Stadt.Plan 2-2010 - Stuttgart
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|von Seite 2| „Die Abgabe treibt unsere<br />
Gäste in Hotels in Nachbargemeinden“<br />
war die nächste Klage. Und wovon<br />
bezahlen diese „Abwanderer“ die Hinund<br />
Rückfahrt mit der VVS oder dem<br />
Taxi? Zumal im Umland ebenfalls über<br />
eine Kulturförderabgabe nachgedacht<br />
wird. Leinfelden-Echterdingen würde<br />
gerne folgen, in Ostfildern sieht der<br />
FDP-Chef ein Problem: „Wir sollten kein<br />
Geld für ein kulturelles Angebot verlangen,<br />
das wir nicht haben“. Stugart<br />
könnte sich durch eine Kulturförderabgabe<br />
dagegen auf eine Stufe mit den<br />
Vorbildern unseres Oberbürgermeisters<br />
stellen - New York, Paris und Rom erheben<br />
sie ebenfalls.<br />
Gewerbesteuer<br />
> Bei den Haushaltberatungen konnten<br />
wir unsere Idee einer Gewerbesteuererhöhung<br />
nicht durchsetzen. Eine moderate<br />
Erhöhung auf 450 Hebesatz-Punkte<br />
häen für den <strong>Stadt</strong>haushalt 20 bis 30<br />
Millionen Euro mehr Einnahmen pro<br />
Jahr bedeutet. Die Angst mit so einer<br />
Forderung als Steuerabzocker dazustehen<br />
können wir nicht nachvollziehen.<br />
Denn der Steuersatz in Stugart liegt<br />
deutlich unter dem Durchschni vergleichbarer<br />
Städte (siehe Tabelle). Außerdem<br />
muss man wissen, dass Einzel- und<br />
Personenunternehmen erst ab einem<br />
Steuersatz von über 380 Hebesatz- Punkten<br />
tatsächlich mit der Gewerbesteuer<br />
belastet werden. Bis dahin wird die vom<br />
Betrieb bezahlte Gewerbesteuer dem<br />
Unternehmer über die Einkommensteuer<br />
rückerstaet. Die Gewerbesteuer soll<br />
als Betriebssteuer dem Umstand Rechnung<br />
tragen, dass Betriebe besondere<br />
Infrastrukturleistungen der Kommunen<br />
in Anspruch nehmen. Die Ausnahme<br />
der freien Berufe (Ärzte, Architekten,<br />
Rechtsanwälte, usw.) erscheint uns nicht<br />
mehr zeitgemäß. Auf Bundesebene ist<br />
eine Diskussion über die Modernisierung<br />
der Gewerbesteuer zu einer kommunalen<br />
Unternehmenssteuer nötig, die<br />
außerdem neben dem Gewinn auch die<br />
Substanz des Betriebs erfasst (wie die<br />
1998 abgeschae Gewerbekapitalsteuer).<br />
|kr|<br />
Steuersätze<br />
<strong>2010</strong><br />
<strong>Stuttgart</strong><br />
Berlin<br />
Hamburg<br />
München<br />
Köln<br />
Frankfurt<br />
Dortmund<br />
Düsseldorf<br />
Dresden<br />
Leipzig<br />
Nürnberg<br />
GewSt<br />
420<br />
410<br />
470<br />
490<br />
450<br />
490<br />
468<br />
440<br />
450<br />
460<br />
447<br />
GrundSt B<br />
520<br />
2009:400<br />
810<br />
540<br />
490<br />
500<br />
460<br />
480<br />
440<br />
635<br />
500<br />
490<br />
„Hotel Silber“ - ein Geschichtszeugnis muss erhalten werden!<br />
Ist das ehemalige „Hotel Silber“ noch<br />
zu reen? Das Gebäude war in der<br />
Nazi-Zeit Gestapo-Leitstelle für Würemberg,<br />
nach dem Krieg Polizeisitz und<br />
ist heute Innenministerium. Das Land<br />
und die Firma Breuninger wollen es<br />
abreißen für Luxusgeschäe, ein Luxushotel<br />
sowie Büros für tausend Beamte.<br />
Ist diese Bauplanung für das Areal<br />
zwischen Breuninger und Karlsplatz<br />
