachlässigbar, wie man am Beispiel der Nahrungsmittel<br />
sieht.<br />
0 20 40 60 80 100<br />
8.9<br />
9.6<br />
10.2<br />
12.3<br />
13.7<br />
15.3<br />
15.2<br />
16.2<br />
16.8<br />
16.1<br />
20.7<br />
21.7<br />
25.5<br />
24.8<br />
26.4<br />
31.3<br />
25.8<br />
24.3<br />
50.4<br />
49.4<br />
46.6<br />
40.3<br />
39.8<br />
38.6<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.20: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Nahrungsmittel, Getränke<br />
und Tabakwaren (in Prozent), Szenario 0<br />
100
0 20 40 60 80 100<br />
8.9<br />
10.7<br />
13.4<br />
15.4<br />
15.2<br />
17.3<br />
16.4<br />
20.4<br />
25.5<br />
26.2<br />
30.4<br />
24.9<br />
50.4<br />
45.8<br />
39.9<br />
39.3<br />
2003 2010 2020 2030<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.21: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Nahrungsmittel, Getränke<br />
und Tabakwaren (in Prozent), Szenario 0’<br />
C.2.3<br />
<strong>Alter</strong>ssicherungssysteme und intergenerative Einkommensverteilung<br />
(Szenarien 1 und 2)<br />
Szenario 1: Basisszenario<br />
Nun betrachten wir ein Szenario, in dem wir nicht nur eine Verschiebung der <strong>Alter</strong>sstruktur<br />
annehmen. Wir gehen auch davon aus, dass die Einkommen anders verteilt<br />
werden. Damit verändern sich die Gesamtkonsumausgaben zwischen den <strong>Alter</strong>sgruppen.<br />
Diese Umverteilung ergibt sich als Auswirkung der Rentenreform. Wir betrachten<br />
hier lediglich die intergenerative Einkommensumverteilung, also<br />
Umverteilung zwischen verschiedenen <strong>Alter</strong>sgruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt.<br />
Innerhalb einer <strong>Alter</strong>sgruppe – also intragenerativ – nehmen wir an, dass die<br />
Einkommensverteilung konstant bleibt. 14<br />
Vergleicht man die Ergebnisse aus Abbildung C.22 mit denen des Szenarios 0 (Abb.<br />
C.7), so sieht man deutliche Unterschiede. Die höchste Wachstumsrate ergibt sich<br />
14 Wir belassen allerdings die bereits 2003 zu beobachtende, bestehende Einkommensheterogenität.<br />
Wir verändern sie nur nicht im Zeitablauf.<br />
101
mit 40 Prozent für den Ausgabenanteil Gesundheit – im Vergleich zu 12 Prozent im<br />
Szenario 0. Das ist ein deutlicher Effekt dieser intergenerativen Einkommensumverteilung.<br />
Doch auch auf den Ausgabenanteil von Reisen und Hotels wirkt sie sich<br />
aus: Bis 2035 wächst dieser Teil um 13,4 Prozent, was etwas mehr als dem Doppelten<br />
der Steigerung im Szenario 0 entspricht. Gleichzeitig wächst der Ausgabenanteil<br />
für Energie hier um etwa 4,7 Prozentstatt um 2 Prozent; der für Körperpflege bleibt<br />
annähernd gleich. Im Gegensatz dazu schrumpfen die Ausgabenanteile für Nahrungsmittel<br />
(-2.7 Prozent), Kommunikation (-3.8 Prozent), Bekleidung, Schuhe und<br />
Schmuck (-8.2 Prozent), Home Entertainment (-8 Prozent) und Aktive Freizeitgestaltung<br />
(-6 Prozent) in diesem Szenario deutlich stärker. Die Ausgabenanteile für Möbel<br />
und Haushaltsgeräte (0.6 Prozent) sowie für Restaurants (ca. -1 Prozent)<br />
hingegen werden im Jahr 2025 ähnlich hoch sein wie im Szenario 0.<br />
Diese deutlichen Veränderungen sind hauptsächlich auf die veränderte Einkommensverteilung<br />
zurückzuführen, die in Abbildung C.4 illustriert ist. Sie ist unmittelbare<br />
Folge des aktuellen Rentensystems - trotz der bereits umgesetzten<br />
Rentenreformen - und der im Zuge des demografischen Wandels steigenden Abgabenbelastung<br />
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Vor allem die <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
zwischen 30 und 50 Jahren werden von 2010 an massiv an Gewicht bei den<br />
Gesamtkonsumausgaben verlieren. Das wirkt sich auf deren bevorzugte Güter wie<br />
etwa Bekleidung aus.<br />
-10 0 10 20 30 40<br />
Essen, Trinken<br />
Bekleidung, Schuhe<br />
Energie<br />
Möbel, Haushaltsgeräte<br />
Gesundheit<br />
Verkehr<br />
Kommunikation<br />
Home Entertainment<br />
Aktive Freizeitgestaltung<br />
Reisen, Hotels<br />
Restaurants<br />
Körperpflege<br />
2005 2010 2020 2030 2035<br />
Abbildung C.22: Veränderung der aggregierten Ausgabenanteile der detaillierten<br />
Konsumgruppen im Zeitverlauf (in Prozent relativ zum Jahr 2003), Szenario 1<br />
102
0 20 40 60 80 100<br />
11.0<br />
12.1<br />
13.7<br />
19.5<br />
28.4<br />
31.8<br />
21.9<br />
23.3<br />
23.6<br />
25.1<br />
34.6<br />
28.4<br />
34.4<br />
31.4<br />
35.9<br />
35.2<br />
38.7<br />
33.2<br />
21.4<br />
19.7<br />
26.8<br />
20.2<br />
15.6<br />
14.2<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.23: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Reisen und Hotels (in<br />
Prozent), Szenario 1<br />
103
0 20 40 60 80 100<br />
11.0<br />
11.8<br />
12.3<br />
14.4<br />
15.8<br />
17.6<br />
21.9<br />
23.1<br />
23.6<br />
22.2<br />
27.8<br />
29.1<br />
28.4<br />
27.2<br />
28.4<br />
33.4<br />
27.3<br />
25.2<br />
38.7<br />
38.0<br />
35.7<br />
30.1<br />
29.1<br />
28.2<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.24: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Reisen und Hotels (in<br />
Prozent), Szenario 0<br />
Auch an den altergruppenspezifischen Konsumanteilen an den Ausgaben für die<br />
einzelnen Güter lässt sich dieser Effekt ablesen: Bis 2035 steigt in unserem Basisszenario<br />
der Konsumanteil der über 75-Jährigen bei allen Gütern deutlich an, weil<br />
wir die künftige intergenerative Einkommensverteilung einbeziehen. Der direkte<br />
Vergleich der Abbildungen C.23 und C.24 für Reisen und Hotels zeigt diese Unterschiede<br />
beispielhaft: Die Konsumanteile der beiden älteren <strong>Alter</strong>sgruppen sind substantiell<br />
höher und entsprechend geringer bei den unter 50-Jährigen.<br />
104
Szenario 2: Reformszenario<br />
Dieses Szenario unterscheidet sich vom vorherigen dadurch, dass insbesondere die<br />
55- bis 65-Jährigen ein deutlich höheres Einkommen beziehen werden. Denn ihre<br />
Erwerbsbeteiligung steigt im Vergleich zum Basisszenario. Auch die unter 55-<br />
Jährigen gewinnen, wenn auch nur etwas, im Vergleich zu Szenario 1. Dagegen<br />
verlieren die über 70-Jährigen durch das Reformszenario. Es begünstigt die Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer relativ zu den Rentnerinnen und Rentnern .<br />
-10 0 10 20 30 40<br />
Essen, Trinken<br />
Bekleidung, Schuhe<br />
Energie<br />
Möbel, Haushaltsgeräte<br />
Gesundheit<br />
Verkehr<br />
Kommunikation<br />
Home Entertainment<br />
Aktive Freizeitgestaltung<br />
Reisen, Hotels<br />
Restaurants<br />
Körperpflege<br />
2005 2010 2020 2030 2035<br />
Abbildung C.25: Veränderung der aggregierten Ausgabenanteile der detaillierten<br />
Konsumgruppen im Zeitverlauf (in Prozent relativ zum Jahr 2003), Szenario 2<br />
Abbildung C.25 zeigt, wie sich die Ausgabenanteile für die detaillierten Konsumgüterkategorien<br />
im Reformszenario verändern. Insgesamt unterscheiden sich beide<br />
Szenarien (Basisszenario und Reformszenario) deutlich vom Szenario 0 und etwas<br />
weniger untereinander. Zunächst zu den Schlüsselkategorien: Während der Ausgabenanteil<br />
für Gesundheitsgüter hier nur um 37 statt um 41 Prozent (Szenario 1)<br />
steigt, ist die Wachstumsrate des Reiseanteils in Szenario 2 mit 16 Prozent etwas<br />
höher als im Basisszenario. Dass der Bereich Gesundheit gedämpfter ausfällt, liegt<br />
daran, dass dieses Szenario weniger stark zugunsten der über 75-Jährigen umverteilt.<br />
Diese aber konsumieren aufgrund ihres schlechteren Gesundheitszustandes<br />
diese Güter besonders intensiv. Der Zusammenhang lässt sich auch direkt im Ver-<br />
105
gleich der Abbildungen C.26 und C.27 ablesen. Während der Konsumanteil der über<br />
75-Jährigen im Basisszenario bis 2035 auf 45,3 Prozent steigt, ist er im Falle des<br />
Reformszenarios im Jahr 2035 zwar immer noch sehr hoch, liegt aber nur noch bei<br />
36,6 Prozent. Auch die verbesserte Einkommensverteilung zugunsten der 50- bis<br />
64-Jährigen ist an dem höheren Konsumanteil dieser Gruppe leicht zu erkennen.<br />
0 20 40 60 80 100<br />
16.9<br />
18.4<br />
20.9<br />
29.9<br />
41.5<br />
45.3<br />
22.8<br />
24.0<br />
24.0<br />
24.1<br />
26.5<br />
29.1<br />
31.1<br />
32.8<br />
30.3<br />
30.3<br />
33.9<br />
28.5<br />
16.2<br />
22.3<br />
14.6<br />
15.7<br />
11.1<br />
9.9<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.26: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Gesundheit (in Prozent),<br />
Szenario 1<br />
106
0 20 40 60 80 100<br />
16.9<br />
17.1<br />
18.7<br />
23.3<br />
32.2<br />
36.6<br />
22.8<br />
23.5<br />
23.3<br />
23.7<br />
31.0<br />
26.5<br />
30.2<br />
29.7<br />
34.9<br />
35.8<br />
33.9<br />
22.7<br />
20.8<br />
29.2<br />
23.2<br />
17.3<br />
14.1<br />
12.9<br />
2003 2005 2010 2020 2030 2035<br />
20-49 Jahre 50-64 Jahre<br />
65-74 Jahre über 75 Jahre<br />
Abbildung C.27: Konsumanteile an den Gesamtausgaben für Gesundheit (in Prozent),<br />
Szenario 2<br />
Der Anteil für Verkehrsausgaben ist in diesem Szenario nahezu identisch zu Szenario<br />
1, die Veränderungsrate von Kommunikationsgütern fällt mit etwa -1,8 Prozentpunkten<br />
deutlich geringer aus. Die Ausgabenanteile für Bekleidung, Schuhe und<br />
Schmuck sowie Aktive Freizeitgestaltung und Home Entertainment sinken bis 2035<br />
weitaus weniger stark, während der Anteil der Nahrungsmittel am Gesamtbudget<br />
stärker fällt. Bedingt durch die geringere Belastung jüngerer Haushalte fällt erwartungsgemäß<br />
der Ausgabenanteil von Haushaltsgeräten und Möbeln sowie von Körperpflege<br />
um 7,3 Prozent und 5,6 Prozent höher aus als im Basisszenario.<br />
Eine merkliche Veränderung ergibt sich bei den Energieausgaben. Ihr Anteil sinkt im<br />
Reformszenario bis 2035 um 2,7 Prozent, während im Basisszenario Zuwächse von<br />
bis zu 4,7 Prozent zu verzeichnen waren.<br />
Um die zukünftige Ausgabenstruktur vorherzusagen, haben wir uns zum einen auf<br />
die Nachfrageschätzung berufen, die auf der EVS beruht (Kapitel B) und zum anderen<br />
eine Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung des Statistischen Bundesamtes<br />
verwendet. Um herauszufinden, wie viel Einkommen in Zukunft verfügbar<br />
sein wird und wie sich das Sparverhalten gestaltet, haben wir mit einem Makro-<br />
Simulationsmodell gerechnet.<br />
107
Die bisherigen Ergebnisse beruhen stark auf den geschätzten altersspezifischen<br />
Präferenzen wie sie heute bestehen. Um diese etwas greifbarer zu machen und<br />
herauszubekommen, wie sie sich tatsächlich ändern, befasst sich der folgende Exkurs<br />
mit den unterschiedlichen Werten und Konsumtypen von jüngeren und älteren<br />
Konsumenten.<br />
C.2.4 Exkurs: Wertewandel, demografischer Wandel und Prognose der Konsumstruktur<br />
Die vorangegangenen Projektionen berücksichtigen nur „harte“ Faktoren, da die<br />
EVS keine Präferenzen oder Werte direkt erfragt. Unser bisheriger Ansatz stützt<br />
sich daher auf die klassische mikroökonomische Haushaltstheorie. Dabei wird die<br />
Nachfrage nach einem Gut oder einer Gütergruppe durch die (relativen) Preise, das<br />
verfügbare Einkommen beziehungsweise das Vermögen eines Haushaltes, sowie<br />
seine sozioökonomischen und soziodemografischen Charakteristika wie <strong>Alter</strong>, Geschlecht<br />
und Bildung erklärt.<br />
Jetzt ergänzen wir diesen Ansatz um weiche Faktoren. Sie spielen bei der Nachfrage<br />
nach Gütern eine große Rolle [siehe Blundell (1988) und Petrin (2002)]. Dies<br />
sind sowohl Faktoren auf Seiten der Konsumenten wie Werte oder subjektive Einstellungen,<br />
