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SIRIUS 32 DS EXODUS: Rund um die östliche ... - Sirius-werft.de

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<strong>SIRIUS</strong> <strong>32</strong> <strong>DS</strong> <strong>EXODUS</strong>: <strong>Rund</strong> <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>östliche</strong> Ostsee 2010<br />

Lang ist’s her, aber immer noch präsent: Am 17. April 2010 brachen wir in Ueckermün<strong>de</strong> auf, übers<br />

Stettiner Haff nach Swinemün<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n Wind im Rücken, blauer Himmel und Sonne von Oben –<br />

tra<strong>um</strong>haftes Wetter, nur sehr kalt war’s. So sollte es dann übers Jahr auch bleiben.<br />

Wir hangelten uns entlang <strong>de</strong>r polnischen Küste, liefen in <strong>die</strong> uns schon bekannten Häfen ein, und<br />

erstan<strong>de</strong>n hier und da auch mal eine Scholle vom Fischer. Manchmal erreichte unsere Logge sogar<br />

über 6 kn Fahrt. Nur <strong>die</strong> Füße blieben kleine Eiskl<strong>um</strong>pen, Stiefel wur<strong>de</strong>n probiert, verschie<strong>de</strong>ne<br />

Socken – schließlich halfen zwei Paar übereinan<strong>de</strong>r, richtige Wollsocken aus Estland. Nachts im<br />

Hafen wur<strong>de</strong> geheizt, so konnten wir aufgetaut <strong>de</strong>n Morgen genießen.<br />

Ab Kolberg waren wir nicht mehr allein auf See, ein zweites Segelschiff lief mit uns ein, so konnten<br />

wir <strong>die</strong> folgen<strong>de</strong>n Hafentage gemeinsam mit <strong>de</strong>n “Bielefel<strong>de</strong>rn“ gemütlich verbringen. In Ustka<br />

verhalfen wir in Ermangelung polnischer Seebestatter einem Deutschen aus Rügen zur<br />

Seebestattung seiner kürzlich verstorbenen Frau, <strong>de</strong>n Leichenschmaus genossen wir mit <strong>de</strong>n<br />

Bielefel<strong>de</strong>rn in Leba in einem hervorragen<strong>de</strong>n Hafenrestaurant. Hier mussten sich dann unsere Wege<br />

vorerst wie<strong>de</strong>r trennen.<br />

Darlowo<br />

Leba<br />

Danzig kannten wir schon vom vergangenen Jahr, nach Klaipeda konnten wir <strong>de</strong>n Kurs ohne Kreuzen<br />

nicht halten, so segelten wir durch bis Liepäja, sehenswert. Man liegt direkt in <strong>de</strong>r Stadt, gute<br />

Sanitäranlagen. Durch <strong>die</strong> Stadt führt ein “Weg nach Noten“, empfehlenswert. So kann alles<br />

Sehenswerte in einem schönen <strong>Rund</strong>gang erkun<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Zwei ruhige Hafentage,<br />

Verproviantierung, dann ließ uns <strong>de</strong>r Wind gut voran kommen, wir erreichten Pavilosta früher als<br />

geplant. Nachts darauf Starkwindwarnung, Pavilosta hielt uns in Atem, unsere EPIRB mel<strong>de</strong>te<br />

selbständig einen Seenotfall, unsere Kin<strong>de</strong>r in Berlin wur<strong>de</strong>n von Bremen alarmiert, Küstenwache und<br />

Riga-Rescue mussten beruhigt wer<strong>de</strong>n und das gute Stück anschließend per Post z<strong>um</strong> Hersteller.<br />

Anm.: COSPAS-SARSAT funktioniert tatsächlich! 1.Mai und Nationalfeiertag <strong>de</strong>r Letten hielten uns<br />

auf, schloss doch <strong>die</strong> Post<strong>die</strong>nststelle für 4 Tage ihre Pforten. Der überaus freundliche und sehr gut<br />

<strong>de</strong>utsch sprechen<strong>de</strong> Hafenmeister half wo er nur konnte, Danke.


