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WIE ES BEGANN - der Evangelischen Stadtkirchengemeinde ...

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D. Lic. Albert Rosenkranz<br />

<strong>WIE</strong> <strong>ES</strong> <strong>BEGANN</strong><br />

Anfänge <strong>der</strong> evangelischen Gemeinde Remscheid<br />

Nur selten besteht <strong>der</strong> Anfang einer evangelischen<br />

Gemeinde in einem einzelnen Ereignis mit Jahreszahl<br />

und Personennamen; vielmehr meist in einer Fülle von<br />

Einflüssen, die während eines längeren Zeitraums auf<br />

die Bewohner dieses Ortes eingewirkt und somit die<br />

Grundlage des kommenden Gemeindelebens geschaffen<br />

haben. Man faßt zwar gern eine Lahnquelle<br />

o<strong>der</strong> eine Donauquelle mit Steinen ein und zeigt sie als<br />

den winzigen Anfang des am Ende so stolzen Flusses o<strong>der</strong> Stroms; dabei vergißt o<strong>der</strong> übersieht man<br />

aber, daß unzählige solcher Rinnsale haben beitragen müssen, ehe Fluß o<strong>der</strong> Strom entstand.<br />

Für Remscheid sind wir nicht in <strong>der</strong> Lage, ein Gründungsjahr seiner evangelischen Gemeinde anzugeben.<br />

Man nennt 1566, obwohl nicht einmal zu beweisen ist, daß Ambrosius Vassben<strong>der</strong> seine Remschei<strong>der</strong><br />

Pfarrstelle gerade in diesem Jahr angetreten hat. Auf <strong>der</strong> Sakristei <strong>der</strong> Hastener Kirche befindet<br />

sich eine Wetterfahne mit <strong>der</strong> Zahl 1548. Deren Bedeutung ist aber recht zweifelhaft. Eine Volksüberlieferung<br />

erzählt, eine Remschei<strong>der</strong> Prozession sei in diesem Jahr nach Neviges unterwegs gewesen, aber<br />

am Dreiangel in <strong>der</strong> Gerstau umgekehrt und zum evangelischen Bekenntnis übergegangen. Diese Sage<br />

vergißt jedoch, daß jenes Nevigeser Gnadenbild erst 1681 dort aufgestellt worden ist; vergißt auch, daß<br />

das Jahr 1548 sich wenig zur Entstehung einer evangelischen Gemeinde eignet, weil in diesem Jahr Kaiser<br />

Karl V. das Interim erließ, jene Anordnung, die dem Vordringen des Protestantismus eine Grenze<br />

ziehen sollte.<br />

Daß man im Bergischen Land die bisherigen Kirchenverhältnisse kritisch anzusehen begann, können wir<br />

noch über die Jahre 1566 und 1548 zurück verfolgen.<br />

Das zeigt allein <strong>der</strong> Name Adolf Clarenbach. Er war zwar kein Remschei<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n entstammte <strong>der</strong><br />

Grenze von Lennep und Lüttringhausen. „Sein Elternhaus, <strong>der</strong> Hof zum Busche, war zwar Lenneper<br />

Bürgergut, mit dem Kirchgang aber nach Lüttringhausen gehörig“ (E. Stursberg, Remscheid, S. 110).<br />

Aber war denn nicht Remscheid damals — wie noch 1900 im Volksmund — nur ein Dorf, während<br />

Lennep schon seit Jahrhun<strong>der</strong>ten eine <strong>der</strong> Hauptstädte des Bergischen Landes war? Nun wissen wir, daß<br />

Clarenbach während des Sommers 1527 in <strong>der</strong> ganzen Umgegend seiner Heimatstadt predigend umhergezogen<br />

ist. Und wir besitzen aus diesem Jahr noch seinen ausführlichen Brief an „Bürgermeister, Rat<br />

und ganze Gemeinde <strong>der</strong> Stadt Lennep“, <strong>der</strong> in dem wertvollen Satz gipfelt:<br />

„Allein Gottes Wort soll unter Christen Richter sein“.<br />

In Elberfeld können wir Clarenbachs Einflüsse während jenes Jahres sogar ausdrücklich nachweisen.<br />

Sollten die Remschei<strong>der</strong> davon völlig unberührt geblieben sein, wo doch <strong>der</strong> Weg von Lennep nach Elberfeld<br />

über Remscheid führte?<br />

Natürlich hat <strong>der</strong> Scheiterhaufen in Melaten am 28. September 1529 Clarenbachs Spur zunächst ausgetilgt.<br />

Aber es ging damit, wie Luther schon 1523 nach dem Tod <strong>der</strong> beiden Brüsseler Märtyrer gesungen<br />

hatte:<br />

Die Asche will nicht lassen ab, sie stäubt in allen Landen.<br />

Hier hilft kein Bach, Loch, Grub noch Grab, sie macht den Feind zu Schanden.<br />

1


Die er im Leben durch den Mord zu schweigen hat gedrungen, die muß er tot an allem Ort mit aller<br />

Stimm‘ und Zungen gar fröhlich lassen singen.<br />

Übersetzung des eigenhändigen Schreibens Adolf Clarenbachs vom Oktober 1528:<br />

Da ich, Gefangener Adolf Clarenbach, wegen meiner Gefangenschaft meine Streitsache we<strong>der</strong> durch<br />

mich selber führen kann, noch auch ein Notar o<strong>der</strong> einer meiner Brü<strong>der</strong> zu mir gelassen wird, bin ich aus<br />

Not gezwungen, schriftlich mir einen Sachwalter zu bestellen. Ich bestelle also zu meinen Sachwaltern<br />

im Handel gegen diese Stadt: Leopold Dickius, Doktor bei<strong>der</strong> Rechte und Sachwalter beim Kaiserlichen<br />

Kainmergericht, und meinen leiblichen Bru<strong>der</strong> Franz Clarenbach. Alles, was sie in meinem Handel unternehmen,<br />

will und werde ich stets in bester Form für gültig, fest und gewiß halten. Das erkläre und<br />

bestätige ich hiermit durch meine eigenhändige Unterschrift:<br />

Adolf Clarenbach<br />

Gefangener schon im siebenten Monat.<br />

Wir wissen noch, daß in Clarenbachs eigener Familie seine evangelische Überzeugung weiter gepflegt<br />

und für ihre Ausbreitung gearbeitet worden ist. „Ostern 1550 veranstalteten seine Brü<strong>der</strong> Franz und Johann<br />

daheim Versammlungen, an denen auch ihre Schwester aus Radevormwald und <strong>der</strong> Lüttringhauser<br />

Wirt Johann Boeninck teilnahmen und in denen evangelisch gepredigt und das Heilige Abendmahl ausgeteilt<br />

wurde“ (Evangelisches Rheinland 1, S. 417). Sollten <strong>der</strong>artige Einflüsse an <strong>der</strong> Dorfgrenze Remscheids<br />

Halt gemacht haben?<br />

Von an<strong>der</strong>er, und zwar von sehr hoher Seite, gingen kurz nach Clarenbachs Märtyrertod reformatorische<br />

Regungen und Bestrebungen ins Bergische Land aus. Herzog Johann erließ, ohne mit dem Kölner Erzbischof<br />

darüber beraten zu haben, also aus eigener Machtvollkommenheit, am 11. Januar 1532 eine Kirchenordnung,<br />

die für sein Herrschaftsgebiet überaus wichtige Grundsätze aufstellte. Diese herzogliche<br />

Maßnahme erschien nach hun<strong>der</strong>t Jahren dem Elberfel<strong>der</strong> Pfarrer Werner Teschemacher so wichtig, daß<br />

er sie in seinen Kirchenannalen als den Anfang <strong>der</strong> Bergischen Reformation bezeichnete. Was hat damals<br />

die Landesregierung ihren Pfarrern vorgeschrieben? „Das heilige Evangelium und Wort Gottes zu<br />

wahrer Erkenntnis unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi, zur Mehrung christlicher Liebe, zur Haltung<br />

2


<strong>der</strong> Gebote Gottes verständlich und rein zu predigen und von allem Schelten <strong>der</strong> alten o<strong>der</strong> neuen Lehre<br />

sich gänzlich zu enthalten.“ Stimmte das nicht mit Clarenbachs Grundsatz überein, daß alles sich nach<br />

Gottes Wort zu richten habe? „Was hier über Schriftauslegung, über den Glauben, über das Gebet gesagt<br />

wird, verrät durchaus evangelischen Geist, ja sogar starke Anlehnung an Luther.“<br />

Wissen wir etwas darüber, wer in jenen Jahren Remschei<strong>der</strong> Pfarrer gewesen ist und wie er sich zu diesen<br />

herzoglichen Anordnungen verhalten hat? 1528, also noch zu Clarenbachs Lebzeiten, war Johannes<br />

von Elspe mit Verwaltung <strong>der</strong> Gemeinde Remscheid betraut worden. Er gehörte dem Johanniterorden an<br />

und hatte seinen eigentlichen Wohnsitz in Burg an <strong>der</strong> Wupper. Vor Jahrhun<strong>der</strong>ten, nämlich 1182, hatte<br />

Graf Engelbert 1. von Berg die Kirche in Remscheid dem Johanniter-Hospital zu Burg geschenkt. Damals<br />

also, zu Lebzeiten Barbarossas, hat in Remscheid bereits eine Kirche bestanden. Wir werden sie<br />

uns recht klein und bescheiden vorzustellen haben. Die in ihrem Umkreis Wohnenden entrichteten den<br />

Zehnten an das Ordenshaus in Burg o<strong>der</strong> an den Ordensbru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Verwaltung <strong>der</strong> Remschei<strong>der</strong><br />

Pfarrei beauftragt war. Die herzogliche Regierung begnügte sich nun nicht damit, jene umfangreiche<br />

Kirchenordnung von 1532 herauszugeben und sie im folgenden Jahr durch einen weiteren Erlaß gründlich<br />

zu erläutern. Vielmehr nahm sie ihre landesherrliche Pflicht so ernst, daß sie im Abstand von etlichen<br />

Jahren o<strong>der</strong> Jahrzehnten durch hohe Beamte eine gründliche Kirchenvisitation halten ließ. Für<br />

Remscheid wird uns eine solche vom 12. November 1550 berichtet. Ihrem Protokoll ist die Nachricht<br />

entnommen, jener Johannes von Elspe sei seit 1528 Pfarrer von Remscheid. Außer <strong>der</strong> Bemerkung, er<br />

sei rechtmäßig in dieses Amt gekommen, erfahren wir aber hiernoch etwas überaus Wichtiges: „Habet<br />

Interim et reformationem reverendissimi Coloniensis“, d.h. er besitzt das Interim und die Reformation<br />

des hochwürdigsten Kölner Erzbischofs. Er scheint also keiner <strong>der</strong> zahlreichen Mietlinge gewesen zu<br />

sein, die damals zwar die Einkünfte <strong>der</strong> Pfarrstelle mit aller Strenge eintrieben und mit allem Behagen<br />

verzehrten, um die inneren Fragen ihres Amtes sich aber wenig o<strong>der</strong> nicht kümmerten. Die beiden<br />

Schriften, die man in seinem Besitz fand, zeigen deutlich, daß er sich eingehend mit den religiösen<br />

Streitfragen jener Jahrzehnte beschäftigt hat. Das „Interim“, das er gekauft hatte, war jener kaiserliche<br />

