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Download - Institut für Entwerfen von Schiffen und Schiffssicherheit

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Simulation des Manövrierverhaltens <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong><br />

unter besonderer Berücksichtigung<br />

der Antriebsanlage<br />

Vom Promotionsausschuss der<br />

Technischen Universität Hamburg-Harburg<br />

zur Erlangung des akademischen Grades<br />

Doktor-Ingenieur<br />

genehmigte Dissertation<br />

<strong>von</strong><br />

Dipl.-Ing. Tobias Haack<br />

aus Duisburg<br />

2006


Vorsitzender des Prüfungsausschusses:<br />

Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. E. Lehmann<br />

Gutachter:<br />

Prof. Dr.-Ing. S. Krüger<br />

Prof. Dr.-Ing. H. Rulfs<br />

Prof. Dr.-Ing. T. Rung<br />

Tag der mündlichen Prüfung: 29.März 2006


Vorwort<br />

Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am <strong>Institut</strong> für Schiffsentwurf <strong>und</strong> <strong>Schiffssicherheit</strong> der Technischen Universität Hamburg-<br />

Harburg.<br />

Herrn Prof. Dr.-Ing. Stefan Krüger danke ich herzlich für die ausgezeichnete fachliche Betreuung<br />

dieser Arbeit, das kreative <strong>und</strong> gut ausgestattete Arbeitsumfeld <strong>und</strong> das mir entgegengebrachte<br />

Vertrauen.<br />

Herrn Prof. Dr.-Ing. H. Rulfs danke ich für die Übernahme des Korreferats <strong>und</strong> den Herren<br />

Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. E. Lehmann (Vorsitzender) <strong>und</strong> Prof. Dr.-Ing. T. Rung<br />

für ihre Tätigkeit im Prüfungsausschuss.<br />

Ebenfalls bedanke ich mich bei den Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern des <strong>Institut</strong>s für Schiffsentwurf<br />

<strong>und</strong> <strong>Schiffssicherheit</strong> für die gute Zusammenarbeit <strong>und</strong> eine schöne Zeit. Besonders<br />

bedanken möchte ich mich bei Dr.-Ing. Wilfried Abels für die wertvollen fachlichen Diskussionen<br />

<strong>und</strong> für die Erlangung der Erkenntnis, dass Strom <strong>und</strong> Wasser doch zueinander passen<br />

können.<br />

Bedanken möchte ich mich auch bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft mbH & Co. KG<br />

für die Zusammenarbeit <strong>und</strong> die Zuverfügungstellung <strong>von</strong> Datenmaterial, ohne das diese Arbeit<br />

nicht möglich gewesen wäre.<br />

Nicht zuletzt bedanke ich mich bei meinen Eltern für die Kiellegung dieser Arbeit <strong>und</strong> natürlich<br />

bei meiner Frau Maj-Britt für ihre Geduld <strong>und</strong> Unterstützung insbesondere während des Stapellaufs<br />

<strong>und</strong> der Ablieferung der Dissertation.<br />

Tobias Haack<br />

Flensburg, im August 2006<br />

3


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 6<br />

2 Stand der Wissenschaft <strong>und</strong> Technik 9<br />

2.1 Hydromechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2.2 Maschinenanlage <strong>und</strong> Automation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

3 Ziele der Arbeit 13<br />

4 Gr<strong>und</strong>lagen der Manövriersimulation 14<br />

4.1 Hydromechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

4.1.1 Rumpfkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

4.1.2 Propeller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

4.1.3 Traglinienmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

4.1.4 Verstellpropeller (Controllable Pitch Propeller) . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

4.1.5 Festpropeller (Fixed Pitch Propeller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

4.1.6 Propeller-Rumpf-Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

4.1.7 Ruderkraftberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

5 Maschinenanlage <strong>und</strong> Automation 34<br />

5.1 Telegraf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

5.2 Programmwahl-Modul (Program Selection) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

5.3 Steigungskombinator- <strong>und</strong> Drehzahlkombinator-Modul (Pitch Combinator-, RPM<br />

Combinator Control) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

5.4 Steigungsbegrenzungsmodul (Pitch Maximum Selector) . . . . . . . . . . . . . 38<br />

5.5 Überdrehzahlschutz-Modul (Windmilling Modul) . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

5.6 Überlastschutz-Modul (Overload-Modul) <strong>und</strong> Bandbreiten-Modul (Bandwidth<br />

Selection) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

5.7 Steigungsauswahl-Modul (Pitch Selection) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

5.8 PD-Regler (PD-Controller) <strong>und</strong> Proportionalventil (Proportional Valve) . . . . 42<br />

5.9 Lastaufschaltungsbegrenzung <strong>und</strong> drehzahlabhängige Einspritzmengenbegrenzung 42<br />

5.10 PI-Regler (PI-Governor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

5.11 Integrator Reset . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

5.12 Drehmoment Auswahl (Torque Minimum Selector) . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

5.13 Hauptmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

5.14 Generatoren (PTO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

5.15 Propellerwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

5.16 Massenträgheitsmomente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

4


Inhaltsverzeichnis<br />

6 Beispiele 49<br />

6.1 Beispielschiff 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

6.1.1 Drehkreismanöver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

6.1.2 Notstoppmanöver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

6.1.3 Beschleunigungsmanöver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

6.2 Beispielschiff 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

6.2.1 Drehkreismanöver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

6.2.2 Notstoppmanöver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

6.2.3 Beschleunigungsmanöver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

6.3 Beispielschiff 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

6.3.1 Beschleunigungsmanöver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

6.3.2 Drehkreismanöver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

6.3.3 Notstoppmanöver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

7 Zusammenfassung 71<br />

Literaturverzeichnis 72<br />

Nomenklatur 77<br />

5


1 Einleitung<br />

Das Manövrierverhalten <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong> gewinnt bei den Anforderungen, die an ein neu zu konzipierendes<br />

Schiff gestellt werden, immer mehr an Bedeutung. Das resultiert weniger aus den<br />

leicht erfüllbaren <strong>und</strong> eher unzureichenden Vorschriften der IMO (International Maritime Organization)<br />

[42] u.a. für Drehkreisdurchmesser oder Anhaltewege in Notsituationen, als vielmehr<br />

aus den steigenden Bedürfnissen der Schiffsbetreiber. Zum Beispiel wird üblicherweise im Bauvertrag<br />

festgelegt, bei welcher Windstärke das Schiff noch in der Lage sein muss, selbstständig<br />

quer anzulegen (crabbing). Das setzt voraus, dass Manövriereinrichtungen wie Bug-, Heckstrahler<br />

<strong>und</strong> Ruder dementsprechend ausgelegt sind. Das Beschleunigungsvermögen ist in manchen<br />

Fällen auf der Probefahrt nachzuweisen. Dafür ist dann nicht nur die Hydrodynamik, d.h. die<br />

Umströmung des Schiffes <strong>und</strong> das Verhalten des oder der Schiffspropeller maßgeblich, sondern<br />

auch die Maschinenanlage <strong>und</strong> deren Automation. Zunehmend wird aber nicht nur das<br />

Manövrierverhalten in deterministischen Szenarien Gegenstand der Optimierung im Schiffsentwurf,<br />

sondern auch das schwer zu beurteilende Manövrierverhalten in nautisch komplexen<br />

Umgebungen (z.B. Strömung, Wind, Untiefen). Für diese Szenarien fällt es schwer, quantifizierende<br />

Kriterien anzugeben. Vielmehr hängt die Entscheidung, ob sich ein Schiff in einer<br />

bestimmten Umgebung gut oder schlecht verhält, oft allein vom schwer quantifizierbaren Eindruck<br />

des Nautikers ab (z.B. Abbildung 1.1.)<br />

Insgesamt wird die Einhaltung der Anforderungen bezüglich der Manövrierfähigkeit für Werften<br />

Abbildung 1.1: RoRo-Schiff bei der Schleuseneinfahrt in Immingham, GB. c○DFDS-TOR LINE<br />

zum Risikofaktor, den es zu minimieren gilt. Deshalb wäre es wünschenswert, schon im frühen<br />

Entwurfsstadium eine möglichst zuverlässige Prognose über das Manövrierverhalten abgeben<br />

zu können. Das beinhaltet sowohl deterministische Szenarien, wie Drehkreise oder Zickzack-<br />

Manöver, als auch das Verhalten in den oben erwähnten komplexen Umgebungen. Darüber<br />

6


KAPITEL 1. EINLEITUNG<br />

hinaus muss natürlich gewährleistet sein, dass das Schiff gierstabil ist, da instabile Schiffe<br />

auf Gr<strong>und</strong> der ständig notwendigen Ruderaktivitäten einen erhöhten Widerstand <strong>und</strong> letztlich<br />

größeren Brennstoffverbrauch aufweisen. Weiterhin kann eine im Entwurfsstadium nachgewiesene<br />

gute Manövrierbarkeit ein Wettbewerbsvorteil sein, durch den ein Unterschied im Angebotspreis<br />

teilweise ausgeglichen werden kann. Schiffe mit guten Manövriereigenschaften können<br />

häufig auf Schlepperhilfe verzichten, wodurch ein zusätzlicher Zeit- <strong>und</strong> Kostenvorteil entsteht.<br />

Der Nachweis hierfür kann dadurch erbracht werden, dass der potenzielle Schiffsführer schon im<br />

Projektstadium in die Planung mit einbezogen wird, <strong>und</strong> dann in Schiffsführungssimulatoren<br />

verschiedene Entwurfsvarianten vergleichen kann. Dadurch können die Auswirkungen <strong>von</strong> Entwurfsänderungen<br />

auf die Betriebskosten (z.B. durch den Verzicht auf Schlepperhilfe beim Anlegen)<br />

berechnet werden. Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit, durch gute Manövriereigenschaften<br />

einen Sicherheitsgewinn zu erzielen.<br />

Zusätzlich kann die Auswirkung verschiedener Ruderentwürfe auf das Manövrierverhalten simuliert<br />

werden. Außerdem kann bei Einbeziehung der Schiffsmaschinenanlage in die Simulation ein<br />

besseres Verständnis für die Zusammenhänge <strong>von</strong> Maschinenautomation <strong>und</strong> Manövrierverhalten<br />

entstehen. Dadurch wird es möglich, schon im frühen Entwurfsstadium genauere Anforderungen<br />

an Zulieferunternehmen, wie Maschinen- <strong>und</strong> Automationshersteller, zu stellen. Alles<br />

in allem kann für den K<strong>und</strong>en ein beträchtlicher Betriebskostenvorteil <strong>und</strong> Sicherheitsgewinn<br />

mit relativ niedrigem Aufwand für die Bauwerft erzielt werden.<br />

Zu diesem Zweck wird in dieser Arbeit ein bestehendes Simulationsprogramm für Schiffsmanöver<br />

erweitert <strong>und</strong> verbessert. Die Zeitbereichssimulation basiert auf einem Kraftmodell.<br />

Die Simulation auf der Basis eines Koeffizientenmodells erschien deshalb nicht sinnvoll, weil<br />

der Einsatz dieser Modelle Daten aus Manövrierversuchen voraussetzt, die in der frühen Projektphase<br />

nicht durchgeführt werden.<br />

Mit der erstellten Methode ist es mit geringem Aufwand möglich, in der Entwurfsphase mit<br />

den in einer Datenbank vorhandenen Schiffsdaten eine Manövriersimulation durchzuführen <strong>und</strong><br />

Designalternativen zu vergleichen. Es ist hierfür nicht notwendig, kostenintensive Manövrierversuche<br />

im Modellmaßstab durchzuführen, bei denen der Maßstabseinfluss (z.B. Reynoldszahl der<br />

Ruderumströmung) eine Übertragung auf die Großausführung erschwert. Es werden lediglich<br />

Daten benötigt, die im Entwurfsprozess ohnehin ermittelt werden müssen (z.B. Schiffswiderstand,<br />

Ruderkräfte, Propellerfreifahrtdiagramme). Die übrigen Rumpfkräfte werden mit Hilfe<br />

der Theorie schlanker Körper berechnet. Für die Modellierung der Ruderkräfte wird ein potenzialtheoretisches<br />

Verfahren mit integriertem Traglinienmodell verwendet.<br />

Die Manövrierbarkeit eines Schiffes wird zu einem großen Teil durch die hydromechanischen<br />

Eigenschaften <strong>von</strong> Rumpf, Propeller <strong>und</strong> Ruder festgelegt. Ein weiterer wichtiger Faktor ist<br />

darüber hinaus das Verhalten der Maschinenanlage <strong>und</strong> der dazugehörigen Automation. Speziell<br />

bei Stopp- <strong>und</strong> Beschleunigungsmanövern ist das Verhalten der Antriebsanlage ausschlaggebend<br />

für das gesamte System.<br />

Schwerpunkt dieser Arbeit sind die Implementierung eines Modells zur Simulation der Automation<br />

der Antriebsanlage, die Verbesserung des Propellermodells sowie die Analyse der Propeller-<br />

Rumpf-Interaktion, dem Sog, bei Umsteuermanövern. Diese Schritte sind notwendig, um die<br />

Prognose der bereits durchführbaren Manöver, wie z.B. Drehkreise oder Zickzack-Manöver,<br />

zu verbessern <strong>und</strong> die realistische Gesamtsystemsimulation <strong>von</strong> Stopp- <strong>und</strong> Beschleunigungsmanövern<br />

zu ermöglichen.<br />

Das implementierte Modell soll in der Lage sein, sowohl das Verhalten <strong>von</strong> Vier- als auch Zweitaktdieselmotoren<br />

sowie das <strong>von</strong> dieselelektrischen Antrieben zu simulieren. Für die Propulsion<br />

kann die Maschinenanlage sowohl mit Fest- (FPP) als auch mit Verstellpropellern (CPP) kombi-<br />

7


KAPITEL 1. EINLEITUNG<br />

niert werden. In dieser Arbeit wird ein Hauptaugenmerk auf das möglichst realistische Verhalten<br />

der Verstellpropellerautomation gelegt, die bei Extremmanövern (Notstopp, Beschleunigung,<br />

Hafenmanöver) maßgeblich ist. Dazu muss das transiente Verhalten bei Notstopp- <strong>und</strong> Beschleunigungsmanövern<br />

analysiert werden. Zu diesem Zweck werden u.a. Bordmessungen des<br />

Anlagenverhaltens ausgewertet <strong>und</strong> detaillierte Informationen <strong>von</strong> Automationsanlagen- <strong>und</strong><br />

Maschinenherstellern verwendet.<br />

Zusätzlich wird ein Modell implementiert, das es ermöglicht, das Manövrierverhalten <strong>von</strong> Doppelendfähren<br />

zu untersuchen, um auch hier verschiedene Entwurfsvarianten vergleichen zu<br />

können. Eines der Ziele hierbei ist es, verschiedene Strategien zur Durchführung <strong>von</strong> Stopp<strong>und</strong><br />

Beschleunigungsmanövern zu untersuchen. Dabei steht die Verstellpropellerautomation<br />

des Bugpropellers im Vordergr<strong>und</strong>. Ferner werden verschiedene Regelungsstrategien <strong>und</strong> deren<br />

Auswirkungen auf das Beschleunigungs- <strong>und</strong> Notstoppverhalten des Schiffes miteinander verglichen.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit ergibt sich beim Vergleich zwischen simulierten <strong>und</strong> berechneten<br />

Notstoppmanövern. Die auftretenden Diskrepanzen werden näher untersucht <strong>und</strong><br />

mit dem unzureichenden Propellersogmodell begründet. Um diesen Effekt zu analysieren, wird<br />

eine Methode zur Berechnung der Propellerwirkung auf die Rumpfumströmung erstellt. Die<br />

Modellbildung für die Software findet in Anlehnung an das oben erwähnte Modell zur Berechnung<br />

der Ruderkräfte statt. Es muss beispielsweise das Traglinienmodell für die Berechnung der<br />

induzierten Geschwindigkeiten stromaufwärts erweitert werden. Die oben genannten Modelle<br />

für die Sogberechnung, die Propellerkräfte <strong>und</strong> nicht zuletzt für die Antriebsanlagenautomation<br />

werden entwickelt <strong>und</strong> getestet. Anschließend werden die simulierten Manöver mit den Daten<br />

aus Probefahrtsmessungen <strong>von</strong> Großausführungen verglichen. Hierzu steht umfangreiches Datenmaterial<br />

für Ein- <strong>und</strong> Zweischrauber zur Verfügung.<br />

8


2 Stand der Wissenschaft <strong>und</strong> Technik<br />

Im Folgenden soll eine kurze Übersicht über thematisch verwandte Arbeiten gegeben werden.<br />

Sofern Details aus den beschriebenen Untersuchungen im Zusammenhang der vorliegenden<br />

Arbeit wichtig erscheinen, werden sie in den jeweiligen Einzelkapiteln aufgegriffen.<br />

2.1 Hydromechanik<br />

Aus hydrodynamischer Sicht versucht man sich dem Problem der Manövrierfähigkeit <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong><br />

<strong>von</strong> drei Seiten zu nähern. Die älteste Methode ist wohl das Analysieren des Manövrierverhaltens<br />

mit Hilfe <strong>von</strong> Modellversuchen. Dazu werden Versuche mit einem geometrisch ähnlichen<br />

Schiffsmodell unter Einhaltung der Froude’schen Ähnlichkeit in einer Versuchsanstalt durchgeführt.<br />

Zu diesem Zweck können freifahrende Modelle untersucht werden. Hier wird zum<br />

Beispiel der Überschwingwinkel bei Zickzack-Manövern gemessen. Die Alternative ist die Versuchsanordnung<br />

mit gefesselten Modellen, wobei Vertrimmung <strong>und</strong> Tiefertauchung möglich<br />

sein sollten. Das Ziel der genannten Versuche ist es, mittels bestimmter Manövrierversuche Parameter<br />

zu identifizieren, mit deren Hilfe dann mit einem Taylorreihenansatz der Bewegungsgleichungen<br />

andere Manöver berechnet werden können (siehe z.B. [40],[41]). Das Schiffsmodell<br />

wird dazu normalerweise mit allen Anhängen, inklusive Ruder, ausgestattet. Ein großer Nachteil<br />

dieser Versuche ist der Maßstabseffekt. Insbesondere die Vergleichbarkeit der Ruderkräfte<br />

zwischen Modell <strong>und</strong> Großausführung ist problematisch. Im Modellversuch können auf Gr<strong>und</strong><br />

der zu niedrigen Reynoldszahl laminare Strömungszustände auftreten, allerdings ist die falsche<br />

Prognose <strong>von</strong> Strömungsabrissen wesentlich gravierender. Die Verwendung dieser Methodik<br />

ist im Entwurfsstadium aber ohnehin kaum möglich. Wenn, dann werden Manövrierversuche<br />

in einem sehr späten Projektstadium durchgeführt <strong>und</strong> eine Veränderung des Basisentwurfs<br />

ist dann nicht mehr möglich oder zumindest äußerst kostenaufwändig. Martinussen [34] versucht<br />

beispielsweise, die Manövrierkoeffizienten numerisch mit Hilfe <strong>von</strong> Streifentheorie <strong>und</strong><br />

der Theorie schlanker Körper zu ermitteln ohne dabei ein Motormodell zu integrieren.<br />

Als weitere Möglichkeit dient die Auswertung <strong>von</strong> Großausführungsmessungen zur Bestimmung<br />

empirischer Formeln mittels Regression oder neuronalen Netzen. Mit empirischen Formeln<br />

lassen sich aber kaum verschiedene Designvarianten (z.B. Rudergröße, Propellerauslegung)<br />

vergleichen <strong>und</strong> die Übertragbarkeit <strong>von</strong> gebauten <strong>Schiffen</strong> auf neue Entwürfe ist problematisch.<br />

Rhee [46] setzt zur Bestimmung der Stoppwege <strong>und</strong> -zeiten einfache empirische<br />

Formeln für Schiffe mit Festpropellern an. Das Verfahren erzielt bei den gezeigten Beispielen<br />

gute Übereinstimmungen. Einschränkend muss gesagt werden, dass große Vereinfachungen gemacht<br />

werden. Besonderheiten der unterschiedlichen Maschinenanlagenkonfigurationen können<br />

genauso wenig berücksichtigt werden, wie das Verhalten <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong> mit Verstellpropellern.<br />

Die Auswertung <strong>von</strong> Schiffsmanövern mit neuronalen Netzen scheint aber für den Einsatz auf<br />

Bordrechnern sinnvoll zu sein, um Nautikern die Auswirkungen eines geplanten Manövers voraussagen<br />

zu können. Abdel-Maksoud [3] setzt diese Technik ein, um Drehkreismanöver vorher-<br />

9


KAPITEL 2. STAND DER WISSENSCHAFT UND TECHNIK<br />

zusagen. Dazu trainiert er ein neuronales Netzwerk mit zuvor in einem Simulator ermittelten<br />

Daten. Hess [23] trainiert neuronale Netze mit Manövern eines Unterwasserfahrzeugmodells um<br />

damit dann andere Manöver vorhersagen zu können. Beide Arbeiten zeigen, dass diese Methode<br />

vielversprechend ist. In der Arbeit <strong>von</strong> Moreira [38] ist aber auch zu sehen, dass insbesondere<br />

die Prognosezuverlässigkeit vom Rauschen in den Messsignalen anhängt. Im Schiffsentwurf ist<br />

die Methode aus den gleichen Gründen wie die empirischen Methoden also eingeschränkt anwendbar.<br />

Es kommt aber ein Einsatz in Schiffsführungssimulatoren in Frage, in denen zurzeit<br />

meist Koeffizientenmodelle verwendet werden <strong>und</strong> die zudem das Verhalten des Schiffes laut<br />

Gofman [19] nicht immer richtig abbilden.<br />

Der letzte <strong>und</strong> in dieser Arbeit eingeschlagene Weg ist die direkte Lösung der Bewegungsgleichung<br />

in einer Simulation im Zeitbereich. Dazu werden alle Kräfte, die zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt auf den Schiffskörper einwirken, ermittelt <strong>und</strong> die Beschleunigungen berechnet.<br />