als auch Faktoren, die dem Produkt anhaften, zum Beispiel ein Markenimage<br />
oder bestimmte, auf eine Zielgruppe gemünzte Eigenschaften. Diese weichen<br />
Faktoren können durch den Anbieter eines Produkts, also durch Unternehmen, beeinflusst<br />
werden. In Kapitel B.5 wurden solche Faktoren ausführlicher beschrieben.<br />
Außerdem konnte man sehen, dass weiche Faktoren sehr deutlich Aufschluss darüber<br />
geben können, wie sich Konsumenten verhalten.<br />
Wenn sich eine Gesellschaft wandelt, noch dazu in raschem Tempo, verändern sich<br />
Werte, Grundeinstellungen und Präferenzen. Dies geschieht im Zeitablauf sowohl<br />
auf individueller Ebene, als auch über Generationen hinweg. Eine Prognose des<br />
zukünftigen Konsumverhaltens benötigt somit als Input Informationen darüber, wie<br />
sich die für die Nachfrage wichtigen weichen Faktoren über die Zeit und über Generationen<br />
hinweg verändern. Jede Prognose des Konsumverhaltens macht explizit<br />
oder implizit Annahmen über zukünftige nachfragerelevante Werte und Einstellungen.<br />
Zwar können Prognosen des Wertewandels nicht ähnlich genau sein wie Bevölkerungs-<br />
oder Einkommensprognosen. Wir können aber versuchen, verschiedene<br />
Szenarien des Wertewandels zu beschreiben und quantitativ zu erfassen. Dazu<br />
brauchen wir zum einen historische Daten über Werte und Kaufverhalten von Konsumenten<br />
unterschiedlicher <strong>Alter</strong>sklassen. Diese werden mit Annahmen darüber<br />
verknüpft, wie stabil Präferenzen sich über die Zeit verhalten.<br />
Für ein Prognoseszenario könnte man zum Beispiel davon ausgehen, dass die Präferenzen<br />
und Werte, die ein Konsument im Jahr 2002 hat, bis an sein Lebensende<br />
unverändert bleiben. Man könnte aber auch annehmen, dass Präferenzen zwar mit<br />
108
sozioökonomischen Charakteristika wie Beruf oder Bildungsstand verbunden sind,<br />
sich jedoch im Lauf eines Konsumentenlebens verändern. Daher betrachten wir<br />
zwei gegensätzliche Szenarien, was die Entwicklung der Präferenzen betrifft, um die<br />
künftige intrasektorale Nachfrage vorhersagen zu können.<br />
Szenario A:<br />
Werte und Präferenzen der jeweiligen <strong>Alter</strong>skohorten bleiben im Zeitablauf konstant<br />
Szenario B:<br />
Jede Generation übernimmt die Werte und Präferenzen ihrer Elterngeneration nur<br />
unvollständig und behält teilweise ihre eigenen Werte aus ihrer Jugend.<br />
Aus der Brand Power <strong>Studie</strong> der Roland Berger Strategy Consultants haben sich 8<br />
verschiedene Archetypen ergeben (Humanist, Minimalist, Traditionalist, Performer,<br />
Individualist, Träumer, Maximalist und Hedonist). Die acht Verhaltenstypen legen für<br />
jeden der zwölf Sektoren fest, wie sich die Nachfrage innerhalb der Sektoren verteilt.<br />
So fragt zum Beispiel ein Hedonist innerhalb des Sektors Verkehr andere Fortbewegungsmittel<br />
nach als ein Traditionalist.<br />
Für die folgende ökonomische Analyse werden die harten Faktoren wie demografischer<br />
Wandel und Sparverhalten sowie weiche Faktoren wie Werte und Präferenzen<br />
getrennt betrachtet. Wir haben folgende Arbeitshypothese entwickelt, die durch<br />
die verfügbaren Daten nicht verbessert werden kann: Harte Faktoren führen hauptsächlich<br />
zu Verschiebungen zwischen den betrachteten Sektoren (intersektorale<br />
Verschiebungen), während weiche Faktoren Veränderungen innerhalb eines Sektors<br />
(intrasektorale Verschiebungen) bestimmen. Die demografische Struktur bestimmt<br />
demnach, wie viel Kaufkraft in einem Sektor ausgegeben wird und wie<br />
wichtig der Sektor für den Konsum einer jeden <strong>Alter</strong>skohorte ist. Werte und Präferenzen<br />
hingegen legen fest, welche Güter innerhalb des Sektors gekauft werden.<br />
Für jeden Archetypen kann mit unserer Arbeitshypothese nun in den beiden Szenarien<br />
prognostiziert werden, wie sich die Nachfrage zukünftig verschieben wird. Mit<br />
Hilfe der Daten aus der Roland Berger Brand Power <strong>Studie</strong> (siehe Kapitel B.5) und<br />
der demografischen Projektion des Statistischen Bundesamtes können zusätzlich zu<br />
den qualitativen Aussagen auch Verschiebungen quantifiziert werden.<br />
Szenario A („Stabile <strong>Alter</strong>spräferenzen, keine Kohortenpräferenzen“):<br />
Es wird angenommen, dass jede <strong>Alter</strong>skohorte zu jedem Zeitpunkt dieselben Werte<br />
und Präferenzen aufweist. Da eine Person während der Lebensspanne alle <strong>Alter</strong>skohorten<br />
durchläuft, verändern sich ihre Werte permanent. Kinder verfügen somit<br />
über die gleichen Werte wie ihre Eltern, wenn sie sich in deren <strong>Alter</strong> befinden. Die<br />
Eltern wiederum besitzen gleichzeitig die Präferenzen ihrer Eltern, also der Großeltern<br />
der Kinder.<br />
109
Abbildung C.28 beschreibt, wie sich die Archetypenverteilung nach Szenario 1 prozentual<br />
verschiebt.<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
-2<br />
-4<br />
-6<br />
Humanist<br />
Minimalist<br />
Traditionalist<br />
Performer<br />
Individualist<br />
Träumer<br />
Maximalist<br />
Hedonist<br />
-8<br />
-10<br />
-12<br />
Abbildung C.28: Prozentuale Veränderung der Häufigkeit der Archetypen zwischen<br />
2005 und 2035<br />
Aus dem Diagramm kann geschlossen werden, dass die Archetypen Humanist<br />
(+6,2 Prozent), Traditionalist (+6,4 Prozent) und Träumer (+6,4 Prozent) an Bedeutung<br />
gewinnen werden. Hingegen wird der prozentuale Anteil an Typen wie Minimalist<br />
(-3,5 Prozent), Performer (-2,4 Prozent), Individualist (-3,7 Prozent), Maximalist<br />
(-9,8 Prozent) und Hedonist (-2,9 Prozent) abnehmen. Diese Veränderungen werden<br />
von den Resultaten aus der Logit-Regression von Kapitel B.5, in Verbindung mit<br />
der Veränderung der <strong>Alter</strong>sstruktur der Bevölkerung impliziert. In Kapitel B.5 wurde<br />
ja gezeigt, dass sich ältere Menschen mit den Archetypen Humanist, Traditionalist<br />
und Träumer am ehesten identifizieren. Da der Anteil und die Anzahl älterer Menschen<br />
bis 2035 zunehmen werden, erhöht sich auch die relative und absolute Häufigkeit<br />
der Archetypen, die ältere Menschen repräsentieren.<br />
Szenario B („Instabile <strong>Alter</strong>spräferenzen und instabile Kohortenpräferenzen“):<br />
Für dieses Szenario nehmen wir an, dass jede Generation die Werte und Präferenzen<br />
ihrer Elterngeneration nur unvollständig übernimmt. Dies bedeutet, dass jede<br />
Generation einen Teil der Wertvorstellungen aus ihren Jugendjahren behält, wenn<br />
sie in die nächste <strong>Alter</strong>skohorte aufsteigt. Die folgende Abbildung C.29 beschreibt,<br />
wie sich unter dieser Annahme der prozentuale Anteil der Archetypen im Jahre 2035<br />
relativ zu heute verändert.<br />
110
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
-2<br />
Humanist<br />
Minimalist<br />
Traditionalist<br />
Performer<br />
Individualist<br />
Träumer<br />
Maximalist<br />
Hedonist<br />
-3<br />
-4<br />
Abbildung C.29: Prozentuale Veränderung der Häufigkeit der Archetypen zwischen<br />
2005 und 2035<br />
Auch in diesem Szenario wird der Anteil an Archetypen wie Humanist, Traditionalist<br />
und Träumer zu- und für die übrigen Typen abnehmen. Die Verschiebungen sind<br />
allerdings weniger stark, weil im Szenario 2 die Präferenzen der älteren Generation<br />
nicht vollständig übernommen werden.<br />
Allerdings hat die Brand Power <strong>Studie</strong> die <strong>Alter</strong>sgruppe der über 70-Jährigen nicht<br />
erfasst. Wenn man aber davon ausgeht, dass diese sich ähnlich wie die 50- bis 69-<br />
Jährigen verhalten und sich von den 16- bis 49-Jährigen deutlich unterscheiden,<br />
dann kann man vermuten, dass die Effekte in Abbildung C.29 noch verstärkt würden,<br />
wenn diese <strong>Alter</strong>sgruppe hinzukäme.<br />
Es zeigt sich also, dass der demografische Wandel nicht nur die Zusammensetzung<br />
einer <strong>Alter</strong>skohorte beeinflusst, sondern auch deren Werte und Präferenzen. Im<br />
Aggregat gewinnen langfristig diejenigen Wertvorstellungen, die in stärker werdenden<br />
<strong>Alter</strong>skohorten überproportional vertreten sind. Das bedeutet, dass Nachfragesektoren<br />
und Unternehmen, die den Bedürfnissen der Archetypen Humanist,<br />
Traditionalist und Träumer entsprechen, in Zukunft als Gewinner dastehen: Mit ihnen<br />
kann sich die große Gruppe der Älteren eher identifizieren. Dieser Effekt wird<br />
jedoch abgeschwächt, wenn realistischer Weise davon ausgegangen wird, dass<br />
sich bestimmte Konsumpräferenzen mit dem <strong>Alter</strong> nicht verändern sondern konstant<br />
bleiben (Szenario B).<br />
111
C.3 Beschäftigungseffekte<br />
Die Beschäftigungseffekte aus den demografischen Veränderungen und dem Wertewandel<br />
ergeben sich aus drei unterschiedlichen Quellen. Zum einen ist das die<br />
langfristig aggregierte Nachfrage, zum anderen sind es intersektorale Verschiebungen<br />
der Nachfrage; dazu kommen intrasektorale Nachfrageveränderungen. Wir beschränken<br />
uns hier auf eine Quantifizierung der aggregierten Beschäftigung und<br />
eine Diskussion der intersektoralen Nachfrageverschiebung auf die Beschäftigung.<br />
Ob die Marktnachfrage aufgrund des demografischen Wandels steigen oder fallen<br />
wird, ist a priori nicht klar. Es wird zwar im Vergleich zu heute mehr ältere Menschen<br />
geben, dafür aber sinken die Zahl der jüngeren Menschen und ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung.<br />
Daraus folgt, dass die Nachfrage der Rentnergeneration steigt<br />
und die der jüngeren Generation sinkt. Weil wir den Gesamteffekt quantifizieren<br />
wollen und dabei berücksichtigen, dass sich auch andere makroökonomische Rahmenbedingungen<br />
verändern werden, verwenden wir dasselbe Makro-<br />
Simulationsmodell wie in Kapitel C.1.2.<br />
Zunächst müssen wir hierfür eine Voraussage treffen, wie künftig das verfügbare<br />
Nettoeinkommen verteilt wird. Dafür aber müssen wir sowohl das künftige Bruttoeinkommen<br />
als auch die Steuer- und Abgabenbelastung ermitteln. Das ist insofern<br />
problematisch, als die Höhe der Abgaben unter anderem von der Beschäftigungslage<br />
und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abhängt. Diese wiederum sind aber<br />
Größen, die ihrerseits von den Abgaben abhängen – ein Zirkel. Um diesem Problem<br />
entgegenzuwirken, benutzen wir wiederum unser Simulationsmodell aus dem Kapitel<br />
C.1.2. Außerdem müssen wir weitere Kenngrößen berücksichtigen, etwa das<br />
Sparverhalten aller <strong>Alter</strong>skohorten, insbesondere der Rentnergeneration.<br />
Beschäftigungseffekte in Szenario 1: Basisszenario<br />
Abbildung C.30 zeigt, auf welches Niveau die Beschäftigung infolge des demografischen<br />
Wandels im Basisszenario sinken wird. Die Kurve zeigt die Effekte bis 2050.<br />
112
1,05<br />
1<br />
0,95<br />
0,9<br />
0,85<br />
0,8<br />
0,75<br />
0,7<br />
0,65<br />
0,6<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Abbildung C.30: Relative Beschäftigungsveränderung durch demografischen Wandel,<br />
Szenario 1 (Basisszenario)<br />
Wie aus dem Diagramm geschlossen werden kann, beträgt die Beschäftigung im<br />
Jahre 2035 nur noch knapp 80 Prozent des heutigen Beschäftigungsniveaus. Dies<br />
bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeitslosenquote um denselben Prozentsatz steigt.<br />
Denn gleichzeitig wird laut einer <strong>Studie</strong> von Börsch-Supan auch die Zahl der Erwerbstätigen<br />
