DRUCKSACHE – Der Bundesrat 2013/2014
Aus der Mitte der Gesellschaft – Einblicke in die Arbeit des Bundesrates und des im Jahr 2013/2014 amtierenden Bundesratspräsidenten Stephan Weil.
Aus der Mitte der Gesellschaft – Einblicke in die Arbeit des Bundesrates und des im Jahr 2013/2014 amtierenden Bundesratspräsidenten Stephan Weil.
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<strong>DRUCKSACHE</strong><br />
DER BUNDESRAT <strong>2013</strong>/<strong>2014</strong><br />
Aus der Mitte<br />
der Gesellschaft<br />
VON BERLIN<br />
NACH BRÜSSEL<br />
Seite 12<br />
FÜR DEN BUNDESRAT<br />
AUF REISEN<br />
Seite 16<br />
IM DIALOG MIT<br />
DEN BÜRGERN<br />
Seite 24
02 | 03<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
04<br />
06<br />
10<br />
12<br />
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28<br />
31<br />
Bild des Jahres<br />
Stephan Weil besucht Yad Vashem.<br />
KAPITEL 1<br />
Vertrauensvolles Miteinander<br />
Im <strong>Bundesrat</strong> spielen Parteien nur<br />
eine untergeordnete Rolle.<br />
Zwei Biografien an einem Ort<br />
Helene Weber und Konrad Adenauer prägten die<br />
Geschichte des Herrenhausgebäudes.<br />
KAPITEL 2<br />
Von Berlin nach Brüssel<br />
Die Länder wirken auch an der Europapolitik mit.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> im Vergleich<br />
Die „Oberhäuser“ anderer EU-Länder.<br />
Drei Fragen an ...<br />
... Volker Bouffier, hessischer Ministerpräsident<br />
und designierter <strong>Bundesrat</strong>spräsident.<br />
KAPITEL 3<br />
Vertrauen, verständigen, versöhnen<br />
Auf seinen Reisen pflegt der <strong>Bundesrat</strong>spräsident<br />
die Beziehungen zu anderen Ländern.<br />
Am Rande notiert<br />
Kurznachrichten aus dem vergangenen Jahr.<br />
KAPITEL 4<br />
Land und Leben gemeinsam gestalten<br />
Die Entscheidungen des <strong>Bundesrat</strong>es wirken sich<br />
auf das Leben in Deutschland aus.<br />
Auf einen Blick<br />
Das Geschäftsjahr <strong>2013</strong>/<strong>2014</strong> in Zahlen.<br />
KAPITEL 5<br />
Den Dialog führen<br />
Die Online-Medien des <strong>Bundesrat</strong>es.<br />
Vereint in Vielfalt<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> im Austausch mit den Bürgern.<br />
KAPITEL 6<br />
Voller Energie nach vorn<br />
Wie sich der <strong>Bundesrat</strong> für die Umwelt einsetzt.<br />
Zu guter Letzt<br />
Wo sich Fuchs und <strong>Bundesrat</strong> gute Nacht sagen.<br />
AUF EIN<br />
Im Herbst <strong>2013</strong> trat Niedersachsens<br />
Ministerpräsident Stephan Weil<br />
sein Amt als <strong>Bundesrat</strong>spräsident<br />
an. „In diesem Jahr gab es zahlreiche<br />
schöne und bewegende, spannende<br />
und lehrreiche Begegnungen<br />
und Erlebnisse“, erinnert er sich.<br />
„Besonders gefreut …<br />
… hat mich, dass es über den <strong>Bundesrat</strong><br />
gelungen ist, die von der<br />
Bundesregierung vorgeschlagene<br />
EEG-Reform mit den unterschiedlichen<br />
Interessen der Länder zu<br />
verbinden. In zahlreichen <strong>–</strong> wenn<br />
auch nicht in allen <strong>–</strong> Punkten<br />
konnten vernünftige Kompromisse<br />
erzielt werden, die die<br />
Entwicklung der erneuerbaren<br />
Energien deutlich begünstigen<br />
werden. Das war ein schöner<br />
Beweis für die Konsensfähigkeit<br />
unseres politischen Systems.“
Editorial<br />
WORT<br />
„Besonders betroffen gemacht …<br />
… hat mich während meiner<br />
Israelreise Anfang Juni die<br />
Situation an der Mauer zwischen<br />
den palästinensischen Gebieten<br />
und Israel. Diese Mauer erinnert<br />
uns Deutsche in bitterer Weise<br />
an unsere eigene Geschichte. Sie<br />
ist ein erschreckendes Sinnbild<br />
für eine unnormale, ja absurde<br />
Situation, in der Menschen unterschiedlicher<br />
Religionen und<br />
Kulturen durch ein massives<br />
Bauwerk voneinander getrennt<br />
werden. Kurz nach unserer Reise<br />
hat sich der Konflikt zugespitzt.<br />
Frieden und ein normales<br />
Miteinander erscheinen weiter<br />
entfernt denn je.“<br />
„Besonders bewegt …<br />
… hat mich eine kleine Episode<br />
im Rahmen einer sehr schönen<br />
und lebendigen Veranstaltung<br />
im <strong>Bundesrat</strong> mit Schülerzeitungsredakteuren.<br />
Stephan-<br />
An dreas Casdorff, Chefredakteur<br />
des Tagesspiegels, las als Lauda-<br />
tor für einen der Wettbewerbsgewinner,<br />
das „Rhododen dron-<br />
Blatt“ aus Bremen, den Text eines<br />
jungen Manns mit Autismus<br />
über die Evolution des Menschen<br />
vor. <strong>Der</strong> Text hat nicht nur mich,<br />
sondern <strong>–</strong> wie ich glaube <strong>–</strong> alle<br />
Zuhörer in dem vollbesetzten<br />
<strong>Bundesrat</strong>splenum sehr berührt<br />
und begeistert.“<br />
Hier geht es zum Text aus der<br />
Schülerzeitung „Rhododendron-Blatt“<br />
Übrigens …<br />
0<br />
der insgesamt 35 vorgelegten<br />
Gesetze hat der<br />
<strong>Bundesrat</strong> im vergangenen<br />
Geschäftsjahr abgelehnt. Er<br />
hat also nicht einem seine<br />
Zustimmung verweigert oder<br />
den Vermittlungsausschuss<br />
angerufen.<br />
(Stand 1. September <strong>2014</strong>)
04 | 05<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
<strong>Der</strong> Eindruck ist ergreifend: Unzählige Bilder ermordeter<br />
Juden bedecken die Kuppelwände in der<br />
„Halle der Namen“ in der Holocaust-Gedenkstätte<br />
Yad Vashem. „Mir ist jetzt nach Schweigen zumute“,<br />
sagt Stephan Weil nach dem zweistündigen Rundgang<br />
während seines Israel-Besuchs.