Erlaß des Jahres 1548, den man wohl eine „kaiserliche Zwischenreligion“ genannt hat: Karls V. „Erklärung,<br />

wie es <strong>der</strong> Religion halber im heiligen Reich bis zu Austrag des gemeinen Concilii gehalten werden<br />

soll“. Priesterehe und Laienkelch wurden darin den <strong>Evangelischen</strong> gestattet; dafür sollten sie sich<br />

dem bevorstehenden allgemeinen Konzil unterwerfen. Eine evangelische Regelung war das keineswegs;<br />

aber als Notlösung mußte es ertragen werden, da <strong>der</strong> Kaiser soeben (1547) im schmalkaldischen Krieg<br />

den sächsischen Kurfürsten und den hessischen Landgrafen in seine Gefangenschaft bekommen hatte.<br />

„Herzog Wilhelm von Jülich-Kleve, <strong>der</strong> zwar katholisch war, aber dennoch den neuen Lehren so weit<br />

wie möglich entgegenkommen wollte, fand im Interim gerade das, was er als Mann <strong>der</strong> Vermittlung<br />

suchte: einen versöhnlichen Ton, eine Vertuschung <strong>der</strong> Gegensätze und außerdem zwei Zugeständnisse,<br />

mit denen er schon lange sympathisierte: die Konzession des Laienkelchs und <strong>der</strong> Priesterehe“ (August<br />

Franzen: Die Visitationsprotokolle . . . im Jahre 1569, S. 22). Will das Jahr 1548 auf <strong>der</strong> Hastener Wetterfahne<br />

etwa auf dieses kaiserliche Interim verweisen?<br />

Wichtiger für die Beurteilung des damaligen Remschei<strong>der</strong> Pfarrers ist aber wohl <strong>der</strong> Umstand, daß die<br />

Reformationsschrift des Kölner Erzbischofs Hermann von Wied sich in seinem Besitz befand. Martin<br />

Bucer aus Strassburg und Philipp Melanchthon aus Wittenberg hatten an diesem Buch gearbeitet, das<br />

nun nicht bloß in manchem „Wiedenhof“ o<strong>der</strong> Pfarrhaus bekannt und gelesen wurde, son<strong>der</strong>n das seinen<br />

Weg auch ins Haus lesekundiger Bürger fand. Man braucht sich deshalb nicht zu wun<strong>der</strong>n, daß in Städten<br />

wie Lennep und Essen gerade 1543, wo Bucer und Melanchthon beim Erzbischof in Bonn tätig waren,<br />

lebhafte reformatorische Regungen zu Tage traten. Ist es da noch zu kühn, auch in Remscheid während<br />

jener Jahre vor 1550 ein Verlangen nach evangelischer Predigt zu mutmaßen, wo <strong>der</strong> dortige Pfarrer<br />

Johannes von Elspe unter dem doppelten Einfluß <strong>der</strong> herzoglichen und <strong>der</strong> erzbischöflichen Reformation<br />

gestanden hat?<br />

Fragen wir nach weiteren Auskünften über die Remschei<strong>der</strong> Pfarrstelle, so verrät uns jene Visitation<br />

vom November 1550, daß sich <strong>der</strong> genannte Pfarrer über allzu geringe Einkünfte beklagt hat. Festes<br />

Gehalt stand ihm offenbar nicht zu, da „er nit hab Competenz“, wie es dort heißt, und Competenz bedeu-<br />

3


tet das Pfarrgehalt. Die ständigen Renten von 10 Albus o<strong>der</strong> Weißpfennig, also nicht einmal 1/4 Reichstaler,<br />

kann man wirklich nicht als Gehalt bezeichnen. Zwar vermochte er auf den Fel<strong>der</strong>n des Wiedenhofs<br />

jährlich<br />

5-6 Malter Hafer zu säen, mußte sich aber auf den rauhen Höhen Remscheids sehr darum mühen. Das<br />

Protokoll bescheinigt ihm nämlich: „des muss er grosse Anlage don, und hat also järlichs nit frei über 10<br />

Malter“. Man fragte ihn ferner, wieviel ihm die Amtshandlungen einbrächten, die er an seinen Gemeindeglie<strong>der</strong>n<br />

zu verrichten habe. Darauf konnte er nur antworten: „Accidentalia (d. h. Amtshandlungen)<br />

sein, wie kundig, gering“. Zwar ständen <strong>der</strong> hiesigen Kirche ungefähr 27 Pfund Wachs zu, ebenso drei<br />

Gulden an Geld und etwas Hafer, aber dies habe sie „in 20 Jahren nit empfangen“.<br />

Bei so dürftiger Besoldung könnte man sich nicht wun<strong>der</strong>n, wenn <strong>der</strong> Pflichteifer des Pfarrers dementsprechend<br />

gering gewesen wäre. Wie viele schlecht bezahlte Priester haben sich damals auf das bloße<br />

Messelesen beschränkt, im übrigen aber recht lie<strong>der</strong>lich gelebt. Hier aber hören wir aus dem Munde <strong>der</strong><br />

Gemeindeglie<strong>der</strong> nur das lobende Zeugnis über Johannes von Elspe:<br />

„Kirchmeister und Bru<strong>der</strong>meister geben gut Zeugnis von ihrem Pastor, bedanken sich seiner Lehre, Lebens<br />

und Wandels.“ Am Rande steht sogar das gewichtige Wort: sobrius, d. h. nüchtern. Der spärlich<br />

Besoldete ist also nicht dem Trunk verfallen, wie bei so knappem Gehalt nahe gelegen hätte.<br />

Das Wort „Bru<strong>der</strong>meister“ weist auf eine Tatsache hin, die ebenfalls in jenem Protokoll erwähnt wird: in<br />

Remscheid bestand damals eine Bru<strong>der</strong>schaft <strong>der</strong> heiligen Anna, die wöchentlich zwei Messen lesen ließ<br />

und dafür dem Pfarrer - offenbar jährlich - sechs bis zehn Gulden bezahlte. Ihre Mitglie<strong>der</strong> erwarben<br />

sich, wie sie meinten, ein beson<strong>der</strong>es kirchliches Verdienst, indem sie eine Summe Geldes stifteten, de-<br />

4


en Zinsen dem Pfarrer für die wöchentlichen Messen entrichtet wurden. Am Ausgang des Mittelalters<br />

erreichte die Verehrung <strong>der</strong> heiligen Anna, Marias sagenhafter Mutter, ihre höchste Blüte; sie war des<br />

jungen Luther „Abgott“, wie sein Ausruf im Gewitter bezeugt: „Hilf, liebe Sankt Anna, ich will ein<br />

Mönch werden!“<br />

Was ist also dem herzoglichen Visitationsbericht von 1550 zu entnehmen? Noch kein Anzeichen vom<br />

Vorhandensein einer ausgesprochen evangelischen Gemeinde. Man pflegte noch die kirchlichen Bräuche,<br />

wie sie seit dem Mittelalter üblich waren. Auch <strong>der</strong> Priester amtierte noch in katholischer Weise.<br />

Doch waren ihm die neuen Lehren nicht fremd. Vielleicht darf man sogar sagen, daß er sich den Klängen<br />

nicht völlig verschloß, wie sie ihm aus <strong>der</strong> herzoglichen Kanzlei und aus <strong>der</strong> erzbischöflichen Reformschrift<br />

lockend entgegenklangen. Jedenfalls hat die Remschei<strong>der</strong> Bevölkerung um die Mitte jenes<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>der</strong> evangelischen Botschaft Ohr und Herz geöffnet. Nur läßt sich dieser bedeutsame religiöse<br />

Wandel nicht auf ein bestimmtes Jahr festlegen.<br />

Allerdings besitzen wir noch eine weitere Nachricht über Remscheid aus dem Jahr 1566. Der „Kellner“<br />

des Johanniterordens an <strong>der</strong> Burg berichtet nämlich am 20. November dieses Jahres <strong>der</strong> herzoglichen<br />

Kanzlei: was Kirchspiel und Pfarrer zu Remscheid belange, so habe das Johanniterhaus zu Burg dort<br />

einen Priester:<br />

„<strong>der</strong>selbe bewohnt den Wiedenhof, hält 5 Kühe und hat dazu ungefähr 20 Morgen Land und auch 20<br />

Morgen Busch, damit er sich unterhält“. Über die Bedeutung des Wortes Wiedenhof, das in Remscheid<br />

noch allgemein bekannt ist, aber in seinem eigentlichen Sinn wohl kaum überall verstanden wird, muß<br />

noch eine Erklärung gegeben werden. Nach Grimms Deutschem Wörterbuch geht Wiedenhof auf den<br />

alten deutschen Ausdruck Wittum zurück. Damit bezeichnete man ursprünglich das Vermögen <strong>der</strong><br />

Braut, dann auch das Eigentum, das ein weltlicher Herr <strong>der</strong> von ihm gestifteten Kirche mitgab, also eine<br />

Mitgift. Der Wiedenhof o<strong>der</strong> Wittumshof ist demnach <strong>der</strong> Pfarrhof o<strong>der</strong> das Pfarrhaus, in mittelalterli-<br />

5


cher Kirchensprache domus parochialis. Vom Einkommen des Remschei<strong>der</strong> Pfarrers in jenen Tagen<br />

bekommen wir hier also genauen Nachweis. Nur eins fehlt jetzt lei<strong>der</strong> völlig: sein Name.<br />

Der ehemalige Direktor des Düsseldorfer Staatsarchivs, <strong>der</strong> diese alten Quellen mustergültig herausgegeben<br />

und sachkundig erläutert hat, Dr. Otto Redlich, macht nun hier die vorsichtige Anmerkung:<br />

„Vermutlich amtierte 1566 Ambrosius Vassben<strong>der</strong>, <strong>der</strong> wie sein Nachfolger Johann Hartmann (1605—<br />

1647) <strong>der</strong> Augsburgischen Konfession anhing“. 1647 heißt es, diese beiden Prediger hätten <strong>der</strong> Gemeinde<br />

über 80 Jahre vorgestanden. Das ist die einzige Nachricht, auf <strong>der</strong> bislang unsere Kenntnis über die<br />

Entstehung <strong>der</strong> evangelischen Gemeinde Remscheid beruht hat.<br />

Es verlohnt sich aber, für die Jahre zwischen 1550 und 1566 einen Blick über die engere Heimat ins<br />

gesamte nie<strong>der</strong>rheinische Kirchengebiet schweifen zu lassen. Seit 1960 besitzen wir darüber die oben<br />

erwähnte eingehende Arbeit des katholischen Forschers August Franzen. Am Eingang weist er auf die<br />

wichtige Tatsache hin, die durch den Befund im Remschei<strong>der</strong> Wiedenhof bestätigt wird: „Durch die<br />

Initiative des Erzbischofs Hermann von Wied selbst war die Saat <strong>der</strong> neuen Lehre bis in die letzten Dörfer<br />

ausgestreut worden“ (S. 1). Nun wurde Hermann 1547 durch Adolf von Schaumburg in <strong>der</strong> Leitung<br />

des Erzbistums ersetzt. Als dieser, um den neuen Glauben überall aufzuspüren und auszutilgen, alsbald<br />

eine allgemeine Kirchenvisitation in seinem ganzen Gebiet halten wollte, fand er den heftigsten Wi<strong>der</strong>stand<br />

beim Herzog, <strong>der</strong> zwar im Frieden von Venlo 1543 dem Kaiser versprochen hatte, allein die katholische<br />

Religion in seinem Gebiet zu dulden, <strong>der</strong> aber mit äußerster Festigkeit auch an seinem alten Vorrecht<br />

festhielt, in seinen Herzogtümern die kirchlichen Verhältnisse auf eigene Hand und durch eigene<br />

Sendboten zu prüfen. Dabei kam ihm jene kaiserliche Verordnung vom Jahre 1548 zu Hilfe, die den<br />

<strong>Evangelischen</strong> insofern entgegenkam, daß sie Laienkelch und Priesterehe bewilligte. So fand die oben<br />

genannte „Erkundigung“ von 1550 beim Kirchenvolk weithin Anklang, weil gleichzeitig <strong>der</strong> erzbischöflichen<br />