bis 2035 voraussichtlich bis zu 20 Prozent sinken [siehe Börsch-Supan<br />
(2001, 2002)]. Außerdem hängt die Arbeitslosenquote stark davon ab, ob die Qualifikationen,<br />
die Unternehmen wünschen und die Arbeitssuchende bieten, übereinstimmen.<br />
Es wird also künftig im Wesentlichen darum gehen, welche Qualifikationen<br />
die Erwerbsbevölkerung aufweist und wie sich die Produktivität entwickelt.<br />
Beschäftigungseffekte in Szenario 2: Reformszenario<br />
Abbildung C.31 visualisiert die Beschäftigungseffekte in Szenario 2, dem Reformszenario.<br />
Aufgrund der höheren Erwerbstätigkeit insbesondere der Bevölkerung<br />
über 50 können die im Basisszenario drohenden negativen Auswirkungen der <strong>Alter</strong>ung<br />
auf die Beschäftigung neutralisiert werden. Die Beschäftigung steigt von 2005<br />
auf 2020 um etwa 10 Prozent und fällt dann bis 2035 in etwa auf das Niveau von<br />
2005 zurück.<br />
Die Seniorinnen und Senioren entfalten in zweierlei Hinsicht ihre Kraft als <strong>Wirtschaftsmotor</strong>.<br />
Zum einen steigt die Beschäftigung natürlich deshalb direkt, weil aufgrund<br />
der Reformen die Erwerbsquote der Seniorinnen und Senioren steigt. Zum<br />
zweiten erhöht sich aber auch die Kaufkraft der Seniorinnen und Senioren, da sie ja<br />
mehr Erwerbseinkommen beziehen. Diese höhere Kaufkraft wird im Reformszenario<br />
nachfragewirksam und schlägt sich dann auch in einer höheren Beschäftigung nieder.<br />
Damit wirkt die Erhöhung der Erwerbsquote bei Seniorinnen und Senioren auch<br />
indirekt positiv auf die Beschäftigung.<br />
113
1.2<br />
1.1<br />
1<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
0.6<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Abbildung C.31: Relative Beschäftigungsveränderung durch demografischen Wandel,<br />
Szenario 2 (Reformszenario)<br />
Bislang beschränkten wir uns nur auf eine Sichtweise des Arbeitsmarktes, nämlich<br />
auf eine aggregierte Sichtweise. Den Arbeitsmarkt gibt es aber nicht. Wir haben es<br />
mit einer Vielzahl von in Sektoren unterteilten Arbeitsmärkten zu tun, deren Struktur<br />
und Größe sich ändert, je nachdem wie groß die Nachfrage und damit auch die<br />
Produktionsverschiebungen in jedem Sektor ist. Einige Sektoren werden wachsen,<br />
während andere schrumpfen. Es entsteht eine so genannte friktionelle Arbeitslosigkeit:<br />
Ein Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer muss von schrumpfenden in<br />
wachsende Sektoren wechseln, temporär entstehen mehr oder weniger große Lücken<br />
in der Beschäftigung.<br />
Zusätzlich kann aber auch strukturelle Arbeitslosigkeit entstehen. Denn in den verschiedenen<br />
Sektoren, und - noch viel wichtiger - in den verschiedenen Berufen werden<br />
nicht immer die gleichen Anforderungen an das Humankapital und an die<br />
Qualifikation gestellt. Also können sich nicht alle Erwerbstätigen quer durch die Sektoren<br />
bewegen. Humankapital kann nicht beliebig schnell akkumuliert werden: Einen<br />
Landwirt oder Bergmann kann man nicht plötzlich in der Pflege alter Menschen einsetzen.<br />
Auch die Umsetzung von Forschung und Entwicklung in einem wachsenden<br />
Sektor braucht Zeit. In Kapitel C.2 haben wir Nachfrageverschiebungen illustriert.<br />
Daraus können wir vermuten, dass z.B. in den Sektoren Gesundheit und Reise die<br />
Beschäftigung wachsen wird, weil die alternde Gesellschaft dort die Nachfrage steigert.<br />
Das gilt vor allem für die Gesundheit, weil sie ein arbeitsintensiver Bereich ist.<br />
Es gibt zwar Innovationen, die darauf abzielen, den Pflegebereich kapitalintensiver<br />
zu gestalten und weniger Menschen zu beschäftigen (ein Beispiel ist der Pflegeroboter<br />
in Kapitel D), aber diese sind noch im Erprobungsstadium. Es ist also zu erwarten,<br />
dass eine Kapitalintensivierung bei der Gesundheit nur langsam erfolgt.<br />
114
Forschung, Innovation und Entwicklung neuer Produkte bieten die Chance, den bisher<br />
vorhergesagten negativen Beschäftigungseffekten im Basisszenario, die mit<br />
dem demografischen Wandel und der <strong>Alter</strong>ung der deutschen Bevölkerung einhergehen,<br />
zumindest teilweise entgegenzuwirken. Wenn die Nachfrage der Seniorinnen<br />
und Senioren nach neuen Produkten bei Unternehmen dazu führt, stärker auf<br />
deren Werte und Bedürfnisse einzugehen, wird dies voraussichtlich massive Auswirkungen<br />
auf die Innovations- und Forschungsanstrengungen von Unternehmen<br />
haben. Neue Innovationspotenziale könnten so aufgedeckt werden. Ein Blick in die<br />
umfangreiche Literatur zu Innovation und Wachstum [Romer (1986,1990), Lucas<br />
(1988), Aghion und Howitt (1992)] kann das Verständnis für die Anreize zur Produktund<br />
Prozessentwicklung aus Sicht des Unternehmens schärfen. Dabei ist die potentielle<br />
Marktgröße ein sehr wichtiger Bestimmungsfaktor. Denn je größer der Markt<br />
ist, auf dem das neu entwickelte Produkt abgesetzt werden kann, desto höher sind<br />
die Investitionsanreize: Der Gesamtgewinn fällt schließlich größer aus. Präferenzen<br />
können das Marktpotenzial im Lauf der Zeit verändern. Demzufolge müsste durch<br />
die erhöhte Nachfrage und das damit verbundene größere Marktpotenzial auch die<br />
Innovationstätigkeit steigen. Ob dies gelingt, hängt davon ab, wie schnell Unternehmen<br />
es verstehen, auf zwangsläufige Verschiebungen in der Konsumentennachfrage<br />
zu reagieren, die man relativ genau vorhersagen kann. Im Kapitel D<br />
werden wir daher den Zusammenhang zwischen Innovation und demografischem<br />
Wandel anhand von Beispielen aus den unterschiedlichsten Branchen näher beleuchten.<br />
C.4 Fazit<br />
Die Bevölkerung altert und das hat weit reichende Auswirkungen auf die Wirtschaft.<br />
Sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Wissenschaft wird zwar intensiv über die<br />
nachhaltige Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme diskutiert. Auf die übrigen<br />
ökonomischen Auswirkungen der alternden Gesellschaft aber ist bislang zu<br />
wenig geachtet worden.<br />
Dieses Kapitel hat, aufbauend auf den Ergebnissen des Kapitels B, prognostiziert,<br />
wie sich das <strong>Alter</strong>n der Bevölkerung auf die künftige Konsumnachfrage von Privathaushalten<br />
auswirken wird. Informationen über Konsumtrends sind zum einen wichtig<br />
für die Industrie und Dienstleistungssektoren, die sich frühzeitig auf neue<br />
Entwicklungen einstellen müssen. Zum anderen können Veränderungen in der Konsumstruktur<br />
auch Veränderungen in der Beschäftigungsstruktur nach sich ziehen.<br />
Denn wenn ein Konsumsektor wächst, während ein anderer schrumpft, passen sich<br />
auch Produktion und Beschäftigung des jeweiligen Sektors an diese Veränderungen<br />
an. Was das veränderte Konsumverhalten für die Beschäftigung bedeutet, wird sich<br />
auch an den Beispielen aus der Praxis zeigen, die Kapitel D vorstellt.<br />
In unserer Prognose der Konsumnachfrage haben wir vier Szenarien erstellt. Zunächst<br />
wurde die demografische Entwicklung isoliert analysiert (Szenario 0). Die<br />
Fragen lauten: Wenn sich die sonstigen Parameter des Konsumentenverhaltens<br />
115
überhaupt nicht verändern, sondern nur die Zahl der jüngeren Haushalte sinkt und<br />
die der älteren Haushalte steigt, wie entwickelt sich dann die Konsumstruktur? Und<br />
welches Gewicht haben die über 50-Jährigen dann als Konsumentengruppe?<br />
1. Unsere Berechnungen zeigen, dass die über 50-Jährigen schon heute in allen<br />
Gütergruppen für annähernd 50 Prozent der Konsumausgaben verantwortlich sind.<br />
Damit sind sie jetzt schon weitaus einflussreichere Konsumenten als das zum Beispiel<br />
die Werbung vorspiegelt. Es gibt also einen „Konsummotor <strong>Alter</strong>“.<br />
50<br />
-12,5 +11,5<br />
48%<br />
42%<br />
58%<br />
52%<br />
9%<br />
5%<br />
13% 17%<br />
75+<br />
65-74<br />
34% 32%<br />
50-64<br />
2005 2035 2005 2035<br />
Abbildung C.32: Konsumanteile der unter und über 50-Jährigen in 2005 und 2035<br />
ohne politische Reformen bzgl. Erwerbsbeteiligung, Abgaben und Haushaltspolitik<br />
(Basisszenario)<br />
2. Der Einfluss der älteren Bevölkerung wird weiter steigen. In keiner einzigen Gütergruppe<br />
sind die 20- bis 49-Jährigen eine „Wachstumszielgruppe“. Das bedeutet:<br />
Ihr Anteil an der Gesamtnachfrage wird in keiner einzigen der zwölf aggregierten<br />
Gütergruppen wachsen oder auch nur konstant bleiben. Die über 50-Jährigen sind<br />
damit die Zielgruppe der Zukunft, und innerhalb dieser Gruppe haben besonders die<br />
über 65-Jährigen ein hohes Wachstumspotenzial als Konsumentengruppe.<br />
3. Man kann die Verschiebung der <strong>Alter</strong>sstruktur an der Konsumentwicklung deutlich<br />
ablesen. Im Allgemeinen nimmt der Konsumanteil der 50- bis 64-Jährigen für<br />
alle Güter bis 2020 zu, danach sinkt er langsam wieder. Dies liegt daran, dass sich<br />
die <strong>Alter</strong>ung der Bevölkerung sich zunächst darin niederschlägt, dass der Anteil dieser<br />
<strong>Alter</strong>sgruppe zunimmt. Nach 2020 aber werden hauptsächlich die beiden älteren<br />
<strong>Alter</strong>sgruppen über 65 Jahre zunehmen.<br />
4. Die Veränderungen der Konsumstruktur sind substantiell. Dabei stechen insbesondere<br />
zwei Gütergruppen ins Auge: Gesundheit sowie Reisen und Hotels. Ihre<br />
Ausgabenanteile werden im Aggregat schon im ersten Szenario bis zum Jahr 2035<br />
um 12 bzw. 6 Prozent steigen. Großer Verlierer der demografischen Entwicklung<br />
sind die Ausgabenanteile für Verkehrsmittel: Sie werden bis 2035 um 5 Prozent sin-<br />
116
ken. Nicht betrachtet ist bei unserer Untersuchung dabei der Kauf von Kraftfahrzeugen.<br />
In einem weiteren Szenario (Szenario 1) berücksichtigen wir zusätzlich, dass die<br />
demografische Entwicklung zu einer Veränderung der Beitragszahlungen und Renteneinkommen<br />
führt. Damit ändert sich die intergenerative Einkommensverteilung.<br />
Wir haben dazu berechnet, wie sich die bereits umgesetzte Rentenreform auf die<br />
Verteilung der Einkommen auswirkt. Außerdem berücksichtigen wir neben den Effekten<br />
aus Szenario 0, wie sich die Veränderung der Kaufkraft zwischen den Generationen<br />
auswirkt. Dies ist unser Basisszenario.<br />
5. Dabei zeigt sich, dass die demografische Entwicklung in jedem Fall zu einer Umverteilung<br />
zu Gunsten der älteren Bevölkerung und zu zusätzlichen demografischen<br />
Lasten der Beitragszahler, also der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, im sozialen<br />
Sicherungssystem führen wird. Dieser Verteilungsaspekt wird sich ganz wesentlich<br />
auf die zukünftige Konsumstruktur auswirken.<br />
6. Die Güter Gesundheit und Reisen und Hotels gewinnen zusätzlich an Gewicht am<br />
Gesamtkonsum. Hingegen werden Bekleidung, Schuhe und Schmuck sowie Verkehr<br />
und Home Entertainment zusätzlich an Gewicht verlieren. Dabei überwiegen<br />
quantitativ die positiven Wachstumseffekte bei Gesundheit und Reisen, die 2035 bei<br />
bis zu 40 Prozent beziehungsweise bei 12 Prozent liegen.<br />
7. Die Bedeutung des „Konsummotors <strong>Alter</strong>“ wird also wesentlich davon abhängen,<br />
wie sich die sozialen Sicherungssysteme und andere Determinanten des Senioreneinkommens<br />
in Zukunft entwickeln.<br />
Wir betrachten weiterhin ein Reformszenario, das sich konzeptionell wenig vom Basisszenario<br />
unterscheidet. Jedoch berechnen wir hier die Auswirkungen einer alternativen<br />
Variante, die weniger zu Lasten der jüngeren Menschen, also der<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, geht und weniger stark auf Transfers zu<br />
