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Faszination Golf Ausagbe 02/2014

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BEHIND THE SCENES<br />

BEHIND THE SCENES<br />

Entspannte Tradition, ehrfurchtsgebietende Historie und viel Herausforderung.<br />

Der Royal Liverpool GC hat sehr viele Facetten.<br />

rang Roberto de Vicenzo den berühmten<br />

Jack Nicklaus nieder und gewann<br />

als erster Argentinier ein Major-Turnier.<br />

Danach musste der Royal Liverpool <strong>Golf</strong><br />

Club 39 Jahre warten, ehe er wieder die<br />

Besten der Besten laden durfte. In dieser<br />

Zeit musste der in die Jahre gekommene<br />

Kurs deutlich verlängert und modernisiert<br />

werden. 2006 gewann Tiger Woods auf<br />

einem von Hitze extrem ausgetrockneten<br />

Par-72-Kurs mit Runden von 67, 65, 71<br />

und 67 ein Preisgeld von 720 000 Pfund.<br />

Und er durfte es behalten.<br />

Herr Josef und Justin spazieren auf das<br />

Putting Green. Lady Volt und ich bevorzugen<br />

das Driving Range. Es ist ein sonniger<br />

Tag mit leichtem Wind aus Nordost.<br />

Eher untypisch, weil es für gewöhnlich<br />

die meiste Zeit vom Meer aus nordwestlicher<br />

Richtung bläst. Herr Josef macht<br />

Fotos. Von der Uhr, von der Fahne, von<br />

der Teebox. Justin schwärmt vom Green.<br />

Von der Pflege, der Geschwindigkeit, der<br />

Linientreue. Das Bewusstsein für das<br />

Spezielle ist wieder da. Lady Volt und<br />

ich jagen in der Zwischenzeit Bälle in die<br />

Landschaft. Die Range liegt dem Platz<br />

inmitten, wird von den Bahnen 1, 15 und<br />

16 umschlossen – sehr ungewöhnlich.<br />

Um 10.45 Uhr finden wir uns auf Tee 1<br />

ein. Der Starter ist schon da und erklärt<br />

uns vor allem, dass von hier bis<br />

zur Mitte der Bahn links alles „out of<br />

bounds“ ist und danach rechts. Und<br />

zwar ganz knapp neben dem Fairway<br />

verlaufend. Man soll offenbar schon vom<br />

ersten Schlag weg das „Wow“-Gefühl<br />

ent¬wickeln. In Liverpool gibt es – kaum<br />

zu glauben – sogar Damenabschläge.<br />

Lady Volt hat daher 5896 Yards feinsten<br />

Links-<strong>Golf</strong>s vor sich. Fast so viel wie die<br />

Koreanerin Jiyai Shin, die hier 2012 die<br />

Women’s British Open mit neun Schlägen<br />

Vorsprung gewann. Herr Josef und<br />

ich starten von den gelben Boxen (6466<br />

Yards), Justin von der grünen Box (6933<br />

Yards). Im Juli werden die Superstars<br />

7258 Yards überwinden müssen. Auf den<br />

zweiten neun ist für sie keine Par-4-Spielbahn<br />

unter 400 Meter lang.<br />

Eine Liverpool-Spezialität: Die<br />

Pros starten bei den Open nicht von Tee<br />

1. Stattdessen beginnen sie die Runde<br />

traditionell auf der 17. Unsere 1 ist also ihre<br />

3. Was bedeutet: Unsere 16 ist ihre 18,<br />

und das ist ein spektakuläres Par 5 entlang<br />

des Range und der besseren Möglichkeit<br />

für die zahlreichen Tribünen. Der<br />

Ordnung halber beschreibe ich den Platz<br />

aber in der hobbymäßigen Reihenfolge.<br />

Loch 1 (Course, Par 4, 411 Yards<br />

von Gelb, 429 Yards bei den Open): ein<br />

Dogleg nach rechts, die einzige Bahn des<br />

gesamten Platzes ohne einen Bunker.<br />

Dafür ist die Out-Grenze ständiger Begleiter.<br />

Das typische Links-Feeling ist sofort<br />

da. Schmale Fairways, die sich durch<br />

furchteinflößende Rough-Landschaften<br />

schlängeln. Wir beginnen die Runde mit<br />

Rückenwind. Und Lady Volt ruft nach einem<br />

Misshit ins Out erstmals, was sie im<br />

Lauf des Tages noch oft rufen sollte: „Das<br />

glaub ich ja net!“ Ich hingegen produziere<br />

gleich einmal meinen ersten Dreiputt und<br />

glaube es auch.<br />

Loch 2 (Road, Par 4, 361/372 Yards):<br />

