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September 12 - sonos - Schweizerischer Verband für das ...

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Koordinationssitzung<br />

Schweiz. <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />

Hörgeschädigten-Organisationen<br />

Sinnesbehinderung Fernsehen<br />

Association Suisse pour organisations<br />

de sourds et malentendants<br />

dcxvcxvxcvxcv yxc ycvc aydfdsklf<br />

Associazione Svizzera per organizzazioni<br />

a favore delle persone audiolese<br />

4 Versammlungsrundschau<br />

– Zürcher Fürsorgeverein <strong>für</strong> Gehörlose<br />

– <strong>Schweizerischer</strong> Zentralverein <strong>für</strong> <strong>das</strong> Blindenwesen<br />

– Integration Handicap<br />

16 Erfolgreiche Absolventen der BSFH<br />

– Davis Colombo<br />

– Adrian Meyer<br />

21 Sexualisierte Gewalt bei hörbehinderten Menschen<br />

Fachartikel von Dr. med. Werner Tschan<br />

106. Jahrgang<br />

Nr. 8 <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />

24 taki mundo<br />

Astrid von Reding engagiert sich <strong>für</strong> hörgeschädigte<br />

Kinder in Mexiko


Seite des<br />

Präsidenten<br />

Editorial<br />

Impressum<br />

Zeitschrift <strong>sonos</strong><br />

Erscheint monatlich<br />

Liebe Leserinnen und Leser<br />

Ich hoffe, <strong>das</strong>s all unsere Leser viele sonnige<br />

und erholsame Sommertage geniessen<br />

konnten. Für die meisten geht die<br />

Ferienzeit zu Ende, der Arbeitsalltag<br />

nimmt wieder Besitz von uns.<br />

Nicht alle Menschen haben sich Ferien<br />

gegönnt. So lesen wir in den Tageszeitungen,<br />

<strong>das</strong>s die Zahl der Einbrüche massiv<br />

gestiegen sei. 30 Prozent mehr wurden<br />

registriert gegenüber dem gleichen Zeitraum<br />

im Vorjahr. Die Diebe haben es auf<br />

Bargeld, Schmuck und elektronische<br />

Geräte abgesehen.<br />

Aber auch andere verbrecherische Machenschaften<br />

wurden beobachtet. So schreibt<br />

die Stiftung ZEWO in ihrer Homepage:<br />

«Schein-Gehörlose erbetteln Geld; In der<br />

Schweiz sind wieder vermehrt Betrüger<br />

unterwegs, die sich als gehörlos ausgeben<br />

und so Geld erbetteln. Mit gefälschten<br />

Zertifikaten bedrängen sie die Leute in<br />

Einkaufszentren oder auf der Strasse.»<br />

Banden aus Osteuropa sind unterwegs<br />

und geben sich entweder als mittellose<br />

Gehörlose aus oder sammeln mit gefälschten<br />

Unterlagen Geld <strong>für</strong> gehörlose Mitmenschen.<br />

Dreist verwenden sie Logos<br />

und Namen von ZEWO-zertifizierten Hörbehindertenorganisationen<br />

und suchen<br />

sich geschickt stark frequentierte Orte<br />

wie Einkaufszentren, Parkhäuser und<br />

Bahnhöfe aus. Nichtsahnende Passanten<br />

spenden gutgläubig, ansonsten werden<br />

sie aggressiv bedrängt. Die Gutmütigkeit<br />

und Spendenfreudigkeit der einheimischen<br />

Bevölkerung wird unverfroren ausgenützt.<br />

Empörte Reaktionen lassen nicht lange<br />

auf sich warten. Fast jede Woche gehen<br />

mehrere Beanstandungen auf unserer<br />

Geschäftsstelle ein. Es ist ein beträchtlicher<br />

Reputationsschaden <strong>für</strong> die seriös<br />

arbeitenden Hörbehindertenorganisationen<br />

zu be<strong>für</strong>chten. Zudem gehen uns wertvolle<br />

Spenden verlustig.<br />

Wir empfehlen allen Personen, die entsprechende<br />

Beobachtungen machen, sich<br />

umgehend an die Polizei zu wenden und<br />

Strafanzeige einzureichen. Damit kann<br />

vielleicht diesen dreisten Sammelaktionen<br />

nachhaltig ein Riegel geschoben werden.<br />

Immerhin ist es der Polizei am 20.<br />

Mai 20<strong>12</strong> in Schmerikon gelungen, drei<br />

Spendenbetrügerinnen aus Rumänien zu<br />

fassen.<br />

Was sind <strong>das</strong> <strong>für</strong> Menschen, die eine<br />

Behinderung von Mitmenschen benutzt,<br />

um sich selber zu bereichern?<br />

Ich wünsche allen noch etwas Sonnenschein<br />

bei den ausklingenden Sommertagen.<br />

Euer Bruno Schlegel<br />

Präsident <strong>sonos</strong><br />

Quellen:<br />

– Homepage der Stiftung ZEWO<br />

– Leserbriefe lic. iur. L. Kaiser,<br />

Geschäftsführerin <strong>sonos</strong><br />

– Wiler Zeitung, 6. August 20<strong>12</strong><br />

Liebe Leserinnen und liebe Leser<br />

In der aktuellen Ausgabe unserer <strong>Verband</strong>szeitschrift<br />

findet sich ein Artikel über eine Vernissage.<br />

Der Fotograf Ciro Parlato hat sich mit<br />

dem Thema Entschleunigung in seinem künstlerischen<br />

Schaffen befasst. Auch gehörlose<br />

Gäste konnte er willkommen heissen.<br />

Was genau bedeutet eigentlich Entschleunigung?<br />

Darüber hat sich Mario Erdheim im<br />

Tages-Anzeiger vom 26. Juli 20<strong>12</strong> aus meiner<br />

Sicht überzeugende Gedanken gemacht.<br />

Entschleunigung hat wohl viel mit Beziehung<br />

zu tun. Zeit einsetzen, damit etwas wächst,<br />

sich entwickelt und verändert. Es geht vermutlich<br />

darum, herauszufinden, was jemand oder<br />

etwas <strong>für</strong> seine Entwicklung braucht. Sich Zeit<br />

lassen, etwas zu bauen, was mit den Bedürfnissen<br />

der Benutzer verknüpft wird. Solche<br />

Beziehungen haben sich vom Effizienz- und<br />

Nützlichkeitsgedanken emanzipiert.<br />

Musse ist eine Art Offenheit. Sie setzt die<br />

Fähigkeit zur Selbsterkenntnis voraus und die<br />

Bereitschaft nachzudenken. Um offen sein zu<br />

können, muss man zuerst einmal sich selbst<br />

«durchschauen». Das macht Offenheit so<br />

schwierig. Aber Selbstreflexion und Selbsterkenntnis<br />

gedeihen – im Gegensatz zu Intrigen<br />

– nicht gut auf dem Boden der Macht.<br />

Wie Musse lediglich am Rand des Gesellschaftlichen<br />

ihren Platz findet, ist auch Offenheit<br />

ein Grenzphänomen. Sie entsteht dort, wo<br />

Grenzen aufgehen und sich neue Perspektiven<br />

eröffnen. Weil Grenzüberschreitungen aber oft<br />

in unbekanntes Terrain, mit eigenen Sprachen,<br />

Sitten und Gebräuchen führen, braucht es<br />

dazu auch Mut. Unvermeidlich muss man sich<br />

daher einer gewissen Verwirrung aussetzen.<br />

Dies alles verweist uns darauf, <strong>das</strong>s Offenheit<br />

nicht von Vornherein Klarheit und Eindeutigkeit<br />

schafft, sondern sogar im Gegenteil <strong>das</strong><br />

«offene» Individuum in eine Krise stürzen kann.<br />

Offenheit und Musse sind deshalb nicht einfach<br />

etwas Harmonisches und rundum Positives.<br />

Sie haben ihre Tücken, die man nicht übersehen<br />

sollte. Es braucht viel Zeit und auch<br />

Kraft, Konfusionen, Zweideutigkeiten und<br />

Beliebigkeiten auszuhalten und diese allmählich<br />

zu klären. Wo die Zeit knapp ist, kann man<br />

sich Offenheit nicht leisten, denn sie ist ein<br />

beschwerlicher und langwieriger Prozess. Je<br />

grösser der Erfolgsdruck ist, je schneller man<br />

Entscheidungen fällen muss, desto weniger<br />

Offenheit ist möglich. Um gute Entscheidungen<br />

fällen zu können, wären aber Musse, Langsamkeit<br />

und Offenheit nötig. Diese gehören<br />

zusammen und schaffen einen Raum <strong>für</strong> Freiheit.<br />

Diesen Raum <strong>für</strong> Freiheit wünsche ich allen<br />

Hörbehindertenorganisationen sowie den<br />

Leserinnen und Lesern unseres Magazins,<br />

damit im durch die drastischen Sparmassnahmen<br />

der Invalidenversicherung härter gewordenen<br />

Umfeld richtige Entscheidungen getroffen<br />

werden können.<br />

Herzliche Grüsse<br />

Roger Ruggli<br />

Master of Arts (M.A.)<br />

Redaktor<br />

Herausgeber<br />

<strong>sonos</strong><br />

<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />

Hörgeschädigten-Organisationen<br />

Feldeggstrasse 69<br />

Postfach 1332<br />

8032 Zürich<br />

Telefon 044 421 40 10<br />

Fax 044 421 40 <strong>12</strong><br />

E-Mail info@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />

www.<strong>sonos</strong>-info.ch<br />

Redaktion<br />

Redaktion <strong>sonos</strong><br />

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<strong>sonos</strong> verwendet bei Personen zur<br />

Vereinfachung abwechslungsweise die<br />

weibliche oder männliche Form,<br />

angesprochen sind beide Geschlechter.<br />

Nachdruck nur mit Genehmigung der<br />

Redaktion, unter Hinweis auf die Quelle<br />

und mit Zustellung eines Belegexemplars.<br />

Die veröffentlichten Artikel von Gastautoren<br />

geben nicht in jedem Fall die Auffassung<br />

desHerausgebers wieder.<br />

Die nächste Ausgabe erscheint<br />

am 4. Oktober 20<strong>12</strong><br />

Redaktionsschluss :<br />

13. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />

Titelbild: Dr. Doris Weber, Präsidenten Gehörlosen<strong>für</strong>sorgeverein<br />

Zürich, führt mit viel<br />

Herz-lichkeit und Fachlichkeit durch die Jahresversammlung.<br />

3


Generalversammlung<br />

Zürcher Fürsorge verein <strong>für</strong> Gehörlose<br />

Traditionsgemäss beginnt die Generalversammlung<br />

des Zürcher Fürsorgevereins<br />

<strong>für</strong> Gehörlose ZFVG mit einem Apéro. An<br />

der Interkantonalen Hochschule <strong>für</strong> Heilpädagogik<br />

Zürich HfH treffen nach und<br />

nach die Versammlungsbesucherinnen<br />

und -besucher ein. Sie nutzen die ungezwungene<br />

Atomsphäre zu ausgiebigen<br />

Gesprächen und stimmen sich auf die Versammlung<br />

ein.<br />

Pünktlich eröffnet die Präsidentin des ZFVG,<br />

Dr. iur. Doris Weber, am 28. Juni 20<strong>12</strong> die<br />

Jahresversammlung und heisst die zahlreichen<br />

TeilnehmerInnen ganz herzlich willkommen.<br />

Doris Weber freut sich sehr über <strong>das</strong> rege<br />

Interesse am heutigen Anlass. Die ZFVG-<br />

Generalversammlung sei ein Anlass, wo<br />

Gehörlose und Hörende, Menschen aus<br />

zwei unterschiedlichen Kulturen, zusammenkommen.<br />

Aus einem Beitrag von Beat<br />

Kleeb zum Thema «Wie sehen gehörlose<br />

Personen ihre Kultur» zitiert Doris Weber:<br />

«Kultur ist <strong>für</strong> mich Nahrung <strong>für</strong> Geist und<br />

Seele. Die Kultur der Gehörlosen ist auf der<br />

Gebärdensprache aufgebaut als gemeinsame<br />

Grundlage. Ohne die Kultur der<br />

Gehörlosengemeinschaft würde mir etwas<br />

fehlen im Leben».<br />

Dies liege ganz im Sinne des angestrebten<br />

Ziels des Auftrages an <strong>das</strong> Büro <strong>für</strong> Behindertengleichstellung,<br />

welches die Förderung<br />

des Zuganges zur Kultur verfolge,<br />

schliesst Weber ihre Einführung.<br />

Grusswort des ersten Vizepräsidenten<br />

des Gemeinderates der Stadt Zürich<br />

Martin Abele<br />

Martin Abele nimmt darauf Bezug, <strong>das</strong>s die<br />

Hörbehinderten und Gehörlosen eher zu<br />

denjenigen Behindertengruppen gehörten,<br />

die in der Öffentlichkeit nicht so stark wahrgenommen<br />

würden. Gleichwohl sei nach<br />

seinem Da<strong>für</strong>halten feststellbar, <strong>das</strong>s sich<br />

deren Integration in den Alltag in den vergangenen<br />

Jahren sichtlich verbessert habe.<br />

Nicht nur werde seit einiger Zeit die Tagesschau<br />

und die anschliessende Meteo-Sendung<br />

in die Gebärdensprache simultan<br />

übersetzt, es gebe auch immer mehr öffentliche<br />

Anlässe, an welchen die Ansprachen<br />

Dr. Doris Weber leitet die Generalversammlung des Zürcher Fürsorgevereins <strong>für</strong> Gehörlose routiniert und mit<br />

viel Herzlichkeit.<br />

<strong>für</strong> die Gehörlosen zugänglich gemacht<br />

würden. Aber auch in den Vereinen integrierten<br />

sich die Gehörlosen zusehends. Er<br />

selber habe mehrere gehörlose Schiedsrichterkollegen<br />

im Volleyball. Einer von<br />

ihnen «pfeife» sogar auf höchster nationaler<br />

Ebene.<br />

Abele: «Ich gebe zu, <strong>das</strong>s mir der ZFVG bisher<br />

noch nicht sehr bekannt war. Das<br />

schmälert aber nicht die gute und wichtige<br />

Funktion, die von ihm wahrgenommen wird.<br />

Schon seit über huntert Jahren unterstützt<br />

er Gehörlose in ihren Bedürfnissen, sei dies<br />

Sozial- und Familienberatung, die Unterstützung<br />

bei der Stellensuche, die Bereitstellung<br />

von Treffpunkten oder die Förderung<br />

der Eingliederung von Behinderten.<br />

Der Kanton Zürich unterstützt nicht von<br />

ungefähr diese Arbeit mit einem jährlichen<br />

Beitrag von 60’000 Franken, und honoriert<br />

damit die anerkannten Dienste zur sozialen<br />

Integration, die der ZFVG leistet.<br />

Auch der Stadt Zürich ist die Förderung der<br />

Integration und Gleichstellung von Behinderten<br />

ein wichtiges Anliegen. Sie hat sich<br />

zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2024 alle<br />

öffentlichen Gebäude, Anlagen, Dienstleistungen,<br />

Informationen und Veranstaltungen<br />

ohne Einschränkungen hindernisfrei<br />

zugänglich zu machen. Zürich soll so zu den<br />

attraktivsten Städten in Europa <strong>für</strong> Menschen<br />

mit Behinderungen zählen. Es gibt<br />

auch bereits erste konkrete Schritte, die<br />

den Hörbehinderten und Gehörlosen zu<br />

Gute kommen sollen.»<br />

Martin Abele informiert über die geplanten<br />

Schritte und Massnahmen:<br />

• Zurzeit wird überprüft, ob es rechtlich<br />

möglich ist, die Zusammenfassung der<br />

Abstimmungsunterlagen in Gebärdensprache<br />

zu veröffentlichen.<br />

• Seit Januar 20<strong>12</strong> ist im Human Ressources<br />

Management der Stadt Zürich eine Koordinatorin<br />

<strong>für</strong> die Gleichstellung Behinderter<br />

angestellt, welche Personalfachleute bei<br />

der Anstellung von Menschen mit Behinderung<br />

unterstützt und diese aktiv fördert.<br />

• Der Beauftragte <strong>für</strong> Behindertengleichstellung<br />

hat sich mit Vertretern der Gehörlosen<br />

getroffen, um ihre Bedürfnisse und<br />

Ansprüche an die Stadtverwaltung kennenzulernen.<br />

• Im Rathaus gibt es eine Induktionsanlage<br />

<strong>für</strong> Zuschauer(innen), die es Personen mit<br />

Hörgerät ermöglicht, störungsfrei die<br />

Wortbeiträge zu empfangen und zu verfolgen.<br />

Martin Abele wird zum Schluss seiner sympathischen<br />

Rede noch etwas politisch: «Ich<br />

weiss nicht, wie viele Gehörlose schon bei<br />

uns im Rathaus zu Besuch waren. Leider<br />

Martin Abele wünscht sich, <strong>das</strong>s in nicht allzu ferner Zukunft gehörlose Personen im Zürcher Gemeinderat<br />

vertreten sein werden.<br />

können wir noch keine Simultanübersetzung<br />

anbieten. Wir sind aber grundsätzlich<br />

offen <strong>für</strong> alle. Ich persönlich würde mich<br />

freuen, wenn Sie nicht nur auf der Tribüne<br />

Platz nehmen, sondern, wenn in nicht allzu<br />

ferner Zukunft auch einmal eine gehörlose<br />

Person im Gemeinderat Einsitz nimmt. Der<br />

letzte Gemeinderatspräsident war ja der<br />

erste Rollstuhlfahrer, der als höchster Zürcher<br />

amtierte. Wieso soll es nicht auch einmal<br />

eine gehörlose Ratspräsidentin oder<br />

einen gehörlosen Ratspräsidenten geben?<br />

In diesem Sinne lade ich Sie ein, sich weiterhin<br />

<strong>für</strong> Ihre Rechte stark zu machen und<br />

wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft und<br />

Engagement bei Ihrem Kampf um Gleichstellung<br />

und Integration.»<br />

Statutarische Geschäfte<br />

Die Vereinspräsidentin, Dr. Doris Weber,<br />

führt umsichtig und kompetent durch die<br />

traktandierten Versammlungsgeschäfte.<br />

Sie verweist auf den Geschäftsbericht 2011,<br />

in welchem die wichtigsten Gegebenheiten<br />

festgehalten sind.<br />

Sie weist darauf hin, <strong>das</strong>s die Gespräche mit<br />

Vertretern der Stadt Zürich in Bezug auf allfällige<br />

finanzielle Unterstützungen und vor<br />

allem auch auf die Anerkennung <strong>für</strong> die von<br />

der Beratungsstelle geleistete Arbeit noch<br />

im Gange seien. Erfreulich sei, <strong>das</strong>s der Kanton<br />

Zürich wie in den vergangenen Jahren<br />

60’000 Franken überwiesen habe und die<br />

geleistete Arbeit vom ZFVG sehr schätze<br />

bzw. als wichtig erachte. Zu verdanken sei<br />

auch <strong>das</strong> finanzielle Engagement der Max<br />

Bircher Stiftung, die den Verein mit 30’000<br />

Franken unterstützt habe.<br />

Weber weist noch auf die am 29. August<br />

20<strong>12</strong> stattfindende Strategiesitzung mit<br />

den Deutschschweizer Beratungsstellen<br />

hin. Anhand der beantworteten Fragebögen<br />

zu Themen wie Dienstleistungen, Kernthemen,<br />

Gemeinsamkeiten und vorhandenen<br />

Schnittstellen soll an dieser Sitzung eine<br />

konkrete Projektplanung mit «Meilensteinen»<br />

ausgearbeitet werden. Das Ziel<br />

bestehe darin, die langfristige Sicherung<br />

der Beratungsstellen und deren Dienstleistungensangeboten<br />

<strong>für</strong> die gehörlosen Menschen<br />

in der Deutschschweiz in die Wege zu<br />

leiten.<br />

Die Beratungsstellen<br />

Denise Eggel, Leiterin der Beratungsstelle<br />

Zürich, stellt fest, <strong>das</strong>s die tägliche Arbeit<br />

auf der Beratungsstelle im Berichtsjahr<br />

geprägt gewesen sei von der Sicherung<br />

der Finanzen. Diese aufreibenden Arbeiten<br />

seien wichtig, denn die Beratungsstelle<br />

sei einzigartig, vertrauenswürdig<br />

und verschwiegen. Eben unverzichtbar <strong>für</strong><br />

die Hilfe- und Ratsuchenden.<br />

In diversen Kurzbeiträgen erfahren die<br />

Versammlungsbesucher, welche umfangreichen<br />

Dienstleistungen durch die Beratungsstellen<br />

erbracht werden. Christine<br />

Thümena informiert über die Sozialberatung,<br />

Isabella Vogt über die geleistete<br />

freiwillige Arbeit und Jacqueline Füllemann<br />

über die Angebote «Treffpunkte &<br />

Kurse».<br />

Denise Eggel schliesst den Rückblick auf<br />

<strong>das</strong> letztjährige Geschäftsjahr mit dem<br />

Dank an die hörenden und gehörlosen Mitarbeitenden<br />

sowie an die freiwilligen Mitarbeitenden<br />

<strong>für</strong> ihr Engagement.<br />

Finanzbericht<br />

Der Quästor, Ralph Hort, informiert<br />

anhand aussagekräftigen Folien über die<br />

finanziellen Gegebenheiten des Vereins.<br />

Bemerkenswert sei, <strong>das</strong>s gegenüber dem<br />

Budget ein besserer Ertrag erwirtschaftet<br />

und der Aufwand verringert werden<br />

konnte, so <strong>das</strong>s anstelle eines budgetierten<br />

Verlustes erfreulicherweise ein<br />

Gewinn ausgewiesen werden könne. Der<br />

gesamte Ertrag sei praktisch aus eigenen<br />

Leistungen – ohne irgendein Legat –<br />

erwirtschaftet worden.<br />

Die Leiterin, Denise Eggel, und Vertreterinnen aus ihrem Team stellen die Angebote der Beratungsstelle Zürich vor.<br />