Bild des Jahres
06 | 07<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Vertrauensvolles<br />
Miteinander<br />
Es war der Grundstein der Bundesrepublik: Das Grundgesetz trat am 23.<br />
Mai 1949 in Kraft. Als <strong>Bundesrat</strong>spräsident Stephan Weil auf den Tag genau<br />
65 Jahre später an die Anfänge der Republik erinnerte, wurde es im<br />
Plenum ganz still. Allerdings: So ungewöhnlich ist diese Atmosphäre nicht.<br />
Während im Bundestag die Parteien dominieren,<br />
vertreten die 69 Mitglieder<br />
des <strong>Bundesrat</strong>es vor allem ihre Länder. So<br />
will es das Grundgesetz. Und da jedes Land<br />
geschlossen abstimmen muss, spielt die Parteizugehörigkeit<br />
der Mitglieder nur eine untergeordnete<br />
Rolle <strong>–</strong> auch, weil sich die Landesregierungen<br />
schon im Vorfeld auf ein<br />
Abstimmungsverhalten festlegen. Dieses<br />
Prinzip verdeutlicht zudem der Blick in den<br />
Sitzungssaal: Die Sitzordnung im Plenum ist<br />
nach Ländern unterteilt, nicht nach Zugehörigkeit<br />
zu einem politischen Lager. Das sorgt<br />
für eine kollegiale und sachorientierte Arbeitsatmosphäre<br />
mit einer hohen Meinungsvielfalt.<br />
Auch kleinere Parteien, die nicht<br />
im Bundestag oder in der Bundesregierung<br />
sitzen, finden hier Gehör: Linke, Grüne oder<br />
der Südschleswigsche Wählerverband (SSW)<br />
bringen sich über ihre Beteiligungen an den<br />
jeweiligen Landesregierungen direkt in die<br />
Bundespolitik ein.<br />
ERFAHRUNGEN DER<br />
LÄNDER NUTZEN<br />
Durch seine Struktur ist der <strong>Bundesrat</strong> ein<br />
sehr konstantes Organ. Während Wahlkampf,<br />
Einarbeitung der neu gewählten Abgeordneten<br />
und Koalitionsverhandlungen<br />
die Arbeit des Bundestages monatelang beeinflussen,<br />
arbeitet der <strong>Bundesrat</strong> kontinu-<br />
69 MITGLIEDER<br />
aus allen 16 Ländern bilden das Plenum des<br />
<strong>Bundesrat</strong>es. Hinzu kommt eine ganze Reihe an<br />
Stellvertretern. Diese springen ein, wenn eines<br />
der ordentlichen Mitglieder verhindert ist.<br />
ierlich weiter. Die Landesregierungen selbst<br />
müssen sich natürlich regelmäßigen Wahlen<br />
stellen, die aber zu unterschiedlichen Terminen<br />
stattfinden. So verändert sich die Zusammensetzung<br />
nur punktuell, was für eine hohe<br />
Kontinuität sorgt und der täglichen Arbeit<br />
zugute kommt. Aufgrund dieser Zusammensetzung<br />
stellt der <strong>Bundesrat</strong> ein weltweit einmaliges<br />
eigenständiges Verfassungsorgan dar<br />
(siehe Grafik auf S. 14f.).<br />
Die Länder spielen also eine zentrale Rolle<br />
im Gesetzgebungsprozess <strong>–</strong> und das aus gutem<br />
Grund: „Die 16 Länder müssen den<br />
»<br />
ZEITREISE<br />
3. OKTOBER <strong>2013</strong>:<br />
Tag der Deutschen Einheit in Stuttgart
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> verleiht den Ländern eine Stimme<br />
Ein Blick in den Plenarsaal des <strong>Bundesrat</strong>es: Vorn nehmen Präsident, Direktor<br />
und Schriftführer Platz. Die Vertreter der Länder sitzen im Plenum.<br />
11. OKTOBER <strong>2013</strong>:<br />
Stephan Weil wird zum Präsidenten des <strong>Bundesrat</strong>es gewählt
08 | 09<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Schulterschluss suchen und finden: Bayerns<br />
Ministerpräsident Horst Seehofer (l.) und<br />
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
ist nicht alles<br />
in der Bundesgesetzgebung,<br />
aber ohne ihn<br />
läuft nichts.<br />
Monika Rumpe<br />
Leiterin des Referates<br />
Parlamentsdienst,<br />
Parlamentsrecht<br />
<strong>Bundesrat</strong><br />
Löwenanteil der Bundesgesetze vor Ort umsetzen.<br />
Deshalb ist es gut und sinnvoll, dass<br />
diese praktische Verwaltungserfahrung über<br />
den <strong>Bundesrat</strong> in die Gesetzgebung einfließt.“<br />
So erklärt Monika Rumpe, Leiterin<br />
des Referates Parlamentsdienst<br />
und Parlamentsrecht, den großen<br />
Einfluss der Landesregierungen auf<br />
die Bundesgesetzgebung. Genau wie<br />
Bundestag und Bundesregierung haben<br />
sie über den <strong>Bundesrat</strong> das Initiativrecht,<br />
dürfen also eigene Gesetzentwürfe<br />
beschließen.<br />
KEIN GESETZ<br />
OHNE BUNDESRAT<br />
Die Bundesregierung schickt ihre Gesetzentwürfe<br />
