September 12 - sonos - Schweizerischer Verband für das ...
September 12 - sonos - Schweizerischer Verband für das ...
September 12 - sonos - Schweizerischer Verband für das ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Koordinationssitzung<br />
Schweiz. <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />
Hörgeschädigten-Organisationen<br />
Sinnesbehinderung Fernsehen<br />
Association Suisse pour organisations<br />
de sourds et malentendants<br />
dcxvcxvxcvxcv yxc ycvc aydfdsklf<br />
Associazione Svizzera per organizzazioni<br />
a favore delle persone audiolese<br />
4 Versammlungsrundschau<br />
– Zürcher Fürsorgeverein <strong>für</strong> Gehörlose<br />
– <strong>Schweizerischer</strong> Zentralverein <strong>für</strong> <strong>das</strong> Blindenwesen<br />
– Integration Handicap<br />
16 Erfolgreiche Absolventen der BSFH<br />
– Davis Colombo<br />
– Adrian Meyer<br />
21 Sexualisierte Gewalt bei hörbehinderten Menschen<br />
Fachartikel von Dr. med. Werner Tschan<br />
106. Jahrgang<br />
Nr. 8 <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />
24 taki mundo<br />
Astrid von Reding engagiert sich <strong>für</strong> hörgeschädigte<br />
Kinder in Mexiko
Seite des<br />
Präsidenten<br />
Editorial<br />
Impressum<br />
Zeitschrift <strong>sonos</strong><br />
Erscheint monatlich<br />
Liebe Leserinnen und Leser<br />
Ich hoffe, <strong>das</strong>s all unsere Leser viele sonnige<br />
und erholsame Sommertage geniessen<br />
konnten. Für die meisten geht die<br />
Ferienzeit zu Ende, der Arbeitsalltag<br />
nimmt wieder Besitz von uns.<br />
Nicht alle Menschen haben sich Ferien<br />
gegönnt. So lesen wir in den Tageszeitungen,<br />
<strong>das</strong>s die Zahl der Einbrüche massiv<br />
gestiegen sei. 30 Prozent mehr wurden<br />
registriert gegenüber dem gleichen Zeitraum<br />
im Vorjahr. Die Diebe haben es auf<br />
Bargeld, Schmuck und elektronische<br />
Geräte abgesehen.<br />
Aber auch andere verbrecherische Machenschaften<br />
wurden beobachtet. So schreibt<br />
die Stiftung ZEWO in ihrer Homepage:<br />
«Schein-Gehörlose erbetteln Geld; In der<br />
Schweiz sind wieder vermehrt Betrüger<br />
unterwegs, die sich als gehörlos ausgeben<br />
und so Geld erbetteln. Mit gefälschten<br />
Zertifikaten bedrängen sie die Leute in<br />
Einkaufszentren oder auf der Strasse.»<br />
Banden aus Osteuropa sind unterwegs<br />
und geben sich entweder als mittellose<br />
Gehörlose aus oder sammeln mit gefälschten<br />
Unterlagen Geld <strong>für</strong> gehörlose Mitmenschen.<br />
Dreist verwenden sie Logos<br />
und Namen von ZEWO-zertifizierten Hörbehindertenorganisationen<br />
und suchen<br />
sich geschickt stark frequentierte Orte<br />
wie Einkaufszentren, Parkhäuser und<br />
Bahnhöfe aus. Nichtsahnende Passanten<br />
spenden gutgläubig, ansonsten werden<br />
sie aggressiv bedrängt. Die Gutmütigkeit<br />
und Spendenfreudigkeit der einheimischen<br />
Bevölkerung wird unverfroren ausgenützt.<br />
Empörte Reaktionen lassen nicht lange<br />
auf sich warten. Fast jede Woche gehen<br />
mehrere Beanstandungen auf unserer<br />
Geschäftsstelle ein. Es ist ein beträchtlicher<br />
Reputationsschaden <strong>für</strong> die seriös<br />
arbeitenden Hörbehindertenorganisationen<br />
zu be<strong>für</strong>chten. Zudem gehen uns wertvolle<br />
Spenden verlustig.<br />
Wir empfehlen allen Personen, die entsprechende<br />
Beobachtungen machen, sich<br />
umgehend an die Polizei zu wenden und<br />
Strafanzeige einzureichen. Damit kann<br />
vielleicht diesen dreisten Sammelaktionen<br />
nachhaltig ein Riegel geschoben werden.<br />
Immerhin ist es der Polizei am 20.<br />
Mai 20<strong>12</strong> in Schmerikon gelungen, drei<br />
Spendenbetrügerinnen aus Rumänien zu<br />
fassen.<br />
Was sind <strong>das</strong> <strong>für</strong> Menschen, die eine<br />
Behinderung von Mitmenschen benutzt,<br />
um sich selber zu bereichern?<br />
Ich wünsche allen noch etwas Sonnenschein<br />
bei den ausklingenden Sommertagen.<br />
Euer Bruno Schlegel<br />
Präsident <strong>sonos</strong><br />
Quellen:<br />
– Homepage der Stiftung ZEWO<br />
– Leserbriefe lic. iur. L. Kaiser,<br />
Geschäftsführerin <strong>sonos</strong><br />
– Wiler Zeitung, 6. August 20<strong>12</strong><br />
Liebe Leserinnen und liebe Leser<br />
In der aktuellen Ausgabe unserer <strong>Verband</strong>szeitschrift<br />
findet sich ein Artikel über eine Vernissage.<br />
Der Fotograf Ciro Parlato hat sich mit<br />
dem Thema Entschleunigung in seinem künstlerischen<br />
Schaffen befasst. Auch gehörlose<br />
Gäste konnte er willkommen heissen.<br />
Was genau bedeutet eigentlich Entschleunigung?<br />
Darüber hat sich Mario Erdheim im<br />
Tages-Anzeiger vom 26. Juli 20<strong>12</strong> aus meiner<br />
Sicht überzeugende Gedanken gemacht.<br />
Entschleunigung hat wohl viel mit Beziehung<br />
zu tun. Zeit einsetzen, damit etwas wächst,<br />
sich entwickelt und verändert. Es geht vermutlich<br />
darum, herauszufinden, was jemand oder<br />
etwas <strong>für</strong> seine Entwicklung braucht. Sich Zeit<br />
lassen, etwas zu bauen, was mit den Bedürfnissen<br />
der Benutzer verknüpft wird. Solche<br />
Beziehungen haben sich vom Effizienz- und<br />
Nützlichkeitsgedanken emanzipiert.<br />
Musse ist eine Art Offenheit. Sie setzt die<br />
Fähigkeit zur Selbsterkenntnis voraus und die<br />
Bereitschaft nachzudenken. Um offen sein zu<br />
können, muss man zuerst einmal sich selbst<br />
«durchschauen». Das macht Offenheit so<br />
schwierig. Aber Selbstreflexion und Selbsterkenntnis<br />
gedeihen – im Gegensatz zu Intrigen<br />
– nicht gut auf dem Boden der Macht.<br />
Wie Musse lediglich am Rand des Gesellschaftlichen<br />
ihren Platz findet, ist auch Offenheit<br />
ein Grenzphänomen. Sie entsteht dort, wo<br />
Grenzen aufgehen und sich neue Perspektiven<br />
eröffnen. Weil Grenzüberschreitungen aber oft<br />
in unbekanntes Terrain, mit eigenen Sprachen,<br />
Sitten und Gebräuchen führen, braucht es<br />
dazu auch Mut. Unvermeidlich muss man sich<br />
daher einer gewissen Verwirrung aussetzen.<br />
Dies alles verweist uns darauf, <strong>das</strong>s Offenheit<br />
nicht von Vornherein Klarheit und Eindeutigkeit<br />
schafft, sondern sogar im Gegenteil <strong>das</strong><br />
«offene» Individuum in eine Krise stürzen kann.<br />
Offenheit und Musse sind deshalb nicht einfach<br />
etwas Harmonisches und rundum Positives.<br />
Sie haben ihre Tücken, die man nicht übersehen<br />
sollte. Es braucht viel Zeit und auch<br />
Kraft, Konfusionen, Zweideutigkeiten und<br />
Beliebigkeiten auszuhalten und diese allmählich<br />
zu klären. Wo die Zeit knapp ist, kann man<br />
sich Offenheit nicht leisten, denn sie ist ein<br />
beschwerlicher und langwieriger Prozess. Je<br />
grösser der Erfolgsdruck ist, je schneller man<br />
Entscheidungen fällen muss, desto weniger<br />
Offenheit ist möglich. Um gute Entscheidungen<br />
fällen zu können, wären aber Musse, Langsamkeit<br />
und Offenheit nötig. Diese gehören<br />
zusammen und schaffen einen Raum <strong>für</strong> Freiheit.<br />
Diesen Raum <strong>für</strong> Freiheit wünsche ich allen<br />
Hörbehindertenorganisationen sowie den<br />
Leserinnen und Lesern unseres Magazins,<br />
damit im durch die drastischen Sparmassnahmen<br />
der Invalidenversicherung härter gewordenen<br />
Umfeld richtige Entscheidungen getroffen<br />
werden können.<br />
Herzliche Grüsse<br />
Roger Ruggli<br />
Master of Arts (M.A.)<br />
Redaktor<br />
Herausgeber<br />
<strong>sonos</strong><br />
<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />
Hörgeschädigten-Organisationen<br />
Feldeggstrasse 69<br />
Postfach 1332<br />
8032 Zürich<br />
Telefon 044 421 40 10<br />
Fax 044 421 40 <strong>12</strong><br />
E-Mail info@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
www.<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
Redaktion<br />
Redaktion <strong>sonos</strong><br />
Feldeggstrasse 69<br />
Postfach 1332<br />
8032 Zürich<br />
Telefon 044 421 40 10<br />
Fax 044 421 40 <strong>12</strong><br />
E-Mail info@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
www.<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
Inserate, Abonnentenverwaltung<br />
<strong>sonos</strong><br />
Feldeggstrasse 69<br />
Postfach 1332<br />
8032 Zürich<br />
Telefon 044 421 40 10<br />
Fax 044 421 40 <strong>12</strong><br />
E-Mail info@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
Druck und Spedition<br />
Bartel Druck AG<br />
Bahnhofstrasse 15<br />
8750 Glarus<br />
<strong>sonos</strong> verwendet bei Personen zur<br />
Vereinfachung abwechslungsweise die<br />
weibliche oder männliche Form,<br />
angesprochen sind beide Geschlechter.<br />
Nachdruck nur mit Genehmigung der<br />
Redaktion, unter Hinweis auf die Quelle<br />
und mit Zustellung eines Belegexemplars.<br />
Die veröffentlichten Artikel von Gastautoren<br />
geben nicht in jedem Fall die Auffassung<br />
desHerausgebers wieder.<br />
Die nächste Ausgabe erscheint<br />
am 4. Oktober 20<strong>12</strong><br />
Redaktionsschluss :<br />
13. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />
Titelbild: Dr. Doris Weber, Präsidenten Gehörlosen<strong>für</strong>sorgeverein<br />
Zürich, führt mit viel<br />
Herz-lichkeit und Fachlichkeit durch die Jahresversammlung.<br />
3
Generalversammlung<br />
Zürcher Fürsorge verein <strong>für</strong> Gehörlose<br />
Traditionsgemäss beginnt die Generalversammlung<br />
des Zürcher Fürsorgevereins<br />
<strong>für</strong> Gehörlose ZFVG mit einem Apéro. An<br />
der Interkantonalen Hochschule <strong>für</strong> Heilpädagogik<br />
Zürich HfH treffen nach und<br />
nach die Versammlungsbesucherinnen<br />
und -besucher ein. Sie nutzen die ungezwungene<br />
Atomsphäre zu ausgiebigen<br />
Gesprächen und stimmen sich auf die Versammlung<br />
ein.<br />
Pünktlich eröffnet die Präsidentin des ZFVG,<br />
Dr. iur. Doris Weber, am 28. Juni 20<strong>12</strong> die<br />
Jahresversammlung und heisst die zahlreichen<br />
TeilnehmerInnen ganz herzlich willkommen.<br />
Doris Weber freut sich sehr über <strong>das</strong> rege<br />
Interesse am heutigen Anlass. Die ZFVG-<br />
Generalversammlung sei ein Anlass, wo<br />
Gehörlose und Hörende, Menschen aus<br />
zwei unterschiedlichen Kulturen, zusammenkommen.<br />
Aus einem Beitrag von Beat<br />
Kleeb zum Thema «Wie sehen gehörlose<br />
Personen ihre Kultur» zitiert Doris Weber:<br />
«Kultur ist <strong>für</strong> mich Nahrung <strong>für</strong> Geist und<br />
Seele. Die Kultur der Gehörlosen ist auf der<br />
Gebärdensprache aufgebaut als gemeinsame<br />
Grundlage. Ohne die Kultur der<br />
Gehörlosengemeinschaft würde mir etwas<br />
fehlen im Leben».<br />
Dies liege ganz im Sinne des angestrebten<br />
Ziels des Auftrages an <strong>das</strong> Büro <strong>für</strong> Behindertengleichstellung,<br />
welches die Förderung<br />
des Zuganges zur Kultur verfolge,<br />
schliesst Weber ihre Einführung.<br />
Grusswort des ersten Vizepräsidenten<br />
des Gemeinderates der Stadt Zürich<br />
Martin Abele<br />
Martin Abele nimmt darauf Bezug, <strong>das</strong>s die<br />
Hörbehinderten und Gehörlosen eher zu<br />
denjenigen Behindertengruppen gehörten,<br />
die in der Öffentlichkeit nicht so stark wahrgenommen<br />
würden. Gleichwohl sei nach<br />
seinem Da<strong>für</strong>halten feststellbar, <strong>das</strong>s sich<br />
deren Integration in den Alltag in den vergangenen<br />
Jahren sichtlich verbessert habe.<br />
Nicht nur werde seit einiger Zeit die Tagesschau<br />
und die anschliessende Meteo-Sendung<br />
in die Gebärdensprache simultan<br />
übersetzt, es gebe auch immer mehr öffentliche<br />
Anlässe, an welchen die Ansprachen<br />
Dr. Doris Weber leitet die Generalversammlung des Zürcher Fürsorgevereins <strong>für</strong> Gehörlose routiniert und mit<br />
viel Herzlichkeit.<br />
<strong>für</strong> die Gehörlosen zugänglich gemacht<br />
würden. Aber auch in den Vereinen integrierten<br />
sich die Gehörlosen zusehends. Er<br />
selber habe mehrere gehörlose Schiedsrichterkollegen<br />
im Volleyball. Einer von<br />
ihnen «pfeife» sogar auf höchster nationaler<br />
Ebene.<br />
Abele: «Ich gebe zu, <strong>das</strong>s mir der ZFVG bisher<br />
noch nicht sehr bekannt war. Das<br />
schmälert aber nicht die gute und wichtige<br />
Funktion, die von ihm wahrgenommen wird.<br />
Schon seit über huntert Jahren unterstützt<br />
er Gehörlose in ihren Bedürfnissen, sei dies<br />
Sozial- und Familienberatung, die Unterstützung<br />
bei der Stellensuche, die Bereitstellung<br />
von Treffpunkten oder die Förderung<br />
der Eingliederung von Behinderten.<br />
Der Kanton Zürich unterstützt nicht von<br />
ungefähr diese Arbeit mit einem jährlichen<br />
Beitrag von 60’000 Franken, und honoriert<br />
damit die anerkannten Dienste zur sozialen<br />
Integration, die der ZFVG leistet.<br />
Auch der Stadt Zürich ist die Förderung der<br />
Integration und Gleichstellung von Behinderten<br />
ein wichtiges Anliegen. Sie hat sich<br />
zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2024 alle<br />
öffentlichen Gebäude, Anlagen, Dienstleistungen,<br />
Informationen und Veranstaltungen<br />
ohne Einschränkungen hindernisfrei<br />
zugänglich zu machen. Zürich soll so zu den<br />
attraktivsten Städten in Europa <strong>für</strong> Menschen<br />
mit Behinderungen zählen. Es gibt<br />
auch bereits erste konkrete Schritte, die<br />
den Hörbehinderten und Gehörlosen zu<br />
Gute kommen sollen.»<br />
Martin Abele informiert über die geplanten<br />
Schritte und Massnahmen:<br />
• Zurzeit wird überprüft, ob es rechtlich<br />
möglich ist, die Zusammenfassung der<br />
Abstimmungsunterlagen in Gebärdensprache<br />
zu veröffentlichen.<br />
• Seit Januar 20<strong>12</strong> ist im Human Ressources<br />
Management der Stadt Zürich eine Koordinatorin<br />
<strong>für</strong> die Gleichstellung Behinderter<br />
angestellt, welche Personalfachleute bei<br />
der Anstellung von Menschen mit Behinderung<br />
unterstützt und diese aktiv fördert.<br />
• Der Beauftragte <strong>für</strong> Behindertengleichstellung<br />
hat sich mit Vertretern der Gehörlosen<br />
getroffen, um ihre Bedürfnisse und<br />
Ansprüche an die Stadtverwaltung kennenzulernen.<br />
• Im Rathaus gibt es eine Induktionsanlage<br />
<strong>für</strong> Zuschauer(innen), die es Personen mit<br />
Hörgerät ermöglicht, störungsfrei die<br />
Wortbeiträge zu empfangen und zu verfolgen.<br />
Martin Abele wird zum Schluss seiner sympathischen<br />
Rede noch etwas politisch: «Ich<br />
weiss nicht, wie viele Gehörlose schon bei<br />
uns im Rathaus zu Besuch waren. Leider<br />
Martin Abele wünscht sich, <strong>das</strong>s in nicht allzu ferner Zukunft gehörlose Personen im Zürcher Gemeinderat<br />
vertreten sein werden.<br />
können wir noch keine Simultanübersetzung<br />
anbieten. Wir sind aber grundsätzlich<br />
offen <strong>für</strong> alle. Ich persönlich würde mich<br />
freuen, wenn Sie nicht nur auf der Tribüne<br />
Platz nehmen, sondern, wenn in nicht allzu<br />
ferner Zukunft auch einmal eine gehörlose<br />
Person im Gemeinderat Einsitz nimmt. Der<br />
letzte Gemeinderatspräsident war ja der<br />
erste Rollstuhlfahrer, der als höchster Zürcher<br />
amtierte. Wieso soll es nicht auch einmal<br />
eine gehörlose Ratspräsidentin oder<br />
einen gehörlosen Ratspräsidenten geben?<br />
In diesem Sinne lade ich Sie ein, sich weiterhin<br />
<strong>für</strong> Ihre Rechte stark zu machen und<br />
wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft und<br />
Engagement bei Ihrem Kampf um Gleichstellung<br />
und Integration.»<br />
Statutarische Geschäfte<br />
Die Vereinspräsidentin, Dr. Doris Weber,<br />
führt umsichtig und kompetent durch die<br />
traktandierten Versammlungsgeschäfte.<br />
Sie verweist auf den Geschäftsbericht 2011,<br />
in welchem die wichtigsten Gegebenheiten<br />
festgehalten sind.<br />
