Nachtwächter starten um 22 Uhr - Anzeiger für Harlingerland
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19. Beilage ANZEIGER FÜR HARLINGERLAND 19. November 2013<br />
<strong>Nachtwächter</strong> <strong>starten</strong> <strong>um</strong> <strong>22</strong> <strong>Uhr</strong><br />
ERINNERUNGEN Harry Dettmers schildert Wittmund zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
Eine Badeanstalt gab es<br />
an der Eggelinger Straße<br />
in der Harle, eine Turnhalle<br />
im Brauer’schen<br />
Gasthof am Markt.<br />
VON ROLF ADERT<br />
Die Drostenstraße in Wittmund: Hier betrieb die Familie Dettmers z<strong>um</strong> Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
bis 1982 ein Herren-Konfektionsgeschäft.<br />
BILD: STADTARCHIV WITTMUND<br />
WITTMUND – Die Verhältnisse in<br />
der Stadt Wittmund <strong>um</strong> die<br />
Jahrhundertwende – die schilderte<br />
Harry Dettmers<br />
(1894–1983), ein ehemaliger<br />
Nachbar der Familie Janssen<br />
in der Drostenstraße, dem<br />
nicht aus Wittmund stammenden<br />
Bürgermeister Dr.<br />
Schulze (1968–1974) in einem<br />
Schreiben. Dieses Schriftstück<br />
übergab Elisabeth Scupin, geborene<br />
Janssen, kürzlich dem<br />
Autor dieses Artikels. Die Familie<br />
Dettmers betrieb bis<br />
1982 in der Drostenstraße ein<br />
Herren-Konfektionsgeschäft.<br />
Im Wittmunder Geschichtskreis<br />
haben die Schilderungen<br />
bereits großes Interesse<br />
hervorgerufen, einige<br />
konnten sich noch selbst an<br />
die Zeiten erinnern. Aber auch<br />
jüngere Bürger der Kreisstadt<br />
sind an diesen Zeilen sicherlich<br />
interessiert. Wir geben<br />
den Brief hier wieder:<br />
Herrn Dr. med. Schulze<br />
Wittmund, den 12. 2. 1969<br />
Sehr geehrte Herr Doktor!<br />
Wie ich durch meine Schwester,<br />
Frau Tirold, vernahm, interessiert<br />
es Sie als Bürgermeister<br />
zu wissen, wie es früher<br />
in Wittmund aussah. Bis<br />
<strong>um</strong> die Zeit der Jahrhundertwende<br />
kann ich mich an alles<br />
erinnern und möchte hier<br />
über folgendes berichten.<br />
Wittmund hatte damals circa<br />
2000 Einwohner und war<br />
ein Flecken mit Kreissitz. Fleckenvorsteher<br />
war H. W. Janssen,<br />
ein früherer Lehrer in<br />
Wittmund und Vater von dem<br />
verstorbenen Zahnarzt Edmund<br />
Janssen, wohnhaft in<br />
der Burgstraße. Er hatte<br />
außerberuflich ein bedeutendes<br />
Kunstdünger- und Futtermittelgeschäft<br />
und eine<br />
Schweinezucht.<br />
Ein Angestellter stand dem<br />
Fleckenvorsteher in den<br />
schriftlichen Arbeiten zur Seite.<br />
Die Fleckenvertretung bestand<br />
aus zwölf Männern,<br />
politisch fast alle eine Richtung<br />
(freisinnig). Die Einholung<br />
der Gemeindesteuern erfolgte<br />
durch den Fleckensdiener<br />
Carl Meyer, ein Korbmacher<br />
aus der Finkenburgstraße.<br />
Im Dienst des Fleckens<br />
war Meyer uniformiert. Ein Finanzamt<br />
gab es damals noch<br />
nicht; eine Steuerbehörde, bestehend<br />
aus zwei Beamten,<br />
war im Kreishaus untergebracht.<br />
Drei Polizisten<br />
Die Polizei bestand aus<br />
einem Oberwachtmeister <strong>für</strong><br />
den Kreis Wittmund sowie<br />
zwei Gendarmen, einer davon<br />
beritten, <strong>für</strong> den Flecken.<br />
Abends <strong>um</strong> 10 <strong>Uhr</strong> begannen<br />
die beiden <strong>Nachtwächter</strong><br />
ihren Dienst – abwechselnd.<br />
Aus einem übergroßen Horn<br />
tönte an den Straßenecken ein<br />