Behörde <strong>der</strong> Eingriff in die Visitation bestritten wurde. „In Übereinstimmung mit dem Landtag<br />

sandte nämlich <strong>der</strong> Herzog am 6. Januar 1551 einen Befehl an die Landdechanten in den Herzogtümern<br />

Jülich und Berg, sich an das Herkommen zu halten, Visitationsverlangen und Jurisdiktionsansprüche des<br />

Erzbischofs als Neuerungen strikte zurückzuweisen und auf Erhaltung <strong>der</strong> Privilegien des Landes bedacht<br />

zu sein; je<strong>der</strong> Geistliche, <strong>der</strong> einer erzbischöflichen Zitation, einem geistlichen Mandat o<strong>der</strong><br />

Bannbrief Folge leiste, werde mit dem Tode bestraft“ (A. Franzen S. 41). Lag dem Bergischen Volk<br />

damals überhaupt eine Kritik an den kirchlichen Verhältnissen nahe, so wurde sie durch solche landesherrliche<br />

Bestimmung eher geweckt als gehin<strong>der</strong>t.<br />

Dazu kam, daß man sich gegen Ende <strong>der</strong> fünfziger Jahre höchst unerfreuliche Dinge über die Zustände<br />

am erzbischöflichen Hof erzählte. Von 1558 bis 1562 stand Johann Gebhard von Mansfeld an <strong>der</strong> Spitze<br />

des nie<strong>der</strong>rheinischen Erzbistums. Über seinen Lebenswandel schreibt Leonhard Kessel, Leiter des damaligen<br />

Kölner Jesuitenkollegs, im Jahre 1560: „Schon vor <strong>der</strong> Wahl hat er eine Konkubine unterhalten,<br />

wie innerhalb und außerhalb Kölns je<strong>der</strong>mann bekannt war; er hat sie bis heute noch nicht verjagt. Aller<br />

Welt zum Ärgernis und vielen Menschen zur größten Seelengefahr hat er von ihr Kin<strong>der</strong> gezeugt, und<br />

diese zügellose Frauensperson hat alle Scham so sehr verloren, daß sie im eigenen Wagen vorgefahren<br />

kommt, wenn sie zu ihm gerufen wird, gleich als wenn sie die rechtmäßige Gattin eines erlauchten Fürsten<br />

sei. Von ihr nimmt das ungewöhnlich große öffentliche Ärgernis seinen Ausgang“ (A. Franzen S. 50<br />

f). Kann man sich wun<strong>der</strong>n, wenn unter solchen Verhältnissen die Kritik an <strong>der</strong> herrschenden Kirche im<br />

einfachen Volk und in anständigen Pfarrhäusern gewachsen ist?<br />

Werfen wir abermals einen Seitenblick auf den Kölner erzbischöflichen Hof, so finden wir 1562—1567<br />

als Nachfolger jenes leichtlebigen Herrn von Mansfeld einen Adeligen, gegen dessen sittlichen Lebenswandel<br />

man zwar nichts einzuwenden hatte. Aber es war Friedrich von Wied, ein Neffe des inzwischen<br />

verstorbenen Erzbischofs Hermann. Zwanzig Jahre waren seit jenem gescheiterten Reformationsversuch<br />

ins Land gegangen. Außer <strong>der</strong> gedruckten Kirchenordnung von Bucer und Melanchthon befand sich<br />

noch das Bonner Gesangbuch mit lauter evangelischen Lie<strong>der</strong>n in manchem Haus, in dem man die<br />

Kunst des Lesens verstand und die Lust des Singens übte. Auch das „Handbüchlein eines evangelischen<br />

Bürgers“, eine Art Laiendogmatik, war weit verbreitet, mit seiner gesunden Kritik an übertriebener Ma-<br />

6


ien-Verehrung. Ob auch in Remscheid? vielleicht in seinem Wiedenhof? etwa durch Ambrosius Vassben<strong>der</strong><br />

eingeführt, benutzt, verbreitet? Unsere Quellen schweigen, wir sind nur auf Vermutungen angewiesen.<br />

Aber A. Franzen bezeugt ganz allgemein: „Seit Friedrichs Regierungsantritt (1562) ist ein verstärktes<br />

Anwachsen kirchlicher Neuerungstendenzen im Kölner Raume und am Nie<strong>der</strong>rhein deutlich<br />

erkennbar“; und persönlich sagt er von diesem nur äußerlich katholischen Erzbischof: „er besaß und las<br />

fast nur reformatorische Schriften und ließ <strong>der</strong> Ausbreitung <strong>der</strong> neuen Lehre freien Lauf“ (S. 53).<br />

Mit behutsamem Urteil wird man also von Remscheid sagen dürfen, daß um 1550 evangelische Gesinnung<br />

und lutherischer Gottesdienst hier Eingang gefunden hat. Ob die Anregung hierzu mehr vom Pfarrer<br />

ausgegangen ist o<strong>der</strong> aus den Kreisen <strong>der</strong> Gemeinde, bleibe dahingestellt. Aber eines kann man wohl<br />

mit Sicherheit behaupten: die große Welle nie<strong>der</strong>ländischer Flüchtlings-Einwan<strong>der</strong>ung, die seit 1566 in<br />

Städten wie Aachen, Köln, Duisburg und Wesel nachweisbar ist, dürfte nach Remscheid nicht vorgedrungen<br />

sein. Denn die evangelische Gemeinde, die hier seit <strong>der</strong> Mitte des Reformationsjahrhun<strong>der</strong>ts<br />

aus <strong>der</strong> katholischen Siedlung erwachsen ist, ist nicht calvinisch geworden, son<strong>der</strong>n stets lutherisch<br />

geblieben. Das bedeutet: Schmuck und Brauch <strong>der</strong> Kirche aus katholischer Zeit sind hier nicht schroff<br />

abgeschafft und ausgetilgt, son<strong>der</strong>n ganz allmählich in evangelische Weise umgewandelt worden. Auf<br />

den reformierten Bergischen Synoden seit 1589 ist nie ein Remschei<strong>der</strong> Pfarrer gewesen, auch nie —<br />

etwa von Elberfeld, Cronenberg, Solingen o<strong>der</strong> Wermelskirchen — <strong>der</strong> Versuch unternommen worden,<br />

dem Calvinismus in Remscheid Eingang zu verschaffen. Vielleicht war auch damals die Ansiedlung<br />

evangelischer Familien auf dem Remschei<strong>der</strong> Berg und an seinen Abhängen nicht bedeutend genug, daß<br />

sie dem unternehmungslustigen Calvinismus um 1610 (vgl. meine Bergischen Synoden 1, S. 20) lockend<br />

erschienen wären. Um Lüttringhausen hat er damals eifrig geworben, in Radevormwald, Wermeiskirchen<br />

und Dhünn Fuß gefaßt. Der Burger Pfarrer Wilhelm Thamerus ist 1603 <strong>der</strong> reformierten<br />

Synode beigetreten, bald aber wie<strong>der</strong> abgesprungen und lutherischer Superintendent geworden. Vielleicht<br />

läßt sich auf Remscheid anwenden, was A. Franzen (S. 58) allgemein für das nie<strong>der</strong>rheinische<br />

Gebiet geschrieben hat: „Bisher hatten Katholiken und Lutheraner meist friedlich nebeneinan<strong>der</strong> gelebt<br />

und Jahrzehnte gebraucht, um sich ihrer konfessionellen Verschiedenheit bewußt zu werden. Der Calvinismus<br />

brachte nun von vornherein ein ausgeprägtes Konfessionsbewußtsein mit und trat bald in einen<br />

kämpferischen Gegensatz nicht nur zu den Katholiken, son<strong>der</strong>n auch zu den Lutheranern“.<br />

Für das erste Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Remschei<strong>der</strong> Gemeindegeschichte sind wir also angewiesen auf die spärlichen<br />

Nachrichten, die uns <strong>der</strong> Langenberger reformierte Pfarrer Johann Arnold von Recklinghausen in<br />

seiner Reformationsgeschichte aufbewahrt hat. Er verdankte sie „<strong>der</strong> Freundschaft des Herrn Inspektors<br />

Hartmann zu Düsseldorf“, also eines Mannes, bemerkenswert nicht nur, weil er 65 Jahre (1775—1840)<br />

in <strong>der</strong> Gemeinde Düsseldorf amtiert hat, son<strong>der</strong>n auch weil er durch seinen Vater in die lutherischen<br />

Gemeinden Lüttringhausen und Rosbach, durch seinen Großvater nach Leichlingen, Elberfeld und Bergisch-Neukirchen<br />

zurückreicht; und hinter Letzterem stehen wie<strong>der</strong>um zwei Pfarrer — Vater und Sohn<br />

— in Bergisch-Neu-kirchen, bis wir schließlich bei dem Lüttringhauser Pfarrer Eckart Hartmann anlangen,<br />

<strong>der</strong> für die Jahre 1572—1622 bezeugt ist. Das ist ein Pfarrergeschlecht Hartmann, das in seinem<br />

letzten und jüngsten Glied zweifellos eine reiche Geschichte <strong>der</strong> lutherischen Kirche des Herzogtums<br />

Berg verkörpert hat. Besäßen wir nur heute noch die handschriftlichen Unterlagen, die <strong>der</strong> Düsseldorfer<br />

1840 vor Augen gehabt hat! Durch diese ihre Herkunft werden uns Recklinghausens spärliche Nachrichten<br />

über die ältesten Remschei<strong>der</strong> Pfarrer beson<strong>der</strong>s wertvoll. Von dem Ahnherrn Eckart Hartmann weiß<br />

er zu berichten, als Akademiker habe er seinen Namen latinisiert in Durandus; er stammte aus dem Hof<br />

„in <strong>der</strong> Hardt“ bei Lüttringhausen und hatte daher seinen Namen. Sind wir also auf Recklinghausens<br />

Remschei<strong>der</strong> Pfarrerliste angewiesen, so können wir sie getrost als zuverlässig annehmen, weil sie sich<br />

auf mündliche o<strong>der</strong> schriftliche Überlieferung <strong>der</strong> sechsstufigen Pfarrerfamilie Hartmann gründet.<br />

Die vier ersten Remschei<strong>der</strong> Pfarrer haben hier insgesamt 171 Jahre amtiert, vielleicht ein Zeichen ziemlich<br />

ungestörten Wirkens. Recklinghausen zählt also auf:<br />

„1)1548 Ambrosius Fassbän<strong>der</strong>, <strong>der</strong> die evangelisch-lutherische Lehre hieselbst einführte; er stand 56<br />

Jahre hier und starb 1604. Wegen seinem hohen Alter ward ihm beigeordnet<br />

7


2)1603 Johann Hartmann, vorhin zu Lüttringhausen, welcher dieser Gemeinde 44 Jahre vorstand und<br />

1647 den 23. März starb.<br />

3) 1647 Anton Emminghaus, Arnolds Sohn von Dabringhausen, starb 1679.<br />

4)1680 Albert Veltgen, vorhin zu Seelscheid, ein vorzüglich geschickter und sehr würdiger Mann, <strong>der</strong><br />

Verschiedenes und beson<strong>der</strong>s den bekannten Katechismus geschrieben hat, welcher in vielen Gemeinden<br />

eingeführt ward. — Im Jahr 1716 den 14. April, auf Ostermontag, litte Remscheid sehr durch einen<br />

heftigen Brand. Prediger Veltgen verwandte sich beson<strong>der</strong>s tätig für die, welche dadurch in Not geraten<br />

waren. Dieser würdige Mann starb 1719, da er 49 Jahre im Amte war.“<br />

Was sagt uns diese knappe und nüchterne Zusammenstellung? Die Jahreszahl 1548 beruht offenbar auf<br />

einem Irrtum, weil die herzogliche Erkundigung uns für 1550 einwandfrei Johann von Elspe als damaligen<br />