Sie weist darauf hin, <strong>das</strong>s die Gespräche mit<br />
Vertretern der Stadt Zürich in Bezug auf allfällige<br />
finanzielle Unterstützungen und vor<br />
allem auch auf die Anerkennung <strong>für</strong> die von<br />
der Beratungsstelle geleistete Arbeit noch<br />
im Gange seien. Erfreulich sei, <strong>das</strong>s der Kanton<br />
Zürich wie in den vergangenen Jahren<br />
60’000 Franken überwiesen habe und die<br />
geleistete Arbeit vom ZFVG sehr schätze<br />
bzw. als wichtig erachte. Zu verdanken sei<br />
auch <strong>das</strong> finanzielle Engagement der Max<br />
Bircher Stiftung, die den Verein mit 30’000<br />
Franken unterstützt habe.<br />
Weber weist noch auf die am 29. August<br />
20<strong>12</strong> stattfindende Strategiesitzung mit<br />
den Deutschschweizer Beratungsstellen<br />
hin. Anhand der beantworteten Fragebögen<br />
zu Themen wie Dienstleistungen, Kernthemen,<br />
Gemeinsamkeiten und vorhandenen<br />
Schnittstellen soll an dieser Sitzung eine<br />
konkrete Projektplanung mit «Meilensteinen»<br />
ausgearbeitet werden. Das Ziel<br />
bestehe darin, die langfristige Sicherung<br />
der Beratungsstellen und deren Dienstleistungensangeboten<br />
<strong>für</strong> die gehörlosen Menschen<br />
in der Deutschschweiz in die Wege zu<br />
leiten.<br />
Die Beratungsstellen<br />
Denise Eggel, Leiterin der Beratungsstelle<br />
Zürich, stellt fest, <strong>das</strong>s die tägliche Arbeit<br />
auf der Beratungsstelle im Berichtsjahr<br />
geprägt gewesen sei von der Sicherung<br />
der Finanzen. Diese aufreibenden Arbeiten<br />
seien wichtig, denn die Beratungsstelle<br />
sei einzigartig, vertrauenswürdig<br />
und verschwiegen. Eben unverzichtbar <strong>für</strong><br />
die Hilfe- und Ratsuchenden.<br />
In diversen Kurzbeiträgen erfahren die<br />
Versammlungsbesucher, welche umfangreichen<br />
Dienstleistungen durch die Beratungsstellen<br />
erbracht werden. Christine<br />
Thümena informiert über die Sozialberatung,<br />
Isabella Vogt über die geleistete<br />
freiwillige Arbeit und Jacqueline Füllemann<br />
über die Angebote «Treffpunkte &<br />
Kurse».<br />
Denise Eggel schliesst den Rückblick auf<br />
<strong>das</strong> letztjährige Geschäftsjahr mit dem<br />
Dank an die hörenden und gehörlosen Mitarbeitenden<br />
sowie an die freiwilligen Mitarbeitenden<br />
<strong>für</strong> ihr Engagement.<br />
Finanzbericht<br />
Der Quästor, Ralph Hort, informiert<br />
anhand aussagekräftigen Folien über die<br />
finanziellen Gegebenheiten des Vereins.<br />
Bemerkenswert sei, <strong>das</strong>s gegenüber dem<br />
Budget ein besserer Ertrag erwirtschaftet<br />
und der Aufwand verringert werden<br />
konnte, so <strong>das</strong>s anstelle eines budgetierten<br />
Verlustes erfreulicherweise ein<br />
Gewinn ausgewiesen werden könne. Der<br />
gesamte Ertrag sei praktisch aus eigenen<br />
Leistungen – ohne irgendein Legat –<br />
erwirtschaftet worden.<br />
Die Leiterin, Denise Eggel, und Vertreterinnen aus ihrem Team stellen die Angebote der Beratungsstelle Zürich vor.<br />
5
Jacqueline Peter<br />
Jacqueline Peter ist am Institut <strong>für</strong> Erziehungswissenschaft<br />
der Universität Zürich<br />
Abteilungsleiterin des Bereiches Lehrerinnen-<br />
und Lehrerbildung Maturitätsschule<br />
und seit 2008 SP-Vorstandsmitglied in<br />
Zürich 3. Zudem ist sie seit 20<strong>12</strong> Vorstandsmitglied<br />
im Quartierverein Zürich<br />
Wiedikon, wo sie sich aktiv <strong>für</strong> kulturpolitische<br />
Anliegen engagiere.<br />
Esther Hildebrand<br />
Quästor Ralph Hort, freut sich, <strong>das</strong>s die Jahresrechnung 2011 mit einem Gewinn abgeschlossen werden konnte.<br />
Hort betont, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Eigenkapitalpolster<br />
nach wie vor beruhigend sei. Die Beratungsstelle<br />
erbringe hauptsächlich Dienstleistungen.<br />
Dies führe zwangsläufig zu hohen Personalkosten.<br />
Nach Abzug der Personalkosten<br />
verblieben der Beratungsstelle vom<br />
Gesamtaufwand weniger als 20% <strong>für</strong> alle<br />
anderen Ausgabenpositionen. Dies sei<br />
wenig und zwinge die Verantwortlichen<br />
sehr sorgsam mit den vorhandenen Mitteln<br />
umzugehen.<br />
Die Versammlung genehmigt die vorliegende<br />
Jahresrechnung sowie den dazugehörenden<br />
Revisionsbericht einstimmig.<br />
Wahlen<br />
Nach neunjährigem Engagement hat<br />
Susanne Rhis ihren Rücktritt aus dem Vorstand<br />
des ZFVG erklärt.<br />
Vizepräsident, Beat Kleeb, schlägt der Versammlung<br />
vor, Doris Weber in ihrem Amt als<br />
Präsidentin zu bestätigen <strong>für</strong> weitere zwei<br />
Jahre.<br />
Beat Kleeb: «Doris Weber hat sich in ihrer<br />
zwanzigjährigen Vorstandstätigkeit, davon<br />
fünfzehn Jahre als Präsidentin, immer durchgebissen.<br />
Sie ist wahrlich eine ganz grosse<br />
Freiwilligenarbeiterin. Die notwendige Energie<br />
und Motivation sowie <strong>das</strong> ungebrochene<br />
Interesse sind immer noch vorhanden.»<br />
Die Versammlung bestätigt mit einem überwältigenden<br />
und herzlichen Applaus Doris<br />
Weber als ZFVG-Präsidentin.<br />
Neue Gesichter im Vorstand. Doris Weber<br />
freut sich, <strong>das</strong>s sich drei äusserst qualifiziert<br />
Kandidatinnen und ein Kandidat zur Wahl<br />
stellen. Mit kurzen Statements stellen sich<br />
die Kandidaten der Versammlung vor.<br />
Esther Hildebrand arbeitet als Koordinatorin<br />
beim Roten Kreuz des Kantons Zürich<br />
und betreut dort <strong>das</strong> Projekt Integrationsangebot<br />
<strong>für</strong> fremdsprachige Kinder und<br />
Jugendliche «mitten unter uns». Sie ist<br />
Vorstandsmitglied der Grünen Partei im<br />
Bezirk Pfäffikon und Kantonsrätin.<br />
Esther Hildebrand möchte die gescheiterten<br />
und von Susanne Rhis im Kantonsrat<br />
eingebrachten Vorstösse (Postulat und<br />
Motion) zur Bilingualität nicht aus den<br />
«Augen» verlieren. Die Kommunikation<br />
und Austausch seien <strong>für</strong> sie zentrale<br />
Themen.<br />
Emanuel Nay<br />
Emanuel Nay arbeitet als Gebärdensprachlehrer<br />
an der sek3. Er engagiert<br />
sich als Präsident <strong>für</strong> die Genossenschaft<br />
Fontana Passugg und als Vorstandsmitglied<br />
bei DIMA.<br />
Esther Hildebrand.<br />
Emanuel Nay erklärt, <strong>das</strong>s er von der Beratungsstelle<br />
angefragt worden sei, sich als<br />
Vorstandsmitglied beim ZFVG zur Verfügung<br />
zu stellen. Er habe spontan zugesagt.<br />
Motiviert sei er, weil so viele Politiker nun<br />
im ZFVG-Vorstand mitmachten. Das sei<br />
fantastisch.<br />
Die neu kandidierenden sowie die bisherigen<br />
Vorstandsmitglieder Beat Kleeb, Everlyn<br />
Hermann, Jörg Heimann, Ralph Hort<br />
(Quästor), Margrit Tanner und Rolf Ruf<br />
werden einstimmig und mit grossem<br />
Applaus gewählt bzw. in ihren Ämtern<br />
bestätigt.<br />
Verschiedenes<br />
Der Pionier der Schreibberatung, Félix<br />
Leutwyler, hat diese Dienstleistung zu<br />
einem äusserst erfolgreichen Angebot<br />
aufgebaut. Nun ist <strong>für</strong> Félix Leutwyler die<br />
Zeit gekommen, um etwas kürzer zu treten<br />
und den verdienten Ruhestand zu<br />
geniessen.<br />
Emanuel Nay.<br />
wissenschaft studiert und als freie Journalistin<br />
gearbeitet.<br />
In ihrem kurzen Vorstellungsstatement<br />
meint Sarah Guidi, <strong>das</strong>s sie schon Gebärdensprachkurse<br />
besucht und mit der Dolmetscherinnen-Ausbildung<br />
begonnen habe. Sie<br />
habe sich in die Gebärdensprache verliebt.<br />
Leider habe sie die Dolmetscherinnen-<br />
Ausbildung abbrechen müssen. Aber aufgeschoben,<br />
sei nicht aufgehoben. Sie<br />
freue sich sehr auf die Aufgaben in der<br />
Schreibberatung und sei glücklich, <strong>das</strong>s<br />
sie durch Félix Leutwyler kompetent eingearbeitet<br />
werde.<br />
Doris Weber schliesst den statutarischen<br />
Teil der Generalversammlung und freut<br />
sich, nach einer kurzen Pause auf <strong>das</strong><br />
spannende Referat von Patty Shores.<br />
Was ist «Inklusion» und was ist «Integration»?<br />
Integration und Inklusion<br />
Shores beginnt ihr Referat mit einem<br />
visuellen Einstieg anhand eines Bildes<br />
des Malers A. Kandinsky. «Denn Bilder<br />
sagen mehr als tausend Worte oder sie<br />
geben uns Zeit zum Nachdenken und zum<br />
Reflektieren unseres Verständnisses.<br />
Und Bilder verwöhnen unsere Augen und<br />
lassen unseren Geist, Seele und Herz<br />
durch die Kunst führen.»<br />
Doris Weber würdigt in ihrer Laudatio die<br />
wertvolle Arbeit von Félix Leutwyler und<br />
dankt ihm ganz herzlich <strong>für</strong> <strong>das</strong> langjährige<br />
Engagement rund um die Schreibberatung.<br />
Die Versammlungsbesucher verabschieden<br />
Félix Leutwyler mit einem<br />
überwältigenden Applaus.<br />
Beat Kleeb gratuliert Doris Weber zu ihrer Wiederwahl als Präsidentin und dankt<br />
ihr <strong>für</strong> ihr grosses Engagement zu Gunsten des Vereins.<br />
Jacqueline Peter.<br />
Weber freut sich, <strong>das</strong>s mit Sarah Guidi<br />
eine sehr versierte Nachfolgerin <strong>für</strong> Félix<br />
Leutwyler gefunden werden konnte.<br />
Sarah Guidi habe Germanistik und Film-<br />
Sarah Guidi ist als Nachfolgerin von Félix Leutwyler <strong>für</strong> <strong>das</strong> Angebot der Schreibberatung verantwortlich.<br />
7
Prof. Patty Shores arbeitet bei der Interkantonalen Hochschule <strong>für</strong> Heilpädagogik und ist die Co-Leiterin <strong>für</strong> den Studiengang<br />
Gebärdensprachdolmetschen (GSD) sowie Leiterin im Bereich Ausbildung zum Gebärdensprachausbildner (AGSA).<br />
Prof. Shores erklärt, <strong>das</strong>s sie ihr Referat,<br />
welches sie anlässlich des Gehörlosenkongress<br />
in Monteux im <strong>September</strong> 2011<br />
vortragen durfte, in einen geschichtlichen<br />
Kontext, kurzen Definitionen und schlussendlich<br />
was dies <strong>für</strong> die Gehörlosen<br />
bedeutet, gegliedert habe.<br />
Die geschichtliche Aufarbeitung belege,<br />
<strong>das</strong>s es schon immer so gewesen sei. Seit<br />
der Mensch auf der Mutter-Erde lebe, sei<br />
<strong>das</strong> Thema aktuell gewesen und werde es<br />
auch in Zukunft bleiben. Das Grundsatzkonzept<br />
der Familie, welches sich auf die<br />
Gemeinde, den Staat und die Regierung<br />
usw. auswirke, Religion, Kultur, Bildung,<br />
Politik, Musik, Arbeit und Freizeit beeinflussen<br />
bzw. prägten die Lebenssituation jedes<br />
Einzelnen. Und es stelle sich die Frage;<br />
gehöre ich zu einer dieser Gruppe? Gehören<br />
wir zu einer dieser Gruppen? «Es gebe<br />
immer ein «Innen» und ein «Draussen».<br />
Die einzelnen Gruppen zusammenführen,<br />
heisse dann Integrationen. Entscheidend<br />
sei aber, ob wir selber was tun, oder warten<br />
würden bis die anderen was tun würden.<br />
Anhand einiger Beispiele veranschaulicht<br />
Prof. Shores, was damit gemeint sein<br />
könnte.<br />
• Zuhause: nehme ich Fremde auf ? Gebe<br />
ich ihr/ihm ein Dach über dem Kopf?<br />
• Arbeitsplatz: Beziehe ich eine einsame<br />
Person ins Gespräch mit ein?<br />
• Freizeit: treffe ich mich mit meiner/m<br />
NachbarIn? Aktivitäten ?<br />
Definition Integration<br />
Die sympathische Hochschuldozentin<br />
erklärt weiter, <strong>das</strong>s Integration aus dem<br />
Lateinischen integrare stamme. Dies<br />
bedeute wiederherstellen eines ursprünglich<br />
Ganzen.<br />
Mit der UNESCO-Erklärung von Salamanca<br />
aus dem Jahr 1994 setzten die<br />
Unterzeichnenden sich <strong>das</strong> Ziel, allen<br />
Menschen mit besonderem Förderbedarf<br />
ins Bildungssystem den unterzeichneten<br />
Staaten der allgemeinen Schulen zu integrieren.<br />
«Was hat die Schweiz bis anhin getan?<br />
• Die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz<br />
(1994) unterstützt die<br />
integrative Zielsetzung.<br />
• Integrationsförderung des Bundes hat<br />
Auswirkungen in den Kantonen (2009),<br />
wird aber in der föderalistischen<br />
Schweiz auch kantonal geregelt. Leider.<br />
• Das Leitbild hält fest (1998): Heilpädagogik<br />
will Bedingungen schaffen, damit<br />
behinderte und von Behinderung<br />
bedrohte Menschen ihre Persönlichkeit<br />
entwickeln und zu grosser Mündigkeit<br />
und Emanzipation in sozialer Integration<br />
gelangen können.»<br />
Erfolgreiche Integration in die Schule<br />
bedeute aber konkret, <strong>das</strong>s nicht nur eine<br />
Organisationsform gemeint sei. Sie<br />
umfasse verschiedene Bereiche einer<br />
Schule. Zentral dabei seien;<br />
• Integrative Haltung<br />
• Unterricht und Förderung<br />
• Zusammenarbeit: kindbezogen, unterrichtsbezogen,<br />
themenbezogen<br />
• Steuerung und Qualitätsentwicklung<br />
Definition Inklusion<br />
Patty Shores erklärt, <strong>das</strong>s Inklusion aus<br />
dem Leiteinischen inclusio stamme, was<br />
Einschluss bedeute. Bei dieser alten<br />
Bedeutung sei <strong>das</strong> Einbeziehen von Dazugehörigkeit<br />
gemeint.<br />
Sie verweist in ihrem Referat auf verschiedene<br />
Definition des Begriffs Inklusion.<br />
Ihrem Verständnis folgend brauche es<br />
Partizipation, Teilhabe, Teilnehmen, beteiligt<br />
sein. Der Paradigmawechsel werde<br />
dann erfolgreich gelingen, wenn die Ideologie<br />
einer barrierefreien Gesellschaft<br />
greife und somit von allen Zugang gefordert<br />
und gefördert werde. Da<strong>für</strong> brauche<br />
es ein Umdenken.<br />
• Menschen mit Behinderung führten ein<br />
weitgehend unabhängiges Leben und<br />
könnten unter Beizug einer individuellen<br />
Dienstleistung an allen gesellschaftlichen<br />
Teilen partizipieren.<br />
• Da<strong>für</strong> müssen Hindernisse erst einmal<br />
erkannt und dann aus dem Weg geräumt<br />
werden.<br />
• Übereinkommen über die Rechte von<br />
Menschen mit Behinderungen<br />
Prof. Shores möchte, <strong>das</strong>s in der Schweiz<br />
unter Inklusion, Schule <strong>für</strong> alle und Bildung<br />
<strong>für</strong> alle, der Umgang mit Heterogenität,<br />
verschiedene Sprachen und Kulturen und<br />
ein neues Verständnis über die sogenannten<br />
«normalverschiedenen Menschen» verstanden<br />
bzw. geschaffen werde.<br />
Sie schliesst ihr Referat mit dem Fazit,<br />
<strong>das</strong>s Inklusion in den Köpfen der Menschen<br />
beginne. Die UNO-Konvention<br />
bringe nur so viel, was die Menschen auch<br />
umsetzen wollten. Die innere Haltung<br />
spiegle sich im äusseren Verhalten. Inklusion<br />
heisse auch, Betroffene zu fragen<br />
«Wovon wünscht du dir mehr? Was hilft<br />
dir? etc.» Für die Inklusion seien wir als<br />
Mensch gefordert. Nicht als Lehrer, Eltern<br />
oder Fachleute.<br />
[rr]<br />
In Kürze<br />
Gebärdensprache online<br />
lernen<br />
Gehörlose Kinder können Gebärdensprache<br />
jetzt auch online lernen. Der<br />
SGB-FSS hat ein Online-Tool mit<br />
Geschichten, Spielen, Poesie und Wortschatz<br />
erarbeitet, damit gehörlose Kinder<br />
möglichst zweisprachig aufwachsen<br />
können sollen. Auf dem Computer<br />
werden Geschichten aus dem Alltag<br />
oder über Zootiere gezeigt. Dabei<br />
unterhalten sich die beiden Hauptdarsteller,<br />
die gehörlose Doris Hermann<br />
und der achtjährige hörbehinderte<br />
Jeremy Brägger in Gebärdensprache.<br />
Gleichzeitig kann ihr Gespräch als Text<br />
gelesen werden.<br />
«Gebärdensprache <strong>für</strong> Kinder» ist seit<br />
1. Juli 20<strong>12</strong> auf www.ekdis.sgb-fss.ch<br />
zugänglich. Zurzeit umfasst <strong>das</strong> Angebot<br />
18 Geschichten, Spiele und Poesievideos<br />
sowie 1700 Wörter im Lexikon<br />
der Gebärdensprache. Es richtet sich an<br />
Kleinkinder (0 bis 3 Jahre) und<br />
Vorschulkinder (4 bis 7) Jahre.<br />
Ab Jahresende soll es auch ein<br />
Angebot <strong>für</strong> 8 bis <strong>12</strong>-Jährige<br />
geben. Die Benutzung des<br />
Programms kostet 25 Franken<br />
<strong>für</strong> sechs Monate.<br />
Shores betont, <strong>das</strong>s in der Schweiz unter<br />