Pavilosta<br />

Ventspils<br />

Weiter am 8.Mai nach Möntu auf Saaremaa. Für <strong>die</strong> Rigaer Bucht gab‘s noch Eiswarnungen,<br />

entsprechend ungemütlich war‘s auch: nass, kalt, nebelig und selten Wind. Bei einer unangenehmen<br />

hohen alten Dünung half <strong>de</strong>r VOLVO-Wind, wir blieben im warmen geschützten Salon und genossen<br />

Radar, AIS und Selbststeueranlage.<br />

Die hohe Betonpier von Möntu musste erklettert wer<strong>de</strong>, hun<strong>de</strong>rte von Weinbergschnecken<br />

bevölkerten <strong>die</strong> Wege. Z<strong>um</strong> ersten Mal begegnete uns hier einen Elch., einsam ist‘s hier.<br />

Mal zu viel, mal zu wenig Wind, mit ausgeba<strong>um</strong>ter Genua schleichen wir durchs Wasser <strong>um</strong> dann am<br />

10.Mai in Kuressaare als erste Yacht <strong>de</strong>s Jahres im mo<strong>de</strong>rnen Hafen vom Hafenmeister nebst<br />

Fotografen überaus freundlich empfangen zu wer<strong>de</strong>n – so war <strong>die</strong> erste Nacht kostenfrei.<br />

Kuressaare, Hafen und Arensburg<br />

Auf <strong>de</strong>m Wollmarkt wur<strong>de</strong>n Mützen und Socken erstan<strong>de</strong>n,<br />

bei <strong>de</strong>n Temperaturen leisteten sie gute Dienste.<br />

Besichtigung <strong>de</strong>r Arensburg, sehr lohnend.<br />

13.Mai: auf <strong>de</strong>r Homepage <strong>de</strong>s Hafens “Hafenkino“,<br />

so konnten wir <strong>de</strong>n daheim gebliebenen zuwinken,<br />

sie uns beim Ablegen zusehen.<br />

Kuressaare, Wollmarkt<br />

Der Empfang auf See: Nebel total, dann wie<strong>de</strong>r Nebel bis zur Masthöhe, darüber Sonne, Sicht unter<br />

20m. Den nächsten Hafen erreichten wir nicht mehr, wir ankerten vor Koiguste – in <strong>de</strong>r Ferne<br />

Gewitter.<br />

Virtsu, ein Hafen ohne Service direkt neben <strong>de</strong>m Fähranleger, gut kassiert wird <strong>de</strong>nnoch. Hier hielt<br />

es uns nicht, am 15.Mai, <strong>de</strong>m ersten richtigen Sommertag (immerhin) ging es weiter nach Haapsalu,<br />

ohne Sommerwetter dann weiter über Dirhami und Lohusalu nach Tallinn.<br />

Im Segelklub Kalevi waren wir willkommen, z<strong>um</strong> ersten Mal auf <strong>die</strong>ser Reise nicht <strong>die</strong> ersten Gäste<br />

<strong>de</strong>s Jahres.<br />

Tallinn lohnt eine weite Reise, wir blieben 6 Tage. Die gut restaurierte und unzerstört gebliebene alte<br />

Hansestadt beeindruckte uns, <strong>de</strong>r Radweg vom Hafen zur Altstadt führt an <strong>de</strong>r Ostsee entlang, man<br />

teilt ihn mit Massen von Skatern, sie meist schneller als wir mit unseren Rä<strong>de</strong>rn. Wir genossen <strong>die</strong>


Stadt, wollten (vergeblich) auch noch unsere reparierte EPIRB in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Botschaft abholen<br />

und erstan<strong>de</strong>n bei Bauhaus zwei Karabinerhaken. Proviant gab‘s im nahen Supermarkt.<br />

Tallinn Marktplatz<br />

Weiter dann über Kaberneeme (verfallene Hafenanlage<br />

ohne Strom, ohne Wasser, Wassertiefe weniger<br />

als 1.20m, vermüllt) nach Vergi.<br />

Im dortigen Hafenrestaurant feierten wir dann am<br />

28.Mai unseren 44. Hochzeitstag und wur<strong>de</strong>n von<br />

<strong>de</strong>r Belegschaft mit Sekt überrascht. Und weil wir<br />

wie<strong>de</strong>r einmal <strong>die</strong> ersten Gäste <strong>de</strong>s Jahres waren,<br />

spen<strong>die</strong>rte <strong>de</strong>r Wirt als Nachtisch Schokola<strong>de</strong>.<br />

Tallinn Altstadt<br />

Der nächste Ort mit Supermarkt und Geldautomat war 11 km entfernt. D<strong>um</strong>m nur, dass wir dort<br />

unseren Rucksack mit allen Schlüsseln, Geld, Handy und Ausweispapieren am Strand liegen ließen.<br />

Z<strong>um</strong> Glück gibt es aber ehrliche Fin<strong>de</strong>r und hilfsbereite Menschen. Wir bekamen alles auf<br />

abenteuerliche Weise zurück, zwischenzeitlich hatte sogar <strong>de</strong>r Fin<strong>de</strong>r unsere Kin<strong>de</strong>r zu Hause<br />

informiert.