zuerst an den <strong>Bundesrat</strong>,<br />
der sie auf rechtliche, politische und<br />
praktische Fragen hin prüft und eine<br />
Stellungnahme abgibt. Erst im Anschluss<br />
sind die Bundestagsabgeordneten<br />
an der Reihe. „<strong>Bundesrat</strong>, Bundestag<br />
und Bundesregierung müssen wie die Bauteile<br />
eines mechanischen Uhrwerks reibungslos<br />
zusammenarbeiten, damit die Gesetzgebung<br />
funktioniert“, sagt Monika Rumpe.<br />
Egal, aus wessen Feder der Vorschlag stammt:<br />
Hat der Bundestag einen Gesetzesbeschluss<br />
gefasst, ist der <strong>Bundesrat</strong> am Zug. Zustimmungsbedürftige<br />
Gesetze muss er in jedem<br />
Fall absegnen, damit sie in Kraft treten können.<br />
Dazu zählen zum Beispiel Verfassungsänderungen<br />
oder Reformen, die in die Ausgaben<br />
oder Einnahmen der Länder eingreifen.<br />
Stimmt der <strong>Bundesrat</strong> einem solchen Gesetz<br />
nicht zu, ist es gescheitert.<br />
„RETTUNGSANKER“<br />
VERMITTLUNGSAUSSCHUSS<br />
Bei allen Gesetzen kann der <strong>Bundesrat</strong> den<br />
Vermittlungsausschuss anrufen, der aus Mitgliedern<br />
der Länderkammer und des Bundestages<br />
besteht. <strong>Der</strong> Ausschuss versucht, bei<br />
Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag<br />
und <strong>Bundesrat</strong> eine allgemein akzep-<br />
ZEITREISE<br />
20. BIS 21. NOVEMBER <strong>2013</strong><br />
Rollenspiel „Jugend im <strong>Bundesrat</strong>“
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> verleiht den Ländern eine Stimme<br />
Ministerpräsidentinnen unter sich: Malu Dreyer<br />
(Rheinland-Pfalz, l.) und Hannelore Kraft (NRW)<br />
Torsten Albig, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein,<br />
bei einer Rede im <strong>Bundesrat</strong><br />
tierte Lösung zu erarbeiten. Sollte dies nicht<br />
gelingen, kann der <strong>Bundesrat</strong> nach dem Vermittlungsverfahren<br />
zustimmungsbedürftige<br />
Gesetze endgültig ablehnen. Bei nicht<br />
zustimmungsbedürftigen Gesetzen kann er<br />
aber nach dem Vermittlungsverfahren nur<br />
Einspruch einlegen; das bedeutet, dass er Veränderungen<br />
zwar anmahnen oder die Verabschiedung<br />
dieser Gesetze verzögern kann.<br />
Letztlich verhindern kann er sie aber nicht:<br />
<strong>Der</strong> Bundestag hat die Möglichkeit, den Einspruch<br />
der Länder zurückzuweisen.<br />
<strong>Der</strong> Ausschuss rückt immer dann in den Fokus<br />
der Öffentlichkeit, wenn in <strong>Bundesrat</strong><br />
und Bundestag unterschiedliche Mehrheiten<br />
herrschen <strong>–</strong> was in den vergangenen 20 Jahren<br />
oft der Fall war. In diesen Zeiten wird dem<br />
<strong>Bundesrat</strong> häufig vorgeworfen, Reformvorhaben<br />
der Regierung aus parteitaktischen Gründen<br />
abzulehnen. Die nackten Zahlen zeichnen<br />
jedoch ein anderes Bild: Seit 1949 wurden<br />
über 7.500 Gesetze verkündet. 51 Prozent davon<br />
waren zustimmungsbedürftig, also mehr als<br />
3.700. In weniger als drei Prozent aller Fälle<br />
hat der <strong>Bundesrat</strong> seine erforderliche Zustimmung<br />
endgültig verweigert. ■<br />
Königsteiner Vereinbarung<br />
Die Mitglieder des <strong>Bundesrat</strong>es trafen sich am 30. August<br />
1950 im hessischen Königstein, um festzulegen, wie das<br />
Amt des <strong>Bundesrat</strong>spräsidenten besetzt werden sollte.<br />
Vereinbart wurde ein jährliches Rotationsverfahren, das mit<br />
dem bevölkerungsreichsten Land beginnt und beim Land<br />
mit den wenigsten Einwohnern endet. Auf Nordrhein-Westfalen<br />
folgen also Bayern und Baden-Württemberg. Nach<br />
Bremen beginnt ein neuer Umlauf. 1990 wurde die Vereinbarung<br />
um die neuen Bundesländer ergänzt.<br />
9. DEZEMBER <strong>2013</strong>:<br />
Antrittsbesuch von Stephan Weil beim französischen Senatspräsidenten Jean-Pierre Bel
10 | 11<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Zwei Biografien<br />
Konrad Adenauer (1876-1967)<br />
Herrenhausgebäude Leipziger Straße 3-4 in den 1920er-Jahren<br />
110 Jahre Herrenhausgebäude, 65 Jahre<br />
Grundgesetz: <strong>2014</strong> würdigte der <strong>Bundesrat</strong><br />
gleich zwei wichtige Jubiläen. Beide<br />
<strong>–</strong> das Gebäude ebenso wie das Grundgesetz<br />
<strong>–</strong> sind eng mit zwei Persönlichkeiten<br />