Integration bei den Gehörlosen primär<br />
<strong>das</strong> pädagogische Setting gemeint sei.<br />
Sie verweist dabei auf einen aktuellen<br />
Bundesgerichtsentscheid beziehungsweise<br />
die Urteilsbegründung. Das Bundesgericht<br />
habe entschieden, <strong>das</strong>s <strong>für</strong> die<br />
Schulung von Kindern mit einer Behinderung<br />
die Integration in die Regelschule<br />
einer Sonderschulung vorzuziehen sei.<br />
Integration zum Wohle des Kindes. Die<br />
Kantone und die Gemeinden seien verfassungsmässig<br />
verpflichtet, integrative<br />
schulische Strukturen mit Förderungen,<br />
fachliche Unterstützung mit angemessenen<br />
Ressourcen und Mitteln zu gewährleisten.<br />
9
IVG-Revision 6b: eingliedern oder<br />
(weg)sparen?<br />
Gerd Bingemann, blinder Jurist und Musiker, stimmt mit seinem Einstiegsreferat auf die Podiumsdiskussion ein.<br />
An der 63. Delegiertenversammlung des<br />
Schweizerischen Zentralvereins <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
Blindenwesen SZB findet am 16. Juni 20<strong>12</strong>,<br />
im Kursaal Bern eine Podiumsdiskussion<br />
statt zum Thema IVG-Revision 6b.<br />
«Eingliedern oder (weg)sparen?», was <strong>für</strong><br />
Folgen hat die «6b» <strong>für</strong> die Betroffenen?<br />
Die eine Seite betont, <strong>das</strong>s die Invalidenversicherung<br />
endlich saniert und schuldenfrei<br />
gemacht werden müsse. Die<br />
andere Seite ist davon überzeugt, <strong>das</strong>s<br />
die «6b» zum jetzigen Zeitpunkt überflüssig<br />
sei und es mit ihr zu einer massiven<br />
Verschiebung der Kosten in die Ergänzungsleistungen<br />
komme.<br />
Eine Zugsfahrt von 2004 bis 20<strong>12</strong><br />
Gerd Bingemann vergleicht die «unendliche»<br />
Geschichte der IVG-Revisionen mit<br />
einer nie enden wollenden Zugsreise. Mit<br />
seinem Einstiegsreferat stimmt er <strong>das</strong><br />
zahlreich anwesende Publikum auf die<br />
Podiumsdiskussion ein.<br />
Die Reise beginnt in der vierten IVG-Revision<br />
im Jahr 2004. Gerd Bingemann<br />
bezeichnet diese als erste Etappe zur fünften<br />
«Sanierungs»-Revision. Dann gilt es in<br />
den Revisions-Zug umzusteigen. «Die befristete<br />
Mehrwertsteuererhöhung bis Ende 2017<br />
wird gutgeheissen, und der Bund übernimmt<br />
die fälligen Schuldzinsen. Die IVG-Revision<br />
6a wird auf anfangs 20<strong>12</strong> Tatsache. Der<br />
Paradigma-Wechsel «Eingliederung vor<br />
Rente» wird vollzogen. Betroffene werden<br />
<strong>für</strong> den 1. Arbeitsmarkt fit gemacht.<br />
Claude Voegeli moderiert und leitet die Podiumsdiskussion souverän.<br />
Der lang ersehnte Wunsch zahlreicher<br />
Betroffener wird mit der «6a» Realität. Der<br />
Assistenz-Beitrag wird eingeführt. Ein wahrer<br />
Meilenstein <strong>für</strong> die Betroffenen ist<br />
gesetzt worden.<br />
Die Zugsreise geht, vorerst nach nochmaligem<br />
Umsteigen, mit der «6b» weiter. Und<br />
dies obwohl Prognosen des BSV darlegen,<br />
<strong>das</strong>s mit den bisherigen Massnahmen massive<br />
Einsparungen bei der IV gemacht werden<br />
könnten und je nach Szenarium die vorhanden<br />
Schulden Mitte 2025 beziehungsweise<br />
2030 vollständig getilgt seien.»<br />
Gerd Bingemann betont, <strong>das</strong>s die «6b» eine<br />
reine Abbauvorlage sei. Er kritisiert unter<br />
anderem <strong>das</strong> neue lineare Rentensystem<br />
und moniert die dauernden Leistungskürzungen.<br />
Deshalb appelliert er: «Stopp und<br />
nicht weiter. Gegen die drohende «6b»<br />
muss, weit über alle Behindertenverbände<br />
hinaus, gemeinsam angekämpft werden.»<br />
Pro und Contra «6b»<br />
Claude Voegeli, Vize-Präsident des SZB,<br />
begrüsst die Podiumsgäste, Alt-Nationalrätin<br />
Marie-Thérèse Weber-Gobet, Vorstandsmitglied<br />
des Vereins «Nein zum<br />
Abbau der IV, NR Christian Lohr (CVP), Mitglied<br />
der Sicherheits- und Gesundheits-<br />
kommission (SGK-NR) und selbst behindert,<br />
NR Guy Parmelin (SVP), Vizepräsident<br />
der SGK-NR und Georges Pestalozzi,<br />
stellvertretender Zentralsekretär von Integration<br />
Handicap und Leiter des Rechtsdienstes<br />
<strong>für</strong> Behinderte.<br />
Claude Voegeli moderiert die kontradiktorisch<br />
geführte Podiumsrunde gekonnt,<br />
ausgewogen und mit dem notwendigen<br />
Fingerspitzengefühl.<br />
In der Folge entwickelt sich eine sachlich<br />
aber zweifellos auch emotional geführte<br />
Diskussion unter den Podiumsexponenten,<br />
die allesamt auch Sozialversicherungs-<br />
Experten sind. Einige zusammengefasste<br />
Statements widerspiegeln die ganz unterschiedlichen<br />
Haltungen.<br />
Christian Lohr<br />
Christan Lohr meint, vielleicht müssten<br />
harte Massnahmen ergriffen werden,<br />
damit die Invalidenversicherung langfristig<br />
gesichert werden könne. Trotzdem<br />
stelle er sich gegen die Vorlage, weil sie<br />
ausschliesslich die Finanzierungsfrage im<br />
Fokus habe. Diese Ausrichtung sei Unsinn.<br />
Ihn interessiere die Zukunft der IV sehr<br />
stark. Es sei einfach keine seriöse Lösung<br />
bei der Invalidenversicherung zu kürzen<br />
und gleichzeitig eine Verlagerung beziehungsweise<br />
ein Hinauffahren der Ergänzungsleistungen<br />
in Kauf zu nehmen.<br />
Lohr erwartet, <strong>das</strong>s man sich mit der Thematik<br />
vertieft auseinandersetze. Es sei<br />
eben nicht eine reine Finanzvorlage, sondern<br />
es sei eine sozial-gesellschaftliche-<br />
Vorlage. «Wir müssen uns überlegen, wie<br />
wir in der Schweiz mit Menschen mit einem<br />
Handicap umgehen wollen. «Ich möchte<br />
Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen<br />
Leben.»<br />
Lohr weist darauf hin, <strong>das</strong>s mit der Einführung<br />
des Assistenz-Beitrages ein gutes<br />
Zeichen gesetzt worden sei. Kein Argument<br />
sei es aber, sich auf die wirtschaftliche<br />
Entwicklung abzustützen. Niemand<br />
könne wissen, wie die Wirtschaft in ferner<br />
Zukunft sein werde.<br />
Guy Permelin<br />
Guy Permelin bestätigt, er sei sich<br />
bewusst, <strong>das</strong>s mit der «6b» eine 70%-ige<br />
Nationalrat Christian Lohr möchte die «6b» nicht als reine Finanzvorlage verkommen lassen. Für ihn sei es eine<br />
sozial gesellschaftliche Vorlage.<br />
Nationalrat Guy Parmelin betont, <strong>das</strong> Ziel der IV-Revision bilde klar die Sanierung des Sozialwerkes. Das Volk<br />
habe zur der befristeten Zusatzfinanzierung ja gesagt.<br />
Erwerbsunfähigkeit keinen Anspruch<br />
mehr auf eine ganze IV-Rente mehr auslöse.<br />
Beim stufenlosen Rentensystem<br />
würden viele Betroffene profitieren.<br />
Selbstverständlich werde es auch unzufriedene<br />
«Verlierer» geben.<br />
Permelin macht geltend, <strong>das</strong>s die IV<br />
immer noch ein strukturell bedingtes<br />
Defizit von fünfzehn Milliarden Franken<br />
habe. Jetzt stehe die letzte Etappe an und<br />
die «6b»-Massnahmen würden besonders<br />
kontrovers diskutiert.<br />
Permelin: «Bisher hat <strong>das</strong> Volk alle IV-Vorlagen<br />
durchgewinkt. Diejenigen, die die<br />
IVG-Revision schlecht reden, haben auch<br />
die AHV schlecht geredet. Mit der «6b»<br />
werden zahlreiche Abfederungsmechanismen<br />
parallel eingeführt.»<br />
11
Marie-Thérèse Weber-Gobet<br />
Marie-Thérèse Weber-Gobet erklärt kämpferisch,<br />
<strong>das</strong>s die IV-Vorlagen während der<br />
letzten Jahre in einem absoluten Schnellzugstempo<br />
durchgeboxt worden seien.<br />
SVP-Nationalrat Alex Kuprecht bezeichnet<br />
<strong>das</strong> Vorgehen als eigentliche «Rosskur».<br />
Weber: «Ich bin davon überzeugt, <strong>das</strong>s der<br />
letzte Teil dieser «Rosskur» nicht mehr<br />
nötig ist. Im Jahr 2025 wird die IV wieder<br />
Überschüsse ausweisen. Bereits im Jahr<br />
2011 hätte die IV einen satten Gewinn ausweisen<br />
können, wenn sie nicht noch<br />
53 Millionen Franken als ausserordentlichen<br />
Beitrag im Rahmen des neuen Finanz-<br />
Ausgleiches hätte bezahlen müssen. Die<br />
letzte Sparrunde in dieser «Rosskur» ist<br />
einfach nicht mehr nötig. Sie ist unfair und<br />
unsozial.»<br />
Weber stellt klar, <strong>das</strong>s über 50’000 Familien<br />
und über 96’000 Kinder mit weniger<br />
Geld auskommen müssten. Es geschehe<br />
einfach ein Transfer vom Bund an die Kantone<br />
und Gemeinden. Deshalb sei die «6b»<br />
einfach eine reine Sparübung.<br />
Georges Pestalozzi<br />
Georges Pestalozzi erklärt, <strong>das</strong>s die heutige<br />
Praxis und Rechtsprechung zu massiv<br />
weniger Ausgaben bei der Invalidenversicherung<br />
führe. Das mittlere BSV-Szenario<br />
gehe deshalb davon aus, <strong>das</strong>s die IV<br />
bereits ab 2018 mit den Überschüssen die<br />
Schulden abbezahlt könne.<br />
Pestalozzi: «Die aktuellsten Bundesgerichtsentscheide<br />
haben effektiv dazu<br />
geführt, <strong>das</strong>s weniger Renten bezahlt werden<br />
müssten. Hauptgrund der Einsparungen<br />
sind die somatoformen Störungen.<br />
Aber wir stellen fest, <strong>das</strong>s es eine Ausweitung<br />
bei den Krankheitsbildern gebe. Von<br />
Marie-Thérèse Weber-Gobet vertritt dezidiert die Meinung, <strong>das</strong>s es die «6b» nicht mehr brauche. Die «Rosskur»<br />
müsse gestoppt werden.<br />
Sehbehinderten werde erwartet, <strong>das</strong>s sie<br />
zu 100% arbeiten.»<br />
Pestalozzi weist darauf hin, <strong>das</strong>s es zu<br />
einer Abwendung bei der Fallbeurteilung<br />
der individuellen Ressourcen hin zu objektiven<br />
Kriterien – vom Stärksten abgeleitet<br />
– komme. Es sei mit der heutigen Gerichtspraxis<br />
eine äusserst problematische Entwicklung<br />
eingeleitet worden.<br />
Pestalozzi beurteilt die Situation, <strong>das</strong>s die<br />
Betroffenen mit Teilrenten eine Arbeit finden<br />
müssten, als sehr schwierig. Vor allem<br />
neue Anstellungen von Betroffenen mit<br />
einer Restarbeitsfähigkeit im ersten<br />
Arbeitsmarkt dürften sehr schwierig werden.<br />
Dies auch vor dem Hintergrund, <strong>das</strong>s<br />
es <strong>für</strong> die Arbeitgeber keine Quoten-Regelung<br />
gebe.<br />
Pestalozzi: «Der Paradimawechsel führt<br />
zwangsläufig zu einem Anstieg der Ausgaben<br />
bei den Ergänzungsleistungen. Eine<br />
Tatsache ist auch, <strong>das</strong>s eine 70%-ige IV-<br />
Rente bei der Beruflichen Vorsorge BVG<br />
auch zu einer 70%-Rente führt. Dies ist<br />
einfach sehr einschneidend.»<br />
Guy Parmelin<br />
Guy Parmelin erklärt auf die Quoten-Regelung<br />
<strong>für</strong> die Arbeitgeber angesprochen,<br />
<strong>das</strong>s er grundsätzlich dagegen sei. Es<br />
gebe heute ja schon Arbeitgeber, die<br />
Behinderte auf freiwilliger Basis beschäf-<br />
Georges Pestalozzi weist darauf hin, <strong>das</strong>s eine rigidere Rechtsprechung zu beobachten sein. Als Erkenntnis<br />
daraus resultieren weniger Rentenleistungen.<br />
tigten. Im internationalen Vergleich<br />
stehe die Schweiz<br />
zudem sehr gut da. Er sei<br />
davon überzeugt, <strong>das</strong>s die<br />
Arbeitgeber kontinuierlich auf<br />
diese Problematik sensibilisiert<br />
werden, vor allem bei den<br />
Verantwortlichen der Personalabteilungen.<br />
Parmelin: «Es braucht jetzt<br />
Zeit, um zu sehen, ob die Eingliederungsmassnahmen<br />
greifen.<br />
Die gemachten Erfahrungen<br />
werden zeigen, ob wir auf<br />
dem richtigen Weg waren.»<br />
Christian Lohr<br />
Lohr meint, er spüre in den<br />
ländlichen Gegenden bei den<br />
kleineren und mittleren Unternehmungen<br />
KMU, <strong>das</strong>s sie<br />
Verantwortung übernehmen<br />
wollten.<br />
Lohr: «Ich bin dezidiert gegen Quoten-<br />
Regelungen. Auch aus den Gegebenheiten<br />
im benachbarten Ausland. Enttäuscht bin<br />
ich von den grossen Unternehmen Die<br />
könnten und müssen wesentlich mehr tun<br />
und zeigen.»<br />
Schlussrunde<br />
Die Zeit vergeht wie im Fluge. Claude Voegeli<br />
muss die spannende Podiumsdiskussion<br />
langsam zum Abschluss bringen.<br />
Ein Votant aus dem Publikum meint, <strong>das</strong>s<br />
die eigentlichen «Königreiche» die IV-Stellen<br />
seien. Dort liege leider vieles im Argen.<br />
Die IV-Stellen verfügten seiner Meinung<br />
nach über zu wenig behindertenspezifischen<br />
Kompetenzen. Im Parlament würden<br />
Beschlüsse gefasst, dabei sei die<br />
Umsetzung aufgrund der personellen<br />
Umständen beziehungsweise mangelnder<br />
Kompetenz nicht gewährleistet.<br />
Ein anderer Votant fordert, <strong>das</strong>s die Bundesverwaltung<br />
als Vorbild vorangehen<br />
und vermehrt Menschen mit Beeinträchtigungen<br />
einstellen solle.<br />
Die Podiumsrunde mit diametral unterschiedlichen Haltungen in der Frage «6b».<br />
Marie-Thérèse Weber-Gobet pocht in ihrem<br />
Schlusswort nochmals darauf, <strong>das</strong>s diese<br />
Vorlage eine unnötige, unsoziale und ungerechte<br />
Sparmassnahme sei. Der Verein<br />
«Nein zum Abbau der IV», hinter den<br />
46 unterstützende Organisationen stünden,<br />
sei jedenfalls in den Startlöchern, bei<br />
einer Annahme der Vorlage im Parlament<br />
<strong>das</strong> Referendum zu ergreifen.<br />
Claude Voegeli schliesst die Podiumsveranstaltung<br />
und bedankt sich bei seinen<br />
Gästen <strong>für</strong> ihre Statements zu der kommenden<br />
und mit harten Bandagen geführten<br />
Debatten in den parlamentarischen Räten.<br />
Während des Mittagessens nutzen die<br />
Delegierten die Zeit, um ausgiebig über<br />
die «6b» zu diskutieren. Als Fazit kann<br />
festgehalten werden: Die Wahrung des<br />
Besitzstands ist akut gefährdet!<br />
Dr. André Assimacopoulos, Präsident des SZB, bedankt sich bei den Podiumsteilnehmenden <strong>für</strong> die angeregt<br />
geführte Diskussion. Die Behandlung der «6b»-Vorlage in den Räten im Bundesbern werde mit grösster Aufmerksamkeit<br />
verfolgt werden.<br />
[rr]<br />
13
Delegiertenversammlung<br />
von Integration Handicap<br />
Thomas Bickel ist Geschäftsführer<br />
von Integration Handicap<br />
Am 20. Juni 20<strong>12</strong> findet in Bern die Delegiertenversammlung<br />
von Integration<br />
Handicap statt. <strong>sonos</strong> ist seit vielen Jahren<br />
Mitglied dieses 1951 unter dem<br />
Namen SAEB (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>für</strong> die Eingliederung Behinderter)<br />
gegründeten Dachverbandes, der<br />
2005 einen neuen Namen erhalten hat.<br />
Auch heuer berichten wir – wie bereits in<br />
den Vorjahren – über die Aktivitäten und<br />
aktuellen Aufgaben dieser wichtigen<br />
Organisation.<br />
Institution mit Bodenhaftung<br />
Marc F. Suter, Präsident von Integration<br />
Handicap, nimmt zu Beginn seiner Ausführungen<br />
Bezug auf die Frage, ob <strong>das</strong><br />
Gleichgewicht in der Invalidenversicherung<br />
weiterhin sichergestellt sei. Er weist<br />
darauf hin, <strong>das</strong>s auch Menschen mit<br />
Behinderung wie alle anderen Menschen<br />
hierzulande Verantwortung tragen <strong>für</strong><br />
unsere Gesellschaft. Unter den Anwesenden<br />
finden sich prominente Gäste: Stefan<br />
Ritler, IV-Chef, und Bundesrichter Ulrich<br />
Meyer von der Sozialrechtlichen Abteilung<br />
in Luzern. Suter erklärt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong><br />
Gleichgewicht in der Invalidenversicherung<br />
nach seiner Empfindung nicht mehr<br />
gewahrt sei – vor allem im Hinblick auf die<br />
Reintegration. Es sei sehr stossend, <strong>das</strong>s<br />
viele Leute keine Rente mehr bekommen<br />
sollten. Ebenfalls bei den Hilfsmitteln<br />
erkennt Suter eine Trendwende. Es werde<br />
mit einem harten Massstab gemessen.<br />
Bei den Hilfen an Institutionen gemäss<br />
Art. 74 IVG laufe Etliches aus dem Ruder.<br />
Der Trend zeige klar nach unten, gibt er<br />
sorgenvoll zu bedenken. Die Stiftung <strong>für</strong><br />
elektronische Hilfsmittel – besser<br />
bekannt unter der Bezeichnung Fondation<br />
Suisse pour les Téléthèses, la technologie<br />
