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Würdigung - Institut für Sportwissenschaft - Leibniz Universität ...

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Ist ein Foul manchmal<br />

„fair“? – Lässt sich fair<br />

foulen?<br />

Prof. Dr. Hans Lenk<br />

„Fair is foul and foul is fair“<br />

(Hexen in Macbeth)<br />

„Fair is foul and foul is fair“, so orakelte<br />

einst Shakespeare durch den Fratzenmund<br />

seiner Hexen, ohne zu ahnen, dass<br />

er Jahrhunderte später Recht bekommen<br />

würde – im modernen Leistungssport.<br />

„Fair oder erfolgreich?“ Ist das die Hamlet-Frage<br />

des modernen Hochleistungssports?<br />

Oder: „to dope or not to dope<br />

and remain a nice and not successful<br />

guy“? Denn: „Nice guys finish last“ (US-<br />

Athleten-Weisheit). Fair guys, too? Bedrängende<br />

Fragen für Athleten, Trainer,<br />

Betreuer, Ärzte und viele Andere …<br />

Dabei ist doch Fairness ursprünglich eine<br />

Tochter des Sports. Sie gilt ideell (freilich<br />

oft nicht real!) nicht nur im Sport oder bei<br />

Gesellschaftsspielen, sondern bei allen<br />

geregelten Auseinandersetzungen. Fairness<br />

ist als Wert aus dem Sport übernommen,<br />

hat sich aber als Idee und Norm viel<br />

weiter verbreitet. Sie ist zu einer Art Leittugend<br />

geregelter Konkurrenzen geworden:<br />

Ursprünglich geboren als Wettkampffairness,<br />

wirkt die Idee sich als<br />

„Konkurrenzfairness“ auch in und für<br />

Konkurrenzen aus, die sich nicht in direkten<br />

Wettkämpfen darstellen, z. B. in ökonomischen<br />

oder politischen.<br />

Allerdings schleichen sich in der Praxis –<br />

wie im Sport – in allen strikt erfolgs-<br />

orientierten Leistungssystemen fast<br />

zwangsläufig rücksichtslose und betrügerische<br />

Strategien ein. Oft führt das zu<br />

einer Spaltung der Moralen in eine zum<br />

Teil „heimliche Erfolgsmoral“ und eine<br />

„öffentliche Gesichtswahrungsmoral“<br />

bei Akteuren, Organisatoren, Managern,<br />

Betreuern.<br />

Dabei scheint es wichtig, das so genannte<br />

„Elfte Gebot“, die geradezu heimliche<br />

Obernorm: „Du sollst dich nicht erwischen<br />

lassen“, nach außen hin zu wahren.<br />

Hiermit gehen Verwischungs- und<br />

Abschiebungsstrategien, Alibi- und Ablenkungstaktiken,<br />

auch bezüglich der<br />

Verantwortlichkeiten, einher.<br />

Verhärtung und Rücksichtslosigkeit sowie<br />

nicht selten auch Betrug scheinen<br />

das Rezept zum siegreichen Bestehen in<br />

wirtschaftlichen, politischen und zumal<br />

sportlichen Auseinandersetzungen zu<br />

sein. Der zunehmende Konkurrenzdruck<br />

in allen Bereichen symbolischer und realer<br />

Wettkämpfe könnte nur durch bessere<br />

Beachtung der Regeln der Auseinandersetzung,<br />

durch Verschärfung der Kontrollen<br />

und durch eine Verbreitung echter<br />

Fairnessgesinnung aufgefangen werden.<br />

Doch hieran mangelt es überall. Ist gar<br />

die Druckverschärfung in das System eingebaut,<br />

ist der Erfolg allzu gewichtig, ja<br />

geradezu für die „Existenz“ entscheidend,<br />

ist gar der Sieg zur Hauptsache<br />

geworden, so wirken Vereinbarungen<br />

und Appelle kaum noch, solange Umgehungsmöglichkeiten,<br />

verdeckte Manipulationen<br />

der Erfolgsbedingungen, unentdeckte<br />

Tricks, taktische Vorteilsnutzungen,<br />

verheimlichte Regelverletzungen<br />

möglich sind. Regeln und Verträge<br />

werden immer wieder missachtet und<br />

EQOS<br />

I 27

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