Pfarrer von Remscheid bezeugt. Da er aber 1528 „investirt“ worden, also jetzt 22 Jahre im Amt war,<br />

kann man vermuten, daß er etwa um 1560 einen Nachfolger bekommen hat. Ambrosius Vassbän<strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

Name dieses Nachfolgers, lockt nun zur Nachforschung, woher er wohl stammte. In <strong>der</strong> Kirchenvisitation,<br />

die 1569 <strong>der</strong> Kölner Erzbischof angestellt hat (nicht ohne Wi<strong>der</strong>spruch des Bergischen Herzogs),<br />

kommt zweimal <strong>der</strong> Name Vassben<strong>der</strong> vor (auf die verschiedene Schreibweise des Namens ist natürlich<br />

keinerlei Wert zu legen). Als in Rüngsdorf und Plittersdorf (bei Bonn) Kirchenprüfung gehalten wurde,<br />

stellte man beim Pfarrer <strong>der</strong> Gemeinde fest, daß er ein Buch des lutherischen Theologen Johann Spangenberg<br />

aus Nordhausen in Besitz hatte, vielleicht den Katechismus o<strong>der</strong> seine „am Nie<strong>der</strong>rhein weit<br />

verbreitete Postille für Prediger“ (A. Franzen, S. 209). Auch bei seinem Vikar entdeckte man mehrere<br />

verdächtige Bücher. Das „ketzerische Gift“ war also in dieser nächsten Nachbarschaft Bonns 22 Jahre<br />

nach Hermann von Wied‘s Abdankung noch keineswegs ausgetilgt. Erst recht horcht man bei diesem<br />

Bericht auf, wenn er fortfährt:<br />

Pfarrer Heribert „hat einen Täufer, Lorenz Vassben<strong>der</strong>, <strong>der</strong> die Knaben unterrichtet und eine Ehefrau<br />

hat“. Daß er auch dessen unehelichen Sohn anführt, den er ungetauft habe sterben lassen (wohl weil er<br />

Gegner <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>taufe war), geht uns weniger an, als daß noch von zwei weiteren Familien berichtet<br />

wird, die ebenfalls täuferischer Gesinnung beschuldigt werden. Natürlich ist zwischen dem Rüngsdorfer<br />

und dem Remschei<strong>der</strong> Vassben<strong>der</strong> noch keinerlei Verwandtschaft nachgewiesen, wohl auch kaum<br />

nachweisbar. Aber daß ein Mann dieses Namens „pueros docet“, Knaben unterrichtet und dabei Taufgesinnter<br />

ist, läßt immerhin aufhorchen. Zum an<strong>der</strong>n Mal kommt <strong>der</strong> Name Vassben<strong>der</strong> im Städtlein Zons<br />

am Rhein vor (Michael Vassben<strong>der</strong>), aber ohne Bezug auf ketzerische Ansichten. Bei dem ersten lutherischen<br />

Pfarrer Remscheids werden wir uns daher mit seinem bloßen Namen begnügen müssen, ohne zu<br />

ermitteln, woher er stammte und ob er an einer Universität studiert hatte.<br />

Etwas günstiger ist unsere Lage bei seinem Nachfolger Johann Hartmann. Der zweite Band meines „<strong>Evangelischen</strong><br />

Rheinland“ (S. 188) verrät uns, daß wir hier einen Sohn des Lüttringhauser Pfarrers Eckart<br />

Hartmann (Durandus) vor uns haben, also einen weiteren Zweig jener oben genannten umfassenden lutherischen<br />

Pfarrerfamilie. Bevor er 1603 zur Aushilfe des alternden Pfarrers Vassben<strong>der</strong> nach Remscheid<br />

kam, hatte er kurze Zeit seinem Vater in Lüttringhausen geholfen. Offenbar ist damals die<br />

Lüttringhauser Gemeinde bedeuten<strong>der</strong> gewesen als die Remschei<strong>der</strong>. In dem Buche „Remscheid, Geschichte<br />

einer Stadt“ schreibt E. Stursberg, S. 110: „Im Hochmittelalter ist das heute weniger bedeutende<br />

Lüttringhausen wohl <strong>der</strong> eigentliche Zentralort <strong>der</strong> Gegend gewesen; denn es bildete den Mittelpunkt<br />

einer ausgedehnten Pfarrei, in <strong>der</strong>en Sprengel neben vielen an<strong>der</strong>en auch die später zu städtischen Gemeinwesen<br />

und selbständigen Kirchspielen erhobenen Ortschaften Lennep, Steinhaus-Beyenburg und<br />

Ronsdorf eingebettet waren“. Von dieser Gemeinde Lüttringhausen erfahren wir nun, daß sie seit 1591<br />

von dem vordringenden Calvinismus stark umworben wurde, offenbar weil die Bergische Synode, die<br />

1589 im Pfarrhaus zu Neviges begründet worden war, Lüttringhausen für einen begehrenswerten Vorposten<br />

im Bergischen Land ansah. Am 14. Januar 1591, als man wie<strong>der</strong>um zu Neviges tagte, wurden die<br />

beiden Pfarrer Kallmann (Elberfeld) und Viti (Schöller) „nochmals“ (solcher Auftrag muß also bereits<br />

voraufgegangen sein) von dem noch kleinen Kreis <strong>der</strong> Versammelten entsandt, „ihre Werbung zu verrichten<br />

und mit dem Pastor zu Lüttringhausen Eckhardo Durando zu sprechen, ob er sich zu unserem<br />

Synodo, wie er vielmal verheißen, begeben wolle o<strong>der</strong> nicht“ (Synodalbuch S. 686). Gewann man Lüttringhausen,<br />

so war <strong>der</strong> Griff nach <strong>der</strong> Landeshauptstadt Lennep nicht mehr weit. Hartmann, <strong>der</strong> damals<br />

8


sein viertes Jahrzehnt vollendet hatte, stand auf dem Gipfel seines Lebens. Offenbar zögerte er aber,<br />

dem drängenden Werben <strong>der</strong> Reformierten nachzugeben. Denn die nächste Synode, die ein Vierteljahr<br />

später in Elberfeld stattfand, versuchte es mit einer schriftlichen Einladung. „Belangend den Pastoren zu<br />

Lüttringhausen: (soll) Dominus Kalmannus nochmals ihnen schriftlich ersuchen, dieweil er, sich dem<br />

Synodo zu ergeben, vielmal mit Worten erboten, aber bishero noch nit compariren (d. h. erscheinen)<br />

wollen“ (Synodalbuch S. 687). Die Sachlage wurde schwieriger, als im Jahre darauf, 1592, <strong>der</strong> dreißigjährige<br />

Ludger Küller in die Lüttringhauser Vikarstelle eintrat und am 6. April dieses Jahres durch eigenhändige<br />

Unterschrift seinen Beitritt zur reformierten Synode vollzog. Die Folge war ein wachsen<strong>der</strong><br />

Zwiespalt zwischen Hartmann und Küller, <strong>der</strong> in heftigen Streitpredigten auf <strong>der</strong> Kanzel seinen unerfreulichen<br />

Ausdruck fand. Als die Bergische Synode am 1. Juli 1597 auf dem Hof zum Loe in <strong>der</strong> Honschaft<br />

Obmettmann tagte, brachte Küller die ärgerlichen Lüttringhauser Zustände zur Sprache. Sorgsam<br />

beriet die Versammlung, wie man dem Streit <strong>der</strong> beiden Pfarrer ein Ende machen könne. Hartmann hatte<br />

dem Calvinismus inzwischen ganz und gar den Rücken gekehrt; ihm konnte also die reformierte Synode<br />

keine Vorschriften mehr machen. Nun wurde aber die Lüttringhauser Pfarrstelle von einem alten Bergischen<br />

Adelsgeschlecht besetzt: vielleicht hatte dieser Herr von Bottlenberg, genannte Kessel, auf Haus<br />

Hackhausen bei Ohligs ein Einsehen und bereitete durch einen Machtspruch dem Streit ein Ende. Das<br />

Protokoll <strong>der</strong> Synode sagt also:<br />

„Lutgerus Collerus gibt für und beclagt sich, wie <strong>der</strong> Pastor daselbst zu Lüttringhausen, Herr Eckhart<br />

Durandt, sich stetig in allen seinen Predigen mit Schmehe- und Hohnworten über die Calvinisten und<br />

sonsten verhören lasse. Darauf ratsamb erachtet, daß gemelter Cullerus dessen allen unerwaegen (d. h.<br />

ohne Rücksicht darauf) angeregte Schmehewort mit großer Gedult, Sanft- und Demut in seinen Predigten<br />

ablene und wi<strong>der</strong>lege nach Gelegenheit, daß <strong>der</strong> gemein Mann daraussen vernehme die Warheit des<br />

unfehlbaren Worts Gottes, und alle Ergernus soviel möglich auf diese Wege verhütet werde. Zudem<br />

auch zween von unsern Mitbrü<strong>der</strong>n, als Casparus Luneslath und Joannes Viti, sich zu dem Lehenherrn<br />

Kesseln zu Hackhausen begeben sollen und denselben umb guten Rat und Hülf in diesem Teil pitten,<br />

damit solche unrühige Ehr- und Schmehwort gottseliger Christen mögen nachbleiben“ (Synodalbuch S.<br />

726). Der Streit ist dadurch beendigt worden, daß Küller 1599 nach Wermelskirchen gegangen ist, wo<br />

die Gemeinde schon zur reformierten Synode gehörte, Lüttringhausen aber von nun an ein ausgesprochen<br />

lutherisches Gepräge erhalten hat (etwaige Reformierte hielten sich in Zukunft nach Cronenberg).<br />

Diese aufregenden Vorgänge haben sich in <strong>der</strong> Nachbargemeinde Lüttringhausen abgespielt, während in<br />

Remscheid Ambrosius Vassben<strong>der</strong> noch amtierte. Als nun 1603 <strong>der</strong> Sohn jenes streitbaren Lutheraners<br />

Eckart Hartmann dem alternden Vassben<strong>der</strong> an die Seite gestellt und im folgenden Jahr zu seinem Nachfolger<br />

gewählt wurde, war für Remscheid so gut wie ausgeschlossen, daß auch hier die Gemeinde durch<br />

den Streit zwischen Lutheranern und Calvinisten in zwei Parteien gespalten wurde. Einzelne, die es etwa<br />

zu den Reformierten hinzog, hielten sich auch hier zur Cronenberger Gemeinde. Man könnte also die<br />

Behauptung wagen, Lüttringhausen habe damals stellvertretend für Remscheid und Lennep die Entscheidung<br />

zwischen Luthertum und Calvinismus durchgefochten. Das lehrt uns die 44 jährige Amtsdauer<br />

des Remschei<strong>der</strong> Pfarrers Johann Hartmann, <strong>der</strong> am 23. März 1647 starb.<br />

In dieses Pfarrers Amtszeit fiel ein Ereignis, das zwar in <strong>der</strong> Gemeindegeschichte keinerlei Spur o<strong>der</strong><br />

Eindruck hinterlassen hat, das aber für das gesamte Herzogtum Berg desto bedeutsamer geworden ist.<br />

Am 25. März 1609 starb <strong>der</strong> letzte Herzog aus dem alten Fürstenhause, <strong>der</strong> geistig umnachtete Johann<br />