Cura [10] <strong>und</strong> Jensen [26] berechnen stationäre Manöver mit RANSE-Methoden ohne<br />

Berücksichtigung des Propellers. El Moctar [13] berücksichtigt den Propeller mit einer sogenannten<br />

Actuator Disc. Simonsen [49] berechnet das Manövrierverhalten mit einem RANSE-<br />

Löser gekoppelt mit einem potenzialtheoretischen Propellermodell. Die Vorteile dieser Verfahren<br />

sind die gute Berücksichtigung der hydrodynamischen Kräfte unter allen während des<br />

Manövers auftretenden Strömungszuständen. Außerdem werden die Wechselwirkungen zwischen<br />

Schiff, Ruder <strong>und</strong> Propeller adäquat ermittelt. Als Nachteil sind hier natürlich die lange<br />

Rechenzeit <strong>und</strong> der hohe manuelle Diskretisierungsaufwand zu nennen.<br />

In dieser Arbeit wird auf eine Methode aufgebaut, die auf Söding zurückgeht [50]. Danach<br />

werden die Rumpfkräfte mit der Theorie schlanker Körper berechnet. Alle anderen Kräfte<br />

(Propeller, Ruder, Wind) werden zusätzlich mit einem geeignet erscheinenden Verfahren ermittelt.<br />

Das Modell wurde unter anderem <strong>von</strong> Zhao [61] für die Simulation <strong>von</strong> Manövern auf<br />

flachem Wasser erweitert. Krüger [28] demonstriert in seiner Arbeit die Funktionsfähigkeit des<br />

Modells, indem er seine Simulationsergebnisse mit Großausführungsmessungen vergleicht. Eine<br />

erweiterte Version der gleichen Methode verwendet Urban [55] zur Manövriersimulation <strong>von</strong><br />

<strong>Schiffen</strong> mit POD-Propulsoren.<br />

Die Ermittlung der Propellerkräfte <strong>und</strong> -momente kann über Versuche erfolgen. Dafür wird der<br />

Modellpropeller in der Regel mit seiner Designsteigung in einem großen Geschwindigkeitsbereich<br />

betrieben. Teilweise auch mit Fortschrittswinkeln jenseits der 90 ◦ [56]. Die Propellerkräfte<br />

<strong>und</strong> -momente können aber auch numerisch ermittelt werden. Das kann mit potenzialtheoretischen<br />

Verfahren erfolgen, siehe z.B.[11],[25]. Wagner [57] berechnet Verstellpropeller mit<br />

Vorwärts- <strong>und</strong> Rückwärtsschub mit Hilfe <strong>von</strong> Blattschnittverfahren unter Berücksichtigung<br />

der Rezirkulation. Neuerdings werden auch viskose Propellerumströmungen simuliert [7]. Berechnungen<br />

mit Berücksichtigung der Kavitation werden zum Beispiel in [24] vorgestellt. Die<br />

in diesem Zusammanhang besonders interessante Analyse der Spitzenwirbel ist allerdings nicht<br />

zufriedenstellend. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Berechnung <strong>von</strong> Propellerumströmungen<br />

mit viskosen Modellen Gegenstand der derzeitigen Gr<strong>und</strong>lagenforschung ist. Die<br />

Rechenzeiten sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Gr<strong>und</strong> der instationären Strömungszustände<br />

sehr groß <strong>und</strong> betragen durchaus mehrere Tage. Die Ergebnisse sind derzeit nicht besser als<br />

die, welche mit der Potenzialtheorie ermittelt werden können, weshalb der hohe Aufwand nicht<br />

gerechtfertigt zu sein scheint.<br />

Die Ermittlung <strong>von</strong> Propellersogkräften kann durch Modellversuche oder direkte Berechnung<br />

erfolgen. Die Sogziffern werden beim Propulsionsversuch ermittelt, der üblicherweise für<br />

jeden Schiffsneubau durchgeführt wird. Allerdings wird für gewöhnlich nur der Sog im Bereich<br />

des Entwurfpunktes ermittelt. Aus der Literatur sind nur wenige Messergebnisse für andere<br />

10


KAPITEL 2. STAND DER WISSENSCHAFT UND TECHNIK<br />

Quadranten bekannt [21]. Resultate numerischer Berechnungen im ersten Quadranten sind bei<br />

Kim [27] <strong>und</strong> Krüger [29] zu finden. Diese Berechnungen wurden mittels Potenzialtheorie in<br />

Kombination mit einem Traglinienmodell für den Propeller durchgeführt. Berechnungen mit<br />

viskosen Methoden (RANSE) sind unter anderem bei Kulczyk [30], Simonsen [49] oder Abdel-<br />

Maksoud [1],[2] zu finden. Darin ist der Propeller allerdings nur als Scheibe modelliert. Das<br />

letztgenannte Verfahren ist vielversprechend, aber ungleich aufwändiger als die Berechnung mit<br />

Hilfe der Potenzialtheorie.<br />

2.2 Maschinenanlage <strong>und</strong> Automation<br />

Für die Simulation der Maschinenanlage, der Verstellpropellerautomation <strong>und</strong> der Motorregelung<br />

existieren sowohl Arbeiten, welche das Verhalten der Maschine in den Mittelpunkt stellen,<br />

als auch solche, die die Wechselwirkung zwischen Motor <strong>und</strong> manövrierendem Schiff untersuchen.<br />

Hanouneh [20] simuliert Stoppmanöver <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong> mit Festpropellern mit einem detaillierten<br />

Motormodell. Der Dieselmotor wird dabei als Kreisprozess abgebildet. In der Arbeit<br />

werden allerdings in hydromechanischer Hinsicht (Propeller, Sog, etc.) starke Vereinfachungen<br />

gemacht. Eyberg [14] legt in seiner Arbeit den Schwerpunkt auf die Verstellpropellerautomation<br />

<strong>und</strong> die Motorregelung. In der Arbeit wird kein detailliertes Kreisprozessmodell für den Motor<br />

verwendet. Hydrodynamische Aspekte werden vergleichsweise grob behandelt. Zum Beispiel<br />

wird der Verstellpropeller durch die Wageninger B-Serie approximiert. Eyberg kommt zu dem<br />

Schluss, dass eine verbrauchsoptimierte Steigungsregelung eine Verbrauchsreduzierung <strong>von</strong> bis<br />

zu 7 % zur Folge haben kann. Diese selbständig adaptierende Automation ist allerdings nur bei<br />

stationärer Geradeausfahrt sinnvoll, während im Manövrierbetrieb eine klassische Kombinatorsteuerung<br />

verwendet werden muss [14, S.6]. Friedrich [15] stellt in seinem Aufsatz ein Modell<br />

zur Regelung der Verstellpropelleranlage vor, das er anhand eines simulierten Stoppmanövers<br />

erläutert. Gerstle [16] entwickelt in seiner Arbeit ein Simulationsmodell für das Betriebsverhalten<br />

<strong>von</strong> Vier- <strong>und</strong> Zweitaktdieselmotoren nach der Füll- <strong>und</strong> Entleermethode. Motormodelle<br />

für die Simulation sind unter anderem auch in [45],[60] zu finden.<br />

McTavish [35] untersucht die Motordynamik unter besonderer Berücksichtigung der Kupplung.<br />

Herzke [22] simuliert das dynamische Verhalten <strong>von</strong> Verstellpropellern in Kombination mit Gasturbine<br />

oder Dieselmotor. Die Simulation erfolgt unter Verwendung <strong>von</strong> Kennfeldern. Zusätzlich<br />

wird ein hydrodynamischer Wandler zur Simulation im Eis festkommender Propeller mit einbezogen.<br />

Es wird auch die Implementierung eines Schubreglers diskutiert, was in der Praxis<br />

kaum möglich sein dürfte. Der Dieselmotor wird hier ohne Berücksichtigung der Aufladungsdynamik<br />

modelliert, da angenommen wird, dass die bei den betrachteten Manövern (Notstopp)<br />

auftretenden Drehzahländerungen langsam genug sind, um dies zu rechtfertigen.<br />

Ulken [54] stellt bei seinen Untersuchungen das Verhalten einer Schiffsantriebsanlage bei inneren<br />

Störungen in den Mittelpunkt <strong>und</strong> beschreibt die einzelnen Komponenten der Anlage<br />

ausführlich. Bei Östreicher [43],[44] werden zur Entwicklung neuer Regelungsstrategien für<br />

hochaufgeladene schnelllaufende Viertaktdieselmotoren Simulationen mit detailliertem Kreisprozess-<br />

<strong>und</strong> Getriebemodellen durchgeführt. Dabei wird das transiente Verhalten der Maschinenanlage<br />

<strong>und</strong> die Auswirkungen verschiedener Regelungen analysiert. Östreicher geht auch<br />

darauf ein, wie eine betriebsoptimierte Einspritzmengenbegrenzung mit Hilfe direkt messbarer<br />

Zustandgrößen der Maschinenanlage (z.B. Turboladerdrehzahl, Öltemperatur) realisiert werden<br />

kann. Es ist anzumerken, dass Östreicher [43, S.122] zu dem Ergebnis kommt, dass eine<br />

11


KAPITEL 2. STAND DER WISSENSCHAFT UND TECHNIK<br />

betriebsoptimierte Regelung zu einem wesentlich besseren transienten Verhalten der Maschinenanlage<br />

führt. Schliephack [47] untersucht die Belastungen in der Schaltkupplung während<br />

Anfahr- <strong>und</strong> Umsteuervorgängen. Er verwendet dabei ein Motormodell nach [59]. Boy [8] untersucht<br />

die Belastungen der Maschinenanlage mit Hilfe der Notstoppmanöversimulation <strong>von</strong><br />

<strong>Schiffen</strong> mit Festpropellern. Weselowski [58] verwendet für die Simulation <strong>von</strong> Stoppmanövern<br />

Wageninger 4-Quadranten Messungen <strong>und</strong> KT/KQ Kurven für Verstellpropeller, die mit der<br />

hydrodynamischen Wirbeltheorie berechnet werden.<br />

Eggert [12] simuliert Stoppmanöver <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong> mit Verstellpropellern, ohne die Verstellpropellerregelung<br />

näher zu analysieren.<br />

Zheng [62] entwickelt Modelle für die Beschreibung <strong>von</strong> Verstellpropellern. Er berechnet mit diesen<br />

Notstoppmanöver, ohne jedoch eine Regelung für die Propellersteigung (Pitch) zu verwenden.<br />

Spieker [53] entwickelt ein Berechnungsverfahren für die Interaktion <strong>von</strong> Schiffsantriebsanlage<br />

<strong>und</strong> Automation <strong>und</strong> führt schließlich Simulationen <strong>von</strong> Anfahr- <strong>und</strong> Stoppmanövern<br />

für Schiffe mit Verstellpropellern durch. Im Mittelpunkt steht dabei weniger die Gesamtsystemsimulation<br />

<strong>von</strong> Schiffsmanövern, als eine maschinenbauliche Gesamtsystemanalyse <strong>von</strong> mechanischen<br />

Komponenten der Antriebsanlage <strong>und</strong> deren Automation. Ferner analysiert er das<br />

Verhalten der Maschinenanlage bei <strong>Schiffen</strong> im Seegang <strong>und</strong> vergleicht die Auswirkungen verschiedener<br />

Regelstrategien auf die Maschinenanlage.<br />

Näheres über die Funktionsweise des Verstellmechanismus <strong>von</strong> Verstellpropellern wird in [17]<br />

dargestellt.<br />

Benvenuto [5],[6] führt Manövriersimulationen für Schiffe mit Fest- <strong>und</strong> Verstellpropellern<br />

durch. Dabei verwendet er ein detailliertes Motormodell <strong>und</strong> eine vereinfachte Steigungs- <strong>und</strong><br />

Motorregelung. Im Mittelpunkt seiner Untersuchungen steht die Simulation <strong>von</strong> Notstopp<strong>und</strong><br />

Drehkreismanövern. Als Ausgangsbasis für die Simulation wird ein Koeffizientenmodell<br />

verwendet. Benvenuto geht aber nicht auf die Propeller-Rumpf-Interaktion während des Notstoppmanövers<br />

ein <strong>und</strong> verwendet ein sehr stark vereinfachtes Ruderkraftmodell. Die Rollbewegung<br />

des Schiffes wird ebenfalls nicht berücksichtigt.<br />

Bei allen Arbeiten zum Thema Manövriersimulation ist anzumerken, dass das Verhalten <strong>von</strong><br />

Teilsystemen des Schiffes im Vordergr<strong>und</strong> steht. Entweder werden zu grobe Ansätze für die<br />

Hydromechanik oder aber für die Maschinenanlage beziehungsweise für deren Automation gemacht.<br />

Bislang existiert kein Modell für die Gesamtsystemsimulation, das alle Teilaspekte für<br />

alle denkbaren Schiffsmanöver abdeckt.<br />

12


3 Ziele der Arbeit<br />

Das Ziel der Arbeit ist es, ein Werkzeug zu erstellen, mit dem es möglich ist, im industriellen<br />

Umfeld Manövriersimulationen im Zeitbereich <strong>von</strong> beliebigen Schiffsmanövern in der Produktdefinitionsphase<br />

durchzuführen. Dazu zählen insbesondere solche Manöver, bei denen das Verhalten<br />

der Maschinenanlage ausschlaggebend ist, wie Notstopp- oder Beschleunigungsmanöver.<br />

Es muss dabei durch eine geeignete Modellierung eine realistische Aussage über das Gesamtsystem<br />

gemacht werden können.<br />

Es sollen Schiffe mit den folgenden Merkmalen simuliert werden können:<br />

• Ein- <strong>und</strong> Zweischrauber sowie Doppelendfähren,<br />

• Vier- <strong>und</strong> Zweitaktdieselmotoren in dieselmechanischer oder dieselelektrischer Ausführung,<br />

• Schiffe mit Fest- <strong>und</strong> Verstellpropellern.<br />

Damit wird ein Großteil der zurzeit gefertigten Schiffstypen abgedeckt. Die Simulation soll in<br />

jeder Phase des Schiffsentwurfs mit minimalem Zeitaufwand durchführbar sein. Es soll möglich<br />

sein, auch in einem frühen Projektstadium, in dem nur wenige Details bekannt sind, aussagefähige<br />

Ergebnisse zu erzielen. Dabei soll sowohl die Hydrodynamik <strong>von</strong> Rumpf, Propeller<br />

<strong>und</strong> Ruder berücksichtigt werden, als auch das Verhalten der Maschinenanlage <strong>und</strong> der dazugehörigen<br />

Automation. Die Maschinenanlage muss deshalb so modelliert werden, dass das<br />

Modell mit wenigen bekannten Daten (z.B. Maschinenleistung, Drehzahl) lauffähig ist <strong>und</strong> die<br />

Maschinenanlage trotzdem realistisch abbildet. Es ist also ein ausreichend realistisches, aber<br />

möglichst generisches Modell der Automation zu implementieren.<br />

Die Automation muss alle denkbaren Zustände, die während des Manövrierens auftreten können,<br />

abdecken. Das sind sowohl Überlast- als auch Überdrehzahlsituationen, wie sie bei Drehkreis-,<br />

Beschleunigungs- <strong>und</strong> Notstoppmanövern auftreten können. Die Ergebnisse der Gesamtsystemsimulation<br />

müssen dazu geeignet sein, sowohl Designalternativen zu vergleichen als auch genaue<br />

Prognosen für die Großausführung machen zu können.<br />

Zusätzlich muss es möglich sein, Manövriersimulationen für neue Anlagenkonfigurationen durchführen<br />

zu können. Diese müssen leicht integrierbar sein. Dafür ist ein modularer <strong>und</strong> flexibler<br />

Aufbau der Modelle unerlässlich.<br />

Für die Simulation <strong>von</strong> Notstoppmanövern ist ein geeignetes Propellersogmodell zu entwickeln.<br />

Anschließend wird die Funktionsfähigkeit demonstriert, indem Simulationsergebnisse mit Großausführungsmessungen<br />

gebauter Schiffe, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen,<br />

verglichen werden.<br />

13


4 Gr<strong>und</strong>lagen der Manövriersimulation<br />

Zur Simulation <strong>von</strong> Schiffsmanövern gibt es prinzipiell zwei unterschiedliche Gr<strong>und</strong>modelle.<br />

Häufig werden Koeffizientenmodelle verwendet. Hierzu werden die Bewegungsgleichungen<br />

mit Hilfe der sogenannten Manövrierkoeffizienten formuliert. Die Koeffizienten werden dann in<br />

Manövrierversuchen im Modellmaßstab oder aber durch Auswertung <strong>von</strong> Großausführungsmessungen<br />

gebauter Schiffe bestimmt, wobei es auch Bestrebungen gibt, die Koeffizienten numerisch<br />

zu bestimmen (z.B. [34], [41]). Die Übertragung <strong>von</strong> Modellmessungen auf die Großausführung<br />

ist wegen des Maßstabseinflusses problematisch. Hinzu kommt, dass die Modellversuche<br />

häufig nur für einen einzigen Tiefgang durchgeführt werden <strong>und</strong> eine Übertragung auf<br />

andere Tiefgänge schwierig ist.<br />

Abbildung 4.1: Aufbau des Manövriermodells<br />

14


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

In dieser Arbeit wird ein Verfahren verwendet, welches die Bewegungsgleichungen löst, indem<br />

die einzelnen auf ein manövrierendes Schiff einwirkenden Kräfte direkt berechnet werden.<br />

Dieses sogenannte Kraftmodell nach Söding [50] <strong>und</strong> Krüger [28] ist dabei in zweierlei Hinsicht<br />

modular aufgebaut (siehe auch Abbildung 4.1). Zum einen ist es möglich, einzelne Kraftbausteine<br />

ab- bzw. zuzuschalten <strong>und</strong> zum anderen können die Bausteine ausgehend <strong>von</strong> einem<br />

ersten groben Detaillierungsgrad stetig verfeinert werden. Da ein Simulationsmodell für den<br />

Einsatz im Schiffsentwurf implementiert werden soll, ist diese Herangehensweise sinnvoller. So<br />

können die im Entwurfsprozess immer genauer werdenden Informationen über das Schiff sofort<br />

für eine präzisere Prognose des Manövrierverhaltens verwendet werden.<br />

Die folgenden Bewegungsgleichungen mit den Kräften <strong>und</strong> Momenten X,Y,N müssen gelöst<br />

werden. Die Rollbewegung ist quasistatisch <strong>und</strong> deshalb <strong>von</strong> den Bewegungsgleichungen entkoppelt:<br />

(<br />

X Rumpf + X Ruder + X P ropeller + X aero + ... = m<br />

˙u S − v S ˙ψ − x G ˙ψ 2)<br />

(<br />

)<br />

˙v S + u S ˙ψ + x G ¨ψ<br />

Y Rumpf + Y Ruder + Y P ropeller + Y aero + ... = m<br />

(<br />

N Rumpf + N Ruder + N P ropeller + N aero + ... = I Z ¨ψ + mxG ˙v S + u S ˙ψ<br />

(4.1)<br />

Das kartesische, schiffsfeste Koordinatensystem hat den Ursprung am Hauptspant in der Mittschiffsebene<br />

bei KG. x zeigt in Schiffslängsrichtung nach vorne, y nach Steuerbord <strong>und</strong> z nach<br />

unten (siehe auch Abb. 4.2). Das Koordinatensystem folgt der Krängung des Schiffes nicht. Die<br />

Masse des Schiffes ist m <strong>und</strong> I z das Trägheitsmoment um die z-Achse, jeweils ohne hydrodynamische<br />

Anteile. Ableitungen nach der Zeit sind mit dem Symbol ˙ dargestellt.<br />

Zunächst werden die Kraftkomponenten X ... ,Y ... <strong>und</strong> N ... ermittelt. Damit können dann die Be-<br />

)<br />

Abbildung 4.2: Koordinatensystem<br />

schleunigungen berechnet werden <strong>und</strong> aus ihnen durch Integration die Geschwindigkeiten <strong>und</strong><br />

letztlich die Position des Schiffes in erdfesten Koordinaten. Als Integrationsverfahren wird ein<br />

15


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Euler-Einschrittverfahren verwendet. Prinzipiell sind durch die modulare Methodengestaltung<br />

auch Mehrschrittverfahren verwendbar. Da die Simulation aber in keiner Weise zeitkritisch ist,<br />

100 Sek<strong>und</strong>e Echtzeit benötigen 1 Sek<strong>und</strong>e Rechenzeit, wird darauf zunächst verzichtet.<br />

Einige der in Abbildung 4.1 erwähnten Kraftbausteine werden im Folgenden erklärt. Es handelt<br />

sich um die Modelle, welche für die Berechnung <strong>von</strong> Extremmanövern besonders wichtig<br />

sind <strong>und</strong> welche bislang für diese Zwecke nur unzureichend modelliert sind. Im Wesentlichen<br />

sind das die Modelle für die Beschreibung des Propellers (Kapitel 4.1.4) <strong>und</strong> der Propeller-<br />

Rumpf-Interaktion (Sog: Kapitel 4.1.6). Der Schwerpunkt wird auf die Modellierung <strong>von</strong> Off-<br />

Designbetriebszuständen gelegt, wie sie bei allen Manövern, insbesondere <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong> mit<br />

Verstellpropellern, auftreten. Die adäquate Modellierung <strong>von</strong> Propeller <strong>und</strong> Sog ist bei den<br />

erwähnten Extremmanövern <strong>von</strong> entscheidender Bedeutung.<br />

Des Weiteren wird das Modell für die Maschinenanlage (Kapitel 5) ausführlich beschrieben,<br />

welches in der Grafik unter dem Stichwort Simulation zu finden ist.<br />

Im Baustein Simulation findet die Sollwertvorgabe für den nächsten Simulationszeitschritt<br />

statt. Vor der Modellerstellung für die Maschinenanlage erfolgte dies auf der Basis <strong>von</strong> Großausführungsmessdaten.<br />

Jetzt wird hier der dem gewählten Manöver entsprechende Sollwert für<br />

die Ruderlage, die Motordrehzahl <strong>und</strong> die Propellersteigung mit dem in dieser Arbeit entwickelten<br />

