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Teil 1 - staatsrecht.info

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Johannes Rux, Lehrstuhl Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Püttner, Universität Tübingen<br />

Seite 1 von 4<br />

Fallbesprechung zur Vorlesung Öffentliches Recht II<br />

Allgemeine Hinweise<br />

Obwohl die Veranstaltung offiziell die Vorlesung „Staatsrecht II – Grundrechte“ begleitet, dient sie auch der<br />

Vorbereitung auf die Übung für Anfänger im 3. Semester. Daher wird in der ersten Semesterhälfte das<br />

Staatsorganisationsrecht im Mittelpunkt stehen. Außerdem sollen in der Veranstaltung die wesentlichen<br />

Grundlagen des Verfassungsprozessrechts behandelt werden.<br />

Im Rahmen der Fallbesprechung werden zwei Klausuren zum Staatsorganisationsrecht und zu den Grundrechten<br />

angeboten. Die Termine werden noch bekannt gegeben. Außerdem besteht die Möglichkeit, Lösungen<br />

der behandelten Fälle zur Korrektur einzureichen.<br />

Die Fallbesprechung wird durch meine „virtuelle Fallbesprechung“ im Internet ergänzt. Was damit gemeint<br />

ist, erfahren Sie auf meinen WWW-Seiten: www.rux-online.de. Ich empfehle Ihnen auf jeden Fall, mir Ihre<br />

e-mail-Adresse anzugeben, damit ich Sie stets auf dem Laufenden halten kann.<br />

Literaturhinweise<br />

Zur Vor- und Nachbereitung empfehle ich vor allem folgende Werke. Mindestens eines der genannten<br />

Lehrbücher oder ein vergleichbares Werk sollten bis zum Ende des Semesters gründlich durchgearbeitet<br />

haben.<br />

Staatsorganisation:<br />

außerdem:<br />

Grundrechte:<br />

Verfassungsprozess:<br />

Degenhart, Christof: „Staatsrecht I – Staatsorganisation“<br />

Ipsen, Jörn: „Staatsrecht – Band 1: Staatsorganisationsrecht“<br />

Maunz, Theodor/Zippelius, Reinhold: „Deutsches Staatsrecht“<br />

Maurer, Hartmut: „Staatsrecht“<br />

Stein, Ekkehart/Frank, Götz: „Staatsrecht“ (mit Grundrechten!)<br />

Doehring, Karl: „Allgemeine Staatslehre“<br />

Hesse, Konrad: „Einführung in das Verfassungsrecht“ (leider von 1995)<br />

Pieroth, Bodo/Schlink, Bernhard: „Staatsrecht II – Grundrechte“<br />

Ipsen, Jörn: „Staatsrecht – Band 2: Grundrechte“<br />

Manssen, Gerrit: „Grundrechte“<br />

Manssen, Gerrit: „Staatsrecht 1 – Grundrechtsdogmatik“<br />

Sachs, Michael: „Staatsrecht II – Grundrechte“<br />

Schuppert, Gunnar Folke: „Verfassungsprozessuale Probleme der öffentlich- rechtlichen<br />

Arbeit“<br />

Schlaich, Klaus/Korioth, Stefan: „Das Bundesverfassungsgericht“ 1<br />

1<br />

Die beiden Kurzlehrbücher von Fleury und Gersdorf eignen sich nur für den ersten Einstieg. Vor der Verwendung von<br />

Repetitorienskripten wird ausdrücklich gewarnt, da sie keinen systematischen Überblick bieten, sondern Rechtsfragen<br />

„nur“ fallbezogen behandeln. Dies ist zur Wiederholung und Prüfungsvorbereitung durchaus sinnvoll, nicht jedoch<br />

als Einstieg.