au service du handicap aus Neuenburg –<br />
stehe kurz vor dem Aus. Infolge der Einfrierung<br />
und Kürzung der Bundessubventionen<br />
könnte kein neues Personal mehr<br />
eingestellt werden und die Einrichtung<br />
könne ihre wichtigen Aufgaben gegenüber<br />
Menschen mit einer Behinderung<br />
nicht mehr wahrnehmen. Durch Sparen<br />
am falschen Ort werde sehr viel Kollateralschaden<br />
angerichtet.<br />
Erfreulich ist trotz allem, <strong>das</strong>s sich die<br />
Finanzen von Integration Handicap derzeit<br />
gesund präsentieren.<br />
Strukturreform<br />
Schon im letzten Jahr wurde über dieses<br />
Projekt, die Schlagkraft zu verstärken,<br />
der Zersplitterung entgegen zu wirken<br />
und Synergien zu nutzen, orientiert. Im<br />
nächsten Jahr soll <strong>das</strong> Konzept spruchreif<br />
sein, spätestens im Sommer 2015 müsse<br />
die Umsetzung erfolgen, erwähnt Suter.<br />
Der Schlüssel der Mitgliederbeiträge bzw.<br />
die Höhe der Mitgliederbeiträge müssten<br />
neu definiert werden. Dieses Thema wird<br />
voraussichtlich verschiedene Diskussionen<br />
auslösen.<br />
Nach dem statutarischen Teil steht ein<br />
Referat von Georges Pestalozzi über die<br />
Revision 6b auf dem Programm.<br />
Georges Pestalozzi leitet den<br />
Rechtsdienst.<br />
Marc F. Suter macht sich Sorgen<br />
wegen dem klaren Abwärtstrend, den<br />
er bei der Invalidenversicherung<br />
erkennt.<br />
Stefan Ritler, IV-Chef, meldet sich<br />
bei der Diskussion am Schluss<br />
des Referats von Georges Pestalozzi<br />
zu Wort und verteidigt mit Nachdruck<br />
die in der Revisionsvorlage<br />
verankerte Restarbeitsfähigkeit,<br />
die ein Anreiz sein soll.<br />
[lk]<br />
15
Überglücklich über Erfolg an der<br />
Lehrabschlussprüfung<br />
Davis Colombo aus Rüti ZH hat die Ausbildung<br />
zum Detailhandelsfachmann mit<br />
einer sehr guten Lehrabschlussprüfung<br />
erfolgreich absolviert. Der 20-jährige<br />
Berufsmann empfängt Roger Ruggli von<br />
der <strong>sonos</strong>-Redaktion am 19. Juli 20<strong>12</strong> <strong>für</strong><br />
ein Interview.<br />
In der elterlichen Wohnung entwickelt sich<br />
schon kurz nach der Begrüssung eine lebhafte<br />
Unterhaltung. Herzlich und total aufgeschlossen<br />
erzählt der sympathische<br />
junge Mann aus seinem Leben.<br />
<strong>sonos</strong>: Ich kann mich mit Ihnen problemlos<br />
unterhalten und Ihre Aussprache ist perfekt.<br />
Es fällt überhaupt nicht auf, <strong>das</strong>s Sie<br />
eine Hörschädigung haben. Wieso nicht?<br />
Davis: Ich bin vor zwanzig Jahren in Sizilien<br />
auf die Welt gekommen. Kurz nach meiner<br />
Geburt sind meine Eltern, zusammen mit<br />
meinem drei Jahre älteren Bruder Fabio<br />
und mir nach Rüti gezogen. Rüti wurde zu<br />
meiner zweiten Heimat – zu meinem<br />
Lebensmittelpunkt. Ich habe auch die<br />
Schweizer Staatsbürgerschaft erlangt.<br />
Ich wie auch mein Bruder haben eine angeborene<br />
Hörschädigung, die wahrscheinlich<br />
erblich bedingt ist. Mein Urgrossvater war<br />
gehörlos.<br />
Das Sprechen habe ich dank der Gegebenheit<br />
gelernt, <strong>das</strong>s ich von Kindsbeinen an<br />
immer mit hörenden Kindern zusammen<br />
war. Meine Schulkameraden im Kindergarten,<br />
in der Primar- und Oberstufenschule<br />
haben alle immer gewusst, <strong>das</strong>s ich ein<br />
Handicap habe. Mit der Zeit habe ich es<br />
gelernt – <strong>das</strong> Sprechen. Und <strong>das</strong> Schöne<br />
daran war, ich war von Anfang an integriert.<br />
Aber wieso hören Sie dann heute so gut<br />
und wieso können sie sich so hervorragend<br />
lautsprachlich ausdrücken?<br />
Ich trage schon mein ganzes Leben beidseitig<br />
Hörgeräte. Dank meiner Hörgeräte kann<br />
ich Gespräche führen. Auf <strong>das</strong> Lippenablesen<br />
bin ich nur angewiesen, wenn es Umgebungsgeräusche<br />
hat und wenn es zu laut<br />
ist. Ohne meine Hörgeräte würde ich nur<br />
ganz laute Geräusche wahrnehmen, und<br />
Davis Colombo ist stolz und glücklich, <strong>das</strong>s er die Lehrabschlussprüfung zum Detailhandelsfachmann erfolgreich<br />
bestanden hat.<br />
ich könnte unmöglich ein normales Ge -<br />
spräch führen, geschweige telefonieren.<br />
Ich besuchte ganz normal wie meine Schulkameraden<br />
die Regelschulen. Mit einer<br />
Ausnahme: Ab der Kindergartenschulzeit<br />
hatte ich ein Mal pro Woche <strong>für</strong> drei Stunden<br />
audiopädagogischen Unterricht.<br />
Meine Muttersprache ist Italienisch, was<br />
wir zuhause immer noch täglich miteinander<br />
sprechen. Als zweite Sprache lernte ich<br />
Schweizerdeutsch. Dann kam noch <strong>das</strong><br />
Hochdeutsch dazu. In der Schule lernte ich<br />
noch Französisch und Englisch als weitere<br />
Fremdsprachen.<br />
Davis was können Sie uns über die Schulzeit<br />
und Ihre Erfahrungen erzählen?<br />
Eine grosse Überforderung erlebte ich zu<br />
Beginn meiner Kindergartenzeit. Das<br />
Durcheinanderschwatzen der Kinder war<br />
<strong>für</strong> mich ganz schlimm, weil ich den<br />
Gesprächen nicht folgen konnte. Als dann<br />
aber eine FM-Anlage im Kindergarten eingesetzt<br />
wurde, war es <strong>für</strong> mich viel besser.<br />
In der Primarschule haben mich alle, die<br />
mit mir redeten, angeschaut und laut und<br />
deutlich gesprochen. Auf meine speziellen<br />
Bedürfnisse haben die Lehrer wie auch die<br />
Schüler vorbildlich Rücksicht genommen.<br />
So entschloss ich mich, ab der vierten<br />
Schulklasse auf den Einsatz der FM-Anlage<br />
zu verzichten. Der Wechsel von der Mittelin<br />
die Oberstufenschule verlief <strong>für</strong> mich<br />
problemlos. Jetzt zeigte sich auch, <strong>das</strong>s<br />
mein früherer Entscheid auf den Einsatz<br />
einer FM-Anlage zu verzichten, gut war.<br />
Davis, und wie verlief dann Ihre berufliche<br />
Ausbildung?<br />
Mir war eigentlich sehr früh klar, welche<br />
Berufe ich erlenen wollte. Auf meiner<br />
Wunschliste standen ursprünglich: Velo-<br />
Mechaniker, Coiffeur und Detailhandelsfachmann.<br />
Ich habe dann entschieden,<br />
mich um eine Lehrstelle als Detailhandelsfachmann<br />
zu bewerben. Ich hatte Glück.<br />
Ich musste lediglich zwölf Bewerbungen<br />
schreiben, bis es geklappt hat. Von der<br />
LANDI Zola AG, Unternehmen der fenaco,<br />
Unternehmensgruppe der Schweizerischen<br />
Agrarwirtschaft, Filiale Illnau-Effretikon,<br />
erhielt ich meinen erhofften und<br />
ersehnten Lehrvertrag. Die Ausbildung hat<br />
drei Jahre gedauert. Vor wenigen Wochen<br />
habe ich mit der Note 5,4 die Lehrabschlussprüfung<br />
bestanden.<br />
Glücklich bin ich, <strong>das</strong>s ich bei LANDI<br />
Zola AG (Züricher Oberland) in der Filiale<br />
Pfäffikon ZH nach der Lehrzeit eine Festanstellung<br />
erhalten habe. Als Rayon-Leiter<br />
habe ich bereits zwei direkt unterstellte<br />
Mitarbeiterinnen.<br />
Davis Colombo zusammen mit seinem Bruder Fabio<br />
(rechts) – zwei Sportkanonen, die trotz ihrer Hörbeeinträchtigung<br />
voll integriert sind.<br />
Da ich die Motorfahrzeugprüfung bestanden<br />
habe, kann ich jetzt mit meinem eigenen<br />
Auto zur Arbeit fahren. So bin ich<br />
sehr flexibel und muss nicht auf die fixen<br />
Ankunfts- und Abfahrzeiten des öffentlichen<br />
Verkehrs Rücksicht nehmen.<br />
Davis, welches waren die grössten Schwierigkeiten<br />
in der beruflichen Ausbildung?<br />
Am Anfang meiner Ausbildung hatte ich<br />
tatsächlich einige Schwierigkeiten. Die<br />
traditionelle Kundschaft in meinem Lehrbetrieb<br />
besteht unter anderem aus älteren<br />
Menschen, die oft sehr leise und<br />
undeutlich sprechen. Auch solche aus<br />
einem bäuerlichen Umfeld gehören dazu,<br />
die <strong>für</strong> mich völlig unverständliche<br />
Davis Colombo und sein Bruder Fabio im im Ausgang.<br />
Begriffe <strong>für</strong> Gegenstände und Waren verwendeten,<br />
die sie kaufen wollten. Es dauerte<br />
eine gewisse Zeit, bis ich mich mit<br />
dieser Situation arrangiert hatte.<br />
Aber ansonsten hatte ich während meiner<br />
gesamten Ausbildung überhaupt keine<br />
nennenswerten Probleme.<br />
Davis, welches Verhältnis haben Sie zur<br />
Gebärdensprache?<br />
Ich bin Mitglied der Nationalmannschaft<br />
im Futsal. Da in dieser Mannschaft sehr<br />
viele Gehörlose mitspielen, habe ich ganz<br />
wenige Gebärden gelernt, so <strong>das</strong>s ich<br />
mich mit meinen gebärdenden Mannschaftskollegen<br />
austauschen und in der<br />
mannschaftsinternen Umgangssprache<br />
unterhalten kann.<br />
Ich spiele noch beim Unicorns-Club in<br />
Dübendorf Futsal. Mit dieser Mannschaft<br />
haben wir soeben den Aufstieg in die<br />
Nationalliga A geschafft. Als Ausgleich<br />
spiele ich noch beim Fussball-Club Rüti in<br />
der 4. Liga ganz normalen Fussball.<br />
Davis, wo sehen Sie noch konkreten<br />
Handlungsbedarf heute in Bezug auf die<br />
Gleichstellung hörbehinderter Menschen<br />
bzw. die sog. barrierefreie Zugänglichkeit<br />
in die «hörende Welt»?<br />
Ich sehe keinen konkreten Handlungsbedarf.<br />
Ich empfand meine Schulzeit sowie<br />
meine berufliche Ausbildung immer fair.<br />
Ich fühlte mich mit den Hörenden gleichgestellt.<br />
Mir wurden nie irgendwelche<br />
Hindernisse in den Weg gelegt.<br />
Eine sehr gute Erfahrung durfte ich auch<br />
an der Berufsschule <strong>für</strong> Hörgeschädigte<br />
machen. Ich profitierte extrem von den<br />
kleinen Klassen und von den Lehrkräften.<br />
Gerade bei den Lehrkräften spürte man,<br />
<strong>das</strong>s sie im Umgang mit beeinträchtigten<br />
Schülern geschult sind. So konnten sie auf<br />
die ganz unterschiedlichen Bedürfnisse<br />
von uns Schülern optimal eingehen.<br />
Geschätzt habe ich auch den guten und<br />
vorbehaltslosen Zusammenhalt unter den<br />
Mitschülern. Die BSFH war <strong>für</strong> mich einfach<br />
toll und extrem positiv. Sie bildete die<br />
Basis da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s ich die Lehrabschlussprüfung<br />
mit gutem Erfolg abschliessen<br />
konnte.<br />
Davis, was machen Sie in Ihrer Freizeit,<br />
welche Hobbys haben Sie?<br />
In meiner Freizeit mache ich einfach gerne<br />
Sport. Aber ich gehe auch gerne mit meinen<br />
Freunden in den Ausgang und tanze<br />
gerne. Ich bin einfach glücklich, wenn ich<br />
mit meinen Kollegen unterwegs sein kann.<br />
Aber einmal im Jahr, in der Ferienzeit,<br />
pocht mein Herz <strong>für</strong> Sizilien. Wenn <strong>das</strong><br />
nötige Reisegeld vorhanden ist, fahre ich<br />
gerne in die Ferien nach Sizilien, um meine<br />
Verwandten zu besuchen.<br />
Davis und zum Schluss, welchen Traum<br />
oder Wunsch haben Sie?<br />
Ja, klar habe ich Wünsche und Träume.<br />
Zuerst möchte ich einfach weiter glücklich<br />
und zufrieden sein dürfen, und ich möchte<br />
meinen Freundeskreis behalten dürfen.<br />
Später möchte ich gerne eine Familie gründen.<br />
Beruflich habe ich zurzeit keine Veränderungsziele.<br />
Ich möchte einfach <strong>das</strong> Leben<br />
geniessen können.<br />
Mit den allerbesten Wünschen <strong>für</strong> die<br />
berufliche und private Zukunft von Davis<br />
bedankt sich Roger Ruggli <strong>für</strong> <strong>das</strong> interessante<br />
Gespräch und die spannenden Informationen.<br />
[rr]<br />
17
Handwerkliche Grundausbildung als<br />
berufliche Basis<br />
Aber wieso hören Sie dann heute so gut<br />
und wieso können sie sich so hervorragend<br />
lautsprachlich ausdrücken?<br />
Für meinen guten Spracherwerb war<br />
sicher die regelmässige und jahrelange<br />
Betreuung durch den Audiopädagogischen<br />
Dienst mitverantwortlich. Bis zur<br />
5. Klasse habe ich die Unterstützung<br />
durch den APD konsequent wahrgenommen.<br />
Danach fanden jährliche Standortbestimmungsgespräche<br />
statt. Meine<br />
Schwester Corina hat die Unterstützung<br />
während der gesamten Schulzeit in<br />
Anspruch genommen.<br />
Adrian Meyer hat es trotz seiner Hörschädigung geschafft. Mit Erfolg hat er die Lehrabschlussprüfung als Schreiner<br />
und die Berufsmaturitätsprüfung bestanden. Seine Freude drüber ist riesengross.<br />
Adrian Meyer aus Bülach ZH hat vor wenigen<br />
Wochen als Zweitbester des Zürcher<br />
Schreiner-<strong>Verband</strong>es die Ausbildung als<br />
Schreiner abgeschlossen und die Berufsmaturitätsprüfung<br />
erfolgreich bestanden.<br />
Am 24. Juli 20<strong>12</strong> empfängt der<br />
19-jährige Berufsmann Roger Ruggli von<br />
der <strong>sonos</strong>-Redaktion zum vereinbarten<br />
Interview.<br />
In der elterlichen Wohnung entwickelt<br />
sich schon kurz nach der Begrüssung<br />
eine lebhafte Unterhaltung. Herzlich und<br />
total aufgeschlossen erzählt der sympathische<br />
junge Mann aus seinem Leben.<br />
<strong>sonos</strong>: Ich kann mich mit Ihnen problemlos<br />
unterhalten und Ihre Aussprache ist<br />
perfekt. Es fällt überhaupt nicht auf, <strong>das</strong>s<br />
Sie eine Hörschädigung haben. Wieso<br />
nicht?<br />
Adrian: Im Spital Bülach bin ich vor neunzehn<br />
Jahren auf die Welt gekommen.<br />
Gelebt habe ich zusammen mit meiner<br />
zwei Jahre jüngeren Schwester Corina<br />
und meinen Eltern bis zur 1. Klasse in Volketswil.<br />
Im Januar 2000 erfolgte dann der<br />
Umzug nach Bülach. Seit dieser Zeit ist<br />
der Bezirkshauptort im Zürcher Unterland<br />
zu meinem Lebensmittelpunkt geworden.<br />
Unsere Familie ist speziell. Sowohl meine<br />
Mutter wie auch mein Vater sind seit ihrer<br />
Geburt schwerhörig. Diese Schwerhörigkeit<br />
haben sie an meine Schwester und an<br />
mich vererbt.<br />
Im Alter von drei Jahren wurde ich beidseitig<br />
mit Hörgeräten versorgt. Gleichzeitig<br />
wurde auch meine damals acht Monate<br />
alte Schwerster mit zwei Hörgeräten versorgt.<br />
Ab diesem Zeitpunkt fuhr uns<br />
unsere Mutter zweimal pro Woche ins Kinderspital<br />
Zürich <strong>für</strong> die einstündige audiologischen<br />
Betreuung.<br />
Für meine gute Aussprache sind verschiedene<br />
Faktoren verantwortlich. Zum einem<br />
wurde ich immer unterstützt. Ich habe<br />
immer aktiv mitgemacht, beim Spielen<br />
mit den normalhörenden Kindern. Ich<br />
wollte dabei sein. Aber ganz wichtig war,<br />
<strong>das</strong>s ich immer und konsequent meine<br />
Hörgeräte getragen habe. Meine Eltern<br />
waren <strong>für</strong> mich die besten Vorbilder. Das<br />
Tragen von Hörgeräten ist in unserer Familie<br />
einfach total normal. Die Geräte gehören<br />
zu uns.<br />
Positiv war natürlich auch, <strong>das</strong>s bereits<br />
ab der Kindergartenzeit FM-Anlagen eingesetzt<br />
wurden und ich von den Lehrkräften<br />
eigentlich immer voll unterstützt<br />
wurde. Mit wenigen Ausnahmen wurde<br />
ich während meiner gesamten Schulzeit<br />
von meinen Mitschülern voll akzeptiert<br />
und im Klassenverband integriert.<br />
Endscheidend war aber sicher der Wille<br />
meiner Eltern, <strong>das</strong>s ihre beiden Kinder<br />
lautsprachlich aufwachsen konnten. Trotz<br />
meiner Hörbeeinträchtigung kann ich problemlos<br />
Gespräche führen und auch telefonieren<br />
sowie dank technischer Hilfsmittel<br />
– wie der Fernseh-Ringleitung – praktisch<br />
uneingeschränkt Fernsehen und<br />
Radio hören.<br />
Adrian was können Sie uns über die Schulzeit<br />
und Ihre diesbezüglichen Erfahrungen<br />
erzählen?<br />
Ich besuchte in ganz normalen Regelklassen<br />
den Kindergarten, die Unter- und Mittelstufe<br />
und als Sekundarschüler A die<br />
Oberstufe. Dank der eingesetzten FM-<br />
Anlagen konnte ich die Lehrkräfte immer<br />
gut verstehen. Meine Mitschüler wurden<br />
immer darauf aufmerksam gemacht, <strong>das</strong>s<br />
sie laut und deutlich sprechen sollten und<br />
es gut wäre, wenn dabei der Augenkontakt<br />
gesucht würde.<br />
Ich war als Schüler eher ruhig und zurückhaltend.<br />
Während der Schulstunden<br />
musste ich mich immer sehr konzentrieren.<br />