Modell ermittelt. Anschließend wird festgestellt, ob das gewählte Manöver (z.B. Notstoppmanöver)<br />

erfolgreich beendet wurde. Beispielsweise ist ein Notstoppmanöver dann beendet,<br />

wenn die Vorausgeschwindigkeit Null ist.<br />

4.1 Hydromechanik<br />

4.1.1 Rumpfkräfte<br />

Der Hauptanteil der hydromechanischen Kräfte wird nach der Theorie schlanker Körper ermittelt.<br />

Die Theorie besagt, dass bei einem schrägangeströmten Schiff durch die Querbeschleunigung<br />

des mitgenommenen Wassers eine horizontale quergerichtete Streckenlast entsteht, die<br />

insgesamt zu einer Querkraft <strong>und</strong> einem Giermoment führt. Diese Streckenlast ist die substanzielle<br />

zeitliche Ableitung des hydrodynamischen Querimpulses, der sich wiederum aus der<br />

hydrodynamischen Masse des Spantes pro Länge multipliziert mit der Quergeschwindigkeit ergibt.<br />

[50]<br />

Die <strong>von</strong> den Bewegungsgleichungen Gl. 4.1 entkoppelte Rollbewegung des Schiffes, wird quasistatisch<br />

betrachtet <strong>und</strong> mit Hilfe der Hebelarmkurve berechnet.<br />

16


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Die Rumpfkräfte in idealer Flüssigkeit lauten dann:<br />

X 1 = −m x · ˙u S ,<br />

Y 1 = k 1<br />

∫<br />

L<br />

K 1 = −mgh + k 1<br />

∫<br />

N 1 = k 2<br />

∫<br />

L<br />

(<br />

− ∂ )<br />

∂t + u ∂ (<br />

S µ · k 1 v S + k 2 x<br />

∂x<br />

˙ψ<br />

)<br />

dx − m x u S ˙ψ,<br />

(<br />

x<br />

L<br />

(<br />

− ∂ ∂t + u ∂<br />

S<br />

∂x<br />

)<br />

µ ·<br />

− ∂ ∂t + u ∂<br />

S<br />

∂x<br />

) (<br />

z 1 µ k 1 v S + k 2 x ˙ψ<br />

)<br />

dx,<br />

(<br />

k 1 v S + k 2 x ˙ψ<br />

)<br />

dx + m x u S v S .<br />

(4.2)<br />

Mit den folgenden Größen:<br />

• m x = 2, 7ρ∇ 5 3 /L 2 : angenäherte hydrodynamische Masse für die Beschleunigung in x-<br />

Richtung,<br />

• ∫ L<br />

: Integration über die Schiffslänge <strong>von</strong> der Ablösung (Hinterschiff) bis zum Bug,<br />

• µ(x): hydrodynamische Masse pro Länge bei Horizontalbewegung des Querschnitts bei<br />

F n → 0,<br />

• z 1 (x): Höhenschwerpunkt der hydrodynamischen Masse µ,<br />

• k 1 = √ 1 − 0.245ɛ − 1, 68ɛ 2 : Korrektur für 3-dimensionale Strömung [31],<br />

• k 2 = √ 1 − 0.76ɛ − 4, 41ɛ 2 : Korrektur für 3-dimensionale Strömung [31],<br />

• ɛ = 2 · T iefgang,<br />

• h Aufrichthebel aus der Hebelarmkurve, T ist der Ort der Strömungsablösung.<br />

Danach werden Korrekturen für reale Strömungen vorgenommen:<br />

X 2 = R t + X vv v 2 S + X vrv S r + X rr r 2 mit r = ˙ψ,<br />

)<br />

∫<br />

Y 2 = R F<br />

(v S + x T ˙ψ /u S − 0, 5ρ<br />

K 2 = −Y 2 (KG − 0, 65d(x = 0)) ,<br />

∫<br />

N 2 = R F L 2 ˙ψ/(6u S ) − 0, 5ρ<br />

L<br />

L<br />

(<br />

v S + x ˙ψ<br />

)<br />

|v S + x ˙ψ|c D d dx,<br />

x(v S + x ˙ψ)|v S + x ˙ψ|c D ddx.<br />

(4.3)<br />

Mit den folgenden Größen:<br />

• R T , R F : Schiffswiderstand (aus dem Modellversuch) <strong>und</strong> Reibungswiderstand,<br />

17


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

• X vv , X vr , X rr : Koeffizienten für die Widerstandskorrektur (nach Modellversuchen oder<br />

Großausführungsmessungen abgeschätzt),<br />

• c D (x): Widerstandsbeiwert für die Umströmung der Spanten,<br />

• d(x): Spanttiefgang.<br />

Die hydrodynamischen Massen <strong>und</strong> Massenschwerpunkte werden mit Hilfe auf unsymmetrische<br />

Spantformen erweiterter Lewis Spanten ermittelt ([33] bzw. [50]). Dafür wird der jeweilige<br />

Schiffsquerschnitt durch die konforme Abbildung eines Einheitskreises modelliert. Dabei werden<br />

verschiedene Randbedingungen eingehalten (Breite in der Wasserlinie, Spantfläche, größter<br />

Tiefgang, Breitenkoordinate am tiefsten Punkt). Das resultierende System nichtlinearer Gleichungen<br />

wird mit einem Iterationsverfahren gelöst.<br />

Die Berechnung der auf das Schiff einwirkenden Windkräfte erfolgt mit einem Verfahren nach<br />

Blendermann (siehe z.B.[9, S.236-246]).<br />

4.1.2 Propeller<br />

Die detaillierte hydromechanische Modellierung des Schiffspropellers ist ein wesentlicher Bestandteil<br />

der Gesamtsystemsimulation, da bei Schiffsmanövern alle denkbaren Betriebspunkte<br />

eines Propellers durchfahren werden können.<br />

Als Propellertypen kommen prinzipiell Fest- oder Verstellpropeller in Frage. Für die Berechnung<br />

der beiden Propellertypen existieren zahlreiche Verfahren (siehe auch Kapitel 2). In den folgenden<br />

Kapiteln wird auf die beiden Propellertypen <strong>und</strong> deren Besonderheiten bei der Modellbildung<br />

eingegangen. Zunächst wird ein Potenzialtheoretisches Verfahren zu Berechnung <strong>von</strong><br />

Propellerkräften, die sogennante Traglinientheorie vorgestellt. Die Traglinientheorie kommt<br />

insbesondere bei der Berechnung der Propeller-Rumpf-Interaktion (Kapitel 4.1.6) zum Einsatz,<br />

kann aber sowohl für die Analyse <strong>von</strong> Festpropellern im ersten Quadranten, als auch für die<br />

Berechnung <strong>von</strong> Kräften <strong>und</strong> Momenten <strong>von</strong> Verstellpropellern im Off-Designbereich eingesetzt<br />

werden.<br />

4.1.3 Traglinienmodell<br />

Sowohl der Propeller selbst als auch die durch den Propeller stromauf- <strong>und</strong> stromabwärts<br />

induzierten Geschwindigkeiten können mit Hilfe der Traglinientheorie analysiert werden. Die<br />

Propellerflügel werden mit tragenden Wirbeln modelliert, die in freie Wirbel übergehen, welche<br />

die gleiche Richtung haben wie der Vektor der Relativgeschwindigkeit im Propellerstrahl. Dabei<br />

werden die Vereinfachungen gemacht, dass die Strömung als Potenzialströmung modelliert wird<br />

<strong>und</strong> der Zustrom zum Propeller homogen ist, der Propeller also im freifahrenden Zustand<br />

betrachtet wird. Die Kavitation wird ebenfalls nicht berücksichtigt. Die Zirkulationsverteilung<br />

auf einem Propellerflügel wird nach [25] iterativ ermittelt:<br />

mit den Größen<br />

Γ(r) =<br />

[ωr tan δ 0 − U]<br />

2 1<br />

ć a l cos δ<br />

+ N<br />

0 4πrκ<br />

(tan δ 0 +<br />

k r ) (4.4)<br />

0<br />

18


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

• U: Anströmgeschwindigkeit in m/S,<br />

• ω: Drehgeschwindigkeit in rad/s,<br />

• δ 0 : Nullauftriebswinkel,<br />

• ć a : Gradient des Auftriebsbeiwertes,<br />

• l: Profiltiefe an der Stelle r in Metern <strong>und</strong><br />

• k 0 : Steigung der freien Wirbel.<br />

Die Steigung der freien Wirbel ist zunächst nicht bekannt, da die Axial- <strong>und</strong> Tangential<br />

(Umfangs-) geschwindigkeiten u <strong>und</strong> v wiederum <strong>von</strong> der Zirkulation abhängig sind:<br />

k 0 = r tan β i = r U + u<br />

ωr + v . (4.5)<br />

Als Startwert für die Iteration (i + 1) wird die Steigung verwendet, die sich ergibt, wenn man<br />

die induzierten Geschwindigkeiten der freien Wirbel gegenüber der Anströmgeschwindigkeit<br />

vernachlässigt:<br />

k (i)<br />

0<br />

= U r ωr . (4.6)<br />

Im nächsten Iterationsschritt i + 1 wird dann die Steigung folgendermaßen ermittelt:<br />

k (i+1)<br />

0 = r<br />

U + cot β(i) i<br />

1<br />

4πr NΓ(i+1) 1 κ<br />

ωr − 1<br />

4πr NΓ(i+1) 1<br />

κ<br />

. (4.7)<br />

Die Annahme, dass die freien Wirbel auf Schraubenflächen angeordnet sind, ist streng genommen<br />

nur für mäßig belastete Propeller gültig. Das Iterationsverfahren führt aber auch bei stark<br />

belasteten Propellern zu guten Ergebnissen.<br />

Schub <strong>und</strong> Moment des Propellers können mit den folgenden Integralen berechnet werden:<br />

mit<br />

T =<br />

∫R<br />

Wobei die Geschwindigkeiten u <strong>und</strong> v<br />

R h<br />

k x (r)dr, Q P =<br />

∫R<br />

R h<br />

k φ (r)rdr, (4.8)<br />

k x (r) = −ρ(ω · r + v)Γ, k φ (r) = −ρ(U + u)Γ. (4.9)<br />

u = r k 0<br />

N<br />

4π<br />

Γ(r)<br />

r<br />

1<br />

κ , v = N 4π<br />

Γ(r)<br />

r<br />

1<br />

κ<br />

(4.10)<br />

sind. Nach dem Biot-Savartschen Gesetz [25] ergeben sich die axialen (Gl. 4.11) <strong>und</strong> tangentialen<br />

(Gl. 4.12) durch den Propeller induzierten Geschwindigkeiten:<br />

1 ∑<br />

u(x, r) = N−1<br />

4π n=0<br />

·<br />

∞∫<br />

ψ=0<br />

R∫ dΓ(s)<br />

ds<br />

s=R h<br />

(r cos(θ−θ 0 − 2πn<br />

N −ψ)−s)sdψds<br />

[(−x−x p−k 0 ψ) 2 +r 2 +s 2 −2rs cos(θ−θ 0 − 2πn<br />

N −ψ)] 3 2<br />

,<br />

(4.11)<br />

19


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

bzw.<br />

mit den Größen<br />

1 ∑<br />

v(x, r) = N−1<br />

4π n=0<br />

·<br />

∞∫<br />

ψ=0<br />

R∫ dΓ(s)<br />

ds<br />

s=R h<br />

(s cos(θ−θ 0 − 2πn<br />

N<br />

−ψ)−r−sψ sin(θ−θ 0− 2πn<br />

N<br />

−ψ))k 0dψds<br />

[(−x−x p−k 0 ψ) 2 +r 2 +s 2 −2rs cos(θ−θ 0 − 2πn<br />

N −ψ)] 3 2<br />

.<br />

(4.12)<br />

• x P , y P , z P für die Koordinaten des Propellers in Metern,<br />

• N die Anzahl der Propellerflügel,<br />

• R h für den Nabenradius in Metern,<br />

• R für den Propellerradius in Metern,<br />

• k 0 ist die hydrodynamische Steigung der freien Wirbel,<br />

• s einer Integrationsvariable,<br />

• ψ einer Integrationsvariable für die Wirbelpunkte <strong>und</strong><br />

• θ 0 ist die Ausgangslage des Propellerflügels.<br />

Bezogen auf das schiffsfeste Koordinatensystem sind die Gleichungen 4.11-4.12 zeitabhängig.<br />

Bei der Berechnung <strong>von</strong> Sog- <strong>und</strong> Propellerkräften ist allerdings der umfangsgemittelte Wert<br />

<strong>von</strong> Interesse. Deshalb werden die umfangsgemittelten Geschwindigkeiten verwendet, also für<br />

• θ 0 = 0,<br />

• θ = −x−xp<br />

k 0<br />

.<br />

Mit Hilfe des Goldsteinfaktors κ werden diese Werte anschließend über dem Umfang gemittelt.<br />

Numerische Lösungen für den Goldsteinfaktor [25] sind in [32] oder [37] angegeben.<br />

In der Propellerebene, an der Stelle s = R <strong>und</strong> wenn cos(θ − θ 0 − 2πn<br />

N<br />

− ψ) = 1, werden die<br />

Integrale in Gl. 4.11 <strong>und</strong> Gl. 4.12 singulär. Genaue Untersuchungen der Singularitäten sind bei<br />

[4] zu finden. Stromabwärts sind die Singularitäten außerhalb der Propellerebene doppelt so<br />

groß. Außerhalb der Singularitäten können die Gleichungen 4.11 <strong>und</strong> 4.12 numerisch integriert<br />

werden.<br />

In den Abbildungen 4.3 <strong>und</strong> 4.4 sind Ergebnisse für die Berechnung <strong>von</strong> stromaufwärts induzierten<br />

Geschwindigkeiten für einen Beispielpropeller mit dem Steigungsverhältnis P/D = 1, 16,<br />

der Flügelzahl N = 4 <strong>und</strong> dem Schubbelastungsgrad c T H = 0, 816 zu sehen, die im Rahmen<br />

dieser Arbeit ermittelt wurden. Auf der Abszisse ist der dimensionslose radiale Abstand <strong>von</strong><br />

der Propellernabe angegeben. Die Geschwindigkeiten beziehen sich auf die Geschwindigkeit an<br />

der Stelle 0, 7 · R in der Propellerebene. Die einzelnen Kurven stehen für verschiedene dimensionslose<br />

axiale Abstände (bezogen auf den Propellerdurchmesser) zur Propellerebene.<br />

20


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Abbildung 4.3: Propellerinduzierte Axialgeschwindigkeiten, stromaufwärts<br />

Abbildung 4.4: Propellerinduzierte Tangentialgeschwindigkeiten, stromaufwärts<br />

21


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Abbildung 4.5: CPP mit Designsteigung, reduzierter Steigung (um 0 %) <strong>und</strong> voller<br />

Rückwärtssteigung<br />

Für das Propellerstrahlmodell wird der Vorschlag aus [9, S.84] aufgegriffen. Es wird bei<br />

Verstellpropellern zwischen 3 quasistationären Zuständen <strong>und</strong> 3 Strahlbereichen unterschieden:<br />

Zustand I (Abb. 4.5) zeigt dabei den Fall Vorausfahrt <strong>und</strong> Vorausschub bei einer Propellersteigung<br />

in der Nähe des Auslegungspunktes. Es existieren die beiden Bereiche A <strong>und</strong> B. Bereich<br />

A ist der vom Propeller stromabwärts beeinflusste Bereich, der z.B. bei der Berechnung der<br />

Ruderkräfte maßgeblich ist. Bereich B ist der Bereich in dem stromaufwärts durch den Propeller<br />

induzierte Geschwindigkeiten feststellbar sind.<br />

Zustand II zeigt den voll umgesteuerten Propeller bei reduzierter Vorausgeschwindigkeit. Der<br />

Propeller arbeitet hier als Bremse. Der Bereich hinter dem Propeller wird hier vernachlässigt.<br />

In der Grafik für Zustand III ist der Fall gezeigt, bei dem der Propeller z.B. während eines<br />

Stoppmanövers mit stark reduzierter Steigung operiert.<br />

Für die einzelnen Bereiche werden die folgenden Modelle für die Berechnung der Strahlgeometrie<br />

<strong>und</strong> Geschwindigkeitsveränderungen verwendet:<br />

Bereich A:<br />

Zunächst wird die Strahlkontraktion an der Stelle x hinter dem Propeller ermittelt. Die Axialgeschwindigkeit<br />

weit hinter dem Propeller beträgt:<br />

U ∞ = U a · √1 + c T H , (4.13)<br />

mit der Propelleranströmgeschwindigkeit U a <strong>und</strong> dem Schubbelastungsgrad c T H . Dann ergibt<br />

sich ein Strahlradius weit hinter dem Propeller <strong>von</strong>:<br />

√<br />

(<br />

1<br />

r ∞ = R · 1 + U )<br />

a<br />

. (4.14)<br />

2 U ∞<br />

22


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Der Ansatz für die Kontraktion des Strahles lautet dann:<br />

r(x) = 0, 14 ( )<br />

r ∞R 3 (<br />

+ r∞ x<br />

) 1,5<br />

R R<br />

0, 14 ( )<br />

r ∞R 3<br />

+ ( )<br />

x 1,5<br />

(4.15)<br />

R<br />

Nachdem die durch den Propeller induzierte Axial- <strong>und</strong> Tangentialgeschwindigkeit u P <strong>und</strong> v P<br />

mittels Traglinienmodell ermittelt wurde, kann die turbulente Strahlaufweitung angegeben<br />

werden:<br />

∆r = 0, 15x P<br />

u P − U a<br />

v P + U a<br />

(4.16)<br />

Wenn jetzt die Kontinuitätsgleichung angewandt wird, so ergibt sich eine Korrektur für die<br />

axiale <strong>und</strong> tangentiale Geschwindigkeitskomponente:<br />

(<br />

u = (u P − U a ) · r(xP )<br />

v = v P ·<br />

) 2<br />

r(x P )+∆r + Ua<br />

( ) r(xP ) 2 (4.17)<br />

r(x P )+∆r<br />

Bereich B:<br />

In diesem Bereich ist kein Propellerstrahl vorhanden. Die durch den Propeller induzierten<br />

Geschwindigkeiten werden ohne Korrektur verwendet.<br />

Bereich C:<br />

Im Bereich vor dem Propeller wird ausschließlich die turbulente Strahlaufweitung berücksichtigt<br />

(Gl. 4.16) <strong>und</strong> die Kontraktion vernachlässigt. Bei rückwärtsfahrendem Schiff gelten die oben<br />

genannten Modelle analog.<br />

4.1.4 Verstellpropeller (Controllable Pitch Propeller)<br />

Falls vorhanden, werden in der Manövriersimulation die gemessenen Schübe <strong>und</strong> Momente des<br />

betrachteten Propellers verwendet. Für gewöhnlich liegen aber bei Verstellpropellern nur Werte<br />

für die Designsteigung vor. Für Simulationen im Bereich der Designvorausgeschwindigkeit<br />

sind diese Messungen ausreichend. Bei Notstopp- oder Beschleunigungsmanövern wird aber ein<br />

Modell für verstellte Flügel u.a. mit Rückwärtssteigung benötigt.<br />

Eyberg [14, S.55 ff.] verwendet für die Berechnung der Momente <strong>und</strong> Schübe am Verstellpropeller<br />

die Diagramme der Festpropeller der Wageninger B-Serie. Verstellpropeller mit stark<br />

verstellten Flügeln haben allerdings ein stark unterschiedliches Verhalten als Festpropeller mit<br />

analoger Steigung <strong>und</strong> somit kann dieses Verfahren als nicht ausreichend genau betrachtet werden.<br />

Eine Serie mit gemessenen Schub- <strong>und</strong> Momentenbeiwerten für Verstellpropeller wurde <strong>von</strong> der<br />

Versuchsanstalt für Wasserbau <strong>und</strong> Schiffbau in Berlin durchgeführt [39]. Zusätzlich liegen noch<br />

Kurvenscharen für 6 bis 10 verschiedene Steigungswinkel für 4 unterschiedliche Propeller vor,<br />

unter anderem für den Propeller <strong>von</strong> Beispielschiff 2. Diese wurden numerisch ermittelt. Dabei<br />

wird für die Zustände Schub in Bewegungsrichtung mit Aufnahme <strong>von</strong> Drehmoment <strong>und</strong> Schub<br />

entgegen der Bewegungsrichtung mit antriebslosem Propeller ein wirbeltheoretisches Verfahren<br />

eingesetzt. Für den Fall, dass der Propeller einen Gegenschub unter Aufnahme <strong>von</strong> Antriebsleistung<br />

erzeugt, wird ein impulstheoretisches Blattschnittverfahren <strong>von</strong> Wagner [57] aufbauend<br />

auf Glauert [18] verwendet, in dem die Rezirkulationseffekte durch empirische, experimentell<br />

gestützte Korrekturen berücksichtigt werden (Abb. 4.6). Für den Propeller der in den Beispielen<br />

23


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Abbildung 4.6: Freifahrtdiagramm für einen 4-Flügel-Verstellpropeller für verschiedene Steigungen;<br />

P/D Design = 0, 924 [57]<br />

24


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

erwähnten Doppelendfähre wurden umfangreiche Versuche für einen weiten Bereich an Verstellwinkeln<br />

in der HSVA (Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt GmbH) durchgeführt (90 ◦ bis<br />

−30 ◦ ), da das Verhalten des vorderen Propellers bei verschiedenen Manövern untersucht werden<br />

sollte <strong>und</strong> für derart große Steigungswinkel keinerlei Messwerte vergleichbarer Propeller<br />

vorlagen. Für die Simulation des Bugpropellers wurden im Versuch Schub- <strong>und</strong> Drehmomentbeiwerte<br />

bei rückwärts angeströmtem Propeller für verschiedene Verstellwinkel mit Vorwärts<strong>und</strong><br />

Rückwärtsdrehzahl ermittelt, da zu erwarten ist, dass diese Betriebszustände bei Stoppmanövern<br />

auftreten. Die Ergebnisse dieser Versuche wurden für die Manövriersimulation der<br />

