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SEEMANNSCHAFT & SEGELPRAXIS<br />
BLITZSCHLAG<br />
schlägen sicher. Überschläge entstehen,<br />
wenn <strong>de</strong>r Blitz sich einen Weg durch das<br />
Schiff ‚suchen’ muss. Im ungünstigsten<br />
Fall über <strong>de</strong>n Menschen. Verantwortlich<br />
ist dafür <strong>de</strong>r sogenannte Potenzialausgleich,<br />
<strong>de</strong>r zwischen zwei verschie<strong>de</strong>n<br />
gela<strong>de</strong>nen Objekten stattfin<strong>de</strong>t. Die<br />
Potenzialunterschie<strong>de</strong> an und unter<br />
Deck sind bei einem nicht geer<strong>de</strong>ten<br />
Schiff gewaltig, und es sind extrem hohe<br />
Spannungen erfor<strong>de</strong>rlich, um einen Potenzialausgleich<br />
zwischen <strong>de</strong>n Objekten<br />
zu schaffen. Daher müssen sowohl Mast,<br />
Wanten und Stagen als auch Relingsstützen<br />
und alle größeren Metallgegenstän<strong>de</strong><br />
durch Leitungen mit einer gemeinsamen<br />
Er<strong>de</strong> verbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Mit einem<br />
Querschnitt von 16 Quadratmillimetern<br />
bei Wanten und Stagen und acht bei Relingsstützen<br />
sind die Kabel ausreichend<br />
dimensioniert, um <strong>de</strong>n Strom sicher zu<br />
leiten und einen für <strong>de</strong>n Menschen ungefährlichen<br />
Potenzialausgleich im Schiff<br />
zu schaffen. Die elektrische Verbindung<br />
<strong>de</strong>s Mastes zur Er<strong>de</strong> sollte min<strong>de</strong>stens<br />
über einen M8- o<strong>de</strong>r besser einen M10-<br />
Bolzen geschehen. Manche Schiffe verfügen<br />
über eine Maststütze aus E<strong>de</strong>lstahl,<br />
die allerdings elektrisch nicht mit <strong>de</strong>m<br />
Mast verbun<strong>de</strong>n ist. Nur die Maststütze<br />
zu er<strong>de</strong>n ist daher nicht genug. Erst<br />
muss eine Verbindung zwischen Mast<br />
und Stütze hergestellt wer<strong>de</strong>n. Wenn<br />
die Kräfte <strong>de</strong>s Mastes unter Deck durch<br />
das Hauptschott aus Holz aufgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n, ist es etwas aufwändiger, <strong>de</strong>n<br />
Mast zu er<strong>de</strong>n. In diesem Fall darf man<br />
auch nicht <strong>de</strong>r Versuchung erliegen, das<br />
Erdungskabel hinter <strong>de</strong>r Deckenverkleidung<br />
bis an die Bordwand zu führen, um<br />
es an ihr entlang nach unten zu führen.<br />
Um menschliche Opfer bei einem Blitzschlag<br />
zu vermei<strong>de</strong>n, müssen optische<br />
Opfer gebracht wer<strong>de</strong>n: Die Haupterdung<br />
muss vom Mast kommend auf direktem<br />
Wege nach unten geführt wer<strong>de</strong>n – am<br />
Hauptschott entlang. Keine Knicke, keine<br />
großen Kurven.<br />
Bei <strong>de</strong>r Erdung eines Blitzschutzes ist<br />
interessanterweise das Fahrtgebiet von<br />
entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung. Da Salzwasser<br />
eine wesentlich bessere Leitfähigkeit<br />
besitzt als Süßwasser, ist <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstand<br />
im Süßwasser, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r elektrische Strom<br />
überwin<strong>de</strong>n muss, teilweise hun<strong>de</strong>rtmal<br />
höher. Durch einen elektrischen Wi<strong>de</strong>rstand<br />
( R ) wird eine Spannung ( U ) erzeugt,<br />
sobald Strom ( I ) anliegt. In einer<br />
Formel ausgedrückt: U= R x I<br />
<br />
<br />
<br />
Dadurch ergeben sich auf Binnenrevieren<br />
mit Süßwasser erstaunlich hohe<br />