verbunden. Konrad Adenauer und<br />
Helene Weber wirkten einst im Herrenhausgebäude.<br />
Später waren sie maßgeblich<br />
an der Entstehung des Grundgesetzes<br />
beteiligt. Und auch künftig werden sie<br />
im <strong>Bundesrat</strong> präsent sein: Zwei Säle im<br />
geplanten neuen Besucherzentrum sollen<br />
ihre Namen tragen.<br />
Als Konrad Adenauer am 23. Mai 1949 in der Aula der<br />
Pädagogischen Akademie zu Bonn <strong>–</strong> dem späteren<br />
Plenarsaal des <strong>Bundesrat</strong>es <strong>–</strong> das Grundgesetz für die Bundesrepublik<br />
verkündet, ist auch Helene Weber anwesend,<br />
eine von vier Frauen im Parlamentarischen Rat. Sehr<br />
wahrscheinlich, dass Adenauer und sie schon damals Berlin<br />
als Hauptstadt eines wiedervereinigten Deutschlands<br />
sehen. Unvorstellbar dürfte es für sie aber sein, dass der<br />
<strong>Bundesrat</strong> 2000 dort ein Gebäude beziehen wird, das aufs<br />
Engste mit ihren Biografien verbunden ist <strong>–</strong> das Herrenhausgebäude<br />
an der Leipziger Straße.<br />
In den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts wirken hier<br />
Adenauer und Weber. Er als Präsident des Preußischen<br />
Staatsrates, sie als Ministerialrätin im Preußischen Wohlfahrtsministerium.<br />
Adenauer kennt das Haus schon aus<br />
dem Jahr 1918, als er nach der Wahl zum Kölner Oberbürgermeister<br />
zum Mitglied des Preußischen Herrenhauses<br />
avancierte. Obwohl er in Berlin immer das Gefühl hat, „in<br />
einer heidnischen Stadt zu sein“, lässt ihn dieses Amt viele<br />
politische Erfahrungen sammeln und „am Rande der<br />
Reichspolitik“ mitwirken. Letzteres dürfte eher untertrie-
110 Jahre Herrenhausgebäude, 65 Jahre Grundgesetz<br />
an einem Ort<br />
Helene Weber (1881-1962)<br />
ben sein, trägt Adenauer doch als Präsident des Preußischen<br />
Staatsrates von 1921 bis 1933 dazu bei, dass Preußen<br />
im Rückblick als „Bollwerk der Demokratie“ gilt.<br />
Helene Webers Weg in das Haus an der Leipziger Straße<br />
beginnt Ende 1918 „gleich nebenan“, im Preußischen Abgeordnetenhaus.<br />
Hier beschließt der 1. Reichskongress der<br />
Arbeiter- und Soldatenräte, dass eine Nationalversammlung<br />
zu wählen ist <strong>–</strong> erstmals auch von und mit Frauen.<br />
Helene Weber ist dabei, als sich am 6. Februar 1919 die 423<br />
Deputierten im verschneiten und schwer bewachten Weimar<br />
versammeln. Ab 1920 leitet sie im Preußischen Wohlfahrtsministerium<br />
das Dezernat „Soziale Ausbildung und<br />
Jugendfragen“. Im Juni 1933 wird sie, die für die Zentrumspartei<br />
auch im Reichstag sitzt, aus politischen Gründen<br />
entlassen. Kurz zuvor haben die Nationalsozialisten Adenauer<br />
aus dem Amt gedrängt.<br />
Nach 1945 bringen sich Adenauer und Weber in die politische<br />
Gestaltung Deutschlands ein, Adenauer auch beim<br />
Thema Föderalismus: Schon 1946 spricht er sich klar für<br />
einen Bundesstaat aus, „dessen Zentralgewalt alles das bekommt,<br />
was zum Bestehen des Ganzen vernünftigerweise<br />
nötig ist, aber auch nicht mehr als das. Wir wollen, dass<br />
die einzelnen Länder dieses Bundesstaates weitgehend eigene<br />
Verantwortung tragen auf allen Gebieten, in denen<br />
eine zentrale Verwaltung (…) nicht nötig ist“. Schon früh<br />
tritt Adenauer zudem für das „Recht der Frau auf freie Betätigung<br />
im beruflichen und öffentlichen Leben“ ein. Als<br />
Bundeskanzler lässt er sich dann aber zwölf Jahre Zeit, bis<br />
er eine erste Ministerin in sein Kabinett aufnimmt. Gedrängt<br />
wird er zu dieser Entscheidung vor allem von Helene<br />
Weber. Sie habe, so bemerkt er einmal, „mehr Politik im<br />
kleinen Finger als mancher Mann in der ganzen Hand”.<br />
Im Parlamentarischen Rat engagiert sich Helene Weber<br />
mit Elisabeth Selbert, Friederike Nadig und Helene Wessel<br />
für die Gleichstellung der Frau. Gemeinsam können die<br />
„Mütter des Grundgesetzes” dieses Recht in der Verfassung<br />
verankern. Und eines würde die vier wohl heute freuen:<br />
<strong>Der</strong> Föderalismus schneidet in puncto Gleichstellung gar<br />
nicht so übel ab. Aktuell stehen in vier der 16 Landesregierungen<br />
Frauen an der Spitze. Ihr Anteil an den Mitgliedern<br />
des <strong>Bundesrat</strong>es beträgt immerhin rund 40 Prozent.