Das war <strong>für</strong> mich anstrengend und<br />
ermüdend.<br />
Adrian Meyer im Lehrbetrieb während seiner Ausbildung zum Schreiner.<br />
Adrian, und wie verlief dann Ihre berufliche<br />
Ausbildung?<br />
Mir war schon sehr früh klar, <strong>das</strong>s ich als<br />
Grundausbildung zuerst einen handwerklichen<br />
Beruf erlernen wollte. Den Schreinerberuf<br />
habe ich gewählt, da ich lieber mit<br />
Holz als mit Metall arbeite und vielleicht<br />
auch deshalb, weil mein Vater ursprünglich<br />
diesen Beruf erlernen wollte, es aber<br />
dann doch nicht gemacht hat.<br />
Aber ich bekam nicht auf Anhieb einen<br />
Lehrvertrag. Ich habe gegen sechzig<br />
Adrian Meyer geniesst zusammen mit Freunden einen lauen Sommerabend am See.<br />
Bewerbungen geschrieben, bis es endlich<br />
geklappt hat. In den Bewerbungsunterlagen<br />
habe ich nicht auf meine Hörbeeinträchtigung<br />
hingewiesen. Darüber habe<br />
ich erst bei den Vorstellungsgesprächen<br />
informiert.<br />
Ich habe die Erfahrung gemacht, <strong>das</strong>s es<br />
in der Bewerbungsphase bestimmt auch<br />
ein wenig Wettkampfglück braucht. Oft<br />
ist man bei den letzen drei Bewerbern<br />
noch dabei, und der Lehrbetrieb muss<br />
sich dann <strong>für</strong> einen Kandidaten entscheiden.<br />
Bei der Lehrwerkstätte Zürich <strong>für</strong> Möbelschreiner<br />
in Zürich hat es dann geklappt.<br />
Die LWZ ist ein reiner Ausbildungsbetrieb<br />
<strong>für</strong> Schreiner und beschäftigt durchschnittlich<br />
zehn bis zwölf Lernende.<br />
Adrian, welches waren die grössten<br />
Schwierigkeiten in der beruflichen Ausbildung?<br />
In den ersten beiden Lehrjahren habe ich<br />
immer hinterfragt, ab ich tatsächlich die<br />
richtige Berufswahl <strong>für</strong> mich getroffen<br />
habe. Ich war einfach unsicher. Aber nach<br />
der bestandenen obligatorischen Teilprüfung<br />
Ende des zweiten Lehrjahres waren<br />
meine Zweifel glücklicherweise weg. Rückblickend<br />
gab es in meiner Schreiner-Ausbildung<br />
eigentlich keine nennenswerten Probleme.<br />
Auch der Besuch der Baugewerblichen<br />
Berufsschule in Zürich verlief sehr gut.<br />
Ich hatte die Möglichkeit, <strong>das</strong>s ich während<br />
meiner Lehre auch die Berufsmaturitätsschule<br />
absolvieren konnte. Während der<br />
ersten drei Ausbildungsbildungsjahre war<br />
ich an der Berufsmaturitätsschule Zürich<br />
eingeschrieben. Ich merkte aber bald, <strong>das</strong>s<br />
meine Mitschüler eigentlich alles Individualisten<br />
waren. Sie haben <strong>für</strong> mich kein<br />
Umfeld <strong>für</strong> «Lernen» geschaffen bzw. gegeben.<br />
Die Lehrkräfte haben zudem keinen<br />
Einfluss genommen, um Rücksicht auf<br />
meine speziellen Bedürfnisse zu nehmen.<br />
Vielleicht habe ich mich aber auch zu wenig<br />
gewehrt.<br />
19
Sicher war aber, <strong>das</strong>s meine Motivation<br />
zum Lernen schwand. So endschloss ich<br />
mich, an die Berufsschule <strong>für</strong> Hörgeschädigte<br />
Zürich zu wechseln. Mit neuer Motivation<br />
kehrte auch wieder die Freude <strong>für</strong><br />
<strong>das</strong> Lernen zurück. Meine Lehrer gingen<br />
auf meine Bedürfnisse ein, und dies<br />
brachte mir den notwendigen Schub.<br />
Die BSFH war mit den kleinen Klassen, der<br />
gegenseitigen Rücksichtnahme sowie<br />
den guten und verständnisvollen Lehrkräften<br />
goldrichtig.<br />
So wurde die Lehrabschlussprüfung als<br />
Schreiner, welche ich mit der Note 5,2,<br />
und die Berufsmaturitätsprüfung, welche<br />
ich mit der Note 4,9 bestand zum grossen<br />
und hart erkämpften Erfolg. Ich bin darüber<br />
einfach sehr froh und glücklich.<br />
Adrian, welches Verhältnis haben Sie zur<br />
Gebärdensprache?<br />
Ich finde die Gebärdensprache eigentlich<br />
eine sehr coole Sprache, und ich würde<br />
sie auch gerne anwenden. Aber ich habe<br />
keine Kontakte zu gebärdenden Menschen<br />
und könnte deshalb diese Sprache<br />
ja gar nie brauchen.<br />
Wie bereits erwähnt, ich bin lautsprachlich<br />
erzogen worden. Die Gebärdensprache<br />
war bei uns zuhause nie ein Thema.<br />
Adrian, wo sehen Sie noch konkreten<br />
Handlungsbedarf heute in Bezug auf die<br />
Gleichstellung hörbehinderter Menschen<br />
bzw. die sog. barrierefreie Zugänglichkeit<br />
in die «hörende Welt»?<br />
Ich möchte, <strong>das</strong>s konsequent FM-Anlagen<br />
mit Ringleitungen in Vortragssälen, in<br />
Gemeindeversammlungslokalen oder in<br />
den Kinos zur Verfügung stehen. Nur mit<br />
diesen technischen Hilfsmitteln kann ich<br />
tatsächlich dem gesprochenen Wort folgen<br />
und somit dabei sein.<br />
Stossend finde ich, <strong>das</strong>s ich wegen meiner<br />
Hörbehinderung dienstuntauglich<br />
geschrieben wurde, obwohl ich Militärdienst<br />
leisten möchte und nun Militärdienstpflichtersatz<br />
zahlen muss. Dies ist<br />
absolut diskriminierend.<br />
Völlig unverständlich finde ich die IV-<br />
Preispolitik <strong>für</strong> Hörgeräte. Bei einem<br />
Adrian Meyer zusammen mit seiner Freundin auf Entdeckungsreise in Florenz.<br />
4-Personenhaushalt, in welchem alle<br />
beidseitig mit Hörgeräten versorgt werden<br />
müssen, reisst die Leistungskürzung<br />
ein Riesenloch ins Budget. Der vom BSV<br />
eingeschlagene Weg ist <strong>für</strong> mich unwürdig<br />
und diskriminierend.<br />
Adrian, was machen Sie in Ihrer Freizeit,<br />
welche Hobbys haben Sie?<br />
In meiner Freizeit spiele Badminton in der<br />
3. Liga – mit intakten Aufstiegschancen –<br />
in Bülach, und ich bin Mitglied von Jugehörig,<br />
einer Organisation <strong>für</strong> Schwerhörige.<br />
Wichtig in meiner Freizeit ist mir die Kantaktpflege<br />
mit meinen Freunden.<br />
Adrian und zum Schluss, welchen Traum<br />
oder Wunsch haben Sie?<br />
Zurzeit bin ich mit meinem Beruf und dem<br />
Erreichten einfach glücklich und zufrieden.<br />
Nun möchte ich zuerst berufliche<br />
Erfahrungen sammeln. Über weitere Ziele<br />
habe ich mir noch keine Gedanken<br />
gemacht.<br />
Sicher möchte ich irgendwann, verbunden<br />
mit Auslandaufenthalten, neue Sprache<br />
lernen. Und, auch wenn es noch in ganz<br />
weitere Ferne ist, möchte ich gerne einmal<br />
eine Familie gründen.<br />
Mit den allerbesten Wünschen <strong>für</strong> die<br />
berufliche und private Zukunft von Adrian<br />
bedankt sich Roger Ruggli <strong>für</strong> <strong>das</strong> interessante<br />
Gespräch und die spannenden<br />
Informationen.<br />
[rr]<br />
Sexualisierte Gewalt bei gehörlosen<br />
respektive hörgeschädigten<br />
Menschen<br />
Text: Dr. med. Werner Tschan, Basel, Wissenschaftlicher<br />
Beirat der Stiftung Linda.<br />
Dr. Walter Tschan. Foto: zVg.<br />
Jede zweite gehörlose Frau ist von sexualisierter<br />
Gewalt in Kindheit und Jugend<br />
betroffen, besonders häufig in Schulen<br />
und Einrichtungen (Gehörlosenschulen).<br />
Dies ist <strong>das</strong> Ergebnis einer repräsentativen<br />
Studie über <strong>das</strong> Ausmass an Gewalterfahrungen<br />
bei Frauen mit Behinderungen<br />
in Deutschland, welche diese schockierende<br />
Resultate (Schröttle et al. 2011)<br />
zeigte. Täter finden sich in allen Lebensbereichen,<br />
mit der Folge, <strong>das</strong>s es keinen<br />
Schutzraum gibt. Aiha Zemp et al. haben<br />
schon vor Jahren darauf hingewiesen,<br />
<strong>das</strong>s rund zwei Drittel der Mädchen und<br />
Frauen und 50% der Jungen und Männer<br />
mit Behinderungen Opfer sexualisierter<br />
Gewalt werden (Zemp et al. 1996). Die<br />
Faktenlage ist schon länger bekannt. Institutionen<br />
gelten als Hochrisikobereiche<br />
<strong>für</strong> sexualisierte Gewaltdelikte (Tschan<br />
20<strong>12</strong>).<br />
Und trotzdem erschüttern immer wieder<br />
einzelne Berichte. In der New York Times<br />
wurde am 24. März 2010 der Fall von Vater<br />
Lawrence C. Murphy bekannt, einem<br />
katholischer Priester, der an einer Gehörlosenschule<br />
im Bundesstaat Wisconsin<br />
über 200 hörbehinderte Knaben vergewaltigt<br />
hatte. Untersuchungen verdeutlichten,<br />
<strong>das</strong>s sich Murphy bevorzugt an gehörlosen<br />
Knaben von hörenden Eltern vergangen<br />
hatte – da hier wegen der Kommunikationsprobleme<br />
weniger die Gefahr<br />
bestand, <strong>das</strong>s etwas ans Tageslicht kommen<br />
könnte. Wir wissen auch um die<br />
Ermittlungen im Fall H.S., einem Sozialtherapeuten<br />
und Serientäter, der in<br />
Deutschland und in der Schweiz an<br />
114 Opfern Übergriffe verübt hat. Das<br />
Ermittlungsverfahren gegen ihm wurde<br />
2003 von der Staatsanwaltschaft des Kantons<br />
Bern eingestellt, weil «man dem<br />
Opfer keinen Glauben schenken wollte»<br />
(Tschan 20<strong>12</strong>). Die junge Frau konnte<br />
damals nur mittels gestützter Kommunikation<br />
ihre Situation darstellen.<br />
Wellenartig wühlt die Thematik immer<br />
wieder Fachleute und Öffentlichkeit auf.<br />
Im Jahre 2002 wurde der Kirchenskandal<br />
in den USA bekannt, 2010 führten die Vorfälle<br />
am Canisius Kolleg, in der Odenwaldschule<br />
oder im Kloster Einsiedeln zu einer<br />
neuen Medienwelle, die irgendwann wieder<br />
abebbt – dann kehrt wieder Ruhe ein.<br />
Nicht so <strong>für</strong> die betroffenen Opfer und<br />
Erzwungenes Schweigen ist die stärkste Waffe der Täter.<br />
deren Angehörigen, die ein Leben lang<br />
unter den Folgen zu leiden haben. Entschädigungen<br />
und finanzielle Zuwendungen<br />
werden den hörgeschädigten Opfern,<br />
welche Übergriffe in Einrichtungen erlebt<br />
haben, mit der Begründung verweigert,<br />
<strong>das</strong>s sie ja nicht zwangsweise in die Einrichtung<br />
eingewiesen worden seien – es<br />
fehlt nicht viel bis zur Aussage: sie seien<br />
<strong>für</strong> ihr Schicksal selber verantwortlich.<br />
Mythen und Fakten<br />
Die Aussagen von Gewaltbetroffenen werden<br />
immer wieder in Zweifel gezogen. Dies<br />
entspricht einer bekannten Täterstrategie<br />
und wird als Neutralisierungsstrategie<br />
bezeichnet – dieses Verhalten ist nur<br />
denkbar weil sich viele Menschen täterloyal<br />
verhalten. Jede zweite gehörlose Person<br />
erlebt sexualisierte Gewalt (Dietzel<br />
2004). Die Behinderung hat sich dabei als<br />
deutlicher Risikofaktor <strong>für</strong> sexualisierte<br />
Gewalt erwiesen. Der Begriff «sexualisierte<br />
Gewalt» verdeutlicht, <strong>das</strong>s sich die<br />
Täter des Sexuellen «bedienen», wenn sie<br />
ihre Verbrechen begehen – während<br />
«sexuell» <strong>für</strong> einvernehmliche intime<br />
Begegnungen steht. Eine klare Wortwahl<br />
bringt <strong>das</strong> Unrecht der Taten zum Ausdruck.<br />
21<br />
Bild: <strong>sonos</strong>.
Der SAVI Report zeigt, <strong>das</strong>s in Europa 42%<br />
aller Frauen und 28% aller Männer Opfer<br />
sexualisierter Gewalt werden (McGee et al.<br />
2002). Vergleichbare Zahlen liegen aus<br />
den USA vor, wo 27% aller Frauen und 16%<br />
aller Männer entsprechende Erfahrungen<br />
angeben (Finkelhor et al. 1990). Mir geht<br />
es hier nicht um die exakte Zahl, sondern<br />
um die Grössenordnung. Sexualisierte<br />
Gewalt ist die grösste derzeit bestehende<br />
Pandemie. Sexualisierte Gewalt findet<br />
täglich vor unseren Augen statt – ohne<br />
<strong>das</strong>s wir sie wahrnehmen. Täter schaffen<br />
sich ihre Tatorte. Viele wählen ihren Beruf<br />
und den Arbeitsort entsprechend ihren<br />
Neigungen – was dann zu Jahre bestehenden<br />
Täterkarrieren führt.<br />
Welche Anzeichen weisen bei<br />
gehörlosen respektive hörgeschädigten<br />
Menschen auf<br />
Gewalterfahrungen hin?<br />
Viele Betroffene schweigen zunächst<br />
beschämt. Die wenigsten teilen etwas<br />
ihren Eltern oder ihren Bezugspersonen<br />
mit. Auch nicht hörbeeinträchtigten<br />
Opfern verschliesst die Gewalterfahrung<br />
den Mund. Viele legen irgendwann etwas<br />
gegenüber gleichaltrigen Kolleginnen und<br />
Kollegen offen – oft möchten sie zunächst<br />
bloss in Erfahrung bringen, ob sie auch «so<br />
etwas erleben». In vielen Fällen sind die<br />
Anzeichen deshalb zunächst höchst subtil<br />
– leichte Wesens- und Verhaltensänderungen<br />
im Sinne eines Rückzuges (soziale Isolation,<br />
Sprachstörungen inklusive Stottern)<br />
oder störendem Verhalten (Geräusche<br />
von sich geben, selbstschädigendes<br />
Verhalten, aggressives und distanzloses<br />
Verhalten) können resultieren. Kinder<br />
waschen sich nicht mehr und legen sich<br />
mit ihrer Kleidung ins Bett (Dietzel 2002).<br />
Einzelne <strong>für</strong>chten sich regelrecht davor,<br />
schlafen zu gehen, oder schon nur alleine<br />
im Zimmer zu sein. Oft werden derartige<br />
Einschränkungen der Behinderung an sich<br />
zugeschrieben – ohne <strong>das</strong>s sie in Zusammenhang<br />
mit den sexualisierten Gewalterlebnissen<br />
gebracht werden.<br />
Längerfristig bestimmen Ängste und Vermeidungsverhalten<br />
die Folgen, wie sie nachstehend<br />
durch die Diagnostik beschrieben<br />
werden. Viele Betroffene möchten sich unattraktiv<br />
machen und entwickeln entsprechende<br />
Störungen. Körperliche Folgen<br />
sind deshalb häufig und sie bilden auch<br />
regelmässig Anlass <strong>für</strong> ärztliche Untersuchungen.<br />
Direkte Verletzungen, insbesondere<br />
im Genitalbereich, sind äussert selten<br />
– Täter gehen in aller Regel subtil vor<br />
und meiden körperliche Gewaltanwendungen,<br />
da dies sofort einen entsprechenden<br />
Verdacht wecken würde.<br />
Traumafolgenstörungen<br />
Die gesundheitlichen Auswirkungen nach<br />
sexualisierten Gewalterfahrungen werden<br />
in der Medizin als Traumafolgenstörungen<br />
bezeichnet (Tschan 2001, 20<strong>12</strong>). Das grundlegende<br />
Konzept wurde 1980 mit der<br />
Bezeichnung «Posttraumatische Belastungsstörung»<br />
geschaffen. Im Anschluss an<br />
<strong>das</strong> traumatische Ereignis zeigen sich vier<br />
clusterartigen Symptomgruppen: Ängste<br />
(Albträume, Flash backs, Intrusionen), Vermeidungsverhalten<br />
(Betroffene weichen<br />
instinktiv allem aus, was sie an die traumatische<br />
Erfahrung erinnert, inkl. eigene Erinnerungen),<br />
Hyperarousal (Nervosität, Anspannung)<br />
und Numbing (Taubheit, Gefühl nicht<br />
mehr gesund zu werden). Die körperlichen<br />
Beschwerden sind bei der Diagnostik «vergessen»<br />
gegangen, ebenso viele mit der<br />
Störung assozierten Probleme (Essstörungen,<br />
Schlafstörungen, Substanzmissbrauch,<br />
selbstschädigendes Verhalten, Wut und<br />
Aggression). Da sich viele Betroffene an<br />
ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt wenden,<br />
ist die medizinische Beurteilung und die<br />
Behandlung in vielen Fällen suboptimal.<br />
Eine mögliche Folge nach sexualisierten<br />
Gewalterlebnissen ist der Verlust von Sprache<br />
und Gehör, oder <strong>das</strong>s es bei hörenden<br />
Kindern zu Stottern kommt. Erklärungsansätze<br />
dazu finden sich in der polyvagalen<br />
Theorie, die von Porgess beschrieben wurde<br />
(Tschan 20<strong>12</strong>). Der motorische Anteil des<br />
Vagusnerves ist zweigeteilt; der im<br />
Nuclues dorsalis entspringende Anteil<br />
steuert die viszeralen Mechanismen; während<br />
der im Nuclues Accumbens entspringende<br />
Anteil (ventrales vagales System)<br />
den emotionalen Ausdruck mitbestimmt.<br />
Die Steuerung der Gesichtsmuskeln, <strong>das</strong><br />
Herausfiltern der menschlichen Stimme<br />
über die Mittelohrmuskeln und die Steuerung<br />
des Sprechflusses über die Larynxund<br />
Pharynx-Muskulatur wird über diese<br />
Nervenbündel vermittelt. Entsprechend<br />
den Erklärungsansätzen des window of<br />
tolerance führt eine Unter- oder Überstimulierung<br />
im Rahmen von Traumafolgen<br />
zu nachhaltigen Beeinträchtigungen (Van<br />
der Hart el al. 2006). Wenn alle Regelmechanismen<br />
versagen, kommt es entsprechend<br />
der hierarchischen Organisation<br />