Wilhelm. Daß sich die beiden nächsten Anwärter auf sein Erbe, <strong>der</strong> Pfalzgraf von Neuburg an <strong>der</strong> Donau<br />

und <strong>der</strong> Kurfürst von Brandenburg, nach einigen Monaten dahin verständigten, gemeinsam alle<br />

fremden Ansprüche abzuwehren, schien gerade für die lutherischen Gemeinden eine glückliche Zukunft<br />

anzukündigen; denn beide Fürsten gehörten damals noch dem lutherischen Bekenntnis an. Spannung trat<br />

jedoch ein, als Markgraf Ernst, <strong>der</strong> Stellvertreter und Sachverwalter des Kurfürsten, 1610 zum Calvinismus<br />

übertrat und als im September dieses Jahres die reformierten Gemeinden in Duisburg ihre erste<br />

Generalsynode abhielten, in dem stolzen Gefühl, nach Jahrzehnten obrigkeitlicher Verfolgung in ein<br />

Zeitalter siegreichen Vordringens eingetreten zu sein. Nach dem, was wir über die Vorgänge in Lüttringhausen<br />

gehört haben, braucht man sich nicht zu wun<strong>der</strong>n, wenn das Siegesbewußtsein <strong>der</strong> Reformierten<br />

die lutherischen Gemeinden des Bergischen Landes in Sorge und Unruhe versetzt hat. Auch sie<br />

9


hielten Ausschau nach landesherrlicher Hilfe. Galt doch seit 1555 im Deutschen Reich <strong>der</strong> Rechtsgrundsatz,<br />

<strong>der</strong> Landesherr habe über die Religion seines Gebietes zu bestimmen und zu wachen. Wolfgang<br />

Wilhelm von Pfalz- Neuburg, unter väterlichem Einfluß streng lutherisch erzogen, blieb denn auch nicht<br />

müßig. Drei Männer schickte er ins Land, die für ein lutherisches Gegenstück zur reformierten Generalsynode<br />

Sorge tragen sollten, darunter seinen Düsseldorfer Hof prediger Justus Weyer. Tatsächlich kam<br />

in jedem <strong>der</strong> fünf Herrschaftsgebiete während des Jahres 1612 eine solche Provinzialsynode zu Stande:<br />

ihre erste am 20. und 21. August in Lennep für das Herzogtum Berg, weitere folgten für Jülich (in Düren),<br />

Kleve (in Dinslaken), Mark (in Unna) und Ravensberg (in Bielefeld). Dinslaken ist die einzige,<br />

<strong>der</strong>en Hergang uns in einer ausführlichen Schrift geschil<strong>der</strong>t worden ist, nach <strong>der</strong>en Vorbild wir uns also<br />

die übrigen vier vorzustellen haben. In Lennep fanden sich 34 Pfarrer und 2 Lehrer ein; es wäre verwun<strong>der</strong>lich,<br />

wenn aus dem nahen Remscheid <strong>der</strong> so bewußt lutherische Pfarrer Hartmann nicht teilgenommen<br />

hätte. Das Wesentliche an diesen fünf Bezirkssynoden bestand in einem streng lutherischen Glaubensbekenntnis,<br />

das die herzogliche Regierung durch ihre Prediger hatte aufstellen lassen und zu dem<br />

sich nun alle Pfarrer und Lehrer verpflichteten; denn auch Schulen haben die lutherischen Gemeinden<br />

wie die reformierten von Anfang an gepflegt, eingerichtet und oft in Verbindung mit <strong>der</strong> Küsterstelle<br />

verwalten lassen, weil für den Küsterdienst noch Stiftungen aus mittelalterlicher Zeit vorhanden waren,<br />

die nun <strong>der</strong> Schule zugute kommen sollten. Lei<strong>der</strong> versäumte Wolfgang Wilhelm bei diesem verheißungsvollen<br />

Anfang des Jahres 1612, seiner lutherischen Landeskirche die beherrschende Spitze zu geben.<br />

Dadurch gerieten die Lutheraner, als <strong>der</strong> Herzog katholisch geworden war, während <strong>der</strong> nächsten<br />

Jahrzehnte gegenüber den Reformierten bedenklich ins Hintertreffen. Seit 1610 liegen die reformierten<br />

Synoden in ihren Nie<strong>der</strong>schriften fast lückenlos vor; bei den Lutheranern dagegen sucht man von 1612<br />

bis zur Mitte des Jahrhun<strong>der</strong>ts fast vergebens nach dürftigen Spuren eines landeskirchlichen Zusammenhalts.<br />

Denn <strong>der</strong> Landesherr, von dem sie als echte Lutheraner erwarteten, daß er ihnen Rechtsschutz und<br />

Weisung geben werde, trat am 25. Mai 1614 in Düsseldorf öffentlich zur katholischen Kirche über. Der<br />

Zusammenhalt <strong>der</strong> Lutheraner in den Bergischen Gemeinden hörte damit zwar nicht sofort und gänzlich<br />

auf; vereinzelte Anzeichen verraten uns, daß beispielsweise <strong>der</strong> oben genannte Pfarrer Justus Weyer<br />

noch für den Sommer 1621 eine lutherische Synode in Bensberg o<strong>der</strong> Immekeppel geplant hat, auf <strong>der</strong><br />

man über Fragen des gottesdienstlichen Lebens beraten wollte. Allein keine Spur schriftlicher Berichterstattung<br />

sagt uns, ob und wo man zusammengekommen ist.<br />

Die Jahrzehnte zwischen 1620 und 1650 waren auch durchaus nicht danach angetan, daß ein evangelischer<br />

Pfarrer sich gern auf die Landstraße begeben und ernster Lebensgefahr ausgesetzt hätte, nur um<br />

einer Synode beizuwohnen. Die Protokolle <strong>der</strong> reformierten Synoden geben uns dafür manches Beispiel.<br />

Denn die zügellosen Scharen des Dreißigjährigen Krieges schweiften durch die Lande, und namentlich<br />

den Truppen katholischer Feldherren war je<strong>der</strong> evangelische Pfarrer ein willkommener Fang, weil man<br />

für ihn von Verwandtschaft o<strong>der</strong> Gemeinde ein Lösegeld erpressen und jedenfalls an ihm alle kriegerische<br />

Willkür ausüben konnte. Wir brauchen uns also nicht zu wun<strong>der</strong>n, wenn uns aus Pfarrer Hartmanns<br />

Remschei<strong>der</strong> Amtsjahren alle Nachrichten fehlen. Als er am 23. März 1647 die Augen schloß, neigte<br />

sich <strong>der</strong> fürchterliche Krieg seinem sehnlich erwarteten Ende zu.<br />

Vielleicht darf man hier einen Seitenblick auf die Nachbargemeinde Lennep werfen, weil wir über die<br />

Geschicke dieser Bergischen Hauptstadt ausgiebiger unterrichtet sind als über das „Dorf“ Remscheid.<br />

Carl vom Berg in seiner Lenneper Gemeindegeschichte teilt folgende Kriegstatsachen mit: 1622—1623<br />

spanische, 1628 kaiserliche Truppen, 1629 „das Jahr <strong>der</strong> größten Not und Bedrängnis“, 1631 Pest, 1632<br />

Schweden (,‚in schrecklicher Weise wurde geplün<strong>der</strong>t und gemordet“), 1633 Hessen, 1635 Pest, 1638<br />

kaiserliche Regimenter, „am 13. Juli 1640 frühmorgens wurde Lennep von hessischen Truppen nach<br />

kurzem Gefecht erstürmt“, 1641 Franziskaner-Mönche setzen sich im völlig evangelischen Lennep fest,<br />

1642 französische Truppen, 1646 ein kaiserlicher Feldmarschall in Lennep: „durch die lange Dauer des<br />

Krieges waren die Einwohner Lenneps sehr entartet und verwil<strong>der</strong>t“. Sollte es Pfarrer Hartmann in<br />

Remscheid wesentlich besser gehabt haben als sein Lenneper Amtsgenosse? Rektor Wilhelm Engels in<br />

seinem ausführlichen Heft über die Remschei<strong>der</strong> Stadtkirche (1926) weiß uns aus alten Quellen zu berichten,<br />

daß <strong>der</strong> Komtur des Johanniterordens am 2. August 1625 den Remschei<strong>der</strong> Pfarrer aufgefor<strong>der</strong>t<br />

habe, entwe<strong>der</strong> zur katholischen Kirche zurückzukehren o<strong>der</strong> auf seine Pfarrstelle zu verzichten; am 6.<br />

10


Januar 1605 hatte er sich nämlich gegenüber dem Orden verpflichtet, seine Stelle christlich und katholisch<br />

zu verwalten. Trotz <strong>der</strong> Drohung des Ordens blieb Hartmann aber in seinem Amt. Bedrohlicher<br />

wurde seine Lage, als ihm am 30. Juni 1628 eine Vorladung nach Düsseldorf zugestellt wurde, da im<br />

Auftrag des Herzogs Wolfgang Wilhelm gegen mehrere abtrünnige Priester vorgegangen werden solle.<br />

„Es war Hartmann also ein ähnliches Schicksal zugedacht wie dem Radevormwal<strong>der</strong> Pfarrer Son<strong>der</strong>mann,<br />

<strong>der</strong> im Kerker zu Kaiserswerth gestorben ist (2. September 1629). Wie es dem Remschei<strong>der</strong> Pfarrer<br />

Hartmann gelungen ist, sich den Nachstellungen seiner Feinde zu entziehen, erfahren wir lei<strong>der</strong><br />

nicht.“<br />

Unter dem 12. Mai 1629 liegt von Hartmanns Hand eine Quittung vor, in <strong>der</strong> er den Empfang einer<br />

Buschpacht bescheinigt, die ihm <strong>der</strong> Johanniterorden jahrelang verweigert hatte. Und 1649 wußte ein<br />

Remschei<strong>der</strong> Schöffe namens Wilhelm Hasenclever noch zu berichten, in den Jahren 1627 und 1628<br />

habe ein Altenberger Mönch Johannes Haltermundt versucht, in die Remschei<strong>der</strong> Kirche wie<strong>der</strong> katholischen<br />

Gottesdienst einzuführen. Also auch die hiesige Gemeinde hat sich in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> hartnäckigen<br />

Gegenreformation für Erhaltung ihres evangelischen Glaubens einsetzen müssen.<br />

Fünf Tage nach Pfarrer Hartmanns Tod, am 27. März 1647, wandten sich die Remschei<strong>der</strong> Kirchmeister<br />

Peter Morsbach und Heinrich Preyer (Bliedinghausen) an den Johanniterorden mit <strong>der</strong> Bitte um einen<br />

neuen Pfarrer. Der Verstorbene habe „diese geringe Gemeinde“ bereits „in <strong>der</strong> Augsburgischen Confession<br />

gefunden“; also möge ihr auch jetzt wie<strong>der</strong> ein lutherischer Seelsorger vergönnt werden, denn alle<br />

hiesigen Bewohner seien „in solchem Bekenntnis geboren und erzogen, auch darin zu leben und zu sterben<br />

entschlossen“. Nach einer Woche des Wartens wie<strong>der</strong>holte man die Bitte und beteuerte in diesem<br />

zweiten Schreiben abermals, in Remscheid gebe es „nit eine einzige Seel, so katholisch römischer Religion“<br />

sei. Aber obwohl sich die beiden Kirchmeister ausdrücklich darauf beriefen, die Remschei<strong>der</strong><br />

Gemeinde halte fest an dem lutherischen Bekenntnis, das <strong>der</strong> jetzige Landesherr Wolfgang Wilhelm auf<br />

den Synoden des Jahres 1612 angeordnet habe, würdigte <strong>der</strong> Johanniterorden die Remschei<strong>der</strong> keiner<br />