langer, d<strong>um</strong>pfer Ton. Auch<br />
diese <strong>Nachtwächter</strong> trugen alle<br />
Uniformen, sie trugen<br />
außerdem ein Brandhorn bei<br />
sich. Das kleine, alte Feuerwehrhaus<br />
stand auf dem Platze<br />
neben Gröttrup in der Norderstraße,<br />
enthaltend drei<br />
Spritzen. Es war eine Pflichtfeuerwehr,<br />
nur die Führer waren<br />
uniformiert. Drei- bis viermal<br />
im Jahr wurde im Harletief<br />
eine Übung abgehalten, da es<br />
noch keine Wasserleitung gab.<br />
Ganz primitiv waren damals<br />
die Lichtverhältnisse,<br />
man kannte nur Petrole<strong>um</strong>und<br />
Tranlampen, <strong>für</strong> manchen<br />
Handwerker ein schwieriges<br />
Arbeiten. Das Gaslicht,<br />
damals etwas Besonderes,<br />
kam im Jahr 1903/04.<br />
Schulverhältnisse<br />
Ganz schlecht waren auch<br />
die Schulverhältnisse. Im Steggewentz’schen<br />
Hause in der<br />
Norderstraße, im Claaßen’schen<br />
Hause in der Burgstraße<br />
/ Ecke Kirchlohne waren<br />
die Klassenrä<strong>um</strong>e, die<br />
Rektorschule im Hause des<br />
Rektor Harhorst am Kirchplatz.<br />
Man kann wohl sagen,<br />
alles war behelfsmäßig, die<br />
Toiletten waren dürftig. Als<br />
1901 die Schule an der Finkenburgstraße<br />
bezogen wurde (allerdings<br />
nur halb so groß wie<br />
heute von dem vorderen Teil),<br />
wurde es etwas besser. Eine<br />
Turnhalle gab es nur hinten im<br />
Brauer’schen Gasthofe am<br />
Markt. Der Ra<strong>um</strong> gehört heute<br />
noch zur Kegelbahn.<br />
Die Badeanstalten (wenn<br />
man sie so nennen darf), waren<br />
an der Eggelinger Straße in<br />
der Harle, nördlich der Straße<br />
<strong>für</strong> Männer und Knaben, südlich<br />
der Straße <strong>für</strong> Mädchen.<br />
Von der Bismarckstraße bis<br />
zur Mühlenstraße waren nur<br />
Ländereien (Herrens Land)<br />
und keine Häuser. Da <strong>um</strong> die<br />
Jahrhundertwende die Fahrräder<br />
aufkamen, gründete sich<br />
bald ein Radfahrerverein.<br />
FORTSETZUNG SEITE 2
Die Einmündung der Drostenstraße vor etwa 100 Jahren vom Marktplatz/Osterstraße aus gesehen.<br />
BILD: STADTARCHIV WITTMUND<br />
FORTSETZUNG VON SEITE 1<br />
Dieser veranstaltete unter Leitung<br />
von Hans Wachler verschiedene<br />
sehr interessante<br />
Radrennen unter Beteiligung<br />
von Wilhelmshavener Radrennfahrern.<br />
Im Hof von Hannover<br />
(Willen) entstand eine<br />
Radrennbahn. Sonst wurde<br />
außer Turnen, Schlittschuhlaufen<br />
und Klootschießen wenig<br />
Sport betrieben. Das Schlittschuhlaufen<br />
fand meistens auf<br />
dem Tief (Harle) bis zur Käkerei<br />
und noch weiter statt. Bei<br />
einem alten Ehepaar (Hero und<br />
Johanna) gab’s „hoet uns söt“<br />
zu trinken.<br />
Die Viehmärkte waren sehr<br />
bedeutend. Montags standen<br />
auf dem Marktplatz mehrere<br />
hundert Kühe z<strong>um</strong> Verkauf.<br />
Der Handel lag zu 75 Prozent in<br />
Judenhänden.<br />
Nun zu den Berufen: Heute<br />
fast ausgestorbene waren damals<br />
stark vertreten wie Stellmacher,<br />
Schuhmacher, Seiler<br />
und Töpfer. Töpfereien waren<br />
in Firmen wie Schulz und auch<br />
Scholz in der Mühlenstraße<br />
vertreten. Viele aus Schlesien<br />
stammende Handwerksgesellen,<br />
welche bei Scholz beschäftigt<br />
waren, haben sich in Wittmund<br />
verheiratet. Waldau,<br />
Woch, Kreybohm, Scholz und<br />
nochmals Waldau. In dem Hause<br />
vor dem neuen Feuerwehrhause<br />
(Bismarckstraße) bestand<br />
eine Tonwarenfabrik<br />
(Pott-Janssen).<br />
