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150 Jahre Eschweiler Lokalgeschichtsforschung (Teil 1)<br />
Alles hat ein En<strong>de</strong>, auch unsere populärwissenschaftliche<br />
Serie zur „Eschweiler Geschichte“. Den Abschluss<br />
soll ein knapper Überblick <strong>de</strong>r Eschweiler Lokalgeschichtsforschung<br />
bil<strong>de</strong>n.<br />
„Geschichte ist nicht etwas statisch Vergangenes, etwas<br />
Geschehenes, son<strong>de</strong>rn ist immer auch in <strong>de</strong>r Gegenwart<br />
wirkend. Wie unsere Vorfahren gehan<strong>de</strong>lt und sich entschie<strong>de</strong>n<br />
haben, das wirkt <strong>auf</strong> Gegenwart und Zukunft<br />
gleichermaßen. Wer die Geschichte nicht kennt, kann<br />
die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht<br />
gestalten!“ Mit diesen Sätzen umreißt Simon Küpper, <strong>de</strong>r<br />
langjährige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Eschweiler Geschichtsvereins,<br />
treffend in einem 1999 erschienen Aufsatz über die<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s Eschweiler Geschichtsvereins, weshalb<br />
es sich lohnt, ja im Grun<strong>de</strong> sogar unerlässlich ist, sich<br />
mit Geschichte zu beschäftigen. Dies gilt natürlich nicht<br />
nur für die „große“ Geschichte, son<strong>de</strong>rn auch für die<br />
„kleine“ Geschichte vor Ort, die Lokalgeschichte.<br />
„Pioniere“ <strong>de</strong>r Eschweiler Lokalgeschichtsforschung<br />
Am Anfang <strong>de</strong>r Beschäftigung mit Eschweiler Lokalgeschichte steht ein 1861, also<br />
vor 150 Jahren erschienenes<br />
schmales Buch, die<br />
„Notizen zur Eschweiler<br />
Geschichte“ von Richard<br />
Pick (1840-1923), <strong>de</strong>r in<br />
Eschweiler seine Jugendjahre<br />
verbracht hatte, nach<br />
<strong>de</strong>m Studium eine juristische<br />
L<strong>auf</strong>bahn einschlug<br />
und schließlich von 1884<br />
bis 1911 das Aachener<br />
Stadtarchiv leitete. Weitere<br />
„Pioniere“ <strong>de</strong>r Eschweiler<br />
Lokalgeschichtsforschung<br />
waren vor allem Kaplan<br />
Leopold Neuhöfer (1835-<br />
1907), <strong>de</strong>r von 1875 bis<br />
1885 die „Beiträge zur<br />
Geschichte von Eschweiler<br />
und Umgegend“ herausgab,<br />
<strong>de</strong>r in Eschweiler-<br />
Bergrath geborene Divisionspfarrer<br />
Heinrich Hubert<br />
Koch (1835-1917), <strong>de</strong>r zwischen<br />
1882 und 1885 eine<br />
mehrbändige, noch heute<br />
als Standardwerk gelten<strong>de</strong><br />
„Geschichte <strong>de</strong>r Stadt<br />
Eschweiler und <strong>de</strong>r benachbarten<br />
Ortschaften“<br />
veröffentlichte, <strong>de</strong>r Pädagoge<br />
(u. a. Direktor <strong>de</strong>s Esch-<br />
weiler Gymnasiums von<br />
1902 bis 1908) und Altertumsforscher<br />
Dr. Franz<br />
Cramer (1860-1923), <strong>de</strong>r<br />
zahlreiche noch heute<br />
lesenswerte Studien zur<br />
Römerzeit in Eschweiler<br />
und <strong>de</strong>r Region vorlegte,<br />
Im 1976 abgerissenen ehemaligen Bergvogteihaus<br />
an <strong>de</strong>r Wollenweberstraße (heute ist dort <strong>de</strong>r Eingang<br />
zum City-Center) befand sich von 1928 bis 1931 und<br />
von 1937 bis zur Schließung 1943 das Eschweiler<br />
Heimatmuseum.<br />
Foto: E. Becker / Archiv Eschweiler Geschichtsverein<br />
<strong>de</strong>r Eschweiler Heimatforscher Wilhelm Dostall, <strong>de</strong>r 1910 im Auftrag <strong>de</strong>s Eifelvereins<br />
das informative Buch „Eschweiler an <strong>de</strong>r In<strong>de</strong> und Umgebung in Wort und Bild“<br />
vorlegte, sowie <strong>de</strong>r Pfarrer, Lehrer, Heimatforscher und Schriftsteller Wilhelm Capitaine<br />
(1871-1941), <strong>de</strong>r unter an<strong>de</strong>rem eine umfassen<strong>de</strong> „Chronik von Eschweiler“<br />
(1911) publizierte. All die hier erwähnten Werke sind schon lange im Buchhan<strong>de</strong>l<br />
