Der Weg zu einem nachhaltigen Strommarktdesign. - Swissgrid
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<strong>Der</strong> <strong>Weg</strong> <strong>zu</strong> <strong>einem</strong> <strong>nachhaltigen</strong><br />
<strong>Strommarktdesign</strong>.<br />
<strong>Swissgrid</strong> Netzforum 2013<br />
» Chancen und Risiken: Optionen <strong>zu</strong>r Flexibilisierung des<br />
Stromversorgungssystems «<br />
Dr. Felix Chr. Matthes<br />
Luzern, 22. November 2013
Startpunkte für die Diskussion um das<br />
<strong>Strommarktdesign</strong> der Zukunft<br />
• Massiver Investitionsbedarf in Erzeugungsanlagen und Netze<br />
(auch nach zwei Dekaden relativ niedriger Investitionen)<br />
• Politisch getriebene (und sinnvolle) Außerbetriebnahme von<br />
erheblichen Kraftwerkskapazitäten im vergleichsweise kurzen<br />
Zeitraum (maximal) einer Dekade (Kernenergie-Ausstieg und<br />
Luftreinhaltevorschriften im CWE-Markt, ca. 40.000 MW)<br />
• Dekarbonisierung des Energiesystems in den nächsten drei Dekaden,<br />
massiver Ausbau der Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer<br />
Energien – <strong>zu</strong>mindest im CWE-Markt mit <strong>einem</strong> starken Anteil<br />
variabler Stromerzeugung<br />
• Im Verlauf der letzten Dekade massiv gestiegene Investitionskosten<br />
für konventionelle Kraftwerksanlagen<br />
• Unvorteilhafte und (bisher) ungebrochene Preistrends auf den<br />
globalen Energiemärkten (Spreads zwischen Steinkohle und Erdgas<br />
steigen stetig und deutlich)<br />
• Das Emissionshandelssystem der EU in der Krise, alle Reform-<br />
Maßnahmen werden frühestens im Lauf einer Dekade nachhaltige<br />
Preiseffekte zeitigen
Herausforderungen: Das Missing-Money-Problem<br />
mit seinen neuen Dimensionen (1)<br />
• Das Missing-Money-Problem im konventionellen Segment<br />
1a) Kann der EOM sehr hohe Preise (>1000 €/MWh) erzeugen?<br />
Ohne jeden Zweifel.<br />
1b) Können solche Preisniveaus über längere Zeiträume im Jahr<br />
(>50 Stunden) auftreten?<br />
Im Prinzip ja, angesichts der stochastischen Leistungsbeiträge v.a.<br />
der Windenergie sinkt die Wahrscheinlichkeit jedoch erheblich!<br />
1c) Können solche Preisniveaus über längere Zeiträume im Jahr über<br />
mehrere Jahre (>5 Jahre) auftreten?<br />
Im Prinzip ja, sobald aber Investitionen in die Ausweitung des<br />
Leistungsangebots oder die Nachfrageflexibilität erfolgen, ist der<br />
Fortbestand dieser Preisniveaus unwahrscheinlich, siehe auch 1b).<br />
2) Wird der Regulierer angesichts dieser Preisniveaus auf Eingriffe<br />
verzichten?<br />
…?!<br />
3) Mit welchen Risiko<strong>zu</strong>schlägen (wenn überhaupt) sind in dieser<br />
Situation Investitionen (Angebots- oder Nachfrageseite) möglich?<br />
…?!
