Ausgabe 1044 - Steigerwald-Kurier
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Vorschau – Rückblick – Infos<br />
Die Zeichnungen des Vitus Auslasser<br />
Klostermedizin erlebt Renaissance<br />
Pfl anzenabbildungen aus dem Herbarium des Benediktinermönchs Vitus<br />
Auslasser werden in den Räumen des Museums der Geschichte Ebrachs<br />
gezeigt. Im Bild von links: Museumsleiter Viktor Fieger, Dr. Johannes Gottfried<br />
Mayer, Bürgermeister Max-Dieter Schneider und Pater Franziskus Büll.<br />
Ebrach. Die Gesundheit ist ein<br />
wichtiges Gut. Um sie zu erhalten,<br />
geben die Deutschen immer mehr<br />
Geld aus. Sie setzten dabei nicht<br />
mehr nur auf die Schulmedizin,<br />
sondern zunehmend auch auf<br />
alternative Heilverfahren wie die<br />
Klostermedizin, die momentan eine<br />
Renaissance erlebt. „Wir haben in<br />
Europa eine große Tradition, die völlig<br />
verschüttet war“, erläuterte Dr.<br />
Johannes Gottfried Mayer bei der<br />
Eröffnung der Sonderausstellung<br />
„Die Pflanzen der Klostermedizin<br />
in Darstellung und Anwendung“ im<br />
Museum der Geschichte Ebrachs.<br />
Der Wissenschaftler gehört der 1999<br />
gegründeten Forschungsgruppe<br />
Klostermedizin im Institut für Geschichte<br />
der Medizin der Universität<br />
Würzburg an, die sich seit vielen<br />
Jahren mit diesem Thema befasst.<br />
Im Zentrum der Wanderausstellung,<br />
die er 2009 konzipiert hat, steht das<br />
Herbarium des Vitus Auslasser. Er<br />
war Benediktinermönch im Kloster<br />
Ebersberg bei München. „Von<br />
ihm ist wenig bekannt. Man weiß<br />
nur, dass er aus Tirol stammte und<br />
Priester war“, berichtete Johannes<br />
Gottfried Mayer. Wie er ausführte,<br />
ist das 1479 fertig gestellte Herbarium<br />
eines der ältesten. Es besteht<br />
aus 198 Abbildungen, die sich heute<br />
in der Bayerischen Staatsbibliothek<br />
München befinden. 36 hochwertige<br />
Kopien, werden in Ebrach gezeigt.<br />
„Er hat alle Pflanzen selbst gezeichnet.<br />
Ihm ging es dabei um die<br />
Pflanzen und nicht um die Medizin“,<br />
informiert der Wissenschaftler.<br />
Auslasser hat, so Mayer, Pflanzen<br />
abgebildet, die er in seiner Heimat<br />
oder im Bayerischen vorgefunden<br />
hat. Er war ein guter Naturbeobachter<br />
und Maler. Neben Zeichnungen,<br />
die noch der mittelalterlichen<br />
schematischen-symbolischen Darstellungsweise<br />
verhaftet sind, gibt es<br />
realistische und modern wirkende.<br />
„Ihm sind wunderbare Darstellungen<br />
gelungen. Seine Pfingstrose<br />
könnte aus dem 19. Jahrhundert<br />
sein. Beim Löwenzahn erfasst er<br />
zum Beispiel mit wenigen Strichen<br />
das Wesen der Pflanze. Oft hat er die<br />
Pflanzen so genau getroffen, dass<br />
sich sogar die Unterart bestimmen<br />
lässt“, schwärmt der Forscher.<br />
Aber Auslasser zeichnete nicht<br />
nur, er sammelte auch Namen und<br />
schrieb sie neben die Abbildungen<br />
aufs Blatt. Nun war klar, welche<br />
Pflanze gemeint war, und es konnte<br />
nicht mehr durch die unterschiedliche<br />
Bezeichnung, die oft schon<br />
von Dorf zu Dorf anders lautete,<br />
zu Verwechslungen und damit zu<br />
falschem Einsatz kommen.<br />
Untergliedert ist die Ausstellung in<br />
vier Abteilungen. Außerdem wird<br />
kurz darauf auf die historische Verwendung<br />
sowie die aktuelle Bedeutung<br />
jeder Pflanze eingegangen. In<br />
der ersten Abteilung werden Pflanzen<br />
gezeigt, die heute noch Arzneipflanzen<br />
sind. Um Arzneimittel, die<br />
früher wichtig waren, und die heute<br />
nicht mehr verwendet werden, geht<br />
es in der nächsten Abteilung; in der<br />
dritten steht die Signaturenlehre im<br />
Mittelpunkt. „Aus dem Schöllkraut<br />
kommt gelber Saft. Er hat die Menschen<br />
an Gallensaft erinnert und sie<br />
haben ihn dafür eingesetzt. Heute<br />
weiß man, das stimmt“, erklärte der<br />
Forscher. In der letzten Abteilung<br />
werden Abbildungen gezeigt, die<br />
Auslasser besonders gut gelungen<br />
sind, wie z.B. die Lilie.<br />
Viktor Fieger, der Leiter des Museums<br />
der Geschichte Ebrachs,<br />
betonte, dass die Ausstellung hier<br />
am richtigen Platz sei, denn auch<br />
die Ebracher Zisterzienser hätten<br />
Sorge für das leibliche Wohl der<br />
Menschen und natürlich für das<br />
eigene getragen. „Ein eigenes Amt,<br />
das des Infirmarius oder Krankenpflegers,<br />
war für diesen Zweig<br />
karitativer Betätigung zuständig.<br />
Im ältesten Ebracher Urbar von<br />
1340 ist dieses Amt mit eigenen<br />
Einnahmen beträchtlichen Umfangs<br />
ausgestattet“, teilte er mit. Später<br />
gab es im Kloster einen Arzt und<br />
einen Apotheker.<br />
Pater Franziskus Büll (OSB), der<br />
Vorsitzende des Forschungskreises<br />
Ebrach, betonte, dass diese<br />
Ausstellung ein Stück typischer<br />
klösterlicher Arbeits- und Denkweise<br />
zeigt. „Die Pflanzen haben<br />
nicht nur eine Rolle für die Medizin<br />
gespielt, ihnen wurde auch<br />
Symbolcharakter zugeschrieben“,<br />
stellte er fest und wünschte, ebenso<br />
wie Bürgermeister Max-Dieter<br />
Schneider, der Ausstellung viele<br />
Besucher. Die Ausstellung kann<br />
noch bis zum 30. Mai, täglich von<br />
14 bis 16 Uhr, in den Räumen des<br />
Museums der Geschichte Ebrachs<br />
besichtigt werden.<br />
Nr. <strong>1044</strong> / Jg. 21 www.steigerwald-kurier.de 7