Doppelendfähre verwendet.<br />

4.1.5 Festpropeller (Fixed Pitch Propeller)<br />

Für die Simulation <strong>von</strong> Festpropellern wird in den nicht bekannten Quadranten auf die Wageninger<br />

B-Serie zurückgegriffen, wobei Anpassungen an den verwendeten Propeller vorgenommen<br />

werden. Für einen Beispielpropeller aus der Serie ist der Verlauf (Abb. 4.7) der Schub- <strong>und</strong><br />

Momentenbeiwerte über dem Fortschrittswinkel aufgetragen [56].<br />

Abbildung 4.7: Freifahrtdiagramm für einen 4-Flügel-Festpropeller für 4 Quadranten<br />

4.1.6 Propeller-Rumpf-Interaktion<br />

Üblicherweise wird die Kraft, die der Propeller auf den Schiffsrumpf ausübt (Sog) im Propulsionsversuch<br />

ermittelt. Daher ist sie auch nur für die Designgeschwindigkeit <strong>und</strong> die dazugehörige<br />

Drehzahl bekannt. Bei Verstellpropellern liegt dann die Designsteigung an. Wenn<br />

25


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Schiffsmanöver wie Drehkreis- oder Zickzack-Manöver simuliert werden sollen, welche alle im<br />

Bereich der analysierten Schiffsgeschwindigkeit stattfinden, so ist es sicher ausreichend, den Sog<br />

mit Hilfe dieses Kennwertes zu ermitteln. Bei der Simulation <strong>von</strong> Manövern mit Verstellpropellern<br />

mit Off-Designsteigung, insbesondere bei Umsteuermanövern (z.B. Notstoppmanövern) ist<br />

dies, wie in einer späteren Beispielrechnung (Abb. 4.13) gezeigt, nicht mehr zulässig. Eigene Berechnungen<br />

<strong>und</strong> die <strong>von</strong> Sell [48] zeigen, dass mit einem unzureichenden Sogmodell viel zu kurze<br />

Anhaltewege <strong>und</strong> -zeiten prognostiziert werden. Für diese Zwecke ist ein 4-Quadrantenmodell<br />

notwendig. Bei Notstoppmanövern bedeutet das, dass die Kraft modelliert werden muss, die<br />

ein Propeller ausübt, dessen Strahl nach vorn gerichtet ist.<br />

In der Literatur findet man hierzu Versuchsergebnisse [21], bei denen die Sogkraft für alle 4 Quadranten<br />

ermittelt wurde. Da diese Versuche einen hohen Aufwand erfordern, liegt der Gedanke<br />

nahe, die Sogkräfte numerisch zu ermitteln. In [27] <strong>und</strong> [29] sind Potenzialströmungsrechnungen<br />

mit vielversprechenden Resultaten durchgeführt worden, allerdings nur für den Fall eines vorausfahrenden<br />

Schiffes mit einem nach hinten gerichteten Propellerstrahl. Die Sogkräfte können<br />

auch mit Hilfe <strong>von</strong> CFD-Verfahren unter Berücksichtigung der Viskosität [1] ermittelt werden.<br />

Dieses Verfahren ist durch die aufwändige Diskretisierung (Propeller <strong>und</strong> Rumpf müssen vernetzt<br />

werden) <strong>und</strong> die lange Rechenzeit sehr kostspielig.<br />

Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem die Sogkraft im 1. Quadranten<br />

<strong>und</strong> für den umgesteuerten Propeller (Rückwärtsschub) unter Pfahlzugbedingungen berechnet<br />

werden kann. Berechnungen unter Schräganströmung sind genauso wie die Berücksichtigung<br />

<strong>von</strong> Verstellpropellern mit Off-Designsteigung ebenfalls möglich.<br />

Das Verfahren basiert auf einem direkten Potenzialströmungsverfahren, welches <strong>von</strong> Söding<br />

[51],[52] zur Berechnung <strong>von</strong> Ruderkräften entwickelt wurde (siehe auch Kapitel 4.1.7). Darüber<br />

hinaus wird der Propeller mit Hilfe eines Traglinienmodells berücksichtigt. Mit dem Traglinienmodell<br />

unter Berücksichtigung eines Strahlmodells können die induzierten Geschwindigkeiten<br />

vor <strong>und</strong> hinter dem Propeller ermittelt werden.<br />

Die Methode verwendet eine direkte Paneelmethode zur Berechnung <strong>von</strong> Potenzialströmungen.<br />

Gr<strong>und</strong>lage ist hierbei der 2. Greensche Satz (Gl. 4.18)<br />

∫<br />

∫<br />

[f∆g − g∆f]dΩ = [f∇g − g∇f]⃗ndS, (4.18)<br />

mit den Größen:<br />

• Ω : Flüssigkeitsgebiet außerhalb des Körpers,<br />

• S : Rand des Flüssigkeitsgebietes,<br />

• f(⃗x) = φ(⃗x) : das gesuchte Störpotenzial,<br />

• g(⃗x) : Greenfunktion.<br />

Ω<br />

Als Greenfunktion g(⃗x) wird das Potenzial einer Senke der Stärke 4π am Punkt ⃗x 0 eingesetzt:<br />

G(⃗x, ⃗x 0 ) =<br />

S<br />

1<br />

|⃗x − ⃗x 0 | . (4.19)<br />

Nach Einsetzen <strong>von</strong> Gl. 4.19 in Gl. 4.18 ergibt sich:<br />

∫<br />

∫<br />

[φ(⃗x)∆ x G(⃗x, ⃗x 0 ) − G(⃗x, ⃗x 0 )∆ x f]dΩ = [φ(⃗x)∇ x G(⃗x, ⃗x 0 ) − G(⃗x, ⃗x 0 )∇ x φ(⃗x)]⃗ndS. (4.20)<br />

Ω<br />

S<br />

26


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Der Index x soll verdeutlichen, dass es sich um Ableitungen nach ⃗x <strong>und</strong> nicht nach ⃗x 0 handelt.<br />

Aus Vereinfachungsgründen werden die Singularitätspunkte ⃗x 0 im Körperinnern angeordnet.<br />

Dann gilt in Ω, ∆G = 0 <strong>und</strong> ∆φ = 0 für inkompressible Strömungen <strong>und</strong> mit Gl. 4.20 gilt<br />

dann:<br />

∫<br />

[φ(⃗x)∇ x G(⃗x, ⃗x 0 ) − G(⃗x, ⃗x 0 )∇ x φ(⃗x)]⃗ndS = 0. (4.21)<br />

S<br />

Die Randbedingung für Nulldurchfluss durch die Körperfläche lautet:<br />

∇φ(⃗x)⃗n = − ⃗ U · ⃗n. (4.22)<br />

U ist dabei die Schiffsgeschwindigkeit inklusive der vom Propeller induzierten Geschwindigkeit.<br />

Die durch den Propeller induzierten Geschwindigkeiten werden nach der Traglinientheorie<br />

bestimmt (Kapitel 4.1.3). Dabei wird das Verhalten des Propellerstrahls (Kontraktion bzw.<br />

turbulente Strahlaufweitung) ebenfalls berücksichtigt. Dann gilt [29]:<br />

Jetzt setzt man die Randbedingung 4.22 in Gl. 4.21 ein:.<br />

∫<br />

S<br />

∇φ P = (u 1 , u 2 , u 3 ). (4.23)<br />

∂<br />

φ(⃗x)<br />

∂n|⃗x − ⃗x 0 |<br />

∫S<br />

dS = −U ⃗ · ⃗n<br />

|⃗x − ⃗x 0 | . (4.24)<br />

Die Fläche S beinhaltet auch die Außenränder <strong>von</strong> Ω. Da aber φ <strong>und</strong> ∇φ nach außen stark abnehmen,<br />

verschwinden die Integrale über den Außenrand. Reibung <strong>und</strong> Turbulenz im Nachlauf<br />

des umströmten Körpers müssen approximiert werden, falls bei Potenzialströmungen die Auftriebswirkung<br />

berücksichtigt werden soll. Bei auftriebserzeugenden Strömungen existieren im<br />

Nachlauf große Geschwindigkeitsgradienten. Die Rotation des Geschwindigkeitsfeldes ist dort<br />

nicht Null, weshalb dort kein Strömungspotenzial angegeben werden kann. Die Unstetigkeit<br />

<strong>von</strong> φ im Nachlauf wird berücksichtigt, indem der Nachlaufbereich aus Ω ausgeschlossen wird.<br />

Zusätzlich zur Körperoberfläche wird Ω dann auch durch die zwei Seitenflächen des Nachlaufs<br />

begrenzt. Die Nachlaufflächen werden nicht durchströmt. Da der Nachlauf als dünn angesehen<br />

wird, muss der Druck an benachbarten Punkten auf beiden Nachlaufflächen annähernd<br />

gleich sein. In Richtung der Stromlinie ergibt sich dadurch ein sehr kleiner Gradient des Potenzialfeldes.<br />

An der Nahtstelle zwischen Körper <strong>und</strong> Nachlauf existiert eine Potenzialdifferenz<br />

zwischen zwei korrespondierenden Punkten, welche in der mittleren Strömungsrichtung nahezu<br />

unverändert bleibt. Die Lösung der Integralgleichung Gl. 4.24 kann aus diesem Gr<strong>und</strong> auf<br />

die Körperoberfläche beschränkt bleiben, wenn die zwei Nachlaufflächen in die Integrale eingehen.<br />

Die Nachlaufpaneele werden bei <strong>Schiffen</strong> auf der Symmetrieachse angeordnet. Durch<br />

Gl. 4.24 wird gewährleistet, dass die Laplacegleichung, die Körperrandbedingung <strong>und</strong> die Abklingbedingung<br />

erfüllt sind. Zusätzlich muss noch die Kutta-Bedingung an der Ablösestelle<br />

(z.B. Hinterkante des Ruders oder Hinterkante Totholz) erfüllt sein, d.h. die Ablöselinie wird<br />

nicht umströmt. Das wird an dieser Stelle dadurch gewährleistet, dass der Druck an den beiden<br />

(gegebenenfalls identischen) Ablöselinien an den korrespondierenden Punkten gleich sein<br />

muss. Die Integrale aus Gl. 4.24 werden numerisch gelöst, indem Körper <strong>und</strong> Nachlauf durch<br />

Dreieckspaneele diskretisiert werden. Die Nachlaufpaneele sind dabei etwa 10 · L pp lang:<br />

∑<br />

AlleDreiecke<br />

∫<br />

1<br />

3 (φ 1 + φ 2 + φ 3 )<br />

S ∆<br />

∂ 1<br />

∂n |⃗x − ⃗x 0 | dS =<br />

∑<br />

AlleDreiecke<br />

∫<br />

−U ⃗ 1<br />

· ⃗n<br />

dS. (4.25)<br />

S ∆<br />

|⃗x − ⃗x 0 |<br />

27


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Die Integrale werden analytisch bestimmt. Dann erhält man ein lineares Gleichungssystem für<br />

die Potenziale an den Eckpunkten der Dreiecke. Die Punkte ⃗x 0 werden im Körperinnern etwa in<br />

der Mitte der Paneele angeordnet. Zur numerischen Approximation der Kutta-Bedingung, d.h.<br />

der Druck auf korrespondierenden Punkten der zwei Ablöselinien muss gleich sein, werden im<br />

Gleichungssystem die Gleichungen der inneren Punkte der Ablöselinie (die Endpunkte werden<br />

berücksichtigt) nicht berücksichtigt. Diese Gleichungen wären linear abhängig. Für die Umsetzung<br />

der Kutta-Bedingung ist es zunächst notwendig, den Druck nach der Bernoulli-Gleichung<br />

aus dem Gradienten des Potenzials ∇φ zu bestimmen. Von den Mitten der beiden Dreiecke a<br />

<strong>und</strong> b wird mit Hilfe der Abstände p <strong>und</strong> q zum Punkt A auf der Ablösekante das Potenzial<br />

∇φ extrapoliert (siehe Abb.4.8). Damit gilt dann:<br />

∇φ A = (1 + p q )∇φ a − p q ∇φ b. (4.26)<br />

Die Potenziale der Dreiecksmitten ∇φ a <strong>und</strong> ∇φ b ergeben sich dann als Linearkombination der<br />

Abbildung 4.8: Extrapolation für die Kutta-Bedingung<br />

Potenziale an den Dreiecksecken φ + ⃗ U⃗x:<br />

∇φ a + U ⃗ = ⃗a 1 (φ a1 + U⃗x ⃗ a1 ) +⃗a 2 (φ a2 + U⃗x ⃗ a2 ) +⃗a 3 (φ a3 + U⃗x ⃗ a3 ),<br />

∇φ b + U ⃗ = ⃗ b 1 (φ b1 + U⃗x ⃗ b1 ) + ⃗ b 2 (φ b2 + U⃗x ⃗ b2 ) + ⃗ b 3 (φ b3 + U⃗x ⃗ b3 ).<br />

(4.27)<br />

Details zur Berechnung der Vektoren ⃗a i bzw. ⃗ b i können der Arbeit <strong>von</strong> Söding [51] entnommen<br />

werden. Die Kutta-Bedingung lautet:<br />

( ⃗ U + ∇φ A ) 2 D = ( ⃗ U + ∇φ A ) 2 S, (4.28)<br />

wobei die Indizes D <strong>und</strong> S für die Druck- bzw. Saugseite stehen. Daraus ergibt sich:<br />

⃗U∇(φ A,D ) + 1 2 (∇φ A,D) 2 = ⃗ U∇(φ A,S ) + 1 2 (∇φ A,S) 2 (4.29)<br />

Setzt man jetzt Gleichung 4.26 <strong>und</strong> 4.27 in Gl. 4.29 ein so ergibt sich:<br />

[<br />

⃗U (1 + p q )(⃗a 1φ a1 + ⃗a 2 φ a2 + ⃗a 3 φ a3 ) − p q (⃗ b 1 φ b1 + ⃗ b 2 φ b2 + ⃗ ]<br />

b 3 φ b3 )<br />

[<br />

+<br />

[(1 + p q ) ( U⃗a ⃗ 1 )( U⃗x ⃗ a1 ) + ( U⃗a ⃗ 2 )( U⃗x ⃗ a2 ) + ( U⃗a ⃗ 3 )( U⃗x ⃗ ]<br />

a3 )<br />

[<br />

− p q<br />

( U ⃗⃗ b 1 )( U⃗x ⃗ b1 ) + ( U ⃗⃗ b 2 )( U⃗x ⃗ b2 ) + ( U ⃗⃗ b 3 )( U⃗x ⃗ ]]<br />

b3 )<br />

[<br />

D<br />

+ 1 2<br />

(1 + p q )(∇φ a) 2 − p q (∇φ b) 2] [<br />

=<br />

D<br />

⃗U (1 + p q )(⃗a 1φ a1 + ⃗a 2 φ a2 + ⃗a 3 φ a3 ) − p q (⃗ b 1 φ b1 + ⃗ b 2 φ b2 + ⃗ ]<br />

b 3 φ b3 )<br />

[<br />

+<br />

[(1 + p q ) ( U⃗a ⃗ 1 )( U⃗x ⃗ a1 ) + ( U⃗a ⃗ 2 )( U⃗x ⃗ a2 ) + ( U⃗a ⃗ 3 )( U⃗x ⃗ ]<br />

a3 )<br />

[<br />

− p q<br />

( U ⃗⃗ b 1 )( U⃗x ⃗ b1 ) + ( U ⃗⃗ b 2 )( U⃗x ⃗ b2 ) + ( U ⃗⃗ b 3 )( U⃗x ⃗ ]]<br />

b3 )<br />

[<br />

S<br />

+ 1 2<br />

(1 + p q )(∇φ a) 2 − p q (∇φ b) 2] S<br />

D<br />

S<br />

(4.30)<br />

28


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Die Lösung wird iterativ ermittelt. Dafür wird zunächst der lineare Teil gelöst <strong>und</strong> dann jeweils<br />

im nächsten Schritt in den quadratischen Teil der Gleichungen eingesetzt.<br />

Dann ergibt sich an einer Stelle ⃗x im Strömungsgebiet das Potenzial φ zu:<br />

φ(⃗x) = −U + ∑<br />

i=1..n<br />

φ i G i (⃗x). (4.31)<br />

Die Rumpfkraft ergibt sich dann aus der Integration über die Schiffsaußenhaut mit der Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

auf dem jeweiligen Paneel ⃗v:<br />

∫<br />

⃗f = ⃗n pda = ⃗n ρ ∫ (<br />

U 2 − ⃗v 2) da. (4.32)<br />

2<br />

Nachdem jetzt die Propellergeometrie bekannt ist <strong>und</strong> der Schiffsrumpf inklusive Nachlaufpaneelen<br />

diskretisiert ist, wird zunächst eine Rechnung ohne Berücksichtigung des Propellers<br />

durchgeführt. Ein Beispielgitter inklusive der Nachlaufpaneele für die Berechnung <strong>von</strong> Beispielschiff<br />

1 ist in Abbildung 4.9 zu sehen. Das Ergebnis für die Rumpfkräfte wird dann <strong>von</strong> den<br />

Ergebnissen inklusive Berücksichtigung des Propellers subtrahiert, um den numerischen Fehler<br />

zu minimieren.<br />

In Abbildung 4.10 ist die berechnete Druckverteilung für einen Einschrauber mit <strong>und</strong> ohne arbeitendem<br />

Propeller zu sehen. Das dargestellte Ergebnis wurde für eine Schiffsgeschwindigkeit<br />

<strong>von</strong> 22 Knoten <strong>und</strong> einer Propellerdrehzahl <strong>von</strong> 1, 9 1/s erzielt. Der Propeller erzeugt dabei<br />

einen Schub <strong>von</strong> 1300 kN <strong>und</strong> hat eine Drehmomentaufnahme <strong>von</strong> 1500 kNm. Die berechnete<br />

Sogkraft ist 62 kN. Im Vergleich zu der im Propulsionsversuch gemessenen Sogkraft (162 kN)<br />

fällt die berechnete viel zu niedrig aus. Allerdings ist die Sogkraft im Vergleich zum Schub bei<br />

diesem Schiff ohnehin relativ klein. Die Unterschiede können aber durch die Effekte an der<br />

freien Oberfläche <strong>und</strong> den Rudereinfluss begründet werden. Allein die freie Oberfläche kann<br />

nach Untersuchungen <strong>von</strong> [27] einen Soganteil <strong>von</strong> 30 % haben. Der Ruderanteil ist in etwa<br />

genauso groß [29]. Zusätzlich kommt es bei den gemessenen Sogkräften stark darauf an, ob im<br />

Widerstandsversuch das Ruder installiert war, oder ob <strong>und</strong> welche Propellerablaufhaube im<br />

Widerstandsversuch <strong>und</strong> Propulsionsversuch verwendet wurden. Weiterhin kann bei Propulsionsversuchen<br />

beobachtet werden, dass im Spalt zwischen Propellernabe <strong>und</strong> Wellenhose auf<br />

Gr<strong>und</strong> des dort vorhandenen Unterdruckgebietes eine Spaltkraft entsteht, die die gemessene<br />

Schubkraft überlagert. Insgesamt ist die Bestimmung der Sogkraft mit Modellversuchen schwierig,<br />

da die Kraft nur aus dem Vergleich <strong>von</strong> Widerstands- <strong>und</strong> Propulsionsversuch ermittelt<br />

werden kann.<br />

In Abb. 4.11 sind die berechneten Sogkräfte für dasselbe Schiff für verschiedene Steigungswinkel<br />

des Verstellpropellers <strong>und</strong> verschiedene Schiffsgeschwindigkeiten angegeben.<br />

Die mit Hilfe des Traglinienmodell ermittelten Schübe sind in Abbildung 4.12 zu sehen. Darin<br />

ist auch ein Vergleich der gemessenen <strong>und</strong> berechneten Schubkräfte für die Designsteigung (100<br />

%) enthalten. Das Propellermodell kann also als ausreichend genau für den betrachteten Zweck<br />

angesehen werden.<br />

29


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Abbildung 4.9: Berechnungsgitter (Schiff 1) inklusive der Nachlaufpaneele (blau) mit angedeutetem<br />

Propeller (gelb)<br />

Abbildung 4.10: Berechnete Druckverteilung ohne (oben) <strong>und</strong> mit (unten) Propeller (Hinterschiff<br />

<strong>von</strong> unten)<br />

30


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Abbildung 4.11: Berechnete Sogkräfte für einen Einschrauber<br />

Abbildung 4.12: Berechnete Schübe für den beim Einschrauber verwendeten Propeller<br />

Im nächsten Schritt sollen die Sogkräfte für umgesteuerte Propeller berechnet werden. Dazu<br />

wird die Sogkraft unter Pfahlzugbedingungen ermittelt. Der Propeller wird als umgedrehter<br />

Festpropeller mit Designsteigung modelliert. Zusätzlich wird der Propellerschub über der Drehzahl<br />

variiert. Es werden Rechnungen für einen Einschrauber <strong>und</strong> einen Zweischrauber gemacht.<br />

Die Resultate sind in Abbildung 4.13 zu sehen. Man kann klar erkennen, dass die Sogkräfte<br />

31


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

wesentlich zu klein werden, wenn man die aus dem Propulsionsversuch bei Entwurfsgeschwindigkeit<br />

ermittelte Sogziffer t verwendet. Die berechneten Sogkräfte sind erwartungsgemäß proportional<br />

zum Propellerschub. Die ermittelten Sog/Schub Kennwerte liegen für den Ein- <strong>und</strong><br />

Zweischrauber bei 30 % beziehungsweise 47 %. Der Rudereinfluss kann unter Pfahlzugbedingungen<br />

vernachlässigt werden. Die induzierten Geschwindigkeiten am Ruder sind verhältnismäßig<br />

klein, weil das Ruder im Ansaugbereich des Propellers liegt.<br />

Die Druckverteilung, welche sich beim Einschrauber bei einer Drehzahl <strong>von</strong> 23 1/min <strong>und</strong><br />

einem Schub <strong>von</strong> 126 kN ergibt, ist in Abb. 4.14 dargestellt. Für die Manövriersimulation ergibt<br />

sich die Konsequenz, dass das Sogmodell dahingehend modifiziert werden muss, dass für<br />

vorwärts- <strong>und</strong> rückwärtsgerichteten Propellerstrahl unterschiedliche Ansätze verwendet werden<br />

müssen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Verfahren implementiert, bei dem bei positivem<br />