Gunsten der Älteren baut. Lediglich diejenigen, die im Jahr 2035 55 bis 65 Jahre alt<br />
sein werden, profitieren finanziell deutlich von dieser Reform. Denn sie werden eine<br />
höhere Erwerbsbeteiligung haben, da sie später in Rente gehen.<br />
8. Die quantitativen Unterschiede zwischen den beiden Varianten sind nicht unbeträchtlich,<br />
die Entwicklung läuft aber bei beiden in dieselbe Richtung. Der Ausgabenanteil<br />
für Gesundheit könnte bis 2035 um bis zu 37 Prozent steigen, der von<br />
Reisen steigt auf über 15 Prozent. Zwei neue Güter mit deutlichem Wachstumspotenzial<br />
sind in diesem Szenario Körperpflege und die Ausgaben für Möbel und<br />
Haushaltsgeräte, die stärksten Verlierer sind Verkehr und Nahrungsmittel, Getränke<br />
und Tabakwaren mit Schrumpfungsraten, die 5 Prozent überschreiten können.<br />
117
Ausgesuchte Gütergruppen<br />
Veränderungen 2035 gegenüber 2003<br />
Gesundheitspflege<br />
40%<br />
37%<br />
Reisen/Hotels<br />
13%<br />
16%<br />
Möbel/Haushaltsgeräte<br />
Körperpflege<br />
1%<br />
2%<br />
7%<br />
6%<br />
Verkehr<br />
Bekleidung<br />
Nahrungsmittel/Getränke/<br />
Tabakwaren<br />
-8%<br />
-9%<br />
-8%<br />
-6%<br />
-3%<br />
-6%<br />
Basisszenario<br />
Reformszenario<br />
Abbildung C.33: Ausgesuchte Veränderungen der Konsumstruktur von 2003 bis<br />
2035 in Basis- und Reformszenario<br />
9. Die Konsumanteile der <strong>Alter</strong>sgruppen nehmen in beiden Szenarien für die Seniorinnen<br />
und Senioren stärker zu als im Szenario 0 und sinken stärker für die unter<br />
50-Jährigen. Die Unterschiede zwischen den beiden Rentenreformszenarien im<br />
Hinblick auf die Gütergruppen entsprechen 1:1 der finanziellen Umverteilung, die sie<br />
hervorrufen.<br />
Als weiteres Szenario haben wir einen weiteren Begleiteffekt der demografischen<br />
Entwicklung analysiert (Szenario 0’). Die <strong>Alter</strong>ung der Bevölkerung ergibt sich durch<br />
die steigende Lebenserwartung und die sinkende Fertilität. Die steigende Lebenserwartung<br />
hat mehrere Auswirkungen: Zum einen führt sie dazu, dass es immer<br />
mehr ältere Haushalte gibt. Dies wurde bereits in Szenario 0 berücksichtigt. Zum<br />
anderen führt sie dazu, dass es immer mehr Paare in den höheren <strong>Alter</strong>sgruppen<br />
gibt, da beide Partner ein höheres <strong>Alter</strong> erreichen. Da aber nach wie vor die Lebenserwartung<br />
von Frauen höher ist als die von Männern, gibt es unter den über 75-<br />
Jährigen überdurchschnittlich viele Singlehaushalte, die – wie wir in Kapitel B gesehen<br />
haben – ein anderes Konsumprofil aufweisen als Mehrpersonenhaushalte. Die<br />
sinkende Fertilität liegt zum einen daran, dass sich Menschen schon heute deutlich<br />
später für eine Partnerschaft und für Familie entscheiden. Sie schlägt sich zum anderen<br />
in einer generell sinkenden Haushaltsgröße der zunächst jüngeren Haushalte<br />
nieder.<br />
Diese Begleiteffekte der demografischen Entwicklung auf die Haushaltszusammensetzung<br />
haben wir in Szenario 0’ berücksichtigt, indem wir die demografische Prognose<br />
durch eine Haushaltsprognose ersetzt haben, die alters- und<br />
haushaltsgrößenspezifisch ist.<br />
118
10. Die Ergebnisse dieser Prognose unterscheiden sich nicht drastisch von denen<br />
des rein demografischen Szenarios 0. Energie, Körperpflege und Kommunikation<br />
erhalten leicht höhere Gewichte am Gesamtkonsum, während sich die Ergebnisse<br />
für alle anderen Güter kaum verändern.<br />
11. Um genauer analysieren zu können, welche Rolle bei der künftigen Konsumentwicklung<br />
die Zusammensetzung der Haushalte spielen wird, müsste es eine detaillierte<br />
Prognose zu deren Entwicklung geben. Da viele ökonomische<br />
Entscheidungen im Familienverbund gemeinsam getroffen werden und insbesondere<br />
das Konsumentenverhalten auf Individualbasis kaum erfasst werden kann, schlagen<br />
wir vor, die unter Mitarbeit des Statistischen Bundesamtes erstellten<br />
Bevölkerungsprognosen durch eine verlässliche und detaillierte offizielle Haushaltsprognose<br />
zu ergänzen.<br />
12. Die Beschäftigungseffekte durch den demografischen Wandel sind im Basisszenario<br />
grundsätzlich negativ. Dies betrifft das Volumen an Beschäftigung beziehungsweise<br />
die Zahl der Erwerbstätigen. Im Basisszenario geht die Beschäftigung<br />
im Vergleich zu 2005 bis 2035 um 20 Prozent zurück. Im Reformszenario kann dagegen<br />
die Beschäftigung von 2005 bis 2035 leicht gesteigert werden. Reformen in<br />
den Bereichen Arbeitsmarkt, Rente und Staatsverschuldung zahlen sich also aus.<br />
Die Wirkung auf die Arbeitslosenquote können wir aber nicht beziffern. Zusätzlich<br />
könnte es durch Verschiebungen zwischen den Nachfragesektoren zu Friktionen auf<br />
dem Arbeitsmarkt kommen, die wir aber nicht quantifizieren. Diese Effekte können<br />
durch Innovation und technischen Fortschritt abgemildert werden.<br />
13. Sektoren und Unternehmen, die sich auf Werte von älteren Menschen besonders<br />
gut einstellen und dabei vor allem die Bedürfnisse der wachsenden Zahl von<br />
Archetypen wie Humanisten, Traditionalisten und Träumern berücksichtigen, können<br />
trotz des demografischen Wandels in Zukunft als Gewinner dastehen. Dies liegt<br />
daran, dass sich ältere Menschen eher mit Produkten dieser Anbieter identifizieren<br />
können und diese stärker nachfragen.<br />
119
Anhang zu Kapitel C: Kurze Beschreibung des Makro-Simulationsmodells<br />
In einem so genannten überlappenden Generationenmodell wird prognostiziert, wie<br />
sich das Gesamtsystem verändert, wenn die <strong>Alter</strong>ung der Gesellschaft und Maßnahmen<br />
der Politik zusammenspielen. Dabei werden die <strong>Alter</strong>skohorten auf Basis<br />
der Bevölkerungsdaten des Statistischen Bundesamtes zu Gruppen von fünf Jahren<br />
zusammengefasst. Das Modell geht von einer offenen Ökonomie aus. Auf der Angebotsseite<br />
entscheidet jede Generation zu jedem Zeitpunkt jeweils über ihr Arbeitsangebot,<br />
ihren Konsum und ihre Ersparnis. Sie verfügt über Erwerbs-, Kapitaloder<br />
Renteneinkommen. Die Haushalte sind mit einer bestimmten altersspezifischen<br />
Produktivität ausgestattet und besitzen ein gewisses Vermögen (Kapital). Das<br />
Verhalten der Haushalte wird maßgeblich durch die vom Staat bestimmten Parameter<br />
beeinflusst (Rentenniveau, Abgabenquote, Staatsverschuldung). Dazu kommt<br />
die Beschäftigungsquote der verschiedenen <strong>Alter</strong>skohorten und jener von Frauen<br />
und Männern. Für die Produktionsseite verwenden wir eine (Cobb-Douglas-) Produktionsfunktion<br />
mit den Faktoren Kapital, Arbeit und Technologie. Die Variablen<br />
Kapital und Arbeit ergeben sich durch Aggregation der individuellen Größen und<br />
werden im Einklang mit den aggregierten Daten aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechung<br />
gewählt. Das Technologiewachstum wird als exogen angenommen.<br />
Das Modell basiert auf Daten für die Jahre 2001 bis 2005 und einer Bevölkerungsprojektion<br />
bis zum Jahr 2050. Die Informationen für die Jahre 2001 bis 2005 werden<br />
dazu benutzt, freie Modellparameter so zu kalibrieren, dass wichtige Variablen für<br />
diesen Zeitraum (etwa Ersparnis, Erwerbsbeteiligung, Kapital-Output-Verhältnis)<br />
repliziert werden. Das Modell sowie zukunftsbezogene Daten (beispielsweise über<br />
die Bevölkerungsentwicklung oder über Spar- und Arbeitsmarktentscheidungen)<br />
werden benutzt, um die Entwicklung der Ökonomie zu simulieren. Dabei wird der<br />
Politikpfad des Staates je nach betrachtetem Szenario vorgegeben. So wird berechnet,<br />
wie sich wichtige Variablen wie die Staatsverschuldungsquote, das Konsumniveau<br />
der erwerbstätigen Bevölkerung im Vergleich zu den Rentnerinnen und<br />
Rentnern oder die Wachstumsrate der Ökonomie verändern.<br />
Im Wesentlichen beruht die Simulation auf drei Datenquellen: Sie stammen vom<br />
Statistischen Bundesamt, aus der Luxembourg Income Study (LIS) sowie von der<br />
OECD. Der wichtigste Input (bis zum Jahr 2050) ist die zehnte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Statistischen Bundesamtes. Aus der LIS erhalten wir die altersspezifische<br />
Verteilung von Kapital- und Arbeitseinkommen sowie Sparquoten. Die<br />
OECD stellt umfangreiche alters- und geschlechtsspezifische Informationen über die<br />
Teilnahme am Arbeitsmarkt zur Verfügung. Die Information zu den Staatsausgaben<br />
erhalten wir aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Dabei benutzen wir die<br />
Daten für das Jahr 2003 zum Budgetdefizit (für alle Gebietskörperschaften), zur<br />
Zusammensetzung der Staatsausgaben (vor allem für Gesundheit, Eltern, Kinder<br />
und Jugendliche sowie Renten und Pensionen und andere Transferzahlungen) und<br />
der Sozialkassen sowie zum Schuldenstand (alle Gebietskörperschaften). Wir wählen<br />
eine Wachstumsrate der Technologie von etwa 1,3 Prozent, um damit das<br />
Wachstum in Deutschland der Jahre 2000 bis 2005 im Modell zu replizieren.<br />
120
D. Trends auf der Angebotsseite<br />
D.1 Einleitung<br />
Es sind die Älteren, deren Rolle als Konsumenten in Zukunft immer wichtiger werden<br />
wird: Die Prognose der Konsumentennachfrage in Kapitel C hat dies deutlich gezeigt.<br />
Bisher wurden die Effekte der demografischen Entwicklung auf volkswirtschaftliche<br />
Aggregate wie den Konsum unterschiedlicher <strong>Alter</strong>skohorten und die Beschäftigung<br />
analysiert. Hinter der Projektion bis zum Jahr 2035 verbergen sich jedoch eine Vielzahl<br />
marktwirtschaftlicher Anpassungsprozesse auf Ebene der Haushalte und der<br />
Unternehmen. Nur wenn es den Unternehmen in Deutschland gelingt, die Kaufkraft<br />
der Seniorinnen und Senioren durch neue Produkt- und Leistungsangebote und eine<br />
zielgruppengerechte Kundenansprache auf sich zu ziehen, können die entstehenden<br />
Nachfragepotenziale erschlossen werden.<br />
Die <strong>Alter</strong>ung der Gesellschaft ist kein Deutschland spezifisches Phänomen. Annähernd<br />
alle Industrienationen werden von einer sich verändernden <strong>Alter</strong>sstruktur im<br />
Zuge der demografischen Entwicklung betroffen sein. Diejenigen Länder, die wie<br />
Deutschland und Japan in diesem Prozess bereits weiter fortgeschritten sind, haben<br />
die Chance, auf ihrem Heimatmarkt einen Wettbewerbsvorsprung zu realisieren, den<br />
es zu kapitalisieren gilt. Die nachfolgenden Ausführungen zielen darauf ab, diese<br />
Chance durch Beschreibung bereits laufender Aktivitäten bzw. absehbarer Trends<br />
auf der Angebotsseite greifbarer zu machen. Dabei kann auf eine Vielzahl an Praxisbeispielen<br />
von Unternehmen, die sich bereits strategisch auf die demografische Entwicklung<br />
vorbereitet haben, zurück gegriffen werden. Aber noch längst nicht alle<br />
zukünftig betroffenen Unternehmen haben auf die in manchen Branchen erst mittelfristig<br />
spürbaren Veränderungen der Konsumentenstruktur reagiert. Es ist jedoch zu<br />
erwarten, dass erfolgreiche Beispiele aus der Praxis, die zunehmende Anzahl an<br />
Fachveranstaltungen sowie die anhaltende Konjunktur des Themas Demografie bei<br />
Multiplikatoren in Verlagen und Wirtschaftsredaktionen zu einer zunehmenden Sensibilisierung<br />
für den Seniorenmarkt führen wird. 15<br />
Obwohl derzeit alle Marketingexperten und -publikationen von der Verwendung der<br />
Begriffe "Seniorinnen" und "Senioren" abraten, wird er in dieser <strong>Studie</strong> zur groben<br />