Ärzte waren nur zwei (Dr.<br />
Dirks und Dr. Tjarks) vertreten,<br />
einige Jahre später kam noch<br />
Dr. Brackloh hinzu. Ihre Landtouren<br />
hatten mit Droschkengespannen<br />
weiten Umfang, Dr.<br />
Brackloh ritt zuweilen noch bis<br />
Middels, (zwölf Kilometer zu<br />
Pferde). Im Jahre 1904 wurde<br />
dann das Krankenhaus erbaut.<br />
Auf dem Schützenplatz in<br />
Jever, im Jahre 1904, war z<strong>um</strong><br />
ersten Mal ein Kinematograph<br />
im Zelt, dam als etwas Neues.<br />
Das erste Automobil von dem<br />
alten Kapitän D’huvele’ fuhr<br />
kurz nach 1900 durch Wittmund.<br />
Das Gehupe lockte die<br />
Leute auf die Straße. Die Post<br />
war in der Mühlenstraße, im<br />
„Grot Hus“, untergebracht. Die<br />
Landbriefträger hatten täglich<br />
große Fußtouren zu bewältigen.<br />
20 Kilometer waren es fast<br />
immer.<br />
Das Schützenfest war bis<br />
1903 am Schlosswall. Wir Jungens<br />
erwarteten oben auf dem<br />
Wall stehend die Schützen. Im<br />
Jahre 1901 brannte das Hotel<br />
Finkenburg ab, die beiden<br />
schönen Blauschimmel, welche<br />
mit den Hotelwagen täglich<br />
z<strong>um</strong> Bahnhof fuhren, kamen<br />
dabei auch <strong>um</strong>. Der Hotelgarten<br />
ging an die Gartenstraße<br />
heran. Einzelne Wittmunder<br />
haben noch eine Photografie<br />
von dem Hotelwagen mit dem<br />
alten Gerd Manold als Fahrer.<br />
Geschäftsleben<br />
Das Geschäftsleben war<br />
recht anstrengend. Geschäftszeiten<br />
waren von morgens 7 bis<br />
abends 9 <strong>Uhr</strong>, keine Mittagsstunde,<br />
sonntags von 8 bis 10<br />
und 12 bis 2. Was man heute<br />
die Berufsschule nennt, war<br />
damals die Gewerbeschule,<br />
welche abends <strong>um</strong> 8 <strong>Uhr</strong> besucht<br />
wurde. Viel Bettelei gab<br />
es damals durch reisende Gesellen.<br />
Nachstehend noch einige<br />
Zeilen der damaligen Preise.<br />
Der beste Anzug, dreiteilig,<br />
kostete 30 bis 40 Mark. Hüte<br />
3,25 Mark, Butter das Pfund 80<br />
Pfennig, Schnaps 5 Pfennig.<br />
Haarschneiden 30 Pfennig. Nur<br />
ein Fahrrad war ebenso teuer<br />
wie heute, vielleicht noch teurer.<br />
Wittmund war in der damaligen<br />
Zeit ein recht ruhiger<br />
und gemütlicher Ort. Kinder<br />
spielten auf den Straßen. Leute<br />
saßen abends im Sommer vor<br />
ihren Häusern, teils mit langen<br />
Pfeifen.<br />
Man horchte auf den Straßen,<br />
wenn der Ausrufer Burrak,<br />
später Burbank, mit seiner<br />
Klingel auf den Straße erschien<br />
und Neuigkeiten berichtete. Ja,<br />
es waren die guten alten Zeiten,<br />
wie man sagt, weil die Leute<br />
anspruchsloser und zufriedener<br />
waren. Kein Vergleich<br />
mit den heutigen, vielfach zu<br />
guten Zeiten.<br />
Ich hoffe, dass diese Schilderung<br />
Sie interessiert hat. Ihr<br />
Harry Dettmers<br />
REGEN<br />
FLASHMOB<br />
So heet so still<br />
De Last<br />
So swaar<br />
En weken Drüpp<br />
Up blode Huud<br />
Twee dree un mehr<br />
Mehr<br />
Se richt sük up<br />
Holt de Kopp in d’ Nack<br />
Dat guust an hör daal<br />
Spöölt dat Leven<br />
Buten un binnen<br />
Sinnig wurd ’t minner<br />
Minner<br />
Keen Drüpp mehr<br />
So rein so free<br />
Keen Last<br />
To swaar<br />
Von Luise Böök<br />
Ut de Intercity stegen<br />
stevelt he dör d’ Bahnhoffshall<br />
Drömels tüsken Minskendrockde<br />
overall<br />
In sien Borst föhlt he dat Puckern<br />
Stadt un Firma sünd h<strong>um</strong> frömd<br />
Wo geiht woll sien eerste Dag of<br />