der neurophysiologischen Steuerung zu<br />
Dissoziationen mit einem «Auseinanderfallen»<br />
von Persönlichkeitsanteilen respektive<br />
Teilsystemen. Gehör, Verständnisund<br />
Sprachkompetenz wie auch die Ausdrucksmöglichkeiten<br />
können davon<br />
betroffen sein.<br />
Derartige Beeinträchtigungen in Zusammenhang<br />
mit Traumafolgen müssen<br />
zunächst als Selbstschutzmechanismen<br />
verstanden werden und bedürfen einer<br />
sorgfältigen therapeutischen Aufarbeitung.<br />
Eine Überwindung ist erst möglich,<br />
wenn die strukturellen Voraussetzungen<br />
geschaffen sind, was in der Regel bedeutet,<br />
<strong>das</strong>s die Täter zur Rechenschaft gezogen<br />
und zum stoppen gebracht werden.<br />
Hier zeigt sich auch mit aller Deutlichkeit<br />
die grundlegende Bedeutung der justiziellen<br />
Verfahren respektive <strong>das</strong> Versagen<br />
des Rechtsstaates im Bereich der sexualisierten<br />
Gewalt. Traumabetroffene bleiben<br />
oft in ihren Behinderungen gefangen, weil<br />
die Gesellschaft <strong>das</strong> Unrecht, <strong>das</strong> ihnen<br />
angetan wurde, nicht als solches anerkennt.<br />
Bei sexualisierten Gewaltdelikten besteht<br />
<strong>für</strong> Ärzte in der Schweiz in fünfeinhalb<br />
Kantonen (Luzern, Nidwalden, Schwyz,<br />
Uri, Tessin und Basel Landschaft) eine<br />
gesetzliche Meldepflicht (eine «halbe»<br />
Meldepflicht respektive ein -recht besteht<br />
in Basel Landschaft), in der übrigen<br />
Schweiz sind sie zum Schweigen verpflichtet<br />
(ärztliche Schweigepflicht, Art. 321<br />
StGB). Diesbezüglich ist in Zusammenarbeit<br />
mit der Stiftung LINDA eine Motion in<br />
Vorbereitung, welche eine einheitliche<br />
Regelung <strong>für</strong> die Schweiz und damit<br />
Rechtssicherheit schaffen soll. Es ist mehr<br />
als grotesk, <strong>das</strong>s ein Arzt heute jeden<br />
Hundebiss melden muss, nicht jedoch<br />
sexualisierte Gewaltdelikte.<br />
Die therapeutischen Interventionen nach<br />
sexualisierten Gewalterlebnissen beruhen<br />
auf traumasensitiven Behandlungen.<br />
Am besten bewährt hat sich bisher die dialektisch<br />
behaviorale Therapie (DBT).<br />
Medikamente haben keinen Einfluss auf<br />
die Überwindung von Traumafolgenstörungen,<br />
sie können allenfalls zur Symptommilderung<br />
vorübergehend nötig sein.<br />
Die Behandlung verläuft in drei Schritten<br />
(Sicherheit schaffen, Durcharbeiten und<br />
Integrieren). Das Ziel der Behandlung<br />
besteht darin, <strong>das</strong>s die Betroffenen nicht<br />
mehr dauernd durch die Vergangenheit<br />
verfolgt werden – ungeschehen machen<br />
kann die Taten ohnehin niemand. Die Folgen<br />
bestehen lebenslang und werden<br />
durch Stressregulationsstörungen auf<br />
Ebene der Genexpression und Zellsteuerung<br />
erklärt (Tschan 20<strong>12</strong>). Die positive<br />
Nachricht an Betroffene ist, <strong>das</strong>s sich<br />
diese Prozesse in den meisten Fällen<br />
durch DBT positiv beeinflussen lassen und<br />
eine Heilung der Traumafolgen möglich ist.<br />
Die Zahl der zur Verfügung stehenden<br />
Fachleute <strong>für</strong> traumasensitive Behandlungen<br />
ist völlig unzureichend, erst recht <strong>für</strong><br />
Hörgeschädigte resp. -behinderte. So gibt<br />
es im deutschen Sprachraum kaum eine<br />
psychiatrische Klinik, welche über eine<br />
spezialisierte Abteilung <strong>für</strong> traumatisierte<br />
Menschen verfügt. Auch muss die Bereitschaft,<br />
altersentsprechende Sexualpädagogik<br />
flächendeckend einzuführen, immer<br />
noch als gering eingestuft werden – wo<br />
sollen hörbehinderte oder –geschädigte<br />
Menschen lernen, wo die Grenzen liegen?<br />
Modus operandi der Täter<br />
Ohne fundierte Kenntnisse über Täterstrategien<br />
sind keine nachhaltigen präventiven<br />
Interventionen möglich. Die Täter<br />
bauen zu ihren Opfern Beziehungen auf<br />
und bereiten den sexualisierten Übergriff<br />
gezielt vor – im Fachausdruck als Grooming<br />
bezeichnet. Als Treibstoff der Übergriffe<br />
haben sich (unstatthafte) Fantasien<br />
auf Täterseite erwiesen, welche die Täter<br />
dann gezielt umsetzen. Sie machen sich an<br />
hörgeschädigte Kinder heran, weil ihre<br />
Kommunikationsmöglichkeit eingeschränkt<br />
ist, was ihre Glaubwürdigkeit im Falle von<br />
entsprechenden Aussagen erheblich in<br />
Zweifel zieht. Bei der Untersuchung von<br />
Täterkarrieren sieht man oft, <strong>das</strong>s sie entsprechend<br />
ihrer Erregungsmuster ihre<br />
Berufsausrichtung wählen und dann<br />
gezielt Institutionen aussuchen, wo sie<br />
ihre Neigungen umsetzen können.<br />
Das Risiko <strong>für</strong> einen Sexualdelinquenten,<br />
<strong>das</strong>s er strafrechtlich zur Rechenschaft<br />
gezogen wird, liegt heute bei eins zu hundert;<br />
<strong>das</strong> heisst mit anderen Worten: einer<br />
von hundert Tätern wird erwischt. Rund 6%<br />
aller Sexualdelikte werden angezeigt und in<br />
rund 15% aller angezeigten Fälle erfolgt<br />
eine Verurteilung. Selbst wenn Betroffene<br />
in der Vergangenheit etwas gesagt haben,<br />
wurden die Täter nicht behelligt – am krassesten<br />
nachzuvollziehen am Beispiel der<br />
deutschen Odenwaldschule. Wie viel<br />
schwerer es dann hörgeschädigte Menschen<br />
haben, kann un schwer erahnt werden.<br />
Opfern Glauben zu schenken, ist ein<br />
Akt der eine entsprechende Bereitschaft<br />
voraussetzt, analog wie die Unschuldsvermutung<br />
auf Täterseite, wonach niemand<br />
einer Tat beschuldigt werden darf, solange<br />
er nicht in einem ordentlichen Gerichtsverfahren<br />
rechtsgültig verurteilt worden ist.<br />
Viele Übergriffe ereignen sich in Einrichtungen,<br />
begangen durch Fachleute im Rahmen<br />
ihrer fachlichen Tätigkeiten (Tschan 20<strong>12</strong>).<br />
Täter schaffen sich ihre Tatorte. Wir sprechen<br />
von einer Opfer-Täter-Institutions-<br />
Dynamik um zu verdeutlichen, <strong>das</strong>s nicht<br />
bloss die individuelle Täterpathologie eine<br />
Rolle <strong>für</strong> die Entstehung von sexualisierten<br />
Gewaltdelikten spielt, sondern die systemischen<br />
Bedingungen mitberücksichtigt werden<br />
müssen. Durch <strong>das</strong> Bagatellisieren der<br />
Übergriffe durch die Verantwortlichen,<br />
durch <strong>das</strong> Nicht-Reagieren der Entscheidungsträger,<br />
haben viele Täter freie Bahn<br />
gehabt. Dies gilt nicht nur <strong>für</strong> den Behindertenbereich,<br />
sondern kann andernorts analog<br />
festgestellt werden (siehe zum Beispiel<br />
Odenwaldschule, Tschan 20<strong>12</strong>).<br />
Was soll mit Täter-Fachleuten<br />
geschehen?<br />
Gestützt auf mehrere tausend Aussagen<br />
von Betroffenen hat Christine Bergmann in<br />
ihrem Abschlussbericht (2011) eine erschütternde<br />
Feststellung gemacht: «Männer und<br />
Frauen haben <strong>das</strong> jahrzehntelange Schweigen<br />
gebrochen, erstmalig über ihr Leiden<br />
und die lebenslangen Folgen gesprochen.<br />
Sie haben auch darüber gesprochen, wie<br />
sie mit ihren Versuchen, Hilfe zu erhalten,<br />
gescheitert sind, und wie die Täter und<br />
Täterinnen geschützt wurden. Das Verschweigen,<br />
Vertuschen und Verleugnen der<br />
Taten hat <strong>das</strong> Unrecht vervielfacht». Der<br />
Rechtsstaat verkommt zum Unrechtsstaat,<br />
wenn die Taten dieser Täter nicht gesühnt<br />
werden.<br />
Für pädosexuelle Täter muss ein Berufsverbot<br />
<strong>für</strong> entgeltliche und unentgeltliche<br />
Arbeit mit Kinder, Jugendlichen und Menschen<br />
mit Behinderungen geschaffen werden.<br />
Weiter müssen in Zusammenarbeit mit<br />
den Berufsverbänden geeignete Rehabilitationsmassnahmen<br />
<strong>für</strong> Fachleute mit<br />
Schwierigkeiten geschaffen werden; eine<br />
Weitbeschäftigung unter einem Monitoring<br />
ist unter bestimmten Voraussetzungen<br />
möglich. Ein geeignetes Register stellt <strong>das</strong><br />
Fallmanagement von Fachleuten mit<br />
Schwierigkeiten sicher. Es würde den vorgegebenen<br />
Rahmen sprengen, diese Überlegungen<br />
hier en detail vorzustellen und zu<br />
diskutieren – wichtig scheint mir, <strong>das</strong>s die<br />
Berufsverbände und die Organisationen im<br />
Behindertenbereich diese Thematik aufgreifen<br />
(Tschan 20<strong>12</strong>). Der entscheidende<br />
Punkt dabei ist, <strong>das</strong>s Hilfeangebote <strong>für</strong><br />
Fachleute mit Schwierigkeiten zu Interventionen<br />
führen, bevor es zu sexualisierten<br />
Gewaltdelikten gekommen ist.<br />
23
Das Buch von Dr. Werner Tschan ist am 19. März 20<strong>12</strong><br />
erschienen und kann im Verlag Hans Huber unter<br />
ISBN-10:3-456-95109-4 bezogen werden.<br />
Das Schweigen überwinden<br />
Prävention von sexualisierten Gewaltdelikten<br />
bei gehörlosen oder hörgeschädigten<br />
Menschen ist eine Aufgabe, die uns<br />
alle angeht. Prävention ist machbar – sie<br />
muss jedoch strukturell verankert sein.<br />
Die Einrichtungen müssen die entsprechenden<br />
Massnahmen umsetzen. Wir<br />
müssen <strong>das</strong> Schweigen überwinden, welches<br />
über dem Thema liegt und wirkungsvolle<br />
Interventionen gegen sexualisierte<br />
Gewalt verhindert. Die Prävention in diesem<br />
Bereich ist nicht mittels polizeilicher<br />
taki mundo<br />
und justizieller Mittel zu erreichen, sondern<br />
nur im Zusammenwirken aller involvierten<br />
Kräfte. Dem Melden der einzelnen<br />
Vorfälle kommt eine zentrale Bedeutung<br />
zu – da erst dann zielgerechte Interventionen<br />
erfolgen können.<br />
Die Thematik muss in der Ausbildung den<br />
nötigen Platz finden und die Fachleute<br />
müssen neben Faktenwissen und Handlungskompetenz<br />
auch ihre Haltungen<br />
reflektieren. Die Einrichtungen und Berufsverbände<br />
müssen Anlaufstellen <strong>für</strong> Betroffene<br />
und Mitarbeitende schaffen und entsprechende<br />
Guidelines erarbeiten und<br />
Standards festlegen. Es müssen transparente<br />
Abklärungsprozedere sowie Interventionsmassnahmen<br />
festgelegt werden.<br />
Eine wirkungsvolle Prävention kann nie<br />
alle Vorfälle verhindern – aber sie kann<br />
wesentlich dazu beitragen, viele Menschen<br />
vor Leid zu bewahren.<br />
Die Stiftung Linda gibt betroffenen Opfern<br />
eine Stimme. Die Stiftung ist aktiv in der<br />
Umsetzung einer wirkungsvollen Prävention<br />
engagiert und bietet Fachleuten entsprechende<br />
Schulungen an. In Zusammenarbeit<br />
mit verantwortungsbewussten<br />
ParlamentarierInnen werden die erforderlichen<br />
Änderungen auf gesetzlicher Ebene<br />
umgesetzt.<br />
Danksagung<br />
Ich danke Dr. Anja Dietzel <strong>für</strong> die kritische<br />
Durchsicht des Manuskriptes und die<br />
zahlreichen Anregungen, die sie beisteuerte.<br />
Referenzen<br />
Bergmann C.: Abschlussbericht der unabhängigen<br />
Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs.<br />
Berlin, 2011.<br />
Dietzel A.: Sexuelle Gewalt gegen gehörlose Mädchen<br />
und Jungen. Möglichkeiten der präventiven<br />
Arbeit an der Gehörlosenschule. Inaugural-Dissertation<br />
an der Heilpädagogischen Fakultät der Universität<br />
Köln, 2002.<br />
Dietzel A.: Sexuelle Gewalt gegen hörgeschädigte<br />
Kinder. Risikofaktoren und Prävention. Essen,<br />
Kofo, 10. März 2004.<br />
Finkelhor D., Hotling G., Lewis I.A., Smith C.:<br />
Sexual abuse in a national survey of adult men and<br />
women: Prevalence, characteristics, and risk factors.<br />
Child Abuse and Neglect, 1990;14:19-28.<br />
Hintermair M.: Sozialemotionale Probleme hörgeschädigter<br />
Kinder – Erste Ergebnisse mit der deutschen<br />
Version des Stength and Difficulties Questionaire<br />
(SDQ-D). Zeitschrift <strong>für</strong> Kinder- und Jugendpsychiatrie,<br />
2006;34:49-61.<br />
McGee H., Garavan R., de Barra M., Byrne J. Conroy<br />
R. (eds.): The SAVI Report. Sexual Abuse and Violence<br />
in Ireland. Dublin, Liffey, 2002.<br />
Tschan W.: Missbrauchtes Vertrauen. Sexuelle<br />
Grenzverletzungen in professionellen Beziehungen.<br />
Basel, Karger, 2001, 2005.<br />
Tschan W.: Sexualisierte Gewalt. Praxishandbuch<br />
zur Prävention von sexuellen Grenzverletzungen<br />
bei Menschen mit Behinderungen. Bern, Huber,<br />
20<strong>12</strong>.<br />
Van der Hart O., Nijenhuis E.R.S., Steele K.: The<br />
haunted self. New York, W.W. Norton, 2006 (dt.:<br />
Der verfolgte Selbst. Paderborn, Junfermann,<br />
2008).<br />
Zemp A., Pricher E. (1996).: «Weil <strong>das</strong> alles weh tut<br />
mit Gewalt». Sexuelle Ausbeutung von Mädchen<br />
und Frauen mit Behinderung. Wien, Schriftenreihe<br />
der Frauenministerin, Bd.10, 1996.<br />
Thema Hörschädigung ausstrahlt, verzeichnen<br />
wir mehr Anfragen. Eine Ohrenärztin<br />
greift während der Sendung Themen über<br />
Gehörlosigkeit auf und informiert über<br />
Behandlungsmöglichkeiten. Am Anfang und<br />
zum Schluss der Sendung folgen Angaben<br />
über unsere Schule. Diese Sendung ist kostenlos<br />
und wir sind stolz, <strong>das</strong>s sich unser<br />
fünfjähriges hartnäckiges Nachfragen beim<br />
TV-Sender nun ausbezahlt. Die Sendungen<br />
kann man sich auf unserer Webseite<br />
www.takimundo.ch unter News anschauen.<br />
Elternkontakte sind ein wichtiger<br />
Bestandteil<br />
Astrid von Reding ist Initiantin und Gründerin von taki mundo. Sie ist<br />
seit vielen Jahren in Marketing und Verkauf innerhalb von Medienunternehmen<br />
tätig. 2011 hat sie ein Masterstudium in Diversity Management<br />
abgeschlossen. Ihre Masterthesis fokussiert die Situation gehörloser<br />
und hörgeschädigter Menschen in Mexico. Seit der Gründung hat<br />
sich Astrid von Reding unermüdlich <strong>für</strong> ihr Projekt eingesetzt. Mittlerweile<br />
fördert taki mundo achzehn hörgeschädigte oder gehörlose Kinder<br />
und <strong>das</strong> Projekt steht finanziell solide da.<br />
taki mundo unterrichtet nicht nur in den<br />
regulären Schulfächern, sondern bietet eine<br />
Ausbildung in Siebdruck, Computerschulung<br />
und einen Gebärdensprachkurs <strong>für</strong> die<br />
Eltern der Schülerinnen und Schüler an. Um<br />
die Gebärdensprache zu lernen, nutzen<br />
viele Eltern <strong>das</strong> Angebot regelmässig. Während<br />
meiner Aufenthalte in Mexico organisieren<br />
wir häufig Treffen mit allen Eltern.<br />
Eine Möglichkeit <strong>für</strong> direktes Feedback und<br />
eine Gelegenheit darauf hinzuweisen, <strong>das</strong>s<br />
eine Teilnahme am Kurs <strong>für</strong> Gebärdensprache<br />
wichtig ist. Neu bieten wir den Kindern<br />
auch Unterricht in Lautsprache an und<br />
ermuntern die Eltern, Zuhause mit dem Kind<br />
zu üben, damit die Aussprache verbessert<br />
wird. Die Kommunikation zwischen Eltern<br />
und ihren gehörlosen oder hörgeschädigten<br />
Kindern verbessert sich durch diese Angebote<br />
wesentlich. Stets weisen wir auch darauf<br />
hin, <strong>das</strong>s Kinder kostenlos gebrauchte<br />
Hörgeräte aus der Schweiz erhalten und die<br />
Eltern nur die Anpassung beim Ohrenarzt<br />
finanzieren müssen. Einzige Bedingung, die<br />
Kinder müssen mindestens sechs Monate<br />
unsere Schule besuchen. Aus Schutz <strong>für</strong> die<br />
Kinder mussten wir diese Klausel einführen.<br />
Es gab Eltern, die von diesem Angebot profitierten,<br />
ihr Kind aber nach der Anpassung<br />
des Hörgerätes zwangen, eine Arbeit anzunehmen<br />
statt es weiterhin in die Schule zu<br />
schicken.<br />
Volleyballmatch zwischen Hörenden<br />
und Gehörlosen<br />
Brian, der Sohn des mexikanischen Schulverwalters,<br />
initiierte einen Volleyballmatch<br />
zwischen den Schülern von taki<br />
mundo und seiner Schule mit hörenden<br />
Kindern. Am 30. <strong>September</strong> 2011 war es<br />
soweit. Die taki mundo Schülerinnen und<br />
Schüler gaben alles und gewannen den<br />
Match! Solche Aktivitäten machen Spass,<br />
helfen soziale Kontakte aufzubauen und<br />
Hemmschwellen zwischen Hörenden und<br />