Johannes Rux, Lehrstuhl Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Püttner, Universität Tübingen<br />

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Terminplan mit Lektüreempfehlungen<br />

Der folgende Terminplan dient als grobe Orientierung für das kommende Semester. Es kann immer wieder<br />

vorkommen, dass einzelne Fälle mehr oder weniger Zeit beanspruchen.<br />

Die Lektüreempfehlungen sollen den <strong>Teil</strong>nehmer/innen die Vor- und Nachbereitung erleichtern. Zwar sind<br />

diese Empfehlungen nicht verbindlich. Ohne eine gründliche Vor- und Nachbereitung ist die <strong>Teil</strong>nahme an<br />

der Veranstaltung aber sinnlos. Wenn Sie sich daher nicht an meine Empfehlungen halten wollen, sollten Sie<br />

unbedingt andere Quellen zum jeweiligen Thema heranziehen.<br />

Die weiteren Termine und Fälle werden rechtzeitig bekannt gegeben.<br />

Datum<br />

Thema<br />

23.10.2001 Einführung<br />

– Gegenseitige Vorstellung<br />

– Einführung in die Lernziele, die Organisation und den Aufbau der Veranstaltung<br />

– Einführung in das Verfassungsprozessrecht<br />

– Der Fallaufbau im Verfassungsrecht<br />

Zur Vorbereitung: Degenhart, §§ 5, 8 und 9; Schlaich/Korioth, Rn. 74-89; von Münch/Kunig-Bryde<br />

Art. 82, Rn. 3-7; Sachs-Nierhaus, Art. 54 GG, Rn. 9-19; Sachs-Lücke, Art. 82 GG, Rn. 3-7.<br />

30.10.2001 Das Organstreitverfahren/Das Gesetzgebungsverfahren/ Das Prüfungsrecht des<br />

Bundespräsidenten<br />

Zur Nachbereitung: Friauf, FS Carstens, Bd. 2, S. 545 ff.; Herzog, FS Carstens Bd. 2, S. 601 ff.<br />

Zur Vorbereitung: Degenhart, § 1; Hattenhauer, JZ 1996, 9-16; Peschel-Gutzeit, NJW 1997,<br />

2861-2862; Roellecke, NJW 1996, 2773-2774<br />

6.11.2001 Das demokratische Prinzip des Grundgesetzes<br />

Zur Nachbereitung: Dreier-Dreier, Art. 20 GG (Demokratie)<br />

Zur Vorbereitung: Schlaich/Korioth, Rn. 103-125; Degenhart, § 2; Sachs-Nierhaus Art. 28 GG,<br />

Rn. 1-28<br />

13.11.2001 Die Abstrakte Normenkontrolle/Das bundesstaatliche Prinzip des Grundgesetzes<br />

Zur Nachbereitung: Schlaich/Korioth, Rn. 360-428; Dreier-Stettner, Artt. 70-72 GG<br />

Zur Vorbereitung: Schlaich/Korioth, Rn. 90-96; Sachs-Dittmann, Artt. 84-85 GG<br />

20.11.2001 Bund-Länder-Streit/Kompetenzverteilung im Bundesstaat<br />

Zur Nachbereitung: Dreier-Hermes, Artt. 84-85 GG; BVerfGE 81, 310; BVerfGE, 84, 25<br />

Zur Vorbereitung: Degenhart § 3; Ipsen, Staatsrecht I, S. 267-298<br />

27.11.2001 Der Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt<br />

Zur Nachbereitung: Dreier-Schulze-Fielitz, Art. 20 GG (Rechtsstaat), Rn. 95-115; BVerfGE 90,<br />

286<br />

Zur Vorbereitung: Pieroth/Schlink, §§ 2-8 und 35-36


Johannes Rux, Lehrstuhl Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Püttner, Universität Tübingen<br />

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Fall 1 und 2: Zoff im Ausschuss/Wahlverbot für Senioren<br />

Im Bundestag wird ein Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes beraten. Danach soll Art. 38 Abs. 2 GG in<br />

Zukunft folgendermaßen gefasst werden:<br />

„Wahlberechtigt ist, wer das sechzehnte Lebensjahr vollendet und das einundachtzigtste Lebensjahr<br />

noch nicht erreicht hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, in dem die Volljährigkeit eintritt.“<br />