in ’t witt Hemd<br />
En jung Froo steiht in de Midden<br />
hollt hör Handy stuuv an ’t Ohr<br />
Örgelspööl lett Lüü upmarken<br />
Händel – klaar!<br />
So as harr se ’n Teken kregen<br />
klingt naar machtig lecht un wahr<br />
ut hör Mund dat Halleluja<br />
wunnerbaar<br />
Junge Lüü – schienbaar tofällig<br />
laten wied verdeelt de Sang<br />
to en rullend Bulge swellen<br />
Hemelsklang<br />
Mannlüü Froolüü vörn un achtern<br />
föhlen sük to ’n Singen nöögt<br />
un so is en heel Rieg Minsken<br />
deep anröögt<br />
Ut de Bahnhoff stappt de Jung nu<br />
kickt de Dag driest in ’t Gesicht<br />
Händels Halleluja maakt sien<br />
Benen licht<br />
von Manfred Briese
Graf von Mansfeld im Muse<strong>um</strong><br />
JAHRESTREFFEN Spitzen der Heimatvereine kamen in Friedeburg zusammen<br />
Vertreter des Zeppelinund<br />
Flieger-Muse<strong>um</strong>s in<br />
Wittmund streben<br />
Eröffnung in 2016 an.<br />
FRIEDEBURG/KHW – „Sie haben<br />
bei den Aktionen vor Ort vielfach<br />
die Nase vorn, gestalten<br />
die Dorfkultur mit und melden<br />
sich natürlich auch kritisch zu<br />
Wort, wenn Dinge nicht so laufen,<br />
wie sie sein sollten“, kommentierte<br />
Karl-Heinz de Wall<br />
als Sprecher des Arbeitskreises<br />
der Heimatvereine im Landkreis<br />
Wittmund und in der benachbarten<br />
Region die vielen<br />
Aktivitäten der angeschlossenen<br />
Gruppen. Besonders im<br />
ländlichen Ra<strong>um</strong> seien sie ein<br />
wichtiger Organisationsrahmen<br />
<strong>für</strong> Initiativen aller Art. Ihr<br />
Fundament sei das ehrenamtliche<br />
Engagement von Menschen,<br />
die an dem Geschehen<br />
vor Ort interessiert seien und<br />
gute Traditionen pflegen<br />
möchten.<br />
Treffpunkt der Heimatfreunde<br />
war das Heimatmuse<strong>um</strong><br />
Friedeburg, in dem Heidrun<br />
Hilbert mit ihrem Team<br />
mehr als ein Dutzend Vereinsvertreter<br />
aus den Landkreisen<br />
Wittmund und Friesland willkommen<br />
hieß und die Leistungspalette<br />
des Friedeburger<br />
Vereins skizzierte. Als Highlight<br />
stellte Burkhard Schäfer das<br />
neueste Exponat des Muse<strong>um</strong>s<br />
vor – ein mehrere 100 Jahre alter<br />
Merian-Stich mit dem Porträt<br />
des Grafen Ernst von<br />
Mansfeld. Engagiert erläuterte<br />
er die Lebensgeschichte Mansfelds<br />
(1580–1626), der als „privater<br />
Unternehmer“ Truppen<br />
verpflichtete und in der Anfangsphase<br />
des Dreißigjährigen<br />
Krieges mal <strong>für</strong> diese und<br />
mal <strong>für</strong> jene Partei als Feldherr<br />
agierte. In Ostfriesland sei<br />
Mansfeld insbesondere durch<br />
die Besetzung des Landes von<br />
November 16<strong>22</strong> bis Januar 1624<br />
als „Inbegriff des Schreckens“<br />
in Erinnerung geblieben, gestützt<br />
durch Sagen, Erzählungen,<br />
Flurnamen, Berichte von<br />
Chronisten und anderes mehr.<br />
Aber genauso wie die heimische<br />
Bevölkerung waren auch<br />
die Söldner und deren Tross<br />
letztlich Opfer dieses Religionskrieges.<br />
Wie immer wurde über<br />
Neuigkeiten aus den Vereinen<br />
berichtet. Den Friedeburger<br />
Muse<strong>um</strong>smachern ist es ein<br />
besonderes Anliegen, die Geschehnisse<br />
<strong>um</strong> den Friesischen<br />
Heerweg und die Klöster<br />
Reepsholt und Hopels in den<br />
Burkhard Schäfer vom Heimatverein<br />
Friedeburg (im Bild<br />
neben Vorsitzender Heidrun<br />
Hilbert) stellte auf dem Treffen<br />
der Heimatvereine das<br />