5


Jacqueline Peter<br />

Jacqueline Peter ist am Institut <strong>für</strong> Erziehungswissenschaft<br />

der Universität Zürich<br />

Abteilungsleiterin des Bereiches Lehrerinnen-<br />

und Lehrerbildung Maturitätsschule<br />

und seit 2008 SP-Vorstandsmitglied in<br />

Zürich 3. Zudem ist sie seit 20<strong>12</strong> Vorstandsmitglied<br />

im Quartierverein Zürich<br />

Wiedikon, wo sie sich aktiv <strong>für</strong> kulturpolitische<br />

Anliegen engagiere.<br />

Esther Hildebrand<br />

Quästor Ralph Hort, freut sich, <strong>das</strong>s die Jahresrechnung 2011 mit einem Gewinn abgeschlossen werden konnte.<br />

Hort betont, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Eigenkapitalpolster<br />

nach wie vor beruhigend sei. Die Beratungsstelle<br />

erbringe hauptsächlich Dienstleistungen.<br />

Dies führe zwangsläufig zu hohen Personalkosten.<br />

Nach Abzug der Personalkosten<br />

verblieben der Beratungsstelle vom<br />

Gesamtaufwand weniger als 20% <strong>für</strong> alle<br />

anderen Ausgabenpositionen. Dies sei<br />

wenig und zwinge die Verantwortlichen<br />

sehr sorgsam mit den vorhandenen Mitteln<br />

umzugehen.<br />

Die Versammlung genehmigt die vorliegende<br />

Jahresrechnung sowie den dazugehörenden<br />

Revisionsbericht einstimmig.<br />

Wahlen<br />

Nach neunjährigem Engagement hat<br />

Susanne Rhis ihren Rücktritt aus dem Vorstand<br />

des ZFVG erklärt.<br />

Vizepräsident, Beat Kleeb, schlägt der Versammlung<br />

vor, Doris Weber in ihrem Amt als<br />

Präsidentin zu bestätigen <strong>für</strong> weitere zwei<br />

Jahre.<br />

Beat Kleeb: «Doris Weber hat sich in ihrer<br />

zwanzigjährigen Vorstandstätigkeit, davon<br />

fünfzehn Jahre als Präsidentin, immer durchgebissen.<br />

Sie ist wahrlich eine ganz grosse<br />

Freiwilligenarbeiterin. Die notwendige Energie<br />

und Motivation sowie <strong>das</strong> ungebrochene<br />

Interesse sind immer noch vorhanden.»<br />

Die Versammlung bestätigt mit einem überwältigenden<br />

und herzlichen Applaus Doris<br />

Weber als ZFVG-Präsidentin.<br />

Neue Gesichter im Vorstand. Doris Weber<br />

freut sich, <strong>das</strong>s sich drei äusserst qualifiziert<br />

Kandidatinnen und ein Kandidat zur Wahl<br />

stellen. Mit kurzen Statements stellen sich<br />

die Kandidaten der Versammlung vor.<br />

Esther Hildebrand arbeitet als Koordinatorin<br />

beim Roten Kreuz des Kantons Zürich<br />

und betreut dort <strong>das</strong> Projekt Integrationsangebot<br />

<strong>für</strong> fremdsprachige Kinder und<br />

Jugendliche «mitten unter uns». Sie ist<br />

Vorstandsmitglied der Grünen Partei im<br />

Bezirk Pfäffikon und Kantonsrätin.<br />

Esther Hildebrand möchte die gescheiterten<br />

und von Susanne Rhis im Kantonsrat<br />

eingebrachten Vorstösse (Postulat und<br />

Motion) zur Bilingualität nicht aus den<br />

«Augen» verlieren. Die Kommunikation<br />

und Austausch seien <strong>für</strong> sie zentrale<br />

Themen.<br />

Emanuel Nay<br />

Emanuel Nay arbeitet als Gebärdensprachlehrer<br />

an der sek3. Er engagiert<br />

sich als Präsident <strong>für</strong> die Genossenschaft<br />

Fontana Passugg und als Vorstandsmitglied<br />

bei DIMA.<br />

Esther Hildebrand.<br />

Emanuel Nay erklärt, <strong>das</strong>s er von der Beratungsstelle<br />

angefragt worden sei, sich als<br />

Vorstandsmitglied beim ZFVG zur Verfügung<br />

zu stellen. Er habe spontan zugesagt.<br />

Motiviert sei er, weil so viele Politiker nun<br />

im ZFVG-Vorstand mitmachten. Das sei<br />

fantastisch.<br />

Die neu kandidierenden sowie die bisherigen<br />

Vorstandsmitglieder Beat Kleeb, Everlyn<br />

Hermann, Jörg Heimann, Ralph Hort<br />

(Quästor), Margrit Tanner und Rolf Ruf<br />

werden einstimmig und mit grossem<br />

Applaus gewählt bzw. in ihren Ämtern<br />

bestätigt.<br />

Verschiedenes<br />

Der Pionier der Schreibberatung, Félix<br />

Leutwyler, hat diese Dienstleistung zu<br />

einem äusserst erfolgreichen Angebot<br />

aufgebaut. Nun ist <strong>für</strong> Félix Leutwyler die<br />

Zeit gekommen, um etwas kürzer zu treten<br />

und den verdienten Ruhestand zu<br />

geniessen.<br />

Emanuel Nay.<br />

wissenschaft studiert und als freie Journalistin<br />

gearbeitet.<br />

In ihrem kurzen Vorstellungsstatement<br />

meint Sarah Guidi, <strong>das</strong>s sie schon Gebärdensprachkurse<br />

besucht und mit der Dolmetscherinnen-Ausbildung<br />

begonnen habe. Sie<br />

habe sich in die Gebärdensprache verliebt.<br />

Leider habe sie die Dolmetscherinnen-<br />

Ausbildung abbrechen müssen. Aber aufgeschoben,<br />

sei nicht aufgehoben. Sie<br />

freue sich sehr auf die Aufgaben in der<br />

Schreibberatung und sei glücklich, <strong>das</strong>s<br />

sie durch Félix Leutwyler kompetent eingearbeitet<br />

werde.<br />

Doris Weber schliesst den statutarischen<br />

Teil der Generalversammlung und freut<br />

sich, nach einer kurzen Pause auf <strong>das</strong><br />

spannende Referat von Patty Shores.<br />

Was ist «Inklusion» und was ist «Integration»?<br />

Integration und Inklusion<br />

Shores beginnt ihr Referat mit einem<br />

visuellen Einstieg anhand eines Bildes<br />

des Malers A. Kandinsky. «Denn Bilder<br />

sagen mehr als tausend Worte oder sie<br />

geben uns Zeit zum Nachdenken und zum<br />

Reflektieren unseres Verständnisses.<br />

Und Bilder verwöhnen unsere Augen und<br />

lassen unseren Geist, Seele und Herz<br />

durch die Kunst führen.»<br />

Doris Weber würdigt in ihrer Laudatio die<br />

wertvolle Arbeit von Félix Leutwyler und<br />

dankt ihm ganz herzlich <strong>für</strong> <strong>das</strong> langjährige<br />

Engagement rund um die Schreibberatung.<br />

Die Versammlungsbesucher verabschieden<br />

Félix Leutwyler mit einem<br />

überwältigenden Applaus.<br />

Beat Kleeb gratuliert Doris Weber zu ihrer Wiederwahl als Präsidentin und dankt<br />

ihr <strong>für</strong> ihr grosses Engagement zu Gunsten des Vereins.<br />

Jacqueline Peter.<br />

Weber freut sich, <strong>das</strong>s mit Sarah Guidi<br />

eine sehr versierte Nachfolgerin <strong>für</strong> Félix<br />

Leutwyler gefunden werden konnte.<br />

Sarah Guidi habe Germanistik und Film-<br />

Sarah Guidi ist als Nachfolgerin von Félix Leutwyler <strong>für</strong> <strong>das</strong> Angebot der Schreibberatung verantwortlich.<br />

7


Prof. Patty Shores arbeitet bei der Interkantonalen Hochschule <strong>für</strong> Heilpädagogik und ist die Co-Leiterin <strong>für</strong> den Studiengang<br />

Gebärdensprachdolmetschen (GSD) sowie Leiterin im Bereich Ausbildung zum Gebärdensprachausbildner (AGSA).<br />

Prof. Shores erklärt, <strong>das</strong>s sie ihr Referat,<br />

welches sie anlässlich des Gehörlosenkongress<br />

in Monteux im <strong>September</strong> 2011<br />

vortragen durfte, in einen geschichtlichen<br />

Kontext, kurzen Definitionen und schlussendlich<br />

was dies <strong>für</strong> die Gehörlosen<br />

bedeutet, gegliedert habe.<br />

Die geschichtliche Aufarbeitung belege,<br />

<strong>das</strong>s es schon immer so gewesen sei. Seit<br />

der Mensch auf der Mutter-Erde lebe, sei<br />

<strong>das</strong> Thema aktuell gewesen und werde es<br />

auch in Zukunft bleiben. Das Grundsatzkonzept<br />

der Familie, welches sich auf die<br />

Gemeinde, den Staat und die Regierung<br />

usw. auswirke, Religion, Kultur, Bildung,<br />

Politik, Musik, Arbeit und Freizeit beeinflussen<br />

bzw. prägten die Lebenssituation jedes<br />

Einzelnen. Und es stelle sich die Frage;<br />

gehöre ich zu einer dieser Gruppe? Gehören<br />

wir zu einer dieser Gruppen? «Es gebe<br />

immer ein «Innen» und ein «Draussen».<br />

Die einzelnen Gruppen zusammenführen,<br />

heisse dann Integrationen. Entscheidend<br />

sei aber, ob wir selber was tun, oder warten<br />

würden bis die anderen was tun würden.<br />

Anhand einiger Beispiele veranschaulicht<br />

Prof. Shores, was damit gemeint sein<br />

könnte.<br />

• Zuhause: nehme ich Fremde auf ? Gebe<br />

ich ihr/ihm ein Dach über dem Kopf?<br />

• Arbeitsplatz: Beziehe ich eine einsame<br />

Person ins Gespräch mit ein?<br />

• Freizeit: treffe ich mich mit meiner/m<br />

NachbarIn? Aktivitäten ?<br />

Definition Integration<br />

Die sympathische Hochschuldozentin<br />

erklärt weiter, <strong>das</strong>s Integration aus dem<br />

Lateinischen integrare stamme. Dies<br />

bedeute wiederherstellen eines ursprünglich<br />

Ganzen.<br />

Mit der UNESCO-Erklärung von Salamanca<br />

aus dem Jahr 1994 setzten die<br />

Unterzeichnenden sich <strong>das</strong> Ziel, allen<br />

Menschen mit besonderem Förderbedarf<br />

ins Bildungssystem den unterzeichneten<br />

Staaten der allgemeinen Schulen zu integrieren.<br />

«Was hat die Schweiz bis anhin getan?<br />

• Die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

(1994) unterstützt die<br />

integrative Zielsetzung.<br />

• Integrationsförderung des Bundes hat<br />

Auswirkungen in den Kantonen (2009),<br />

wird aber in der föderalistischen<br />

Schweiz auch kantonal geregelt. Leider.<br />

• Das Leitbild hält fest (1998): Heilpädagogik<br />

will Bedingungen schaffen, damit<br />

behinderte und von Behinderung<br />

bedrohte Menschen ihre Persönlichkeit<br />

entwickeln und zu grosser Mündigkeit<br />

und Emanzipation in sozialer Integration<br />

gelangen können.»<br />

Erfolgreiche Integration in die Schule<br />

bedeute aber konkret, <strong>das</strong>s nicht nur eine<br />

Organisationsform gemeint sei. Sie<br />

umfasse verschiedene Bereiche einer<br />

Schule. Zentral dabei seien;<br />

• Integrative Haltung<br />

• Unterricht und Förderung<br />

• Zusammenarbeit: kindbezogen, unterrichtsbezogen,<br />

themenbezogen<br />

• Steuerung und Qualitätsentwicklung<br />

Definition Inklusion<br />

Patty Shores erklärt, <strong>das</strong>s Inklusion aus<br />

dem Leiteinischen inclusio stamme, was<br />

Einschluss bedeute. Bei dieser alten<br />

Bedeutung sei <strong>das</strong> Einbeziehen von Dazugehörigkeit<br />

gemeint.<br />

Sie verweist in ihrem Referat auf verschiedene<br />

Definition des Begriffs Inklusion.<br />

Ihrem Verständnis folgend brauche es<br />

Partizipation, Teilhabe, Teilnehmen, beteiligt<br />

sein. Der Paradigmawechsel werde<br />

dann erfolgreich gelingen, wenn die Ideologie<br />

einer barrierefreien Gesellschaft<br />

greife und somit von allen Zugang gefordert<br />

und gefördert werde. Da<strong>für</strong> brauche<br />

es ein Umdenken.<br />

• Menschen mit Behinderung führten ein<br />

weitgehend unabhängiges Leben und<br />

könnten unter Beizug einer individuellen<br />

Dienstleistung an allen gesellschaftlichen<br />

Teilen partizipieren.<br />

• Da<strong>für</strong> müssen Hindernisse erst einmal<br />

erkannt und dann aus dem Weg geräumt<br />

werden.<br />

• Übereinkommen über die Rechte von<br />

Menschen mit Behinderungen<br />

Prof. Shores möchte, <strong>das</strong>s in der Schweiz<br />

unter Inklusion, Schule <strong>für</strong> alle und Bildung<br />

<strong>für</strong> alle, der Umgang mit Heterogenität,<br />

verschiedene Sprachen und Kulturen und<br />

ein neues Verständnis über die sogenannten<br />

«normalverschiedenen Menschen» verstanden<br />

bzw. geschaffen werde.<br />

Sie schliesst ihr Referat mit dem Fazit,<br />

<strong>das</strong>s Inklusion in den Köpfen der Menschen<br />

beginne. Die UNO-Konvention<br />

bringe nur so viel, was die Menschen auch<br />

umsetzen wollten. Die innere Haltung<br />

spiegle sich im äusseren Verhalten. Inklusion<br />

heisse auch, Betroffene zu fragen<br />

«Wovon wünscht du dir mehr? Was hilft<br />

dir? etc.» Für die Inklusion seien wir als<br />

Mensch gefordert. Nicht als Lehrer, Eltern<br />

oder Fachleute.<br />

[rr]<br />

In Kürze<br />

Gebärdensprache online<br />

lernen<br />

Gehörlose Kinder können Gebärdensprache<br />

jetzt auch online lernen. Der<br />

SGB-FSS hat ein Online-Tool mit<br />

Geschichten, Spielen, Poesie und Wortschatz<br />

erarbeitet, damit gehörlose Kinder<br />

möglichst zweisprachig aufwachsen<br />

können sollen. Auf dem Computer<br />

werden Geschichten aus dem Alltag<br />

oder über Zootiere gezeigt. Dabei<br />

unterhalten sich die beiden Hauptdarsteller,<br />

die gehörlose Doris Hermann<br />

und der achtjährige hörbehinderte<br />

Jeremy Brägger in Gebärdensprache.<br />

Gleichzeitig kann ihr Gespräch als Text<br />

gelesen werden.<br />

«Gebärdensprache <strong>für</strong> Kinder» ist seit<br />

1. Juli 20<strong>12</strong> auf www.ekdis.sgb-fss.ch<br />

zugänglich. Zurzeit umfasst <strong>das</strong> Angebot<br />

18 Geschichten, Spiele und Poesievideos<br />

sowie 1700 Wörter im Lexikon<br />

der Gebärdensprache. Es richtet sich an<br />

Kleinkinder (0 bis 3 Jahre) und<br />

Vorschulkinder (4 bis 7) Jahre.<br />

Ab Jahresende soll es auch ein<br />

Angebot <strong>für</strong> 8 bis <strong>12</strong>-Jährige<br />

geben. Die Benutzung des<br />

Programms kostet 25 Franken<br />

<strong>für</strong> sechs Monate.<br />

Shores betont, <strong>das</strong>s in der Schweiz unter<br />

Integration bei den Gehörlosen primär<br />

<strong>das</strong> pädagogische Setting gemeint sei.<br />

Sie verweist dabei auf einen aktuellen<br />

Bundesgerichtsentscheid beziehungsweise<br />

die Urteilsbegründung. Das Bundesgericht<br />

habe entschieden, <strong>das</strong>s <strong>für</strong> die<br />

Schulung von Kindern mit einer Behinderung<br />

die Integration in die Regelschule<br />

einer Sonderschulung vorzuziehen sei.<br />

Integration zum Wohle des Kindes. Die<br />

Kantone und die Gemeinden seien verfassungsmässig<br />

verpflichtet, integrative<br />

schulische Strukturen mit Förderungen,<br />

fachliche Unterstützung mit angemessenen<br />

Ressourcen und Mitteln zu gewährleisten.<br />

9


IVG-Revision 6b: eingliedern oder<br />

(weg)sparen?<br />

Gerd Bingemann, blinder Jurist und Musiker, stimmt mit seinem Einstiegsreferat auf die Podiumsdiskussion ein.<br />

