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Winter 2009 - Evangelische Kirchengemeinden Schömberg und ...

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Andacht<br />

Terminblatt<br />

Advent: In dunkler <strong>Winter</strong>zeit entzünden<br />

wir die Lichter, warme Kerzen auf den<br />

Tischen, Leuchtlampen auf den Straßen,<br />

an den Fenstern <strong>und</strong> Häusern. Und Jahr<br />

um Jahr kommen mir die Menschen, obwohl<br />

sie sich doch in dicke, schwere<br />

Mäntel hüllen <strong>und</strong> ihre Gesichter unter<br />

warme Mützen <strong>und</strong> Kapuzen verstecken,<br />

offener, empfindsamer, verletzlicher,<br />

nackter vor. Als würden in dieser Zeit die<br />

Schutzschichten, die auf unserer Seele<br />

liegen, weicher, zarter, durchlässiger. Als<br />

würden überall ein wenig die Herzpanzer<br />

abgelegt. Dafür erscheint etwas anderes<br />

in den Augen. Im Schein der Adventslichter<br />

glänzt in den Gesichtern etwas Träumerisches<br />

auf, etwas Melancholisches<br />

auch: der Schimmer der Sehnsucht. Aus<br />

irgendwelchen Abgründen der Seele, so<br />

scheint es, steigt ein Hunger auf. Ein<br />

Hunger, der sich mit nichts, was wir haben,<br />

stillen lässt… Wir können das Aufkommen<br />

solcher Gefühle abtun als adventliche<br />

Anwandlung. Als seltsame Gefühlsduselei,<br />

die uns wie eine stetig wiederkehrende<br />

Krankheit nun einmal von<br />

Zeit zu Zeit befällt. Als Gefühlskitsch,<br />

den man sich zwar gestattet, aber im<br />

Gr<strong>und</strong>e doch nicht ernst nimmt. Wir können<br />

aber auch umgekehrt etwas Wesentliches<br />

darin erblicken Advent: Dann sehen<br />

wir darin das Aufleuchten von etwas Unstillbaren<br />

in uns, das - mystisch gesprochen<br />

- den Weg weist zu jener Kammer in<br />

unserer Seele, die allein Gott zu betreten<br />

<strong>und</strong> zu füllen vermag. In dem Augenblick,<br />

in dem wir dies erkennen, wird der<br />

Hunger zum Ruf: „Meine Seele wartet<br />

auf den Herrn mehr als die Wächter auf<br />

den Morgen.“ (Ps130) Im gleichen Augenblick<br />

treten wir auch ein in den Zug<br />

jener Jungfrauen aus Mt 25, welche des<br />

Nachts die hochzeitliche Ankunft des<br />

HERRN erwarten.<br />

Lasst uns deshalb dieses Unstillbar-<br />

Sehnsüchtige in uns nicht belächeln <strong>und</strong><br />

niedrig halten. Lasst uns vielmehr den<br />

Hunger spüren! Ja, lasst das Unstillbar-<br />

Sehnsüchtige in uns wachsen! Lasst es<br />

groß <strong>und</strong> größer werden! Sehnsucht <strong>und</strong><br />

Hunger führen uns doch nur dem kommenden<br />

Gott entgegen! In diesem Sinne<br />

lese ich die vor hemmungs- <strong>und</strong> maßloser<br />

Sehnsucht berstenden Zeilen von Johann<br />

Nestroy geradezu als Anweisung zur adventlichen<br />

Erwartung:<br />

"Ich hab so einen Hunger, dass ich vor<br />

Durst nicht mehr weiß, wo ich heut<br />

nacht schlafen soll, so friert's mich."<br />

Mit herzlichem Gruß<br />

Ihr Kurpfarrer Matthias Eidt<br />

2 <strong>Winter</strong> <strong>2009</strong> Gemeindebrief<br />

Evang. <strong>Kirchengemeinden</strong> Schömberg - Oberlengenhardt 15

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