In Vergi mussten wir dann ausklarieren, <strong>die</strong> Grenzbeamten hatten es nicht sehr eilig und wir warteten<br />

länger als uns lieb war. Am Abend kamen sie von ihrem Angelausflug zurück, nach einer Stun<strong>de</strong> war<br />

<strong>die</strong> Prozedur erledigt. Bestückt mit mehreren Paketen Werbebroschüren vom Hafen z<strong>um</strong> Auslegen in<br />

russischen und finnischen Häfen verließen wir dann Vergi Richtung Sankt-Petersburg, immerhin<br />

172 nm.<br />

Das angesagte kleine Zwischenhoch erreichte uns lei<strong>de</strong>r nicht, auch waren - direkt von vorn - Wind<br />

stärker und Welle höher als erwartet, wir kamen nicht voran, kalt war‘s, <strong>de</strong>r 1.Juni. Wann wird’s<br />

endlich Sommer?<br />

In Russland sind auch Segler im finnischen Meerbusen an <strong>die</strong> internationalen Seeschifffahrtsstraßen<br />

gebun<strong>de</strong>n, meist Verkehrstrennungsgebiete. Segeln ist also nur bei günstigem Wind möglich. An<br />

je<strong>de</strong>r zweiten Tonne besteht Mel<strong>de</strong>pflicht, man ist gut unter Kontrolle. Kurz vor Kronstadt wur<strong>de</strong>n wir<br />

von <strong>de</strong>r Traffic-Control aufgefor<strong>de</strong>rt, wegen <strong>de</strong>s hohen Verkehrsaufkommens durch riesige<br />

Kreuzfahrtschiffe zu ankern, in einem zugewiesenen Areal auf 25 m Wassertiefe. Auch Frachtschiffe<br />

wur<strong>de</strong>n <strong>die</strong>se Nacht nicht durchgelassen.<br />

Es stellte sich heraus, dass Navionics-Gold fehlerhaft war, obwohl neu erstan<strong>de</strong>n. Unser<br />

vermeintliches Fahrwasser war kürzlich verlegt wor<strong>de</strong>n, ein neues Tor im Sperrdamm von Kronstadt<br />

gebaut, und wir wären in <strong>de</strong>r Dunkelheit glatt auf <strong>de</strong>n zugeschütteten Damm gelaufen. Ohne<br />

Funkkontakt harrten wir ungeduldig bis z<strong>um</strong> nächsten Vormittag aus. Dann kam <strong>die</strong> erlösen<strong>de</strong><br />

Genehmigung zur Weiterfahrt. Die 6 Kreuzfahrtschiffe und <strong>die</strong> meisten <strong>de</strong>r ca. 30 Frachtschiffe waren<br />

alle abgefertigt. Gegen 11.00 Uhr durften wir Kronstadt passieren. Unsere neuen BSH Seekarten<br />

taugten nicht für das riesige Flachwassergebiet vor St. Petersburg. So leitete uns <strong>die</strong> Küstenfunkstelle<br />

durch das wirre Gebiet direkt z<strong>um</strong> Einklarierungskai, wo wir von unserer Agentin, Frau Bykowa,<br />

erwartet wur<strong>de</strong>n. Diese Formalie ging mit Ihrer Unterstützung relativ schnell vonstatten und wir<br />

konnten weiter z<strong>um</strong> vorgeschrienen Hafen.<br />

Für <strong>de</strong>n nächsten Tag verabre<strong>de</strong>ten wir eine Stadtführung. Die weiteren 9Tage erkun<strong>de</strong>ten wir <strong>die</strong><br />

Stadt auf eigene Faust und waren begeistert. Wir haben bei weitem nicht alle Sehenswürdigkeiten<br />

aufgesucht, aber das, was wir besichtigten war einfach <strong>um</strong>werfend schön. Beeindruckt haben uns<br />

auch <strong>die</strong> Kirchen mit ihren vielen aktiven Gläubigen, außerhalb und während <strong>de</strong>r Gottes<strong>die</strong>nste. Von<br />

<strong>de</strong>n Tageswan<strong>de</strong>rungen mü<strong>de</strong>, schafften wir es nicht einmal mehr, <strong>die</strong> zur Nacht hochgeklappten<br />

Brücken <strong>de</strong>r Newa zu sehen, obwohl es während <strong>de</strong>r ganzen Zeit nicht wirklich dunkel wur<strong>de</strong>. Es war<br />

<strong>die</strong> Zeit <strong>de</strong>r „Weißen Nächte“.


