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Casino Intern

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<strong>Casino</strong> Gründungsfest 2013<br />

Überzeugt davon, dass die Krise nicht vorbei sei, ein extremer<br />

Wandel noch bevorstehe, ist auch Rüttgers. Zu überwinden<br />

sei die Krise nur, wenn es der Zivilgesellschaft gelänge,<br />

sich ein gemeinsames Ziel in Europa zu setzen. Die Rheinländer<br />

schien er dafür besonders befähigt zu halten, denn er<br />

bezeichnete sie als offene Menschen, die ein Gefühl dafür<br />

haben, was wichtig ist und wofür es sich lohnt, sich einzusetzen.<br />

In den nächsten Jahren sieht der Politiker große Herausforderungen<br />

auf die Bürger Europas zukommen. So würden<br />

die Beziehungen der Staaten untereinander gänzlich neu<br />

ausfallen, die Karten würden neu gemischt. Sich auf die<br />

verändernden Beziehungen einzustellen, sei eine Notwendigkeit,<br />

fuhr er fort. Anhand von beeindruckenden Zahlen<br />

verdeutlichte er, wie sich die Bevölkerung Europas zu der<br />

der Weltbevölkerung entwickeln wird. Um 1900 habe noch<br />

rund 20 Prozent der Weltbevölkerung in Europa gelebt. Für<br />

2050 würden nur noch gut vier Prozent prognostiziert. Was<br />

bleibe dann von Europa, fragte<br />

er provokativ.<br />

Eine weitere Herausforderung<br />

wird das große Thema Energiewende<br />

sein, stellte Rüttgers heraus.<br />

Sicher sei, dass die Energiewende<br />

teuer werde, teurer als<br />

gedacht. Auch wenn, anders als<br />

die Amerikaner, die er als Optimisten<br />

auch in Niederlagen bezeichnete, die Deutschen eher<br />

Pessimisten auch im Erfolg seien, sei er sicher, dass „wir es<br />

schaffen werden, wenn wir versuchen, es ordentlich in den<br />

Griff zu bekommen“. Schließlich hätten wir doch allein in der<br />

kurzen Zeit der letzten sechzig Jahre, eine große Anzahl von<br />

Veränderungen im Land geschafft. Er erinnerte u.a. an den<br />

Wiederaufbau, die Währungsreform, das Wirtschaftswunder,<br />

die soziale Marktwirtschaft und die Wiedervereinigung.<br />

Als zu bewältigende Herausforderung sieht Rüttgers auch<br />

den demografischen Wandel. Er fragte, warum Gesellschaft<br />

und Politik das Thema nicht endlich aufgreifen, obwohl doch<br />

eigentlich ein umfassendes Wissen dazu vorliegt, dass in<br />

den nächsten fünfzig Jahren die Bevölkerung Deutschlands<br />

um 15 bis 17 Millionen Einwohner zurückgehe. Aber trotz<br />

dieser Entwicklung seien die Deutschen kein sterbendes Volk,<br />

entwarnte Rüttgers.<br />

Dass es kein wirtschaftliches Wachstum mehr gebe, wenn<br />

die Bevölkerungszahlen abnehmen, sei falsch. Man müsse<br />

mehr darauf eingehen, dass sich auch die Form der Arbeit<br />

verändert habe. Mehr Flexibilität und Mobilität seien nötig.<br />

Rüttgers glaubt fest daran, dass das altgediente „Renteneintrittsalter“<br />

bald abgeschafft werde. Jeder sollte für sich entscheiden<br />

dürfen, was, wie und wieviel er in welchem Alter<br />

arbeite. Das müsse nicht durch die Politik geregelt werden.<br />

Und wer sich durch eine weitere Tätigkeit etwas zu seiner<br />

Rente hinzuverdienen möchte, solle das in unbegrenzter<br />

Höhe tun dürfen.<br />

Natürlich kam Rüttgers zum Thema Krise nicht an<br />

dem vorbei, was die täglichen Nachrichten füllt:<br />

Die Euro-Krise. Als erstes zog er symbolisch den<br />

Hut vor den enormen Anpassungsleistungen, die<br />

die Menschen in den extremen Krisenländern wie<br />

Griechenland, Portugal und auch Spanien durch<br />

ihren Verzicht vollbracht hätten. Über die Fortschritte,<br />

die erzielt wurden, sollte eigentlich möglichst<br />

jede Woche gesprochen werden. Nach seiner<br />

Meinung gebe es eine Krise der Ziellosigkeit und<br />

der Mutlosigkeit. „Wir müssen uns trauen, etwas<br />

anzupacken“, rief Rüttgers auf. Schließlich sei Europa<br />

das beste Projekt, das es je gegeben habe.<br />

Die Idee Europas, seine Leitbilder seien Freiheit,<br />

Rechtsstaat und Solidarität. Es eine die Länder Europas<br />

keine gemeinsame Religion, keine gemeinsame<br />

Sprache, keine gemeinsame Geschichte,<br />

aber eine gemeinsame Kultur. Rüttgers rüttelte auf:<br />

Jetzt müsse man den Mut dazu haben, im deutschfranzösischen<br />

Verhältnis<br />

weiter zu gehen, damit der<br />

deutsch-französische Motor<br />

Europa weiter antreibe. Daran<br />

zu arbeiten sei aber nicht<br />

nur die Aufgabe der Politik,<br />

sondern erst einmal der Zivilgesellschaft,<br />

zu der auch die<br />

Gesellschaft gehöre, die an<br />

diesem Tag ihr Gründungsfest<br />

feiere.<br />

Nach dem einstündigen Vortrag von Jürgen Rüttgers<br />

bedankte sich Assenmacher für dessen außerordentlich<br />

facettenreiche Rede. Sein klares<br />

Plädoyer für Europa habe gutgetan. Er habe alle<br />

Probleme nicht nur gestreift, sondern sie so eingeordnet,<br />

dass sie nicht Probleme blieben, sondern<br />

dass sie zu lösen seien. Er stimmte zu, dass über<br />

Ziele nicht nur geredet werden dürfe, sondern der<br />

Wille diese zu erreichen, entscheidend sei.<br />

Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung<br />

durch zwei Absolventen der 2007 gegründeten<br />

„Koblenz <strong>Intern</strong>ational Guitar Academy“, die Gitarristen<br />

Russell Poyner und Pavel Shamshura, die<br />

glänzend abgestimmt auf das Thema „deutschfranzösische<br />

Freundschaft“ das im Jahr 1828 komponierte<br />

Stück „L‘Encouragement“ von Fernando<br />

Sor zum Abschluss darboten.<br />

Gerne folgten die Gäste der Einladung zum abschließenden<br />

Weinempfang im Foyer wo noch<br />

viele gute Gespräche über Europa, Deutschland<br />

und Koblenz geführt wurden.<br />

Barbara Senger<br />

Seite 13<br />

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