neueste Exponat, einen mehrere<br />
100 Jahre alten Merian-<br />
Stich mit dem Porträt des<br />
Grafen Ernst von Mansfeld<br />
vor.<br />
BILD: KARL-HEINZ DE WALL<br />
Mittelpunkt zu rücken. Aber<br />
auch wenn aus der Bevölkerung<br />
historische Gegenstände<br />
zu anderen Themen angeboten<br />
würden, weise man diese nicht<br />
zurück, denn irgendwo gebe es<br />
immer einen Abnehmer, so<br />
Hilbert. So funktioniere der<br />
Austausch von Ausstellungsstücken<br />
zwischen den einzelnen<br />
Museen mittlerweile sehr<br />
gut.<br />
Peter Lucas Peters vom Heimatverein<br />
Esens stellte das<br />
Projekt „Naturerlebnis <strong>Harlingerland</strong>“<br />
vor. In Zusammenarbeit<br />
mit anderen Institutionen<br />
seien vier Radwege in der<br />
Samtgemeinde festgelegt, beschildert<br />
und mit Info-Tafeln<br />
versehen worden: eine Waldund<br />
Moor-Route, eine Meeresspiegel-Route,<br />
eine Pingo-Route<br />
und eine Wallhecken-Route.<br />
Er ermunterte die heimische<br />
Bevölkerung, diese heimatgeschichtlichen<br />
Informationen<br />
im Rahmen von Fahrradtouren<br />
anzunehmen. Positiv vermerkt<br />
wurde auch, dass das Muse<strong>um</strong><br />
„Leben am Meer“ seine Ausstellungsfläche<br />
durch Rä<strong>um</strong>e<br />
des ehemaligen Müllerhauses<br />
erweitern könne.<br />
Die Schortenser berichteten<br />
über Aktionen wie „Omas<br />
Waschtag“, die Erweiterung<br />
der Olympia-Ausstellung und<br />
zahlreiche andere Dinge, die<br />
immer wieder <strong>für</strong> Bewegung<br />
im Verein sorgen würden. In<br />
Holtgast zählt man derzeit etwa<br />
150 Mitglieder, denen diverse<br />
Veranstaltungen geboten<br />
werden. Anlaufpunkt ist in aller<br />
Regel die vor einigen Jahren<br />
hergerichtete „Haltestelle“. In<br />
Leerhafe-Hovel wurde in den<br />
letzten Monaten insbesondere<br />
der Dorfgarten „aufgerüstet,<br />
z<strong>um</strong> Beispiel durch neue massive<br />
Bänke und Tische. Gedacht<br />
werde auch daran, den<br />
Dorfgarten <strong>um</strong> angrenzende<br />
naturnahe Flächen zu erweitern.<br />
Bedauert wurde, dass die<br />
Trachtengruppe sich aufgelöst<br />
habe.<br />
Ebenso verzeichnete der<br />
Heimatverein Wittmund, der<br />
mit etwa 500 Personen besonders<br />
mitgliederstark ist, im abgelaufenen<br />
Jahr eine Reihe von<br />
Veranstaltungen. Unklar sei<br />
derzeit noch, welche Übergangslösungen<br />
<strong>für</strong> das Muse<strong>um</strong><br />
geschaffen werden können,<br />
wenn die notwendige Sanierung<br />
der Peldemühle mitsamt<br />
des Umfeldes durchgeführt<br />
wird. Ardorf verzeichnete<br />
2012/13 die altbewährte Serie<br />
von Vorträgen, Ausflügen und<br />
geselligen Veranstaltungen insbesondere<br />
<strong>für</strong> die ältere Generation.<br />
Aus Neustadtgödens<br />
wurde berichtet, dass der Verein<br />
sich an der Aktion „Reise ins<br />
jüdische Ostfriesland“ beteiligte.<br />
Eine Ausstellung in der ehemaligen<br />
Apotheke befasse sich<br />
mit den Geschehnissen <strong>um</strong> ein<br />
Schiffswrack, das etwa <strong>um</strong> 1540<br />
in Hohemey verlandete.<br />
Erstmals an dem Jahrestreffen<br />
nahmen Vertreter des Vereins<br />
„Zeppelin- und Flieger-<br />
Muse<strong>um</strong>“ in Wittmund teil.<br />
Die Gründungsregularien wie<br />
Eintragung in das Vereinsregister<br />
und Anerkennung der Gemeinnützigkeit<br />
seien inzwischen<br />
abgeschlossen, sodass<br />
nun das Hauptaugenmerk auf<br />
die Anmietung von Rä<strong>um</strong>lichkeiten<br />