Kronstadt: Durchlass Schwenktor<br />

Je<strong>de</strong>n Tag registrierten wir <strong>de</strong>n Wetterbericht über Navtex und warteten auf günstigen Wind für <strong>die</strong><br />

Rückfahrt nach Tallinn, wo wir endlich unsere reparierte Epirb in Empfang nehmen sollten. Am<br />

15.Juni entschie<strong>de</strong>n wir uns zur Abreise. Die Wetterprognose war gut - aber das Wetter wusste nichts<br />

davon!!! Zu guter Letzt spuckte ich <strong>um</strong>her und war sterbenskrank. Auf <strong>de</strong>r Rückreise kamen uns<br />

unsere „Bielefel<strong>de</strong>r“ entgegen, mit Wind im Rücken und in flotter Fahrt. Scha<strong>de</strong>! St. Petersburg zu<br />

viert wär auch schön gewesen.<br />

Am 17. Juni klarierten wir in Tallinn im Olympiahafen ein und ergatterten anschließend im<br />

Vereinshafen wie<strong>de</strong>r einen Liegeplatz. Wir nahmen in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Botschaft unsere Epirb in<br />

Empfang und bauten sie fachgerecht in <strong>die</strong> vorgesehene Halterung ein, verproviantierten uns<br />

reichlich und machten uns am 21. Juni bei glatter See und schlafen<strong>de</strong>m Wind auf <strong>de</strong>n Weg nach<br />

Helsinki. Wie<strong>de</strong>r einmal mussten wir motoren. Je<strong>de</strong> Menge Schiffsverkehr war im Auge zu behalten.<br />

Wohlbehalten kamen wir abends in Helsinki an -- nur z<strong>um</strong> Anlegen briste <strong>de</strong>r Wind auf und machte<br />

aus <strong>de</strong>m Anleger eine kleine Katastrophe. Endlich, mit Unterstützung eines freundlichen Passanten,<br />

lagen wir in <strong>de</strong>r Box, als ein finnischer Nachbar, <strong>de</strong>r <strong>die</strong> ganze Zeit zugesehen hatte, uns zurief :“Die<br />

ist privat“! Schön! Hätte er auch schon eher sagen können. Also <strong>die</strong> Leinen wie<strong>de</strong>r gelöst und im<br />

an<strong>de</strong>rn Stadthafen einen Superplatz gefun<strong>de</strong>n, allerdings auch zu einem Superpreis: 30,- Euro pro<br />

Nacht, allerdings einschließlich Frühstück sowie Waschmaschinen- und Trocknerbenutzung. Dies<br />

nutzten wir dann auch nach <strong>de</strong>r langen Reise ausgiebig. Und hier begannen für mich auch <strong>die</strong><br />

obligatorischen Saunagänge.<br />

Am 24.Juni motorten wir mit 12 an<strong>de</strong>ren Segelbooten Richtung Barösund . Es war ausnahmsweise<br />

richtiges „Spaghetti-Wetter“. Ich saß im Bikini im Cockpit. In Barösund waren wir <strong>die</strong> Zweiten .Nach<br />

und nach drängelten sich etliche Finnen immer noch zwischen <strong>die</strong> mittlerweile belegten Heckbojen.<br />

Es war offenbar selbstverständlich zusammenzurücken. Wir lernten.<br />

Am nächsten Morgen war von Sonne keine Spur. Es regnete als wir durch <strong>de</strong>n Innenbereich <strong>de</strong>r<br />

Schären weiterfuhren. Ich blieb <strong>die</strong>smal draußen im Cockpit und war klatschnaß als wir in Hanko


ankamen. Und es war Mitsommernachtfeier. Alle<br />

Finnen liefen mit Bierflaschen in <strong>de</strong>r Hand durch<br />

<strong>die</strong> Stadt Im Hafen trubelte es . Es war nicht<br />

möglich sich <strong>de</strong>m zu entziehen, draußen herrschte<br />

dicker Nebel.<br />

Als am darauf folgen<strong>de</strong>m Nachmittag Wind aufkam,<br />

segelten wir weiter über Kasnäs, einem Hafen<br />

in einer Hotel- und Ferienanlage mit Livemusik<br />

bis spät in <strong>die</strong> Nacht. Über Stomälö ging es weiter<br />

nach Turku. Endlich mal wie<strong>de</strong>r richtig gesegelt und pures Sonnenvergnügen. Ein bisschen<br />

weniger Wind hätte uns das Anlegen in <strong>de</strong>n sehr engen Boxen leichter gemacht. Wir lagen mitten in<br />

