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Behaviorismus, Gestaltpsychologie und Kognitive Psychologie im ...

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Hans-Jörg Herber: Paradigmenvergleich<br />

higkeiten. Oder man traut sich entsprechende Fähigkeiten in best<strong>im</strong>mten Situationen zu<br />

(”covert reactions” ohne entsprechende Operationalisierung durch ”overt reactions”).<br />

Retrospektion als Basis für mehr oder weniger generalisierende Annahmen über die Beschaffenheit<br />

der eigenen kognitiven (motivationalen, etc.) Strukturen hat aber damit zu<br />

kämpfen, dass gegenüber aktuellen Einschätzungen überhöhte Angaben in beide Polrichtungen<br />

(also tendenziell extremere Schätzungen) gemacht werden (vgl. Perrez 2000).<br />

(3) Selbstauskünfte über eigene Einstellungen, Motivationen, Persönlichkeitsmerkmale als<br />

Reaktionen auf verbale Reize, deren Verständnis durch die individuelle Vp <strong>im</strong> Normalfall<br />

nicht überprüft wird - man verlässt sich bei solchen Selbstauskunftsverfahren auf die<br />

teststatistischen Verteilungen der Eichstichproben: Wie ein konkretes Individuum solch<br />

einen verbalen Reiz (in Form einer Antworten provozierenden Behauptung oder Frage)<br />

denotativ bzw. konnotativ (miss-)versteht, lässt sich der ”eindeutigen” Reaktion auf einer<br />

normierten Antwortskala (von totaler Zust<strong>im</strong>mung bis totaler Ablehnung, etc.) nicht entnehmen<br />

(direkte Erfassung).<br />

(4) Kognitiv kontrollierte (reflektierte) Selbstauskunft in Zusammenhang mit beobachtetem<br />

Verhalten: Vpn werden gefragt, was sie während eines Exper<strong>im</strong>ents gedacht haben <strong>und</strong><br />

warum sie ein best<strong>im</strong>mten Verhalten produziert haben. Davon erhofft man sich Auskunft<br />

über die ”zugr<strong>und</strong>eliegende” kognitive (motivationale, etc.) Struktur. Diese verbalen<br />

Retrospektionen können mit den Produkten des lauten Denkens während des Exper<strong>im</strong>ents,<br />

mit dokumentierten Verhaltensweisen (einschließlich Gestik, M<strong>im</strong>ik), mechanischen<br />

Reaktionen (z.B. auf der Computertastatur), physiologischen Kennwerten, etc. verglichen<br />

werden (direkte, gekoppelt mit indirekter Erfassung).<br />

(5) Lautes Denken während eines Problemlösevorganges (direkte Selbstauskunft).<br />

(6) Projektive Gedankenflüsse <strong>und</strong> Gefühlsäußerungen während des Erzählens einer Fantasiegeschichte<br />

in Fortsetzung eines normierten Geschichtenanfangs, angesichts diffuser<br />

Bildreize, etc. (indirekte Selbstauskunft).<br />

(7) (Quasi-)exper<strong>im</strong>entell kontrollierte Produktion kognitiver Leistungen oder z.B.<br />

emotionaler Prozesse (indirekte, schlussfolgernde Methode)<br />

(8) Wahlreaktionen zwischen verschiedenen Lösungsangeboten (indirekte Methode).<br />

(9) Subl<strong>im</strong>inale Reizdarbietung (indirekte Methode).<br />

(10) Physiologische Ableitungen (indirekte Methode).<br />

Die indirekte Erfassung kognitiver Fähigkeiten (<strong>und</strong> z.B. emotionaler Prozesse) hat sich als<br />

sehr fruchtbar in der Vorhersage realer Lebenssituationen erwiesen. Das steht in einem reliablen<br />

Gegensatz zur methodologischen Gr<strong>und</strong>auffassung vieler Kognitionspsychologen, dass<br />

kognitive Strukturen (<strong>und</strong> z.B. emotionale Prozesse) am besten durch direkte Methoden der<br />

Selbstauskunft erfasst werden könnten. Verschiedene Verfahren der Fähigkeits- <strong>und</strong> Persönlichkeitsdiagnostik<br />

korrelieren jeweils erstaunlich niedrig be<strong>im</strong> selben Konstrukt. Selbstauskunftsverfahren<br />

(vor allem Fragebögen) korrelieren zwar hoch untereinander, zeigen jedoch<br />

wenig systematische Übereinst<strong>im</strong>mung mit exper<strong>im</strong>entell variierten Verhaltensmaßen (z.B.<br />

Expertenratings von direkt beobachtbaren Verhaltensweisen oder projektiv geäußerten Gedanken-<br />

<strong>und</strong> Gefühlsflüssen). Selbstberichtete Fähigkeiten <strong>und</strong> Einstellungen haben wenig<br />

mit beobachtbarem Verhalten zu tun (vgl. Campbell & Fiske 1959, Heckhausen 1963, 1989,<br />

Vontobel 1970, McClelland 1972, 1984, 1995, Nisbett & Wilson 1977, Herber 1977, 1998a,<br />

Fleming 1982, Kuhl & Stahl 1986, McClelland et al. 1989, Plaute 1990, etc.).<br />

Wie kann man das erklären? Es scheint keine bloße methodologische Frage zu sein, sondern<br />

auch unterschiedliche Auffassungen der Theoriekerne kognitionspsychologischer Konstrukte<br />

zu treffen (betreffend das ”Wesen” von verschiedenen Kognitionen, Emotionen, Motivationen,<br />

etc.). Leider wurde der Erfassung kognitiver <strong>und</strong> z.B. motivationaler Prozesse<br />

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