Propellerschub die klassische Sogziffer aus dem Propulsionsversuch verwendet wird, um die<br />

Sogkraft zu bestimmen, wohingegen bei negativem Propellerschub die berechnete Sogziffer aus<br />

der Pfahlprobe verwendet wird. Hierzu ist nur eine einzige CFD-Rechnung notwendig, da der<br />

Sog proportional zur Schubkraft ist (Abb. 4.13).<br />

Abbildung 4.13: Berechnete Sogkräfte für Ein- (links) <strong>und</strong> Zweischrauber (rechts)<br />

4.1.7 Ruderkraftberechnung<br />

Für die Berechnung der Ruderkräfte wird im Vorfeld der Manövriersimulation das gleiche Verfahren<br />

wie für die Berechnung des Propellersoges verwendet. Als Beispiel sind die berechneten<br />

Ruderkräfte für einen Einschrauber für verschiedene Ruderwinkel <strong>und</strong> Schubbelastungsgrade<br />

in Abbildung 4.15 zu sehen. In der Manövriersimulation werden die Ruderkräfte <strong>und</strong> -momente<br />

durch Interpolation in diesen Kurven ermittelt.<br />

32


KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DER MANÖVRIERSIMULATION<br />

Abbildung 4.14: Berechnete Druckverteilung unter Pfahlzugbedingungen (Hinterschiff <strong>von</strong> unten)<br />

Abbildung 4.15: Berechnete Ruderkräfte für einen Einschrauber<br />

33


5 Maschinenanlage <strong>und</strong> Automation<br />

Die Schiffsantriebsanlage lässt sich zunächst grob in zwei Teile gliedern (Abb. 5.1). Als erster<br />

Teil ist hier das Teilsystem Maschinenanlage an sich, das heißt, der Motor mit den dazugehörigen<br />

Komponenten wie der Drehzahl- <strong>und</strong> Einspritzregelung, dem Turbolader <strong>und</strong> den<br />

an die Maschine gekoppelten Generatoren zu nennen. Mit dem zweiten Teil ist das Teilsystem<br />

Propeller gemeint. Das kann einen Festpropeller oder Verstellpropeller beinhalten. Eine Verstellpropelleranlage<br />

lässt sich wiederum in die Teile Propeller <strong>und</strong> in die Regelungstechnik zur<br />

Verstellung des Steigungswinkels aufteilen. Die Komponenten Schiffsmaschine <strong>und</strong> Verstellpropelleranlage<br />

sind dabei nicht unabhängig <strong>von</strong>einander. Sie interagieren direkt über die Regelungstechnik<br />

(Austausch <strong>von</strong> Ist-Größen, wie z.B. der Drehzahl) <strong>und</strong> indirekt über die Reaktion,<br />

die der jeweilige Teil auf das System Schiff auslöst. Eine Übersicht über das implementierte<br />

Abbildung 5.1: Gliederung der Antriebsanlage<br />

Modell für die Automation <strong>von</strong> Maschinenanlage <strong>und</strong> Verstellpropeller ist in Abbildung 5.2<br />

dargestellt. Die roten Linien sind Drehmomentsignale, die blauen betreffen die Drehzahl, die<br />

grünen Linien symbolisieren den Austausch <strong>von</strong> Propellersteigungssignalen <strong>und</strong> die schwarzen<br />

Linien sonstige Größen. Zusätzlich wird noch zwischen durchgezogenen <strong>und</strong> gestrichelten Linien<br />

unterschieden. Durchgezogene Linien zeigen den Verlauf der auszutauschenden Ist-Größen<br />

an, während die gestrichelten Linien für Sollwerte verwendet werden. Auf die einzelnen Module<br />

aus Abbildung 5.2 wird im Folgenden eingegangen.<br />

34


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

Abbildung 5.2: Blockschaltbild des Anlagenmodells<br />

5.1 Telegraf<br />

Der Maschinentelegraf befindet sich auf der Brücke des Schiffes. Von ihm gehen die Kommandos<br />

für die Fahrstufe <strong>und</strong> somit für die einzuregelnde Drehzahl <strong>und</strong> Propellersteigung aus (siehe<br />

auch Kapitel 5.4). Die Kommandos bewegen sich dabei im Raum zwischen voll zurück (-10)<br />

über Nullschub (0) bis voll voraus (10). In der Manövriersimulation wird zu Beginn eine Startgeschwindigkeit<br />

für das jeweilige Manöver angegeben. Daraufhin wird die korrespondierende<br />

Fahrhebelstellung iterativ ermittelt. Dazu werden im Kombinatormodul eine Drehzahl <strong>und</strong> eine<br />

Propellersteigung ermittelt <strong>und</strong> mit diesen Werten wird der Propellerschub berechnet. Falls<br />

der Propellerschub dem Schiffswiderstand (unter Berücksichtigung <strong>von</strong> Sogziffer <strong>und</strong> Windwiderstand)<br />

entspricht, ist die richtige Fahrhebelstellung für den Stationärbetrieb gef<strong>und</strong>en.<br />

5.2 Programmwahl-Modul (Program Selection)<br />

Das Programmwahl-Modul ist für die Erkennung <strong>und</strong> Verarbeitung <strong>von</strong> Kommandos für bestimmte<br />

Manöver zuständig.<br />

Bei Notstoppmanövern wird z.B. der Fahrhebel <strong>von</strong> einer Vorausfahrtstufe schlagartig auf voll<br />

zurück gesetzt. Dieses Kommando wird vom Modul als Notstoppmanöver interpretiert.<br />

Bei <strong>Schiffen</strong>, bei denen kein PTO (power take off: siehe auch Kapitel 5.14) zur Versorgung<br />

des elektrischen Bordnetzes verwendet wird, kann in diesem Fall ein spezielles Notstoppprogramm<br />

(crash stop program) aktiviert werden. Dieses Programm setzt den Drehzahlsoll-<br />

35


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

wert auf die Leerlaufdrehzahl des Motors, solange wie der Propeller eine positive Steigung<br />

hat. Dieses Verfahren dient dazu, Situationen zu vermeiden, in denen der Propeller in den<br />

Turbinenbetrieb gerät (siehe auch Kapitel 5.5), falls die Propellersteigung zu schnell gesenkt<br />

wird. In Abbildung 5.3 ist das gemessene Verhalten der Maschinenanlage unter Verwendung<br />

eines Notstoppprogramms zu sehen. Die Motordrehzahl sinkt bis zur 25. Sek<strong>und</strong>e. An dieser<br />

Stelle steigt die Motorbelastung wieder <strong>und</strong> die Motordrehzahl wird wieder gesteigert.<br />

Die Propellersteigung kann stetig verringert werden, ohne dass das Überdrehzahlschutz-Modul<br />

Abbildung 5.3: Maschinenanlage beim Notstopp (Schiff 1, See-Modus, v start = 22, 5 kn)<br />

eingreift (Kapitel 5.5). Die dargestellten Kurven gehören zu einem Manöver, welches mit einem<br />

Einschrauber (vgl. Kapitel 6.1) durchgeführt wurde. Durch das Notstoppprogramm kann<br />

der Stoppweg signifikant verringert werden. Simulationen des gleichen Manövers ergeben eine<br />

Verkürzung des Stoppweges um r<strong>und</strong> 400 Meter gegenüber der gleichen Anlage ohne Notstoppprogramm,<br />

da die maximale Rückwärtssteigung schneller erreicht wird. Bei Maschinen, die im<br />

Konstantdrehzahlmodus betrieben werden müssen, ist dieses Verfahren leider nicht anwendbar,<br />

da ansonsten die Netzfrequenz des PTO nicht gehalten werden kann. Eine Maßnahme zur Verringerung<br />

des Stoppweges ist aber in beiden Fällen ein leichtes Anheben der Solldrehzahl (ca.<br />

1 %), sobald die Propellersteigung negativ wird, um die Einspritzmenge zu erhöhen. Dadurch<br />

wird die Drehzahldrückung auf Gr<strong>und</strong> der steigenden Propellerlast vermindert.<br />

Das Signal Reset CMD wird bei Notstoppmanövern an das Modul Integrator Reset gesendet,<br />

wenn das Propellersteigungssignal sein Vorzeichen wechselt. Das ist insbesondere beim Einsatz<br />

des Notstoppprogramms notwendig, um ein unnötiges Überschwingen des PI-Reglers zu vermeiden.<br />

Dieser Überschwingvorgang wird dadurch hervorgerufen, dass sich der Integrator des<br />

Reglers sehr stark auflädt, wenn die Drehzahl durch das Notstoppprogramm abgesenkt wird.<br />

Zusätzlich ist bei allen Beispielschiffen ein Notfallmodus (Emergency-Mode) vorhanden. Dieser<br />

Notfallmodus erlaubt eine schnellere Lastaufschaltung. Die Begrenzung der Lastaufschaltung<br />

hat im Normalmodus die Funktion, die thermische Belastung des Motors zu verringern <strong>und</strong><br />

36


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

Rußbildung zu verhindern.<br />

5.3 Steigungskombinator- <strong>und</strong> Drehzahlkombinator-Modul (Pitch<br />

Combinator-, RPM Combinator Control)<br />

Das Steigungskombinator-Modul dient der Zuordnung <strong>von</strong> Sollwerten für die Propellersteigung<br />

zu der gewählten Fahrhebelstellung. Für die Regelung der Propellersteigung <strong>und</strong> der Drehzahl<br />

ist prinzipiell zwischen zwei Modi zu unterscheiden. Im Konstantdrehzahlmodus wird die<br />

Propellersteigung entsprechend der Sollwertvorgabe des Fahrhebels eingeregelt, während der<br />

Sollwert der Motordrehzahl konstant bleibt. Insbesondere Schiffe, die mit Hilfe <strong>von</strong> PTO Elektrizität<br />

für das Bordnetz bereitstellen, werden häufig im Konstantdrehzahlmodus betrieben, um<br />

eine konstante Netzfrequenz zu erhalten. Im Kombinatormodus sind Kennlinien hinterlegt,<br />

Abbildung 5.4: Beispiel für ein Kombinatordiagramm<br />

in denen ein Sollwert für Propellersteigung <strong>und</strong> Drehzahl vorgegeben werden, die der aktuellen<br />

Fahrhebelstellung entsprechen. Die blaue Kurve zeigt die Sollwerte für die Propellersteigung<br />

(in %P Design /D) <strong>und</strong> die magentafarbene Kurve stellt die Drehzahlsollwerte (in %n Nenn ) dar<br />

(Abb.5.4).<br />

Der Kombinatorbetrieb hat u.a. Vorteile beim Kraftstoffverbrauch im Teillastbetrieb sowie<br />

bezüglich der mechanischen <strong>und</strong> thermischen Beanspruchung des Motors. Bei einem stehenden<br />

Schiff erreicht man mit einer Absenkung der Propellerdrehzahl eine Leistungsreduzierung, die<br />

proportional zur dritten Potenz der Drehzahländerung ist.<br />

Häufig existiert zusätzlich zum See-Modus ein zweiter Kombinatormodus für die Revierfahrt<br />

37


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

(Manövriermodus). Dazu wird die Soll-Drehzahl ab einer bestimmten Fahrhebelstellung nicht<br />

weiter reduziert, damit die Maschinenanlage schneller auf Änderungen der Fahrhebelstellung<br />

reagieren kann.<br />

5.4 Steigungsbegrenzungsmodul (Pitch Maximum Selector)<br />

Das Steigungsbegrenzungsmodul ist ein Modul, das bei <strong>Schiffen</strong> mit PTO notwendig ist. Das<br />

Modul dient dazu, die Propellersteigung zu begrenzen, um eine Leistungsreserve für die PTO<br />

zu schaffen. Bei eingeschalteten PTO wird die Propellersteigung auf z.B. 97% der Designsteigung<br />

begrenzt. Wenn jetzt eine Aufschaltung elektrischer Verbraucher eingeleitet wird, kann die<br />

Leistung <strong>von</strong> der Maschinenanlage erzeugt werden, ohne eine Überlast zu erzeugen. Die Steigungsreduzierung<br />

wird des Weiteren zwischen z.B. 3 − 7% in Abhängigkeit <strong>von</strong> der PTO-Last<br />

<strong>von</strong> 0 − 100% linear interpoliert.<br />

5.5 Überdrehzahlschutz-Modul (Windmilling Modul)<br />

Die integrierte Verstellpropellerautomation sorgt dafür, dass eine Überdrehzahl des Motors<br />

vermieden wird (Windmilling Effect). Er tritt insbesondere bei Notstoppmanövern auf. Dabei<br />

wird auf Gr<strong>und</strong> der reduzierten Propellersteigung der Motor vom Propeller angetrieben, dass<br />

heißt, der Propeller arbeitet als Turbine.<br />

In Abbildung 5.5 ist das Verhalten der Maschinenanlage bei einem Notstoppmanöver <strong>von</strong> Beispielschiff<br />

2 (Kapitel 6.2) dargestellt. Nach 20 Sek<strong>und</strong>en ist durch die Absenkung der Propellersteigung<br />

die Propellerlast soweit verringert worden, dass der Propeller eine Überdrehzahl<br />

des Motors hervorruft. Durch die temporäre Erhöhung der Propellersteigung wird die Drehzahl<br />

verringert. Die Überdrehzahlsituation wird wieder aufgehoben, wenn der Propeller ein<br />

positives Moment aufnimmt (ca. 45. Sek<strong>und</strong>e). Das ist in der Regel dann der Fall, wenn die<br />

Propellersteigung das Vorzeichen wechselt. Für den Überdrehzahlschutz wird ein relativ einfaches<br />

Modell verwendet. Falls eine Überdrehzahl <strong>von</strong> n ist /n MAX > 1.02 vorliegt, wird das<br />

Überdrehzahlschutz-Modul aktiv. In diesem Fall ist der Propeller im Turbinenbetrieb <strong>und</strong> treibt<br />

den Motor an. Die Konsequenz aus diesem Sachverhalt ist, dass die Propellersteigung erhöht<br />

werden muss, falls der Propeller eine positive Steigung hat <strong>und</strong> dass die Steigung abgesenkt<br />

werden muss, falls die Propellersteigung τ negativ ist. Das heißt:<br />

τ soll =<br />

{<br />

τist + 0.1 , τ ist ≥ 0<br />

τ ist − 0.1 , τ ist < 0<br />

(5.1)<br />

Das Überdrehzahlschutz-Modul ist bei Notstoppmanövern besonders wichtig. Bei umgesteuerten<br />

Propellern <strong>und</strong> Vorausgeschwindigkeit kann es vorkommen, dass der Propeller in den<br />

Turbinenbetrieb gerät, was wiederum schädlich für den Schiffsmotor sein kann.<br />

Zusätzlich wurde auch ein Überdrehzahlschutz-Modul für den Bugpropeller <strong>von</strong> Doppelendfähren<br />

implementiert. Für den Fall, dass der Bugpropeller in Segelstellung gebracht oder aus ihr<br />

heraus bewegt werden soll, muss verhindert werden, dass der Propeller sowohl die negative als<br />

auch die positive Maximaldrehzahl der Maschine erreicht.<br />

38


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

Abbildung 5.5: Propulsionsanlage: Notstopp (Schiff 2); Überdrehzahl <strong>von</strong> der 20. - 45. Sek<strong>und</strong>e<br />

5.6 Überlastschutz-Modul (Overload-Modul) <strong>und</strong><br />

Bandbreiten-Modul (Bandwidth Selection)<br />

Das Überlastschutz-Modul ist Teil der Verstellpropellerautomation. Es sorgt dafür, dass<br />

der Dieselmotor nicht überlastet wird (overload).<br />

Friedrich [15] stellt im Rahmen seiner Untersuchungen fest, dass eine Steigungsregelung, welche<br />

ausschließlich das Drehzahlsignal verarbeitet, entweder zu hohe Drehzahlabweichungen zulässt<br />

(führt zum Black out) oder die Verstellgeschwindigkeiten zu niedrig werden (negativ bei Notstoppmanöver).<br />

Ein weiterer Nachteil sei die Schwingungsneigung des Systems. Diese Effekte<br />

werden im Rahmen dieser Arbeit nachvollzogen. Als Alternative schlägt Friedrich vor, auch<br />

die aktuelle Steigung <strong>und</strong> Einspritzmenge als Eingangssignal für die Steigungsregelung zu<br />

berücksichtigen. Das ist tatsächlich aus verschiedenen Gründen erforderlich, wie im Folgenden<br />

erläutert wird. Wie bei Friedrich, wird auch in dieser Arbeit zusätzlich zum Drehzahlsignal die<br />

Einspritzmenge zur Regelung der Propellersteigung herangezogen, womit wesentlich bessere<br />

Ergebnisse hinsichtlich der Drehzahlstabilität sowie des Stopp- <strong>und</strong> Beschleunigungsverhaltens<br />

erzielt werden konnten.<br />

Wird die zulässige Einspritzmenge überschritten, muss die absolute Propellersteigung reduziert<br />

werden, um das Lastmoment zu reduzieren. Bei konstanter Einspritzmenge hat dies einen<br />

Anstieg der Drehzahl zur Folge. Solange die Ist-Drehzahl deutlich unterhalb der Nenndrehzahl<br />

liegt, erhöht sich dadurch die maximal zulässige Last. Bei drehzahlgeregelten Schiffsmotoren mit<br />

Verstellpropellern wird dann die Einspritzmenge reduziert um die unveränderte Soll-Drehzahl<br />

zu erreichen. Das bedeutet, dass die Ist-Last auf ein zulässiges Maß reduziert wird.[14, S.52]<br />

39


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

Für das Überlastschutz-Modul schlägt Sell [48] folgendes Verfahren vor: Das Soll-Steigungsverhältnis<br />

τ Soll wird mit einem Faktor zwischen 0 <strong>und</strong> 1 multipliziert. Dieser Faktor sei wiederum<br />

Ausgang eines Integrators. Dieser Integrator hat als Eingangssignal einen Hystereseschalter,<br />

der als Eingangssignal wiederum die Abweichung der Einspritzmenge ζ ist <strong>von</strong> der<br />

Grenzeinspritzmenge ζ begr hat. Der Ausgangswert des Integrators ist zusätzlich auf den Bereich<br />

0 ≤ Ausgang ≤ 1. begrenzt. Dieser Entwurf für das Überlastschutz-Modul ist aber unter<br />

anderem dann problematisch, wenn τ Soll > 0 <strong>und</strong> τ ist < 0 (z.B. beim Beschleunigungsmanöver).<br />

Tritt in diesem Zustand eine Überlast des Motors auf, dann wird τ Soll zwar verringert, ist aber<br />

immer noch größer als τ ist <strong>und</strong> die Steigung <strong>und</strong> somit auch die Motorlast werden weiter erhöht.<br />

Das in dieser Arbeit implementierte Modell funktioniert wie folgt: Zunächst wird ermittelt, ob<br />

eine Überlastsituation vorliegt. Anschließend wird diese quantifiziert <strong>und</strong> zu diesem Zweck eine<br />

Korrekturzahl K ermittelt, die am Eingang der Steigungsregelung anliegt. K setzt sich aus<br />

den Anteilen K dyn , K rpm <strong>und</strong> K stat zusammen. K dyn stellt fest, ob die Ist-Drehzahl unter<br />

der Soll-Drehzahl liegt, was darauf hindeutet, dass die Propellerlast größer als das vom Motor<br />

zur Verfügung gestellte Moment ist. Dabei wird zur Stabilisierung ein Regelband <strong>von</strong> 1 %<br />

berücksichtigt:<br />

K dyn =<br />

{<br />

nist − n soll + Regelband , n ist − n soll + Regelband < 0<br />

0 , n ist − n soll ≥ 0.<br />

(5.2)<br />

Das Modul K rpm dient der Erkennung einer fallenden Drehzahl bei Beschleunigungsmanövern.<br />

Wenn im aktuellen Zeitschritt die Drehzahl gesunken ist, ist das auf ein zu schnelles Erhöhen<br />

der Propellersteigung zurückzuführen:<br />

K rpm =<br />

{<br />

nist − n i−1 , n ist − n i−1 < 0<br />

0 , n ist − n i−1 ≥ 0.<br />

(5.3)<br />

Der Parameter K stat dient der Erkennung <strong>von</strong> Zuständen, bei denen die maximale Einspritzmenge<br />

überschritten wird (Bandbreiten-Modul). Auch hier wird ein Regelband verwendet<br />

(5 %):<br />

{<br />

2 · ζmax − ζ<br />

K stat =<br />

ist − Regelband , ζ max − ζ ist − Regelband < 0<br />

(5.4)<br />

0 , ζ max − ζ ist − Regelband ≥ 0.<br />

Damit ist dann K = K dyn + K rpm + K stat . Im Regelfall sind nur die beiden Parameter K dyn<br />

<strong>und</strong> K stat aktiviert. Wenn der Motor hochgefahren werden soll (z.B. <strong>von</strong> Leerlaufdrehzahl<br />

auf Nenndrehzahl), dann sollte der Parameter K rpm aktiviert werden. Dieses Modul bewirkt,<br />

dass detektiert wird, ob die Drehzahl im letzten Zeitschritt i − 1 angestiegen ist oder ob die<br />

Propellersteigung reduziert werden muss. Falls dieses Modul aktiviert wurde, empfiehlt sich<br />

die Deaktivierung des K dyn Moduls, da dieses Modul sonst permanent eine nicht vorhandene<br />

Überlastsituation feststellt.<br />

Östreicher [43, S.113] stellt fest, dass das Hochfahren der Propellersteigung zu Beginn eines<br />