<strong>de</strong>r Stadt, gleich neben einer Seilfähre, <strong>die</strong> aber nachts ihren Betrieb unterbrach. Mit unseren Rä<strong>de</strong>rn<br />

erkun<strong>de</strong>ten wir <strong>die</strong> ehemalige Hauptstadt mit Ihrem beherrschen<strong>de</strong>n Dom.<br />

Turku<br />

Jetzt zur Jahresmitte wur<strong>de</strong> es Zeit, ans En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Ostsee zu gelangen, unserem erklärten Ziel. So<br />

segelten wir in Tagesetappen weiter nach Nor<strong>de</strong>n.<br />

Wir konnten uns nicht sattsehen an <strong>de</strong>r wun<strong>de</strong>rschönen<br />

Schärenlandschaft. Und bei strahlen<strong>de</strong>r<br />

Sonne, aber immer noch kaltem Wind ging es über<br />

<strong>die</strong> Häfen von Hakkalanlathi (muss nicht sein),<br />

Uusikaupunki (recht hübsch) nach Ra<strong>um</strong>a. Böenwalzen<br />

rollten über <strong>de</strong>n Himmel, aber sie trafen uns nicht wirklich. Erst kurz vor Ra<strong>um</strong>a mussten wir<br />

<strong>die</strong> Segel bergen und liefen in <strong>de</strong>n Hafen ein, <strong>de</strong>r als Gasthafen in <strong>de</strong>r Seekarte <strong>de</strong>klariert war. Als<br />

erstes hatten wir fast eine Grundberührung, unser Lot zeigte 1,20 Meter Wassertiefe. Wir wirbelten<br />

eine Menge Sand auf . Die angesteuerte Box war wie<strong>de</strong>r mal „Privat“. Wir versuchten es an an<strong>de</strong>rer


Stelle noch einmal .Dabei verfehlten wir <strong>die</strong> Heckboje, dann lagen wir auf einem vermeintlich belegten<br />

Platz und z<strong>um</strong> Schluss „rammten“ wir mit unserem Heck auch noch ein ziemlich großes Motorboot.<br />

Der <strong>de</strong>m angemessen massige Eigner kam knurrend an Deck. Z<strong>um</strong> Glück war aber an bei<strong>de</strong>n Booten<br />

rein gar nichts zu sehen. Der anschließen<strong>de</strong> Fußmarsch in <strong>die</strong> Stadt war elendig weit. Als wir<br />

ankamen, schlossen gera<strong>de</strong> <strong>die</strong> Geschäfte, <strong>die</strong> Marktstän<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n abgerä<strong>um</strong>t und <strong>die</strong> Kirche war<br />

zugesperrt. So liefen wir zurück und hatten genug von Ra<strong>um</strong>a.<br />

Nächster Halt war Reposaari mit einem netten Hafen. Uns wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> finnischen Bratwürste – ein<br />

Son<strong>de</strong>rangebot in einem <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Supermärkte – in Erinnerung bleiben. Sie waren ganz und gar<br />

nicht nach unserem Geschmack.<br />

Von dort aus brachte uns am 3.Juli ein or<strong>de</strong>ntlicher Südwind gut voran, <strong>die</strong> Wellenhöhe ca. 2m und<br />

überall Scha<strong>um</strong>krönchen. Wir machten über 7 Kn Fahrt als unser Schiff mitten im Bottnischen<br />

Meerbusen plötzlich stillstand. Um uns her<strong>um</strong> war überall ein Fischernetz. Wir hingen fest! Erst<br />

einmal tief durchatmen. --- ---- ---- Eine gefühlte Ewigkeit später holten wir <strong>die</strong> Segel dicht, warteten<br />

auf eine or<strong>de</strong>ntliche Böe und <strong>de</strong>r entsprechend hohen Welle und wur<strong>de</strong>n auf <strong>die</strong>se Weise über das<br />

Netz gehoben, z<strong>um</strong> Glück haben wir nur einen Tiefgang von 1,15 m. Der Schreck steckte uns noch<br />

lange in <strong>de</strong>n Glie<strong>de</strong>rn und an Schlaf war ka<strong>um</strong> zu <strong>de</strong>nken. Die Nacht blieb ohnehin hell, wir brauchten<br />

nicht einmal <strong>die</strong> Positionslichter. Die Sonne kam schon <strong>um</strong> 3.30 Uhr hinter einer grauen Wolkenwand<br />

hervor, aber es blieb kühl und ungemütlich, so dass wir <strong>de</strong>n ganzen Tag im Salon verbrachten. Wir<br />

kamen gut voran, in 33 Std. immerhin 180 nm am Stück und liefen dann am 4. Juli auf <strong>de</strong>r Insel<br />