Abgrenzung der sehr heterogenen Gruppe der über 50 Jährigen herangezogen. Hierdurch<br />
sollen nicht das veränderte Selbstverständnis und Verhalten der Seniorinnen<br />
und Senioren ignoriert werden. Die Auffassung, dass der Seniorinnen- und Senioren-<br />
Begriff eine negative Stereotypisierung des <strong>Alter</strong>s beinhaltet, wird jedoch nicht geteilt.<br />
Für das Aufsetzen von Marketing-Kampagnen ist es natürlich relevant, dass ältere<br />
Menschen nicht als Seniorinnen und Senioren angesprochen werden wollen. Für die<br />
Zwecke dieser <strong>Studie</strong> kann jedoch von jeglicher Sprachakrobatik und der Verwen-<br />
15 z.B. FOCUS - "50 Plus – Die Macht der neuen Alten" [Nr. 13/2004], Wirtschaftswoche - "Ich<br />
bin doch nicht alt – Wie die Generation 50 plus zum Innovationsmotor der deutschen Wirtschaft<br />
wird" [Nr.28/2006]<br />
121
dung von Anglizismen wie bspw. "best" oder "perfect ager", "silver surfer", „Woopies“<br />
(well-off older people), "golden generation" etc. abgesehen werden.<br />
Um bereits laufende Trends auf der Angebotsseite zu identifizieren, wurden umfangreiche<br />
Recherchen sowie 20 Interviews mit 22 Gesprächspartnern aus Unternehmen<br />
und mit dem Thema befassten Institutionen durchgeführt. 16 Die nachfolgend dargestellten<br />
Schlussfolgerungen erheben nicht den Anspruch einer wissenschaftlich validen<br />
empirischen Analyse, sondern wollen bestehende Trends herausarbeiten und<br />
punktuell beleuchten. So zielte die Interviewreihe insbesondere auf Unternehmen ab,<br />
die in den vergangenen Jahren ihre Produkt- und Dienstleistungspalette bereits auf<br />
die Zielgruppe der Seniorinnen und Senioren ausgerichtet haben. Die Ergebnisse<br />
sind daher nicht repräsentativ.<br />
In Kapitel D.2 werden die Charakteristika und die zunehmende Ausdifferenzierung<br />
des Seniorenmarktes durch Lern- und Wettbewerbsprozesse auf Seiten der Unternehmen<br />
dargestellt. In Kapitel D.3 werden beispielhaft Produkttrends und Produktinnovationen<br />
aus den Bereichen der Gerontotechnologie und Medizintechnik diskutiert.<br />
Kapitel D.4 fasst die Ergebnisse kurz zusammen und gibt einen Ausblick.<br />
D.2 Charakteristika und Ausdifferenzierung des Seniorenmarktes<br />
Der Seniorenmarkt läßt sich schon länger nicht mehr auf Gebissreiniger, Melissengeist,<br />
Gehhilfen und Sanitätshausprodukte reduzieren. Viele Unternehmen haben<br />
bereits auf die Verlängerung des Lebensabends sowie ein verändertes Selbstverständnis,<br />
neue Vorlieben und Bedürfnisse der Seniorinnen und Senioren reagiert.<br />
Den Analysen von <strong>Alter</strong>sforschern zufolge verhalten sich die über 60-Jährigen heute<br />
tendenziell so wie früher die 40-Jährigen. Rentnerinnen und Rentner von heute haben<br />
eine andere Einstellung: Sie betrachten ihren neuen Lebensabschnitt als Neuanfang,<br />
den es so lang wie möglich zu genießen gilt. „Die Nachkriegsgeneration ist in<br />
den Kreis der Senioren nachgerückt und löst die sparsame Kriegsgeneration ab“,<br />
erklärt Volker Nickel, Geschäftsführer des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft.<br />
Damit geht ein neues <strong>Alter</strong>sbild einher.<br />
Ältere Menschen wollen länger körperlich aktiv bleiben. Das zeigt auch der steigende<br />
Anteil an Rentnerinnen und Rentnern bei Schwimm- und Laufwettbewerben. Doch es<br />
geht nicht nur um körperliche Fitness: Seniorinnen und Senioren wollen es im wahrsten<br />
Sinne des Wortes noch einmal wissen und drücken an Universitäten wieder die<br />
Schulbank. So stellt die im Reformszenario in Kapitel C dargestellte Erhöhung der<br />
Erwerbsquote unter den Seniorinnen und Senioren im Regelfall auch keine soziale<br />
Grausamkeit dar, sondern fügt sich ein in neue Lebensentwürfe der Seniorinnen und<br />
Senioren. Dies verdeutlicht auch ein Blick über den Atlantik, wo die Erwerbsquote der<br />
über 60-Jährigen deutlich über den deutschen Zahlen liegt. Eine Umfrage der US<br />
Business Week ergab, dass 75 Prozent der Rentnerinnen und Rentner weiterhin<br />
16 Eine vollständige Liste der Gesprächspartner und Unternehmen ist im Anhang aufgeführt.<br />
122
Teilzeit arbeiten wollten. Dieser Umfrage zufolge planten Seniorinnen und Senioren<br />
in den USA noch vielfach den Aufbau einer eigenen Firma oder Tätigkeiten im Dienst<br />
der Allgemeinheit.<br />
Vieles, wovon Seniorinnen und Senioren in der Jugend träumten, können sie sich<br />
heute leisten. Nischenmärkte gibt es bereits. Männer verwirklichen ihre Jugendträume<br />
mit motorisierten Statussymbolen. Eine Harley Davidson, früher das Vehikel der<br />
jungen Wilden, ist mittlerweile zum Fortbewegungsmittel distinguierter älterer Herren<br />
geworden. Sportwagen und Cabrios der höheren Preisklasse werden hauptsächlich<br />
von der <strong>Alter</strong>sklasse der über 50-Jährigen gefahren. Auch das Vorurteil, Seniorinnen<br />
und Senioren seien nicht an neuer Technologie interessiert, erweist sich den Untersuchungen<br />
nach als Trugschluss. Seniorinnen und Senioren sehen das Internet und<br />
andere technische Innovationen zunehmend als Verbündete im <strong>Alter</strong>, weil sie nützlich<br />
sind beim Erhalt eines möglichst unabhängigen Lebens. Von diesen Möglichkeiten<br />
macht bereits die nachrückende Generation von Seniorinnen und Senioren mit großer<br />
Selbstverständlichkeit Gebrauch, durch Online-Shopping oder das Abwickeln von<br />
Bankgeschäften von zu Hause aus, aber auch durch Kontaktaufbau und -pflege mit<br />
Familienmitgliedern, Freunden und <strong>Alter</strong>sgenossen wie z.B. über spezielle Internetforen<br />
für Seniorinnen und Senioren, Seniorenportale und Partner- oder Kontaktvermittlungen.<br />
Seniorinnen und Senioren können aber keinesfalls als homogene Gruppe betrachtet<br />
werden. Generell wird davon ausgegangen, dass auch bei den Seniorinnen und Senioren<br />
unterschiedliche Lebensphasen die Konsumgewohnheiten stark beeinflussen.<br />
Grob unterschieden wird generell zwischen der Phase der noch ausgeübten Berufstätigkeit,<br />
der Zeit nach dem Übergang in den Rentenbezug und einer Phase zunehmender<br />
Gesundheitsbeeinträchtigungen und -einschränkungen. Auch innerhalb<br />
dieser Lebensphasen lassen sich die Seniorinnen und Senioren entsprechend ihrer<br />
Konsumgewohnheiten, Präferenzen und Aktivitätsniveaus weiter segmentieren.<br />
„Geht man von Vorlieben in Kultur-, Geschmacks- und Konsumfragen aus, lassen<br />
sich bei den Älteren insgesamt sechs große Lebensstilgruppen unterscheiden“, erklärt<br />
bspw. Michael Cirkel von der Landesinitiative „Seniorenwirtschaft in NRW“. Diese<br />
reichten von den „jung gebliebenen Singles“ bis hin zu den „gepflegten<br />
Genießern“. An weiteren Typologisierungen der Seniorinnen und Senioren herrscht<br />
dabei kein Mangel 17 . Die jeweils relevanten Gruppen in den unterschiedlichen Lebensphasen<br />
spezifisch anzusprechen und zu bewerben, ist folglich die Herausforderung<br />
für Produktentwicklung und Marketing.<br />
Dabei herrscht auch auf Seiten der bereits im Seniorenmarkt aktiven Unternehmen<br />
zum Teil noch Unsicherheit, wie Produkt- und Leistungsangebote sowie Kundenansprache<br />
auf die jeweiligen Zielgruppen innerhalb der Seniorinnen und Senioren auszurichten<br />
sind. Ursache sind noch bestehende <strong>Erfahrung</strong>sdefizite im Vergleich zu<br />
17 Vgl. z.B. Sigma GmbH mit der Unterscheidung von 10 unterschiedlichen "Milieus", TNS<br />
Emnid <strong>Studie</strong> mit einer Unterteilung in 3 Gruppen oder das Institut für Motiv- und Marketingforschung,<br />
Zürich mit einer Differenzierung von 4 Dimensionen.<br />
123
den <strong>Alter</strong>skohorten und Werbezielgruppen der 14- bis 49 Jährigen. Durch "trial-anderror"-Prozesse<br />
wird das eigene Angebot entwickelt und weiter ausdifferenziert. Vorreiter<br />
sind dabei Branchen und Unternehmen, die die demografische Entwicklung<br />
bereits heute in ihrem Kundenstamm spüren und einen intensiven Kundenkontakt -<br />
u.a. auch durch Kundenbefragungen, CRM-Systeme etc. - pflegen.<br />
Aufbauend auf Recherchen und Interviews lassen sich folgende Handlungsstrategien<br />
von Unternehmen identifizieren:<br />
• Besseres Verstehen der spezifischen Kundenbedürfnisse durch intensive<br />
Marktforschung, Aufbau von Testgruppen, Kooperation mit bestehenden<br />
Netzwerken etc.,<br />
• zielgruppenspezifische Ausrichtung der Werbung auf die adressierten Kundensegmente<br />
im Seniorenmarkt,<br />
• Variation und Weiterentwicklung der bestehenden Leistungs- und Produktangebote,<br />
um den spezifischen und individuellen Bedürfnissen der Seniorinnen<br />
und Senioren gerecht zu werden,<br />
• Schaffen von Zusatznutzen und -komfort durch Kopplung mit neuen, gegebenenfalls<br />
auch kerngeschäftsfernen Services,<br />
• Verzicht auf eine altersspezifische Differenzierung des Leistungs- und Produktangebots<br />
durch eine "Universal Design"-Strategie, die den Bedürfnissen<br />
aller <strong>Alter</strong>s- und Kundengruppen gerecht wird.<br />
Bisher hat sich kein einheitliches Erfolgsrezept heraus kristallisiert, wie die nachfolgenden<br />
Beispiele zeigen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich mit wachsender<br />
Größe des Seniorenmarktes durch Aufdecken bisher noch nicht adressierter Bedürfnisse<br />
und Nachfragepotenziale die Geschäftsmodelle und Strategien auf der Anbieterseite<br />
weiter ausdifferenzieren werden.<br />
Besseres Verstehen der Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren<br />
Unternehmen decken Präferenzen der Seniorinnen und Senioren durch Entwicklung<br />
neuer und Variation bestehender Produkt- und Leistungsangebote in wettbewerblichen<br />
Suchprozessen auf. Richtmaß sind die Kaufentscheidungen der Seniorinnen<br />
und Senioren. Viele Unternehmen investieren zudem in eigene Marktforschung, befragen<br />
ihre Kunden und analysieren deren Kaufhistorie, um den Seniorenmarkt besser<br />
zu verstehen. Dabei ist das Aufdecken der spezifischen Bedürfnisse von<br />
Seniorinnen und Senioren selbst bereits zu einem eigenen Markt geworden. Nicht<br />
nur Marktforschungsinstitute profitieren von den als Zielgruppe entdeckten Seniorinnen<br />
und Senioren.<br />
Durch den Einsatz von Senior-Scouts und Testimonials wird die Akzeptanz einer Seniorinnen-<br />
und Senioren-Zielgruppe auf ein bestimmtes Produkt getestet. "Die Generation<br />
der Älteren ist sehr sensibel, wenn es darum geht, richtig angesprochen zu<br />
werden" sagt Andreas Reidl, Inhaber der Agentur für Seniorenmarketing in Nürnberg.<br />
124
Zusammen mit der ConSens Forschung und Beratung GmbH und in Zusammenarbeit<br />
mit dem Deutschen Senioren Ring e.V. setzt Reidl rund 500 Personen im <strong>Alter</strong><br />
zwischen 50 und 80 Jahren ein, um generationenspezifische Besonderheiten aufzudecken<br />
und Generationen übergreifende Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.<br />
Das Online-Portal "feierabend.de" kann aus dem Pool von 100.000 eingetragenen<br />
Mitgliedern der Community zielgenau seine Mitglieder ansprechen und diese als "Senior<br />
Consultants" an Unternehmen vermitteln. Nach eigenen Angaben wurden hierbei<br />
seit dem Jahr 2000 bereits über 500 Projekte durchgeführt. Aus diesen Testeinsätzen<br />
wurde in der Zwischenzeit eigens ein "feierabend.de - Senior-Scout Gütesiegel" entwickelt.<br />
Die gleiche Intention verfolgt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-<br />
Organisationen (BAGSO e.V.). Der Dachverband der Interessenvertreter für die ältere<br />