An der 63. Delegiertenversammlung des<br />

Schweizerischen Zentralvereins <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />

Blindenwesen SZB findet am 16. Juni 20<strong>12</strong>,<br />

im Kursaal Bern eine Podiumsdiskussion<br />

statt zum Thema IVG-Revision 6b.<br />

«Eingliedern oder (weg)sparen?», was <strong>für</strong><br />

Folgen hat die «6b» <strong>für</strong> die Betroffenen?<br />

Die eine Seite betont, <strong>das</strong>s die Invalidenversicherung<br />

endlich saniert und schuldenfrei<br />

gemacht werden müsse. Die<br />

andere Seite ist davon überzeugt, <strong>das</strong>s<br />

die «6b» zum jetzigen Zeitpunkt überflüssig<br />

sei und es mit ihr zu einer massiven<br />

Verschiebung der Kosten in die Ergänzungsleistungen<br />

komme.<br />

Eine Zugsfahrt von 2004 bis 20<strong>12</strong><br />

Gerd Bingemann vergleicht die «unendliche»<br />

Geschichte der IVG-Revisionen mit<br />

einer nie enden wollenden Zugsreise. Mit<br />

seinem Einstiegsreferat stimmt er <strong>das</strong><br />

zahlreich anwesende Publikum auf die<br />

Podiumsdiskussion ein.<br />

Die Reise beginnt in der vierten IVG-Revision<br />

im Jahr 2004. Gerd Bingemann<br />

bezeichnet diese als erste Etappe zur fünften<br />

«Sanierungs»-Revision. Dann gilt es in<br />

den Revisions-Zug umzusteigen. «Die befristete<br />

Mehrwertsteuererhöhung bis Ende 2017<br />

wird gutgeheissen, und der Bund übernimmt<br />

die fälligen Schuldzinsen. Die IVG-Revision<br />

6a wird auf anfangs 20<strong>12</strong> Tatsache. Der<br />

Paradigma-Wechsel «Eingliederung vor<br />

Rente» wird vollzogen. Betroffene werden<br />

<strong>für</strong> den 1. Arbeitsmarkt fit gemacht.<br />

Claude Voegeli moderiert und leitet die Podiumsdiskussion souverän.<br />

Der lang ersehnte Wunsch zahlreicher<br />

Betroffener wird mit der «6a» Realität. Der<br />

Assistenz-Beitrag wird eingeführt. Ein wahrer<br />

Meilenstein <strong>für</strong> die Betroffenen ist<br />

gesetzt worden.<br />

Die Zugsreise geht, vorerst nach nochmaligem<br />

Umsteigen, mit der «6b» weiter. Und<br />

dies obwohl Prognosen des BSV darlegen,<br />

<strong>das</strong>s mit den bisherigen Massnahmen massive<br />

Einsparungen bei der IV gemacht werden<br />

könnten und je nach Szenarium die vorhanden<br />

Schulden Mitte 2025 beziehungsweise<br />

2030 vollständig getilgt seien.»<br />

Gerd Bingemann betont, <strong>das</strong>s die «6b» eine<br />

reine Abbauvorlage sei. Er kritisiert unter<br />

anderem <strong>das</strong> neue lineare Rentensystem<br />

und moniert die dauernden Leistungskürzungen.<br />

Deshalb appelliert er: «Stopp und<br />

nicht weiter. Gegen die drohende «6b»<br />

muss, weit über alle Behindertenverbände<br />

hinaus, gemeinsam angekämpft werden.»<br />

Pro und Contra «6b»<br />

Claude Voegeli, Vize-Präsident des SZB,<br />

begrüsst die Podiumsgäste, Alt-Nationalrätin<br />

Marie-Thérèse Weber-Gobet, Vorstandsmitglied<br />

des Vereins «Nein zum<br />

Abbau der IV, NR Christian Lohr (CVP), Mitglied<br />

der Sicherheits- und Gesundheits-<br />

kommission (SGK-NR) und selbst behindert,<br />

NR Guy Parmelin (SVP), Vizepräsident<br />

der SGK-NR und Georges Pestalozzi,<br />

stellvertretender Zentralsekretär von Integration<br />

Handicap und Leiter des Rechtsdienstes<br />

<strong>für</strong> Behinderte.<br />

Claude Voegeli moderiert die kontradiktorisch<br />

geführte Podiumsrunde gekonnt,<br />

ausgewogen und mit dem notwendigen<br />

Fingerspitzengefühl.<br />

In der Folge entwickelt sich eine sachlich<br />

aber zweifellos auch emotional geführte<br />

Diskussion unter den Podiumsexponenten,<br />

die allesamt auch Sozialversicherungs-<br />

Experten sind. Einige zusammengefasste<br />

Statements widerspiegeln die ganz unterschiedlichen<br />

Haltungen.<br />

Christian Lohr<br />

Christan Lohr meint, vielleicht müssten<br />

harte Massnahmen ergriffen werden,<br />

damit die Invalidenversicherung langfristig<br />

gesichert werden könne. Trotzdem<br />

stelle er sich gegen die Vorlage, weil sie<br />

ausschliesslich die Finanzierungsfrage im<br />

Fokus habe. Diese Ausrichtung sei Unsinn.<br />

Ihn interessiere die Zukunft der IV sehr<br />

stark. Es sei einfach keine seriöse Lösung<br />

bei der Invalidenversicherung zu kürzen<br />

und gleichzeitig eine Verlagerung beziehungsweise<br />

ein Hinauffahren der Ergänzungsleistungen<br />

in Kauf zu nehmen.<br />

Lohr erwartet, <strong>das</strong>s man sich mit der Thematik<br />

vertieft auseinandersetze. Es sei<br />

eben nicht eine reine Finanzvorlage, sondern<br />

es sei eine sozial-gesellschaftliche-<br />

Vorlage. «Wir müssen uns überlegen, wie<br />

wir in der Schweiz mit Menschen mit einem<br />

Handicap umgehen wollen. «Ich möchte<br />

Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen<br />

Leben.»<br />

Lohr weist darauf hin, <strong>das</strong>s mit der Einführung<br />

des Assistenz-Beitrages ein gutes<br />

Zeichen gesetzt worden sei. Kein Argument<br />

sei es aber, sich auf die wirtschaftliche<br />

Entwicklung abzustützen. Niemand<br />

könne wissen, wie die Wirtschaft in ferner<br />

Zukunft sein werde.<br />

Guy Permelin<br />

Guy Permelin bestätigt, er sei sich<br />

bewusst, <strong>das</strong>s mit der «6b» eine 70%-ige<br />

Nationalrat Christian Lohr möchte die «6b» nicht als reine Finanzvorlage verkommen lassen. Für ihn sei es eine<br />

sozial gesellschaftliche Vorlage.<br />

Nationalrat Guy Parmelin betont, <strong>das</strong> Ziel der IV-Revision bilde klar die Sanierung des Sozialwerkes. Das Volk<br />

habe zur der befristeten Zusatzfinanzierung ja gesagt.<br />

Erwerbsunfähigkeit keinen Anspruch<br />

mehr auf eine ganze IV-Rente mehr auslöse.<br />

Beim stufenlosen Rentensystem<br />

würden viele Betroffene profitieren.<br />

Selbstverständlich werde es auch unzufriedene<br />

«Verlierer» geben.<br />

Permelin macht geltend, <strong>das</strong>s die IV<br />

immer noch ein strukturell bedingtes<br />

Defizit von fünfzehn Milliarden Franken<br />

habe. Jetzt stehe die letzte Etappe an und<br />

die «6b»-Massnahmen würden besonders<br />

kontrovers diskutiert.<br />

Permelin: «Bisher hat <strong>das</strong> Volk alle IV-Vorlagen<br />

durchgewinkt. Diejenigen, die die<br />

IVG-Revision schlecht reden, haben auch<br />

die AHV schlecht geredet. Mit der «6b»<br />

werden zahlreiche Abfederungsmechanismen<br />

parallel eingeführt.»<br />

11


Marie-Thérèse Weber-Gobet<br />

Marie-Thérèse Weber-Gobet erklärt kämpferisch,<br />

<strong>das</strong>s die IV-Vorlagen während der<br />

letzten Jahre in einem absoluten Schnellzugstempo<br />

durchgeboxt worden seien.<br />

SVP-Nationalrat Alex Kuprecht bezeichnet<br />

<strong>das</strong> Vorgehen als eigentliche «Rosskur».<br />

Weber: «Ich bin davon überzeugt, <strong>das</strong>s der<br />

letzte Teil dieser «Rosskur» nicht mehr<br />

nötig ist. Im Jahr 2025 wird die IV wieder<br />

Überschüsse ausweisen. Bereits im Jahr<br />

2011 hätte die IV einen satten Gewinn ausweisen<br />

können, wenn sie nicht noch<br />

53 Millionen Franken als ausserordentlichen<br />

Beitrag im Rahmen des neuen Finanz-<br />

Ausgleiches hätte bezahlen müssen. Die<br />

letzte Sparrunde in dieser «Rosskur» ist<br />

einfach nicht mehr nötig. Sie ist unfair und<br />

unsozial.»<br />

Weber stellt klar, <strong>das</strong>s über 50’000 Familien<br />

und über 96’000 Kinder mit weniger<br />

Geld auskommen müssten. Es geschehe<br />

einfach ein Transfer vom Bund an die Kantone<br />

und Gemeinden. Deshalb sei die «6b»<br />

einfach eine reine Sparübung.<br />

Georges Pestalozzi<br />

Georges Pestalozzi erklärt, <strong>das</strong>s die heutige<br />

Praxis und Rechtsprechung zu massiv<br />

weniger Ausgaben bei der Invalidenversicherung<br />

führe. Das mittlere BSV-Szenario<br />

gehe deshalb davon aus, <strong>das</strong>s die IV<br />

bereits ab 2018 mit den Überschüssen die<br />

Schulden abbezahlt könne.<br />

Pestalozzi: «Die aktuellsten Bundesgerichtsentscheide<br />

haben effektiv dazu<br />

geführt, <strong>das</strong>s weniger Renten bezahlt werden<br />

müssten. Hauptgrund der Einsparungen<br />

sind die somatoformen Störungen.<br />

Aber wir stellen fest, <strong>das</strong>s es eine Ausweitung<br />

bei den Krankheitsbildern gebe. Von<br />

Marie-Thérèse Weber-Gobet vertritt dezidiert die Meinung, <strong>das</strong>s es die «6b» nicht mehr brauche. Die «Rosskur»<br />

müsse gestoppt werden.<br />

Sehbehinderten werde erwartet, <strong>das</strong>s sie<br />

zu 100% arbeiten.»<br />

Pestalozzi weist darauf hin, <strong>das</strong>s es zu<br />

einer Abwendung bei der Fallbeurteilung<br />

der individuellen Ressourcen hin zu objektiven<br />

Kriterien – vom Stärksten abgeleitet<br />

– komme. Es sei mit der heutigen Gerichtspraxis<br />

eine äusserst problematische Entwicklung<br />

eingeleitet worden.<br />

Pestalozzi beurteilt die Situation, <strong>das</strong>s die<br />

Betroffenen mit Teilrenten eine Arbeit finden<br />

müssten, als sehr schwierig. Vor allem<br />

neue Anstellungen von Betroffenen mit<br />

einer Restarbeitsfähigkeit im ersten<br />

Arbeitsmarkt dürften sehr schwierig werden.<br />

Dies auch vor dem Hintergrund, <strong>das</strong>s<br />

es <strong>für</strong> die Arbeitgeber keine Quoten-Regelung<br />

gebe.<br />

Pestalozzi: «Der Paradimawechsel führt<br />

zwangsläufig zu einem Anstieg der Ausgaben<br />

bei den Ergänzungsleistungen. Eine<br />

Tatsache ist auch, <strong>das</strong>s eine 70%-ige IV-<br />

Rente bei der Beruflichen Vorsorge BVG<br />

auch zu einer 70%-Rente führt. Dies ist<br />

einfach sehr einschneidend.»<br />

Guy Parmelin<br />

Guy Parmelin erklärt auf die Quoten-Regelung<br />

<strong>für</strong> die Arbeitgeber angesprochen,<br />

<strong>das</strong>s er grundsätzlich dagegen sei. Es<br />

gebe heute ja schon Arbeitgeber, die<br />

Behinderte auf freiwilliger Basis beschäf-<br />

Georges Pestalozzi weist darauf hin, <strong>das</strong>s eine rigidere Rechtsprechung zu beobachten sein. Als Erkenntnis<br />

daraus resultieren weniger Rentenleistungen.<br />

tigten. Im internationalen Vergleich<br />

stehe die Schweiz<br />

zudem sehr gut da. Er sei<br />

davon überzeugt, <strong>das</strong>s die<br />

Arbeitgeber kontinuierlich auf<br />

diese Problematik sensibilisiert<br />

werden, vor allem bei den<br />

Verantwortlichen der Personalabteilungen.<br />

Parmelin: «Es braucht jetzt<br />

Zeit, um zu sehen, ob die Eingliederungsmassnahmen<br />

greifen.<br />

Die gemachten Erfahrungen<br />

werden zeigen, ob wir auf<br />

dem richtigen Weg waren.»<br />

Christian Lohr<br />

Lohr meint, er spüre in den<br />

ländlichen Gegenden bei den<br />

kleineren und mittleren Unternehmungen<br />

KMU, <strong>das</strong>s sie<br />

Verantwortung übernehmen<br />

wollten.<br />

Lohr: «Ich bin dezidiert gegen Quoten-<br />

Regelungen. Auch aus den Gegebenheiten<br />

im benachbarten Ausland. Enttäuscht bin<br />

ich von den grossen Unternehmen Die<br />

könnten und müssen wesentlich mehr tun<br />

und zeigen.»<br />

Schlussrunde<br />

Die Zeit vergeht wie im Fluge. Claude Voegeli<br />

muss die spannende Podiumsdiskussion<br />

langsam zum Abschluss bringen.<br />

Ein Votant aus dem Publikum meint, <strong>das</strong>s<br />

die eigentlichen «Königreiche» die IV-Stellen<br />

seien. Dort liege leider vieles im Argen.<br />

Die IV-Stellen verfügten seiner Meinung<br />

nach über zu wenig behindertenspezifischen<br />

Kompetenzen. Im Parlament würden<br />

Beschlüsse gefasst, dabei sei die<br />

Umsetzung aufgrund der personellen<br />

Umständen beziehungsweise mangelnder<br />

Kompetenz nicht gewährleistet.<br />

Ein anderer Votant fordert, <strong>das</strong>s die Bundesverwaltung<br />

als Vorbild vorangehen<br />

und vermehrt Menschen mit Beeinträchtigungen<br />

einstellen solle.<br />

Die Podiumsrunde mit diametral unterschiedlichen Haltungen in der Frage «6b».<br />

Marie-Thérèse Weber-Gobet pocht in ihrem<br />

Schlusswort nochmals darauf, <strong>das</strong>s diese<br />

Vorlage eine unnötige, unsoziale und ungerechte<br />

Sparmassnahme sei. Der Verein<br />

«Nein zum Abbau der IV», hinter den<br />

46 unterstützende Organisationen stünden,<br />

sei jedenfalls in den Startlöchern, bei<br />

einer Annahme der Vorlage im Parlament<br />

<strong>das</strong> Referendum zu ergreifen.<br />

Claude Voegeli schliesst die Podiumsveranstaltung<br />

und bedankt sich bei seinen<br />

Gästen <strong>für</strong> ihre Statements zu der kommenden<br />

und mit harten Bandagen geführten<br />

Debatten in den parlamentarischen Räten.<br />

Während des Mittagessens nutzen die<br />

Delegierten die Zeit, um ausgiebig über<br />

die «6b» zu diskutieren. Als Fazit kann<br />

festgehalten werden: Die Wahrung des<br />

Besitzstands ist akut gefährdet!<br />

Dr. André Assimacopoulos, Präsident des SZB, bedankt sich bei den Podiumsteilnehmenden <strong>für</strong> die angeregt<br />

geführte Diskussion. Die Behandlung der «6b»-Vorlage in den Räten im Bundesbern werde mit grösster Aufmerksamkeit<br />

verfolgt werden.<br />

[rr]<br />

13


Delegiertenversammlung<br />

von Integration Handicap<br />

Thomas Bickel ist Geschäftsführer<br />

von Integration Handicap<br />

Am 20. Juni 20<strong>12</strong> findet in Bern die Delegiertenversammlung<br />

von Integration<br />

Handicap statt. <strong>sonos</strong> ist seit vielen Jahren<br />

Mitglied dieses 1951 unter dem<br />

Namen SAEB (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>für</strong> die Eingliederung Behinderter)<br />

gegründeten Dachverbandes, der<br />

2005 einen neuen Namen erhalten hat.<br />

Auch heuer berichten wir – wie bereits in<br />

den Vorjahren – über die Aktivitäten und<br />

aktuellen Aufgaben dieser wichtigen<br />

Organisation.<br />

Institution mit Bodenhaftung<br />

Marc F. Suter, Präsident von Integration<br />

Handicap, nimmt zu Beginn seiner Ausführungen<br />

Bezug auf die Frage, ob <strong>das</strong><br />

Gleichgewicht in der Invalidenversicherung<br />

weiterhin sichergestellt sei. Er weist<br />

darauf hin, <strong>das</strong>s auch Menschen mit<br />

Behinderung wie alle anderen Menschen<br />

hierzulande Verantwortung tragen <strong>für</strong><br />

unsere Gesellschaft. Unter den Anwesenden<br />

finden sich prominente Gäste: Stefan<br />

Ritler, IV-Chef, und Bundesrichter Ulrich<br />

Meyer von der Sozialrechtlichen Abteilung<br />

in Luzern. Suter erklärt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong><br />