im Stadtzentr<strong>um</strong> gerichtet<br />
werden könne. Exponate<br />
seien in Aussicht und als<br />
Etappenziel werde angestrebt,<br />
im Jahr 2016, dem 100. Jahr<br />
nach der Gründung des Zeppelinflughafens,<br />
mit einer attraktiven<br />
Ausstellungsstätte an<br />
die Öffentlichkeit zu treten.<br />
Das ehrgeizige Ziel fand lebhafte<br />
Unterstützung bei allen<br />
anwesenden Vereinsvertretern,<br />
die spontan zusicherten,<br />
durch Herstellung von Kontakten<br />
und Leihgaben Hilfen im<br />
Rahmen ihrer Möglichkeiten<br />
zu leisten.<br />
Wie in jedem Jahr wurde<br />
über Zukunftsperspektiven<br />
diskutiert, denn auch im beginnenden<br />
21. Jahrhundert sehen<br />
sich die regionalen Heimatvereine<br />
als Dreh- und Angelpunkt<br />
<strong>für</strong> das kulturell<br />
orientierte Ehrenamt im Dorfe.<br />
Vielfach werden öffentliche<br />
Aufgaben wie die Führung von<br />
Archiven, die Pflege von Anlagen,<br />
der laufende Betrieb von<br />
Einrichtungen und anderes<br />
mehr übernommen, sodass<br />
stets auch eine enge Bindung<br />
zwischen Ehrenamt und Kommune<br />
besteht.<br />
Viele Akteure tragen dazu<br />
bei, die Identität der Menschen<br />
mit ihrem Dorf zu<br />
unterstützen. Neue Aufgaben<br />
werden z<strong>um</strong> Beispiel darin gesehen,<br />
die Mitgliederpflege<br />
mit sozialen Themen zu bereichern,<br />
ein For<strong>um</strong> <strong>für</strong> die Erinnerungsarbeit<br />
mit betagten<br />
Menschen zu bieten, das Dorf-<br />
Image mit kreativen Aktionen<br />
aufzupolieren und die Kenntnisse<br />
der Menschen über Historie<br />
und Gegenwart der Region<br />
zu verbessern. Vermehrt<br />
könnten z<strong>um</strong> Beispiel Themen<br />
aus dem Lebensalltag der<br />
1960er und 1970er Jahre des<br />
vergangenen Jahrhunderts<br />
aufgegriffen werden. Und<br />
eines wünschten sich die Akteure<br />
der Heimatvereine <strong>für</strong><br />
die nächsten Jahre ganz besonders:<br />
Dass es trotz der Tendenzen<br />
zur Überalterung immer<br />
wieder neue engagierte<br />
ehrenamtliche Mitarbeiter geben<br />
möge, die sich z<strong>um</strong> „Nulltarif“<br />
<strong>für</strong> das Dorf einsetzen.
Handwerke und Kleinhandel bedeutend<br />
WIRTSCHAFT Vor 100 Jahren hatte Esens 2189 Einwohner – Fette Schweine <strong>für</strong> Köln<br />
VON DETLEF KIESÉ<br />
ESENS – „Bitte ausschneiden“<br />
forderte die Redaktion des <strong>Anzeiger</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Harlingerland</strong> seine<br />
Leser z<strong>um</strong> Artikel „Die Stadt<br />
Esens“ am 21. November 1913<br />
auf. Hier wurden „handelsgeographische<br />
Notizen“ veröffentlicht,<br />
die H. J. Pauls aufgestellt<br />
hatte. Sie geben in Stichworten<br />
die wirtschaftliche Stellung der<br />
einstigen Metropole des <strong>Harlingerland</strong>es<br />
wider.<br />
Die Einwohnerzahl wurde<br />
mit 2189 angegeben, bei der<br />
vorangegangenen Erhebung<br />
von 1905 waren es <strong>22</strong>13 Einwohner<br />
– ein Rückgang von<br />
einem Prozent. „Bekenntnis:<br />
evangelisch 2094, katholisch 7,<br />
jüdisch 88.“ Zur politischen<br />
Zugehörigkeit hieß es: „Bundesstaat<br />
Preußen (Königreich),<br />
Provinz Hannover, Regierungsbezirk<br />
Aurich, Kreis Wittmund.<br />
a. Reichstagswahlkreis: 2. Ostfriesischer<br />
(Hannoverscher)<br />
Wahlkreis Aurich / Wittmund /<br />
Amt Stickhausen, b. Landtagswahlbezirk:<br />
Aurich-Wittmund;<br />