Eine neue Welt der Preisstrukturen<br />
im Energy-only-Markt<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
€ 2010 / MWh<br />
50<br />
40<br />
30<br />
PowerFlex 2015<br />
PowerFlex 2025<br />
PowerFlex 2035<br />
PowerFlex 2045<br />
20<br />
10<br />
0<br />
1 501 1001 1501 2001 2501 3001 3501 4001 4501 5001 5501 6001 6501 7001 7501 8001 8501<br />
Öko-Institut 2013
Unsicherheitsbewertung für Spitzenlastbedarf<br />
Leistungskredit Windenergie DE 2006-2012<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
Leistungskredit<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
Unsicherheitsbereich<br />
für Residual-Spitzenlast<br />
Minimaler Leistungskredit im Spitzenlastzeitraum<br />
(2006-2012)<br />
Maximaler Leistungskredit im Spitzenlastzeitraum<br />
(2006-2012)<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
0 h 5 h 10 h 15 h 20 h 25 h 30 h 35 h 40 h 45 h 50 h<br />
EEX, Öko-Institut
Herausforderungen: Das Missing-Money-Problem<br />
mit seinen neuen Dimensionen (2)<br />
• Das Missing-Money-Problem im erneuerbaren Segment<br />
1) Kann der EOM in den Zeiträumen jenseits der Spitzeneinspeisung<br />
von Sonne und Wind Preise erzeugen, die <strong>zu</strong>r Refinanzierung der<br />
Investitionen und Wind- und Solarkraftwerke ausreichen?<br />
Theoretisch sind solche Konstellationen <strong>zu</strong>mindest für bestimmte<br />
Anteile der Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie vorstellbar,<br />
es bedürfe jedoch extrem hoher – und aus heutiger Sicht: sehr<br />
unwahrscheinlicher – Brennstoff- bzw. CO2-Preise.<br />
2) Wird der Regulierer angesichts solch hoher Preisniveaus, v.a. für<br />
CO2-Zertfikate auf Eingriffe verzichten?<br />
…?!<br />
3) Mit welchen Risiko<strong>zu</strong>schlägen (wenn überhaupt) sind in dieser<br />
Situation Investitionen in regenerative Kraftwerke möglich?<br />
…?!
Die aktuelle Marktdesign-Debatte<br />
Unterschiedliche Dimensionen<br />
• Status Quo<br />
− Leistungsfähigkeit des Energy only-Marktes steht massiv in Frage<br />
− Kurzfristmaßnahmen & bestehende (KWKG, Eigenerzeugungs-<br />
Privilegierung) und ausgelaufene (kostenlose Zuteilung im EU ETS)<br />
(Quasi-) Kapazitätsmechanismen<br />
• Diskussionen um das Marktdesign des konventionellen Segments<br />
− Situation am Ende des Übergangs <strong>zu</strong>m liberalisierten Strommarkt<br />
(erstmals großvolumige Investitionen im liberalisierten Markt)<br />
− Beschleunigung der latenten Strommarktprobleme durch den massiven<br />
Ausbau (bestimmter) erneuerbarer Energien<br />
• Diskussionen um die Perspektiven des Flankierungsrahmens für<br />
erneuerbare Energien (inkl. Integration in konventionell/erneuerbar)<br />
− Debatte um die EEG-Umlage<br />
− (<strong>zu</strong>künftige) Optimierung der erneuerbaren Energien untereinander<br />
(systemdienliche Auslegung und systemdienlicher Betrieb<br />
− Umgang mit (Folge-) Kosten der erneuerbaren Energien (Zahlungen,<br />
Infrastruktur, Speicher)
Systemdienlichkeit als neue Anforderung<br />
Biomasse: Problematische Betriebsrationalität<br />
1,000<br />
20,000<br />
900<br />
18,000<br />
800<br />
16,000<br />
700<br />
14,000<br />
MW (Biomasse)<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
12,000<br />
10,000<br />
8,000<br />
6,000<br />
MW (Braunkohle)<br />
200<br />
Biomasse (50 Hertz)<br />
100<br />
Braunkohle (Deutschland)<br />
0<br />
01.01.2010 01.04.2010 01.07.2010 01.10.2010<br />