Beschleunigungsmanövers nur <strong>von</strong> der Leistung der Hydraulikpumpe des Verstellmechanismus<br />

abhängt. Später führt ein zu schnelles Hochfahren der Propellersteigung dazu, dass der Motor<br />

nicht genügend Ladeluft zur Verfügung hat <strong>und</strong> es somit negative Auswirkungen auf das Beschleunigungsverhalten<br />

gibt (größere Beschleunigungszeit).<br />

In der Verstellpropellerautomation gilt dann für den Fall einer detektierten Überlast:<br />

τ soll =<br />

{<br />

τist − K , τ ist < 0<br />

τ ist + K , τ ist ≥ 0.<br />

(5.5)<br />

40


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

Die Wirkungsweise des Überlastschutz-Moduls kann anhand eines Drehkreismanövers sehr<br />

gut verdeutlicht werden. In Abbildung 5.6 ist das Verhalten der Propulsionsanlage bei einem<br />

Backborddrehkreis eines Zweischraubers mit Viertaktdieselmotoren <strong>und</strong> Verstellpropellern<br />

dargestellt. Durch die Queranströmung der Propeller <strong>und</strong> die unterschiedlichen axialen<br />

Abbildung 5.6: Propulsionsanlage beim 45 ◦ Drehkreismanöver; v Start = 20, 3 kn<br />

Anströmgeschwindigkeiten bei äußerem <strong>und</strong> innerem Propeller wird die Drehmomentaufnahme<br />

erhöht. Da die Dieselmotoren keine zusätzliche Leistung zur Verfügung haben, muss das<br />

Überlastschutz-Modul die Propellersteigung reduzieren, um eine konstante Drehzahl beibehalten<br />

zu können. Die simulierten <strong>und</strong> gemessenen Endwerte für die Propellersteigung stimmen<br />

gut überein. Die Unterschiede führen zu der Überlegung, dass das Modell für die Querstromkoeffizienten<br />

überarbeitet werden muss. Zusätzlich ist im Diagramm zu sehen, dass die Steigung<br />

des außen liegenden Propellers stärker reduziert wird als die des inneren.<br />

5.7 Steigungsauswahl-Modul (Pitch Selection)<br />

Im Modul Steigungsauswahl werden die Sollwerte <strong>von</strong> Überdrehzahl- (Kapitel 5.5), Überlast-<br />

Modul (Kapitel 5.6) <strong>und</strong> Steigungsbegrenzungsmodul (Kapitel 5.4) gesammelt <strong>und</strong> ausgewertet.<br />

Für den Fall einer Überlast oder einer Überdrehzahlsituation wird das entsprechende Soll-<br />

Steigungskommando an den PD-Regler (Kapitel 5.8) weitergeleitet, wobei der Wert für die<br />

Soll-Propellersteigung den Wert des Steigungsbegrenzungsmoduls nicht überschreiten darf.<br />

41


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

5.8 PD-Regler (PD-Controller) <strong>und</strong> Proportionalventil<br />

(Proportional Valve)<br />

Zur Regelung der Propellersteigung an Bord <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong> werden hydraulische Anlagen verwendet<br />

(siehe z.B. [17]). Die Hydraulik hat eine Proportionalventilsteuerung. Die maximale<br />

Verstellgeschwindigkeit ist dabei nach Herstellerangaben implementiert worden. Dabei sind<br />

die maximal möglichen Verstellgeschwindigkeiten für positive <strong>und</strong> negative Geschwindigkeiten<br />

unterschiedlich (z.B. ˙τ max = (+)0, 638 ◦ /s bzw. (-) 0, 439 ◦ /s ). Der Sollwert für die Verstellgeschwindigkeit<br />

ergibt sich dann zu:<br />

τ˙<br />

i = 0, 5 · (P P · ˙τ max · (τ soll − τ ist ) + ˙τ i−1 ) (5.6)<br />

Wobei P der Proportionalanteil des Reglers ist <strong>und</strong> i,i-1 den aktuellen bzw. letzten Zeitschritt<br />

bezeichnen. Für den Proportionalanteil wird hier ein <strong>von</strong> der maximalen Verstellrate abhängiger<br />

Ansatz gemacht:<br />

3<br />

P P =<br />

˙τ max + 0.1 . (5.7)<br />

Dieser Wert gilt für alle Manöver. Für den Fall, dass der Motor aus einem niedrigen Drehzahlbereich<br />

heraus beschleunigt werden muss (z.B. beim Beschleunigungsmanöver oder nach dem<br />

Durchschreiten <strong>von</strong> τ = 0 bei Notstoppmanövern) wird der P-Anteil um den Faktor 3,6 erhöht,<br />

solange die Ist-Drehzahl kleiner als 98 % der Soll-Drehzahl beträgt. Die Mittelwertbildung<br />

zwischen aktuellem <strong>und</strong> letztem Zeitschritt soll eine Stabilisierung des Reglers bewirken.<br />

5.9 Lastaufschaltungsbegrenzung <strong>und</strong> drehzahlabhängige<br />

Einspritzmengenbegrenzung<br />

Normalerweise würde das Resultat des Drehzahlreglers als Eingangssignal für die Einspritzregelung<br />

des Motors dienen. Die Einspritzmenge muss aber gegebenenfalls zusätzlich begrenzt werden,<br />

um Rußbildung infolge unvollständiger Verbrennung <strong>und</strong> thermische Überlastung des Motors<br />

zu verhindern. Der Maximalwert für die Verhinderung <strong>von</strong> Rußbildung ist ζ soll (p Ladeluft ),<br />

welcher vom Ladeluftdruck p Ladeluft des Abgasturboladers abhängig ist. Der entsprechende<br />

Wert für die Verhinderung <strong>von</strong> thermischer Überlast (drehzahlabhängige Einspritzmengenbegrenzung:<br />

RPM-Torque Selection) ζ soll (n) mit der Motordrehzahl n wird dem vom<br />

Hersteller gelieferten Motorkennfeld entnommen (Abb. 5.8). Zusätzlich gibt es noch einen festzulegenden<br />

Wert für die maximal zulässige Einspritzmenge ζ max . Insgesamt heißt das, dass<br />

für die Wahl des richtigen Eingangssignals für die Einspritzregelung das Minimum aus drei<br />

verschiedenen Einspritzmengensollwerten (bzw. Drehmomentsollwerten) zu wählen ist:<br />

⎛<br />

⎜<br />

ζ begr = min ⎝<br />

ζ soll (p Ladeluft )<br />

ζ soll (n)<br />

ζ max<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (5.8)<br />

Der maximal/minimal zulässige Sollwert für die Einspritzmenge ζ soll (p Ladeluft ) wird vereinfacht<br />

ermittelt, indem der Gradient der Einspritzmengenänderung nach Herstellerangaben begrenzt<br />

wird (LIC Selection), da im Rahmen der Arbeit kein genaues Motorsimulationsmodul implementiert<br />

werden soll <strong>und</strong> die Größe Ladeluftdruck somit nicht zur Verfügung steht.<br />

42


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

Prinzipiell wird zwischen 3 verschiedenen Betriebszuständen bei den drei Motortypen unterschieden:<br />

Dem Normalmodus sowie dem Hoch- <strong>und</strong> Runterfahrmodus. Der Normalmodus bezeichnet<br />

den Betriebszustand, bei dem das Schiff Manöver im Bereich eines geringen Geschwindigkeitsbandes<br />

durchführt <strong>und</strong> bei denen konstante Sollwerte für die Motordrehzahl <strong>und</strong> die<br />

Propellersteigung eingehalten werden sollen. Das sind z.B. Drehkreis- oder Zickzack-Manöver.<br />

Im Hochfahrmodus befindet sich das Schiff, wenn die Motorleistung durch die Erhöhung der<br />

Sollwerte für Propellersteigung oder Drehzahl gesteigert werden soll. Der Runterfahrmodus wird<br />

für die Absenkung der Motorlast bei Verzögerungsmanövern benötigt, bei denen die Sollwerte<br />

für Steigung oder Drehzahl abgesenkt werden.<br />

Für Viertaktmotoren existiert parallel zu den drei oben erwähnten Modi noch ein Notfallmodus.<br />

Für das Hoch- <strong>und</strong> Herunterfahren in den verschiedenen Modi gelten die Werte aus<br />

Tabelle 5.a. Die Angaben in der Tabelle, wie 1 → 2, beziehen sich auf die Punkte im Motorkennfeld<br />

in Abb.5.7. Für E-Diesel wird zusätzlich zum Normalbetrieb ebenfalls ein Notfallmodus<br />

implementiert (Tabelle 5.b).<br />

Abbildung 5.7: Hochfahrprogramm für Viertaktdieselmotoren<br />

43


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

Tabelle 5.a: Hoch- <strong>und</strong> Runterfahrgeschwindigkeiten für Viertaktmotoren in Anlehnung an<br />

Herstellerangaben (MAK)<br />

Normalmodus Hochfahrmodus Runterfahrmodus<br />

in %Q M /s(dQ M ≥ 0, Q M < 70%) 1,82 1,20 (1 → 2) 2,184<br />

in %Q M /s(dQ M ≥ 0, Q M ≥ 70%) 1,82 0,10 (2 → 3) 2,184<br />

in %Q M /s(dQ M < 0) 1,82 3,00 2,730 (3 → 1)<br />

in %Q M /s Notfallmodus (dQ M ≥ 0) 1,82 2,57 (1 → 3) 2,184<br />

in %Q M /s Notfallmodus (dQ M < 0) 1,82 9,0 2,730 (3 → 1)<br />

Tabelle 5.b: Hoch- <strong>und</strong> Runterfahrgeschwindigkeiten für E-Diesel in Anlehnung an Herstellerangaben<br />

(MAK)<br />

Normalmodus<br />

in %Q M /s(dQ M ≥ 0) 1,82<br />

in %Q M /s(dQ < 0) 2,73<br />

in %Q M /s Notfallmodus (dQ M ≥ 0) 2,57<br />

in %Q M /s Notfallmodus (dQ M < 0) 9,0<br />

Für Zweitaktmotoren werden die <strong>von</strong> einem Maschinenhersteller angegebenen Werte aus<br />

Tabelle 5.c verwendet. Die Werte in der Tabelle stellen den Drehmomentgradienten dQ M /dt<br />

in %Q M /s (bezogen auf das Maximalmoment) dar.<br />

Tabelle 5.c: Hoch- <strong>und</strong> Runterfahrgeschwindigkeiten für Zweitaktmotoren in Anlehnung an<br />

Herstellerangaben (MAN)<br />

Normalmodus Hochfahrmodus Runterfahrmodus<br />

in %Q M /s 1,82 0,0728 4,55<br />

Die Beachtung dieser Beschränkung ist insbesondere bei Beschleunigungs-, aber auch bei<br />

Notstoppmanövern unerlässlich, da zunächst der Turbolader beschleunigt werden muss, um<br />

die notwendige Luftmasse für den Verbrennungsprozess bereitstellen zu können [43, S.113 f.].<br />

Zusätzlich erhöhen sich bei zu schnellem Beschleunigen die Schadstoffemissionen, der Verbrauch<br />

<strong>und</strong> die Abgastemperatur [16, S.1]. Der Motorkreislauf wird in der vorliegenden Arbeit nicht<br />

simuliert. Dies ist nicht notwendig, da durch die Vorgaben bezüglich der Lastaufschaltungsbeschränkung<br />

durch die simulierte Automation gewährleistet ist, dass der Motor die Lastnachfrage<br />

ohne Einschränkung erfüllen kann.<br />

In zusätzlichen Untersuchungen werden Tests mit einem Modul durchgeführt, bei dem die Soll-<br />

Einspritzmenge bei Lastaufschaltung schlagartig erhöht wird: Zellbeck [60, S.68] schlägt vor,<br />

das Verhalten des Reglers bei Lastaufschaltung (wie z.B. Beschleunigungsmanövern) zu verbessern,<br />

indem der Regler eine sofortige Einspritzmengenerhöhung bis zum Anschlag hervorruft<br />

<strong>und</strong> der Regler erst dann wieder in den Normalmodus wechselt, wenn eine bestimmte Maxi-<br />

44


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

maldrehzahl erreicht ist. Bei Generatorbetrieb wird so wesentlich schneller die einzuregelnde<br />

Drehzahl bei kleinerem Drehzahleinbruch erreicht.<br />

5.10 PI-Regler (PI-Governor)<br />

Die Anforderungen, die an eine Einspritzmengenregelung gestellt werden, sind [16, S.34 f.]<br />

• Stabilisierung der Leerlaufdrehzahl,<br />

• Abregelung beim Erreichen der maximalen Motordrehzahl,<br />

• stabile Einhaltung der Soll-Drehzahl <strong>und</strong><br />

• gutes Reaktionsvermögen auf Laständerungen.<br />

Im Leerlauf ist die nötige Brennstoffmenge <strong>von</strong> der Drehzahl <strong>und</strong> der Motorreibung abhängig.<br />

Die maximale Drehzahl darf auf Gr<strong>und</strong> der hohen Massenkräfte nicht überschritten werden,<br />

da es sonst zu Schäden am Motor kommen kann.<br />

Die Soll-Drehzahl muss insbesondere dann besonders stabil sein, wenn ein Generator (PTO)<br />

vom Motor angetrieben werden. Die Netzfrequenz ist schließlich proportional zur Motordrehzahl<br />

<strong>und</strong> eine Drehzahlabweichung kann zum Ausfall des Bordnetzes führen (Black out).<br />

Das kann z.B. bei Stoppmanövern mit Verstellpropellern zu einem Zielkonflikt führen [15], da<br />

der Propeller so schnell wie möglich Gegenschub erzeugen soll, aber auf dem Weg dorthin in<br />

den Turbinenbetrieb gelangen kann.<br />

Obwohl der an Bord installierte Drehzahlregler nichtlinear ist, wird in der Simulation ein Drehzahlregler<br />

verwendet, der die Motordrehzahl mit Hilfe eines PI-Gliedes regelt. Eine genauere<br />

Beschreibung des Referenzreglers Woodward UG-8 findet man in [54, S.137 ff.]. Um das Modell<br />

so einfach wie möglich zu halten, wird auf Verzögerungsglieder <strong>und</strong> einen differenziellen Anteil<br />

verzichtet. Diese Vereinfachungen sind nach Untersuchungen in einem ähnlichen Umfeld,<br />

welche <strong>von</strong> Ulken [54, S.146] <strong>und</strong> Zheng [62, S.119] durchgeführt wurden, ohne große Genauigkeitseinbußen<br />

zulässig. Die Filterung des Drehzahlsignals durch einen Tiefpassfilter wird auf<br />

Gr<strong>und</strong> des fehlenden Differentialanteils als nicht notwendig erachtet.<br />

Der Regler hat die Eingangsgrößen Ist-Drehzahl n ist <strong>und</strong> Soll-Drehzahl n soll . Die Ausgangsgröße<br />

ist die Soll-Einspritzmenge ζ soll . Die Gleichung für den Drehzahlregler lautet:<br />

∫<br />

ζ soll = P F · (n Soll − n ist ) + I (n Soll − n ist )dt (5.9)<br />

Die Werte für den P- bzw. den I-Anteil wurden durch systematisches Probieren in der Weise<br />

ermittelt, dass der Regler das während Messfahrten gemessene Reglerverhalten möglichst gut<br />

nachbildet. Ferner musste auf die Stabilität des Reglers insbesondere in Zusammenarbeit mit<br />

der Propellersteigungsregelung geachtet werden.<br />

5.11 Integrator Reset<br />

Das Modul Integrator Reset wird vom Programmwahl-Modul aufgerufen, wenn ein Notstoppmanöver<br />

ausgeführt wird <strong>und</strong> die Propellersteigung das Vorzeichen wechselt, das heißt, nachdem<br />

das Propellerlastmoment kontinuierlich gesunken ist, während die Propellersteigung <strong>von</strong><br />

45


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

einem Wert um die 100 % auf 0 % verstellt wurde. Mit anderen Worten, nachdem die Motorlast<br />

gesenkt wurde <strong>und</strong> durch den Anstieg der Propellersteigung im negativen Bereich wieder<br />

erhöht wird. Der Integrator des Drehzahlreglers wird an dieser Stelle auf den Startwert gesetzt,<br />

um ein zu starkes Überschwingen des Reglers zu vermeiden.<br />

5.12 Drehmoment Auswahl (Torque Minimum Selector)<br />

Als Eingangssignal für die Einspritzmenge der Hauptmaschine muss das Minimum des Sollwertes<br />

vom PI-Regler, der drehzahlabhängigen Einspritzmengenbegrenzung <strong>und</strong> der Lastaufschaltungsbegrenzung<br />

gebildet werden:<br />

( )<br />

ζsoll<br />

ζ = min<br />

(5.10)<br />

ζ begr<br />

5.13 Hauptmaschine<br />

Die Schiffsmaschine wird in der Simulation mit einfachen Motorkennfeldern nach Herstellerangaben<br />

beschrieben. Die entsprechenden Diagramme für einen mittelschnelllaufenden Viertakt<strong>und</strong><br />

einen Zweitaktmotor sind in Abbildung 5.8 zu sehen. Die magentafarbene Kurve zeigt die<br />

Begrenzungen eines Viertaktdieselmotors im Dauerbetrieb an, während die blaue Kurve den<br />

Zweitaktdieselmotor beschreibt. Die gelbe Kurve ist aus der Automation <strong>von</strong> Beispielschiff 2<br />

entnommen <strong>und</strong> zeigt die während des Manövrierens zulässigen Leistungen für den Motor an.<br />

Diese Grenzwerte sind bei Manövern kurzzeitig zulässig. Es fällt auf, dass der Leistungsverlauf<br />

im Bereich der Nenndrehzahl einen nicht so steilen Verlauf wie die Kurve des Anlagenherstellers<br />

aufweist. Es ist aus regelungstechnischer Sicht ein großer Vorteil, wenn der Gradient des<br />

maximalen Motormoments bezüglich der Motordrehzahl klein ist. Die Modellierung mit Kennfeldern<br />

scheint für die Simulation <strong>von</strong> Schiffsmanövern ausreichend zu sein, wenn das Verhalten<br />

der Schiffsmaschinenanlage nicht näher analysiert werden soll. Sogar ein Zweitakmotor mit 120<br />

Umdrehungen pro Minute reagiert mit einer zu vernachlässigenden Verzögerung <strong>von</strong> 0,5 Sek<strong>und</strong>en<br />

auf eine Einspritzmengenänderung. [59] Im Rahmen dieser Arbeit wird also nicht die<br />

Motorphysik modelliert, sondern es wird da<strong>von</strong> ausgegangen, dass die in der Automation hinterlegten<br />

Kennfelder zu zulässigen Belastungen führen <strong>und</strong> die entsprechende Leistungsnachfrage<br />

erfüllbar ist.<br />

Detailliertere Modelle der Maschinenanlage sind unter anderem bei [8], [16], [20], [43], [45] oder<br />

[59] aufgeführt. So finden sich zum Beispiel in [47, S.21-34] Modelle für die Beschreibung <strong>von</strong><br />

Zylinderprozess, Abgasturboladerverdichter <strong>und</strong> -turbine <strong>und</strong> den dazugehörigen Kreisprozess,<br />

wobei das Gr<strong>und</strong>modell aus u.a. [59] entnommen wurde. Darin ist beschrieben, wie das System<br />

Motor unter genauer Berücksichtigung der Aufladungsgruppe implementiert werden kann.<br />

5.14 Generatoren (PTO)<br />

PTO-Anlagen (Power take off) werden auf <strong>Schiffen</strong> zur Erzeugung <strong>von</strong> Elektrizität für das<br />

Bordnetz eingesetzt. Diese Generatoren sind über ein Getriebe mit der Propellerwelle (Kapitel<br />

46


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

Abbildung 5.8: Motorkennfelder für einen Zweitakt- <strong>und</strong> einen Viertaktmotor (normiert)<br />

5.15) verb<strong>und</strong>en. Die PTO-Drehzahl muss dabei konstant gehalten werden, da eine konstante<br />

Frequenz für das Bordnetz generiert werden muss. Daher werden PTO-Anlagen meistens in Verbindung<br />

mit Verstellpropellern eingesetzt. Die Wirkung der PTO Generatoren an der Wellenleitung<br />

wird in dreierlei Hinsicht berücksichtigt, zum einen über die Massenträgheitsmomente<br />

(Kapitel 5.16) der PTO <strong>und</strong> zum anderen über das vom PTO an der Propellerwelle abgegriffene<br />

Drehmoment. In der Methode kann sowohl eine während des Manövers konstante PTO-<br />

Leistung als auch eine variable Leistungsaufnahme simuliert werden. Zusätzlich muss ein PTO<br />

aber auch in der Automation berücksichtigt werden. In der Verstellpropellerautomation muss<br />

im Steigungsbegrenzungsmodul (Kapitel 5.4) eine Reserveleistung vorgehalten werden, die dem<br />

Propeller dann nicht zur Verfügung steht, wenn die PTO aktiviert sind.<br />

5.15 Propellerwelle<br />

An der Propellerwelle greifen die Drehmomente <strong>von</strong> Hauptmaschine, PTO <strong>und</strong> Propeller an.<br />

Daraus ergibt sich die Drehzahl der Welle <strong>und</strong> somit auch die Drehzahl <strong>von</strong> Hauptmaschine<br />

(eventuell über ein Getriebe), PTO <strong>und</strong> Propeller. Die Drehzahländerung mit dem Massenträgheitsmoment<br />

J (Kapitel 5.16) für die Welle ist somit:<br />

dn<br />

dt = Q M − Q P T O − Q P<br />

2 ∗ π ∗ J<br />

(5.11)<br />

47


KAPITEL 5. MASCHINENANLAGE UND AUTOMATION<br />

5.16 Massenträgheitsmomente<br />

Die Massenträgheitsmomente <strong>von</strong> Hauptmaschine, Propellerwelle, PTO <strong>und</strong> Propeller werden<br />

nach Angaben <strong>von</strong> Maschinenherstellern berechnet.<br />

Für das Massenträgheitsmoment der Propeller müssen auch die hydrodynamischen Anteile<br />

berücksichtigt werden. Die Trägheitsmomente sind aus gr<strong>und</strong>sätzlichen Überlegungen in<br />

der 4. bis 5. Potenz vom Radius abhängig. Als Gr<strong>und</strong>lage für die Berechnung der Massenträgheitsmomente<br />

dienen sowohl Herstellerangaben für 2 verschiedene aktuelle Propellerentwürfe<br />