noch zu ändern? Unterstützt von mehr<br />
als 3 000 Unterschrien und zahlreichen<br />
Prominenten fordert die Initiative Gedenkort<br />
Hotel Silber, dass das Gebäude<br />
nicht abgerissen, sondern erhalten und<br />
ausgebaut wird zu einem NS-Dokumentationszentrum<br />
für Würemberg.<br />
Die Fraktionsgemeinscha SÖS und<br />
LINKE unterstützt diese Forderung von<br />
Anfang an. „Das könnt Ihr vergessen“,<br />
sagten uns alle anderen <strong>Stadt</strong>ratsfraktionen.<br />
Die Fronten standen wie Beton.<br />
Allenfalls ein Gedenkraum im Keller<br />
wurde unterstützt.<br />
„Der Abriss des Hauses<br />
wäre für mich eine Kulturschande.“<br />
Am 22.02.<strong>2010</strong> haben wir im Rathaus<br />
eine öffentliche Anhörung durchgeführt.<br />
Zwölf <strong>Stadt</strong>ratsmitglieder und insgesamt<br />
mehr als 160 Menschen kamen, die<br />
Presse berichtete breit. Seitdem ist die<br />
Diskussion wieder in Gang gekommen.<br />
Die entscheidenden Punkte der Anhörung<br />
waren: Professor Roland Ostertag<br />
konnte nachweisen, dass das Gebäude<br />
im Krieg nicht völlig zerstört wurde,<br />
sondern zu 75% erhalten blieb. Es stellt<br />
also einen authentischen historischen<br />
Ort dar. Caroline Hatje, deren Großmutter<br />
vom „Hotel Silber“ den Weg ins KZ<br />
und in den Tod gehen musste, machte<br />
eindringlich klar, dass es für die Angehörigen<br />
von Opfern des Faschismus<br />
wichtig ist, diesen authentischen Ort der<br />
Erinnerung zu behalten. Joachim Stein<br />
vom Schwulen- und Lesbenzentrum berichtete,<br />
dass Schwule in dem Haus im<br />
Drien Reich misshandelt und nach dem<br />
Krieg wieder von der Polizei verfolgt<br />
wurden. Der Arzt Dr. Marquardt zeigte<br />
am Beispiel seiner Forschungen über die<br />
Kinder-Euthanasie, wie vieles noch zu<br />
erforschen ist über die NS-Geschichte im<br />
Land und in Stugart. Dr. Jung, Leiter<br />
des NS-Dokumentationszentrums in<br />
Köln, erklärte, es sei ein Glücksfall, wie<br />
viel historische Substanz vom Hotel<br />
Silber noch erhalten ist, dass aber der<br />
Umgang mit dem historischen Gebäude<br />
in der Nachkriegszeit ebenso ein bedeutendes<br />
historisches Moment ist. „Der<br />
Foto: Roland Hägele<br />
Abriss des Hauses wäre für mich eine<br />
Kulturschande“, rief er aus.<br />
<strong>Stuttgart</strong> darf nicht geschichtsund<br />
gesichtslos werden!<br />
> Jetzt sagen Land, Firma Breuninger<br />
und der OB, dass die <strong>Plan</strong>ung für das<br />
Quartier am Karlsplatz überarbeitet<br />
werden müsse. Die SPD im <strong>Stadt</strong>rat tri<br />
nun für die Einrichtung eines NS-Dokumentationszentrums<br />
ein. Die CDU<br />
fordert eine öffentliche Veranstaltung<br />
zur Erarbeitung eines Konzepts. Die<br />
SPD-Landtagsfraktion hat einen Antrag<br />
für ein NS-Dokumentationszentrum gestellt.<br />
Unsere öffentliche Anhörung hat<br />
die Diskussion wieder angefacht. Aber<br />
über das Gebäude wollen sie alle nicht<br />
reden. Die GRÜNEN haben schon lange<br />
von einem „<strong>Plan</strong> B“ |Seite 4|<br />
Mehr Informationen unter<br />
www.gedenkort-hotel-silber.de<br />
www.spur-der-erinnerung.de<br />
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