vergriffen, einsehbar sind sie jedoch noch im Original (o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st in Kopie) im<br />
Stadtarchiv Eschweiler sowie im Archiv <strong>de</strong>s Eschweiler Geschichtsvereins, das die<br />
umfassendste Sammlung von Eschweiler Heimatliteratur enthält.<br />
Geschichtsverein für Eschweiler und Umgegend<br />
Die Anregung zur Gründung eines Eschweiler Geschichtsvereins ging 1914 von<br />
Wilhelm Capitaine und <strong>de</strong>m überaus regen Eschweiler Heimatforscher Peter Beyer<br />
(1863-1931) aus. Unterstützung fan<strong>de</strong>n sie beim damaligen Eschweiler Bürgermeister<br />
Dr. Carl Hettlage und beim pensionierten Aachener Archivdirektor Richard<br />
Pick, <strong>de</strong>r mit zahlreichen Publikationen als Kenner <strong>de</strong>r Eschweiler Lokalgeschichte<br />
ausgewiesen war und in <strong>de</strong>ssen Besitz sich viele historisch wertvolle Eschweiler<br />
Urkun<strong>de</strong>n und sonstige Archivalien befan<strong>de</strong>n.<br />
Die Gründungsversammlung <strong>de</strong>s Eschweiler Geschichtsvereins war für <strong>de</strong>n Oktober<br />
1914 vorgesehen, <strong>de</strong>r Ausbruch <strong>de</strong>s Ersten Weltkrieges am 1. August 1914<br />
verhin<strong>de</strong>rte dies jedoch. Nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Ersten Weltkrieges setzten Beyer und<br />
Capitaine ihre Bemühungen um die Gründung eines Eschweiler Geschichtsvereins<br />
fort. Am 22. Dezember 1920 trafen sich schließlich die Eschweiler Geschichtsfreun-<br />
Eschweiler<br />
Geschichte<br />
<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Aula <strong>de</strong>s Realgymnasiums zur Gründungsversammlung,<br />
wie Adam Elsen in seinem 1999 erschienen<br />
Aufsatz „Der erste Eschweiler Geschichtsverein“ berichtet.<br />
Der neue Verein, <strong>de</strong>ssen Protokollbuch von 1922 bis<br />
1930 im Archiv <strong>de</strong>s Eschweiler Geschichtsvereins vorhan<strong>de</strong>n<br />
ist, erhielt <strong>de</strong>n Namen „Geschichtsverein für<br />
Eschweiler und Umgegend“. Erster Vorsitzen<strong>de</strong>r war<br />
Bürgermeister Dr. Hettlage. Richard Pick, <strong>de</strong>r kurz zuvor<br />
seinen 80. Geburtstag feiern konnte, wur<strong>de</strong> zum Ehrenmitglied<br />
ernannt.<br />
Wirklich aktiv wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Verein aber erst zwei Jahre später.<br />
Am 27. Dezember 1922 kam es <strong>auf</strong> Veranlassung<br />
von Peter Beyer im Grun<strong>de</strong> genommen zu einer Neugründung.<br />
Vorsitzen<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> nun <strong>de</strong>r Rechtsanwalt Dr.<br />
Besgen. Der „Geschichtsverein für Eschweiler und<br />
Umgegend“, <strong>de</strong>r jetzt über 260 Mitglie<strong>de</strong>r zählte, organisierte<br />
in <strong>de</strong>n Folgejahren viele öffentliche Vorträge zur<br />
Lokal- und Regionalgeschichte sowie Exkursionen, die<br />
<strong>auf</strong> große Resonanz stießen. En<strong>de</strong> 1923 beschloss <strong>de</strong>r<br />
Verein, ein Eschweiler Heimatmuseum einzurichten und erwarb zu diesem Zweck<br />
wertvolle Akten und Bücher aus <strong>de</strong>m Nachlass von Richard Pick, zum Beispiel das<br />
Tagebuch <strong>de</strong>s Eschweiler Hutmachers Michael Dominikus Kropp aus <strong>de</strong>r Franzosenzeit<br />
1797 bis 1807. Im Dezember 1923 wur<strong>de</strong> Sanitätsrat Dr. Bartz zum neuen<br />
Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Vereins gewählt. 1927 veröffentlichte Peter Beyer, <strong>de</strong>r Geschäftsführer<br />
<strong>de</strong>s Geschichtsvereins, das Buch „Eschweiler und seine Umgegend in alter<br />
Zeit“.<br />
Heimatmuseum<br />
1928 war es endlich so weit, dass <strong>de</strong>r Geschichtsverein das lange geplante Heimatmuseum<br />
einrichten konnte. Die Stadtverwaltung hatte Räumlichkeiten im alten<br />
Bergvogteihaus an <strong>de</strong>r Wollenweberstraße zur Verfügung gestellt. Adam Elsen<br />