Generation hat als wesentliches Ziel die Stärkung der Verbraucherinteressen von<br />
Seniorinnen und Senioren und hierfür die BAGSO-Verbraucherempfehlung entwickelt.<br />
Ausgangspunkt der Verbraucherempfehlung ist die eingehende Prüfung eines<br />
Produkts oder Dienstleistung anhand einer Kriterienliste, die in Zusammenarbeit mit<br />
fachkundigen BAGSO-Verbänden und Experten entwickelt wurde. Konkret wird die<br />
Zielgruppenorientierung, eine verbrauchergerechte Gestaltung und der Innovationsgrad<br />
eines Produkts oder einer Dienstleistung getestet, auch hier mit dem Einsatz<br />
von Testimonials. Bei erfolgreichem Test vergibt die BAGSO diese Auszeichnung<br />
zunächst für ein Jahr. Jährliche Wiederholungsprüfungen schließen sich an.<br />
Damit sich die Produktentwickler, Marketingexperten und Vertriebsmitarbeiter in Kunden<br />
mit altersbedingten Hemmnissen auch wirklich hineinfühlen können, gibt es zudem<br />
den sogenannten „Age-Explorer“, einen Spezialanzug, der dem Träger<br />
ermöglicht, sich in die Haut einer 70-jährigen Person zu versetzen. Die Erfinder des<br />
Age-Explorers vom Meyer-Hentschel Instituts in Saarbrücken machen häufige Handicaps<br />
im <strong>Alter</strong> also praktisch fühlbar wie z.B. ein eingeschränktes Sehfeld und verringertes<br />
Hörvermögen.<br />
125
Ausrichtung der Werbung auf den Seniorenmarkt<br />
Die ältere Klientel will mit ihrer jahrzehntelangen Konsumerfahrung als Verbraucher<br />
ernst genommen werden, aber nicht direkt auf mit dem <strong>Alter</strong> verbundene Einschränkungen<br />
angesprochen werden. Oft ist eine Werbekampagne daher eine Gratwanderung<br />
zwischen erfolgreichem Marketing und einem Fettnapf. Ein Produkt und seine<br />
Eigenschaften sollten sachlich und transparent dargestellt werden. Der Nutzen eines<br />
Produktes soll deutlich hervorgehoben werden und die Werbebotschaft ist in möglichst<br />
kurzen und prägnanten Sätzen aufs Wesentliche zu beschränken.<br />
Zunehmend werden Seniorinnen und Senioren selbst in die Werbung integriert. Einerseits<br />
nimmt die Werbung das neue Selbst- und Fremdbild der Seniorinnen und<br />
Senioren auf, andererseits formt sie diese aber auch. Dabei entwickelt sich zunehmend<br />
eine neue Ästhetik des <strong>Alter</strong>sbildes, indem Falten kein Schönheitsmakel mehr<br />
sind. Was so manchem Mädchen vorträumt, ist für Christa Höhs in reifem <strong>Alter</strong> in<br />
Erfüllung gegangen. Mitten in New York wurde sie von einem Model Scout entdeckt.<br />
Damals war sie fünfzig Jahre alt. Heute führt sie die erfolgreiche Agentur „Senior Model“<br />
und ist eine der wenigen in Deutschland, die reife Werbegesichter anbietet. In<br />
ihrem Karteikästchen finden sich reife Stars wie die 53-Jährige Susanne Schönborn,<br />
mit deren Gesicht Nivea Vital erstmals für die Pflegeserie für Ältere geworben hat.<br />
Beispielhaft ist der<br />
Werbeauftritt der 96-jährigen<br />
Irene Sinclair für Dove, einem<br />
Produkt der Firma Unilever.<br />
Entdeckt wurde die schöne<br />
Urgroßmutter in einem<br />
Londoner <strong>Alter</strong>sheim und<br />
sogleich gebucht für eine<br />
Dove-Werbekampagne, die<br />
sechs „ganz normale Frauen“<br />
zeigt. Sie hält so dem<br />
gängigen Schönheitsideal und<br />
den perfekten Models eine<br />
andere Art von Schönheit entgegen, indem bspw. Irene Sinclair von einem riesigen<br />
Plakat am Times Square auf New York herunter schaute und dazu aufforderte,<br />
„wrinkled“ mit „wonderful“ gleichzusetzen.<br />
Eine weitere Strategie der Seniorenwerbung ist es, ältere Leute in einem Umfeld zu<br />
zeigen, in dem sich die Generationen mischen und das "Universal Design"-Konzept<br />
propagiert wird. In Japan fragt zum Beispiel die erfolgreiche Werbung des Mobiltelefonherstellers<br />
Tu-Ka: „Sind die heutigen Handys etwa nicht nur für die Jungen ge-<br />
126
dacht?“ Längst widmet sich die japanische Marketingbranche intensiv der betagteren<br />
Kundschaft – mit zum Teil eigenen Abteilungen für den Seniorenmarkt. 18<br />
Variation und Weiterentwicklung der bestehenden Leistungs- und Produktangebote<br />
Als einer der Pioniere unter den Herstellern von Massenkonsumgütern hat sich die<br />
Beiersdorf AG bereits Anfang der 90er Jahre mit dem Seniorenmarkt strategisch<br />
auseinandergesetzt. Ausgangspunkt waren die Ergebnisse regelmäßiger Verbraucherumfragen,<br />
denen zur Folge das bestehende Angebot viele ältere Konsumenten<br />
nicht mehr ausreichend ansprach. NIVEA Vital wurde 1994 auf dem schweizer Markt<br />
getestet und 1995 in Deutschland eingeführt. Nachdem die Marktforschung zusätzlich<br />
zur Basispflege einen zunehmenden Differenzierungsbedarf ermittelte, gibt es<br />
heute 13 Produkte unter dem Label NIVEA Vital, die unterschiedliche Bedürfnisse<br />
wie z.B. Pigmentflecken, Haut-Erschlaffung und -Trocknung etc. adressieren. Der<br />
betriebswirtschaftliche Erfolg gibt der Beiersdorf AG recht. Eine <strong>Studie</strong> zum Seniorenmarkt<br />
von PWC und der Universität St. Gallen weist für NIVEA Vital einen Marktanteil<br />
von 38% und ein prognostiziertes Wachstum von 5% p.a. aus. 19<br />
Wie Produkte erfolgreich zusammen mit ihren Kunden "altern", zeigen Beispiele auf<br />
dem Printmarkt. Der G+J-Verlag reagierte bei der Zeitschrift BRIGITTE auf die zunehmende<br />
<strong>Alter</strong>ung der Leser mit einer Diversifizierung des Angebots. Aufbauend<br />
auf die klassische BRIGITTE wurden für die reiferen Frauen die Blätter BRIGITTE<br />
Woman, BRIGITTE Balance und ferner Specials wie das BRIGITTE Rezeptheft entwickelt.<br />
Auch der WELTBILD-Verlag hat auf die <strong>Alter</strong>ung seiner Leserschaft reagiert.<br />
Die verlagseigene, seit 1967 bestehende Zeitschrift "Frau im Leben" (ehemalige Verbandszeitung<br />
des kath. Frauenbundes) wurde redaktionell mit dem neu aufgelegten<br />
LENZ-Magazin der Bayard Media GmbH Deutschland verschmolzen. Die Bayard<br />
Media bringt hierbei die internationale <strong>Erfahrung</strong> auf dem Markt der Seniorenmagazine<br />
ein. Der Schwester-Verlag gibt in Frankreich das Seniorenmagazin "Notre Temps"<br />
mit einer Auflage von 1 Mio. Exemplaren heraus, ähnliche Formate wurden bereits<br />
erfolgreich in den Niederlanden und Belgien sowie in Spanien und Kanada positioniert.<br />
Auch Versicherungen wurden durch Verbraucherumfragen auf die Lücke im Produktangebot<br />
für Ältere aufmerksam, so die Aussage von Herrn Uhlig, Bereichsleiter Marketing<br />
der Signal-Iduna. Hinzu kam, dass Kundenberater neue Angebote für Kunden<br />
über 65 Jahre forderten, um diese nicht zu verlieren und die Wiederanlage von Ver-<br />
18<br />
So zum Beispiel die Abteilung HOPE, die im Jahr 2000 als Teil der führenden japanischen<br />
Agentur für Seniorenmarketing Hakuhodo mit Sitz in Tokyo, ins Leben gerufen wurde. Definierte<br />
Zielsetzung von HOPE ist es, "to actively support and set in motion programs and<br />
initiatives that promote Health, Opportunity and Participation for Elders (HOPE); and to assist<br />
companies, governmental agencies, and other bodies in their efforts to reach out to Japanese<br />
aged 50+." HOPE unterstützt bspw. Unternehmen durch Trend-<strong>Studie</strong>n in der effektiveren<br />
Ausrichtung ihres Leistungs- und Produktprogramms.<br />
19 Siehe Price Waterhouse Coopers und Universität St. Gallen: „Generation 55+“ – Chancen<br />
für Handel und Konsumgüterindustrie, S.32<br />
127
mögen zu sichern. Aufbauend auf ein Lebensphasenmodell konzipierte die Signal-<br />
Iduna Produkte für den Ruhestand. 2000/2001 wurde die Seniorenunfallversicherung<br />
eingeführt. Seitdem haben auch andere Anbieter wie bspw. die Allianz vergleichbare<br />
Produkte auf den Markt gebracht und mit "Assistance-Leistungen" verknüpft.<br />
Ebenfalls aufbauend auf ein Lebensphasenmodell geht - beispielhaft für den Bankensektor<br />
- die Postbank davon aus, dass Seniorinnen und Senioren ihr <strong>Alter</strong> zunehmend<br />
regeln und "Langlebigkeitsrisiken" beherrschbar machen wollen. Dieser<br />
Nachfrage begegnet die Postbank derzeit durch eine speziell zugeschnittene Unfallversicherung,<br />
eine Sofortrente und eine Sterbegeldversicherung. Auch der Einrichtung<br />
eines sich aus Senioren zusammensetzenden Kundenbeirats und der<br />
Kooperation mit der BAGSO liegen die Erkenntnis zugrunde, dass Anbieter noch<br />
mehr über die Kunden lernen müssen.<br />
Auf Seniorinnen und Senioren hat auch der Reisesektor reagiert. Unter dem Motto<br />
"TUI Club Elan - das Leben gemeinsam genießen" bietet z. B. die TUI GmbH seit<br />
2003 gruppenorientierte Reisen für Ältere an. Derzeit gibt es 14 Hotels, in welchen<br />
ein spezieller Club-Urlaub für Ältere angeboten wird. Auch hier baut ein Teil des Konzeptes<br />
auf bereits bestehenden Produkten auf (bspw. besteht schon seit Ende der<br />
70er Jahre auf der Ferieninsel Mallorca ein auf ältere Kundschaft spezialisierter "Club<br />
Mallorquin"). Die restlichen Komponenten wurden z.T. aus der Sparte TUI Family<br />
ergänzt.<br />
Das Schaffen von Zusatznutzen durch ergänzende Services und Komfort-Angebote<br />
Das Eingehen auf den individuellen Kundenbedarf haben die miteinander kooperierenden<br />
Sparkassen Coburg-Lichtenfels, Hof und Fichtelgebirge fest bei ihren Mitarbeitern<br />
verankert. Auslöser ist, dass die Region aufgrund der hohen<br />
Abwanderungsquote Jüngerer bereits heute einen Vorgeschmack auf die demografische<br />
Entwicklung erhält. 60 Prozent der Sparkassen-Kunden sind bereits heute über<br />
50 Jahre alt, was zwar ein hohes Volumen an Spareinlagen, aber mittelfristig auch<br />
ein Abschmelzen des Kundenbestands durch Sterbefälle zur Folge hat. Es wurde ein<br />
Konzept entwickelt, wie die Mitarbeiter auf Beratungsbedarf auslösende Momente im<br />
Leben der Kunden wie bspw. der Beginn des Ruhestands, die Geburt eines Enkels,<br />
der Verlust des Partners reagieren sollen. Zusätzlich zu den eigenen Finanzprodukten<br />
werden hierbei auch kerngeschäftsferne Services in Zusammenarbeit mit externen<br />
Dienstleistern wie bspw. Bildungsprogramme mit der Volkshochschule, Essen<br />
auf Rädern mit dem Bayerischen Roten Kreuz und dem Diakonischen Werk oder<br />
auch Reisen über das eigene Sparkassen-Reisebüro oder in Kooperation mit einem<br />
spezialisierten Touristikunternehmen angeboten – mit positiven Effekten auf Umsatz<br />
und Ergebnis.<br />
Durch die Ergänzung des eigenen Leistungs- und Produktangebots um neue Komfort-<br />
und Service-Attribute soll ein zusätzlicher Mehrwert für die Seniorinnen und Senioren<br />
geschaffen werden. Auch das Reisepaket der Deutschen Bahn mit dem Motto:<br />
"Viel Service für wenig Geld" verknüpft den Kauf einer Fahrkarte mit zusätzlichen<br />
128
Leistungen wie bspw. einer Sitzplatzreservierung für Hin- und Rückfahrt, einem persönlichen<br />
Ein-, Um- und Aussteigeservice inkl. Gepäcktransport an ca. 80 Bahnhöfen,<br />
einem Genuss-Gutschein für die DB Zuggastronomie sowie preisreduzierten<br />
Angeboten rund ums Reisen bei Partnern der Deutschen Bahn. Das Angebot ist jedoch<br />
nicht (nur) als Serviceleistung für "Junggebliebene" konzipiert. Es richtet sich<br />
beispielsweise auch an Reisende mit viel Gepäck, Mütter mit Kinderwagen oder Familien.<br />
Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung des Serviceaspekts ist das "Gütesiegel<br />
50plus Hotels Deutschland", welches auf professionellem Niveau seit 2004 angeboten<br />
wird. Derzeit sind in Deutschland über 85 Hotels an das Gütesiegel angeschlossen.<br />