Tankar in <strong>de</strong>n kleinen Hafen ein .Dort gab es zwar we<strong>de</strong>r Strom noch Wasser, aber wir lagen<br />

geschützt in idyllischer Landschaft. Ein Inselrundgang dauerte einschließlich eines ausgiebigen<br />

Muse<strong>um</strong>sbesuches 1 Stun<strong>de</strong>.<br />

Tankar<br />

Weiter ging es dann in einem Rutsch nach Kemi, <strong>de</strong>r letzten finnischen Stadt. Immerhin waren wir<br />

nun <strong>de</strong>m Ziel unserer Reise ziemlich nahe. Der Versuch zu segeln schlug fehl. Der vorhergesagte<br />

Südwind blieb aus, dafür schaukelte uns eine halbmeter hohe Welle hin und her. Die Sonne meinte<br />

es wie<strong>de</strong>r einmal beson<strong>de</strong>rs gut mit uns – Sonnenbrandwetter! Aber wir motorten <strong>de</strong>n ganzen Tag,<br />

mal mit Segelunterstützung, mal ohne. Uns begleiteten dabei Tausen<strong>de</strong> von kleinen Mücken. Z<strong>um</strong><br />

Schlafen wechseln wir uns ab. Die Nacht ist hell, <strong>de</strong>r Sonnenuntergang ist leuchtend rot und geht<br />

nahtlos in <strong>de</strong>n Sonnenaufgang über.


In Kemi halten wir uns nur einen Tag auf. Wir kaufen Lebensmittel beim bezahlbaren Lidl, sehen uns<br />

<strong>die</strong> Stadt an, müssen uns ins Gästebuch <strong>de</strong>r Kirche eintragen und hören abends im Radio das Fast-<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Fußballweltmeisterschaft für Deutschland: 1.0 für Spanien.<br />

Der nächste Hafen Haparanda liegt dann in Schwe<strong>de</strong>n. Die Grenzstadt Haparanda (Torneo auf <strong>de</strong>r<br />

finnischen Seite) liegt 16 km davon entfernt. Wir ließen es uns nicht nehmen und ra<strong>de</strong>lten dorthin.<br />

Allerdings mussten wir uns <strong>die</strong> Europastraße 4 mit unglaublich vielen Lastwagen und PKWs teilen.<br />

Der darauf folgen<strong>de</strong> Regentag wur<strong>de</strong> fürs Putzen und zur Törnplanung genutzt <strong>um</strong> dann an <strong>de</strong>n nun<br />

wirklich nördlichsten Punkt <strong>de</strong>r Ostsee zu gelangen: Törrehamn. Es ist <strong>de</strong>r 10. Juli 2010. Wir legen<br />

an <strong>de</strong>r obligatorischen gelben Tonne an, warfen unseren Zettel mit Namen und Anschrift versehen in<br />

<strong>de</strong>n angehängten Briefkasten und machten an einem Steg fest. Mehr als einen Campingplatz mit<br />

Dusche hat <strong>de</strong>r Ort nicht zu bieten.<br />

Die Ostsee hat wirklich ein En<strong>de</strong><br />

Törrehamn<br />

Von nun an geht’s bergab. Wir sind auf <strong>de</strong>m Rückweg!<br />

Jetzt kommt <strong>de</strong>r Wind natürlich aus <strong>de</strong>m Sü<strong>de</strong>n und wir<br />

müssen wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Motor zu Hilfe nehmen.<br />

Auf Lulea verbrachten wir 2 Tage. Je<strong>de</strong> Menge Ausflugsschiffe brachten Tagesgäste an <strong>de</strong>n Strand,<br />

aber keine 100m entfernt war es schon menschenleer. Die Insel ist übersät mit Flechten und Moos.<br />

Die freilaufen<strong>de</strong>n Rentiere kannten überhaupt keine Scheu. Sie kamen schnuppernd heran, <strong>um</strong> dann<br />

gemächlich an uns vorbei zu trotten.<br />

Eigentlich versprach <strong>die</strong> Morgensonne <strong>de</strong>s 13. Juli einen schönen Tag, aber wir saßen mal wie<strong>de</strong>r mit<br />

bereitgelegter Regenkleidung im Salon und motorten fast blind mit trüber Aussicht. Aber gegen<br />

Abend klarte es dann doch noch auf und wir konnten bei Sonnenschein auf <strong>de</strong>r Insel Mellerstön<br />

längsseits an einem Steg festmachen. Zur Begrüßung reichte uns ein freundlicher Schwe<strong>de</strong> einen


prächtigen, frischgefangenen Fisch. Einziger Nachteil : Ich musste das zappeln<strong>de</strong> Tier auch noch<br />

töten. Das Aben<strong>de</strong>ssen aber war gerettet. Lecker!<br />

Am darauf folgen<strong>de</strong>n Tag versagte unsere Toilettenspülung. Sie p<strong>um</strong>pte kein Wasser mehr. Bei einer<br />