12 | 13<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
ZEITREISE<br />
16. JANUAR <strong>2014</strong>:<br />
Musikalisch-literarische Matinee „110 Jahre Herrenhausgebäude“
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> und Europa<br />
Von Berlin<br />
nach Brüssel<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> setzt sich für die Interessen der Länder auch auf<br />
EU-Ebene ein. Davon profitieren die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar.<br />
Mehr als zwei Drittel der deutschen Gesetze<br />
fußen mittlerweile auf europäischen Regelwerken.<br />
Gerade weil viele EU-Entscheidungen<br />
unmittelbare Auswirkungen auf kommunaler<br />
und Landesebene haben, besitzen die<br />
Länder über den <strong>Bundesrat</strong> konkrete Möglichkeiten,<br />
in der Europapolitik mitzuwirken.<br />
Europa wird für<br />
die Arbeit des<br />
<strong>Bundesrat</strong>es immer<br />
wichtiger. Sowohl<br />
in Berlin als<br />
auch in Brüssel.<br />
Michael Hößl<br />
Repräsentant des<br />
<strong>Bundesrat</strong>es bei der<br />
Europäischen Union<br />
Ob Energiewende, Arbeitsrecht oder Bankensystem:<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> engagiert sich gezielt<br />
für die Rechte der Bürgerinnen<br />
und Bürger. Ein Beispiel ist<br />
seine klare Haltung zum Verbot<br />
von Genmais, mit der er<br />
nicht alleine dasteht. Einer<br />
repräsentativen Umfrage im<br />
Auftrag von Greenpeace zufolge<br />
sind fast 90 Prozent der<br />
deutschen Bevölkerung gegen<br />
Genmais <strong>–</strong> ebenso die meisten<br />
EU-Staaten. <strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
forderte daher im April <strong>2014</strong><br />
von der Bundesregierung, auf<br />
EU-Ebene eine Möglichkeit<br />
für die einzelnen Mitgliedstaaten<br />
zu schaffen, den Anbau<br />
gentechnisch veränderter<br />
Pflanzen innerhalb ihres<br />
Hoheitsgebietes verbieten zu<br />
können. Diese Idee kam an:<br />
Im Juni votierten im EU-Umweltrat<br />
26 der 28 Mitgliedstaaten für das nationale<br />
Verbotsrecht.<br />
Dass der <strong>Bundesrat</strong> bei europäischen Themen<br />
nicht außen vor bleibt, dafür sorgt Artikel 23<br />
im deutschen Grundgesetz. Dieser sogenannte<br />
Europa-Artikel legt seit 1992 fest, dass die 16<br />
Länder angemessen an der Europapolitik beteiligt<br />
werden müssen. Darüber hinaus regeln<br />
weitere Gesetze und Bestimmungen die Zusammenarbeit<br />
zwischen Bund und Ländern<br />
in EU-Angelegenheiten.<br />
EUROPA BERÜCKSICHTIGT<br />
LÄNDERINTERESSEN<br />
Im Allgemeinen verhandelt jedoch die Bundesregierung<br />
mit den EU-Organen und den Regierungen<br />
der Mitgliedstaaten über die Details<br />
der europäischen Rechtsakte. Die konkreten<br />
Mitwirkungsrechte des <strong>Bundesrat</strong>es hängen<br />
hier letztlich davon ab, wie sehr innerstaatliche<br />
Länderrechte durch das europarechtliche<br />
Vorhaben betroffen sind. Bei manchen Vorlagen<br />
muss die Bundesregierung die Meinung<br />
des <strong>Bundesrat</strong>es nur zur Kenntnis nehmen,<br />
bei anderen wiederum ist seine Auffassung<br />
maßgeblich zu berücksichtigen. Zuweilen<br />
übernimmt er auch selbst die Verhandlungsführung<br />
<strong>–</strong> und erhält so die Möglichkeit, direkt<br />
in Brüssel mitzuwirken.<br />
■<br />
27. JANUAR <strong>2014</strong>:<br />
Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus
14 | 15<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
DER BUNDESRAT IM<br />
EUROPÄISCHEN VERGLEICH<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> besitzt weit mehr Einflussmöglichkeiten als die meisten „Oberhäuser“ anderer<br />
Parlamente. Während diese oft nur eine beratende Funktion haben und Gesetzentwürfe <strong>–</strong> wenn<br />
überhaupt <strong>–</strong> nur aufschieben können, muss der <strong>Bundesrat</strong> häufig Gesetzen zustimmen, damit<br />
diese in Kraft treten. Eine weitere Besonderheit ist der Wahlmodus: <strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
setzt sich aus Mitgliedern der Landesregierungen zusammen, um unter anderem<br />
deren Verwaltungserfahrung in die Gesetzgebung einfließen zu<br />
lassen. In der Regel wählen in Europa die Bevölkerung oder<br />
die Regionalparlamente die zweite Kammer.<br />
House of Lords<br />
Mitglieder: 780 (Stand 09/<strong>2014</strong>, Zahl<br />
ändert sich laufend)<br />
Wahl/Ernennung: in der Regel durch Monarchen/in nach<br />
Vorschlag des Premierministers<br />
Amtszeit: in der Regel auf Lebenszeit<br />
Funktionen: Mitarbeit in der Gesetzgebung (nur eingeschränkt<br />
und aufschiebend), Kontrolle<br />
des House of Commons (Unterhaus)<br />
Sitz: Palace of Westminster, London<br />
Mitglieder: 266<br />
Senat<br />
GROSSBRITANNIEN<br />
DEUTSCHLAND<br />
POLEN<br />
Wahl/Ernennung: 208 durch Direktwahl; 58 durch Regionalparlamente<br />
(Stand zur Wahl im November<br />