c. Gerichtsbezirk: 1. Amtsgericht<br />
Esens, 2. Landgericht Aurich,<br />
3. Kammer <strong>für</strong> Handelssachen:<br />
Landgericht Aurich, 4.<br />
Oberlandesgericht: Celle, 5.<br />
Kaufmannsgericht: Amtsgericht<br />
Esens.“<br />
Z<strong>um</strong> Thema Wirtschaft wurde<br />
in diesem Beitrag aufgelistet:<br />
„Hauptwirtschaftszweige<br />
des Ortes: Handwerke, Klein-<br />
Blick in die Westerstraße <strong>um</strong> 1913.<br />
handel, Handel mit Holz sowie<br />
Bau- und Brennmaterialien,<br />
Getreidehandel, Pferde- und<br />
Viehhandel, Milchverarbeitung,<br />
Landwirtschaft. Erzeugnisse<br />
der Umgebung: Getreide,<br />
Gemüse, Pferde, Groß- und<br />
Kleinvieh, Molkereiprodukte,<br />
Federvieh, Eier, Wild, Seefische,<br />
Ziegelsteine, Torf. Steinkohlenbezirke,<br />
aus denen sich<br />
Esens versorgt (Frachtwege,<br />
BILD: ARCHIV DETLEF KIESÉ<br />
Entfernungen, Frachtsätze):<br />
Rheinland und Westfalen (Herne),<br />
Eisenbahn über Rheine-<br />
Emden, 250 bis 300 km, <strong>für</strong> 10<br />
Tonnen etwa 60 Mark Fracht.<br />
Braunkohlenbezirke: Die Ville<br />
(Liblar) <strong>für</strong> Briketts, 10 t = 75<br />
Mark Facht; der Osterwald<br />
(Voldagsen), 20 t = 70 Mark; der<br />
Kausunger Wald (Speele); Rohbraunkohlen,<br />
10 t = 93 Mark<br />
Fracht. Elektrische Kraftzentrale:<br />
Auricher Wiesmoor (Luftlinie<br />
bis dahin etwa 25 km, bislang<br />
noch kein Anschluß.“<br />
Gerste wurde von Russland<br />
über Brake und Emden nach<br />
Esens transportiert, Holz aus<br />
Skandinavien über Leer, Düngemittel<br />
aus Rheinland und<br />
Westfalen, Kalk aus Lengerich<br />
und Superphosphat aus Otterndorf.<br />
Auf der anderen Seite war<br />
der Güterversand aus Esens<br />
und der Region stattlich: „Hafer,<br />
Weizen und Roggen nach<br />
Holland (Seeweg), Hafer an<br />
Proviantämter in Oldenburg,<br />
Osnabrück und Hannover, Rüben<br />
ins Oldenburgische (Varel),<br />
fette Schweine nach Cöln,<br />
fette Kälber nach Cöln und Berlin,<br />
Magerschweine nach Holstein<br />
und in die Wesermarschen,<br />
Rindvieh (Zuchtvieh)<br />
nach Hannover, Braunschweig<br />
und dem Osten, Butter nach<br />
dem Inneren Deutschlands.“ In<br />
Esens angeboten wurden Botengänge<br />
nach Werd<strong>um</strong>,<br />
Frachtfuhren bis Norden und<br />
Milchfuhren mit Botenbetrieb<br />
durch das ganze Amt Esens.<br />
Als lokale Handelsorte gab<br />
Pauls die mittwöchlichen Wochenmärkte<br />
und Jahrmärkte<br />
(Vieh- und Krammärkte) an.<br />
Bereits 1440 seien auf Veranlassung<br />
von Edzard Cirksenas bereits<br />
Märkte abgehalten worden.<br />
Auf frühere Handelseinrichtungen<br />
hätten Schmiedestraße,<br />
alter Fischmarkt, Stokerei,<br />
Zigarrenfabrik, Kerzenzieherei<br />
und alte Münze (wird<br />
bereits 1379 erwähnt) hingewiesen.<br />
Die Eisenbahndirektion<br />
befand sich in Münster,<br />
Esens war Station der Staatsbahnstrecke<br />
Norden–Wittmund<br />
und der Kreisbahn Wittmund–Aurich-Leer.<br />
Die zuständige Oberpostdirektion<br />
war Oldenburg, das<br />
Postscheckamt befand sich in<br />
Hannover. „Die Postabgangszeiten:<br />
Richtung Norden <strong>für</strong> alle<br />
Postsendungen 10.40 <strong>Uhr</strong><br />
vormittags und 5.40 <strong>Uhr</strong> nachmittags;<br />
Richtung Sande 11.40<br />
<strong>Uhr</strong> und 5.40 <strong>Uhr</strong>, nur <strong>für</strong> Briefe<br />
8 <strong>Uhr</strong> abends.“ In Esens vertretene<br />
Banken: die Esenser<br />
Genossenschaftsbank, Harlingerländische<br />