Nach Aussage von Geschäftsführerin Zarges steht bei Vergabe des Gütesiegels<br />
neben einem sehr guten Produkt die Serviceleistung, die individuelle und persönliche<br />
Betreuung der Hotelkunden im Vordergrund. Hierbei besitzen Familien- bzw. sehr<br />
individuell geführte Betriebe einen eindeutigen Vorteil. "Komfort ist der Schlüsselbegriff,<br />
den die älteren Gäste suchen, sei es bei der Städtereise, d.h. die individuelle Organisation<br />
von Besichtigungen, oder auf dem Land mit z.B. einem Abholservice vom<br />
Bahnhof oder das Erledigen kleinerer Einkäufe."<br />
Die "Universal Design"- Strategie<br />
In der Produktentwicklung wird das Konzept des „Universal Design“ eine immer wichtigere<br />
Rolle einnehmen. Der Begriff wurde vom amerikanischen Architekten Ronald<br />
Mace in den 1980er Jahren geprägt. Unter Universal Design versteht man das Design<br />
von Produkten, die eine Benutzung unabhängig von <strong>Alter</strong>, Geschlecht, Körpergröße<br />
oder Behinderung ermöglichen. Warum überhaupt soll eine Küche, die<br />
pflegeleicht, ästhetisch ansprechend und gut bedienbar für einen 70-Jährigen ist,<br />
nicht auch für einen 30-Jährigen geeignet sein? Prof. Pöppel von der LMU in München<br />
und wissenschaftlicher Leiter des Generation Research Program (GRP) in Bad<br />
Tölz bringt es auf den Punkt: "Convenience ist keine <strong>Alter</strong>sfrage". "Seniorengerecht=nutzergerecht"<br />
ist also die Devise. 20<br />
20 BAGSO-Publikation Nr.11, S.32; Stefan Brodbeck, und Wolfgang Grundler, gemeinsame<br />
Leiter der Arbeitsgruppe "Usability & Design" am Generation Research Program (GRP) in Bad<br />
Tölz erläutern die Zielsetzung des Universal Design und von Trans-Generationenprodukten<br />
wie folgt: "Der demographische Wandel geht mit einem Wandel in der Produktwelt einher und<br />
führt zu einer Zweiteilung der Produktwelt. Es gibt mehr und mehr Produkte, die auf den körperlichen<br />
Verfall einer alternden Gesellschaft abzielen: Senioren-Handys, Sicherheitshandgriffe,<br />
Einkaufsroller etc. Gleichzeitig gibt es Produkte, die sich am technischen Fortschritt<br />
orientieren und hinsichtlich ihrer Fertigungsqualität einen Vollkommenheitsgrad erreichen, der<br />
jeden wettbewerbsfähigen Vorteil im Sinne von Funktionalität marginal erscheinen läßt. Die<br />
einen sind zwar zweckmäßig und leicht zu bedienen, werden aber häufig als unästhetisch<br />
empfunden. Die anderen sind auffällig gestaltet, überfordern aber durch ihre Komplexität und<br />
Funktionsvielfalt nicht selten die Nutzer. Trans-Generationen-Produkte haben den Anspruch<br />
diese Zweiteilung des Marktes zu durchbrechen. […] Es entstehen formschöne und funktionale<br />
Produkte, deren Benutzung Freude macht."<br />
129
Ein Blick in den Alltag führt einem vor Augen, dass sich noch große Innovationspotenziale<br />
hinter dieser Erkenntnis verbergen. Wenn Seniorentauglichkeit der Maßstab<br />
für nutzergerechte Produkte ist, dann werden sich zunehmend "spill over"-Effekte aus<br />
dem Seniorenmarkt in den Markt der unter 50-Jährigen realisieren lassen, mit entsprechend<br />
positiven Konsequenzen für die Größe des jeweils von den Unternehmen<br />
adressierten Marktpotenzials. "Entscheidend für den Erfolg entsprechender Produkte<br />
und Dienstleistungen ist, dass sie die Anforderungen des Massenmarktes erfüllen<br />
und Grundstein legen für die Entwicklung innovativer Geschäftsfelder." 21<br />
Die "Universal Design"-Strategie hat sich bspw. die Miele AG zu eigen gemacht.<br />
Nicht das Anbringen seniorentauglich großer Tasten an der Waschmaschine steht im<br />
Vordergrund, sondern der Anspruch ist es, Haushaltsgeräte zu entwickeln, die von<br />
Jung und Alt gleichermaßen nachgefragt werden. Statt kleiner Symbole, die sich nur<br />
den geübten Nutzern erschließen, werden Funktionen bspw. in Klartext ausgewiesen<br />
und beschriftet, auch wenn aufgrund der Präsenz in bis zu 26 Sprachräumen hiermit<br />
ein Mehraufwand verbunden ist.<br />
Auch bei Nestlé richtet sich die Ansprache der Kunden im Sinne einer Ernährungsaufklärung<br />
an alle <strong>Alter</strong>sklassen - oder wie die Wirtschaftswoche schreibt: "Die Alten<br />
sind gar nicht so viel anders. Orangensaft trinken alle – von 6 bis 96". 22 Dabei gibt es<br />
selbstverständlich zielgruppenspezifische Produkte wie z.B. Säuglingsnahrung, aber<br />
Functional Food 23 ist kein klassisches Seniorinnen- und Seniorenprodukt, sondern<br />
grundsätzlich für alle geeignet, die auf eine gesunde Ernährung achten.<br />
Sentha 24 (Seniorengerechte Technik im häuslichen Alltag) entwickelt im Rahmen<br />
ihrer interdisziplinären Forschung neue Produkte, um den häuslichen Alltag älterer<br />
Menschen zu erleichtern – und davon profitieren alle Nutzer. In dem Projekt "Living<br />
longer" werden Möbel, Wohnaccessoires und Einrichtungsgegenstände konzipiert,<br />
die sich an den Bedürfnissen älterer Menschen ausrichten. Aufgrund ihrer Form und<br />
Funktionalität sind sie aber gleichzeitig für einen weitaus größeren Kundenkreis attraktiv.<br />
Das Konzept des Universal Design knüpft hier auch an Möbel- und Wohntraditionen<br />
der klassischen Moderne, etwa des Bauhauses an.<br />
In Japan werden Universal Design Produkte unter den Ausdruck „kyôyôhin“ zusammengefasst.<br />
„Kyôyô“ bedeutet auf Japanisch soviel wie „gemeinsam“ oder „allgemein“<br />
und weist darauf hin, dass diese Artikel eben für alle Nutzer, ob Kind oder alter<br />
Mensch, leicht zu handhaben sind. Diese „kyôyôhin“ erfreuen sich grosser Beliebt-<br />
21 Dr. Ferdinand Peer, Vodafone Pilotentwicklung GmbH, Dokumentation Veranstaltung "Generation<br />
Plus" am GRP vom 13.-15.7.2006, S.55<br />
22 Wirtschaftswoche, 28/2006, S.52<br />
23 Mit bestimmten Inhaltsstoffen (Vitamine, Mineralstoffe, Bakterienkulturen, ungesättigte Fettsäuren)<br />
angereicherte Lebensmittel, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken sollen.<br />
24 Beteiligt sind die Technischen Universität Berlin (TU Berlin), das Berliner Institut für Sozialforschung<br />
(BIS), das Deutschen Zentrum für <strong>Alter</strong>nsforschung in Heidelberg (DZFA), die Universität<br />
der Künste Berlin (UdK), die Brandenburgische Technischen Universität Cottbus<br />
(BTU) und das Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin (ZTG).<br />
130
heit, nicht nur bei den Seniorinnen und Senioren: Ihre funktionalen Eigenschaften in<br />
der Produktgestaltung und die hohen Sicherheitsstandards werden auch von anderen<br />
Zielgruppen geschätzt. Der Markt für diese universell nutzbaren Artikel ist in den vergangenen<br />
Jahren stark gewachsen. Gerade bei Haushaltsgeräten entfällt bereits<br />
jeder dritte Artikel in dieses Marktsegment.<br />
D.3 Produkttrends und Innovationen in den Bereichen der Gerontotechnologie<br />
und Medizintechnik<br />
Mit Gerontotechnologie bezeichnet man die technologische Weiterentwicklung von<br />
Produkten sowie die Optimierung und den Aufbau von Dienstleistungen, die vor allem<br />
älteren Menschen mit körperlichen Einschränkungen das tägliche Leben erleichtern<br />
soll.<br />
Das GRP im Forum der Generationen in Bad Tölz beschäftigt sich mit Fragen der<br />
Generationen übergreifenden Grundlagenforschung. In 10 bzw. künftig 14 interdisziplinären<br />
Arbeitsgruppen wird zu Themen wie Human & Automotive Engineering,<br />
Usability & Design, Pharmacogenetics in Rheumatology und Information and Communication<br />
Technology geforscht. Im GRP wird insofern der Notwendigkeit Rechnung<br />
getragen, dass sich aus der <strong>Alter</strong>ung der Gesellschaft auch ein Bedarf an medizintechnischen<br />
Neuentwicklungen sowie an neuen gerontologischen Produkten ergibt.<br />
Der Know how Transfer aus dieser Grundlagenforschung in die Produktentwicklungsabteilungen<br />
der deutschen Unternehmen ist laut Prof. Pöppel, wissenschaftlicher<br />
Leiter des GRP, allerdings noch ausbaufähig.<br />
In der gerontotechnologischen Forschung sehr aktiv sind auch das amerikanische<br />
MIT Age-Lab in Cambridge und das Business Design Laboratory in Tokyo. In der<br />
Ideenschmiede der Zukunft, dem amerikanischen Massachusetts Institute of Technology<br />
(MIT) im amerikanischen Cambridge, wurde ein Age-Lab eingerichtet. Das Age-<br />
Lab hat sich zum Ziel gesetzt, Forschung einzusetzen und Technologie zu schaffen,<br />
die ein gesundes und unabhängiges Leben im <strong>Alter</strong> ermöglicht und den Lebensstandard<br />
der jeweiligen Person und ihres Umfelds hebt. Das Age-Lab verbindet funktionale<br />
Technologie mit ansprechendem Design. Die neuen Produkte sollen auf die<br />
Schwächen des <strong>Alter</strong>s eingehen, aber gleichzeitig mit Spaß verbunden sein.<br />
Ein Fokus liegt auf dem Fahren im <strong>Alter</strong>. Denn für viele Menschen bedeutet Autofahren<br />
im <strong>Alter</strong> Freiheit und Selbständigkeit. Allerdings sind häufig ältere Lenker und<br />
Lenkerinnen in Kollisionen verwickelt. Das Age-Lab erforscht deshalb unter anderem<br />
das Fahrverhalten älterer Verkehrsteilnehmer. In einer Halle des Labors steht ein<br />
roter VW Käfer, den die Wissenschaftler liebevoll „Daisy“ nennen. So klapprig das<br />
Auto auch aussieht, es ist mit mehr Computertechnik ausgestattet als jeder moderne<br />
Sportwagen. Ältere Menschen steigen in den Testwagen, der ihr Fahrverhalten anhand<br />
simulierter und eingespielter Straßensituationen mit Kameras und Sensoren<br />
beobachtet. Das intelligente Gefährt kommuniziert mit dem Fahrer und gibt Anwei-<br />
131
sungen und Warnungen. Das Auto soll sich an die Schwächen des Fahrers anpassen<br />
und ihn auf mögliche Hindernisse oder Schwierigkeiten aufmerksam machen.<br />
Gui Trotti, Architekt und Industriedesigner im MIT Age Lab, verbringt die meiste Zeit<br />
damit, Lösungen für extreme Umgebungen auszuarbeiten. Dazu zählen aber nicht<br />
nur Extremsituationen im Weltall, unter Wasser und in Wüsten, sondern auch die<br />
situationsbedingten Erschwernisse des <strong>Alter</strong>ns. Er arbeitet unter anderem an Plänen<br />
für ein baukastenartiges Haus, in dem es möglich werden soll, Haushaltsgeräte, Möbelstücke<br />
und Einbauschränke zu ersetzen. Anstatt in neue Wohnungen zu ziehen,<br />
soll es für die zukünftigen Hochbetagten möglich werden, ihr Heim ihren physischen<br />
Bedürfnissen anzupassen.<br />
Robotik am Business Design Laboratory<br />
Auch die Robotik agiert im Gleichschritt mit dem demografischen Wandel. Neuerdings<br />
gibt es etwa einen Roboter-Entsendungsdienst, der so genannte Communication-Roboter<br />
zur Verfügung stellt, die auch für die Pflege alter Menschen eingesetzt<br />
werden können. Entwickelt wurden diese „kleinen Helfer“ vom japanischen Business<br />
Design Laboratory in Tokyo. So zum Beispiel der „Yorisoi-Ifuboter“. „Yorisoi“ heißt<br />
„Seite an Seite“ und ist, wie der Name des Geräts schon sagt, so konzipiert, dass er<br />
Seite an Seite mit Senior oder Seniorin Quiz spielen kann, was dem Gedächtnisschwund<br />
vorbeugen soll. Sein Weggefährte, ein niedlicher „Hello-Kitty-Robo“, verfügt<br />
dank integrierter Kamera über die Fähigkeit, Auskunft zu geben oder auch einen<br />
Gast zu begrüßen, sobald er ihn mit seinem Sensor entdeckt. Es heißt, dass ein solcher<br />
Roboter auch in Unternehmen, Krankenhäusern oder zur Nachtzeit am Hotelempfang<br />
in Hotels eingesetzt werden könne. Die Idee dahinter beruht auf harten<br />
Zahlen: Wenn immer weniger Menschen dem erwerbstätigen Teil der Bevölkerung<br />