Wassertemperatur von 14° wollten wir uns das Tauchen ersparen . Es musste eine an<strong>de</strong>re Lösung<br />

her. Das Seeventil wur<strong>de</strong> geschlossen, wir schraubten <strong>de</strong>n Hubkolben auseinan<strong>de</strong>r und befreiten<br />

einen kleinen – nun nicht mehr leben<strong>de</strong>n - Fisch aus seiner misslichen Lage. Eine kurze Prozedur mit<br />

großer Wirkung. Wir konnten <strong>die</strong> Toilette wie<strong>de</strong>r benutzen.<br />

Furuögrund<br />

Mellerstön<br />

Über Furuögrund ging es am 16. Juli in <strong>de</strong>n ehemaligen<br />

Lotsenhafen Bjuröklubb in einem Naturschutzgebiet. Dieses<br />

Gebiet besteht aus unmengen abgerun<strong>de</strong>ter Steine<br />

und Felsen. Hoch oben befin<strong>de</strong>t sich eine Wetterstation.<br />

. Bjuröklubb<br />

Als wir am nächsten Tag aufbrachen herrschte<br />

dichter Nebel. Aber wir kamen gut voran. So entschlossen<br />

wir uns, gleich bis Byviken, auf <strong>de</strong>r<br />

Insel Holmön, weiter zu segeln. Zu Mittag schlief<br />

lei<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Wind ein, dafür strahlte <strong>die</strong> Sonne. Wir<br />

ent<strong>de</strong>ckten in spiegelglatter See unsere ersten Seehun<strong>de</strong>.<br />

Blieb <strong>de</strong>r Wind bei <strong>de</strong>r Überfahrt nach<br />

Byviken aus, so pfiff er dann im Hafen so sehr über<br />

das Schiff, dass einem angst und bange wur<strong>de</strong>.<br />

Trotz<strong>de</strong>m ba<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r im teilweise knietiefen<br />

Hafenbecken.


Ein richtiger netter kleiner Hafen ist Järnäsklubb<br />

mit einem kleinen Restaurant und vielen Tischen<br />

und Bänken auf <strong>de</strong>r Mole. Wir leisten uns hier ein<br />

typisch schwedisches Mittagessen.<br />

Der Hafen von Örnsköldsvik dagegen enttäuscht<br />

uns. Der Innenhafen war rappelvoll, <strong>die</strong> äußeren<br />

Stege hatten we<strong>de</strong>r Strom noch Wasseranschluss.<br />

Alles befand sich noch im Bau. Einzig <strong>de</strong>r Weg dorthin,<br />

ein ca. 10nm langer Fjord, ist lohnend. Hier<br />

wetterten wir <strong>de</strong>n Starkwind ab, bevor wir weiter in<br />

einer wun<strong>de</strong>rschönen Landschaft nach Ulvöhamn<br />

segelten.<br />

Ulvöhamn<br />

Järnäsklubb<br />

Die Hohe Küste Schwe<strong>de</strong>ns sahen wir dann<br />

aber nur schemenhaft. Das Wetter war uns<br />

nicht hold. Wir starteten wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Motor. Auf<br />

<strong>de</strong>n Wind war kein Verlass. Der Himmel war<br />

düster, wie auch <strong>die</strong> Wettervorhersage für <strong>die</strong><br />

nächsten Tage. Am 27. Juli, nach 175 nm in<br />

34 Stun<strong>de</strong>n liefen wir endlich in <strong>de</strong>n Hafen von<br />

Öregrund ein. Der war natürlich total belegt.<br />

Z<strong>um</strong> Glück konnten wir neben einem Landsmann<br />

im Päckchen liegen. Ein wun<strong>de</strong>rschöner<br />

Sonnenuntergang war dann <strong>die</strong> Krönung <strong>de</strong>s<br />

Abends. Vor <strong>de</strong>m Schlafen lasen wir noch <strong>die</strong><br />

vielen netten E-mails, da hier ein problemloser<br />

Zugang z<strong>um</strong> Internet hergestellt wer<strong>de</strong>n konnte,<br />

für <strong>de</strong>n Nor<strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>ns eine Ausnahme.<br />

Wie mit unseren Nachbarn verabre<strong>de</strong>t, lösten<br />

wir <strong>um</strong> 10 Uhr <strong>de</strong>s folgen<strong>de</strong>n Tages <strong>die</strong> Leinen.<br />