4,000<br />
2,000<br />
0<br />
50 Hertz Transmission, EEX, Öko-Institut
Systemdienlichkeit als neue Anforderung<br />
Wind: Andere Optimierung bei der Auslegung nötig<br />
180%<br />
90<br />
160%<br />
140%<br />
Spitzeneinspeisung<br />
um 70% reduziert<br />
Standard-Anlage<br />
Optimierte Anlage<br />
Preis-Dezile (2015)<br />
80<br />
70<br />
Auslastung<br />
120%<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
13% der Erzeugung in<br />
werthaltigere Stunden<br />
verschoben<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
Strompreis (€ / MWh)<br />
40%<br />
20<br />
20%<br />
10<br />
0%<br />
0% 25% 50% 75%<br />
0<br />
Öko-Institut 2013
Aufgabe: Die anstehende Transformation<br />
einer polarisierten Struktur des Energiemarkts<br />
EEG: (implizite) Kapazitätszahlungen,<br />
Einheitsmodell, hohe Differenzierung<br />
a) “Invest, produce &<br />
forget”<br />
b) national<br />
Strommarkt nach der Liberalisierung:<br />
Zahlungen für Energie, Grenzkostenpreise<br />
a) “Produce & forget<br />
about investments”<br />
b) Europa<br />
Konventionelle Energien<br />
Das <strong>zu</strong>künftige Stromsystem:<br />
koordinationsintensiv (flexibler<br />
Dispatch, Systemdienstleistungen)<br />
kapitalintensiv, CO2-frei (regenerativ)<br />
Erneuerbare Energien<br />
Zahlungen für<br />
gesicherte Kapazität<br />
Zahlungen für Energie<br />
& Systemdienstleistungen<br />
Zahlungen für andere<br />
(CO2-freie) Kapazität<br />
a) Welcher <strong>Weg</strong> dorthin?<br />
b) Wieviel Europa in welcher Etappe
Übergangsoption #3 (#1 & 2 gern auf Nachfrage)<br />
Marktrealismus mit Vision auf beiden Seiten<br />
Erneuerbare Energien<br />
EEG: (implizite) Kapazitätszahlungen,<br />
Einheitsmodell, hohe Differenzierung<br />
Fokussierte<br />
Kapazitätsmärkte<br />
(EOM-) Marktpreis-<br />
Signale<br />
Vorschlag:<br />
(schrittweise)<br />
einführen,<br />
Wertoptimiertein<br />
Kapazitäts-<br />
Förderung<br />
(schrittweise)<br />
zahlungen<br />
überführen<br />
– und lernen!<br />
EEG-Reform<br />
Zahlungen für<br />
gesicherte Kapazität<br />
Das <strong>zu</strong>künftige Stromsystem:<br />
koordinationsintensiv (flexibler<br />
Dispatch, Systemdienstleistungen)<br />
kapitalintensiv, CO2-frei (regenerativ)<br />
Strommarkt nach der Liberalisierung:<br />
Zahlungen für Energie, Grenzkostenpreise<br />
Kapazitätsmarkt-Zahlungen<br />
(schrittweise Vorschlag:<br />
und differenziert)<br />
einführen<br />
– und lernen!<br />
Zahlungen für Energie<br />
& Systemdienstleistungen<br />
Zahlungen für andere<br />
(CO2-freie) Kapazität<br />
Konventionelle Energien<br />
Aufgeklärte Reform: Klare strukturelle Perspektive, auch auf<br />
Lernen angelegte Schritte hin <strong>zu</strong> Konvergenz & Integration
DE: Das Modell des Fokussierten Kapazitätsmarkts<br />
Überblick<br />
Zuständige Regulierungsstelle<br />
Zuständige Stelle<br />
Versorgungs-<br />
sicherheits-<br />
Bericht<br />
Bestandsanlagen-<br />
Auktion<br />
Neuanlagen-<br />
Auktion<br />
Konsultation<br />
Gebot<br />
Kapazitätszahlung<br />
Erfüllungsnachweis<br />
Präqualifikation<br />
Steuerbare<br />
Lasten<br />
Gebot<br />
Kapazitätszahlung<br />
Erfüllungsnachweis<br />
Netz-<br />
Entwicklungs-<br />
Plan<br />
Präqualifikation<br />
Stilllegungsgefährdete<br />
Bestandsanlagen<br />
Keine Teilnahme am Kapazitätsmarkt<br />
Bestandsanlagen<br />
mit hinreichender Deckung<br />
der fixen Betriebskosten<br />