angehören, immer mehr aber zu den pflege- oder unterstützungsbedürftigen Seniorinnen<br />
und Senioren zählen, wird ein Mangel an Personal entstehen. Diesem Defizit<br />
soll durch Roboter entgegengewirkt werden.<br />
Auch die Medizin und Medizintechnik kann noch weit mehr als bisher tun, um mit<br />
zukunftsträchtigen Innovationen zum Nutzen von Senioren Marktpotenziale zu entwickeln.<br />
Medizinische Technik, so lautet die Prämisse, soll dort eingesetzt werden, wo<br />
sie aktive Tätigkeiten im <strong>Alter</strong> ermöglicht. Nur im Notfall sollte sie Tätigkeiten ersetzen.<br />
Die physischen Fähigkeiten Älterer müssen nämlich so weit wie möglich zum<br />
Einsatz kommen oder gefördert werden, anderenfalls kommt es zu einer Beschleunigung<br />
des <strong>Alter</strong>ungsprozesses. Vielfältige Forschungs- und Entwicklungsprojekte in<br />
diesem Sektor gibt es seit einigen Jahren.<br />
Medizintechnische Neuentwicklungen des GRP in Bad Tölz zielen auf die Entwicklung<br />
von telemedizinischen Geräten, z.B. Jacken mit High-Tech-Elementen zur Ü-<br />
berwachung biometrischer Daten, z.B. von Herzpatienten. Innerhalb eines<br />
internationalen Netzwerks entwickelt das GRP für Schlaganfallpatienten zusammen<br />
mit dem Tokyo-Institute of Technology Gehhilfen und Walkmates.<br />
132
Auch die geistige Leistungsfähigkeit von Seniorinnen und Senioren kann durch Medizintechnik<br />
gefördert werden. In diese Richtung weist der Ansatz des so genannten<br />
circadianen Beleuchtungsmanagements, das sämtliche Maßnahmen umfasst, die<br />
über das Zeitgeberprofil der Netzhautbelichtung ein Optimum von Leistungsbereitschaft,<br />
Aufmerksamkeit und Befinden während der Wachphase und einen ungestörten,<br />
erholsamen Schlaf anstreben. Die Ergebnisse humanphysiologischer und<br />
klinischer <strong>Studie</strong>n lassen erwarten, dass ein solches circadianes Management das<br />
Wohlbefinden und die geistige Leistungsfähigkeit älterer Menschen bzw. insbesondere<br />
auch Demenzkranker positiv beeinflusst und auch das Schlaf-Wach-Verhalten<br />
erheblich verbessert, so Prof. Dr. Wolfgang Ehrenstein, Mediziner und Lichtforscher<br />
an der Universität Hohenheim.<br />
D.4 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Auf dem Seniorenmarkt ist bereits viel in Bewegung gekommen, aber er steckt noch<br />
in den Kinderschuhen. Produktentwicklung und Marketing in den Unternehmen stehen<br />
vor der Herausforderung, auf die Bedürfnisse einer Seniorengeneration einzugehen,<br />
die mit über 40 Jahren Konsumerfahrung ein hohes Aktivitivätsniveau aufweist,<br />
aber auch mit ihren altersbedingten Einschränkungen ernst genommen werden will.<br />
Vorreiterunternehmen wie zum Beispiel in den Bereichen Körperpflege und Gesundheit,<br />
Touristik, Banken und Versicherungen, Automobil, aber auch Möbel- und Haushaltsgeräte<br />
richten ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio sowie die<br />
Kundenansprache bereits erfolgreich auf die Bedürfnisse der Älteren aus. Der "Universal<br />
Design"-Ansatz beschreibt dabei einen Paradigmenwechsel und wird zunehmend<br />
zum Leitmotiv für Produktentwicklung und Marketing – ein Trend, von dem<br />
auch die unter 50-Jährigen durch einfachere Anwendung und einen höheren Nutzwert<br />
der Produkte profitieren werden.<br />
Allerdings werden die Potenziale des Seniorenmarktes noch nicht in allen Branchen<br />
und nicht von der Breite der Unternehmen ausgeschöpft. So können beispielsweise<br />
auch bereits laufende Experimente mit spezialisierten Warenhäusern und Supermärkten<br />
für Seniorinnen und Senioren nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Einzelhandel<br />
noch unausgeschöpfte Marktentwicklungsmöglichkeiten aufweist –<br />
angefangen bei der Größe von Umkleidekabinen im Bekleidungseinzelhandel bis hin<br />
zu Produktbeschriftung und Regalabständen im Lebensmitteleinzelhandel. Dabei<br />
kommt dem Handel durch seine Sortimentsfunktion und die direkte Schnittstelle zum<br />
Kunden eine besondere Bedeutung bei der Diffusion von relevantem Marktwissen<br />
und der Übersetzung der Konsumpräferenzen von Senioren für die vorgelagerten<br />
Konsumgüter- und Verpackungsmittelhersteller zu.<br />
Im Unterschied zu bahnbrechenden technologischen Umbrüchen wie bspw. dem<br />
Aufkommen neuer elektronischer Medien, die innerhalb weniger Jahre zu einem Paradigmenwechsel<br />
in der Kommunikation, im Freizeitverhalten, im Konsum, in den<br />
Arbeitsprozessen und in der Abwicklung wirtschaftlicher Transaktionen geführt ha-<br />
133
en, wird sich der Seniorenmarkt langsamer entwickeln. Das Tempo dieser "stillen<br />
Revolution" wird durch die zunehmende <strong>Alter</strong>ung der Gesellschaft und deren Spürbarkeit<br />
bestimmt werden. Wir stehen somit erst am Anfang eines an Fahrt gewinnenden<br />
Entwicklungs- und Innovationsprozesses. Steigende Marktvolumina, positive<br />
Renditen und Verschiebungen der relativen Preise werden die Wettbewerbsintensität<br />
im Seniorenmarkt sukzessive erhöhen – und damit auch sein Entwicklungstempo.<br />
Der "Wettbewerb als Entdeckungsverfahren" wird dabei nicht nur innovative Produktund<br />
Leistungsangebote hervorbringen, sondern auch die Präferenzen der Seniorinnen<br />
und Senioren weiter aufdecken und zu einer Ausdifferenzierung und Vergrößerung<br />
des Seniorenmarktes führen - ein Win-Win-Szenario für Unternehmen und die<br />
ältere Generation.<br />
134
Anhang<br />
Liste Gesprächspartner <strong>Studie</strong> "<strong>Wirtschaftsmotor</strong> <strong>Alter</strong>"<br />
Interview-Zeitraum (1.6.2006 – 20.7.2006)<br />
Gesprächspartner Unternehmen Position<br />
E. Engel Deutsche Bahn AG Leiterin Kontaktstelle für kundenbezogene<br />
Behindertenangelegenheiten<br />
S. Hassinger TeleCarePlus GmbH Kundenberater<br />
G. Hunke Sparkasse Ravensburg Leiter Marketing<br />
F. Jacobs Miele & Cie. KG (ehem.) Designberater<br />
A. Janssen KAMPA-Haus GmbH Marketingleiter<br />
Dr. D. Khoschlessan Senio GmbH - Fachhandel für Senioren Geschäftsführer<br />
W. Kint Fraunhofer Informationszentrum Raum und Abteilungsleiter<br />
Bau Verlag<br />
J. Lutter Sparkasse Fichtelgebirge Leiter Marketing<br />
A. Maultzsch Deutsche Postbank AG Marketing Zielgruppenmanagement<br />
Plus<br />
Dr. G. Meyer-<br />
Hentschel<br />
Meyer-Hentschel Institut<br />
Gründer und Inhaber Meyer-<br />
Hentschel Institut<br />
M. Oczko TUI Deutschland GmbH Leiter Produktlinienmanagement<br />
TUI Family und TUI Club Elan<br />
Prof. Dr. E. Pöppel GRP und HWZ München Direktor<br />
A. Reidl A.GE Agentur für Generationen-Marketing Geschäftsführer<br />
P.Rogge/ H.-J. Beck-<br />
Folten<br />
Nestor Agency - Generationenmarketing<br />
Initiator und Gründer/ Creativ-<br />
Director<br />
E. Schmidt Nestlé Deutschland AG Presse-Center Nestlé<br />
I. Schütte Beiersdorf AG Marketingleiterin Nivea Vital<br />
J.Stahl/M.Turner Bayard Media GmbH Geschäftsführer/ Produktmanager<br />
W. Uhlig SIGNAL IDUNA Hauptverwaltung Dortmund Bereichsleiter Marketing<br />
A.Wild Feierabend Online Dienste für Senioren AG Gründer und Vorsitzender des<br />
Vorstandes<br />
S. Zarges 50plus Hotels Deutschland c/o TREUGAST<br />
GmbH<br />
Geschäftsführerin<br />
135
Literaturverzeichnis<br />
Aghion, P. und P. Howitt (1992): „A Model of Growth through Creative Destruction”,<br />
Econometrica 60, 323-351.<br />
Bajari, P. und L. Benkard (2005): „Demand Estimation with Heterogenous Consumers<br />
and Unobserved Product Characteristics: A Hedonic Approach”, Journal of Political<br />
Economy 113, 1239-1276.<br />
Banks, J., R. Blundell und A. Lewbel (1997): „Quadratic Engel Curves and Consumer<br />
Demand”, Review of Economics and Statistics 79, 769–88.<br />
Blundell, R. (1988): „Consumer Behaviour: Theory and Empirical Evidence - A Survey”,<br />
Economic Journal 98, 16-65.<br />
Börsch-Supan, A. (2001): „Labor Market Effects of Population Aging”, NBER Working<br />
Paper No. 8640.<br />
Börsch-Supan, A. (2002): „Kann die Finanz- und Sozialpolitik die Auswirkungen der<br />
Bevölkerungsalterung auf dem Arbeitsmarkt lindern?“, in: Genser, B. (Hrsg.): „Finanzpolitik<br />
und Arbeitsmärkte“, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Gesellschaft<br />
für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Neue Folge Band 289, Duncker &<br />
Humblot, Berlin, 9-44.<br />
Deaton, A. (1992): „Understanding Consumption”, Oxford University Press, Oxford,<br />
UK.<br />
Deaton, A. und J. Muellbauer (1980): „Economics and consumer behaviour”, Cambridge<br />
University Press, Cambridge, UK.<br />
DIW (2006): „Auswirkungen des demografischen Wandels auf die private Nachfrage<br />
nach Gütern und Dienstleistungen in Deutschland bis 2050“, <strong>Studie</strong> im Auftrag des<br />
Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend.<br />
Ehrenstein, W. (2006): „Das Management der circadianen Beleuchtung Indikation -<br />
Anforderungen - Perspektiven", in: Kaase, H. und F. Serick (Hrsg.): Tagungsband<br />
des Fünften Symposiums „Licht und Gesundheit“, 77-105.<br />
Fleck, M. und Papastefanou, G. (2006): „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe<br />
1998 – Design und Methodik sowie Veränderungen gegenüber Vorgängererhebungen“,<br />
ZUMA-Arbeitsbericht Nr. 2006/01, ZUMA, Mannheim.<br />
136
Hullen, G. (2003): „Projections of Living Arrangements, Household and Family Structures,<br />
in: Hullen, G. (Hrsg.), Living Arrangements and Households - Methods and<br />
Results of Demografic Projections, Materialien des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung,<br />
Heft 109.<br />
Lucas, R. E. (1988): „On the Mechanics of Economic Development”, Journal of<br />
Monetary Economics 22, 3-42.<br />
137
Autoren der <strong>Studie</strong><br />
Stefan Schaible<br />
CC Civil Economics, Hamburg<br />
Roland Berger Strategy Consultants<br />
Studium der Chemie, Rechtswissenschaft und Philosophie in Konstanz<br />
Prof. Dr. Ashok Kaul<br />
Juniorprofessor für Volkswirtschaftslehre<br />
Universität Mainz<br />
Studium der Volkswirtschaftslehre in Konstanz<br />
Promotion in Volkswirtschaftslehre in Bonn<br />
Dr. Melanie Lührmann<br />
Research Associate<br />
Institute for Fiscal <strong>Studie</strong>s (IFS), London<br />
Studium der Volkswirtschaftslehre in Mannheim und Berkeley<br />
Promotion in Volkswirtschaftslehre in Mannheim<br />
Dr. Bertram Wiest<br />
CC Corporate Development, München<br />
Roland Berger Strategy Consultants<br />
Studium der Volkswirtschaftslehre in Freiburg, Sevilla und Göttingen<br />
Promotion in Volkswirtschaftslehre in Marburg<br />
Per Breuer<br />
CC Civil Economics, Hamburg<br />
Roland Berger Strategy Consultants<br />
Studium der Betriebswirtschaftslehre in Hamburg und International Management an<br />
der London School of Economics<br />
Die <strong>Studie</strong> wurde verfasst unter der Mitarbeit von Heiko Ammermann, Joachim Knodt<br />
(alle von Roland Berger Strategy Consultants), Tsewang Baru, Clelia Kanai, Karin<br />
Müller, Prof. Michael Wolf, Ph.D. (alle vom Institut für empirische Wirtschaftsforschung<br />
(IEW), Universität Zürich) und Dr. Marcus Hagedorn (Universität Frankfurt).<br />
138
Dieses PDF ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung;<br />
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt.<br />
Herausgeber:<br />
Bundesministerium<br />
für Familie, Senioren, Frauen<br />
und Jugend<br />
11018 Berlin<br />
www.bmfsfj.de<br />
Stand:<br />
Juli 2007<br />
Gestaltung Titelseite:<br />
KIWI GmbH, Osnabrück<br />
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