Der Teeshot ist beispielgebend für eine<br />

Eigenheit des Platzes – wenig Sicht auf<br />

die Landezonen, aber dafür eine umso<br />

bessere auf die Bunker am Rand der<br />

Fairways. Justin verfehlt mit seinem Driver<br />

zum zweiten Mal das Fairway und kann<br />

zum zweiten Mal das Par nicht retten.<br />

Erst nach der Runde wird er laut fragen:<br />

„Warum habe ich so oft den Driver<br />

genommen?“ Tiger Woods schlug 2006<br />

in vier Runden nur am ersten Tag ein einziges<br />

Mal mit dem Holz 1 ab. Das Green<br />

der 2 ist übrigens das einzige, das seit<br />

1869 ist, wo es ist.<br />

Loch 3 (Long, Par 5, 503/528 Yards):<br />

ein spektakuläres Par 5, das sich in<br />

großem Linksbogen über die ganze<br />

Distanz erstreckt. Der Rückenwind hilft,<br />

ich bin mit zwei perfekten Schlägen nur<br />

20 Meter vom Green entfernt, verschiebe<br />

den Birdie-Putt aus einem Meter. Lady<br />

Volt hingegen verliert im tiefen Kraut erst<br />

ihren Ball und dann ihre Laune. Tiger<br />

Woods, der 2006 mit nur einem Schlag<br />

Vorsprung auf DiMarco, Els und Garcia in<br />

den Schlusstag startete, spielte hier nach<br />

drei Birdies ein Eagle und legte damit den<br />

Grundstein zu seiner Open-Titelverteidigung.<br />

Das Green hier ist extrem groß und<br />

auf zwei Plateaus angelegt.<br />

Loch 4 (New, Par 3, 176/2<strong>02</strong> Yards):<br />

ein optisch tückisches Par 3. Es geht<br />

bergauf, der Wind kommt im Normalfall<br />

von der Seite. Neben dem Green erhebt<br />

sich ein riesiger Hügel, der zu rufen<br />

scheint: „Hierher mit den Bällen, ich habe<br />

Hunger!“ Ich gehorche. Herrn Josefs Abschlag<br />

liegt unterhalb des Greens in einer<br />

Senke – Chip, Dreiputt, na danke. Das<br />

Green hängt, Justin ärgert sich über eine<br />

unfaire Fahnen¬position nahe einer Welle.<br />

Loch 5 (Telegraph, Par 4, 364/453<br />

Yards): ein diabolisch angelegtes Loch.<br />

Ein Fairway, das sich zunehmend zum<br />

Flaschenhals verengt und dann von Wildwuchs<br />

vom Green getrennt ist. Wieder<br />

sind blinde Schüsse, noch dazu gegen<br />

den Wind, gefragt. Auf ein kleines Green.<br />

Herr Josef und Justin kommen nach wie<br />

vor nicht gut vom Green weg und ziehen<br />

bereits erste Zwischenbilanz zum Liverpooler<br />

Erlebnispark: „Na ja!“ Lady Volt<br />

bestätigt. Ich kämpfe noch mit Greens<br />

und Score, fühle mich aber prächtig.<br />

Tiger Woods bilanzierte hier mit drei Pars<br />

und einem Bogey.<br />

Loch 6 (Briars, Par 4, 363/423 Yards):<br />

Wasser auf die Mühlen jener, die vor<br />

allem die Tücken und nicht die spannende<br />

Herausforderung sehen wollen. Ein<br />

wilder Teeshot über eine riesige Ginsterlandschaft,<br />

die einen Out-of-bounds-<br />

Corner-bildet und in deren Mitte ein<br />

kleines Schild die optimale Driverichtung<br />

offenbart. Aber irgendwann verlassen die<br />

Bälle das Blickfeld, und es heißt: gehen,<br />

schauen, hoffen. Niemand von uns trifft<br />

das Fairway. Das Green ist von einigen<br />

Wellen und drei Bunkern besonders gut<br />

verteidigt. Hier kann alles passieren. Tut<br />

es auch.<br />

Loch 7 (Dowie, Par 3, 185/198 Yards):<br />

wieder ein Par 3 mit einer optischen<br />

Täuschung. Es geht leicht bergab, wirkt<br />

kürzer, als es ist, und die richtige Schlägerwahl<br />

bei Seitenwind ist gefragt. Herr<br />

Josef schießt seinen Ball in den rechten<br />

der beiden Bunkerwächter, beweist<br />

allerdings dann sein Händchen. Raus<br />

aus dem Sand, rein ins Loch. Sandy-Par<br />

vom Feinsten. Ich fabriziere nach einem<br />

viel zu kurzen Teeshot zur Abwechslung<br />

wieder einmal einen Dreiputt. Bogeys<br />

und Doppelbogeys begleiten mich. Aber:<br />

noch kein Strich.<br />