Präqualifikation<br />
Flexible &<br />
CO2-arme<br />
Neuanlagen<br />
Gebote Gebote Gebote<br />
Zahlungen<br />
Zahlungen<br />
Zahlungen<br />
Energy-only- und<br />
Regelenergie-Märkte
DE: Das Modell der wertoptimierten EEG-Reform<br />
Überblick<br />
Zuständige Regulierungsstelle<br />
Festlegung der (technologiespezifischen)<br />
Kapazitätsprämien sowie des Verfahrens <strong>zu</strong>r<br />
Ermittlung der (systemdienlichen) Be<strong>zu</strong>gskapazität<br />
Publikation der (konservativen) Erlösannahme für<br />
die festgelegten Kapazitätsprämien sowie Festlegung<br />
der Ausübungspreise für den Abschöpfungsmechanismus<br />
Zuständige Stelle (Übertragungsnetzbetreiber)<br />
Zahlung einer fixen<br />
Kapazitätsprämie*<br />
Meldung von Kapazität &<br />
stündlicher Einspeisung<br />
Konditionierte Verpflichtung<br />
<strong>zu</strong>m Barausgleich**<br />
Ggf. Barausgleich**<br />
Steuerbare Anlagen:<br />
Be<strong>zu</strong>gskapazität: Installierte<br />
Leistung<br />
Dargebotsabhängige Anlagen:<br />
Be<strong>zu</strong>gskapazität: Stündliche<br />
Einspeisung<br />
Einkommen aus<br />
Kapazitätsprämie<br />
Feststellung<br />
des mittleren<br />
Erlöses der<br />
Flotte sowie<br />
der Differenz<br />
<strong>zu</strong>m<br />
Ausübungspreis<br />
Erneuerbare-Energien-<br />
Anlagenbetreiber<br />
Ggf. Erlös-<br />
Abschöpfung<br />
Barausgleich<br />
bei<br />
Flottenerlösen<br />
über dem<br />
Ausübungspreis<br />
* (technologiespezifische) Kapazitätsprämie<br />
für jede Kohorte fixiert für einen längeren<br />
Zeitraum (20 Jahre)<br />
** Barausgleich für die realisierte Produktion<br />
<strong>zu</strong>m Differenzbetrag zwischen mittlerem<br />
Erlös der Flotte und Ausübungspreis<br />
Einkommen aus der<br />
Vermarktung (direkt/indirekt)<br />
Gebote<br />
Zahlungen<br />
Strommengen- (Energy-only-)<br />
und Regelenergie-Märkte
Schlussfolgerungen<br />
• In der vorfindlichen Situation und mit den existierenden Perspektiven<br />
ist das derzeitige Marktdesign (aus Energy-only- und Systemdienstleistungsmärkten)<br />
zwar hoch effizient (sowie weiterhin und<br />
<strong>zu</strong>nehmend unverzichtbar) <strong>zu</strong>r Koordination des Betriebs, bildet mit<br />
sehr hoher Wahrscheinlichkeit keine nachhaltige Basis für<br />
Investitionen (in allen Bereichen des Systems)<br />
• Die Erzeugung von Einkommensströmen <strong>zu</strong>r Investitionsfinanzierung<br />
wird unausweichlich, dies wird letztlich als Erweiterung des<br />
Marktdesigns (Märkte für gesicherte Leistung und Märkte für CO2-<br />
freie/erneuerbare Leistung) umgesetzt werden müssen.<br />
• Für den Bereich der Erneuerbaren bedeutet dies einen Perspektivwechsel:<br />
weg vom Förderinstrumentarium und hin <strong>zu</strong>m Marktdesign.<br />
• Es ist sinnvoll, diese Erweiterung des Marktdesigns ins (Teil-)<br />
Schritten <strong>zu</strong> gehen, um Anpassungs- und Lernprozesse sowie<br />
europäische Integration <strong>zu</strong> ermöglichen.<br />
• In der vorfindlichen (realen) Situation ist es sinnvoll, bei der<br />
Erweiterung des Marktdesigns Systemdienlichkeit und Kosteneffekte<br />
für die Verbraucher in den Ziel-/Design-Katalog auf<strong>zu</strong>nehmen.
Besten Dank<br />
für Ihre Aufmerksamkeit<br />
Dr. Felix Chr. Matthes<br />
Energy & Climate Division<br />
Büro Berlin<br />
Schicklerstraße 5-7<br />
D-10179 Berlin<br />
f.matthes@oeko.de<br />
www.oeko.de