Gleichgewicht in der Invalidenversicherung<br />

nach seiner Empfindung nicht mehr<br />

gewahrt sei – vor allem im Hinblick auf die<br />

Reintegration. Es sei sehr stossend, <strong>das</strong>s<br />

viele Leute keine Rente mehr bekommen<br />

sollten. Ebenfalls bei den Hilfsmitteln<br />

erkennt Suter eine Trendwende. Es werde<br />

mit einem harten Massstab gemessen.<br />

Bei den Hilfen an Institutionen gemäss<br />

Art. 74 IVG laufe Etliches aus dem Ruder.<br />

Der Trend zeige klar nach unten, gibt er<br />

sorgenvoll zu bedenken. Die Stiftung <strong>für</strong><br />

elektronische Hilfsmittel – besser<br />

bekannt unter der Bezeichnung Fondation<br />

Suisse pour les Téléthèses, la technologie<br />

au service du handicap aus Neuenburg –<br />

stehe kurz vor dem Aus. Infolge der Einfrierung<br />

und Kürzung der Bundessubventionen<br />

könnte kein neues Personal mehr<br />

eingestellt werden und die Einrichtung<br />

könne ihre wichtigen Aufgaben gegenüber<br />

Menschen mit einer Behinderung<br />

nicht mehr wahrnehmen. Durch Sparen<br />

am falschen Ort werde sehr viel Kollateralschaden<br />

angerichtet.<br />

Erfreulich ist trotz allem, <strong>das</strong>s sich die<br />

Finanzen von Integration Handicap derzeit<br />

gesund präsentieren.<br />

Strukturreform<br />

Schon im letzten Jahr wurde über dieses<br />

Projekt, die Schlagkraft zu verstärken,<br />

der Zersplitterung entgegen zu wirken<br />

und Synergien zu nutzen, orientiert. Im<br />

nächsten Jahr soll <strong>das</strong> Konzept spruchreif<br />

sein, spätestens im Sommer 2015 müsse<br />

die Umsetzung erfolgen, erwähnt Suter.<br />

Der Schlüssel der Mitgliederbeiträge bzw.<br />

die Höhe der Mitgliederbeiträge müssten<br />

neu definiert werden. Dieses Thema wird<br />

voraussichtlich verschiedene Diskussionen<br />

auslösen.<br />

Nach dem statutarischen Teil steht ein<br />

Referat von Georges Pestalozzi über die<br />

Revision 6b auf dem Programm.<br />

Georges Pestalozzi leitet den<br />

Rechtsdienst.<br />

Marc F. Suter macht sich Sorgen<br />

wegen dem klaren Abwärtstrend, den<br />

er bei der Invalidenversicherung<br />

erkennt.<br />

Stefan Ritler, IV-Chef, meldet sich<br />

bei der Diskussion am Schluss<br />

des Referats von Georges Pestalozzi<br />

zu Wort und verteidigt mit Nachdruck<br />

die in der Revisionsvorlage<br />

verankerte Restarbeitsfähigkeit,<br />

die ein Anreiz sein soll.<br />

[lk]<br />

15


Überglücklich über Erfolg an der<br />

Lehrabschlussprüfung<br />

Davis Colombo aus Rüti ZH hat die Ausbildung<br />

zum Detailhandelsfachmann mit<br />

einer sehr guten Lehrabschlussprüfung<br />

erfolgreich absolviert. Der 20-jährige<br />

Berufsmann empfängt Roger Ruggli von<br />

der <strong>sonos</strong>-Redaktion am 19. Juli 20<strong>12</strong> <strong>für</strong><br />

ein Interview.<br />

In der elterlichen Wohnung entwickelt sich<br />

schon kurz nach der Begrüssung eine lebhafte<br />

Unterhaltung. Herzlich und total aufgeschlossen<br />

erzählt der sympathische<br />

junge Mann aus seinem Leben.<br />

<strong>sonos</strong>: Ich kann mich mit Ihnen problemlos<br />

unterhalten und Ihre Aussprache ist perfekt.<br />

Es fällt überhaupt nicht auf, <strong>das</strong>s Sie<br />

eine Hörschädigung haben. Wieso nicht?<br />

Davis: Ich bin vor zwanzig Jahren in Sizilien<br />

auf die Welt gekommen. Kurz nach meiner<br />

Geburt sind meine Eltern, zusammen mit<br />

meinem drei Jahre älteren Bruder Fabio<br />

und mir nach Rüti gezogen. Rüti wurde zu<br />

meiner zweiten Heimat – zu meinem<br />

Lebensmittelpunkt. Ich habe auch die<br />

Schweizer Staatsbürgerschaft erlangt.<br />

Ich wie auch mein Bruder haben eine angeborene<br />

Hörschädigung, die wahrscheinlich<br />

erblich bedingt ist. Mein Urgrossvater war<br />

gehörlos.<br />

Das Sprechen habe ich dank der Gegebenheit<br />

gelernt, <strong>das</strong>s ich von Kindsbeinen an<br />

immer mit hörenden Kindern zusammen<br />

war. Meine Schulkameraden im Kindergarten,<br />

in der Primar- und Oberstufenschule<br />

haben alle immer gewusst, <strong>das</strong>s ich ein<br />

Handicap habe. Mit der Zeit habe ich es<br />

gelernt – <strong>das</strong> Sprechen. Und <strong>das</strong> Schöne<br />

daran war, ich war von Anfang an integriert.<br />

Aber wieso hören Sie dann heute so gut<br />

und wieso können sie sich so hervorragend<br />

lautsprachlich ausdrücken?<br />

Ich trage schon mein ganzes Leben beidseitig<br />

Hörgeräte. Dank meiner Hörgeräte kann<br />

ich Gespräche führen. Auf <strong>das</strong> Lippenablesen<br />

bin ich nur angewiesen, wenn es Umgebungsgeräusche<br />

hat und wenn es zu laut<br />

ist. Ohne meine Hörgeräte würde ich nur<br />

ganz laute Geräusche wahrnehmen, und<br />

Davis Colombo ist stolz und glücklich, <strong>das</strong>s er die Lehrabschlussprüfung zum Detailhandelsfachmann erfolgreich<br />

bestanden hat.<br />

ich könnte unmöglich ein normales Ge -<br />

spräch führen, geschweige telefonieren.<br />

Ich besuchte ganz normal wie meine Schulkameraden<br />

die Regelschulen. Mit einer<br />

Ausnahme: Ab der Kindergartenschulzeit<br />

hatte ich ein Mal pro Woche <strong>für</strong> drei Stunden<br />

audiopädagogischen Unterricht.<br />

Meine Muttersprache ist Italienisch, was<br />

wir zuhause immer noch täglich miteinander<br />

sprechen. Als zweite Sprache lernte ich<br />

Schweizerdeutsch. Dann kam noch <strong>das</strong><br />

Hochdeutsch dazu. In der Schule lernte ich<br />

noch Französisch und Englisch als weitere<br />

Fremdsprachen.<br />

Davis was können Sie uns über die Schulzeit<br />

und Ihre Erfahrungen erzählen?<br />

Eine grosse Überforderung erlebte ich zu<br />

Beginn meiner Kindergartenzeit. Das<br />

Durcheinanderschwatzen der Kinder war<br />

<strong>für</strong> mich ganz schlimm, weil ich den<br />

Gesprächen nicht folgen konnte. Als dann<br />

aber eine FM-Anlage im Kindergarten eingesetzt<br />

wurde, war es <strong>für</strong> mich viel besser.<br />

In der Primarschule haben mich alle, die<br />

mit mir redeten, angeschaut und laut und<br />

deutlich gesprochen. Auf meine speziellen<br />

Bedürfnisse haben die Lehrer wie auch die<br />

Schüler vorbildlich Rücksicht genommen.<br />

So entschloss ich mich, ab der vierten<br />

Schulklasse auf den Einsatz der FM-Anlage<br />

zu verzichten. Der Wechsel von der Mittelin<br />

die Oberstufenschule verlief <strong>für</strong> mich<br />

problemlos. Jetzt zeigte sich auch, <strong>das</strong>s<br />

mein früherer Entscheid auf den Einsatz<br />

einer FM-Anlage zu verzichten, gut war.<br />

Davis, und wie verlief dann Ihre berufliche<br />

Ausbildung?<br />

Mir war eigentlich sehr früh klar, welche<br />

Berufe ich erlenen wollte. Auf meiner<br />

Wunschliste standen ursprünglich: Velo-<br />

Mechaniker, Coiffeur und Detailhandelsfachmann.<br />

Ich habe dann entschieden,<br />

mich um eine Lehrstelle als Detailhandelsfachmann<br />

zu bewerben. Ich hatte Glück.<br />

Ich musste lediglich zwölf Bewerbungen<br />

schreiben, bis es geklappt hat. Von der<br />

LANDI Zola AG, Unternehmen der fenaco,<br />

Unternehmensgruppe der Schweizerischen<br />

Agrarwirtschaft, Filiale Illnau-Effretikon,<br />

erhielt ich meinen erhofften und<br />

ersehnten Lehrvertrag. Die Ausbildung hat<br />

drei Jahre gedauert. Vor wenigen Wochen<br />

habe ich mit der Note 5,4 die Lehrabschlussprüfung<br />

bestanden.<br />

Glücklich bin ich, <strong>das</strong>s ich bei LANDI<br />

Zola AG (Züricher Oberland) in der Filiale<br />

Pfäffikon ZH nach der Lehrzeit eine Festanstellung<br />

erhalten habe. Als Rayon-Leiter<br />

habe ich bereits zwei direkt unterstellte<br />

Mitarbeiterinnen.<br />

Davis Colombo zusammen mit seinem Bruder Fabio<br />

(rechts) – zwei Sportkanonen, die trotz ihrer Hörbeeinträchtigung<br />

voll integriert sind.<br />

Da ich die Motorfahrzeugprüfung bestanden<br />

habe, kann ich jetzt mit meinem eigenen<br />

Auto zur Arbeit fahren. So bin ich<br />

sehr flexibel und muss nicht auf die fixen<br />

Ankunfts- und Abfahrzeiten des öffentlichen<br />

Verkehrs Rücksicht nehmen.<br />

Davis, welches waren die grössten Schwierigkeiten<br />

in der beruflichen Ausbildung?<br />

Am Anfang meiner Ausbildung hatte ich<br />

tatsächlich einige Schwierigkeiten. Die<br />

traditionelle Kundschaft in meinem Lehrbetrieb<br />

besteht unter anderem aus älteren<br />

Menschen, die oft sehr leise und<br />

undeutlich sprechen. Auch solche aus<br />

einem bäuerlichen Umfeld gehören dazu,<br />

die <strong>für</strong> mich völlig unverständliche<br />

Davis Colombo und sein Bruder Fabio im im Ausgang.<br />

Begriffe <strong>für</strong> Gegenstände und Waren verwendeten,<br />

die sie kaufen wollten. Es dauerte<br />

eine gewisse Zeit, bis ich mich mit<br />

dieser Situation arrangiert hatte.<br />

Aber ansonsten hatte ich während meiner<br />

gesamten Ausbildung überhaupt keine<br />

nennenswerten Probleme.<br />

Davis, welches Verhältnis haben Sie zur<br />

Gebärdensprache?<br />

Ich bin Mitglied der Nationalmannschaft<br />

im Futsal. Da in dieser Mannschaft sehr<br />

viele Gehörlose mitspielen, habe ich ganz<br />

wenige Gebärden gelernt, so <strong>das</strong>s ich<br />

mich mit meinen gebärdenden Mannschaftskollegen<br />

austauschen und in der<br />

mannschaftsinternen Umgangssprache<br />

unterhalten kann.<br />

Ich spiele noch beim Unicorns-Club in<br />

Dübendorf Futsal. Mit dieser Mannschaft<br />

haben wir soeben den Aufstieg in die<br />

Nationalliga A geschafft. Als Ausgleich<br />

spiele ich noch beim Fussball-Club Rüti in<br />

der 4. Liga ganz normalen Fussball.<br />

Davis, wo sehen Sie noch konkreten<br />

Handlungsbedarf heute in Bezug auf die<br />

Gleichstellung hörbehinderter Menschen<br />

bzw. die sog. barrierefreie Zugänglichkeit<br />

in die «hörende Welt»?<br />

Ich sehe keinen konkreten Handlungsbedarf.<br />

Ich empfand meine Schulzeit sowie<br />

meine berufliche Ausbildung immer fair.<br />

Ich fühlte mich mit den Hörenden gleichgestellt.<br />

Mir wurden nie irgendwelche<br />

Hindernisse in den Weg gelegt.<br />

Eine sehr gute Erfahrung durfte ich auch<br />

an der Berufsschule <strong>für</strong> Hörgeschädigte<br />

machen. Ich profitierte extrem von den<br />

kleinen Klassen und von den Lehrkräften.<br />

Gerade bei den Lehrkräften spürte man,<br />

<strong>das</strong>s sie im Umgang mit beeinträchtigten<br />

Schülern geschult sind. So konnten sie auf<br />

die ganz unterschiedlichen Bedürfnisse<br />

von uns Schülern optimal eingehen.<br />

Geschätzt habe ich auch den guten und<br />

vorbehaltslosen Zusammenhalt unter den<br />

Mitschülern. Die BSFH war <strong>für</strong> mich einfach<br />

toll und extrem positiv. Sie bildete die<br />

Basis da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s ich die Lehrabschlussprüfung<br />

mit gutem Erfolg abschliessen<br />

konnte.<br />

Davis, was machen Sie in Ihrer Freizeit,<br />

welche Hobbys haben Sie?<br />

In meiner Freizeit mache ich einfach gerne<br />

Sport. Aber ich gehe auch gerne mit meinen<br />

Freunden in den Ausgang und tanze<br />

gerne. Ich bin einfach glücklich, wenn ich<br />

mit meinen Kollegen unterwegs sein kann.<br />

Aber einmal im Jahr, in der Ferienzeit,<br />

pocht mein Herz <strong>für</strong> Sizilien. Wenn <strong>das</strong><br />

nötige Reisegeld vorhanden ist, fahre ich<br />

gerne in die Ferien nach Sizilien, um meine<br />

Verwandten zu besuchen.<br />

Davis und zum Schluss, welchen Traum<br />

oder Wunsch haben Sie?<br />

Ja, klar habe ich Wünsche und Träume.<br />

Zuerst möchte ich einfach weiter glücklich<br />

und zufrieden sein dürfen, und ich möchte<br />

meinen Freundeskreis behalten dürfen.<br />

Später möchte ich gerne eine Familie gründen.<br />

Beruflich habe ich zurzeit keine Veränderungsziele.<br />

Ich möchte einfach <strong>das</strong> Leben<br />

geniessen können.<br />

Mit den allerbesten Wünschen <strong>für</strong> die<br />

berufliche und private Zukunft von Davis<br />

bedankt sich Roger Ruggli <strong>für</strong> <strong>das</strong> interessante<br />

Gespräch und die spannenden Informationen.<br />

[rr]<br />

17


Handwerkliche Grundausbildung als<br />

berufliche Basis<br />

Aber wieso hören Sie dann heute so gut<br />

und wieso können sie sich so hervorragend<br />

lautsprachlich ausdrücken?<br />

Für meinen guten Spracherwerb war<br />

sicher die regelmässige und jahrelange<br />

Betreuung durch den Audiopädagogischen<br />

Dienst mitverantwortlich. Bis zur<br />

5. Klasse habe ich die Unterstützung<br />

durch den APD konsequent wahrgenommen.<br />

Danach fanden jährliche Standortbestimmungsgespräche<br />

statt. Meine<br />

Schwester Corina hat die Unterstützung<br />

während der gesamten Schulzeit in<br />

Anspruch genommen.<br />

Adrian Meyer hat es trotz seiner Hörschädigung geschafft. Mit Erfolg hat er die Lehrabschlussprüfung als Schreiner<br />

und die Berufsmaturitätsprüfung bestanden. Seine Freude drüber ist riesengross.<br />

Adrian Meyer aus Bülach ZH hat vor wenigen<br />

Wochen als Zweitbester des Zürcher<br />

Schreiner-<strong>Verband</strong>es die Ausbildung als<br />

Schreiner abgeschlossen und die Berufsmaturitätsprüfung<br />

erfolgreich bestanden.<br />

Am 24. Juli 20<strong>12</strong> empfängt der<br />

19-jährige Berufsmann Roger Ruggli von<br />

der <strong>sonos</strong>-Redaktion zum vereinbarten<br />

Interview.<br />

In der elterlichen Wohnung entwickelt<br />

sich schon kurz nach der Begrüssung<br />

eine lebhafte Unterhaltung. Herzlich und<br />

total aufgeschlossen erzählt der sympathische<br />

junge Mann aus seinem Leben.<br />

<strong>sonos</strong>: Ich kann mich mit Ihnen problemlos<br />

unterhalten und Ihre Aussprache ist<br />

perfekt. Es fällt überhaupt nicht auf, <strong>das</strong>s<br />

Sie eine Hörschädigung haben. Wieso<br />

nicht?<br />

Adrian: Im Spital Bülach bin ich vor neunzehn<br />

Jahren auf die Welt gekommen.<br />

Gelebt habe ich zusammen mit meiner<br />

zwei Jahre jüngeren Schwester Corina<br />

und meinen Eltern bis zur 1. Klasse in Volketswil.<br />

Im Januar 2000 erfolgte dann der<br />

Umzug nach Bülach. Seit dieser Zeit ist<br />

der Bezirkshauptort im Zürcher Unterland<br />

zu meinem Lebensmittelpunkt geworden.<br />

Unsere Familie ist speziell. Sowohl meine<br />

Mutter wie auch mein Vater sind seit ihrer<br />

Geburt schwerhörig. Diese Schwerhörigkeit<br />

haben sie an meine Schwester und an<br />

mich vererbt.<br />

Im Alter von drei Jahren wurde ich beidseitig<br />

mit Hörgeräten versorgt. Gleichzeitig<br />

wurde auch meine damals acht Monate<br />

alte Schwerster mit zwei Hörgeräten versorgt.<br />

Ab diesem Zeitpunkt fuhr uns<br />

unsere Mutter zweimal pro Woche ins Kinderspital<br />

Zürich <strong>für</strong> die einstündige audiologischen<br />

Betreuung.<br />

Für meine gute Aussprache sind verschiedene<br />

Faktoren verantwortlich. Zum einem<br />

wurde ich immer unterstützt. Ich habe<br />

immer aktiv mitgemacht, beim Spielen<br />

mit den normalhörenden Kindern. Ich<br />

wollte dabei sein. Aber ganz wichtig war,<br />

<strong>das</strong>s ich immer und konsequent meine<br />

Hörgeräte getragen habe. Meine Eltern<br />

waren <strong>für</strong> mich die besten Vorbilder. Das<br />

Tragen von Hörgeräten ist in unserer Familie<br />

einfach total normal. Die Geräte gehören<br />

zu uns.<br />

Positiv war natürlich auch, <strong>das</strong>s bereits<br />

ab der Kindergartenzeit FM-Anlagen eingesetzt<br />

wurden und ich von den Lehrkräften<br />

eigentlich immer voll unterstützt<br />

wurde. Mit wenigen Ausnahmen wurde<br />

ich während meiner gesamten Schulzeit<br />

von meinen Mitschülern voll akzeptiert<br />

und im Klassenverband integriert.<br />

Endscheidend war aber sicher der Wille<br />

meiner Eltern, <strong>das</strong>s ihre beiden Kinder<br />

lautsprachlich aufwachsen konnten. Trotz<br />

meiner Hörbeeinträchtigung kann ich problemlos<br />

Gespräche führen und auch telefonieren<br />

sowie dank technischer Hilfsmittel<br />

– wie der Fernseh-Ringleitung – praktisch<br />

uneingeschränkt Fernsehen und<br />

Radio hören.<br />

Adrian was können Sie uns über die Schulzeit<br />

und Ihre diesbezüglichen Erfahrungen<br />

erzählen?<br />

Ich besuchte in ganz normalen Regelklassen<br />

den Kindergarten, die Unter- und Mittelstufe<br />

und als Sekundarschüler A die<br />

Oberstufe. Dank der eingesetzten FM-<br />

Anlagen konnte ich die Lehrkräfte immer<br />

gut verstehen. Meine Mitschüler wurden<br />

immer darauf aufmerksam gemacht, <strong>das</strong>s<br />

sie laut und deutlich sprechen sollten und<br />

es gut wäre, wenn dabei der Augenkontakt<br />

gesucht würde.<br />

Ich war als Schüler eher ruhig und zurückhaltend.<br />

Während der Schulstunden<br />

musste ich mich immer sehr konzentrieren.<br />

Das war <strong>für</strong> mich anstrengend und<br />

ermüdend.<br />

Adrian Meyer im Lehrbetrieb während seiner Ausbildung zum Schreiner.<br />

Adrian, und wie verlief dann Ihre berufliche<br />

Ausbildung?<br />

Mir war schon sehr früh klar, <strong>das</strong>s ich als<br />

Grundausbildung zuerst einen handwerklichen<br />

Beruf erlernen wollte. Den Schreinerberuf<br />

habe ich gewählt, da ich lieber mit<br />

Holz als mit Metall arbeite und vielleicht<br />

auch deshalb, weil mein Vater ursprünglich<br />

diesen Beruf erlernen wollte, es aber<br />

dann doch nicht gemacht hat.<br />

Aber ich bekam nicht auf Anhieb einen<br />

Lehrvertrag. Ich habe gegen sechzig<br />

Adrian Meyer geniesst zusammen mit Freunden einen lauen Sommerabend am See.<br />