Gehörlosen abzubauen. Auf diese Weise<br />
gewinnen hörgeschädigte und gehörlose<br />
Kinder an Selbstvertrauen.<br />
Verkauf von Eigenkreationen<br />
Die Kinder haben bunte Armbändchen – in<br />
Mexico heissen sie Pulseras – kreiert und<br />
auf der Siebdruckmaschine bedruckt.<br />
Unter www.takimundo.ch kann man diese<br />
Pulseras und Postkartensets mit verschiedenen<br />
Sujets erwerben. In Mexico verkaufen<br />
Kinder wie Lehrpersonen die Bändeli<br />
und viele weitere selbst gemachte Siebdruckartikel.<br />
Die Kinder sind stolz darauf,<br />
mit ihrer Arbeit etwas zum Unterhalt der<br />
Schule beizusteuern.<br />
Sponsorenlauf <strong>für</strong> taki mundo<br />
Jährlich organisiert die «Drittweltgruppe»<br />
Würenlos einen Sponsorenlauf und der Erlös<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Gehörlose Menschen werden in Mexico<br />
praktisch nicht gefördert und es gibt<br />
kaum Schulen, die gehörlose oder hörgeschädigte<br />
Kinder ihren Bedürfnissen entsprechend<br />
unterrichten. Massnahmen,<br />
die eine Früherkennung von Hörproblemen<br />
bei Säuglingen und Kleinkindern<br />
ermöglichen, fehlen in Mexico. Bis zur<br />
sechsten Klasse besuchen einige hörgeschädigte<br />
und gehörlose Kinder zwar<br />
regulär die Schule, verstehen aber während<br />
des Unterrichts nichts, da <strong>das</strong> Lehrpersonal<br />
nicht entsprechend ausgebildet<br />
ist. Nach der Schulzeit fristen die meisten<br />
ein isoliertes Dasein, werden als dumm<br />
eingestuft und besitzen keine sozialen<br />
Kontakte.<br />
Diese mangelnden Perspektiven waren ausschlaggebend,<br />
die Schule taki mundo ins<br />
Leben zu rufen. Zwei Jahre vor der Vereinsgründung<br />
wurden die nötigen Abklärungen<br />
getroffen, um <strong>das</strong> Projekt in Mexico und in<br />
der Schweiz in Gang zu setzen. Zuerst<br />
musste eine Idee ausgearbeitet, <strong>das</strong> Projekt<br />
budgetiert und in der Schweiz bekannt<br />
gemacht werden. In einem nächsten Schritt<br />
galt es, in Mexico Lehrpersonen und Schulverwalter<br />
zu rekrutieren und Schweizer Vorstandsmitglieder<br />
zu gewinnen. Im März<br />
2007 war es endlich soweit: Der Grundstein<br />
<strong>für</strong> taki mundo war gelegt.<br />
Fernseh-Sendung zum Thema<br />
Hörschädigungen<br />
Seit der Fernseh-Sender CANAL siete<br />
wöchentlich in der Hauptsendezeit exklusiv<br />
eine fünfminütige taki mundo Sendung zum<br />
Üben <strong>für</strong> den Volleyballmatch.<br />
Arbeiten in der Siebdruckwerkstatt.<br />
25
Ciro Parlato – Fotografien eines Visionärs<br />
Lehrpersonen, Schülerinnen, Schüler und Präsidentin.<br />
kommt immer einer anderen gemeinnützigen<br />
Organisation zugute. Karl Wiederkehr, Präsident<br />
der «Drittweltgruppe», brachte taki<br />
mundo ins Spiel und <strong>das</strong> Organisationskomitee<br />
hat unsere Schule gewählt. Unser Dank<br />
gilt allen Würenloser Schülerinnen und<br />
Schülern, deren Eltern, Lehrpersonen und<br />
natürlich dem Initianten und Organisator<br />
«Drittweltgruppe» Würenlos. Hoffen wir,<br />
<strong>das</strong>s am 6. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong> gutes Wetter<br />
die Läuferinnen und Läufer beflügelt.<br />
Spannende Jahre und neue Ansätze<br />
und Ideen<br />
Der Schulbetrieb läuft nun seit vier Jahren<br />
und ist geprägt von schönen Erlebnissen<br />
und spannenden Begegnungen. Doch<br />
nicht nur: Wir mussten auch Tiefschläge<br />
hinnehmen und beispielsweise dreimal<br />
die Schule wechseln. Entweder kündigte<br />
der Vermieter die Lokalität oder verlangte<br />
eine höhere Miete. Zudem haben wir uns<br />
entschieden, nicht mehr länger an der offiziellen<br />
Anerkennung der SEP (Secretaría<br />
de ecucacion pública) zu arbeiten, da wir<br />
inzwischen eine bessere Alternative<br />
gefunden haben. Seit Frühling 20<strong>12</strong> dürfen<br />
wir mit dem offiziellen Label der INEA –<br />
ebenfalls eine Abteilung innerhalb der SEP<br />
– und deren Lehrmaterial unterrichten. So<br />
erhalten die Kinder nach Abschluss der<br />
Schule ein offizielles Dokument.<br />
In den nächsten Jahren stehen folgende<br />
Themen und Fragen an: Wie können Eltern<br />
in Mexico dazu motiviert werden, damit ihr<br />
hörgeschädigtes Kind die notwendige Aufmerksamkeit<br />
und Schulung erhält? Lässt<br />
sich ein eigener Schulhausbau in Mexico<br />
realisieren? Wie kann ein Neugeborenen-<br />
Danke.<br />
Screening initialisiert und eine Frühförderung<br />
in Mexico institutionalisiert werden?<br />
Welche Software und welches System <strong>für</strong><br />
unseren Webauftritt sind optimal? In welcher<br />
Form können Organisationen Hörgeschädigte<br />
aus der Schweiz und Mexico vernetzen<br />
und welche Vorteile können sich<br />
daraus ergeben? Beibehalten möchten wir<br />
nach wie vor, <strong>das</strong>s jedes Kind individuelle<br />
Angebote erhält. Für <strong>das</strong> eine ist die Gebärdensprache<br />
richtig, <strong>für</strong> <strong>das</strong> andere die<br />
Lautsprache, ein anderes Kind benötigt<br />
beides. Bei taki mundo stehen <strong>das</strong> Kind<br />
und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt.<br />
Von der Idee zum Projekt<br />
Aus einer Idee ist ein überzeugendes Projekt<br />
entstanden, <strong>das</strong> in Mexico allmählich<br />
Fuss fasst und bei den Behörden langsam<br />
Beachtung findet. Motiviert und voller<br />
Tatendrang nehmen wir <strong>das</strong> sechste Jahr in<br />
Angriff und sind gespannt auf die weitere<br />
Entwicklung unseres Projektes. Stellvertretend<br />
<strong>für</strong> die gehörlosen Kinder und <strong>das</strong><br />
Schul- und Betreuungsteam aus Mexico<br />
möchte ich mich im Namen des Vorstandes<br />
Schweiz bei allen bedanken, die uns in<br />
irgendeiner Weise unterstützen. Am<br />
Schönsten ist es, die Freude und Fortschritte<br />
der Kinder mitverfolgen zu dürfen.<br />
Gracias!<br />
Weitere Informationen, den Jubiläums-<br />
Jahresbericht und viele Fotos finden Sie<br />
auf unserer Webseite www.takimundo.ch.<br />
Gerne gebe ich auch persönlich Auskunft.<br />
Astrid von Reding<br />
Präsidentin und Gründerin<br />
von taki mundo<br />
Abschlussarbeit Masterstudium in<br />
Diversity Management<br />
Während meines Studiums untersuchte<br />
ich die Situation von gehörlosen Menschen<br />
in Mexico und zeigte auf, mit welchen<br />
Problemen und Herausforderungen<br />
sie täglich konfrontiert sind. Interessierte<br />
Personen können sich gerne bei mir melden<br />
und die Arbeit mit dem Titel «Gehörlosigkeit<br />
sieht man nicht – ein Einblick in die stille<br />
Welt von hörgeschädigten Menschen» als<br />
PDF beziehen – info@takimundo.ch.<br />
Text: Daniela Blaser, seit 2007 Vorstandsmitglied<br />
von taki mundo<br />
Fotos: © taki mundo<br />
taki bedeutet auf P’hurépecha<br />
Mädchen, Junge<br />
mundo auf Spanisch Welt.<br />
Der Verein «taki mundo» wurde im<br />
März 2007 in Würenlos gegründet. Er<br />
ist politisch und konfessionell neutral<br />
und nicht Gewinn orientiert. «taki<br />
mundo» fördert hörgeschädigte und<br />
gehörlose junge Menschen in<br />
Uruapan, Mexico.<br />
CH-5436 Würenlos,<br />
Schliffenenweg 38<br />
Telefon: +41 56 424 23 29<br />
Telefax: +41 56 424 23 69<br />
Mobil: +41 79 660 33 61<br />
info@takimundo.ch<br />
www.takimundo.ch<br />
Vom 5. Juli 20<strong>12</strong> bis 21. Juli 20<strong>12</strong> stellte Ciro<br />
Parlato in der Galerie Keller in Zürich-Selnau<br />
seine neuesten Werke aus. An der Vernissage<br />
vom 5. Juli 20<strong>12</strong> war <strong>sonos</strong> präsent.<br />
Ciro Parlato hat sich schon vor dem Bekanntwerden<br />
des weltberühmten Higgs- bzw. Gottesteilchen<br />
in seinem fotografischen Schaffen<br />
mit Teilchenphysik beziehungsweise<br />
Elementarteilchen befasst, die nach Ansicht<br />
der Physiker die Welt verändern werden, wie<br />
Anfangs Juli in der gesamten Weltpresse in<br />
den Schlagzeilen zu lesen war.<br />
Ciro Parlato vor seinem Lieblingswerk der aktuellen Ausstellung «Water on Xtralob».<br />
Ciro Parlato hat schon mehrmals mit Gehörlosen zusammen gearbeitet. Hier<br />
diskutiert er gerade mit Hanspeter Müller über die Machart seiner Fotografien.<br />
Die aktuelle Fotoausstellung von Ciro Parlato<br />
trägt den Titel «Makrokosmos in Mikrokosmos<br />
versus Komplexität». Der Makrokosmos<br />
beschreibt <strong>das</strong> Grosse, <strong>das</strong> vom Menschen<br />
nicht mehr ohne technische, gedankliche<br />
oder mathematische Hilfsmittel Wahrnehmbare<br />
der Welt. Demgegenüber ist der Mikrokosmos<br />
die Welt des winzig Kleinen. Dazwischen<br />
liegt der vom Menschen direkt wahrnehmbare<br />
Bereich, der Mesokosmos.<br />
Die Ausstellung beabsichtigt nicht, Neues zu<br />
zeigen, da es <strong>das</strong> Neue nicht gibt. Die Bilder<br />
von Ciro Parlato thematisieren eine Wandlung<br />
des Alten bzw. schon Bekannten. Die<br />
Bilder machen über Makrofotografien auf<br />
den Kosmos aufmerksam, der sich im Kleinen<br />
verbirgt. Die Welt zeigt sich in einer Ordnung<br />
des ganz Kleinen, <strong>das</strong> alles, aber auch<br />
nichts ist.<br />
Der 1966 in Zürich geborene Ciro Parlato<br />
möchte mit seinem Schaffen darauf hinweisen,<br />
<strong>das</strong>s der Mensch der nachpostmodernen<br />
Zeit nicht mehr an <strong>das</strong> Kleine, sondern<br />
nur an <strong>das</strong> Grosse denkt. Eine Entschleunigung<br />
des Daseins könnte Wunder bewirken,<br />
ist der talentierte Künstler überzeugt. Die<br />
Bilder von Ciro Parlato regen zum Nachdenken<br />
an, ist der gehörlose Vernissagebesucher<br />
Hanspeter Müller, der ganz in der Nähe<br />
der Galerie Keller arbeitet und die Gelegenheit<br />
an der Vernissage nutzt, mit Ciro Parlato<br />
auszutauschen, überzeugt. Die Welt des<br />
Kleinen hat eine immense Fülle von Finessen<br />
in sich, die in der Hektik des Alltags oftmals<br />
ignoriert wird – leider.<br />
Ungezwungen kommen viele miteinander<br />
ins Gespräch. Man tauscht aus, hört einander<br />
zu, nimmt sich Zeit, schlägt Brücken<br />
zueinander, um miteinander darüber zu diskutieren,<br />
was die Bilder von Ciro Parlato aussagen<br />
wollen. Die Vernissagegäste sind sich<br />
einig: Entschleunigung ist wichtig, führt zu<br />
mehr Achtsamkeit und Lebensqualität.<br />
Der Künstler ist erreichbar unter der E-Mail:<br />
ciroparlato@fotovirtualgallery.org.<br />
[lk]<br />
Der gehörlose Hanspeter Müller ist auch unter den Gästen der Vernissage. Hier gerade<br />
vor dem Werk mit dem Titel «Shiva eye in vacuum fluctuation».<br />
Inklusion: Menschen aus allen sozialen Schichten diskutieren miteinander angeregt<br />
über Kunst und deren Aussagen.<br />
27
marianne’s Kolumne<br />
Leben und<br />
Glauben<br />
Hallo zusammen<br />
Habt Ihr die wenigen so richtigen sonnigen<br />
Sommertagen hoffentlich auch vollumfänglich<br />
genossen?<br />
Wie einige vielleicht schon erfahren haben,<br />
entschied ich mich anfangs Jahr dazu, endlich<br />
eines meiner Versprechen einzulösen,<br />
welche ich mir vorgenommen hatte, als ich<br />
in den <strong>sonos</strong>-Vostand eintrat. Unter anderem<br />
fand ich, <strong>das</strong>s ich mir die Gebärdensprache<br />
endlich auch aneignen soll, damit<br />
ich mich mit den Menschen, die nur diese<br />
Sprache beherrschen, selbständig unterhalten<br />
und ihre Bedürfnisse auch im<br />
<strong>sonos</strong>-Vorstand entsprechend vertreten<br />
kann. Natürlich hätte ich bei solchen<br />
Begegnungen bequemerweise auf einen<br />
Dolmetscher zurückgreifen können. Dies<br />
ist aber nicht in meinem Sinne, da ich von<br />
den Betroffenen im direkten Dialog eher<br />
herauskristallisieren kann, was deren<br />
Wünsche, Anliegen etc. sind.<br />
Dieser Gebärdensprachkurs begann im<br />
Mai dieses Jahres und wir wären eigentlich<br />
<strong>12</strong> Teilnehmer, aber meistens kommen nur<br />
so um die acht Personen. Eine junge Kollegin<br />
und ich sind die einzigen Betroffenen,<br />
ein weiterer Teilnehmer trägt ein Hörgerät<br />
und der Rest besteht aus hörenden Kursteilnehmenden.<br />
Der Grund, weshalb wir<br />
alle im Kurs diese Sprache mit den Händen<br />
erlernen, ist kunterbunt durchmischt. In<br />
meinem Fall ist es hauptsächlich, damit<br />
ich mich mit Betroffenen im «geschäftlichen»<br />
sowie privaten Umfeld unterhalten<br />
kann. Ausserdem bin ich der Meinung,<br />
<strong>das</strong>s es mir nur Vorteile einbringen kann,<br />
da ich mich dann bilingual verständigen<br />
kann. Schaden tut es mir garantiert nicht,<br />
denn, wer weiss, irgendwann bin ich<br />
bestimmt mal froh, <strong>das</strong>s ich diese Gebärdensprache<br />
auch beherrsche.<br />
Die ersten Gehversuche mit der Gebärdensprache<br />
sind echt eine Herausforderung,<br />
da wir erst mal <strong>das</strong> Fingeralphabet beherrschen<br />
müssen. Ihr glaubt gar nicht, wir<br />
haben jedes Mal solchen Muskelkater, da<br />
wir uns selbst so verkrampfen, um die<br />
richtige Fingerstellung <strong>für</strong> einen einzelnen<br />
Buchstaben darzustellen. Zum Glück<br />
weiss unsere Lehrerin dies und unterbricht<br />
die Lektionen nebst den Pausen immer<br />
noch zusätzlich mit Auflockerungsübungen.<br />
Weiter ist auch die dazugehörende Mimik<br />
eine interessante und vor allem auch<br />
bereichernde Erfahrung. Es ist gar nicht so<br />
einfach, ernst zu bleiben, wenn dein<br />
Gegenüber solch eine lustige Mimik darstellen<br />
möchte, ihm dies aber noch nicht<br />
so ganz gelingt. Übrigens, selber bin ich<br />
hier keine Spur besser und finde es extrem<br />
spannend, zu sehen, wie wir uns da stets<br />
ein bisschen weiter entwickeln. Es ist mir<br />
natürlich äusserst bewusst, <strong>das</strong>s ich noch<br />
gaaaanz viel üben muss, um überhaupt<br />
einen anständigen Satz hinüberzubringen.<br />
Immerhin bin ich schon imstande zu sagen:<br />
«Hallo, mein Name ist Marianne. Ich bin<br />
gehörlos.» Am liebsten würde ich jetzt zu<br />
Beginn ein Video drehen, um diesen später<br />
nach einigen Modulen erneut anzusehen<br />
und festzustellen, welche optischen Fortschritte<br />
ich erzielt habe.<br />
Während der fünfwöchigen Sommerpause<br />
wurden wir aufgefordert, fleissig zu üben.<br />
Das ist ja einfacher gesagt als getan, wie<br />
wir schnell feststellen durften. Meine Kollegin<br />
und ich einigten uns darauf, <strong>das</strong>s wir<br />
gemeinsam üben. Doch, was üben wir, da<br />
wir ja beide nicht wirklich viel wissen? So<br />
begaben wir uns daran, die Figuren zu<br />
beschreiben und vor allem eben <strong>das</strong> Fingeralphabet<br />
zu repetieren, so <strong>das</strong>s wir<br />
wenigstens <strong>das</strong> beherrschen. Dabei hatten<br />
wir so viel Spass und konnten unsere<br />
kreativen Seiten wie Zeichnen etc. gleich<br />
noch zum Ausdruck bringen.<br />
Für mich ist dies auf jeden Fall eine weitere<br />
extrem wertvolle Erfahrung. Spannend<br />
war auch, <strong>das</strong>s meine hörenden KollegInnen<br />
sich nach den Kurslektionen jeweils<br />
darüber äussern, wie sehr ihnen die Augen<br />
schmerzten und wie müde sie einfach nur<br />
vom Beobachten sind. Sie können dann<br />
jeweils richtiggehend mit uns mitfühlen.<br />
Persönlich ist mir dies nicht aufgefallen,<br />
da ich ja nichts anderes kenne. Umso<br />
schöner war es, <strong>das</strong>s die Hörenden mal<br />
merken, wie anstrengend dies alles <strong>für</strong><br />
uns Betroffene ist, egal ob lautsprachlich<br />
oder gebärdensprachlich orientiert. Nur<br />
aufgrund unserer exzellent ausgeprägten<br />
Aufmerksamkeit und auch Konzentration<br />
sind wir fähig, all <strong>das</strong> um uns herum wahrzunehmen.<br />
Daher sind wir verständlicherweise<br />
auch müder als Hörende, was nicht<br />
immer auf Verständnis stösst.<br />
Es ist wie bei jeder Fremdsprache auch<br />
hier eine Frage der Geduld. Man möchte so<br />
viel erzählen, kann es aber aufgrund des<br />