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die sich in der Vergangenheit in aller<br />

Deutlichkeit gegen diese Pläne ausgesprochen hat, verlangt, von dem zuständigen Bundestagsausschuss<br />

angehört zu werden. Der Ausschussvorsitzende erteilt ihr daraufhin das Wort, entzieht es ihr aber schon<br />

nach fünf Minuten mit der Begründung, dass die Ministerin lediglich das wiederhole, was sie schon an<br />

anderer Stelle ausgeführt habe. Dem Ausschuss seien ihre Bedenken bekannt. Nachdem die Ministerin trotz<br />

ihrer Bitte, weiter angehört zu werden, nicht mehr das Wort erhält, verlässt sie die Sitzung. In den nächsten<br />

Wochen weigert sie sich mehrfach, an Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen.<br />

(Wie) Kann der Vorsitzende des Ausschusses die Ministerin zum Erscheinen zwingen?<br />

Nachdem Bundestag und Bundesrat der Grundgesetzänderung mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt<br />

haben, weigert sich der Bundespräsident wegen des Fehlers im Gesetzgebungsverfahren, das Gesetz zur<br />

Änderung des Grundgesetzes auszufertigen. Außerdem hält er den pauschalen Ausschluss der Senioren vom<br />

Wahlrecht für verfassungswidrig.<br />

Sind die Bedenken des Bundespräsidenten berechtigt? Darf er die Ausfertigung verweigern?<br />

Im Bundestag wird über einen Antrag an das Bundesverfassungsgericht verhandelt, mit dem der Bundespräsident<br />

dazu gebracht werden soll, das Gesetz doch noch auszufertigen. Nachdem sich zahlreiche Abgeordnete<br />

der Stimme enthalten, da sie dem Gesetz trotz ihrer Bedenken nur deshalb zugestimmt hatten, weil<br />

sie den Koalitionsfrieden nicht gefährden wollten, wird der Antrag nur mit einer knappen Mehrheit angenommen.<br />

Wäre ein solcher Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht zulässig?<br />

Fall 3: Ausländer als Landesbürger<br />

Im Land B wächst die Unzufriedenheit mit der Ausländerpolitik des Bundes. Durch einen Volksentscheid<br />

wird gegen den Willen der Landtagsmehrheit und der Landesregierung zum einen folgende Bestimmung in<br />

die Landesverfassung eingefügt:<br />

„Artikel 26: (1) Wahl und stimmberechtigt ist jeder Bürger des Landes, der am Tage der Wahl oder<br />

Abstimmung des 18. Lebensjahr vollendet hat.<br />

(2) Bürger des Landes ist jeder, der im Lande wohnt oder sich sonst gewöhnlich aufhält und<br />

1. Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist, oder<br />

2. Die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt, oder<br />

3. sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.<br />

Das Nähere regelt ein Gesetz, das insbesondere bestimmen muss, unter welchen Umständen Zeiten<br />

eines früheren rechtmäßigen Aufenthaltes auf die Frist nach Satz 1 Nr. 3 anzurechnen sind.“<br />

Zum anderen wird das Landesbeamtengesetz unter anderem folgendermaßen geändert:<br />

„§ 6 – Persönliche Voraussetzungen (1) In das Beamtenverhältnis darf nur berufen werden, wer<br />

1. Bürger des Landes im Sinne von Art. 26 Abs. 2 der Landesverfassung ist [...]


Johannes Rux, Lehrstuhl Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Püttner, Universität Tübingen<br />

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§ 39 – Beendigung [...] (3) Das Beamtenverhältnis endet weiterhin dann, wenn die Voraussetzungen<br />

des Art. 26 Abs. 2 Nr. 3 der Landesverfassung dauerhaft entfallen. Davon ist auszugehen, wenn der<br />