Loch 8 (Far, Par 5, 481/534 Yards): eine<br />

beeindruckende Bahn. Sie müsste Snake<br />

heißen. Bergauf, ext¬rem schmal und auf<br />

der gesamten linken Seite out. Herr Josef<br />

und Justin schießen ihre Bälle in das tiefe<br />

Rough rechts des Fairways. Unterschied:<br />

Der Pro findet seinen Ball nicht mehr.<br />

Erstmals erlebe ich ihn, den fröhlichen<br />

Geist, richtig angefressen. Möglicherweise<br />

wollte er zu viel. Denn am Tag davor<br />

spielte Justin in Wallasey eine Runde 4<br />

unter par, und vermutlich wollte er es sich<br />

hier noch mehr beweisen. Auch Lady Volt<br />

wirkt resigniert. Das äußert sich immer<br />

dann, wenn sie beginnt, mehr Fotos<br />

zu machen. Ich liege mit drei Schlägen<br />

knapp vor dem Green und notiere kurz<br />

darauf die 7. Die Stimmung könnte also<br />

besser sein.<br />

Loch 9 (Bowl, Par 4, 318/393 Yards):<br />

ein prachtvolles Par 4, wir sind an der<br />

Küste angelangt. Zu unserer Linken das<br />

Meer, vor uns eine Bergabspielbahn, die<br />

zum Angriff einlädt, ein grandioses Panorama.<br />

„That’s the spirit of links golf.“ Einzige<br />

Tücke hier: In der Landezone etwa<br />

50 Meter vor dem Green verengt sich das<br />

Fairway wie eine Wespentaille. Woods<br />

spielt hier an drei Tagen das Birdie. Mir<br />

gelingt immerhin das Par und damit die<br />

Wende, um mich am Ende über eine sehr<br />

gute <strong>Golf</strong>runde freuen zu können.<br />

Loch 10 (Dee, Par 4, 385/448 Yards):<br />

Perfidie in Perfektion. Ein lang gestrecktes<br />

Dogleg nach links. Und es ist einerlei,<br />

wie lang die Drives sind. An der rechten<br />

Seite, genau im Knick, sind im Abstand<br />

von 40 Metern drei böse Bunker platziert,<br />

die ein natür¬licher Ballmagnet sind. Bei<br />

den Open 2006 ent¬wickelte sich diese<br />

Spielbahn zur schwersten des Turniers.<br />

Und es war (neben der 1, 5, 15, 17 und<br />

18) auch eines jener sechs Löcher, die<br />

Tiger Woods an allen vier Tagen ohne<br />

Birdie, aber mit je einem Bogey verlassen<br />

musste. Justin hingegen spielt<br />

ausgerechnet hier sein erstes Birdie, ich<br />

produziere einen Dreiputt zum Par.<br />

Loch 11 (Alps, Par 3, 178/198 Yards):<br />

Halleluja, diese Optik ist abenteuerlich.<br />

Ein Teeshot parallel zum Meeresstrand,<br />

aber man sieht nahezu nichts vom Ziel.<br />

Denn es geht leicht bergauf, die Gräser<br />

sind hoch, und das Green ist vor allem<br />

breit, aber kaum tief. Und damit fast nicht<br />

zu treffen. Ich schaffe es aber und tue<br />

danach das Übliche: einen Dreiputt zum<br />

Bogey spielen. Justin äußert sich kritisch:<br />

Er ist der Meinung, dass Royal Liverpool<br />

zu viele unfaire Komponenten besitzt. Da<br />

ich gut in Schwung bin, mag ich das nicht<br />

bestätigen.<br />

Loch 12 (Hilbre, Par 4, 396/456 Yards):<br />

Die 12 ist beinahe ein Abziehbild der 10.<br />

Drive leicht bergab, Dogleg nach links,<br />

der Knick ist innen und außen mit jeweils<br />

zwei listigen Bunkern versehen. Der<br />

Approach hingegen ist zur Abwechslung<br />

wieder einmal ein blinder Schuss in<br />

Richtung eines deutlich höher gelegenen<br />

Greens. Ich schaffe an dieser Stelle meinen<br />

Dreiputt-Hattrick. Tiger Woods indessen<br />

fabrizierte hier möglicherweise den<br />

Schlag des Turniers. Denn er versenkte<br />

den Ball aus 172 Yards Entfernung zum<br />

Eagle. Es war ein wesentlicher Baustein<br />

zu seiner 65 am zweiten Tag, die Platzrekord<br />

bedeutete, den er sich aber bis<br />

heute mit Chris DiMarco, Ernie Els und<br />

Sergio Garcia teilen muss.<br />

Loch 13 (Rushes, Par 3, 148/198<br />

Yards): Abschied vom Meer, wir spielen<br />

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