Wir motorten durch enges, tiefes Fahrwasser, vorbei an kleinen und großen Felsen, kleinen und<br />

großen Inseln z<strong>um</strong> Innenhafen von Gisslehamn.<br />

Väddö Kanal<br />

Am 31.Juli ging es dann weiter durch <strong>de</strong>n sehenswerten Väddö Kanal nach Gräddö, von dort am<br />

nächsten Tag nach Linanäs. Der letzte Halt vor Stockholm verlangte unserem Körper noch einmal<br />

viel Adrenalin ab. Der Abreisetag begann mit <strong>de</strong>m hel<strong>de</strong>nhaften Einsatz meines Mannes, unseren<br />

Heckanker zu retten. Am Steg gab es eine Ankerleine, <strong>die</strong> wir aber abends zuvor zu spät sahen.<br />

Unser Heckanker war bereits ausgebracht. Beim Bergen verkeilte er sich dann unter einer schweren<br />

Mooringkette. Es war Schwerstarbeit bei<strong>de</strong> voneinan<strong>de</strong>r zu trennen. <strong>de</strong>r Anker war schließlich frei,


aber <strong>de</strong>r Ankerschaft verbogen und passte nun nicht mehr in seine Halterung. Vorläufig musste mein<br />

Bl<strong>um</strong>enbin<strong>de</strong>draht brauchbare Dienste leisten.<br />

In Stockholm bekamen wir einen vernünftigen Liegeplatz<br />

auch ohne Vorbestellung im Wasahamn. Es<br />

folgten <strong>die</strong> üblichen Besichtigungen mit Wachwechsel<br />

vor <strong>de</strong>m Schloss einschließlich <strong>de</strong>r Gar<strong>de</strong>soldaten hoch<br />

zu Ross und viel Musik.<br />

Wir verließen Stockholm am 4. August Richtung Gotland und fuhren über Dalarö, einem hüschen<br />

kleinen Ort mit einem geschützten Hafen kurz vor <strong>de</strong>m offenen Wasser. Nynäshamn erreichten wir in<br />

toller Fahrt – zeitweise ganze 7 Knoten – schon am Nachmittag, ein riesiger Hafen mit ausreichen<strong>de</strong>n<br />

Gastplätzen. Erst am Nachmittag <strong>de</strong>s nächsten Tages brachen wir nach Visby auf Gotland auf. Wir<br />

wollen am darauffolgen<strong>de</strong>n Morgen dort ankommen. Endlich haben wir richtigen Sommer. Mit über 6<br />

Knoten Fahrt rauschen wir durchs Wasser. Im dortigen Innenhafen ergattern wir morgens <strong>um</strong> 5.00<br />

Uhr einen freien Liegeplatz und bleiben 5 Tage. Die „Mittelalterwoche“ begann gera<strong>de</strong> und wir


nahmen an vielen Touristenattraktionen teil. Nur mittelalterlich verklei<strong>de</strong>t haben wir uns dann doch<br />

nicht, obwohl wir dort in „Zivil“ fast schon eine Ausnahme waren. Visby hat sich gelohnt.<br />

Dann aber verließen wir am 11. August morgens <strong>um</strong> 8.00 Uhr <strong>de</strong>n Hafen mit bereits gesetzten<br />

Segeln. Bei ziemlich ruppiger See, hoher Welle und kräftigem Wind ging es Richtung Heimat. Mal gab<br />

es viel Wind, mal wenig, Gewitterböen und Blitze, stockfinstere Nacht, Nebel, Sonnenschein und<br />

Regen und richtig viel Schiffsverkehr. Je<strong>de</strong>nfalls erreichten wir unseren Liegeplatz in Ueckermün<strong>de</strong><br />

am Stettiner Haff am Freitag, <strong>de</strong>m 13. August 2010 , <strong>um</strong> 19.10 Uhr wohlbehalten und glücklich.<br />

Insgesamt legten wir auf unserer Reise in 118 Tagen<br />

immerhin 2745 nm zurück und schafften es sogar<br />

noch rechtzeitig zur Einschulungsfeier unseres<br />

5. Enkelkin<strong>de</strong>s in Berlin zu sein.<br />

<strong>EXODUS</strong> hat sich wie<strong>de</strong>r bewährt und uns sicher<br />

und komfortabel durch ruhiges und stürmisches<br />

Wasser getragen.<br />

Eine tra<strong>um</strong>haft schöne Reise mit glücklichem En<strong>de</strong>!<br />

Erika Jurczok.<br />

<strong>EXODUS</strong>

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