fehlenden Wortschatzes noch nicht.<br />
So, nun muss ich weitere Gebärden lernen,<br />
da es schon bald wieder mit den Schulstunden<br />
losgeht!<br />
Bis zur nächsten Kolumne wünsche ich<br />
Euch einen tollen Spätsommer.<br />
Herzlichst,<br />
Marianne Gegeckas<br />
<strong>sonos</strong>-Vorstandsmitglied<br />
marianne.gegeckas@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
Über eine Kugelbahn<br />
Am Markttag in Münchenbuchsee organisiert<br />
der Katholikenverein jeweils eine<br />
Kugelbahn. Kinder und Erwachsene kommen<br />
und spielen damit.<br />
Es hat viele Kugeln, die auf einer langen<br />
Bahn durch die Kugelbahn fahren. Zwischendurch<br />
hat es immer wieder Lift-Stationen,<br />
an denen man die Kugel wieder auf<br />
die Höhe bringen muss, damit sie weiter<br />
rollen kann.<br />
Die Kugelbahn fasziniert Kinder und<br />
Erwachsene. Einzelne bleiben mehr als<br />
eine Stunde und verweilen sich im Spielen.<br />
Andere schauen nur kurz hin und gehen<br />
weiter. Auch die Stationen sind ganz<br />
unterschiedlich. Es steht nichts geschrieben,<br />
wie die Kugel wieder hochkommt. Die<br />
Kinder schauen meist kurz und versuchen<br />
dann einfach etwas. Das meistens gelingt.<br />
Erwachsene studieren manchmal länger,<br />
wie es gehen könnte und kommen dann<br />
auch zu einem guten Resultat.<br />
Ein Bild <strong>für</strong> unser Leben?<br />
Die Kugelbahn ist <strong>für</strong> mich ein wenig ein<br />
Bild <strong>für</strong> mein eigenes Leben. Manchmal<br />
rollt die Kugel einfach wunderbar auf der<br />
Bahn, es ist eine wahre Freude. Zwischendurch<br />
macht sie Pause. Damit die Kugel<br />
weiter kommt, braucht es einen Lift. Dieser<br />
bringt die Kugel wieder auf die Höhe.<br />
Die «Lifte» sind immer anders gebaut.<br />
Einige Kinder versuchen einfach, wie der<br />
Lift funktionieren könnte. Sie finden es<br />
meist rasch heraus. Erwachsene neigen<br />
eher dazu, den Lift zuerst zu analysieren.<br />
Und finden dann meist auch heraus, was<br />
sie tun müssen.<br />
Der Lift funktioniert nicht immer sofort,<br />
manchmal braucht es auch viel Ausdauer.<br />
Die Kugelbahn mit den verschiedenen Lift-<br />
Stationen ist <strong>für</strong> mich auch ein Bild <strong>für</strong><br />
mein Leben.<br />
Manchmal rollt die Kugel einfach<br />
wunderbar<br />
Dann kommen neue Aufgaben auf mich zu.<br />
Es hat keine Gebrauchsanleitung. Ich muss<br />
es einfach versuchen. Neue Aufgaben können<br />
sein: eine Herausforderung im Beruf,<br />
eine Krise in einer Beziehung, Schwierigkeiten<br />
mit dem eigenen Leben, mit Gott, die<br />
Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit, der<br />
Tod eines Menschen.<br />
Gelingt es mir, die Aufgabe zu lösen, rollt<br />
die Kugel weiter. Und ich darf stolz sein. Ich<br />
habe etwas <strong>für</strong> mein Leben gelernt. Ich bin<br />
an dieser Aufgabe gewachsen.<br />
Kinder lernen beim Spielen.<br />
Ich kann an den Aufgaben des Lebens lernen<br />
und wachsen. Und ich freue mich, wenn es<br />
zwischendurch auch etwas zum Spielen gibt.<br />
Felix Weder-Stöckli, Seelsorger<br />
29
Koordinationssitzung<br />
Kirchliche Veranstaltungen <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />
katholische Sinnesbehinderung und Fernsehen<br />
evangelische<br />
Gehörlosengemeinden<br />
Gehörlosen gemeinden<br />
dcxvcxvxcvxcv yxc ycvc aydfdsklf<br />
REGION AARGAU<br />
Katholische Gehörlosengemeinde<br />
Region Aargau<br />
Auskünfte: Gehörlosenseelsorge Zürich,<br />
Telefon 044 360 51 51,<br />
Fax: 044 360 51 52,<br />
Email: info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
Web: www.gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />
Sonntag, 9. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 10 Uhr<br />
Katholischer Gottesdienst mit der<br />
hörenden Gemeinde St. Peter und Paul,<br />
Aarau, mit Gebärdensprachdolmetscher/in<br />
Ausschreibung: 3. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />
Sonntag, 16. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 10 Uhr<br />
Dank-, Buss- und Bettag<br />
Ökum. Festgottesdienst mit hörender<br />
reformierten Gemeinde und Hirzelheim<br />
in Regensberg. Zeltgottesdienst zum<br />
100-jährigen Jubiläum der Stiftung<br />
Hirzelheim, mit Gebärdensprachdolmetscher/-in<br />
Ausschreibung: 10. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />
REGION ST. GALLEN / APPENZELL<br />
Katholische Gehörlosenseelsorge<br />
des Bistums St.Gallen<br />
Klosterhof 6b, 9001 St.Gallen<br />
Dorothee Buschor Brunner<br />
Gehörlosenseelsorgerin<br />
Tel. 071 227 34 61, Fax 071 227 33 41<br />
E-Mail :<br />
gehoerlosenseelsorge@bistum-stgallen.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorge-sg.ch<br />
REGION SOLOTHURN, BERN, BASEL<br />
ve...e.e.? verstehen!<br />
katholische Gehörlosenseelsorge<br />
Solothurn, Bern und beide Basel<br />
Felix Weder-Stöckli<br />
Lindehus, Oberdorfstrasse 23,<br />
Postfach, 3053 Münchenbuchsee<br />
felix.weder@kathbern.ch<br />
www.kathbern.ch/gehoerlose<br />
Sonntag, 16.<strong>September</strong>, 14 Uhr<br />
ökumenischer Bettagsgottesdienst<br />
mit Diakon Andreas Fankhauser und<br />
Felix Weder-Stöckli<br />
Markuskirche, Tellstrasse 35, Bern<br />
anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
REGION ZÜRICH<br />
Katholische Gehörlosengemeinde<br />
Region Zürich<br />
Auskünfte:<br />
Gehörlosenseelsorge Zürich,<br />
Telefon 044 360 51 51,<br />
Fax: 044 360 51 52,<br />
Email: info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
Web: www.gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
Sonntag, 16. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 10 Uhr<br />
Dank-, Buss- und Bettag<br />
Ökum. Festgottesdienst mit hörender ref.<br />
Gemeinde und Hirzelheim in Regensberg.<br />
Zeltgottesdienst zum 100-jährigen Jubiläum<br />
der Stiftung Hirzelheim, mit<br />
Gebärdensprachdolmetscher/-in<br />
Ausschreibung: 10. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />
Samstag, 29. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 16.30 Uhr<br />
Katholischer Gottesdienst mit hörender<br />
Gemeinde St. Peter und Paul, Zürich, mit<br />
Gebärdensprachdolmetscher/in<br />
Ausschreibung: 24. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />
Sonntag, 30. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14 – 18 Uhr<br />
40 Jahre Behindertenseelsorge Zürich.<br />
Festanlass mit dem Generalvikar Josef<br />
Annen und allen Seelsorgegruppen, mit<br />
Gebärdensprachdolmetscher/in<br />
Ausschreibung: 24. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />
REGION ZÜRICH<br />
Ref. Pfarramt <strong>für</strong> Gehörlose Zürich<br />
Oerlikonerstr. 98, 8057 Zürich<br />
Ref. Gehörlosengemeinde des Kt. Zürich<br />
E-Mail : gehoerlosenpfarramt.zh@ref.ch,<br />
Fax 044 311 90 89<br />
Pfr. Matthias Müller Kuhn<br />
Tel. : 043 810 82 75<br />
E-Mail : matthias.mueller.zh@ref.ch<br />
Sonntag, 2. <strong>September</strong>, 10 Uhr<br />
Sonntagsbrunch, ökumenischer Gehörlosentreffpunkt,<br />
Reformiertes Gehörlosenpfarramt<br />
Zürich-Oerlikon<br />
Sonntag, 7. <strong>September</strong><br />
Pilgern mit jungen Erwachsenen<br />
mit Gian Reto Janki<br />
Sonntag, 16. <strong>September</strong> Bettag, 10 Uhr<br />
Ökum. Festgottesdienst zum 100-jährigen<br />
Jubiläum der Stiftung des Hirzelheims<br />
mit hörender ref. Gemeinde Regensberg<br />
Mittwoch, 26. <strong>September</strong><br />
Ausflug ins Elsass nach Colmar<br />
Donnerstag, 27. <strong>September</strong>, 18 Uhr<br />
Credo Treff<br />
mit Gian Reto Janki<br />
Sonntag, 30. <strong>September</strong>, 10.30 Uhr<br />
Gottesdienst, Gehörlosenkirche Zürich-<br />
Oerlikon<br />
anschliessend gemeinsames Mittagessen in<br />
der Cafeteria<br />
Sonntag, 7. Oktober, 14.30 Uhr<br />
Gottesdienst mit Abendmahl, Ref. Stadtkirche<br />
Winterthur<br />
REGION BERN, JURA, SOLOTHURN<br />
Ref.-Kirchen Bern-Jura-Solothurn<br />
Bereich Sozial-Diakonie<br />
Schwarztorstrasse 20; Postfach 5461<br />
3001 Bern, Tel. 031 385 17 17<br />
E-Mail : isabelle.strauss@refbejuso.ch<br />
Sonntag, 16. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />
Ökumenischer Bettagsgottesdienst<br />
Bern, Markuskirche mit Diakon Andreas<br />
Fankhauser und Felix Weder<br />
Musik: Gong-Trommel: Hans Ries<br />
Montag, 17. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />
Belp, Atelier Triebwerk<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />
mit Diakon Andras Fankhauser und<br />
Felix Weder<br />
Mittwoch, 19. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 15 Uhr<br />
Gottesdienst<br />
Bärau, Kapelle der Heimstätte Bärau<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />
Montag, 24. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 20 Uhr<br />
Gottesdienst<br />
Uetendorf, Stiftung Uetendorfberg<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />
Dienstag, 25. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14.30 Uhr<br />
Gottesdienst<br />
Belp Wohnheim, Seftigenstrasse 101<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />
Mittwoch, 26. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 18 Uhr<br />
Werktagsgottesdienst mit Abendmahl<br />
Bern, Treff G 33, Gutenbergstrasse 33<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold und<br />
Doris De Giorgi<br />
Mittwoch, <strong>12</strong>. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />
Ort: Heiliggeistkirche Bern<br />
Zeit: <strong>12</strong>.30 bis 13 Uhr<br />
Jeden Mittwoch findet in der Heiliggeistkirche<br />
die Veranstaltung «halb<br />
eins – Wort, Musik, Stille» statt. Diese<br />
Veranstaltung bietet eine halbe Stunde<br />
Ruhe, Musik und «Wort» mitten in der<br />
Arbeitswoche an.<br />
Eine Dolmetscherin wird am <strong>12</strong>. <strong>September</strong><br />
die gesprochenen hochdeutschen<br />
Texte in Gebärdensprache übersetzen.<br />
Zu diesem Anlass <strong>für</strong> Hörbehinderte<br />
und Hörende sind alle ganz herzlich<br />
eingeladen.<br />
GEHÖERLOSENGEMEINDEN<br />
ST.GALLEN • APPENZELL • GLARUS •<br />
THURGAU • GRAUBÜNDEN • SCHAFFHAUSEN<br />
Pfarrer Achim Menges,<br />
oberer Graben 31, 9000 St.Gallen<br />
Tel. 071 227 05 70<br />
Fax 071 227 05 79<br />
SMS/Mobile 079 235 36 48<br />
E-Mail : gehoerlosenseelsorge@ref-sg.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorge.ch<br />
Sonntag 16. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, <strong>12</strong> Uhr<br />
Bettagsausflug der Gehörlosengemeinde<br />
Ostschweiz<br />
Schloss Sargans<br />
Samstag 22. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 19 Uhr<br />
Der Zürcher Mimenchor zu Gast in St. Gallen<br />
mit dem Stück «Das Jesusgewand» von<br />
Matthias Müller Kuhn<br />
Evang.-ref. Kirche Grossacker, Claudiusstrasse<br />
11, St. Gallen<br />
Sonntag 30. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14.15 Uhr<br />
Abendmahls-Gottesdienst zum Tag<br />
der Gebärdensprache in Chur<br />
anschliessend Zvieri im Hotel Stern<br />
Martinskirche, Chur<br />
REFORMIERTES GEHÖRLOSENPFARRAMT<br />
DER NORDWESTSCHWEIZ<br />
Pfr. Anita Kohler<br />
Friedenssrasse 14, 4144 Arlesheim<br />
Tel./Fax 061 701 22 45<br />
Natel : 079 763 43 29<br />
E-Mail : anita.kohler@ref-aargau.ch<br />
anita.kohler@gmx.ch<br />
Sonntag, 16. <strong>September</strong>, 17 Uhr<br />
Gottesdienst zum Dank-, Buss- und Bettag<br />
in Aarau,<br />
Bullingerhaus, Jurastrasse 13<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler<br />
anschliessend Teilete<br />
Sonntag, 23. <strong>September</strong>, 10 Uhr<br />
Gottesdienst mit Abendmahl in Basel,<br />
Gemeindezentrum Breite, Farnsburgerstr. 58<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler<br />
anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
31
7. CI-Forum St. Gallen<br />
der CI Interessengemeinschaft<br />
Schweiz (CI IG Schweiz)<br />
Samstag, 10. November 20<strong>12</strong>,<br />
Sprachheilschule St. Gallen<br />
Kalender <strong>für</strong> die<br />
Gehörlosenhilfe 2013<br />
09.00 – 10.00 Anmeldung, Kaffee und Gipfeli<br />
10.00 – 10.15 Begrüssung<br />
Hans-Jörg Studer, Präsident CI IG Schweiz<br />
Christine Leimgruber, Geschäftsführerin<br />
pro audito schweiz<br />
10.15 – 10.45 Nutzung der Vielfalt – Büchse der Pandora oder<br />
Zukunftsinnovation?<br />
Dr. Nils Jent (Ökonom HSG), Regula Dietsche<br />
(Psychologin lic. phil., UZH)<br />
11.00 – 11.40 Kodierungsstrategien – wie künstliches Hören<br />
funktioniert<br />
Daniel Abels, CI-Audiologe und Akustiker, Basel<br />
11.50 – <strong>12</strong>.30 Musikhören mit CI – Eine Herausforderung<br />
Dr. Ing. Waikong Lai, Cochlea-Implantat Zentrum<br />
Zürich<br />
<strong>12</strong>.30 – 14.00 Stehlunch und Ausstellung der Hersteller<br />
(Advanced Bionics, Cochlear, MedEl, Phonak,<br />
Gleichcom, Vital Energie)<br />
14.00 – 14.40 Gehirn und CI: Wie sich <strong>das</strong> Gehirn an<br />
die neue Reizsituation anpasst<br />
Dr. Pascale Sandmann, Universität Oldenburg<br />
14.50 – 16.00 «Club» zum Thema: Alltag mit dem Cochlea-<br />
Implantat<br />
GesprächsteilnehmerInnen:<br />
– Liselotte Oesch, Mutter eines implantierten<br />
Kindes (CIs mit 8 /10 Monaten)<br />
– Sabine Millius, CIs seit 2001/2004 (in Ausbildung<br />
zur Bekleidungsgestalterin)<br />
– Patrick Röösli, CI seit 2001 (dipl. Architekt FH SIA)<br />
– Antoinette v. Werdt, CIs seit 2009/2010<br />
(Familienfrau, Ergotherapeutin)<br />
– Alfred Blumberg, CI seit 2007<br />
(pensionierter Arzt)<br />
Moderation: Alex Oberholzer<br />
Eine Höranlage ist im Plenumssaal installiert. Die Veranstaltung wird<br />
von einer Schriftdolmetscherin mitgeschrieben und von GebärdensprachdolmetscherInnen<br />
übersetzt.<br />
Kosten: Einzelpersonen (Betroffene, Begleitpersonen, Eltern/pro<br />
Person) Fr. 50.–, Fachpersonen Fr. 100.–. Der Mittagslunch ist inbegriffen.<br />
Der Unkostenbeitrag kann an der Tagung bezahlt werden.<br />
Anmeldeschluss: Samstag, 27. Oktober 20<strong>12</strong>. Die TeilnehmerInnenzahl<br />
ist begrenzt. Eine frühzeitige Anmeldung ist empfehlenswert.<br />
Alle TeilnehmerInnen des letztjährigen Forums sowie alle, die eine<br />
Einladung erhalten haben, bekommen <strong>das</strong> gedruckte Programm automatisch.<br />
Für weitere Interessierte ist es ab August 20<strong>12</strong> bei der<br />
Geschäftsstelle CI Interessengemeinschaft Schweiz erhältlich oder<br />
kann von der Homepage heruntergeladen werden.<br />
CI Interessengemeinschaft Schweiz<br />
Feldeggstrasse 69, Postfach 1332, 8032 Zürich,<br />
Telefon 044 363 <strong>12</strong> 00, Fax 044 363 13 03,<br />
info@cochlea-implantat.ch, www.cochleaimplantat.ch<br />
Mit nützlichen Tipps und interessanten Beiträgen<br />
wollen wir Ihre Neugier wecken. Im Kalender finden Sie<br />
– ein ausführliches Kalendarium mit Marktkalender<br />
– ein Dossier über die geselligen Murmeltiere<br />
– Tipps, um ein Geschenk kunstvoll zu verpacken<br />
– die Geschichte des Kaffees von der grünen Bohne<br />
zum duftenden Espresso und den Wirbel ums<br />
Kaffeeschäumchen<br />
– Spaziergänge inmitten von Märzenglöckchen oder<br />
entlang eines Gartenpfades<br />
Lange Zeit hatte man sich überhaupt nicht <strong>für</strong> gehörlose<br />
Kinder interessiert, man hielt sie oft <strong>für</strong> bildungsunfähig.<br />
1813 wurde in Yverdon die erste Schule <strong>für</strong><br />
gehörlose Kinder eröffnet. Heute helfen <strong>sonos</strong>, der<br />
Schweizerische <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosen- und Hörgeschädigten-Organisationen<br />
und der Schweizerische<br />
Gehörlosenbund SGB-FSS Gehörlosen und Schwerhörigen,<br />
sich trotz ihrer Kommunikationsbehinderung zu<br />
integrieren.<br />
Mit der Bestellung eines Kalenders zu<br />
Fr. 19.50 helfen auch Sie !<br />
Herzlichen Dank !<br />
Bestelladresse :<br />
Hallwag Kümmerly+Frey AG<br />
Kalendervertrieb<br />
Grubenstrasse 109<br />
3322 Schönbühl<br />
oder rufen Sie an 0848 808 404 (Lokaltarif)<br />
gehoerlosenhilfe@hallwag.ch