(5 m <strong>und</strong> 6,1 m Durchmesser) als auch Auslegungsdiagramme aus [36], welche auf den Propellern<br />

der Wageninger B-Serie beruhen. Im Diagramm 5.9 ist das Massenträgheitsmoment inklusive<br />

hydrodynamischer Anteile in Abhängigkeit vom Propellerdurchmesser doppelt-logarithmisch<br />

aufgetragen. Zusätzlich ändert sich das Massenträgheitsmoment <strong>von</strong> Verstellpropellern mit der<br />

Abbildung 5.9: Massenträgheitsmomente für Propeller in Abhängigkeit vom Durchmesser<br />

Propellersteigung, auf Gr<strong>und</strong> der sich ändernden hydrodynamischen Anteile. Hier wird ein linearer<br />

Ansatz gemacht. Das Massenträgheitsmoment bei 0 ◦ sinkt um 30 % bezogen auf die Designsteigung<br />

<strong>und</strong> wächst dann wieder auf den vollen Betrag, wenn 100 % der Rückwärtssteigung<br />

erreicht werden.<br />

48


6 Beispiele<br />

Im Folgenden soll anhand <strong>von</strong> Beispielrechnungen für zwei ausgewählte Schiffe die Funktionsfähigkeit<br />

der entwickelten Modelle demonstriert werden. Dabei werden die ermittelten Werte,<br />

soweit möglich, mit Großausführungsmessungen verglichen, welche <strong>von</strong> der Flensburger<br />

Schiffbau-Gesellschaft mbH <strong>und</strong> Co. KG zur Verfügung gestellt wurden.<br />

Im Anschluss wird gezeigt, wie mit den entwickelten Modellen die Anlagenautomation vom<br />

Beispielschiff 3 optimiert wird. Dieses Schiff befindet sich derzeit noch in der Konstruktionsphase.<br />

6.1 Beispielschiff 1<br />

Das erste untersuchte Schiff ist ein RoRo-Schiff mit einem Antrieb bestehend aus einem Verstellpropeller<br />

<strong>und</strong> einem Zweitaktdieselmotor. Die Hauptabmessungen des Schiffes sind in Tabelle<br />

6.a aufgeführt. In Abbildung 6.1 ist der Spantenriss des Schiffes zu sehen.<br />

Das Schiff fährt im Kombinatorbetrieb. Dabei ist neben dem Kombinatordiagramm für den<br />

Normalbetrieb noch ein Kombinatordiagramm für den Manövrierbetrieb hinterlegt. Zwischen<br />

beiden Modi kann auf der Brücke gewählt werden. In der Automation der Anlage ist ein Notstoppprogramm<br />

hinterlegt, mit dessen Hilfe der Anhalteweg reduziert werden soll.<br />

Die Nenndrehzahl des Motors liegt bei 123 Umdrehungen pro Minute. Der Propellerdurchmesser<br />

beträgt 6,1 m.<br />

Das Schiff ist mit einem Vollschweberuder ausgestattet, dessen Kraftbeiwerte in Diagramm<br />

4.15 dargestellt sind.<br />

Abbildung 6.1: Spantenriss für Beispielschiff 1<br />

49


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

L pp<br />

B<br />

T D<br />

Verdrängung<br />

Servicegeschwindigkeit<br />

Propulsion<br />

Tabelle 6.a: Beispielschiff 1<br />

189,69 m<br />

26,50 m<br />

6,95 m<br />

ca. 20.000 t<br />

ca. 23 Knoten<br />

Einschrauber / Zweitaktdieselmotor / Verstellpropeller<br />

6.1.1 Drehkreismanöver<br />

Das Drehkreismanöver wird zur Bestimmung der Zeiten <strong>und</strong> des Platzbedarfs für plötzliche<br />

Kursänderungen aus der Geradeausfahrt heraus durchgeführt. Beim Drehkreismanöver fährt<br />

das Schiff zunächst ohne Ruderlage (bzw. mit dem neutralen Ruderwinkel bei Einschraubern)<br />

mit der Designgeschwindigkeit geradeaus. Dann wird das Ruder auf den bei den jeweiligen<br />

Manövern angegebenen Winkel gelegt. Das Schiff fährt nun auf einer Kreisbahn (siehe auch<br />

Abb. 6.2). Laut IMO Vorschrift (Resolution A.751(18) vom 4.11.1993) darf das Schiff dabei<br />

einen maximalen Fortschritt (Advance) <strong>von</strong> 4,5 x Schiffslänge haben. Der taktische Durchmesser<br />

darf nicht größer als 5 x Schiffslänge sein.<br />

Abbildung 6.2: Skizze des Drehkreismanövers<br />

50


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.3: Bahnverlauf eines Steuerborddrehkreises (45 ◦ Ruderwinkel) für Schiff 1<br />

Abbildung 6.4: Geschwindigkeitsverlauf während eines Steuerborddrehkreises (45 ◦ Ruderwinkel)<br />

für Schiff 1<br />

51


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.5: Propulsionsdaten während eines Steuerborddrehkreises (45 ◦ Ruderwinkel) für<br />

Schiff 1<br />

Die Diagramme 6.3-6.4 zeigen die gute Übereinstimmung zwischen Simulation <strong>und</strong> Rechnung<br />

für Bahn <strong>und</strong> Geschwindigkeitsverlauf. Die Propulsionsdaten stimmen nicht sehr gut<br />

überein. Zu Beginn des Manövers ist ein Unterschied bei den Drehzahlen <strong>und</strong> den Momenten<br />

feststellbar. Zudem ist das gemessene Drehzahlsignal sehr sprunghaft. Außerdem steigt die<br />

Drehzahl <strong>und</strong> das Moment während der Messfahrt kontinuierlich, was darauf hindeutet, dass<br />

die Einspritzmenge während des Manövers erhöht wird.<br />

Die Simulation wurde vor der Probefahrt durchgeführt. Sowohl Simulation als auch Messung<br />

zeigen den bei Drehkreisen typischen Anstieg der Propellerbelastung in der Andrehphase. In<br />

dieser Zeit fällt die Vorausgeschwindigkeit <strong>von</strong> 22,5 Knoten auf ca. 9 Knoten. Nach etwa 200<br />

Sek<strong>und</strong>en befindet sich das Schiff auf einer stationären Kreisbahn <strong>und</strong> Vorausgeschwindigkeit<br />

sowie Propellerbelastung bleiben konstant.<br />

Die Diskrepanzen zwischen den vorher berechneten <strong>und</strong> den gemessenen Motormomenten<br />

kommen dadurch zustande, dass die Drehzahl während des gemessenen Manövers durch eine<br />

Erhöhung der Einspritzmenge auf 100% gesteigert wird, was nicht dem Kombinatordiagramm<br />

entspricht.<br />

6.1.2 Notstoppmanöver<br />

Stoppversuche werden während der Probefahrt durchgeführt, um die Stoppzeit <strong>und</strong> den Stoppweg<br />

zu ermitteln <strong>und</strong> darüber hinaus, um die Maschinenanlage zu testen. Das Schiff fährt<br />

zunächst ohne Ruderlage (bei Einschraubern mit dem neutralen Ruderwinkel) mit der Designgeschwindigkeit<br />

geradeaus. Bei Anlagen mit Festpropellern wird jetzt die Maschine gestoppt<br />

<strong>und</strong>, sobald möglich, umgesteuert. Bei <strong>Schiffen</strong> mit Verstellpropellern werden die Propellerflügel<br />

52


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

auf negative Steigung eingestellt. Während des Manövers bleibt das Ruder in der Ausgangslage.<br />

Laut IMO Vorschrift (Resolution A.751(18) vom 4.11.1993,[42]) darf der Stoppweg des Schiffes<br />

15 Schiffslängen nicht übersteigen.<br />

Abbildung 6.6: Propulsionsdaten beim Notstoppmanöver im See-Modus für Schiff 1<br />

Abbildung 6.7: Geschwindigkeitsverlauf beim Notstoppmanöver im See-Modus für Schiff 1<br />

53


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Die gemessenen <strong>und</strong> berechneten Daten stimmen gut überein. Zu Beginn des Manövers<br />

kann die Wirkung des Notstoppprogramms beobachtet werden (Kapitel 5.2). Zunächst sinkt<br />

die Drehzahl, bis der Steigungswinkel des Verstellpropellers einen Nulldurchgang hat, dadurch<br />

kann eine Überdrehzahlsituation vermieden werden. Der gemessene Stoppweg beträgt 940 m.<br />

Das Schiff benötigt 187,5 Sek<strong>und</strong>en, um diese Strecke zurückzulegen. Prognostiziert wird eine<br />

Distanz <strong>von</strong> 913 m mit einer Stoppzeit <strong>von</strong> 156 Sek<strong>und</strong>en. Die unterschiedlichen Geschwindigkeitsverläufe<br />

zum Ende des Manövers haben auf Gr<strong>und</strong> der langsamen Geschwindigkeiten<br />

keinen großen Anteil am Stoppweg.<br />

Bei der Betrachtung der Propulsionsdaten fällt auf, dass das Steigungssignal in der Endphase<br />

des Notstoppmanövers bei der Großausführung -100 % erreicht, während in der Simulation nur<br />

-60% erreicht werden. Trotzdem wird der Stoppweg gut vorhergesagt, was darauf hindeutet,<br />

dass der Propellerschub korrekt berechnet wurde. Der Gr<strong>und</strong> für diesen Unterschied kann ein<br />

Lufteinbruch am Propeller sein. Für einen ähnlichen Propeller wurden in der HSVA Versuche<br />

gemacht, bei denen Schub <strong>und</strong> Moment eines Propellers für zwei Trimmzustände <strong>und</strong> mehrere<br />

Propellerdrehzahlen gemessen wurden. Beide Versuche fanden unter Pfahlzugbedingungen<br />

statt. Im einen Fall war das Schiff unvertrimmt <strong>und</strong> der Propeller hatte in der 12 Uhr Position<br />

eine Tauchung <strong>von</strong> 64 cm im statischen Fall (bezogen auf die Großausführung). In der zweiten<br />

Versuchsreihe hat der Propeller nur noch eine Tauchung <strong>von</strong> 25 cm, was bei operierendem<br />

Propeller mit großer Wahrscheinlichkeit zum Ansaugen <strong>von</strong> Luft führt. Die beiden Versuchsreihen<br />

werden miteinander verglichen <strong>und</strong> der Vergleich wird in Diagramm 6.8 dargestellt.<br />

Die magentafarbene Kurve zeigt den Schub- <strong>und</strong> Momentenverlust bei Lufteinbruch bezogen<br />

auf die unvertrimmte Schwimmlage für verschiedene Drehzahlen. Es ist klar zu erkennen, dass<br />

Schub- <strong>und</strong> Momentenreduktion in etwa gleich groß sind. Die grüne Kurve zeigt die Schübe<br />

<strong>und</strong> Momente des Propellers <strong>von</strong> Beispielschiff 1 für verschiedene Propellersteigungen an. Die<br />

Werte sind dabei auf die Schübe <strong>und</strong> Momente bei -100 % Propellersteigung bezogen. Wenn<br />

jetzt im Fall <strong>von</strong> Lufteinbruch eine Schub- <strong>und</strong> Momenten-Reduktion <strong>von</strong> ca. 60 % stattfindet,<br />

kann dies durch eine Verringerung der Propellersteigung <strong>von</strong> -60 % auf -100 % ausgeglichen<br />

werden. Mit anderen Worten: Schub <strong>und</strong> Moment eines Verstellpropellers mit -60 % Steigung<br />

ohne Lufteinbruch ist in etwa so groß wie bei einem Propeller mit -100 % Steigung bei Lufteinbruch.<br />

Beim berechneten <strong>und</strong> gemessenen Notstoppmanöver im Manövrier-Modus kann der gleiche<br />

Effekt beobachtet werden. Im Unterschied zum See-Modus, fährt das Schiff im Konstantdrehzahlmodus.<br />

Folglich ist auch kein Notstoppprogramm aktiviert. Gemessener (829,3 m bei 175<br />

Sek<strong>und</strong>en) <strong>und</strong> simulierter (748 m bei 139 Sek<strong>und</strong>en) Stoppweg stimmen auch hier gut überein,<br />

jedoch nicht so gut, wie beim gleichen Manöver im See-Modus. Dies kann zum Teil an den stochastischen<br />

Umweltbedingungen liegen (1 m signifikante Wellenhöhe), welche nur zum Teil in<br />

der Simulation berücksichtigt werden können, <strong>und</strong> zum Beispiel zu einem Querversatz durch<br />

Giermomente führen (See-Modus: 100 m bei 940 m Stoppweg; Manövrier-Modus: 50 m bei 830<br />

m). Der berechnete Momentenverlauf stimmt allerdings sehr gut mit den Probefahrtsmessungen<br />

überein (Abb. 6.9), da (anders als beim Notstoppmanöver im See-Modus) zum Zeitpunkt<br />

des Manövers auch die Lastaufschaltungsbegrenzung gemäß der Herstellerangaben aktiviert<br />

war.<br />

54


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.8: Schub- <strong>und</strong> Momentenreduktion bei Lufteinbruch<br />

Abbildung 6.9: Propulsionsdaten beim Notstoppmanöver im Manövrier-Modus für Schiff 1<br />

55


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.10: Geschwindigkeitsverlauf beim Notstoppmanöver im Manövrier-Modus für<br />

Schiff 1<br />

6.1.3 Beschleunigungsmanöver<br />

Auf der Probefahrt wurde zusätzlich ein Beschleunigungsmanöver durchgeführt. Das Schiff wurde<br />

in für die Automation minimal möglicher Zeit <strong>von</strong> 0 Knoten auf 22,5 Knoten beschleunigt.<br />

Die Maschinenanlage wurde dabei im Kombinatormodus betrieben. Zu Beginn des Manövers<br />

ist die Motordrehzahl entsprechend dem Kombinatordiagramm auf die Leerlaufdrehzahl eingeregelt.<br />

Die Propellersteigung ist so eingestellt, dass das Schiff keine Fahrt mehr macht (Nullschubstellung).<br />

Im Diagramm 6.12 sind die Geschwindigkeitsverläufe für das gemessene <strong>und</strong><br />

das gerechnete Manöver im See-Modus zu sehen. Insgesamt steigt die gemessene Geschwindigkeit<br />

im letzten Abschnitt langsamer als die vorausberechnete. Allerdings ist der Geschwindigkeitsgradient<br />

an dieser Stelle sehr klein, so dass nicht auszuschließen ist, dass schon kleine<br />

Änderungen in den Umgebungsbedingungen für eine Beschleunigungszeitveränderung in dieser<br />

Größenordnung verantwortlich sein können. Die Momentenverläufe sind trotzdem ähnlich <strong>und</strong><br />

die Beschleunigungszeit wurde relativ gut getroffen.<br />

56


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.11: Propulsionsdaten beim Beschleunigungsmanöver für Schiff 1<br />

Abbildung 6.12: Geschwindigkeitsverlauf beim Beschleunigungsmanöver für Schiff 1<br />

57


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

6.2 Beispielschiff 2<br />

Das zweite Schiff ist ein RoRo-Schiff mit einem Antrieb bestehend aus zwei Verstellpropellern<br />

<strong>und</strong> zwei Viertaktdieselmotoren. Die Hauptabmessungen des Schiffes sind in Tabelle 6.b zu<br />

sehen. In Abbildung 6.13 ist der Spantenriss des Schiffes dargestellt.<br />

Da bei diesem Schiff PTO-Anlagen zur Versorgung des Bordnetzes verwendet werden, fährt das<br />

Schiff im Konstantdrehzahlmodus. Die Nenndrehzahl des Motors liegt bei 500 Umdrehungen<br />

pro Minute, die mit Hilfe eines Getriebes auf die Propellerdrehzahl <strong>von</strong> 140 1/min übersetzt<br />

wird. Der Propellerdurchmesser beträgt 5 m.<br />

Das Schiff ist mit zwei Vollschweberudern ausgestattet.<br />

L pp<br />

B<br />

T D<br />

Verdrängung<br />

Servicegeschwindigkeit<br />

Propulsion<br />

Tabelle 6.b: Beispielschiff 2<br />

182,39 m<br />

26,00 m<br />

5,7 m<br />

ca. 15.000 t<br />

ca. 21,5 Knoten<br />

Zweischrauber / Viertaktdieselmotoren / Verstellpropeller<br />

Abbildung 6.13: Spantenriss für Beispielschiff 2<br />

6.2.1 Drehkreismanöver<br />

Der berechnete Bahnverlauf für das Drehkreismanöver (Abb. 6.14) stimmt nicht so gut mit der<br />

Messung überein, wie dies beim Schiff 1 der Fall war. Der Geschwindigkeitsverlauf (Abb. 6.15)<br />

wird allerdings sehr gut getroffen. Für das Manöver liegt leider keine detaillierte Messung über<br />

das Verhalten der Maschinenanlage vor (Abb. 6.16). Die Werte für die Propellersteigung wurden<br />

aber gegen Ende des Manövers abgelesen: 82% (berechnet 75, 5%) für den Backbord- (PS) <strong>und</strong><br />

73% (berechnet 73%) für den Steuerbordpropeller (XB). Die Senkung der Propellersteigung<br />

erfolgt, da das Propellermoment auf Gr<strong>und</strong> <strong>von</strong> zwei Tatsachen im Drehkreis steigt. Einerseits<br />

hat der äußere Propeller (XB) eine größere axiale Anströmgeschwindigkeit, was zu einer im<br />

Vergleich zum inneren Propeller niedrigeren Belastung führt. Andererseits ist der äußere Propeller<br />

einer größeren Queranströmung ausgesetzt. Da der letzte der beiden Effekte überwiegt,<br />

58


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

steigt die Belastung des äußeren Propeller insgesamt stärker als die des inneren. Dies führt in<br />

Messung <strong>und</strong> Simulation zu einer größeren Steigungsreduktion beim Steuerbordpropeller.<br />

Abbildung 6.14: Bahnverlauf eines Backborddrehkreises (45 ◦ Ruderwinkel) für Schiff 2<br />

Abbildung 6.15: Geschwindigkeitsverlauf während eines Backborddrehkreises (45 ◦ Ruderwinkel)<br />

für Schiff 2<br />

59


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.16: Propulsionsdaten beim Backborddrehkreis (45 ◦ Ruderwinkel) für Schiff 2<br />

6.2.2 Notstoppmanöver<br />

Das Notstoppmanöver wird sehr realistisch simuliert. Sowohl die Propulsionsdaten (Abb. 6.17)<br />

als auch die Geschwindigkeiten (Abb. 6.18) zeigen qualitativ <strong>und</strong> quantitativ den gleichen<br />

Verlauf. Der Stoppweg (gemessen: 916 ;berechnet 961 m) wurde ebenso präzise vorhergesagt<br />

wie die Stoppzeit (gemessen: 186 s;berechnet 181 s). Anders als beim Notstoppmanöver im<br />

Beispiel 1, wird die Steigungsreduktion richtig prognostiziert. Bei diesem Schiff ist nicht mit<br />

einem Lufteinbruch am Propeller zu rechnen. Die hydrostatische Propellertauchung in der 12<br />

Uhr Stellung beträgt hier immer noch 64 cm, wohingegen sie bei Schiff 1 nur 28 cm beträgt.<br />

Außerdem weisen die Schiffslinien im Hinterschiff keine Tunnelung auf, wie es beim Schiff 1 der<br />

Fall ist.<br />

6.2.3 Beschleunigungsmanöver<br />

Für das Beschleunigungsmanöver im Konstantdrehzahlmodus liegen leider keine Messdaten<br />

vor. Die Propulsionsdaten in Diagramm 6.19 zeigen, wie der Verstellwinkel langsam erhöht<br />

wird, ohne einen Drehzahleinbruch zu verursachen. Der Geschwindigkeitsverlauf ist in Abb.<br />

6.20 zu sehen. Das Schiff braucht 267 Sek<strong>und</strong>en, um seine Endgeschwindigkeit <strong>von</strong> 21,5 Knoten<br />

zu erreichen. Nach 28 Sek<strong>und</strong>en ist bereits der gleiche Schub erreicht, der bei der Entwurfsgeschwindigkeit<br />

erzeugt wird.<br />

60


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.17: Propulsionsdaten beim Notstoppmanöver für Schiff 2<br />

Abbildung 6.18: Geschwindigkeitsverlauf beim Notstoppmanöver für Schiff 2<br />

61


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.19: Propulsionsdaten beim Beschleunigungsmanöver für Schiff 2<br />

Abbildung 6.20: Geschwindigkeitsverlauf beim Beschleunigungsmanöver für Schiff 2<br />

62


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

6.3 Beispielschiff 3<br />

Das dritte Schiff ist eine Doppelendfähre. Der Antrieb besteht aus zwei Verstellpropellern <strong>und</strong><br />

4 Viertaktdieselmotoren mit Generatoren, die zur Versorgung der beiden Asynchronmotoren<br />

eingesetzt werden. Die Hauptabmessungen des Schiffes sind in Tabelle 6.c zu sehen. Abbildung<br />

6.22 zeigt den Spantenriss des Schiffes.<br />

Bei der untersuchten Doppelendfähre werden extrem hohe Anforderungen an die Manövrierfähigkeit<br />

gestellt, da sie in schwieriger Umgebung operiert (vgl. Abb. 6.21). Im sogenannten Active<br />

Pass treten komplexe Strömungszustände auf (bis zu 8 Knoten Gezeitenströmung), welche u.a.<br />

Schiffsbegegnungen erschweren. Da das Seegebiet unter Naturschutz steht, ist eine spezielle<br />

Genehmigung für Schiffe erforderlich, welche in diesem Seegebiet verkehren sollen.<br />

Abbildung 6.21: Seegebiet Active Pass in British Columbia, Kanada<br />

Die im Rahmen dieser Arbeit implementierten Modelle wurden in der Entwurfsphase dieses<br />

