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Wenn auf Sylt der Winter langsam dem Frühling<br />
weicht, machen sich alljährlich eine Million Immigranten<br />
auf den Weg. Sie stammen aus Irland und gehen<br />
per Lkw und Fähre auf eine dreitägige Reise, bevor<br />
sie im Lister Wattenmeer eingebürgert werden. Drei<br />
Jahre lang gilt ihr Aufenthaltsrecht – dann werden sie<br />
verspeist.<br />
In List findet sich Deutschlands einzige Austernzucht.<br />
Ein Gewerbe mit langer Tradition, denn schon<br />
vor tausend Jahren ließ der dänische König Knut<br />
der Große englische Schalentiere vor Nordfrieslands<br />
Küste ansiedeln. Seit 1986 sorgt das Unternehmen<br />
„Dittmeyer‘s Austern-Compagnie“ für eine professionelle<br />
Zucht und Vermarktung der Delikatessen, die<br />
unter dem Namen „Sylter Royal“ bundesweit in den<br />
Handel gelangen.<br />
Wenn die Mitarbeiter im März auf den Traktor steigen,<br />
dann wird ein besonderes Feld bestellt. Es hat die<br />
Größe von fast 40 Fußballfeldern und liegt mitten im<br />
Wattenmeer. Dort, ein paar hundert Meter vor der<br />
Küste von List, hat „Dittmeyer‘s Austern-Compagnie“<br />
ein 35 Hektar großes Areal vom Land Schleswig-Holstein<br />
gepachtet, das im Wechsel von Ebbe und Flut<br />
alle sechs Stunden trocken fällt oder überflutet wird.<br />
Für diesen Bereich gilt im übrigen ein Betretungsverbot;<br />
Urlauber haben jedoch die Möglichkeit, an einer<br />
der Exkursionen zu den Austernbänken teilzunehmen,<br />
die während der Saison von der Kurverwaltung<br />
List regelmäßig angeboten werden.<br />
Die kalte Jahreszeit haben die Meeresbewohner in<br />
großen Wasserbassins auf dem Lister Betriebsgelände<br />
verbracht, wobei den Bassins durch eine 200<br />
Meter lange Pipeline kontinuierlich frisches Meerwasser<br />
zugeführt wird. Geschäftsführerin Bine Pöhner:<br />
„Würden wir die Austern über Winter im Watt lassen,<br />
könnten sie bei strengem Frost durch die Eisdecke<br />
zerdrückt werden.“ Eine Gefahr, die seit jeher besteht:<br />
„Unter einer gewaltigen Eisdecke, die vom November<br />
1829 bis zum April 1830 auf dem Lister Watt<br />
ruhte, erstickten fast alle Austern. Die Bänke hatten<br />
sich erst nach 25 Jahren wieder völlig erholt“, notierte<br />
ein Chronist.<br />
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