Antwort. So griff die Gemeinde zur Selbsthilfe, berief Anton Emminghaus zu Hartmanns Nachfolger<br />

und verschaffte sich am 16. Mai dieses Jahres eine Bestätigung ihrer Wahl; J. von Herdingen, Amtmann<br />

des Grafen Schwarzenberg in Hückeswagen, stellte die Urkunde aus.<br />

Über diesen dritten Remschei<strong>der</strong> Pfarrer hat Recklinghausen bei seinem Düsseldorfer Gewährsmann nur<br />

dies erfahren: „1647 Anton Emminghaus, Arnolds Sohn von Dabringhausen, starb 1679“. War über seine<br />

32 Amtsjahre nichts weiteres zu berichten? Arnold, ähnlich wie <strong>der</strong> Lüttringhauser Eckart Hartmann<br />

Grün<strong>der</strong> einer ganzen Generation von Pfarrern, soll nach einem alten Bericht ein Findelkind gewesen<br />

sein, dem man nach seinem Fundort den Namen Emminghausen (zwischen Wermelskirchen und Dabringhausen)<br />

beigelegt habe. Hier kann man eine Beobachtung machen, auf die schon oben bei Hartmann<br />

hingewiesen worden ist: das Pfarramt hat sich in mehreren Glie<strong>der</strong>n einer Familie fortgeerbt, am auffälligsten<br />

bei Lemmer in Honrath, wo 1614—1829 sechs Pfarrer hintereinan<strong>der</strong> aus diesem Geschlecht<br />

amtiert haben. Gleichzeitig mit Emminghaus waltete in Lennep ein Stifter ganzer Pfarrer-Generationen,<br />

<strong>der</strong> ungleich bedeuten<strong>der</strong> war als sein Remschei<strong>der</strong> Amtsgenosse. Es war <strong>der</strong> Dortmun<strong>der</strong> Pfarrerssohn<br />

Johann Scheibler, vorher Universitätsprofessor in Gießen, ehe er 1654 das Pfarramt in Lennep übernahm<br />

(vgl. meinen Aufsatz „Scheibleriana“ in den Monatsheften für Rheinische Kirchengeschichte 1965 S.<br />

33—44). Über ihn urteilt Max Goebel in seiner nie<strong>der</strong>rheinischen Kirchengeschichte (II, 5. 449): „Um<br />

die ganze Verfassung und Regierung <strong>der</strong> Bergischen evangelischen (d. h. lutherischen) Kirche hat sich<br />

mit unermüdlichem Eifer, unerschrockenem Mute, gründlichen Kenntnissen und tüchtiger Gelehrsamkeit<br />

<strong>der</strong> Inspektor Magister Johannes Scheibler in Lennep unsterbliche Verdienste erworben. Er suchte,<br />

soviel an ihm war, <strong>der</strong> Unordnung, <strong>der</strong> Lauheit und Schlaffheit zu wehren“. Kaum hatte er sein Lenneper<br />

Pfarramt angetreten, da berief er noch im gleichen Jahr 1654 eine lutherische Synode in seine Stadt<br />

Lennep. Lei<strong>der</strong> fehlen uns die Protokolle, um feststellen zu können, wer zu diesen nun alljährlichen Versammlungen<br />

erschienen, o<strong>der</strong> wer trotz Einladung ausgeblieben ist. Der Remschei<strong>der</strong> Pfarrer Emminghaus<br />

scheint recht unregelmäßig gekommen zu sein. Da man nicht immer in Lennep o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Burg,<br />

son<strong>der</strong>n auffallend oft in Mülheim am Rhein getagt hat, ist vielleicht die weite Entfernung für ihn ein<br />

11


equemer Entschuldigungsgrund gewesen. Doch scheint man ihm beson<strong>der</strong>e Nachlässigkeit vorgeworfen<br />

zu haben.<br />

Mit <strong>der</strong> bei den Reformierten so streng gehandhabten „Kirchendisziplin“ wollte es bei den Lutheranern<br />

nicht recht glücken. Als am 12. und 13. Oktober 1677 in Volberg die wichtige Synode tagte, die den<br />

„Summarischen Begriff“, d.h. die umfassende lutherische Kirchenordnung für die Gemeinden in Jülich<br />

und Berg beriet und beschloß, klagte Inspektor Scheibler, „es seien verschiedene Herren Brü<strong>der</strong> ausgeblieben;<br />

Synodus diktirt ihnen Geldstrafen“. Allein solche Maßregel hatte keinen Erfolg, wenigstens<br />

bei Pfarrer Emminghaus nicht. Denn die nächste Sitzung, am 7. September 1678 in Mülheim am Rhein,<br />

mußte lei<strong>der</strong> feststellen, jene Geldstrafe sei nicht bezahlt worden. Im beson<strong>der</strong>en richtete sich <strong>der</strong><br />

Unwillen „gegen den Pastor zu Remscheid“, und man erwog sogar, ob er seines Amtes entsetzt werden<br />

müsse; die Synode begnügte sich aber „für‘s erste“ noch mit verdoppelter Geldstrafe. Über den Erfolg<br />

berichtet das Protokoll von 1679 lei<strong>der</strong> nichts. Wir wissen aber, daß Emminghaus in diesem Jahr gestorben<br />

ist; wahrscheinlich vor dieser Synode, die am 3. Oktober in Eckenhagen tagte und an <strong>der</strong> nur zwei<br />

Pfarrer aus dem Unterbergischen teilnahmen.<br />

Gewinnt man aus diesen, spärlichen Nachrichten den Eindruck, daß sich Emminghaus an Bedeutung<br />

keineswegs mit Scheibler hat messen können, so darf doch nicht verschwiegen werden, daß aus seiner<br />

langen Amtszeit berichtet wird, die Gemeinde „habe die Kirche in kurz verwichenen Jahren theils von<br />

Grund auf neu erbauet, theils mit dauernden Kösten und vielen Anlagen im Bau erhalten“; das mittelalterliche<br />

Kirchlein ist also nach dem Dreißigjährigen Krieg gründlich erneuert worden. Auch den Wiedenhof<br />

haben nach 1648 die Remschei<strong>der</strong> „mit mehr als 900 Reichsthaler“ neu aufbauen müssen, nachdem<br />

er „durch das von Gottes Gnade nunmehr überlebte ver<strong>der</strong>bliche Kriegswesen war in Grund ruiniret“.<br />

Auch hatte die Gemeinde alle bisherigen lutherischen Pfarrer „bloß aus unserem Beitel und eigenen<br />

Mitteln erhalten müssen“, da die Kirchenrenten bei weitem nicht ausreichten.<br />

Aus <strong>der</strong> Remschei<strong>der</strong> Eingabe von 1664, <strong>der</strong> diese Einzelheiten entnommen sind, möge zum Schluß<br />

noch ein Satz hervorgehoben werden; es sei „nidt eine einige römisch-katholische Person in diesem<br />

Kirspel sesshaft“. Ähnliches ist schon oben erwähnt worden. Wie erklärt sich wohl die eigenartige Tatsache,<br />

daß nach einem Jahrhun<strong>der</strong>t evangelischen Gottesdienstes und Gemeindelebens sich hier keinerlei<br />

altgläubige Personen o<strong>der</strong> Familien mehr erhalten haben? Bestand zwischen dem Protestantismus<br />

und unserer damaligen Bevölkerung eine Art Wesensverwandtschaft? Einige Sätze von Rektor Engels<br />

aus dem Werk von 1928 (Geschichte <strong>der</strong> Bergischen Werkzeug- und Eisenindustrie) mögen uns den<br />

gewünschten Aufschluß geben. „Das Gelände auf den Höhen ist so uneben und zerklüftet, daß die meisten<br />

Siedlungen als Einzelhöfe an den Hängen klebten. Auf den steinigen Äckern wurde in alter Zeit an<br />

Getreide fast nur Hafer angebaut. Als hier die wachsende Volkszahl den Kampf ums Dasein immer<br />

schärfer werden ließ, mußte die Gewerbetätigkeit, die in alter Zeit vorwiegend vom Spätherbst bis ins<br />

Frühjahr geübt wurde, zur Gewinnung des Unterhalts mithelfen.<br />

12


Erz und Kohle waren im Quellgebiet <strong>der</strong> zur Wupper eilenden Nebenflüsse vorhanden, Eisererz in reicher<br />

Fülle. Zu diesen Erzen gesellte sich als weiterer Rohstoff das Holz, aus dem sich bei den ausgedehnten<br />

Wäl<strong>der</strong>n alle nötige Holzkohle herstellen ließ“. Die Bevölkerung, die seit dem frühen Mittelalter<br />

hier seßhaft geworden ist, hat also ihren Lebensunterhalt nur in hartem Kampf mit einer rauhen Natur<br />

erwerben können und ist dadurch selber nüchtern, streng, zäh, selbständig geworden, ohne daß durch<br />

den Daseinskampf die Gemütsregungen erstickt worden wären. Diese Bergischen fügten sich kirchlichem<br />

Machtgebot nicht so willig wie die Siedler im Rheintal; kein Wun<strong>der</strong> also, wenn die Botschaft von<br />

<strong>der</strong> Freiheit eines Christen-menschen, die 1520 von Wittenberg in die deutschen Lande erging, im<br />

Waldgebiet „des Remschet“ offene Ohren fand. Vielleicht erklärt sich aus dieser knorrigen Bergischen<br />

Volksart auch ihr Wi<strong>der</strong>stand gegen die strenge Kirchenzucht des Calvinismus: die einen harten Kampf<br />

um ihr leibliches Durchkommen zu führen hatten, mochten auch in gelegentlichem Lebensgenuß nicht<br />

kirchlich allzu streng bevormundet werden. Der bergische Sensen- o<strong>der</strong> Sichelschmied war ja auch keineswegs<br />

hinterwäldlerisch-eng in seinen Lebensansichten; denn was seine geschickte Hand geschmiedet,<br />

vertrieb sein Unternehmungsgeist bis in ferne Län<strong>der</strong>. Dort aber, sei es in Belgien o<strong>der</strong> England, an<br />

Nord- o<strong>der</strong> Ostsee, erfuhr <strong>der</strong> Kaufmann Neues auch aus kirchlichem Bereich und brachte freies Denken<br />

in seine entlegene Heimat zurück. Man vergesse nicht, daß etwa in Antwerpen o<strong>der</strong> Lübeck um 1550,<br />

als in Remscheid Johann von Elspe des Priesteramtes waltete, schon reges evangelisches Leben zu finden<br />

und zu beobachten war. Vielleicht darf man auf Grundnatur, Daseinskampf und Weltoffenheit <strong>der</strong><br />

Remschei<strong>der</strong> zurückführen, daß hier <strong>der</strong> Protestantismus so früh und so tief Wurzel geschlagen hat.<br />

Doch was sucht ein Sohn des alten Hastener Schulhauses nach Ausdrücken, um seine engsten Landsleute<br />

zu kennzeichnen und kirchengeschichtlich einzuordnen? Dr. Wilhelm Rees hat längst das rechte Wort<br />

gefunden, das „die Wesensart des heimischen Menschen“ umschreibt. Im Buche „Remscheid, Geschichte<br />

einer Stadt“ kann man auf Seite 161 lesen: „Hart und mühselig war das Leben des Remschei<strong>der</strong> Bauern<br />

und Gewerbetreibenden auf ärmlicher Scholle. Aber <strong>der</strong> harte Lebenskampf machte auch erfin<strong>der</strong>isch<br />

und beweglich, machte vielfältige Kräfte des Körpers und des Geistes frei. Bergischer Freiheitssinn<br />

war auch Protestantismus. Die Städte auf dem Berge wandten sich im Gegensatz zum Wuppertal<br />

dem Luthertum zu; aber es war dogmatisch wenig beschwert und seit <strong>der</strong> Aufklärung eher ein praktisches<br />