2011, Zahl ändert sich durch Wahl<br />
neuer Regionalparlamente)<br />
Amtszeit: vier Jahre<br />
Funktionen: Gesetzgebung, Regierungskontrolle<br />
Sitz: Senatspalast, Madrid<br />
FRANKREICH<br />
Senat<br />
SPANIEN<br />
Mitglieder: 348<br />
Wahl/Ernennung: indirekte Wahl durch Wahlversammlung<br />
(rund 150.000 Mitglieder)<br />
Amtszeit: sechs Jahre<br />
Funktionen: Gesetzgebung (Vetorecht),<br />
Regierungskontrolle<br />
Sitz: Palais du Luxembourg, Paris<br />
ZEITREISE<br />
7. FEBRUAR <strong>2014</strong>:<br />
Präsentation der niedersächsischen 2-Euro-Münze
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> und Europa<br />
Drei Fragen an …<br />
… Volker Bouffier, hessischer Ministerpräsident<br />
und ab November <strong>2014</strong><br />
neuer <strong>Bundesrat</strong>spräsident<br />
1<br />
Ihre Amtszeit als <strong>Bundesrat</strong>spräsident<br />
beträgt nur ein Jahr.<br />
Welche Akzente wollen Sie in<br />
dieser Zeit setzen?<br />
Senat<br />
Mitglieder: 100<br />
Wahl/Ernennung: Direktwahl<br />
Amtszeit: vier Jahre<br />
Funktionen: Beratung bei der Gesetzgebung<br />
Obwohl sicher eine Vielzahl von Themen auf der Agenda<br />
steht, wird im kommenden Jahr die Verteilung der<br />
Finanzen zwischen Bund, Ländern und Kommunen<br />
einen besonderen Schwerpunkt bilden. Da geht es um<br />
schwierige Fragen, und die Wege zueinander sind teils<br />
noch sehr weit. Wenn ich als Präsident des <strong>Bundesrat</strong>es<br />
dazu beitragen könnte, dass wir hier zueinander finden<br />
und die unterschiedlichen Interessen von Geber- sowie<br />
Nehmerländern und dem Bund zusammenführen, dann<br />
würde mich das schon sehr freuen.<br />
Sitz: Senatsgebäude, Warschau<br />
2<br />
Was erwarten Sie von diesem Jahr?<br />
<strong>Bundesrat</strong><br />
Mitglieder: 69 aus 16 Ländern, Anzahl<br />
basiert grob auf Einwohnerzahl<br />
Wahl/Ernennung: Mitglieder der<br />
Landesregierungen<br />
Zunächst einmal freue ich mich sehr auf das<br />
Jahr der hessischen Präsidentschaft und empfinde das<br />
neue Amt als große Ehre. Es bringt aber auch eine große<br />
Verantwortung mit sich <strong>–</strong> nicht zuletzt vor dem historischen<br />
Hintergrund: So jährt sich am 9. November zum<br />
25. Mal der Mauerfall und ein Jahr später, am 3. Oktober,<br />
feiern wir zum 25. Mal die deutsche Wiedervereinigung.<br />
Insofern erwarte ich von diesem Jahr auch, dass wir uns<br />
bewusst machen, wie glücklich wir sein können, dass wir<br />
heute in einem geeinten Deutschland und einem friedlichen<br />
Europa leben dürfen.<br />
Amtszeit: abhängig von der Mitgliedschaft<br />
in der jeweiligen Landesregierung<br />
Funktionen: Vertretung der Länderinteressen,<br />
Gesetzgebung, Kontrolle der<br />
Bundesregierung<br />
3<br />
Apropos Europa: Welchen Stellenwert<br />
werden europäische Fragen zukünftig für<br />
die Arbeit des <strong>Bundesrat</strong>es haben?<br />
Sitz: Herrenhausgebäude, Berlin<br />
Europäische Fragen haben schon heute einen immensen<br />
Stellenwert für Deutschland und damit auch für den<br />
<strong>Bundesrat</strong>. Ein Großteil der Themen, mit denen wir uns<br />
beschäftigen, wird in Brüssel gesetzt. Insofern werden wir<br />
immer wieder schauen müssen, wie wir die deutschen<br />
und auch die Länderinteressen so in den europäischen<br />
Gesetzgebungsprozess einbringen können, dass diese<br />
gehört und ausreichend beachtet werden.<br />
20. FEBRUAR <strong>2014</strong>:<br />
Dr. Marie-Luise Bertschaft besucht den <strong>Bundesrat</strong>. Sie ist die Urenkelin des<br />
früheren Direktors des Preußischen Herrenhauses, Dr. Ludwig Metzel.
16 | 17<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Reisen für die Völkerverständigung: In Warschau gedachte <strong>Bundesrat</strong>spräsident<br />
Stephan Weil gefallener polnischer Soldaten.<br />
Vertrauen,<br />
verständigen, versöhnen<br />
Wenn der <strong>Bundesrat</strong>spräsident in der Welt unterwegs ist, läuft nicht<br />
immer alles nach Protokoll. Im März <strong>2014</strong> in Brasilien zum Beispiel, als<br />
Stephan Weil und seine Delegation in São Paulo im Stau stecken blieben.<br />
Eine Stunde für zwei Kilometer Busfahrt <strong>–</strong> ein Sinnbild für den Verkehrsinfarkt,<br />
vor dem viele brasilianische Metropolen stehen. Auch solche<br />
Ein blicke gehören dazu, wenn <strong>Bundesrat</strong>spräsidenten auf Reisen sind.<br />
ZEITREISE<br />
8. MÄRZ <strong>2014</strong>:<br />
<strong>Bundesrat</strong> zu Gast beim „Tag der offenen Tür“ des niedersächsischen Landtages
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> und die Völkerverständigung<br />
Bewegend war der Rundgang durch die<br />
Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem<br />
in Jerusalem.<br />
Reise mit Tradition: Stephan Weil (l.)<br />
besuchte die Niederlande und <strong>2014</strong> auch<br />