Bewerbungen geschrieben, bis es endlich<br />

geklappt hat. In den Bewerbungsunterlagen<br />

habe ich nicht auf meine Hörbeeinträchtigung<br />

hingewiesen. Darüber habe<br />

ich erst bei den Vorstellungsgesprächen<br />

informiert.<br />

Ich habe die Erfahrung gemacht, <strong>das</strong>s es<br />

in der Bewerbungsphase bestimmt auch<br />

ein wenig Wettkampfglück braucht. Oft<br />

ist man bei den letzen drei Bewerbern<br />

noch dabei, und der Lehrbetrieb muss<br />

sich dann <strong>für</strong> einen Kandidaten entscheiden.<br />

Bei der Lehrwerkstätte Zürich <strong>für</strong> Möbelschreiner<br />

in Zürich hat es dann geklappt.<br />

Die LWZ ist ein reiner Ausbildungsbetrieb<br />

<strong>für</strong> Schreiner und beschäftigt durchschnittlich<br />

zehn bis zwölf Lernende.<br />

Adrian, welches waren die grössten<br />

Schwierigkeiten in der beruflichen Ausbildung?<br />

In den ersten beiden Lehrjahren habe ich<br />

immer hinterfragt, ab ich tatsächlich die<br />

richtige Berufswahl <strong>für</strong> mich getroffen<br />

habe. Ich war einfach unsicher. Aber nach<br />

der bestandenen obligatorischen Teilprüfung<br />

Ende des zweiten Lehrjahres waren<br />

meine Zweifel glücklicherweise weg. Rückblickend<br />

gab es in meiner Schreiner-Ausbildung<br />

eigentlich keine nennenswerten Probleme.<br />

Auch der Besuch der Baugewerblichen<br />

Berufsschule in Zürich verlief sehr gut.<br />

Ich hatte die Möglichkeit, <strong>das</strong>s ich während<br />

meiner Lehre auch die Berufsmaturitätsschule<br />

absolvieren konnte. Während der<br />

ersten drei Ausbildungsbildungsjahre war<br />

ich an der Berufsmaturitätsschule Zürich<br />

eingeschrieben. Ich merkte aber bald, <strong>das</strong>s<br />

meine Mitschüler eigentlich alles Individualisten<br />

waren. Sie haben <strong>für</strong> mich kein<br />

Umfeld <strong>für</strong> «Lernen» geschaffen bzw. gegeben.<br />

Die Lehrkräfte haben zudem keinen<br />

Einfluss genommen, um Rücksicht auf<br />

meine speziellen Bedürfnisse zu nehmen.<br />

Vielleicht habe ich mich aber auch zu wenig<br />

gewehrt.<br />

19


Sicher war aber, <strong>das</strong>s meine Motivation<br />

zum Lernen schwand. So endschloss ich<br />

mich, an die Berufsschule <strong>für</strong> Hörgeschädigte<br />

Zürich zu wechseln. Mit neuer Motivation<br />

kehrte auch wieder die Freude <strong>für</strong><br />

<strong>das</strong> Lernen zurück. Meine Lehrer gingen<br />

auf meine Bedürfnisse ein, und dies<br />

brachte mir den notwendigen Schub.<br />

Die BSFH war mit den kleinen Klassen, der<br />

gegenseitigen Rücksichtnahme sowie<br />

den guten und verständnisvollen Lehrkräften<br />

goldrichtig.<br />

So wurde die Lehrabschlussprüfung als<br />

Schreiner, welche ich mit der Note 5,2,<br />

und die Berufsmaturitätsprüfung, welche<br />

ich mit der Note 4,9 bestand zum grossen<br />

und hart erkämpften Erfolg. Ich bin darüber<br />

einfach sehr froh und glücklich.<br />

Adrian, welches Verhältnis haben Sie zur<br />

Gebärdensprache?<br />

Ich finde die Gebärdensprache eigentlich<br />

eine sehr coole Sprache, und ich würde<br />

sie auch gerne anwenden. Aber ich habe<br />

keine Kontakte zu gebärdenden Menschen<br />

und könnte deshalb diese Sprache<br />

ja gar nie brauchen.<br />

Wie bereits erwähnt, ich bin lautsprachlich<br />

erzogen worden. Die Gebärdensprache<br />

war bei uns zuhause nie ein Thema.<br />

Adrian, wo sehen Sie noch konkreten<br />

Handlungsbedarf heute in Bezug auf die<br />

Gleichstellung hörbehinderter Menschen<br />

bzw. die sog. barrierefreie Zugänglichkeit<br />

in die «hörende Welt»?<br />

Ich möchte, <strong>das</strong>s konsequent FM-Anlagen<br />

mit Ringleitungen in Vortragssälen, in<br />

Gemeindeversammlungslokalen oder in<br />

den Kinos zur Verfügung stehen. Nur mit<br />

diesen technischen Hilfsmitteln kann ich<br />

tatsächlich dem gesprochenen Wort folgen<br />

und somit dabei sein.<br />

Stossend finde ich, <strong>das</strong>s ich wegen meiner<br />

Hörbehinderung dienstuntauglich<br />

geschrieben wurde, obwohl ich Militärdienst<br />

leisten möchte und nun Militärdienstpflichtersatz<br />

zahlen muss. Dies ist<br />

absolut diskriminierend.<br />

Völlig unverständlich finde ich die IV-<br />

Preispolitik <strong>für</strong> Hörgeräte. Bei einem<br />

Adrian Meyer zusammen mit seiner Freundin auf Entdeckungsreise in Florenz.<br />

4-Personenhaushalt, in welchem alle<br />

beidseitig mit Hörgeräten versorgt werden<br />

müssen, reisst die Leistungskürzung<br />

ein Riesenloch ins Budget. Der vom BSV<br />

eingeschlagene Weg ist <strong>für</strong> mich unwürdig<br />

und diskriminierend.<br />

Adrian, was machen Sie in Ihrer Freizeit,<br />

welche Hobbys haben Sie?<br />

In meiner Freizeit spiele Badminton in der<br />

3. Liga – mit intakten Aufstiegschancen –<br />

in Bülach, und ich bin Mitglied von Jugehörig,<br />

einer Organisation <strong>für</strong> Schwerhörige.<br />

Wichtig in meiner Freizeit ist mir die Kantaktpflege<br />

mit meinen Freunden.<br />

Adrian und zum Schluss, welchen Traum<br />

oder Wunsch haben Sie?<br />

Zurzeit bin ich mit meinem Beruf und dem<br />

Erreichten einfach glücklich und zufrieden.<br />

Nun möchte ich zuerst berufliche<br />

Erfahrungen sammeln. Über weitere Ziele<br />

habe ich mir noch keine Gedanken<br />

gemacht.<br />

Sicher möchte ich irgendwann, verbunden<br />

mit Auslandaufenthalten, neue Sprache<br />

lernen. Und, auch wenn es noch in ganz<br />

weitere Ferne ist, möchte ich gerne einmal<br />

eine Familie gründen.<br />

Mit den allerbesten Wünschen <strong>für</strong> die<br />

berufliche und private Zukunft von Adrian<br />

bedankt sich Roger Ruggli <strong>für</strong> <strong>das</strong> interessante<br />

Gespräch und die spannenden<br />

Informationen.<br />

[rr]<br />

Sexualisierte Gewalt bei gehörlosen<br />

respektive hörgeschädigten<br />

Menschen<br />

Text: Dr. med. Werner Tschan, Basel, Wissenschaftlicher<br />

Beirat der Stiftung Linda.<br />

Dr. Walter Tschan. Foto: zVg.<br />

Jede zweite gehörlose Frau ist von sexualisierter<br />

Gewalt in Kindheit und Jugend<br />

betroffen, besonders häufig in Schulen<br />

und Einrichtungen (Gehörlosenschulen).<br />

Dies ist <strong>das</strong> Ergebnis einer repräsentativen<br />

Studie über <strong>das</strong> Ausmass an Gewalterfahrungen<br />

bei Frauen mit Behinderungen<br />

in Deutschland, welche diese schockierende<br />

Resultate (Schröttle et al. 2011)<br />

zeigte. Täter finden sich in allen Lebensbereichen,<br />

mit der Folge, <strong>das</strong>s es keinen<br />

Schutzraum gibt. Aiha Zemp et al. haben<br />

schon vor Jahren darauf hingewiesen,<br />

<strong>das</strong>s rund zwei Drittel der Mädchen und<br />

Frauen und 50% der Jungen und Männer<br />

mit Behinderungen Opfer sexualisierter<br />

Gewalt werden (Zemp et al. 1996). Die<br />

Faktenlage ist schon länger bekannt. Institutionen<br />

gelten als Hochrisikobereiche<br />

<strong>für</strong> sexualisierte Gewaltdelikte (Tschan<br />

20<strong>12</strong>).<br />

Und trotzdem erschüttern immer wieder<br />

einzelne Berichte. In der New York Times<br />

wurde am 24. März 2010 der Fall von Vater<br />

Lawrence C. Murphy bekannt, einem<br />

katholischer Priester, der an einer Gehörlosenschule<br />

im Bundesstaat Wisconsin<br />

über 200 hörbehinderte Knaben vergewaltigt<br />

hatte. Untersuchungen verdeutlichten,<br />

<strong>das</strong>s sich Murphy bevorzugt an gehörlosen<br />

Knaben von hörenden Eltern vergangen<br />

hatte – da hier wegen der Kommunikationsprobleme<br />

weniger die Gefahr<br />

bestand, <strong>das</strong>s etwas ans Tageslicht kommen<br />

könnte. Wir wissen auch um die<br />

Ermittlungen im Fall H.S., einem Sozialtherapeuten<br />

und Serientäter, der in<br />

Deutschland und in der Schweiz an<br />

114 Opfern Übergriffe verübt hat. Das<br />

Ermittlungsverfahren gegen ihm wurde<br />

2003 von der Staatsanwaltschaft des Kantons<br />

Bern eingestellt, weil «man dem<br />

Opfer keinen Glauben schenken wollte»<br />

(Tschan 20<strong>12</strong>). Die junge Frau konnte<br />

damals nur mittels gestützter Kommunikation<br />

ihre Situation darstellen.<br />

Wellenartig wühlt die Thematik immer<br />

wieder Fachleute und Öffentlichkeit auf.<br />

Im Jahre 2002 wurde der Kirchenskandal<br />

in den USA bekannt, 2010 führten die Vorfälle<br />

am Canisius Kolleg, in der Odenwaldschule<br />

oder im Kloster Einsiedeln zu einer<br />

neuen Medienwelle, die irgendwann wieder<br />

abebbt – dann kehrt wieder Ruhe ein.<br />

Nicht so <strong>für</strong> die betroffenen Opfer und<br />

Erzwungenes Schweigen ist die stärkste Waffe der Täter.<br />

deren Angehörigen, die ein Leben lang<br />

unter den Folgen zu leiden haben. Entschädigungen<br />

und finanzielle Zuwendungen<br />

werden den hörgeschädigten Opfern,<br />

welche Übergriffe in Einrichtungen erlebt<br />

haben, mit der Begründung verweigert,<br />

<strong>das</strong>s sie ja nicht zwangsweise in die Einrichtung<br />

eingewiesen worden seien – es<br />

fehlt nicht viel bis zur Aussage: sie seien<br />

<strong>für</strong> ihr Schicksal selber verantwortlich.<br />

Mythen und Fakten<br />

Die Aussagen von Gewaltbetroffenen werden<br />

immer wieder in Zweifel gezogen. Dies<br />

entspricht einer bekannten Täterstrategie<br />

und wird als Neutralisierungsstrategie<br />

bezeichnet – dieses Verhalten ist nur<br />

denkbar weil sich viele Menschen täterloyal<br />

verhalten. Jede zweite gehörlose Person<br />

erlebt sexualisierte Gewalt (Dietzel<br />

2004). Die Behinderung hat sich dabei als<br />

deutlicher Risikofaktor <strong>für</strong> sexualisierte<br />

Gewalt erwiesen. Der Begriff «sexualisierte<br />

Gewalt» verdeutlicht, <strong>das</strong>s sich die<br />

Täter des Sexuellen «bedienen», wenn sie<br />

ihre Verbrechen begehen – während<br />

«sexuell» <strong>für</strong> einvernehmliche intime<br />

Begegnungen steht. Eine klare Wortwahl<br />

bringt <strong>das</strong> Unrecht der Taten zum Ausdruck.<br />

21<br />

Bild: <strong>sonos</strong>.