Beamte seinen ständigen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalte außerhalb des Bundesgebietes<br />

nimmt.“<br />

Die Regierung des Landes B beauftragt Sie mit einem Gutachten über die Erfolgsaussichten eines Verfahrens<br />

vor dem Bundesverfassungsgericht.<br />

Fall 4: Go Castor Go!<br />

Im süddeutschen Land X hat die Betreibergesellschaft B ein Zwischenlager für radioaktive Abfälle errichtet.<br />

Nachdem sich bei geologischen Untersuchungen gezeigt hat, dass ein Wassereinbruch zumindest nicht<br />

auszuschließen ist, widerruft der zuständige Landesminister die Genehmigung für den Betrieb des Zwischenlagers.<br />

Er beruft sich dabei auf § 17 Abs. 5 AtomG 2 und begründet seine Entscheidung damit, dass es B<br />

versäumt habe, die nach dem Stand der Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden<br />

durch den Betrieb der Anlage zu treffen. 3 Da jedenfalls in angemessener Zeit keine Abhilfe geschaffen<br />

werden könne, sei der weitere Betrieb der Anlage angesichts der erheblichen Gefährdung der Beschäftigten<br />

und der Allgemeinheit nicht zu verantworten. Nach der Stilllegung der Anlagen ist der Betrieb aller süddeutschen<br />

Atomkraftwerke in Gefahr, da diese keine Möglichkeit haben, ihre abgebrannten Brennelemente<br />

andernorts zu lagern.<br />

Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bestellt den Landesminister daraufhin<br />

zu sich ein. Nachdem der Landesminister sich beharrlich weigert, seine Entscheidung zurück zu nehmen,<br />

weist ihn der Bundesminister an, den Widerruf der Betriebsgenehmigung unverzüglich aufzuheben. Der<br />

Landesminister meint, dass der Bundesminister mit dieser Weisung seine Befugnisse überschritten hat. Er<br />

bittet um Prüfung, ob und auf welche Weise eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbei<br />

geführt werden kann.<br />

Bei der Bearbeitung des Falles ist davon auszugehen, dass der Landesminister in der Tat<br />

zum Widerruf der Genehmigung verpflichtet war. 4<br />

Fall 5: Soldaten nach Simbonien<br />

Im Staate Simbonien ist es zu heftigen Kampfhandlungen zwischen den Angehörigen der verschiedenen im<br />

Lande lebenden Bevölkerungsgruppen gekommen, die erst durch den Einsatz von UN-Truppen beendet<br />

werden konnten. Der UN-Sicherheitsrat beschließt, den brüchigen Frieden zwischen den Bürgerkriegsparteien<br />

durch die Stationierung militärischer Einheiten abzusichern. Die Bundesregierung stellt den Vereinten<br />

Nationen daraufhin 500 Soldaten der Bundeswehr zur Verfügung. Diese sollen einerseits Polizeiaufgaben<br />

übernehmen und sich andererseits am Wiederaufbau der völlig zerstörten Infrastruktur beteiligen.<br />

Die Bundestagsfraktion der X-Partei, die an der Regierungskoalition beteiligt ist und deren Minister der<br />

Truppenentsendung zugestimmt haben, hält diese Vorgehensweise für rechtswidrig. Sie meint, dass der<br />

Einsatz der Zustimmung des Parlamentes bedurft hätte. Was kann sie tun, um den Einsatz zu verhindern?<br />

2<br />

Diese Bestimmung lautet: „Genehmigungen oder allgemeine Zulassungen sind außerdem zu widerrufen, wenn dies<br />

wegen einer erheblichen Gefährdung der Beschäftigten, Dritter oder der Allgemeinheit erforderlich ist und nicht<br />

durch nachträgliche Auflagen in angemessener Zeit Abhilfe geschaffen werden kann.“<br />

3<br />

§ 7 Abs. 2 AtomG: „Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn (...) 3. die nach dem Stand der Wissenschaft und<br />

Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch den Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist,...“<br />

4<br />

Bitte beachten Sie § 24 Abs. 1 AtomG: „Die (...) Verwaltungsaufgaben (...) werden im Auftrage des Bundes durch die<br />

Länder ausgeführt. (...)“

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