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Wo stehen wir in der Grammatiktheorie? - Seminar für ...

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se auch h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> dar<strong>in</strong> verwendeten semantischen Konstrukte massiv vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. 15<br />

Von Seiten <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> HPSG arbeitenden L<strong>in</strong>guisten werden <strong>in</strong>dessen diese Ausarbeitungen<br />

ihres Frameworks so gut wie nicht wahrgenommen, und man kann davon ausgehen, dass nur<br />

e<strong>in</strong>e verschw<strong>in</strong>dende M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit von Spezialisten diese im Pr<strong>in</strong>zip <strong>für</strong> die Interpretation ihrer<br />

Forschung relevanten Unterschiede überhaupt kennt. Es <strong>in</strong>teressiert sich am Ende e<strong>in</strong>fach<br />

nahezu niemand da<strong>für</strong>.<br />

4. E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Gründe hier<strong>für</strong> liegt natürlich auch dar<strong>in</strong>, dass die Formalisierung ke<strong>in</strong> Selbstzweck<br />

ist, son<strong>der</strong>n relevante Fragen beantworten soll. In <strong>der</strong> Vergangenheit waren es wohl<br />

wichtige negative Resultate wie die von Gold (1967) o<strong>der</strong> von Peters & Ritchie (1973), die<br />

dem Ma<strong>in</strong>stream die Laune und das Interesse verdorben haben. Wie schon Geoffrey Pullum<br />

(1989) beklagte:<br />

The extent to which most of today’s “generative grammar” enthusiasts have abandoned<br />

any aspiration to a formal orientation [. . . ] can only be described as utter.<br />

Diese Anti-Orientierung hat sich natürlich <strong>in</strong> dem Maße verstärkt, wie die Konsensfähigkeit<br />

e<strong>in</strong>zelner Ausarbeitungen abnimmt, dies wie<strong>der</strong>um als Konsequenz des Zerfalls <strong>in</strong> Subtheorien,<br />

aber auch als mögliche Reaktion darauf, dass sich <strong>für</strong> e<strong>in</strong>zelne Ausarbeitungen des M<strong>in</strong>imalismus<br />

genau jene formalen Resultate (Typ-0-Äquivalenz) replizieren ließen, die schon<br />

vor 40 Jahren <strong>für</strong> Frust gesorgt haben (s. Kobele & Michaelis 2009). 16<br />

5. Ebenso aussichtslos sche<strong>in</strong>t die Suche nach Äquivalenzen qua Formalisierung. Was wäre<br />

denn überhaupt das Kriterium <strong>der</strong> Vergleichbarkeit? Es sche<strong>in</strong>t uns nicht ganz unoffensichtlich,<br />

dass be<strong>stehen</strong>de Frameworks gar nicht über denselben Gegenstand reden. Und <strong>in</strong><br />

dem Maße, wie die <strong>in</strong>tendierten Anwendungen <strong>in</strong> die Interpretation <strong>der</strong> theoretischen Begriffe<br />

e<strong>in</strong>gehen (und sich die von Sneed (1971) entwickelte Wissenschaftstheorie auch auf die<br />

Geisteswissenschaft übertragen lässt), lässt sich auch gar ke<strong>in</strong>e Vergleichbarkeit herstellen.<br />

Es besteht also u.E. wenig Grund zu <strong>der</strong> optimistischen Annahme, es werde sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zukunft irgendwie e<strong>in</strong>e Art Meta-Kompromiss-Theorie herausmendeln. Was auch wissenschaftssoziologisch<br />

dagegen spräche, wäre e<strong>in</strong>e eigene Untersuchung wert. 17<br />

15 Dabei sei hier von dem ursprünglich 1987 vorgestellten Unifikationsformalismus <strong>für</strong> die HPSG e<strong>in</strong>mal<br />

ganz abgesehen – s.a. Richter (2004) zur Diskussion aller Varianten bis 2004.<br />

16 Zutage tritt dabei dann aber auch, dass Formalisierung alle<strong>in</strong>e ja nicht automatisch Antworten generiert,<br />

son<strong>der</strong>n im Gegenteil erst das Stellen grundlegen<strong>der</strong> Fragen erlaubt: Beweise müssen erst aufwändig geführt<br />

werden, und je mehr Varianten und Verästelungen es gibt – <strong>für</strong> den M<strong>in</strong>imalismus siehe etwa Gärtner & Michaelis<br />

(2005, 2007a,b, 2008), – desto s<strong>in</strong>nloser sche<strong>in</strong>t die Anstrengung.<br />

17 Die Frage ist hier natürlich, <strong>in</strong>wieweit die Karriere e<strong>in</strong>es Nachwuchswissenschaftlers davon abhängt, dass<br />

er sich so deutlich wie möglich zu e<strong>in</strong>er bestimmten Schule bekennt. Hierzu bemerkt e<strong>in</strong>er unserer anonymen<br />

Reviewer, „dass man <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den USA bis vor wenigen Jahren überhaupt ke<strong>in</strong>e Chance hatte, <strong>in</strong>s<br />

Getriebe zu kommen, wenn man sich nicht e<strong>in</strong>er Schule zuordnete (und dann wie<strong>der</strong>um proportional weniger<br />

Chancen, e<strong>in</strong> auskömmliches Dase<strong>in</strong> außerhalb e<strong>in</strong>es Community College zu fristen, wenn man sich e<strong>in</strong>er<br />

nicht-chomskyschen Position anschloss). Somit war e<strong>in</strong> Fortschritt außerhalb des Ma<strong>in</strong>streams (z.B. <strong>in</strong> LFG,<br />

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