Der SAVI Report zeigt, <strong>das</strong>s in Europa 42%<br />

aller Frauen und 28% aller Männer Opfer<br />

sexualisierter Gewalt werden (McGee et al.<br />

2002). Vergleichbare Zahlen liegen aus<br />

den USA vor, wo 27% aller Frauen und 16%<br />

aller Männer entsprechende Erfahrungen<br />

angeben (Finkelhor et al. 1990). Mir geht<br />

es hier nicht um die exakte Zahl, sondern<br />

um die Grössenordnung. Sexualisierte<br />

Gewalt ist die grösste derzeit bestehende<br />

Pandemie. Sexualisierte Gewalt findet<br />

täglich vor unseren Augen statt – ohne<br />

<strong>das</strong>s wir sie wahrnehmen. Täter schaffen<br />

sich ihre Tatorte. Viele wählen ihren Beruf<br />

und den Arbeitsort entsprechend ihren<br />

Neigungen – was dann zu Jahre bestehenden<br />

Täterkarrieren führt.<br />

Welche Anzeichen weisen bei<br />

gehörlosen respektive hörgeschädigten<br />

Menschen auf<br />

Gewalterfahrungen hin?<br />

Viele Betroffene schweigen zunächst<br />

beschämt. Die wenigsten teilen etwas<br />

ihren Eltern oder ihren Bezugspersonen<br />

mit. Auch nicht hörbeeinträchtigten<br />

Opfern verschliesst die Gewalterfahrung<br />

den Mund. Viele legen irgendwann etwas<br />

gegenüber gleichaltrigen Kolleginnen und<br />

Kollegen offen – oft möchten sie zunächst<br />

bloss in Erfahrung bringen, ob sie auch «so<br />

etwas erleben». In vielen Fällen sind die<br />

Anzeichen deshalb zunächst höchst subtil<br />

– leichte Wesens- und Verhaltensänderungen<br />

im Sinne eines Rückzuges (soziale Isolation,<br />

Sprachstörungen inklusive Stottern)<br />

oder störendem Verhalten (Geräusche<br />

von sich geben, selbstschädigendes<br />

Verhalten, aggressives und distanzloses<br />

Verhalten) können resultieren. Kinder<br />

waschen sich nicht mehr und legen sich<br />

mit ihrer Kleidung ins Bett (Dietzel 2002).<br />

Einzelne <strong>für</strong>chten sich regelrecht davor,<br />

schlafen zu gehen, oder schon nur alleine<br />

im Zimmer zu sein. Oft werden derartige<br />

Einschränkungen der Behinderung an sich<br />

zugeschrieben – ohne <strong>das</strong>s sie in Zusammenhang<br />

mit den sexualisierten Gewalterlebnissen<br />

gebracht werden.<br />

Längerfristig bestimmen Ängste und Vermeidungsverhalten<br />

die Folgen, wie sie nachstehend<br />

durch die Diagnostik beschrieben<br />

werden. Viele Betroffene möchten sich unattraktiv<br />

machen und entwickeln entsprechende<br />

Störungen. Körperliche Folgen<br />

sind deshalb häufig und sie bilden auch<br />

regelmässig Anlass <strong>für</strong> ärztliche Untersuchungen.<br />

Direkte Verletzungen, insbesondere<br />

im Genitalbereich, sind äussert selten<br />

– Täter gehen in aller Regel subtil vor<br />

und meiden körperliche Gewaltanwendungen,<br />

da dies sofort einen entsprechenden<br />

Verdacht wecken würde.<br />

Traumafolgenstörungen<br />

Die gesundheitlichen Auswirkungen nach<br />

sexualisierten Gewalterfahrungen werden<br />

in der Medizin als Traumafolgenstörungen<br />

bezeichnet (Tschan 2001, 20<strong>12</strong>). Das grundlegende<br />

Konzept wurde 1980 mit der<br />

Bezeichnung «Posttraumatische Belastungsstörung»<br />

geschaffen. Im Anschluss an<br />

<strong>das</strong> traumatische Ereignis zeigen sich vier<br />

clusterartigen Symptomgruppen: Ängste<br />

(Albträume, Flash backs, Intrusionen), Vermeidungsverhalten<br />

(Betroffene weichen<br />

instinktiv allem aus, was sie an die traumatische<br />

Erfahrung erinnert, inkl. eigene Erinnerungen),<br />

Hyperarousal (Nervosität, Anspannung)<br />

und Numbing (Taubheit, Gefühl nicht<br />

mehr gesund zu werden). Die körperlichen<br />

Beschwerden sind bei der Diagnostik «vergessen»<br />

gegangen, ebenso viele mit der<br />

Störung assozierten Probleme (Essstörungen,<br />

Schlafstörungen, Substanzmissbrauch,<br />

selbstschädigendes Verhalten, Wut und<br />

Aggression). Da sich viele Betroffene an<br />

ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt wenden,<br />

ist die medizinische Beurteilung und die<br />

Behandlung in vielen Fällen suboptimal.<br />

Eine mögliche Folge nach sexualisierten<br />

Gewalterlebnissen ist der Verlust von Sprache<br />

und Gehör, oder <strong>das</strong>s es bei hörenden<br />

Kindern zu Stottern kommt. Erklärungsansätze<br />

dazu finden sich in der polyvagalen<br />

Theorie, die von Porgess beschrieben wurde<br />

(Tschan 20<strong>12</strong>). Der motorische Anteil des<br />

Vagusnerves ist zweigeteilt; der im<br />

Nuclues dorsalis entspringende Anteil<br />

steuert die viszeralen Mechanismen; während<br />

der im Nuclues Accumbens entspringende<br />

Anteil (ventrales vagales System)<br />

den emotionalen Ausdruck mitbestimmt.<br />

Die Steuerung der Gesichtsmuskeln, <strong>das</strong><br />

Herausfiltern der menschlichen Stimme<br />

über die Mittelohrmuskeln und die Steuerung<br />

des Sprechflusses über die Larynxund<br />

Pharynx-Muskulatur wird über diese<br />

Nervenbündel vermittelt. Entsprechend<br />

den Erklärungsansätzen des window of<br />

tolerance führt eine Unter- oder Überstimulierung<br />

im Rahmen von Traumafolgen<br />

zu nachhaltigen Beeinträchtigungen (Van<br />

der Hart el al. 2006). Wenn alle Regelmechanismen<br />

versagen, kommt es entsprechend<br />

der hierarchischen Organisation<br />

der neurophysiologischen Steuerung zu<br />

Dissoziationen mit einem «Auseinanderfallen»<br />

von Persönlichkeitsanteilen respektive<br />

Teilsystemen. Gehör, Verständnisund<br />

Sprachkompetenz wie auch die Ausdrucksmöglichkeiten<br />

können davon<br />

betroffen sein.<br />

Derartige Beeinträchtigungen in Zusammenhang<br />

mit Traumafolgen müssen<br />

zunächst als Selbstschutzmechanismen<br />

verstanden werden und bedürfen einer<br />

sorgfältigen therapeutischen Aufarbeitung.<br />

Eine Überwindung ist erst möglich,<br />

wenn die strukturellen Voraussetzungen<br />

geschaffen sind, was in der Regel bedeutet,<br />

<strong>das</strong>s die Täter zur Rechenschaft gezogen<br />

und zum stoppen gebracht werden.<br />

Hier zeigt sich auch mit aller Deutlichkeit<br />

die grundlegende Bedeutung der justiziellen<br />

Verfahren respektive <strong>das</strong> Versagen<br />

des Rechtsstaates im Bereich der sexualisierten<br />

Gewalt. Traumabetroffene bleiben<br />

oft in ihren Behinderungen gefangen, weil<br />

die Gesellschaft <strong>das</strong> Unrecht, <strong>das</strong> ihnen<br />

angetan wurde, nicht als solches anerkennt.<br />

Bei sexualisierten Gewaltdelikten besteht<br />

<strong>für</strong> Ärzte in der Schweiz in fünfeinhalb<br />

Kantonen (Luzern, Nidwalden, Schwyz,<br />

Uri, Tessin und Basel Landschaft) eine<br />

gesetzliche Meldepflicht (eine «halbe»<br />

Meldepflicht respektive ein -recht besteht<br />

in Basel Landschaft), in der übrigen<br />

Schweiz sind sie zum Schweigen verpflichtet<br />

(ärztliche Schweigepflicht, Art. 321<br />

StGB). Diesbezüglich ist in Zusammenarbeit<br />

mit der Stiftung LINDA eine Motion in<br />

Vorbereitung, welche eine einheitliche<br />

Regelung <strong>für</strong> die Schweiz und damit<br />

Rechtssicherheit schaffen soll. Es ist mehr<br />

als grotesk, <strong>das</strong>s ein Arzt heute jeden<br />

Hundebiss melden muss, nicht jedoch<br />

sexualisierte Gewaltdelikte.<br />

Die therapeutischen Interventionen nach<br />

sexualisierten Gewalterlebnissen beruhen<br />

auf traumasensitiven Behandlungen.<br />

Am besten bewährt hat sich bisher die dialektisch<br />

behaviorale Therapie (DBT).<br />

Medikamente haben keinen Einfluss auf<br />

die Überwindung von Traumafolgenstörungen,<br />

sie können allenfalls zur Symptommilderung<br />

vorübergehend nötig sein.<br />

Die Behandlung verläuft in drei Schritten<br />

(Sicherheit schaffen, Durcharbeiten und<br />

Integrieren). Das Ziel der Behandlung<br />

besteht darin, <strong>das</strong>s die Betroffenen nicht<br />

mehr dauernd durch die Vergangenheit<br />

verfolgt werden – ungeschehen machen<br />

kann die Taten ohnehin niemand. Die Folgen<br />

bestehen lebenslang und werden<br />

durch Stressregulationsstörungen auf<br />

Ebene der Genexpression und Zellsteuerung<br />

erklärt (Tschan 20<strong>12</strong>). Die positive<br />

Nachricht an Betroffene ist, <strong>das</strong>s sich<br />

diese Prozesse in den meisten Fällen<br />

durch DBT positiv beeinflussen lassen und<br />

eine Heilung der Traumafolgen möglich ist.<br />

Die Zahl der zur Verfügung stehenden<br />

Fachleute <strong>für</strong> traumasensitive Behandlungen<br />

ist völlig unzureichend, erst recht <strong>für</strong><br />

Hörgeschädigte resp. -behinderte. So gibt<br />

es im deutschen Sprachraum kaum eine<br />

psychiatrische Klinik, welche über eine<br />

spezialisierte Abteilung <strong>für</strong> traumatisierte<br />

Menschen verfügt. Auch muss die Bereitschaft,<br />

altersentsprechende Sexualpädagogik<br />

flächendeckend einzuführen, immer<br />

noch als gering eingestuft werden – wo<br />

sollen hörbehinderte oder –geschädigte<br />

Menschen lernen, wo die Grenzen liegen?<br />

Modus operandi der Täter<br />

Ohne fundierte Kenntnisse über Täterstrategien<br />

sind keine nachhaltigen präventiven<br />

Interventionen möglich. Die Täter<br />

bauen zu ihren Opfern Beziehungen auf<br />

und bereiten den sexualisierten Übergriff<br />

gezielt vor – im Fachausdruck als Grooming<br />

bezeichnet. Als Treibstoff der Übergriffe<br />

haben sich (unstatthafte) Fantasien<br />

auf Täterseite erwiesen, welche die Täter<br />

dann gezielt umsetzen. Sie machen sich an<br />

hörgeschädigte Kinder heran, weil ihre<br />

Kommunikationsmöglichkeit eingeschränkt<br />

ist, was ihre Glaubwürdigkeit im Falle von<br />

entsprechenden Aussagen erheblich in<br />

Zweifel zieht. Bei der Untersuchung von<br />

Täterkarrieren sieht man oft, <strong>das</strong>s sie entsprechend<br />

ihrer Erregungsmuster ihre<br />

Berufsausrichtung wählen und dann<br />

gezielt Institutionen aussuchen, wo sie<br />

ihre Neigungen umsetzen können.<br />

Das Risiko <strong>für</strong> einen Sexualdelinquenten,<br />

<strong>das</strong>s er strafrechtlich zur Rechenschaft<br />

gezogen wird, liegt heute bei eins zu hundert;<br />

<strong>das</strong> heisst mit anderen Worten: einer<br />

von hundert Tätern wird erwischt. Rund 6%<br />

aller Sexualdelikte werden angezeigt und in<br />

rund 15% aller angezeigten Fälle erfolgt<br />

eine Verurteilung. Selbst wenn Betroffene<br />

in der Vergangenheit etwas gesagt haben,<br />

wurden die Täter nicht behelligt – am krassesten<br />

nachzuvollziehen am Beispiel der<br />

deutschen Odenwaldschule. Wie viel<br />

schwerer es dann hörgeschädigte Menschen<br />

haben, kann un schwer erahnt werden.<br />

Opfern Glauben zu schenken, ist ein<br />

Akt der eine entsprechende Bereitschaft<br />

voraussetzt, analog wie die Unschuldsvermutung<br />

auf Täterseite, wonach niemand<br />

einer Tat beschuldigt werden darf, solange<br />

er nicht in einem ordentlichen Gerichtsverfahren<br />

rechtsgültig verurteilt worden ist.<br />

Viele Übergriffe ereignen sich in Einrichtungen,<br />

begangen durch Fachleute im Rahmen<br />

ihrer fachlichen Tätigkeiten (Tschan 20<strong>12</strong>).<br />

Täter schaffen sich ihre Tatorte. Wir sprechen<br />

von einer Opfer-Täter-Institutions-<br />

Dynamik um zu verdeutlichen, <strong>das</strong>s nicht<br />

bloss die individuelle Täterpathologie eine<br />

Rolle <strong>für</strong> die Entstehung von sexualisierten<br />

Gewaltdelikten spielt, sondern die systemischen<br />

Bedingungen mitberücksichtigt werden<br />

müssen. Durch <strong>das</strong> Bagatellisieren der<br />

Übergriffe durch die Verantwortlichen,<br />

durch <strong>das</strong> Nicht-Reagieren der Entscheidungsträger,<br />

haben viele Täter freie Bahn<br />

gehabt. Dies gilt nicht nur <strong>für</strong> den Behindertenbereich,<br />

sondern kann andernorts analog<br />

festgestellt werden (siehe zum Beispiel<br />

Odenwaldschule, Tschan 20<strong>12</strong>).<br />

Was soll mit Täter-Fachleuten<br />

geschehen?<br />

Gestützt auf mehrere tausend Aussagen<br />

von Betroffenen hat Christine Bergmann in<br />

ihrem Abschlussbericht (2011) eine erschütternde<br />

Feststellung gemacht: «Männer und<br />

Frauen haben <strong>das</strong> jahrzehntelange Schweigen<br />

gebrochen, erstmalig über ihr Leiden<br />

und die lebenslangen Folgen gesprochen.<br />

Sie haben auch darüber gesprochen, wie<br />

sie mit ihren Versuchen, Hilfe zu erhalten,<br />

gescheitert sind, und wie die Täter und<br />

Täterinnen geschützt wurden. Das Verschweigen,<br />

Vertuschen und Verleugnen der<br />

Taten hat <strong>das</strong> Unrecht vervielfacht». Der<br />

Rechtsstaat verkommt zum Unrechtsstaat,<br />

wenn die Taten dieser Täter nicht gesühnt<br />

werden.<br />

Für pädosexuelle Täter muss ein Berufsverbot<br />

<strong>für</strong> entgeltliche und unentgeltliche<br />

Arbeit mit Kinder, Jugendlichen und Menschen<br />

mit Behinderungen geschaffen werden.<br />

Weiter müssen in Zusammenarbeit mit<br />

den Berufsverbänden geeignete Rehabilitationsmassnahmen<br />

<strong>für</strong> Fachleute mit<br />

Schwierigkeiten geschaffen werden; eine<br />

Weitbeschäftigung unter einem Monitoring<br />

ist unter bestimmten Voraussetzungen<br />

möglich. Ein geeignetes Register stellt <strong>das</strong><br />

Fallmanagement von Fachleuten mit<br />

Schwierigkeiten sicher. Es würde den vorgegebenen<br />

Rahmen sprengen, diese Überlegungen<br />

hier en detail vorzustellen und zu<br />

diskutieren – wichtig scheint mir, <strong>das</strong>s die<br />

Berufsverbände und die Organisationen im<br />

Behindertenbereich diese Thematik aufgreifen<br />

(Tschan 20<strong>12</strong>). Der entscheidende<br />

Punkt dabei ist, <strong>das</strong>s Hilfeangebote <strong>für</strong><br />

Fachleute mit Schwierigkeiten zu Interventionen<br />

führen, bevor es zu sexualisierten<br />

Gewaltdelikten gekommen ist.<br />

23


Das Buch von Dr. Werner Tschan ist am 19. März 20<strong>12</strong><br />

erschienen und kann im Verlag Hans Huber unter<br />

ISBN-10:3-456-95109-4 bezogen werden.<br />

Das Schweigen überwinden<br />

Prävention von sexualisierten Gewaltdelikten<br />

bei gehörlosen oder hörgeschädigten<br />

Menschen ist eine Aufgabe, die uns<br />

alle angeht. Prävention ist machbar – sie<br />

muss jedoch strukturell verankert sein.<br />

Die Einrichtungen müssen die entsprechenden<br />

Massnahmen umsetzen. Wir<br />

müssen <strong>das</strong> Schweigen überwinden, welches<br />

über dem Thema liegt und wirkungsvolle<br />

Interventionen gegen sexualisierte<br />

Gewalt verhindert. Die Prävention in diesem<br />

Bereich ist nicht mittels polizeilicher<br />

taki mundo<br />

und justizieller Mittel zu erreichen, sondern<br />

nur im Zusammenwirken aller involvierten<br />

Kräfte. Dem Melden der einzelnen<br />

Vorfälle kommt eine zentrale Bedeutung<br />

zu – da erst dann zielgerechte Interventionen<br />

erfolgen können.<br />

Die Thematik muss in der Ausbildung den<br />

nötigen Platz finden und die Fachleute<br />

müssen neben Faktenwissen und Handlungskompetenz<br />

auch ihre Haltungen<br />

reflektieren. Die Einrichtungen und Berufsverbände<br />

müssen Anlaufstellen <strong>für</strong> Betroffene<br />

und Mitarbeitende schaffen und entsprechende<br />

Guidelines erarbeiten und<br />

Standards festlegen. Es müssen transparente<br />

Abklärungsprozedere sowie Interventionsmassnahmen<br />

festgelegt werden.<br />

Eine wirkungsvolle Prävention kann nie<br />

alle Vorfälle verhindern – aber sie kann<br />

wesentlich dazu beitragen, viele Menschen<br />

vor Leid zu bewahren.<br />

Die Stiftung Linda gibt betroffenen Opfern<br />

eine Stimme. Die Stiftung ist aktiv in der<br />

Umsetzung einer wirkungsvollen Prävention<br />

engagiert und bietet Fachleuten entsprechende<br />

Schulungen an. In Zusammenarbeit<br />

mit verantwortungsbewussten<br />

ParlamentarierInnen werden die erforderlichen<br />

Änderungen auf gesetzlicher Ebene<br />

umgesetzt.<br />

Danksagung<br />

Ich danke Dr. Anja Dietzel <strong>für</strong> die kritische<br />

Durchsicht des Manuskriptes und die<br />

zahlreichen Anregungen, die sie beisteuerte.<br />

Referenzen<br />

Bergmann C.: Abschlussbericht der unabhängigen<br />

Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs.<br />

Berlin, 2011.<br />

Dietzel A.: Sexuelle Gewalt gegen gehörlose Mädchen<br />

und Jungen. Möglichkeiten der präventiven<br />

Arbeit an der Gehörlosenschule. Inaugural-Dissertation<br />

an der Heilpädagogischen Fakultät der Universität<br />

Köln, 2002.<br />

Dietzel A.: Sexuelle Gewalt gegen hörgeschädigte<br />

Kinder. Risikofaktoren und Prävention. Essen,<br />

Kofo, 10. März 2004.<br />

Finkelhor D., Hotling G., Lewis I.A., Smith C.:<br />

Sexual abuse in a national survey of adult men and<br />

women: Prevalence, characteristics, and risk factors.<br />

Child Abuse and Neglect, 1990;14:19-28.<br />

Hintermair M.: Sozialemotionale Probleme hörgeschädigter<br />

Kinder – Erste Ergebnisse mit der deutschen<br />

Version des Stength and Difficulties Questionaire<br />

(SDQ-D). Zeitschrift <strong>für</strong> Kinder- und Jugendpsychiatrie,<br />

2006;34:49-61.<br />

McGee H., Garavan R., de Barra M., Byrne J. Conroy<br />

R. (eds.): The SAVI Report. Sexual Abuse and Violence<br />

in Ireland. Dublin, Liffey, 2002.<br />

Tschan W.: Missbrauchtes Vertrauen. Sexuelle<br />

Grenzverletzungen in professionellen Beziehungen.<br />

Basel, Karger, 2001, 2005.<br />

Tschan W.: Sexualisierte Gewalt. Praxishandbuch<br />

zur Prävention von sexuellen Grenzverletzungen<br />

bei Menschen mit Behinderungen. Bern, Huber,<br />

20<strong>12</strong>.<br />

Van der Hart O., Nijenhuis E.R.S., Steele K.: The<br />

haunted self. New York, W.W. Norton, 2006 (dt.:<br />

Der verfolgte Selbst. Paderborn, Junfermann,<br />

2008).<br />

Zemp A., Pricher E. (1996).: «Weil <strong>das</strong> alles weh tut<br />

mit Gewalt». Sexuelle Ausbeutung von Mädchen<br />

und Frauen mit Behinderung. Wien, Schriftenreihe<br />

der Frauenministerin, Bd.10, 1996.<br />

Thema Hörschädigung ausstrahlt, verzeichnen<br />

wir mehr Anfragen. Eine Ohrenärztin<br />

greift während der Sendung Themen über<br />

Gehörlosigkeit auf und informiert über<br />

Behandlungsmöglichkeiten. Am Anfang und<br />

zum Schluss der Sendung folgen Angaben<br />

über unsere Schule. Diese Sendung ist kostenlos<br />

und wir sind stolz, <strong>das</strong>s sich unser<br />

fünfjähriges hartnäckiges Nachfragen beim<br />

TV-Sender nun ausbezahlt. Die Sendungen<br />

kann man sich auf unserer Webseite<br />

www.takimundo.ch unter News anschauen.<br />

Elternkontakte sind ein wichtiger<br />

Bestandteil<br />

Astrid von Reding ist Initiantin und Gründerin von taki mundo. Sie ist<br />

seit vielen Jahren in Marketing und Verkauf innerhalb von Medienunternehmen<br />

tätig. 2011 hat sie ein Masterstudium in Diversity Management<br />

abgeschlossen. Ihre Masterthesis fokussiert die Situation gehörloser<br />

und hörgeschädigter Menschen in Mexico. Seit der Gründung hat<br />

sich Astrid von Reding unermüdlich <strong>für</strong> ihr Projekt eingesetzt. Mittlerweile<br />

fördert taki mundo achzehn hörgeschädigte oder gehörlose Kinder<br />

und <strong>das</strong> Projekt steht finanziell solide da.<br />

taki mundo unterrichtet nicht nur in den<br />

regulären Schulfächern, sondern bietet eine<br />

Ausbildung in Siebdruck, Computerschulung<br />

und einen Gebärdensprachkurs <strong>für</strong> die<br />

Eltern der Schülerinnen und Schüler an. Um<br />

die Gebärdensprache zu lernen, nutzen<br />

viele Eltern <strong>das</strong> Angebot regelmässig. Während<br />

meiner Aufenthalte in Mexico organisieren<br />

wir häufig Treffen mit allen Eltern.<br />

Eine Möglichkeit <strong>für</strong> direktes Feedback und<br />

eine Gelegenheit darauf hinzuweisen, <strong>das</strong>s<br />

eine Teilnahme am Kurs <strong>für</strong> Gebärdensprache<br />

wichtig ist. Neu bieten wir den Kindern<br />

auch Unterricht in Lautsprache an und<br />

ermuntern die Eltern, Zuhause mit dem Kind<br />

zu üben, damit die Aussprache verbessert<br />

wird. Die Kommunikation zwischen Eltern<br />

und ihren gehörlosen oder hörgeschädigten<br />

Kindern verbessert sich durch diese Angebote<br />

wesentlich. Stets weisen wir auch darauf<br />

hin, <strong>das</strong>s Kinder kostenlos gebrauchte<br />

Hörgeräte aus der Schweiz erhalten und die<br />

Eltern nur die Anpassung beim Ohrenarzt<br />

finanzieren müssen. Einzige Bedingung, die<br />

Kinder müssen mindestens sechs Monate<br />

unsere Schule besuchen. Aus Schutz <strong>für</strong> die<br />

Kinder mussten wir diese Klausel einführen.<br />

Es gab Eltern, die von diesem Angebot profitierten,<br />

ihr Kind aber nach der Anpassung<br />

des Hörgerätes zwangen, eine Arbeit anzunehmen<br />

statt es weiterhin in die Schule zu<br />

schicken.<br />

Volleyballmatch zwischen Hörenden<br />

und Gehörlosen<br />

Brian, der Sohn des mexikanischen Schulverwalters,<br />

initiierte einen Volleyballmatch<br />

zwischen den Schülern von taki<br />

mundo und seiner Schule mit hörenden<br />

Kindern. Am 30. <strong>September</strong> 2011 war es<br />

soweit. Die taki mundo Schülerinnen und<br />

Schüler gaben alles und gewannen den<br />

Match! Solche Aktivitäten machen Spass,<br />

helfen soziale Kontakte aufzubauen und<br />

Hemmschwellen zwischen Hörenden und<br />

Gehörlosen abzubauen. Auf diese Weise<br />

gewinnen hörgeschädigte und gehörlose<br />

Kinder an Selbstvertrauen.<br />

Verkauf von Eigenkreationen<br />

Die Kinder haben bunte Armbändchen – in<br />

Mexico heissen sie Pulseras – kreiert und<br />

auf der Siebdruckmaschine bedruckt.<br />

Unter www.takimundo.ch kann man diese<br />

Pulseras und Postkartensets mit verschiedenen<br />

Sujets erwerben. In Mexico verkaufen<br />

Kinder wie Lehrpersonen die Bändeli<br />

und viele weitere selbst gemachte Siebdruckartikel.<br />

Die Kinder sind stolz darauf,<br />

mit ihrer Arbeit etwas zum Unterhalt der<br />

Schule beizusteuern.<br />

Sponsorenlauf <strong>für</strong> taki mundo<br />

Jährlich organisiert die «Drittweltgruppe»<br />

Würenlos einen Sponsorenlauf und der Erlös<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Gehörlose Menschen werden in Mexico<br />