Bank (Depositenkasse<br />
der Osnabrücker Bank),<br />
Agentur der Norder Bank Aktiengesellschaft<br />
sowie Rezeptur<br />
der Ostfriesischen Sparkasse.<br />
Berichte, Anzeigen<br />
und Vermischtes aus<br />
dem Archiv des<br />
<strong>Anzeiger</strong> <strong>für</strong> <strong>Harlingerland</strong><br />
ausgesucht von<br />
Detlef Kiesé<br />
November 1913<br />
Ogenbargen, 3. November:<br />
„Am Donnerstag, dem 6. November,<br />
veranstaltet die Direktion<br />
Schenk im Saale des Herrn<br />
Gossels wieder einen Gastspielabend.<br />
Zur Aufführung<br />
gelangt das plattdeutsche Lebensbild<br />
„Onkel Bräsig“.<br />
Wittmund, 4. November:<br />
„Für das alte Amt Wittmund ist<br />
eine Schuhmacher-Zwangsinnung<br />
errichtet worden, welche<br />
laut Anordnung des Regie-<br />
rungspräsidenten vom 27. Oktober<br />
mit dem 1. Februar 1914<br />
in Kraft tritt.“<br />
Stedesdorf, 12. November:<br />
„Am Montag hielt der Marine-<br />
Offizier-Jagdverein hier eine<br />
Treibjagd ab. Erschienen waren<br />
<strong>22</strong> Offiziere, darunter 2 Admirale.<br />
Erlegt wurden 155 Hasen.“<br />
Esens, 13. November: „Sitzung<br />
der städtischen Kollegien<br />
am 11. November 1913: Der<br />
Beitritt z<strong>um</strong> Ostfriesischen<br />
Fortbildungsschulverein seitens<br />
der Stadt wurde angenommen.<br />
– Die Kosten zu dem<br />
von dem Hannoverschen Städteverein<br />
<strong>für</strong> das neue Rathaus<br />
in Hannover gestiftete Glasmalereifenster,<br />
worin das Esenser<br />
Wappen mit aufgenommen ist,<br />
wurde bewilligt. – 19 Hausbesitzern<br />
wurde das Bürgerrecht<br />
hiesiger Stadt gegen Entrichtung<br />
des Bürgergewinngeldes<br />
von 6 bis 18 Mark verliehen. –<br />
Angeregt wurde eine neue<br />
<strong>Nachtwächter</strong>-Instruktion aufzustellen,<br />
worin die abgelegenen<br />
Straßen wie z. B. Molkerei-<br />
straße, Bürgermeister-Becker-<br />
Straße und die Straße vor dem<br />
Schützenplatz in den Rundgang<br />
aufgenommen werden<br />
sollen.“<br />
Dorn<strong>um</strong>, 13. November:<br />
„Der hiesige Ort wird in diesen<br />
tagen elektrische Beleuchtung,<br />
die sich sowohl auf Straßenbeleuchtung<br />
wie Hausinstallation<br />
erstrecken wird, erhalten.<br />
Die elektrische Energie besorgt<br />
die hiesige Molkerei. Die Anlage<br />
ist von der Firma H. Döpke,<br />
Norden, ausgeführt.“<br />
Reepsholt, 18. November:<br />
„Seit Montag vergangener Woche<br />
wird der Fuhrmann Fr. Buß<br />
von hier vermißt. Derselbe hatte<br />
am genannten Tage mit seinem<br />
Gespann zwei Schiffe mit<br />
Sand auf dem Ems-Jade-Kanal<br />
nach Wilhelmshaven geschleppt.<br />
Von dieser Tour<br />
aber kehrten die Pferde ohne<br />
ihren Führer zurück. Ein Landwirt<br />
aus Hoheesche fand dieselben<br />
bei der dortigen Kanalbrücke.<br />
(...) Man fand nur Mütze<br />
und Peitsche desselben am<br />
Kanalufer.“<br />
Neustadtgödens, 17. November:<br />
„Im festlich geschmückten<br />
Saale des Gasthofes<br />
Zur Eiche veranstaltete der<br />
Jungfrauenverein „Neustadtgödens“<br />
am letzten Sonntag<br />
sein Jahresfest. Der Saal war bis<br />
auf den letzten Platz besetzt.<br />
Langeoog, 26. November:<br />
„Nach mehrtägiger Arbeit ist es<br />
dem Fuhrwerksbesitzer Gerke<br />
Albers am 24. d. Mts. gelungen,<br />
eine große Leuchtboje nördlich<br />
von Langeoog am großen<br />
Schloop an den Dünen, in Sicherheit<br />
zu bringen.“<br />
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