Spannungen, die nur durch eine ausreichend<br />
große Erdungsfläche kontrolliert<br />
wer<strong>de</strong>n können.<br />
Vereinfacht dargestellt:<br />
• eine kleine Platte mit 0,02 Quadratmetern<br />
hat in <strong>de</strong>r Nordsee einen Erdübergangswert<br />
von einem Ohm: 20.000 x 1 =<br />
20.000 Volt<br />
• dieselbe Platte hat im IJsselmeer einen<br />
Erdübergangswert von stolzen 100 Ohm:<br />
20.000 x 100 = 2.000.000 Volt<br />
Ist das Schiff nicht ausreichend geer<strong>de</strong>t,<br />
entsteht hohe Spannung – im schlimmsten<br />
Fall kann es zu rückwärtigen Überschlägen<br />
kommen: Der Blitz schlägt aus<br />
<strong>de</strong>m Wasser zurück in das Schiff.<br />
Daher ist gera<strong>de</strong> in Süßwassergebieten<br />
auf eine ausreichen<strong>de</strong> Erdung zu achten!<br />
Schiffe mit untergebolzten Metallkielen<br />
sind wesentlich einfacher nachzurüsten,<br />
da <strong>de</strong>r Kiel als Er<strong>de</strong> verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Die einzelnen Leitungen wer<strong>de</strong>n<br />
in diesem Fall am Kielbolzen zusammengeführt.<br />
Schwieriger gestaltet sich<br />
WEITERFÜHRENDE LITERATUR<br />
das Nachrüsten auf Schiffen mit einem<br />
ummantelten Kiel. Am Unterwasserschiff<br />
muss eine Kupfer- o<strong>de</strong>r Stahlplatte befestigt<br />
wer<strong>de</strong>n, die mit <strong>de</strong>n Leitern unter<br />
Deck verbun<strong>de</strong>n wird.<br />
Ein ausreichen<strong>de</strong>s und komplettes<br />
Blitzschutzsystem nachzurüsten, ist eine<br />
kosten- und zeitintensive Maßnahme, die<br />
an Bord aufgrund <strong>de</strong>r beengten Platzverhältnisse<br />
oft nicht zu 100 Prozent<br />
möglich ist. Daher ist ein komplettes<br />
Blitzschutzsystem oft nur innerhalb<br />
eines Totalrefits möglich, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Innenraum zu großen Teilen entkernt<br />
wur<strong>de</strong>. Nur so lassen sich die Leitungen<br />
exakt verlegen und die Bor<strong>de</strong>lektronik<br />
entsprechend installieren. Auf<br />
älteren und kleineren Schiffen können<br />
die Kosten schnell an <strong>de</strong>n Zeitwert <strong>de</strong>s<br />
Bootes grenzen. Weshalb im Fachhan<strong>de</strong>l<br />
behelfsmäßige Blitzschutzanlagen<br />
vertrieben wer<strong>de</strong>n, die nach einem<br />
einfachen, aber auch effektiven Prinzip<br />
funktionieren:<br />
Am Mast wird ein Kugelkopfbolzen<br />
fest installiert. Sobald ein Gewitter<br />
aufzieht, wird eine Schraubklemme<br />
an ihm befestigt und durch Leitungen<br />
und Fe<strong>de</strong>rklemmen an <strong>de</strong>n Oberwanten<br />
befestigt. Auf <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r Oberwanten<br />
wird ein Kupfergewebeband min<strong>de</strong>stens<br />
1,50 Meter in das Wasser gelassen. Der<br />
Faradaysche Käfig ist geschlossen und<br />
<strong>de</strong>r Blitz wird auf direktem Weg ins Wasser<br />
abgeführt. Das Kupfergewebeband<br />
erreicht allerdings nicht die erfor<strong>de</strong>rliche<br />
Erdungsfläche, um Überschläge zu<br />
vermei<strong>de</strong>n. Ein gewisses Restrisiko bleibt<br />
bestehen und Vorsicht ist aufgrund <strong>de</strong>s<br />
höheren Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s im Süßwasser<br />
gera<strong>de</strong> auf Binnenrevieren geboten. Bei<br />
Mörer Schiffselektronik, die seit einigen<br />
Jahren eine durch <strong>de</strong>n Verband <strong>de</strong>r Elektrotechnik<br />
(VDE) geprüfte Anlage vertreiben,<br />
kostet das komplette System für ein<br />
32 Fuß Schiff circa 470 Euro.