praktisch nicht gefördert und es gibt<br />

kaum Schulen, die gehörlose oder hörgeschädigte<br />

Kinder ihren Bedürfnissen entsprechend<br />

unterrichten. Massnahmen,<br />

die eine Früherkennung von Hörproblemen<br />

bei Säuglingen und Kleinkindern<br />

ermöglichen, fehlen in Mexico. Bis zur<br />

sechsten Klasse besuchen einige hörgeschädigte<br />

und gehörlose Kinder zwar<br />

regulär die Schule, verstehen aber während<br />

des Unterrichts nichts, da <strong>das</strong> Lehrpersonal<br />

nicht entsprechend ausgebildet<br />

ist. Nach der Schulzeit fristen die meisten<br />

ein isoliertes Dasein, werden als dumm<br />

eingestuft und besitzen keine sozialen<br />

Kontakte.<br />

Diese mangelnden Perspektiven waren ausschlaggebend,<br />

die Schule taki mundo ins<br />

Leben zu rufen. Zwei Jahre vor der Vereinsgründung<br />

wurden die nötigen Abklärungen<br />

getroffen, um <strong>das</strong> Projekt in Mexico und in<br />

der Schweiz in Gang zu setzen. Zuerst<br />

musste eine Idee ausgearbeitet, <strong>das</strong> Projekt<br />

budgetiert und in der Schweiz bekannt<br />

gemacht werden. In einem nächsten Schritt<br />

galt es, in Mexico Lehrpersonen und Schulverwalter<br />

zu rekrutieren und Schweizer Vorstandsmitglieder<br />

zu gewinnen. Im März<br />

2007 war es endlich soweit: Der Grundstein<br />

<strong>für</strong> taki mundo war gelegt.<br />

Fernseh-Sendung zum Thema<br />

Hörschädigungen<br />

Seit der Fernseh-Sender CANAL siete<br />

wöchentlich in der Hauptsendezeit exklusiv<br />

eine fünfminütige taki mundo Sendung zum<br />

Üben <strong>für</strong> den Volleyballmatch.<br />

Arbeiten in der Siebdruckwerkstatt.<br />

25


Ciro Parlato – Fotografien eines Visionärs<br />

Lehrpersonen, Schülerinnen, Schüler und Präsidentin.<br />

kommt immer einer anderen gemeinnützigen<br />

Organisation zugute. Karl Wiederkehr, Präsident<br />

der «Drittweltgruppe», brachte taki<br />

mundo ins Spiel und <strong>das</strong> Organisationskomitee<br />

hat unsere Schule gewählt. Unser Dank<br />

gilt allen Würenloser Schülerinnen und<br />

Schülern, deren Eltern, Lehrpersonen und<br />

natürlich dem Initianten und Organisator<br />

«Drittweltgruppe» Würenlos. Hoffen wir,<br />

<strong>das</strong>s am 6. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong> gutes Wetter<br />

die Läuferinnen und Läufer beflügelt.<br />

Spannende Jahre und neue Ansätze<br />

und Ideen<br />

Der Schulbetrieb läuft nun seit vier Jahren<br />

und ist geprägt von schönen Erlebnissen<br />

und spannenden Begegnungen. Doch<br />

nicht nur: Wir mussten auch Tiefschläge<br />

hinnehmen und beispielsweise dreimal<br />

die Schule wechseln. Entweder kündigte<br />

der Vermieter die Lokalität oder verlangte<br />

eine höhere Miete. Zudem haben wir uns<br />

entschieden, nicht mehr länger an der offiziellen<br />

Anerkennung der SEP (Secretaría<br />

de ecucacion pública) zu arbeiten, da wir<br />

inzwischen eine bessere Alternative<br />

gefunden haben. Seit Frühling 20<strong>12</strong> dürfen<br />

wir mit dem offiziellen Label der INEA –<br />

ebenfalls eine Abteilung innerhalb der SEP<br />

– und deren Lehrmaterial unterrichten. So<br />

erhalten die Kinder nach Abschluss der<br />

Schule ein offizielles Dokument.<br />

In den nächsten Jahren stehen folgende<br />

Themen und Fragen an: Wie können Eltern<br />

in Mexico dazu motiviert werden, damit ihr<br />

hörgeschädigtes Kind die notwendige Aufmerksamkeit<br />

und Schulung erhält? Lässt<br />

sich ein eigener Schulhausbau in Mexico<br />

realisieren? Wie kann ein Neugeborenen-<br />

Danke.<br />

Screening initialisiert und eine Frühförderung<br />

in Mexico institutionalisiert werden?<br />

Welche Software und welches System <strong>für</strong><br />

unseren Webauftritt sind optimal? In welcher<br />

Form können Organisationen Hörgeschädigte<br />

aus der Schweiz und Mexico vernetzen<br />

und welche Vorteile können sich<br />

daraus ergeben? Beibehalten möchten wir<br />

nach wie vor, <strong>das</strong>s jedes Kind individuelle<br />

Angebote erhält. Für <strong>das</strong> eine ist die Gebärdensprache<br />

richtig, <strong>für</strong> <strong>das</strong> andere die<br />

Lautsprache, ein anderes Kind benötigt<br />

beides. Bei taki mundo stehen <strong>das</strong> Kind<br />

und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt.<br />

Von der Idee zum Projekt<br />

Aus einer Idee ist ein überzeugendes Projekt<br />

entstanden, <strong>das</strong> in Mexico allmählich<br />

Fuss fasst und bei den Behörden langsam<br />

Beachtung findet. Motiviert und voller<br />

Tatendrang nehmen wir <strong>das</strong> sechste Jahr in<br />

Angriff und sind gespannt auf die weitere<br />

Entwicklung unseres Projektes. Stellvertretend<br />

<strong>für</strong> die gehörlosen Kinder und <strong>das</strong><br />

Schul- und Betreuungsteam aus Mexico<br />

möchte ich mich im Namen des Vorstandes<br />

Schweiz bei allen bedanken, die uns in<br />

irgendeiner Weise unterstützen. Am<br />

Schönsten ist es, die Freude und Fortschritte<br />

der Kinder mitverfolgen zu dürfen.<br />

Gracias!<br />

Weitere Informationen, den Jubiläums-<br />

Jahresbericht und viele Fotos finden Sie<br />

auf unserer Webseite www.takimundo.ch.<br />

Gerne gebe ich auch persönlich Auskunft.<br />

Astrid von Reding<br />

Präsidentin und Gründerin<br />

von taki mundo<br />

Abschlussarbeit Masterstudium in<br />

Diversity Management<br />

Während meines Studiums untersuchte<br />

ich die Situation von gehörlosen Menschen<br />

in Mexico und zeigte auf, mit welchen<br />

Problemen und Herausforderungen<br />

sie täglich konfrontiert sind. Interessierte<br />

Personen können sich gerne bei mir melden<br />

und die Arbeit mit dem Titel «Gehörlosigkeit<br />

sieht man nicht – ein Einblick in die stille<br />

Welt von hörgeschädigten Menschen» als<br />

PDF beziehen – info@takimundo.ch.<br />

Text: Daniela Blaser, seit 2007 Vorstandsmitglied<br />

von taki mundo<br />

Fotos: © taki mundo<br />

taki bedeutet auf P’hurépecha<br />

Mädchen, Junge<br />

mundo auf Spanisch Welt.<br />

Der Verein «taki mundo» wurde im<br />

März 2007 in Würenlos gegründet. Er<br />

ist politisch und konfessionell neutral<br />

und nicht Gewinn orientiert. «taki<br />

mundo» fördert hörgeschädigte und<br />

gehörlose junge Menschen in<br />

Uruapan, Mexico.<br />

CH-5436 Würenlos,<br />

Schliffenenweg 38<br />

Telefon: +41 56 424 23 29<br />

Telefax: +41 56 424 23 69<br />

Mobil: +41 79 660 33 61<br />

info@takimundo.ch<br />

www.takimundo.ch<br />

Vom 5. Juli 20<strong>12</strong> bis 21. Juli 20<strong>12</strong> stellte Ciro<br />

Parlato in der Galerie Keller in Zürich-Selnau<br />

seine neuesten Werke aus. An der Vernissage<br />

vom 5. Juli 20<strong>12</strong> war <strong>sonos</strong> präsent.<br />

Ciro Parlato hat sich schon vor dem Bekanntwerden<br />

des weltberühmten Higgs- bzw. Gottesteilchen<br />

in seinem fotografischen Schaffen<br />

mit Teilchenphysik beziehungsweise<br />

Elementarteilchen befasst, die nach Ansicht<br />

der Physiker die Welt verändern werden, wie<br />

Anfangs Juli in der gesamten Weltpresse in<br />

den Schlagzeilen zu lesen war.<br />

Ciro Parlato vor seinem Lieblingswerk der aktuellen Ausstellung «Water on Xtralob».<br />

Ciro Parlato hat schon mehrmals mit Gehörlosen zusammen gearbeitet. Hier<br />

diskutiert er gerade mit Hanspeter Müller über die Machart seiner Fotografien.<br />

Die aktuelle Fotoausstellung von Ciro Parlato<br />

trägt den Titel «Makrokosmos in Mikrokosmos<br />

versus Komplexität». Der Makrokosmos<br />

beschreibt <strong>das</strong> Grosse, <strong>das</strong> vom Menschen<br />

nicht mehr ohne technische, gedankliche<br />

oder mathematische Hilfsmittel Wahrnehmbare<br />

der Welt. Demgegenüber ist der Mikrokosmos<br />

die Welt des winzig Kleinen. Dazwischen<br />

liegt der vom Menschen direkt wahrnehmbare<br />

Bereich, der Mesokosmos.<br />

Die Ausstellung beabsichtigt nicht, Neues zu<br />

zeigen, da es <strong>das</strong> Neue nicht gibt. Die Bilder<br />

von Ciro Parlato thematisieren eine Wandlung<br />

des Alten bzw. schon Bekannten. Die<br />

Bilder machen über Makrofotografien auf<br />

den Kosmos aufmerksam, der sich im Kleinen<br />

verbirgt. Die Welt zeigt sich in einer Ordnung<br />

des ganz Kleinen, <strong>das</strong> alles, aber auch<br />

nichts ist.<br />

Der 1966 in Zürich geborene Ciro Parlato<br />

möchte mit seinem Schaffen darauf hinweisen,<br />

<strong>das</strong>s der Mensch der nachpostmodernen<br />

Zeit nicht mehr an <strong>das</strong> Kleine, sondern<br />

nur an <strong>das</strong> Grosse denkt. Eine Entschleunigung<br />

des Daseins könnte Wunder bewirken,<br />

ist der talentierte Künstler überzeugt. Die<br />

Bilder von Ciro Parlato regen zum Nachdenken<br />

an, ist der gehörlose Vernissagebesucher<br />

Hanspeter Müller, der ganz in der Nähe<br />

der Galerie Keller arbeitet und die Gelegenheit<br />

an der Vernissage nutzt, mit Ciro Parlato<br />

auszutauschen, überzeugt. Die Welt des<br />

Kleinen hat eine immense Fülle von Finessen<br />

in sich, die in der Hektik des Alltags oftmals<br />

ignoriert wird – leider.<br />

Ungezwungen kommen viele miteinander<br />

ins Gespräch. Man tauscht aus, hört einander<br />

zu, nimmt sich Zeit, schlägt Brücken<br />

zueinander, um miteinander darüber zu diskutieren,<br />

was die Bilder von Ciro Parlato aussagen<br />

wollen. Die Vernissagegäste sind sich<br />

einig: Entschleunigung ist wichtig, führt zu<br />

mehr Achtsamkeit und Lebensqualität.<br />

Der Künstler ist erreichbar unter der E-Mail:<br />

ciroparlato@fotovirtualgallery.org.<br />

[lk]<br />

Der gehörlose Hanspeter Müller ist auch unter den Gästen der Vernissage. Hier gerade<br />

vor dem Werk mit dem Titel «Shiva eye in vacuum fluctuation».<br />

Inklusion: Menschen aus allen sozialen Schichten diskutieren miteinander angeregt<br />