Christentum <strong>der</strong> helfenden Hand“.<br />

13


Wenn wir denn auch aus den 130 Jahren zwischen 1550 und 1680 keine bedeutsamen Einzel-Ereignisse<br />

des Remschei<strong>der</strong> Gemeindelebens anzuführen vermögen, so ist dafür um so beweiskräftiger das Ergebnis<br />

<strong>der</strong> langen Amtsdauer jener drei ersten Remschei<strong>der</strong> lutherischen Pfarrer, Vassben<strong>der</strong>, Hartmann und<br />

Emminghaus: aus <strong>der</strong> hiesigen Bevölkerung war ein gefestigtes kirchliches Gemeinwesen lutherischer<br />

Prägung geworden, eine Grundlage, auf <strong>der</strong> die Entwicklung <strong>der</strong> nächsten drei Jahrhun<strong>der</strong>te kräftig weiterbauen<br />

konnte.<br />

Die zeitliche Grenze, die hiermit unserer Darstellung <strong>der</strong> Remschei<strong>der</strong> Gemeinde-Anfänge gezogen<br />

wird, überschreiten wir nur um ein Geringes, wenn wir noch auf das älteste Kirchenbuch dieser Gemeinde<br />

einen Blick werfen; ausführliche Forschung wird es irgendwann einmal gründlich auszuwerten<br />

haben. „In nomine sanctae et individuae Trinitatis“ beginnt <strong>der</strong> neue Pfarrer Albert Veltgen das Verzeichnis<br />

<strong>der</strong> Getauften mit den beiden bekannten Remschei<strong>der</strong> Familiennamen „Hasenklöver“ und<br />

„Honssberg“. Es wäre verlockend, mit <strong>der</strong> bekannten Sorgfalt des verstorbenen Vizepräsidenten, Herrn<br />

Dr. Strutz, aus all diesen Einzelnachrichten die Zusammenhänge <strong>der</strong> alt-eingesessenen Familien klarzulegen<br />

und darzustellen. Hier beschränken wir uns auf Pfarrer Veitgens häusliche Ereignisse. Für den 6.<br />

August 1680 trägt er im Verzeichnis <strong>der</strong> Trauungen ein: „Ich, Albertus Veltgen, Pastor hieselbsten zu<br />

Remscheidt, mit Jungfern Christina Margarethen Scheiblers copuliret worden von Herrn Schragmülern,<br />

Mitpredigern zu Lennep. Gott gebe Glück, Heil und Seegen zum neuen Stande umb Jesu willen!“ Am 1.<br />

März 1681 starb Pfarrer Veltgens 62jährige Mutter, Margaretha geb. Burbach, und wurde in seiner Heimat<br />

Eckenhagen begraben. Nach vier Töchtern wurde dem jungen Pfarrer-Ehepaar am 9. März 1688 <strong>der</strong><br />

Sohn Johannes Albertus geboren, <strong>der</strong> spätere Pfarrer in den lutherischen Gemeinden Isselburg und Utrecht;<br />

unter seinen Paten begegnen die Namen Johannes Hasenklever in Ehringhausen und Henrich<br />

Reinshagen in Vieringhausen. Von Recklinghausen kennzeichnet diesen Pfarrer Veltgen: „ein vorzüglich<br />

geschickter und sehr würdiger Mann, <strong>der</strong> verschiedenes und beson<strong>der</strong>s den bekannten Katechismus<br />

geschrieben hat, welcher in vielen Gemeinden eingeführt ward.“ Diesen Katechismus in einer <strong>der</strong> lutherischen<br />

Gemeinden des Bergischen Landes unter alten Papieren wie<strong>der</strong> zu entdecken, müßte für einen<br />

Remschei<strong>der</strong> Geschichtsforscher eine lohnende Aufgabe sein.<br />

Das Kirchenbuch, dem diese Einzelheiten entnommen sind, enthält auf seinen letzten Blättern noch folgende<br />

wichtige Eintragung: „Anno 1716 den l4ten April, auf welchen Tag damals Osterdienstag gefallen,<br />

ist hier ein grausamer Brand entstanden, wodurch in wenig Stunden <strong>der</strong> mehreste Theil des Dorfs<br />

und des Hausgeräths <strong>der</strong> Einwohner in die Asche geleget. Kirch und Schule sind durch Gottes Gnade<br />

stehen geblieben“. Pfarrer Veltgen hat dies nicht mehr selber geschrieben; denn das unvergeßliche Ereignis<br />

fiel in seine letzten Amtsjahre und <strong>der</strong> alternde Mann hatte alle Hände voll zu tun, damit <strong>der</strong> ärgsten<br />

Not vieler seiner Gemeindeglie<strong>der</strong> gesteuert wurde. Wie von Recklinghausen zu berichten weiß,<br />

verwandte sich Veltgen „beson<strong>der</strong>s tätig für die, welche dadurch in Not geraten waren“. Dann aber starb<br />

„dieser würdige Mann“ — wie das Kirchenbuch ausweist — am 23. Februar 1719 abends 9 Uhr.<br />

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Um seine Nachfolge entbrannte Streit: <strong>der</strong> erste Remschei<strong>der</strong> Pfarrwahl-Streit. Von Utrecht aus bewarb<br />

sich Veltgens oben genannter Sohn um die Pfarrstelle seines Vaters und brachte auch eine Anzahl Gemeindeglie<strong>der</strong><br />

auf seine Seite. Doch wurde die — wohl etwas übereilte und formlose — Wahl von einer<br />

Gruppe angefochten, die ihre Gunst dem Lenneper Pfarrerssohn Georg Wilhelm Schragmüller zugewandt<br />

hatte: seit acht Jahren zweiter Lenneper Pfarrer, den Remschei<strong>der</strong>n also nicht unbekannt. Als gegen<br />

dessen Wahl die Veltgen-Partei wie<strong>der</strong> Einspruch erhob, wurde Remscheid (wie Schragmüller im<br />

Kirchenbuch bezeugt) „in einen Process gewickelt, daß die Gemeinde ist veranlasset worden, mit<br />

schweren Kosten ihr Wahlrecht zu manuteniren“. Die Düsseldorfer Regierung entschied den Streit zu<br />

Schragmüllers Gunsten. Am 20. September 1719 zog er in Remscheid ein, auch jetzt noch von seinen<br />

Wi<strong>der</strong>sachern angefochten, so daß „<strong>der</strong> junge Herr Jäger zum an<strong>der</strong>n Mahl nach Heidelberg reiste“, um<br />

ein Machtwort des pfälzischen Kurfürsten zu erwirken, <strong>der</strong> ja Bergischer Landesherr war. Das Pfarrhaus<br />

stand nunmehr dem neuen Pfarrer offen. Um das Kirchenbuch freilich, in das er Taufen, Trauungen und<br />

Beerdigungen einzutragen hatte, mußte er noch Monate lang kämpfen. Witwe Veltgen, vielleicht verärgert<br />

durch die fehlgeschlagene Pfarrwahl ihres Sohnes, weigerte nämlich die Herausgabe und begründete<br />

das mit <strong>der</strong> Erklärung, „ihr Ehman selig hätte selbiges vor sich gekauft und bezahlt, wäre also nicht<br />

schuldig, selbiges zu extradiren“. Die Nachbarpfarrer, die zu Schragmüllers Einführung nach Remscheid<br />

gekommen waren, Inspektor Emminghaus (Dabringhausen), Pfarrer Heussler (Radevormwald), Garenfeld<br />

(Burscheid) und Klein (Lüttringhausen), nahmen noch drei angesehene Remschei<strong>der</strong> Gemeindemitglie<strong>der</strong><br />

mit sich (Schaffner Peter Jäger zum Birgden, Franz und Johann Hasenklever) und ließen durch<br />

den Küster Johann Schmidt bei Frau Veltgen um das Buch anhalten. Erst am 23. April 1720 gab sie den<br />

wertvollen Besitz heraus, auch jetzt noch nicht unmittelbar an die Remschei<strong>der</strong> Gemeinde, son<strong>der</strong>n an<br />

die Düsseldorfer Regierung, „von wannen es <strong>der</strong> junge Herr Peter Jäger zum Birgden allererst den 15ten<br />

Juli wie<strong>der</strong> zurückgebracht“. So hat es Pfarrer Schragmüller eingetragen, ehe er das Verzeichnis <strong>der</strong><br />

Getauften mit den Nachträgen aus dem Vorjahr hat fortsetzen können. Wie ein tragischer Ausklang dieses<br />

ersten Remschei<strong>der</strong> Pfarrwahl-Streites mutet es an, daß <strong>der</strong> junge Pfarrer Veltgen, <strong>der</strong> sich auf die<br />

Nachfolge seines Vaters Hoffnung gemacht hatte, noch in eben diesem Sommer, nämlich am 19. August<br />

1720, gestorben ist.<br />

Jetzt muß nur noch vom Schicksal <strong>der</strong> Remschei<strong>der</strong> Kirche berichtet werden. Daß <strong>der</strong> bescheidene Bau<br />

aus dem Mittelalter den Bedürfnissen <strong>der</strong> wachsenden Gemeinde nicht mehr genügte, ergibt sich schon<br />

aus <strong>der</strong> oben genannten Remschei<strong>der</strong> Eingabe von 1664. Zwar wird man sich zunächst gefreut haben,<br />

als <strong>der</strong> Dorfbrand von 1716 das erst kürzlich umgebaute Kirchlein verschonte. Als nun aber Pfarrer<br />

Schragmüller seine ersten Jahre in Remscheid hinter sich hatte und die Spuren jenes großen Brandes an<br />

den Bürgerhäusern allmählich ausgetilgt waren, wagte <strong>der</strong> neue Pfarrer mit seinen Kirchenvorstehern<br />

das kühne Unternehmen, einen völligen Neubau für die gottesdienstlichen Zusammenkünfte zu errichten.<br />

Was er selber über dieses wichtige Ereignis <strong>der</strong> Grundsteinlegung (am Freitag nach Pfingsten) nie<strong>der</strong>geschrieben<br />

hat, mag hier in genauem Wortlaut folgen:<br />

„Anno 1723 den 21. Mai ist <strong>der</strong> Anfang des neuen Kirchenbaus in <strong>der</strong> Furcht des Herrn gemacht worden,<br />

da man zuvor alles wohl und reiflig überleget — sowohl mit dem Herrn Schaffner, Kirchmeister,<br />

Vorsteher und Meist-Beerbten —‚ woher nicht nur die Kösten solten hergenomen werden, son<strong>der</strong>n wie<br />

das man auch sowohl von ihro Durchlaucht unserm gnedigen Landesherrn als auch undisputirligen zeitligen<br />

Herrn Collatoren und Patronen hiesiger Kirchen bei<strong>der</strong>seits hohen Consens mögt drüber einhohlen.<br />

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So ist wegen aller solchen Anstalten erstlig ein beson<strong>der</strong>er Werkmeister angesetzet worden, deme<br />

Commission ertheilet, sowohl alle Materialien anzuschaffen, als auch auf die von <strong>der</strong> Gemeinde angenommenen<br />

Werkkundigen (als Maurer und Zimmerleute) zu sehen, damit in allem ordentlig mögt verfahren<br />

werden. Diesem ist noch ein An<strong>der</strong> mit beigesetzet und zugefüget worden, auf daß, wenn einer<br />

abwesent o<strong>der</strong> schwechlig, dann <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e solches an dessen stadt mögte desto genauer in Obacht und<br />

Aufsicht nehmen. Dagegen die Gemeinde sich obligiret, ein gewisses Stück Geldes für ihre Mühwaltung<br />

zu geben.<br />

Was die Mittel betrifft, so ist 2.) anfänglich solche Verordnung geschehen, daß man bei Erweiterung des<br />