schreibt hierzu: „Sofort wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Vorstand tätig und bat durch die örtliche Presse<br />
die Bürger, Urkun<strong>de</strong>n, Gegenstän<strong>de</strong> aus Handwerk, Gewerbe, Landwirtschaft und<br />
Kunst zur Verfügung zu stellen o<strong>de</strong>r als Leihgaben zu überlassen. Pfarrer i. R.<br />
Cremer übernahm es, als künftiger Leiter die Einrichtung <strong>de</strong>s Museums voranzutreiben.<br />
Er schenkte <strong>de</strong>m Verein aus seiner großen Privatsammlung wertvolle Münzen,<br />
und <strong>de</strong>r Kunsthistoriker Dr. Schubert, ein eifriger För<strong>de</strong>rer <strong>de</strong>s Museumsgedankens,<br />
schenkte 13 Handzeichnungen von Johann Wilhelm Preyer, <strong>de</strong>m bekanntesten<br />
<strong>de</strong>r Familie <strong>de</strong>r ‚Malerzwerge’.“<br />
Am 17. Mai 1928 wur<strong>de</strong> das Heimatmuseum durch Bürgermeister Dr. Hubert Kalvelage<br />
vor gela<strong>de</strong>nen Gästen feierlich eingeweiht. Was es anfangs im Heimatmuseum,<br />
über das Peter Beyer 1931 eine Broschüre veröffentlichte, zu besichtigen<br />
gab, listet Adam Elsen wie folgt <strong>auf</strong>: „In <strong>de</strong>r reichhaltigen Sammlung waren Geräte<br />
und Waffen aus <strong>de</strong>r Steinzeit, aber auch aus <strong>de</strong>r Bronzezeit ausgestellt. […] Auch<br />
zahlreiche Geräte aus <strong>de</strong>r römisch-fränkischen Zeit waren zu sehen, so römische<br />
Münzen, Gläser und Terra-Sigillata-Gefäße. In<br />
einem beson<strong>de</strong>ren Raum waren Kunstgegenstän<strong>de</strong><br />
und kirchliche Geräte in reicher Fülle<br />
ausgestellt. Eine Waffensammlung fehlte<br />
ebenso wenig wie Dokumente aus <strong>de</strong>r<br />
Franzosenzeit, aber auch Kupferstiche,<br />
Handzeichnungen, Gemäl<strong>de</strong> und<br />
Aquarelle sowie Kunstdrucke, die<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Persönlichkeiten sowie<br />
bemerkenswerte Bauwerke aus<br />
unserer Vaterstadt zeigten.“ 1931<br />
zog das Heimatmuseum ins Rathaus<br />
an <strong>de</strong>r Dürener Straße um,<br />
1937 wur<strong>de</strong> das Bergvogteihaus<br />
wie<strong>de</strong>r Heimat <strong>de</strong>s Museums.<br />
Als Eschweiler im Herbst 1944<br />
von amerikanischen Truppen<br />
erobert wur<strong>de</strong> und die Nazi-Diktatur<br />
en<strong>de</strong>te, gingen in <strong>de</strong>n<br />
Kriegswirren die meisten Museumsgegenstän<strong>de</strong><br />
verloren o<strong>de</strong>r<br />
wur<strong>de</strong>n gestohlen. Die wenigen<br />
wie<strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>nen Exponate<br />
wur<strong>de</strong>n ab 1965 <strong>auf</strong> Veranlassung<br />
<strong>de</strong>s damaligen Stadtdirektors Bernhard<br />
Sperlich und unter <strong>de</strong>r Betreuung<br />
von Rektor Karl Wirtz für einige<br />
Jahre in einem kleinen Heimatmuseum<br />
an <strong>de</strong>r Dürener Straße gezeigt.<br />
Der „Geschichtsverein für Eschweiler<br />
und Umgegend“, <strong>de</strong>ssen Vorsitzen<strong>de</strong>r seit<br />
1931 Bürgermeister Dr. Kalvelage war, entwikkelte<br />
sich seit <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>s Heimatmu-<br />
seums mehr und mehr zu einem reinen Museumsverein<br />
und wur<strong>de</strong> nach En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten<br />
Weltkrieges nicht wie<strong>de</strong>r ins Leben gerufen.<br />
Erst 1974 wur<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r ein Geschichtsverein<br />
in <strong>de</strong>r In<strong>de</strong>stadt gegrün<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r „Eschweiler<br />
Geschichtsverein“.<br />
Horst Schmidt<br />
Richard Pick (1840-1923)<br />
veröffentlichte 1861 das erste Buch<br />
zur Eschweiler Lokalgeschichte:<br />
„Notizen zur Eschweiler Geschichte“.<br />
Foto: Archiv Eschweiler<br />
Geschichtsverein