über Kunst und deren Aussagen.<br />

27


marianne’s Kolumne<br />

Leben und<br />

Glauben<br />

Hallo zusammen<br />

Habt Ihr die wenigen so richtigen sonnigen<br />

Sommertagen hoffentlich auch vollumfänglich<br />

genossen?<br />

Wie einige vielleicht schon erfahren haben,<br />

entschied ich mich anfangs Jahr dazu, endlich<br />

eines meiner Versprechen einzulösen,<br />

welche ich mir vorgenommen hatte, als ich<br />

in den <strong>sonos</strong>-Vostand eintrat. Unter anderem<br />

fand ich, <strong>das</strong>s ich mir die Gebärdensprache<br />

endlich auch aneignen soll, damit<br />

ich mich mit den Menschen, die nur diese<br />

Sprache beherrschen, selbständig unterhalten<br />

und ihre Bedürfnisse auch im<br />

<strong>sonos</strong>-Vorstand entsprechend vertreten<br />

kann. Natürlich hätte ich bei solchen<br />

Begegnungen bequemerweise auf einen<br />

Dolmetscher zurückgreifen können. Dies<br />

ist aber nicht in meinem Sinne, da ich von<br />

den Betroffenen im direkten Dialog eher<br />

herauskristallisieren kann, was deren<br />

Wünsche, Anliegen etc. sind.<br />

Dieser Gebärdensprachkurs begann im<br />

Mai dieses Jahres und wir wären eigentlich<br />

<strong>12</strong> Teilnehmer, aber meistens kommen nur<br />

so um die acht Personen. Eine junge Kollegin<br />

und ich sind die einzigen Betroffenen,<br />

ein weiterer Teilnehmer trägt ein Hörgerät<br />

und der Rest besteht aus hörenden Kursteilnehmenden.<br />

Der Grund, weshalb wir<br />

alle im Kurs diese Sprache mit den Händen<br />

erlernen, ist kunterbunt durchmischt. In<br />

meinem Fall ist es hauptsächlich, damit<br />

ich mich mit Betroffenen im «geschäftlichen»<br />

sowie privaten Umfeld unterhalten<br />

kann. Ausserdem bin ich der Meinung,<br />

<strong>das</strong>s es mir nur Vorteile einbringen kann,<br />

da ich mich dann bilingual verständigen<br />

kann. Schaden tut es mir garantiert nicht,<br />

denn, wer weiss, irgendwann bin ich<br />

bestimmt mal froh, <strong>das</strong>s ich diese Gebärdensprache<br />

auch beherrsche.<br />

Die ersten Gehversuche mit der Gebärdensprache<br />

sind echt eine Herausforderung,<br />

da wir erst mal <strong>das</strong> Fingeralphabet beherrschen<br />

müssen. Ihr glaubt gar nicht, wir<br />

haben jedes Mal solchen Muskelkater, da<br />

wir uns selbst so verkrampfen, um die<br />

richtige Fingerstellung <strong>für</strong> einen einzelnen<br />

Buchstaben darzustellen. Zum Glück<br />

weiss unsere Lehrerin dies und unterbricht<br />

die Lektionen nebst den Pausen immer<br />

noch zusätzlich mit Auflockerungsübungen.<br />

Weiter ist auch die dazugehörende Mimik<br />

eine interessante und vor allem auch<br />

bereichernde Erfahrung. Es ist gar nicht so<br />

einfach, ernst zu bleiben, wenn dein<br />

Gegenüber solch eine lustige Mimik darstellen<br />

möchte, ihm dies aber noch nicht<br />

so ganz gelingt. Übrigens, selber bin ich<br />

hier keine Spur besser und finde es extrem<br />

spannend, zu sehen, wie wir uns da stets<br />

ein bisschen weiter entwickeln. Es ist mir<br />

natürlich äusserst bewusst, <strong>das</strong>s ich noch<br />

gaaaanz viel üben muss, um überhaupt<br />

einen anständigen Satz hinüberzubringen.<br />

Immerhin bin ich schon imstande zu sagen:<br />

«Hallo, mein Name ist Marianne. Ich bin<br />

gehörlos.» Am liebsten würde ich jetzt zu<br />

Beginn ein Video drehen, um diesen später<br />

nach einigen Modulen erneut anzusehen<br />

und festzustellen, welche optischen Fortschritte<br />

ich erzielt habe.<br />

Während der fünfwöchigen Sommerpause<br />

wurden wir aufgefordert, fleissig zu üben.<br />

Das ist ja einfacher gesagt als getan, wie<br />

wir schnell feststellen durften. Meine Kollegin<br />

und ich einigten uns darauf, <strong>das</strong>s wir<br />

gemeinsam üben. Doch, was üben wir, da<br />

wir ja beide nicht wirklich viel wissen? So<br />

begaben wir uns daran, die Figuren zu<br />

beschreiben und vor allem eben <strong>das</strong> Fingeralphabet<br />

zu repetieren, so <strong>das</strong>s wir<br />

wenigstens <strong>das</strong> beherrschen. Dabei hatten<br />

wir so viel Spass und konnten unsere<br />

kreativen Seiten wie Zeichnen etc. gleich<br />

noch zum Ausdruck bringen.<br />

Für mich ist dies auf jeden Fall eine weitere<br />

extrem wertvolle Erfahrung. Spannend<br />

war auch, <strong>das</strong>s meine hörenden KollegInnen<br />

sich nach den Kurslektionen jeweils<br />

darüber äussern, wie sehr ihnen die Augen<br />

schmerzten und wie müde sie einfach nur<br />

vom Beobachten sind. Sie können dann<br />

jeweils richtiggehend mit uns mitfühlen.<br />

Persönlich ist mir dies nicht aufgefallen,<br />

da ich ja nichts anderes kenne. Umso<br />

schöner war es, <strong>das</strong>s die Hörenden mal<br />

merken, wie anstrengend dies alles <strong>für</strong><br />

uns Betroffene ist, egal ob lautsprachlich<br />

oder gebärdensprachlich orientiert. Nur<br />

aufgrund unserer exzellent ausgeprägten<br />

Aufmerksamkeit und auch Konzentration<br />

sind wir fähig, all <strong>das</strong> um uns herum wahrzunehmen.<br />

Daher sind wir verständlicherweise<br />

auch müder als Hörende, was nicht<br />

immer auf Verständnis stösst.<br />

Es ist wie bei jeder Fremdsprache auch<br />

hier eine Frage der Geduld. Man möchte so<br />

viel erzählen, kann es aber aufgrund des<br />

fehlenden Wortschatzes noch nicht.<br />

So, nun muss ich weitere Gebärden lernen,<br />

da es schon bald wieder mit den Schulstunden<br />

losgeht!<br />

Bis zur nächsten Kolumne wünsche ich<br />

Euch einen tollen Spätsommer.<br />

Herzlichst,<br />

Marianne Gegeckas<br />

<strong>sonos</strong>-Vorstandsmitglied<br />

marianne.gegeckas@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />

Über eine Kugelbahn<br />

Am Markttag in Münchenbuchsee organisiert<br />

der Katholikenverein jeweils eine<br />

Kugelbahn. Kinder und Erwachsene kommen<br />

und spielen damit.<br />

Es hat viele Kugeln, die auf einer langen<br />

Bahn durch die Kugelbahn fahren. Zwischendurch<br />

hat es immer wieder Lift-Stationen,<br />

an denen man die Kugel wieder auf<br />

die Höhe bringen muss, damit sie weiter<br />

rollen kann.<br />

Die Kugelbahn fasziniert Kinder und<br />

Erwachsene. Einzelne bleiben mehr als<br />

eine Stunde und verweilen sich im Spielen.<br />

Andere schauen nur kurz hin und gehen<br />

weiter. Auch die Stationen sind ganz<br />

unterschiedlich. Es steht nichts geschrieben,<br />

wie die Kugel wieder hochkommt. Die<br />

Kinder schauen meist kurz und versuchen<br />

dann einfach etwas. Das meistens gelingt.<br />

Erwachsene studieren manchmal länger,<br />

wie es gehen könnte und kommen dann<br />

auch zu einem guten Resultat.<br />

Ein Bild <strong>für</strong> unser Leben?<br />

Die Kugelbahn ist <strong>für</strong> mich ein wenig ein<br />

Bild <strong>für</strong> mein eigenes Leben. Manchmal<br />

rollt die Kugel einfach wunderbar auf der<br />

Bahn, es ist eine wahre Freude. Zwischendurch<br />

macht sie Pause. Damit die Kugel<br />

weiter kommt, braucht es einen Lift. Dieser<br />

bringt die Kugel wieder auf die Höhe.<br />

Die «Lifte» sind immer anders gebaut.<br />

Einige Kinder versuchen einfach, wie der<br />

Lift funktionieren könnte. Sie finden es<br />

meist rasch heraus. Erwachsene neigen<br />

eher dazu, den Lift zuerst zu analysieren.<br />

Und finden dann meist auch heraus, was<br />

sie tun müssen.<br />

Der Lift funktioniert nicht immer sofort,<br />

manchmal braucht es auch viel Ausdauer.<br />

Die Kugelbahn mit den verschiedenen Lift-<br />

Stationen ist <strong>für</strong> mich auch ein Bild <strong>für</strong><br />

mein Leben.<br />

Manchmal rollt die Kugel einfach<br />

wunderbar<br />

Dann kommen neue Aufgaben auf mich zu.<br />

Es hat keine Gebrauchsanleitung. Ich muss<br />

es einfach versuchen. Neue Aufgaben können<br />

sein: eine Herausforderung im Beruf,<br />

eine Krise in einer Beziehung, Schwierigkeiten<br />

mit dem eigenen Leben, mit Gott, die<br />

Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit, der<br />

Tod eines Menschen.<br />

Gelingt es mir, die Aufgabe zu lösen, rollt<br />

die Kugel weiter. Und ich darf stolz sein. Ich<br />

habe etwas <strong>für</strong> mein Leben gelernt. Ich bin<br />

an dieser Aufgabe gewachsen.<br />

Kinder lernen beim Spielen.<br />

Ich kann an den Aufgaben des Lebens lernen<br />

und wachsen. Und ich freue mich, wenn es<br />

zwischendurch auch etwas zum Spielen gibt.<br />

Felix Weder-Stöckli, Seelsorger<br />

29


Koordinationssitzung<br />

Kirchliche Veranstaltungen <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />

katholische Sinnesbehinderung und Fernsehen<br />

evangelische<br />

Gehörlosengemeinden<br />

Gehörlosen gemeinden<br />

dcxvcxvxcvxcv yxc ycvc aydfdsklf<br />

REGION AARGAU<br />

Katholische Gehörlosengemeinde<br />

Region Aargau<br />

Auskünfte: Gehörlosenseelsorge Zürich,<br />

Telefon 044 360 51 51,<br />

Fax: 044 360 51 52,<br />

Email: info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />

Web: www.gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />

Sonntag, 9. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 10 Uhr<br />

Katholischer Gottesdienst mit der<br />

hörenden Gemeinde St. Peter und Paul,<br />

Aarau, mit Gebärdensprachdolmetscher/in<br />

Ausschreibung: 3. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />

Sonntag, 16. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 10 Uhr<br />

Dank-, Buss- und Bettag<br />

Ökum. Festgottesdienst mit hörender<br />

reformierten Gemeinde und Hirzelheim<br />

in Regensberg. Zeltgottesdienst zum<br />

100-jährigen Jubiläum der Stiftung<br />

Hirzelheim, mit Gebärdensprachdolmetscher/-in<br />

Ausschreibung: 10. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />

REGION ST. GALLEN / APPENZELL<br />

Katholische Gehörlosenseelsorge<br />

des Bistums St.Gallen<br />

Klosterhof 6b, 9001 St.Gallen<br />

Dorothee Buschor Brunner<br />

Gehörlosenseelsorgerin<br />

Tel. 071 227 34 61, Fax 071 227 33 41<br />

E-Mail :<br />

gehoerlosenseelsorge@bistum-stgallen.ch<br />

www.gehoerlosenseelsorge-sg.ch<br />

REGION SOLOTHURN, BERN, BASEL<br />

ve...e.e.? verstehen!<br />

katholische Gehörlosenseelsorge<br />

Solothurn, Bern und beide Basel<br />

Felix Weder-Stöckli<br />

Lindehus, Oberdorfstrasse 23,<br />

Postfach, 3053 Münchenbuchsee<br />

felix.weder@kathbern.ch<br />

www.kathbern.ch/gehoerlose<br />

Sonntag, 16.<strong>September</strong>, 14 Uhr<br />

ökumenischer Bettagsgottesdienst<br />

mit Diakon Andreas Fankhauser und<br />

Felix Weder-Stöckli<br />

Markuskirche, Tellstrasse 35, Bern<br />

anschliessend Kaffee und Kuchen<br />

REGION ZÜRICH<br />

Katholische Gehörlosengemeinde<br />

Region Zürich<br />

Auskünfte:<br />

Gehörlosenseelsorge Zürich,<br />

Telefon 044 360 51 51,<br />

Fax: 044 360 51 52,<br />

Email: info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />

Web: www.gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />

Sonntag, 16. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 10 Uhr<br />

Dank-, Buss- und Bettag<br />

Ökum. Festgottesdienst mit hörender ref.<br />

Gemeinde und Hirzelheim in Regensberg.<br />

Zeltgottesdienst zum 100-jährigen Jubiläum<br />

der Stiftung Hirzelheim, mit<br />

Gebärdensprachdolmetscher/-in<br />

Ausschreibung: 10. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />

Samstag, 29. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 16.30 Uhr<br />

Katholischer Gottesdienst mit hörender<br />

Gemeinde St. Peter und Paul, Zürich, mit<br />

Gebärdensprachdolmetscher/in<br />

Ausschreibung: 24. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />

Sonntag, 30. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14 – 18 Uhr<br />

40 Jahre Behindertenseelsorge Zürich.<br />

Festanlass mit dem Generalvikar Josef<br />

Annen und allen Seelsorgegruppen, mit<br />

Gebärdensprachdolmetscher/in<br />

Ausschreibung: 24. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />

REGION ZÜRICH<br />

Ref. Pfarramt <strong>für</strong> Gehörlose Zürich<br />

Oerlikonerstr. 98, 8057 Zürich<br />

Ref. Gehörlosengemeinde des Kt. Zürich<br />

E-Mail : gehoerlosenpfarramt.zh@ref.ch,<br />

Fax 044 311 90 89<br />

Pfr. Matthias Müller Kuhn<br />

Tel. : 043 810 82 75<br />

E-Mail : matthias.mueller.zh@ref.ch<br />

Sonntag, 2. <strong>September</strong>, 10 Uhr<br />

Sonntagsbrunch, ökumenischer Gehörlosentreffpunkt,<br />

Reformiertes Gehörlosenpfarramt<br />

Zürich-Oerlikon<br />

Sonntag, 7. <strong>September</strong><br />

Pilgern mit jungen Erwachsenen<br />

mit Gian Reto Janki<br />

Sonntag, 16. <strong>September</strong> Bettag, 10 Uhr<br />

Ökum. Festgottesdienst zum 100-jährigen<br />

Jubiläum der Stiftung des Hirzelheims<br />

mit hörender ref. Gemeinde Regensberg<br />

Mittwoch, 26. <strong>September</strong><br />

Ausflug ins Elsass nach Colmar<br />

Donnerstag, 27. <strong>September</strong>, 18 Uhr<br />

Credo Treff<br />

mit Gian Reto Janki<br />

Sonntag, 30. <strong>September</strong>, 10.30 Uhr<br />

Gottesdienst, Gehörlosenkirche Zürich-<br />

Oerlikon<br />

anschliessend gemeinsames Mittagessen in<br />

der Cafeteria<br />

Sonntag, 7. Oktober, 14.30 Uhr<br />

Gottesdienst mit Abendmahl, Ref. Stadtkirche<br />

Winterthur<br />

REGION BERN, JURA, SOLOTHURN<br />

Ref.-Kirchen Bern-Jura-Solothurn<br />

Bereich Sozial-Diakonie<br />

Schwarztorstrasse 20; Postfach 5461<br />

3001 Bern, Tel. 031 385 17 17<br />

E-Mail : isabelle.strauss@refbejuso.ch<br />

Sonntag, 16. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />

Ökumenischer Bettagsgottesdienst<br />

Bern, Markuskirche mit Diakon Andreas<br />

Fankhauser und Felix Weder<br />

Musik: Gong-Trommel: Hans Ries<br />

Montag, 17. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14 Uhr<br />

Belp, Atelier Triebwerk<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />

mit Diakon Andras Fankhauser und<br />

Felix Weder<br />

Mittwoch, 19. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 15 Uhr<br />

Gottesdienst<br />

Bärau, Kapelle der Heimstätte Bärau<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />

Montag, 24. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 20 Uhr<br />

Gottesdienst<br />

Uetendorf, Stiftung Uetendorfberg<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />

Dienstag, 25. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14.30 Uhr<br />

Gottesdienst<br />

Belp Wohnheim, Seftigenstrasse 101<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />

Mittwoch, 26. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 18 Uhr<br />

Werktagsgottesdienst mit Abendmahl<br />

Bern, Treff G 33, Gutenbergstrasse 33<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold und<br />

Doris De Giorgi<br />

Mittwoch, <strong>12</strong>. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong><br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler-Arnold<br />

Ort: Heiliggeistkirche Bern<br />

Zeit: <strong>12</strong>.30 bis 13 Uhr<br />

Jeden Mittwoch findet in der Heiliggeistkirche<br />

die Veranstaltung «halb<br />

eins – Wort, Musik, Stille» statt. Diese<br />

Veranstaltung bietet eine halbe Stunde<br />

Ruhe, Musik und «Wort» mitten in der<br />

Arbeitswoche an.<br />

Eine Dolmetscherin wird am <strong>12</strong>. <strong>September</strong><br />

die gesprochenen hochdeutschen<br />

Texte in Gebärdensprache übersetzen.<br />

Zu diesem Anlass <strong>für</strong> Hörbehinderte<br />

und Hörende sind alle ganz herzlich<br />

eingeladen.<br />

GEHÖERLOSENGEMEINDEN<br />

ST.GALLEN • APPENZELL • GLARUS •<br />

THURGAU • GRAUBÜNDEN • SCHAFFHAUSEN<br />

Pfarrer Achim Menges,<br />

oberer Graben 31, 9000 St.Gallen<br />

Tel. 071 227 05 70<br />

Fax 071 227 05 79<br />

SMS/Mobile 079 235 36 48<br />

E-Mail : gehoerlosenseelsorge@ref-sg.ch<br />

www.gehoerlosenseelsorge.ch<br />

Sonntag 16. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, <strong>12</strong> Uhr<br />

Bettagsausflug der Gehörlosengemeinde<br />

Ostschweiz<br />

Schloss Sargans<br />

Samstag 22. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 19 Uhr<br />

Der Zürcher Mimenchor zu Gast in St. Gallen<br />

mit dem Stück «Das Jesusgewand» von<br />

Matthias Müller Kuhn<br />

Evang.-ref. Kirche Grossacker, Claudiusstrasse<br />

11, St. Gallen<br />

Sonntag 30. <strong>September</strong> 20<strong>12</strong>, 14.15 Uhr<br />

Abendmahls-Gottesdienst zum Tag<br />

der Gebärdensprache in Chur<br />

anschliessend Zvieri im Hotel Stern<br />

Martinskirche, Chur<br />

REFORMIERTES GEHÖRLOSENPFARRAMT<br />

DER NORDWESTSCHWEIZ<br />

Pfr. Anita Kohler<br />

Friedenssrasse 14, 4144 Arlesheim<br />

Tel./Fax 061 701 22 45<br />

Natel : 079 763 43 29<br />

E-Mail : anita.kohler@ref-aargau.ch<br />

anita.kohler@gmx.ch<br />

Sonntag, 16. <strong>September</strong>, 17 Uhr<br />

Gottesdienst zum Dank-, Buss- und Bettag<br />

in Aarau,<br />

Bullingerhaus, Jurastrasse 13<br />

mit Pfarrerin Anita Kohler<br />

anschliessend Teilete<br />

Sonntag, 23. <strong>September</strong>, 10 Uhr<br />

Gottesdienst mit Abendmahl in Basel,<br />

Gemeindezentrum Breite, Farnsburgerstr. 58<br />

mit Pfarrerin Anita Kohler<br />

anschliessend Kaffee und Kuchen<br />

31


7. CI-Forum St. Gallen<br />

der CI Interessengemeinschaft<br />

Schweiz (CI IG Schweiz)<br />

Samstag, 10. November 20<strong>12</strong>,<br />

Sprachheilschule St. Gallen<br />

Kalender <strong>für</strong> die<br />

Gehörlosenhilfe 2013<br />

09.00 – 10.00 Anmeldung, Kaffee und Gipfeli<br />

10.00 – 10.15 Begrüssung<br />

Hans-Jörg Studer, Präsident CI IG Schweiz<br />

Christine Leimgruber, Geschäftsführerin<br />

pro audito schweiz<br />

10.15 – 10.45 Nutzung der Vielfalt – Büchse der Pandora oder<br />

Zukunftsinnovation?<br />

Dr. Nils Jent (Ökonom HSG), Regula Dietsche<br />

(Psychologin lic. phil., UZH)<br />

11.00 – 11.40 Kodierungsstrategien – wie künstliches Hören<br />

funktioniert<br />

Daniel Abels, CI-Audiologe und Akustiker, Basel<br />

11.50 – <strong>12</strong>.30 Musikhören mit CI – Eine Herausforderung<br />

Dr. Ing. Waikong Lai, Cochlea-Implantat Zentrum<br />

Zürich<br />

<strong>12</strong>.30 – 14.00 Stehlunch und Ausstellung der Hersteller<br />

(Advanced Bionics, Cochlear, MedEl, Phonak,<br />

Gleichcom, Vital Energie)<br />

14.00 – 14.40 Gehirn und CI: Wie sich <strong>das</strong> Gehirn an<br />

die neue Reizsituation anpasst<br />

Dr. Pascale Sandmann, Universität Oldenburg<br />

14.50 – 16.00 «Club» zum Thema: Alltag mit dem Cochlea-<br />

Implantat<br />

GesprächsteilnehmerInnen:<br />

– Liselotte Oesch, Mutter eines implantierten<br />

Kindes (CIs mit 8 /10 Monaten)<br />

– Sabine Millius, CIs seit 2001/2004 (in Ausbildung<br />

zur Bekleidungsgestalterin)<br />

– Patrick Röösli, CI seit 2001 (dipl. Architekt FH SIA)<br />

– Antoinette v. Werdt, CIs seit 2009/2010<br />

(Familienfrau, Ergotherapeutin)<br />

– Alfred Blumberg, CI seit 2007<br />

(pensionierter Arzt)<br />

Moderation: Alex Oberholzer<br />

Eine Höranlage ist im Plenumssaal installiert. Die Veranstaltung wird<br />

von einer Schriftdolmetscherin mitgeschrieben und von GebärdensprachdolmetscherInnen<br />

übersetzt.<br />

Kosten: Einzelpersonen (Betroffene, Begleitpersonen, Eltern/pro<br />

Person) Fr. 50.–, Fachpersonen Fr. 100.–. Der Mittagslunch ist inbegriffen.<br />

Der Unkostenbeitrag kann an der Tagung bezahlt werden.<br />

Anmeldeschluss: Samstag, 27. Oktober 20<strong>12</strong>. Die TeilnehmerInnenzahl<br />

ist begrenzt. Eine frühzeitige Anmeldung ist empfehlenswert.<br />

Alle TeilnehmerInnen des letztjährigen Forums sowie alle, die eine<br />

Einladung erhalten haben, bekommen <strong>das</strong> gedruckte Programm automatisch.<br />

Für weitere Interessierte ist es ab August 20<strong>12</strong> bei der<br />

Geschäftsstelle CI Interessengemeinschaft Schweiz erhältlich oder<br />

kann von der Homepage heruntergeladen werden.<br />

CI Interessengemeinschaft Schweiz<br />

Feldeggstrasse 69, Postfach 1332, 8032 Zürich,<br />

Telefon 044 363 <strong>12</strong> 00, Fax 044 363 13 03,<br />

info@cochlea-implantat.ch, www.cochleaimplantat.ch<br />

Mit nützlichen Tipps und interessanten Beiträgen<br />

wollen wir Ihre Neugier wecken. Im Kalender finden Sie<br />

– ein ausführliches Kalendarium mit Marktkalender<br />

– ein Dossier über die geselligen Murmeltiere<br />

– Tipps, um ein Geschenk kunstvoll zu verpacken<br />

– die Geschichte des Kaffees von der grünen Bohne<br />

zum duftenden Espresso und den Wirbel ums<br />

Kaffeeschäumchen<br />

– Spaziergänge inmitten von Märzenglöckchen oder<br />

entlang eines Gartenpfades<br />

Lange Zeit hatte man sich überhaupt nicht <strong>für</strong> gehörlose<br />

Kinder interessiert, man hielt sie oft <strong>für</strong> bildungsunfähig.<br />

1813 wurde in Yverdon die erste Schule <strong>für</strong><br />

gehörlose Kinder eröffnet. Heute helfen <strong>sonos</strong>, der<br />

Schweizerische <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosen- und Hörgeschädigten-Organisationen<br />

und der Schweizerische<br />

Gehörlosenbund SGB-FSS Gehörlosen und Schwerhörigen,<br />

sich trotz ihrer Kommunikationsbehinderung zu<br />

integrieren.<br />

Mit der Bestellung eines Kalenders zu<br />

Fr. 19.50 helfen auch Sie !<br />

Herzlichen Dank !<br />

Bestelladresse :<br />

Hallwag Kümmerly+Frey AG<br />

Kalendervertrieb<br />

Grubenstrasse 109<br />

3322 Schönbühl<br />

oder rufen Sie an 0848 808 404 (Lokaltarif)<br />

gehoerlosenhilfe@hallwag.ch

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