Hauses Gottes würde mehr Platz und Raum gewinnen — als um welches willen auch <strong>der</strong> Bau bei Anwachsung<br />

<strong>der</strong> Gemeine ist hauptsächlig geschehen — und also könte <strong>der</strong> Gemein andienen mit erb- und<br />

eigenen Sitzen, als daran sonst ein sehr großer Mangel gewesen. Wer nun <strong>der</strong>selben ein o<strong>der</strong> mehr anzuschaffen<br />

willens were, <strong>der</strong>selbe müste zuvor auf eine jede Bank zum Behuf <strong>der</strong> Unkösten vorschiessen 2<br />

1/2 Reichsthaler. Wie nun da sich bei erstem Anfang eine zimlige Anzahl von Gemeinsglie<strong>der</strong> gefunden,<br />

die das Ihrige dazu willig offeriret und beigebracht, solches aber zu allen Nothwendigkeiten nicht hinreichend,<br />

sind etlige nebst Herrn Schaffner, Kirchmeister, Vorsteher und Meist-Beerbten schlüssig worden,<br />

zu Fortsetzung des Werks 25 Reichsthaler zu vorschiessen, als welche auch damit zum Theil eingekommen<br />

und also das Vorgenommene weiter fortgesetzet. Bis auch nachgehends diejenige, so da Bänke<br />

o<strong>der</strong> Sitzungen haben auf sich anschreiben lassen, noch ferner haben zugetragen auf jeglichen Sitz noch<br />

2 1/2 Reichsthaler.<br />

Durch diese Anstalt ist drittens geschehen, dass wir nicht nur allein durch unser Suppliciren haben die<br />

gnädige Concession von ihro Durchlaucht, son<strong>der</strong>n auch Erlaubnis von dem Herrn Collatore, wiewohl<br />

nicht ohne geringen Unkosten und Beschwerde, erhalten.<br />

Da dan nun <strong>der</strong>gestalt alles eingerichtet, hab ich nicht nur als zeitliger Pastor mein ganze Fundationspredigt<br />

gehalten über Esrae 3, Vers 10-11, das exordium (genomen aus Psalm 127 Vers 1) furgestelt, dan<br />

auch unsern in Gott vorgenomenen Kirchenbau, und zwar wie er sei fürgenomen 1) bedachtlig, 2) freu-<br />

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dig und 3) einig. Der Schlusswunsch war, dass <strong>der</strong> Herr nicht nur selbst wolle den Bau befor<strong>der</strong>n, segnen,<br />

son<strong>der</strong>n auch nach 1. Regum 8 Vers 29 sein gnedig Aug über selbiges Haus offen halten: was<br />

schädlig were, abzukehren, was heilsam, zu beför<strong>der</strong>n, hauptsächlig aber solche Tempelen in demselben<br />

bauen zu lassen, darin Er selbst möge zu wohnen Lust haben, und endlig aufnehmen in sein Himmelshaus.<br />

Bei Grundlegung des ersten Steins, so von mir geschehen, hielte ein Sermon in Gegenwart Herrn<br />

Schaffners als auch sonst zu <strong>der</strong> Gemeind Gehörigen aus Hiob 38 Vers 4: wie <strong>der</strong> Herr, <strong>der</strong> rechte Baumeister,<br />

zu dem allgemeinen Haus des Erdkreis einen bewehrten, dauerhaften Grund geleget.“<br />

Wenn <strong>der</strong> Pfarrer zum Schluß den Wunsch aussprach, Gottes Wohlgefallen möge auf diesem Kirchbau<br />

ruhen, so sollte diese Bitte in seltsamer Weise erfüllt werden. Kaum hatte nämlich die Gemeinde während<br />

<strong>der</strong> Sommermonate 1723 die Mauern emporwachsen sehen, da zerstörte am 29. September ein a-<br />

bermaliger Brand das mühsam begonnene Werk. Auch darüber berichtet Pfarrer Schragmüller auf den<br />

letzten Seiten des Kirchenbuches:<br />

„Anno 1723 den 29. September, als in festo Michaelis, abends zwischen 9 und 10 Uhr entstund alhier<br />

ein erschreckliger und entsetzliger Brand, so da in <strong>der</strong> Scheuren Franz Reinshagen soll angangen sein;<br />

dadurch in einer Stunde Zeit Schul, Kirch und das ganze Oberdorf in die Asche geleget worden. Mein<br />

Haus, die Crone genant, als ein Wun<strong>der</strong> des Allerhöchsten stehen blieb, da sonst (hinter mir, gegen und<br />

nahe mir) die Flammen empor schlugen. Nun, <strong>der</strong> Herr gebe wahre Bekehrung und lasse alle solche Gerichte<br />

ferner von uns abgekehret sein, ja er ersetze auch also wie<strong>der</strong> den Schaden mit seiner göttlichen<br />

Gnad und Seegen durch Jesum Christum, Amen.“ - Wahrlich ein harter Schlag für die opferwillige und<br />

kirchbaufreudige Gemeinde und ihren unternehmenden Pfarrer! Vom Aufbau des Zerstörten berichtet<br />

das Kirchenbuch lei<strong>der</strong> kein Wort. Und doch müssen die nächsten Jahre von unverdrossener Arbeit erfüllt<br />

gewesen sein. Trotz aller Rückschläge ist die Kirche binnen vier Jahren vollendet worden. Zu solchem<br />

Eifer trieb schon das Wachstum <strong>der</strong> Gemeinde, das wir namentlich seit Pfarrer Veltgens letzter<br />

Amtszeit beobachten können. Die Zahlen <strong>der</strong> in jedem Jahr Getauften verraten uns 1680-1699 eine<br />

Durchschnittsziffer von jährlich 56, in 1700-1709 dagegen 64 und in 1710-1718 gar 78. Woher dieser<br />

Zuwachs kam, müßte Einzelforschung erst ermitteln. Auf einer <strong>der</strong> Endseiten des Kirchenbuches werden<br />

Fälle sorgfältig gebucht, wo Katholiken o<strong>der</strong> Reformierte, meistens aus Mischehen, in die lutherische<br />

Gemeinde eingetreten sind.<br />

Lei<strong>der</strong> verschweigt unser Kirchenbuch, an welchem Tage Remscheid seine neue Kirche mit dem stolzen<br />

Turm hat einweihen können. Es muß etwa 1726 erfolgt sein, wie die Zahl am Turm angibt; auch von<br />

Recklinghausen erwähnt nur: „Prediger Schragmüller sorgte tätig dafür, dass <strong>der</strong> angefangene Kirchenbau<br />

vollendet ward“. Dem Remschei<strong>der</strong> Pfarrer aber erschien wichtig, Folgendes für die Nachwelt zu<br />

bezeugen und eingehend zu beschreiben: „Anno 1727 den 10. September ist <strong>der</strong> Klockenguss in hiesigem<br />

Dorf wohl gerathen, da 14 Tage vorher wegen des schlimmen Lehms <strong>der</strong> Guss mehrentheils zur<br />

Erden sank, zum an<strong>der</strong>en Mahl aber solche Klocken worden, wie sie jetzt seind, nemlig wohl gerathene<br />

Klocken. Den 13. September sind sie nachmittags glücklig aufgezogen, eingehenkt und selbigen Abends<br />

zum ersten mahl angezogen worden. Der Meister, ein frommer, stiller, eingezogener Mann reformirter<br />

Religion von Mainz unter Frankfurt, Philippus Schweitzer genant, hat kraft getroffenen Accords für die<br />

beide Klocken zu giessen nach dem Guss gleich die Halbschied richtig empfangen; die an<strong>der</strong>e Halbschied<br />

übers Jahr, in Summa 85 Reichsthaler. Und weil <strong>der</strong> erste Guss wi<strong>der</strong> seine Schuld misslungen,<br />

ist ihm wegen <strong>der</strong> Mühe zum an<strong>der</strong>n mahl ein Recompens von zeitligem Herrn Schaffner versprochen.<br />

Der Herr Jesus sei vor solchen verliehenen Seegen herzlich gepriesen, dass er, <strong>der</strong> allein die Herzen <strong>der</strong><br />

Glie<strong>der</strong> unserer Gemeinde willig gemacht, das Ihrige zu den Kosten beizutragen (da von mir, zeitligem<br />

Pastor, und sämptligen Schaffner wie auch einigen Meist-Beerbten ad 10 Reichsthaler, an<strong>der</strong>en nach<br />

Vermögen, sonst reichlig beigetragen) endlig auch sind glücklig zum Stande kommen. Welche <strong>der</strong> Allerhöchste<br />

lange wolle zum Dienst <strong>der</strong> Gemeinde lassen gebrauchet werden, ohn einigen Schaden und<br />

Ungemach; alles um Jesu Christi willen. Amen.“<br />

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Seit 1726 hat also Remscheid seine neue Kirche gehabt, bis ein finsterer Tag des letzten Krieges mit <strong>der</strong><br />

„Stadt auf dem Berge“ auch die ehrwürdige Kirche zerstört hat. Von den Pfarrern, die damals in ihr Gottesdienst<br />

gehalten, ist Schragmüller am 28. August 1734 gestorben, Giesler schon am 16. Januar 1739,<br />

Hürxthal am 20. Juni 1743 - alle in viel kürzerer Zeit als die drei Pfarrer während des ersten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

dieser Gemeinde. Als dann Johann Peter Mähler wie<strong>der</strong> reichlich drei Jahrzehnte hier wirken durfte,<br />

erlebte Remscheid am 30. Juli 1746 abermals einen Brand. An diesem Samstag - schreibt Mähler –<br />

„entstand morgens zwischen 8 und 9 Uhr in Fri<strong>der</strong>ich Hütz Haus ein solches Feuer, dass je<strong>der</strong>man sich<br />

den abermahligen Untergang des Dorfs vorstellte. Wurde aber durch die Güte Gottes und eiferigen<br />

Gebrauch <strong>der</strong> vor einiger Zeit angeschafften Brandsprütze <strong>der</strong>gestalt gedämpfet, dass nur <strong>der</strong> Dach des<br />

Hauses abgebrand. Ich nahm Gelegenheit bei diesem grossen Feuer-Gerichte, des Sontags drauf die<br />

Gemeinde zur ungeheuchelten Busse und wahren Dankbahrkeit ernstlich zu ermahnen:<br />

erwehlte zum Eingang den 12.-13.Vers aus Psalm 66 und zum Text Amos 7 Vers 4, stellte daraus vor:<br />

das göttliche Feuer-Gericht über die Sün<strong>der</strong>, wie es 1) im Zorn gezeiget, 2) in Gnaden gedämpfet worden.<br />

Remscheid, Remscheid, siehst du nicht<br />

Gottes Zorn und Strafgericht?<br />

Remscheid, dein hat Gott verschonet,<br />

dir nicht nach Verdienst gelohnet.<br />

Remscheid, dank von Herzensgrund<br />

Gott dafür zu je<strong>der</strong> Stund!“<br />

Mit diesen Versen Mählers mag unsere Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Anfänge Remschei<strong>der</strong> Gemeindegeschichte<br />

ihren Abschluß finden. Erfahren wir denn auch kein Gründungsdatum dieser Gemeinde, so können wir<br />

wenigstens annähernd ein Bild entwerfen, wie sie zustande gekommen ist und sich in ihren ersten beiden<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ten entwickelt hat.<br />

Herausgeber: Evangelische <strong>Stadtkirchengemeinde</strong> Remscheid<br />

Redaktion: Presseverband <strong>der</strong> <strong>Evangelischen</strong> Kirche im Rheinland e.V., Düsseldorf<br />

Gestaltung: Hanns H. Heidenheim, Düsseldorf<br />

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