Schiffes verwendet, um die Automation insbesondere im Hinblick auf das Stopp- <strong>und</strong> Beschleunigungsverhalten<br />

zu optimieren. Dabei stand unter anderem das Verhalten des Bugpropellers<br />

im Mittelpunkt. Es wurden verschiedene Strategien zur Automation der Propellersteigung für<br />

Bug- <strong>und</strong> Heckpropeller miteinander verglichen, um z.B. die Verstellrate für die Propellerflügel<br />

zu optimieren.<br />

63


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.22: Spantenriss für Beispielschiff 3<br />

Das Schiff wird im Konstantdrehzahlmodus betrieben. Die Nenndrehzahl der Propeller liegt<br />

bei ca. 118 Umdrehungen pro Minute. Der Propellerdurchmesser beträgt 5 m.<br />

Im Normalbetrieb wird nur der hintere Propeller zur Schuberzeugung eingesetzt. Der vordere<br />

Propeller wird in Segelstellung gebracht (trailing edge feathering) <strong>und</strong> dreht sich bei Geradeausfahrt<br />

nicht. Das Schiff ist mit zwei Vollschweberudern ausgestattet.<br />

Tabelle 6.c: Beispielschiff 3: Doppelendfähre<br />

L pp<br />

154,00 m<br />

B<br />

28,2 m<br />

T D<br />

5,75 m<br />

Verdrängung<br />

ca. 10.000 t<br />

Servicegeschwindigkeit ca. 21,0 Knoten<br />

Propulsion 1 Verstellpropeller an Bug <strong>und</strong> Heck /<br />

Viertaktdieselmotoren als Generatorantrieb für asynchrone E-Motoren<br />

6.3.1 Beschleunigungsmanöver<br />

Das Beschleunigungsverhalten des betrachteten Schiffes soll optimiert werden. Dazu muss<br />

die Flügelverstellrate des Heckpropellers auf den Motor abgestimmt werden. Beide Propeller<br />

können mit einer maximalen Rate <strong>von</strong> 1, 8 ◦ /s verstellt werden. Allerdings verbleibt der Bugpropeller<br />

während der Beschleunigungsfahrt in der Segelstellung (92 ◦ ). Bei der betreffenden<br />

Automationsanlage wird in der Verstellpropellerregelung nur das Bandbreiten-Modul verwendet,<br />

wohingegen keine Überlastregelung über das Drehzahlsignal erfolgt. Das bedeutet, dass<br />

verhindert wird, dass der Motor eine statische Überlast hat. Das Drehzahlsignal wird nur zur<br />

Verhinderung <strong>von</strong> Überdrehzahl verwendet.<br />

Um das Potenzial der Antriebsanlage auszuschöpfen, werden maximale Verstellraten für verschiedene<br />

Bereiche vorgegeben. Am Anfang des Beschleunigungsmanövers kann der Motor eine<br />

sehr schnelle Propellersteigungserhöhung verkraften. Danach muss die Verstellrate deutlich geringer<br />

sein. Als gute Wahl hat sich eine Staffelung erwiesen, bei der zunächst der Propeller<br />

64


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

<strong>von</strong> 0 % auf 20 % mit einer Rate <strong>von</strong> 1, 2 ◦ /s verstellt wird (siehe auch Abb. 6.23). Das entspricht<br />

in etwa einer Lastaufschaltung <strong>von</strong> r<strong>und</strong> 7 %. In dieser Zeit (ca. 5 Sek<strong>und</strong>en) erzeugt<br />

der Propeller schon 40 % des Schubes, der bei Entwurfsgeschwindigkeit anliegt. Allerdings ist<br />

mit Kavitation <strong>und</strong> einem eventuellen Lufteinbruch zu rechnen. Nach dieser Phase wird die<br />

maximale Verstellrate auf 0, 3 ◦ /s begrenzt, bis der Propeller 40 % Steigung erreicht hat. Zu<br />

diesem Zeitpunkt liegt der Schub bei 87 %. Jetzt wird die Verstellrate noch einmal auf 0, 2 ◦ /s<br />

begrenzt, bis 98 % Steigung erreicht sind. In diesem Abschnitt erreicht der Propeller 100 %<br />

Schub nach 100 Sek<strong>und</strong>en. Nach 67 Sek<strong>und</strong>en erreicht der Schub sein Maximum <strong>von</strong> 138 %.<br />

Nach Erreichen der 98 % wird für ein schnelles Regelverhalten eine maximale Rate <strong>von</strong> 0, 6 ◦ /s<br />

verwendet. Insgesamt kann mit diesem Verfahren eine Beschleunigungszeit (0 Knoten - 21 Knoten)<br />

<strong>von</strong> 230 Sek<strong>und</strong>en erreicht werden (siehe auch Abb. 6.24). Der zurückgelegte Weg beträgt<br />

dann 1466 m. Das ergibt eine Durchschnittsgeschwindigkeit <strong>von</strong> 12,39 Knoten. Die minimale<br />

Drehzahl bei diesem Manöver beträgt 96, 96 % der Nenndrehzahl. Dieser Wert scheint für die<br />

Netzfrequenz unkritisch zu sein. Das Verhalten des Bugpropellers ist für das Beschleunigungsverhalten<br />

nicht <strong>von</strong> Bedeutung.<br />

Bei Aktivierung der Standardautomation wie beim Beispielschiff 1 oder 2 ergibt sich eine<br />

ähnliche Beschleunigungszeit <strong>von</strong> 256 Sek<strong>und</strong>en bei einer zurückgelegten Distanz <strong>von</strong> 1615 Metern<br />

(Abb. 6.25). Um die beiden Automationsvarianten vergleichen zu können, wurde bei der<br />

Rechnung eine ähnliche Drehzahldrückung zugelassen (3 %), wie sie beim anderen Automationsentwurf<br />

auftritt. Zusätzlich wurde die Flügelverstellrate auf maximal 0, 65 ◦ /s beschränkt.<br />

Das ist in etwa der Wert, der auch bei den <strong>Schiffen</strong> 1 <strong>und</strong> 2 verwendet wird.<br />

Vergleicht man die beiden Varianten miteinander, so scheint der erste Entwurf in zweifacher<br />

Hinsicht überlegen zu sein. Zum einen ist die Beschleunigungszeit ein wenig kleiner <strong>und</strong> zum<br />

anderen wird der Propellerverstellmechanismus weniger stark belastet, da die Verstellrichtung<br />

weitestgehend konstant ist.<br />

Abbildung 6.23: Propulsionsdaten beim Beschleunigungsmanöver für Schiff 3<br />

65


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.24: Geschwindigkeitsverlauf beim Beschleunigungsmanöver im See-Modus für<br />

Schiff 3<br />

Abbildung 6.25: Propulsionsdaten beim Beschleunigungsmanöver für Schiff 3 mit Standardautomation<br />

66


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

6.3.2 Drehkreismanöver<br />

Beim Drehkreismanöver (44 ◦ Ruderwinkel) bleibt die Drehzahl konstant (Bahn: Abb. 6.26,<br />

Geschwindigkeit: Abb. 6.27 ). Auf Gr<strong>und</strong> der Propellerqueranströmung erhöht sich die Propellerlast<br />

<strong>und</strong> die Steigung muss in der Folge reduziert werden (Abb. 6.28). In der stationären<br />

Kreisfahrt hat das Schiff eine Drehrate <strong>von</strong> 20, 05 ◦ /min bei einer Vorausgeschwindigkeit <strong>von</strong><br />

14,16 Knoten.<br />

Abbildung 6.26: Bahnverlauf eines Backborddrehkreises für Schiff 3<br />

6.3.3 Notstoppmanöver<br />

Um in einer Notsituation das Schiff möglichst schnell stoppen zu können, müssen die Flügelverstellraten<br />

sowohl des Heck- als auch des Bugpropellers auf den Motor abgestimmt werden (maximale<br />

Rate 1, 8 ◦ /s). Zusätzlich soll die Zeitspanne für das Starten des vorderen Fahrmotors<br />

minimal sein. Dazu ist eine niedrige Drehzahl <strong>und</strong> ein kleines Moment am Bugpropeller notwendig.<br />

Zunächst muss der Bugpropeller <strong>von</strong> seiner Segelstellung mit r<strong>und</strong> 92 ◦ auf die mechanisch<br />

maximale negative Position gestellt werden, um eine möglichst große Bremswirkung zu haben.<br />

Danach kann die Steigung wieder erhöht werden. Beim Bugpropeller muss gewährleistet sein,<br />

dass der Motor nicht in einen Drehzahlbereich oberhalb seiner Nenndrehzahl gerät. Das garantiert<br />

ein entsprechendes Überdrehzahlschutz-Modul. Simulationsrechnungen mit verschiedenen<br />

Variationen <strong>von</strong> Verstellraten haben ergeben, dass eine Staffelung der Verstellrate ( ˙τ < 0)<br />

gemäß Tabelle 6.d zu einem guten Ergebnis führt (Abb. 6.29).<br />

67


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.27: Geschwindigkeitsverlauf beim Backborddrehkreis für Schiff 3<br />

Abbildung 6.28: Propulsionsdaten während eines Backborddrehkreises für Schiff 3<br />

Das Schiff benötigt dann 140 Sek<strong>und</strong>en für einen Stoppweg <strong>von</strong> 724 m bei einer Startgeschwindigkeit<br />

<strong>von</strong> 21 Knoten (Geschwindigkeitsverlauf in Abb. 6.30). Der Bugpropeller wird<br />

mit der maximal möglichen Verstellrate umgesteuert. Allerdings erreicht der Propeller während<br />

des Manövers eine Drehzahl <strong>von</strong> über −100 %. Dadurch wird das Überdrehzahlschutz-Modul<br />

68


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Tabelle 6.d: Staffelung der Flügelverstellraten für den Heckpropeller<br />

Bereich (in % P/D) Verstellrate in ◦ /s<br />

−100 ≤ τ ≤ −50 0,2<br />

−50 < τ ≤ 0 0,3<br />

0 < τ ≤ 30 0,2<br />

30 < τ ≤ 110 1,8<br />

ausgelöst <strong>und</strong> es kommt zu einer leicht verzögerten Steigungsreduktion. Der Propeller trägt<br />

durch seinen Widerstand einen nicht unerheblichen Bremsanteil bei. Gegen Ende des Manövers<br />

erreicht der Bugpropeller die erwünschte niedrige positive Drehzahl. Zu diesem Zeitpunkt wäre<br />

ein Starten des vorderen Fahrmotors möglich.<br />

Abbildung 6.29: Propulsionsdaten beim Notstoppmanöver für Schiff 3<br />

69


KAPITEL 6. BEISPIELE<br />

Abbildung 6.30: Geschwindigkeitsverlauf beim Notstoppmanöver für Schiff 3<br />

70


7 Zusammenfassung<br />

Das Manövrierverhalten <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong> ist <strong>von</strong> der Hydromechanik des Rumpfes, der Ruder, der<br />

Propeller <strong>und</strong> dem Verhalten der Schiffsantriebsanlage abhängig. Wenn aussagefähige Prognosen<br />

des Manövrierverhaltens erzielt werden sollen, so muss eine Gesamtsystemsimulation<br />

durchgeführt werden, in der sowohl geeignete Teil- als auch adäquate Interaktionsmodelle verwendet<br />

werden.<br />

Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Entwicklung <strong>und</strong> Implementierung <strong>von</strong> Modellen für<br />

die Anlagenautomation, den Schiffspropeller sowie die Propeller-Rumpf-Interaktion. Mit den<br />

in der Arbeit entwickelten Modellen ist es möglich, Gesamtsystemsimulationen für beliebige<br />

nautische Manöver <strong>und</strong> für zahlreiche Anlagenkonfigurationen vorzunehmen. Unter anderem<br />

wird das Verhalten der Automation für Verstellpropeller nachgebildet.<br />

Ausgangspunkt war ein Simulationsprogramm zur Simulation nautischer Manöver, wie Drehkreisen<br />

oder Zickzack-Manövern auf der Basis eines modular aufgebauten Kraftmodells. Diese<br />

Methode wurde um die im Rahmen der Arbeit entstandenen Modelle für die Schiffsantriebsanlage<br />

<strong>und</strong> deren Automation, den Propeller <strong>und</strong> den Propellersog erweitert. Das Modell für<br />

die Automation enthält alle für den sicheren Betrieb des Motors notwendigen Teilsysteme. Das<br />

beinhaltet sowohl dynamische <strong>und</strong> statische Überlastmodule als auch ein Überdrehzahlschutz-<br />

Modul.<br />

Für die Modellierung der Propellerkräfte <strong>und</strong> -momente werden numerisch ermittelte Propellerfreifahrtkurven<br />

für verstellte Steigungswinkel verwendet. Es existieren Freifahrtkurven für<br />

den gesamten mechanisch möglichen Bereich. Zusätzlich werden Versuchsdaten der HSVA für<br />

einen modernen Propeller mit vier Flügeln integriert. In diesem Zusammenhang wurden auch<br />

Messungen in 3 Quadranten für sehr große Steigungen (bis zu 92 ◦ ) gemacht. Für die Simulation<br />

<strong>von</strong> Festpropellern werden gemessene Freifahrtkurven verwendet <strong>und</strong> in anderen Quadranten<br />

die Kurven der Wageninger B-Serie.<br />

Bei der Berechnung <strong>von</strong> Notstoppmanövern wird der Anhalteweg zu kurz ausgerechnet, wenn<br />

man als Sogziffer den im Propulsionsversuch unter Designbedingungen gemessenen Wert verwendet.<br />

Deshalb werden die Rumpfkräfte, welche durch den umgesteuerten Propeller hervorgerufen<br />

werden, mit Hilfe einer in dieser Arbeit entwickelten CFD-Methode berechnet. Dazu<br />

wird ein Modell für Potenzialströmungsberechnung mit einem Traglinienverfahren für Propeller<br />

kombiniert. Berechnungen für die beiden Schiffe 1 <strong>und</strong> 2 zeigten eine 3-5 mal größere<br />

Schubminderung, als die oben erwähnte Sogziffer hervorrufen würde. Mit den so gewonnenen<br />

Ergebnissen für die Sogkräfte konnte die Prognosegenauigkeit für Notstoppmanöver deutlich<br />

verbessert werden.<br />

Insgesamt zeigt der Vergleich zahlreicher Simulationen eine gute Übereinstimmung mit Großausführungsmessungen.<br />

Das gilt für Standardmanöver, wie Drehkreise, aber auch für Notstopp<strong>und</strong><br />

Beschleunigungsmanöver. Das Verhalten des Schiffes in Bahn <strong>und</strong> Geschwindigkeit wird<br />

ebenso zufriedenstellend prognostiziert wie das Verhalten der Maschinenanlage.<br />

Es wird gezeigt, dass es möglich ist, sowohl den Kombinator- als auch den Konstantdrehzahlbetrieb<br />

zu simulieren. Ferner wird die Auswirkung <strong>von</strong> Notstoppprogrammen demonstriert.<br />

71


KAPITEL 7. ZUSAMMENFASSUNG<br />

Insgesamt kann die Methode dazu verwendet werden, verschiedene Automationsstrategien zu<br />

testen <strong>und</strong> miteinander zu vergleichen. Damit kann das Stopp- <strong>und</strong> Beschleunigungsverhalten<br />

<strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong> signifikant verbessert werden.<br />

Für die Doppelendfähre aus Beispiel 3 wird der Anhalteweg <strong>und</strong> das Beschleunigungsverhalten<br />

dadurch optimiert, dass die Flügelverstellgeschwindigkeiten <strong>von</strong> Bug- <strong>und</strong> Heckpropeller variiert<br />

werden.<br />

Die Software ist für den Einsatz im industriellen Umfeld konzipiert. Die notwendigen Eingabedaten<br />

können durch vorhandene Werkzeuge automatisch generiert werden. Die Methode<br />

ist modular aufgebaut, so dass andere denkbare Automationskonzepte schnell eingefügt werden<br />

können. Alle Simulationsergebnisse werden automatisch grafisch aufbereitet <strong>und</strong> können<br />

dementsprechend schnell beurteilt werden.<br />

Die Software ist bereits auf einer Werft im Einsatz <strong>und</strong> wird zur Optimierung <strong>und</strong> Auslegung<br />

der Anlagenautomation verwendet. Dabei kann die Methode schon zu Beginn des Entwurfprozesses<br />

verwendet werden <strong>und</strong> mit zunehmendem Detaillierungsgrad im Entwurfsprozess immer<br />

präzisere Ergebnisse berechnen.<br />

Außerdem ist es durch leichte Modifikationen möglich, die Manövriersimulation interaktiv<br />

durchzuführen. Damit könnte die Methode auch in Schiffsführungssimulatoren zum Einsatz<br />

kommen.<br />

72


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76


Nomenklatur<br />

X Rumpf , X Ruder , X P ropeller , X Aero Kräfte in Schiffslängsrichtung in N<br />

Y Rumpf , Y Ruder , Y P ropeller , Y Aero Kräfte in Schiffsquerrichtung in N<br />

N Rumpf , N Ruder , N P ropeller , N Aero Momente um die Vertikalachse in Nm<br />

m<br />

Schiffsmasse in kg<br />

u S , v S<br />

Schiffsgeschwindigkeit in Längs- <strong>und</strong> Querrichtung in m/s<br />

˙u S , ˙v S Beschleunigung in Längs- <strong>und</strong> Querrichtung in m/s 2<br />

x G<br />

Längskoordinate des Gewichtsschwerpunktes in m<br />

ψ, ˙ψ, ¨ψ Gierwinkel in rad, Drehrate in rad/s,<br />

Drehbeschleunigung in rad/s 2<br />

I Z<br />

Massenträgheitsmoment um die z-Achse<br />

X 1,2<br />

Rumpfkräfte in Längsrichtung in N<br />

Y 1,2<br />

Rumpfkräfte in Querrichtung in N<br />

K 1,2<br />

Krängende Momente in Nm<br />

N 1,2<br />

Giermomente in Nm<br />

m X<br />

hydrodynamische Masse in Längsrichtung in kg<br />

∇<br />

Schiffsverdrängung in kg<br />

L<br />

Schiffslänge in m<br />

g Erdbeschleunigung in kgm/s 2<br />

t<br />

Zeit in s<br />

∂<br />

∂t<br />

Ableitung nach der Zeit<br />

∂<br />

∂x<br />

Ableitung nach x<br />

µ hydrodynamische Masse in kg<br />

z 1<br />

Höhenschwerpunkt der hydrodynamischen Masse µ in m<br />

h<br />

Hebelarm in m<br />

k 1 , k 2<br />

Korrekturfaktoren<br />

ɛ<br />

doppelter Tiefgang in m<br />

X vv , X vr , X rr<br />

Manövrierkoeffizienten<br />

R T<br />

Schiffswiderstand in N<br />

R F<br />

Reibungswiderstand in N<br />

x T<br />

Ablösestelle in m<br />

ρ Wasserdichte in kg/m 3<br />

c D<br />

Widerstandsbeiwert<br />

d<br />

Spanttiefgang in m<br />

KG<br />

Vertikalkoordinate des Gewichtsschwerpunktes<br />

Γ Zirkulation in m 2 /s<br />

77


Literaturverzeichnis<br />

ω<br />

Drehgeschwindigkeit in rad/s<br />

δ 0<br />

Nullauftriebsrichtung in rad<br />

c a<br />

dimensionsloser Auftriebsbeiwert<br />

l<br />

Profiltiefe in m<br />

u p , v p<br />

axiale- <strong>und</strong> tangentiale Geschwindigkeit in m/s<br />

k 0<br />

Steigung der freien Wirbel<br />

β i<br />

Steigungswinkel der freien Wirbel in rad<br />

N<br />

Anzahl der Propellerflügel<br />

T<br />

Propellerschub in N<br />

Q P<br />

Propellermoment in Nm<br />

R<br />

Propellerradius in m<br />

R h<br />

Propellernabenradius<br />

κ<br />

Goldsteinfaktor<br />

r<br />

Radialkorrdinate in m<br />

θ 0<br />

Ausgangslage des Propellerflügels in rad<br />

x P , y P , z P Koordinaten des Propellers in m<br />

C T H<br />

Schubbelastungsgrad<br />

u 07R , v 07R Induzierte Axial- bzw. Tangentialgeschwindigkeit an der Stelle r = 0, 7 · R<br />

U ∞<br />

Propellerstrahlgeschwindigkeit in m/s<br />

U a<br />

Propelleranströmgeschwindigkeit in m/s<br />

r ∞<br />

Strahlradius in m<br />

KT, ct<br />

Schubbeiwert<br />

KQ, cq<br />

Momentenbeiwert<br />

J<br />

Fortschrittsziffer<br />

β<br />

Propeller Fortschrittswinkel in ◦<br />

Ω<br />

Flüssigkeitsgebiet<br />

S<br />

Rand des Flüssigkeitsgebietes<br />

f(⃗x) = φ(⃗x) Störpotenzial<br />

g(⃗x)<br />

Greenfunktion<br />

⃗n<br />

Normalenvektor<br />

⃗x<br />

Ortsvektor<br />

c P<br />

dynamischer Druckbeiwert<br />

P<br />

Propellersteigung<br />

D<br />

Propellerdurchmesser<br />

t<br />

Sogziffer<br />

Q M<br />

Motormoment in Nm<br />

τ<br />

Propellersteigungssignal in %/100 P/D<br />

K dyn , K rpm , K stat Korrekturzahl zur Steigungsregelung<br />

n Drehzahl in 1/s<br />

ζ Einspritzmenge in %/100<br />

τ<br />

Propellersteigungsverstellgeschwindigkeit in %/100P/D<br />

s<br />

P P<br />

Proportionalanteil der Steigungsregelung<br />

P Ladeluft Ladeluftdruck in kPa<br />

P F<br />

Proportionalanteil der Drehzahlregelung<br />

I<br />

Integralanteil<br />

J Massenträgheitsmoment in kgm 2<br />

P S<br />

Backbord<br />

XB<br />

Steuerbord<br />

78

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