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Behaviorismus, Gestaltpsychologie und Kognitive Psychologie im ...

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Hans-Jörg Herber: Paradigmenvergleich<br />

Eine weiteren Einschränkung sowohl <strong>im</strong> aktuellen lauten Denken, besonders aber bei der<br />

retrospektiven, reflektierenden Introspektion hängt mit erwartungsgenerierten Selektionen des<br />

Wahrnehmungs- wie des Erinnerungsmaterials zusammen. Diese Selektivität wird nicht nur<br />

durch kognitive Faktoren best<strong>im</strong>mt (wie z.B. durch Kapazitätsgrenzen der aktuellen Informationsverarbeitung,<br />

des Nicht-Verfügens über taugliche Begriffe, Schemata, semantische<br />

Netzwerke für ein gegenstands- bzw. problemadäquates Clustering), sondern auch durch affektive<br />

Einstellungsfaktoren, Motivationen (offene Bedürfnisse), etc. (vgl. z.B. Freud 1944,<br />

Bruner & Goodman 1947, Roth 1981, Herber 1979, 1998a, Claxton 1997).<br />

Die von Behavioristen (z.B. Watson 1913, 1924, 1925) <strong>und</strong> paradigmenverschmelzenden,<br />

späteren Motivationsforschern (z.B. McClelland 1984, 1995) berichteten Inkompatibilitäten<br />

zwischen bewussten (reflexiven) Selbstauskünften <strong>und</strong> dem tatsächlich beobachtbaren Verhalten<br />

sind nicht wegzudiskutieren <strong>und</strong> müssen zukünftig auch in der Weiterentwicklung des<br />

kognitionspsychologischen Paradigmas systematischer als bisher berücksichtigt werden: E-<br />

motionen <strong>und</strong> Motivationen nicht zum Gegenstand kognitionspsychologischer Untersuchungen<br />

zu machen – etwa was Einschränkungen bzw. Generierungen von Suchräumen für kognitive<br />

Prozesse betrifft – ist das Gegenteil von einer kognitiv-explikativen, rationalen Problemlösestrategie,<br />

womit wir be<strong>im</strong> Ausgangspunkt unserer Überlegungen angelangt wären: Die<br />

Grenzen von kognitiven Objekt- <strong>und</strong> Metatheorien sind ineinander “verschoben”, beide Bereiche<br />

bedingen einander in vielfältiger Weise (vgl. Newell & S<strong>im</strong>on 1972, Berkson & Wettersten<br />

1982, Herrmann 1987, Roth 1987, Alisch 1995, Herber et al. 1996, Herber 1996,<br />

1998c, Riffert 1999, Hofmann 2000).<br />

Die historische Auseinandersetzung zwischen <strong>Behaviorismus</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestaltpsychologie</strong> scheint<br />

mehr <strong>und</strong> mehr zu einer zwischen <strong>Behaviorismus</strong> <strong>und</strong> Kognitionspsychologie transformiert zu<br />

werden, wobei Theoriekern <strong>und</strong> Methodologie des <strong>Behaviorismus</strong> deutlich von entsprechenden<br />

kognitionspsychologischen Annahmen überformt <strong>und</strong> damit abgelöst werden (vgl. Dubs<br />

1995, Herber 1998c). Das theoretische <strong>und</strong> methodologische Wissen der <strong>Gestaltpsychologie</strong><br />

scheint inzwischen weitgehend in den Corpus kognitiver Theorienbildung integriert zu sein<br />

(vgl. z.B. Palmer 1992, Klix 1992, Eysenck 1994, Alisch 1995, Z<strong>im</strong>bardo & Gerrig 1999,<br />

Dörner 1999).<br />

Wahrscheinlich tun wir Recht in dem, was wir über unsere Lieblingstheorien <strong>und</strong> deren<br />

Hintergr<strong>und</strong>sparadigmen wissen <strong>und</strong> gerne sowie ausführlich darüber berichten. Aber: Sicher<br />

tun wir Unrecht in dem, was wir über andere - konkurrierende - Theorien <strong>und</strong> Paradigmen<br />

nicht wissen oder verschweigen.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Alisch, L.-M. (1995). Gr<strong>und</strong>lagenanalyse der Pädagogik als strenge praktische Wissenschaft. Berlin: Duncker &<br />

Humblot<br />

Alisch, L.-M. (1996). Pädagogisch-psychologische Handlungstheorie. Metatheorie - Theorie - Rekonstruktion.<br />

Braunschweig: Braunschweiger Studien zur Erziehungs- <strong>und</strong> Sozialarbeitswissenschaft, Bd. 35<br />

Anderson, J.R. (1987). Skill acquisition: Compilation of weak-method problem solutions. Psychological Review,<br />

94, 192-210<br />

Astleitner, H. & Plaute, W. (1988). Auswirkungen von sozialen Vergleichs-Informationen auf<br />

Handlungskontrollprozesse in Leistungssituationen. Salzburg: Unveröff. Diplomarbeit<br />

Astleitner, H. (1992). Motivations-Modellierung. Spezifikation einer S<strong>im</strong>ulation <strong>im</strong> Rahmen Motivational-<br />

Adaptiver Lehr-Lern-Interaktion. Münster: Waxmann<br />

Astleitner, H. & Herber, H.-J. (1993). Rechners<strong>im</strong>ulation von Auswirkungen unterschiedlicher Erfolgswahrscheinlichkeiten<br />

auf motivationale Prozesse. grkg Humankybernetik, 78-88<br />

Astleitner, H. (1997). Lernen in Informationsnetzen. Frankfurt: Lang<br />

Benbow, C.P. & Lubinski, D. (1996). Intellectual talent. Balt<strong>im</strong>ore: The Johns Hopkins University Press<br />

Berkson, W. & Wettersten, J. (1982). Lernen aus dem Irrtum. Hamburg: Hoffmann <strong>und</strong> Campe<br />

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