ihren König Willem-Alexander.<br />
Es war der erste Besuch eines <strong>Bundesrat</strong>spräsidenten<br />
in Brasilien seit 60 Jahren.<br />
Die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt hat<br />
sich im vergangenen Jahrzehnt massiv verändert<br />
und einen enormen wirtschaftlichen<br />
und politischen Aufschwung erlebt. Zuletzt<br />
hat die Fußball-Weltmeisterschaft <strong>2014</strong> das<br />
Interesse der Weltöffentlichkeit auf das größte<br />
Land Südamerikas gelenkt. Doch der Staat<br />
steht auch vor großen Problemen. Im Vorfeld<br />
der WM mündeten diese in massive Proteste<br />
und könnten spätestens bei den Wahlen im<br />
Oktober politische Folgen nach sich ziehen.<br />
Von dieser Situation konnten sich Weil und<br />
seine Delegation mit Vertretern aus Politik,<br />
Wirtschaft und Wissenschaft vor Ort ein Bild<br />
machen. Sie reisten nicht nur nach São Paulo,<br />
sondern auch in die Städte Recife und Brasília.<br />
Dort sprach Weil mit Senatspräsident Renan<br />
Calheiros, Vizepräsident Michel Temer und<br />
weiteren Regierungsmitgliedern. Denn gute<br />
Beziehungen wollen gepflegt werden. Eine<br />
zentrale Aufgabe des <strong>Bundesrat</strong>spräsidenten<br />
ist es deshalb, die Zusammenarbeit mit<br />
Deutschlands Partnern zu fördern. Gegenseitige<br />
Besuche stärken das Verständnis füreinander<br />
<strong>–</strong> die Basis gegenseitigen Vertrauens.<br />
KONTINUIERLICHER AUSTAUSCH<br />
Einige Reisen haben mittlerweile Tradition.<br />
So besuchte Weil, wie auch seine Vorgänger<br />
seit 1996, die benachbarten Niederlande. Danach<br />
reiste er Ende Mai für vier Tage nach<br />
Israel und in die palästinensischen Gebiete<br />
<strong>–</strong> zum einen, um sich ein Bild der politischen<br />
Lage zu machen, zum anderen, um der<br />
Verbrechen an den europäischen Juden im<br />
Zweiten Weltkrieg zu gedenken. Sichtlich »<br />
14. MÄRZ <strong>2014</strong>:<br />
Präsentation der neuen <strong>Bundesrat</strong>s-Website<br />
17. BIS 21. MÄRZ <strong>2014</strong>:<br />
Stephan Weil besucht Brasilien
18 | 19<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Kurz nach Amtsantritt reiste <strong>Bundesrat</strong>spräsident<br />
Stephan Weil im Dezember <strong>2013</strong> nach Frankreich. Dort<br />
besuchte er den Senat im Palais du Luxembourg.<br />
In São Paulo stellte sich Stephan Weil<br />
mit Brasiliens Ex-Fußball-Nationalspieler<br />
Cafu den Fotografen.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
ist nicht nur<br />
Gesetzgeber<br />
auf nationaler<br />
Ebene, sondern<br />
auch Diplomat<br />
auf internationalem<br />
Parkett.<br />
Claus Dieter Koggel<br />
Leiter des Referates<br />
Parlamentarische<br />
Beziehungen <strong>Bundesrat</strong><br />
ergriffen zeigte sich Stephan Weil nach<br />
einem zweistündigen Rundgang durch<br />
die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.<br />
„Mir ist jetzt nach Schweigen zumute“,<br />
sagte er, nachdem er einen Kranz niedergelegt<br />
und sich in das Gedenkbuch eingetragen<br />
hatte.<br />
Einen Monat nach seiner Rückkehr aus Israel<br />
packte der <strong>Bundesrat</strong>spräsident erneut die<br />
Ziemlich beste Freunde<br />
Koffer, um nach Polen zu fliegen. Im Heimatland<br />
seiner Eltern besuchte er das Grabmal<br />
des Unbekannten Soldaten in Warschau. Es<br />
erinnert an die Soldaten mehrerer Generationen,<br />
die im Kampf um die Unabhängigkeit<br />
Polens gefallen sind. Seit 1925 finden an der<br />
Gedenkstätte alle wichtigen staatlichen Feierlichkeiten<br />
statt. Zum Abschluss seiner Polenreise<br />
nahm Weil an einer Feier zum 25-jährigen<br />
Bestehen des Senats teil.<br />
Die deutsch-französischen Beziehungen haben eine über 50-jährige Tradition und wurden mit dem<br />
Élysée-Vertrag am 22. Januar 1963 besiegelt. Auch <strong>Bundesrat</strong> und französischer Senat bauen das<br />
gute Verhältnis zueinander immer weiter aus: Die gemeinsame Freundschaftsgruppe trifft sich seit<br />
ihrer Gründung 1996 in regelmäßigen Abständen, um über aktuelle Themen von beiderseitigem<br />
Interesse zu sprechen.<br />
Eine verstärkte Zusammenarbeit setzt Verständnis für die Funktionsweisen und Abläufe im jeweils<br />
anderen Haus voraus. In diesem Jahr startete deshalb ein gemeinsames Mitarbeiter-Austauschprogramm<br />
von Bundestag, <strong>Bundesrat</strong>, französischer Nationalversammlung und Senat. Im Juni konnte<br />
erstmals eine französische Delegation den deutschen Kollegen bei ihrer Arbeit über die Schulter<br />
schauen. Im nächsten Jahr werden Mitarbeiter von Bundestag und <strong>Bundesrat</strong> nach Paris reisen.<br />
■<br />
ZEITREISE<br />
6. BIS 8. APRIL <strong>2014</strong>:<br />
EU-Parlamentspräsidentenkonferenz<br />
14. APRIL <strong>2014</strong>:<br />
Stephan Weil zu Gast in den Niederlanden
Am Rande notiert<br />
PLÖTZLICH MINISTER<br />
