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Praunheim - Senioren Zeitschrift Frankfurt

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<strong>Frankfurt</strong> und seine Stadtteile / Serie<br />

<strong>Praunheim</strong><br />

<strong>Praunheim</strong>s Mitte vom Durchgangsverkehr<br />

zu der neuen Siedlung entlasten<br />

sollte. Doch seit über 40 Jahren<br />

sind die Planungen nicht vollständig<br />

umgesetzt.<br />

Der Volkspark Niddatal wird auch Niddapark genannt.<br />

Eine der ältesten Zeitzeugen in<br />

dem sechs Kilometer nordwestlich<br />

der Einkaufsstraßen und<br />

Bankentürme der <strong>Frankfurt</strong>er Innenstadt<br />

gelegenen Stadtteil ist die<br />

Zehntscheune. Das rustikal-wuchtige<br />

Bauwerk stammt aus dem 14. Jahrhundert.<br />

Zu jener Zeit lagerten an<br />

diesem Ort die Naturalien des „Zehnten“,<br />

den die Bewohner des dörflichen<br />

<strong>Praunheim</strong> regelmäßig abzugeben<br />

hatten. Heute ist das Bauwerk<br />

als Bürgerhaus für die <strong>Praunheim</strong>er<br />

da. Das historische Gebäude ist<br />

Schauplatz von Kultur. Versammlungen<br />

finden dort statt, der für den<br />

Stadtteil zuständige Ortsbeirat trifft<br />

sich zu seinen Sitzungen. Das jährliche<br />

Zehntscheunenfest, mit dem die<br />

Bewohner ihren Stadtteil feiern, ist<br />

auch für seine besondere Atmosphäre<br />

bekannt. Fachwerkhäuser,<br />

enge Straßen, die alte Auferstehungskirche<br />

im historischen Ortskern<br />

erzählen zusätzlich von der<br />

dörflichen Geschichte.<br />

Die Zeugen der jüngeren Vergangenheit<br />

haben auch andere Erzählungen<br />

parat. Fred Illenberger zum<br />

Beispiel: Der Verkehr quäle sich zu<br />

den Stoßzeiten zwischen den Fachwerkhäusern<br />

durch, kritisiert der<br />

<strong>Praunheim</strong>er: „In Alt-<strong>Praunheim</strong><br />

Fotos (5): Oeser<br />

staut es sich endlos.“ Wer dort wohnt,<br />

hat unter Abgasen und Verkehrslärm<br />

zu leiden. Der Stadtteil ist<br />

außerdem durch viele Großbaustellen<br />

belastet, etwa die Sanierung und<br />

die Umbauten in der Heinrich-Lübke-<br />

Siedlung oder die Sanierung der<br />

Heerstraße.<br />

Ende des vergangenen Jahres sollte<br />

der erste Bauabschnitt beendet<br />

sein, Lärm und Umwege beim Überqueren<br />

gehen weiter. Illenberger formuliert<br />

es dennoch positiv: „Wir<br />

freuen uns auf eine gut sanierte<br />

Heerstraße.“<br />

Warten auf die<br />

Ortsumfahrung<br />

Auf die ersehnte Ortsumfahrung,<br />

die den Stadtteil vom Durchgangsverkehr<br />

entlasten könnte, warten die<br />

<strong>Praunheim</strong>er dagegen noch immer.<br />

Das tun sie schon lange. Richard<br />

Vallery kann sich noch an das erste<br />

Planfeststellungsverfahren erinnern,<br />

das in den 1970er Jahren begann.<br />

„Die Heerstraße ist die einzige Ost-<br />

West-Verbindung neben der A 661“,<br />

sagt der 73-Jährige. Deshalb wünschen<br />

sich die <strong>Praunheim</strong>er die Ortsumfahrung.<br />

Mit dem Bau der Nordweststadt<br />

war das Versprechen auf<br />

eine Umgehung verbunden, die<br />

Ernst Mays Erbe<br />

allgegenwärtig<br />

Richard Vallery lässt sich davon<br />

allerdings nicht abschrecken. Der<br />

Rentner lebt gerne hier. Die nahe<br />

Natur mit der Nidda, die direkt<br />

neben der Siedlung fließt, dazu der<br />

weitläufige Volkspark Niddatal und<br />

die schnelle Verbindung zur Innenstadt<br />

via U 6. 1940 in <strong>Praunheim</strong><br />

geboren, lebt Vallery in einem der in<br />

den 1920er Jahren entstandenen<br />

Siedlungshäuser an der Heerstraße,<br />

die nach den Planungen des damaligen<br />

<strong>Frankfurt</strong>er Stadtbaurats Ernst<br />

May gestaltet wurden. Das Reihenhaus<br />

der Reichsheimstättensiedlung<br />

haben schon seine Eltern erworben,<br />

der Sohn zahlte später die<br />

beiden Geschwister aus und lebt bis<br />

heute darin. Zeitzeuge Vallery erinnert<br />

sich an den Wandel seiner Siedlung.<br />

„Es gab eine Zeit, da waren die<br />

Straßennamen noch nach deutschen<br />

Kolonien benannt“, weiß er. „Togoweg“<br />

oder „Neuguineaweg“ habe auf<br />

den Straßenschildern gestanden.<br />

Heute liest man die Namen bekannter<br />

Sozialdemokraten, zum Beispiel<br />

„Johanna Kirchner-Straße“.<br />

<strong>Praunheim</strong>, Stadtteil der Bauten<br />

des Neuen <strong>Frankfurt</strong>: Neben den<br />

Eigenheimen der <strong>Praunheim</strong>er Siedlung<br />

gibt es im Stadtteil mit den<br />

Mietshäuschen Westhausens eine<br />

weitere Siedlung aus der Feder des<br />

innovativen und sozialen Stadtplaners<br />

Ernst May.<br />

Immer wieder bekommt Fred Illenberger<br />

daher Besuch aus ganz<br />

Deutschland. „Architekten wollen die<br />

Siedlung besuchen, die sich für die<br />

Bauweise interessieren“, sagt der<br />

73-jährige <strong>Praunheim</strong>er, der seit seiner<br />

Pensionierung als Vorsitzender<br />

52 SZ 1/2014


Blick in den Ortskern.<br />

des örtlichen Siedlervereins wirkt.<br />

Schließlich ist der Stadtteil einst Vorreiter<br />

gewesen. <strong>Praunheim</strong> war zum<br />

Beispiel die erste Siedlung, deren<br />

Häuser mit der damals hochmodernen<br />

sogenannten <strong>Frankfurt</strong>er Küche<br />

ausgestattet waren, der damals<br />

ersten kleinen Einbauküche mit kurzen<br />

Wegen, die die Hausfrau bei der<br />

Arbeit entlasten sollte. Heute seien<br />

nur noch einige wenige Exemplare<br />

in den May-Häusern der Siedlung<br />

vorhanden, so Illenberger. Trotzdem<br />

steht die Siedlung im Gegensatz zu<br />

den Häusern Westhausens nicht<br />

unter Denkmalschutz. „Zum Leidwesen<br />

der Denkmalschützer und zur<br />

Freude der Bewohner, die ihr Zuhause<br />

nach ihren Wünschen gestalten<br />

und umbauen dürfen.“ Gerade für<br />

die Älteren ist das nicht unwichtig.<br />

Denn die Häuschen besitzen keine<br />

Toilette im Erdgeschoss und so konnte<br />

mancher Siedler nachträglich eine<br />

einbauen lassen.<br />

Gut möglich, dass sich auch demnächst<br />

städtebaulich wieder etwas<br />

tut in <strong>Praunheim</strong>: Zumindest hat es<br />

eine Planungswerkstatt gegeben. „Es<br />

waren viele Bürgerinnen und Bürger<br />

da und haben intensiv mitgearbeitet“,<br />

freut sich Walter Seubert,<br />

der als Stadtverordneter für den<br />

Stadtteil <strong>Praunheim</strong> zuständig ist.<br />

Es geht um den Platz vor Auferstehungskirche<br />

und Zehntscheune. „Ein<br />

historisches und schönes Ensemble,<br />

das eine Aufwertung als Anziehungspunkt<br />

erfahren soll.“ Nach dem Abriss<br />

des evangelischen Pfarrhauses<br />

und dem geplanten Wegzug der<br />

<strong>Praunheim</strong>er Werkstätten ging es<br />

um die Frage, wie der alte Ortskern<br />

gestaltet werden könnte. Ein Künstlerhaus<br />

in den ehemaligen Räumen<br />

der <strong>Praunheim</strong>er Werkstätten, eine<br />

bauliche Öffnung des Ortskerns zur<br />

Nidda hin, so lauten zwei der Ideen.<br />

So besitzt der alte Kern des einmal<br />

so dörflichen <strong>Praunheim</strong> die Chance,<br />

noch mehr das zu werden, was er<br />

heute bereits ist: ein lebendiger<br />

Zeuge früherer Zeit. Katrin Mathias<br />

<strong>Praunheim</strong>er feiern gern beim Zehntscheunenfest.<br />

Ein Adler an der Fassade des Bunkers an der<br />

Olbrichstraße.<br />

Häuser der Ernst-May-Siedlung an der Dauerbaustelle Heerstraße.<br />

SZ 1/2014<br />

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