130 Schüler aus sechs verschiedenen niedersächsischen Schulen<br />
haben sich zum zweitägigen Rollenspiel „Jugend im <strong>Bundesrat</strong>“<br />
in Berlin getroffen. Am 20. und 21. November <strong>2013</strong> berieten sie über<br />
verschiedene Gesetzentwürfe in der Länderkammer. Die Themen:<br />
das sogenannte CCS <strong>–</strong> ein Verfahren zur unterirdischen CO2-Speicherung<br />
<strong>–</strong>, die Frauenquote in Führungspositionen und die anonyme<br />
Geburt. Jedes Jahr können Schulen mit gymnasialer Oberstufe<br />
aus dem jeweiligen Land des <strong>Bundesrat</strong>spräsidenten an der Fahrt<br />
in die Hauptstadt teilnehmen.<br />
WO GRAZIEN SANFT SCHWINGEN<br />
Jeder Besucher des <strong>Bundesrat</strong>es kennt mindestens<br />
ein Werk der Künstlerin Rebecca<br />
Horn, die am 24. März <strong>2014</strong> ihren 70. Geburtstag<br />
gefeiert hat. Bei den „Drei Grazien“<br />
handelt es sich um drei goldene Lanzen, die<br />
in den Kuppelöffnungen der Wandelhalle<br />
angebracht sind und sanft im Kreis schwingen.<br />
Sie schlagen gemeinsam mit der Architektur<br />
des Gebäudes eine Brücke zwischen<br />
Vergangenheit und Moderne. Rebecca Horn<br />
gilt als eine der profiliertesten deutschen<br />
Künstlerinnen. Sie sorgt seit mehr als 40<br />
Jahren mit Skulpturen und Installationen<br />
für Aufsehen.<br />
BARE MÜNZE<br />
Auch Niedersachsen hat nun seine<br />
eigene 2-Euro-Münze. <strong>Bundesrat</strong>spräsident<br />
Stephan Weil<br />
nahm am 7. Februar <strong>2014</strong> das erste<br />
Münzset aus den Händen von<br />
Bundeskanzlerin<br />
FRECHER JOURNALISTEN-NACHWUCHS<br />
Lieber frech als artig: „Schülerzeitungen sollten nicht zu brav sein“, gab<br />
<strong>Bundesrat</strong>spräsident Stephan Weil den Siegern des diesjährigen Schülerzeitungswettbewerbes<br />
der Länder mit auf den Weg. Aus rund 1.900<br />
Einsendungen aus allen Ländern kürte die Jury 18 Sieger-Zeitungen. <strong>Der</strong><br />
Schülerzeitungswettbewerb wird von der Jugendpresse Deutschland und<br />
den Ländern veranstaltet. Die Jury zeichnet seit 2003 Nachwuchsjournalisten<br />
an allen Schulformen aus. Schirmherr ist traditionell der <strong>Bundesrat</strong>spräsident.<br />
Dr. Angela Merkel<br />
entgegen. Traditionell erhält das<br />
Land, aus dem der <strong>Bundesrat</strong>spräsident<br />
kommt, eine eigene<br />
Sondermünze. Die Auflage<br />
des Geldstücks beträgt 30 Millionen.<br />
Auf der Bildseite zeigt es die<br />
zum Weltkulturerbe gehörende<br />
Michaeliskirche Hildesheim.<br />
17. MAI <strong>2014</strong>:<br />
„Tag der offenen Tür“ im <strong>Bundesrat</strong><br />
23. MAI <strong>2014</strong>:<br />
Feierstunde 65 Jahre Grundgesetz<br />
31. MAI BIS 3. JUNI <strong>2014</strong>:<br />
Nahost-Reise des <strong>Bundesrat</strong>spräsidenten
20 | 21<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Arbeit soll sich lohnen: <strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> stimmte der Einführung<br />
eines flächendeckenden Mindestlohns zum 1. Januar 2015 zu.<br />
Land und Leben<br />
gemeinsam gestalten<br />
Gesetzgebung ist nicht nur Sache von Bundestag und Bundesregierung.<br />
Über den <strong>Bundesrat</strong> vertreten die Länder ihre regionalen Interessen im<br />
Gesetzgebungsprozess. In den vergangenen zwölf Monaten haben sie<br />
zahlreiche Gesetze mit entwickelt und abgesegnet, die sich entscheidend<br />
auf das Leben in Deutschland auswirken. Dieser Einfluss der Länder ist<br />
wichtiger Bestandteil des Föderalismus.<br />
ZEITREISE<br />
5. JUNI <strong>2014</strong>:<br />
Vier französische Parlamentskollegen besuchen den <strong>Bundesrat</strong>
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> und die Gesellschaft<br />
Die Zahl älterer Menschen nimmt zu <strong>–</strong> eine Entwicklung,<br />
auf die auch der <strong>Bundesrat</strong> reagieren muss.<br />
Für etwa 4,5 Millionen Arbeitnehmer in<br />
Deutschland wird sich zum 1. Januar 2015<br />
einiges ändern. Ab dann gilt der Mindestlohn<br />
von 8,50 Euro pro Stunde. Für einige Branchen<br />
und Gruppen gelten Sonder- und Übergangsregelungen.<br />
Sie ziehen bis Ende 2016 nach. „<strong>Der</strong><br />
<strong>Bundesrat</strong> und Länder wie Rheinland-Pfalz<br />
gehörten ganz sicher mit zu den treibenden<br />
Kräften“, sagt Malu Dreyer, Ministerpräsidentin<br />
des Landes im Südwesten Deutschlands.<br />
„Heute können wir mit Freude sagen, dass<br />
der von uns seit Langem geforderte flächendeckende<br />
gesetzliche Mindestlohn ab Januar<br />
2015 endlich Wirklichkeit werden kann.“<br />
Malu Dreyer gilt als Verfechterin des Mindestlohns.<br />
Rheinland-Pfalz hatte 2007 und<br />
erneut <strong>2013</strong> gemeinsam mit anderen Ländern<br />
einen entsprechenden Gesetzesantrag<br />
eingebracht, den der <strong>Bundesrat</strong> im März <strong>2013</strong><br />
offiziell beschloss. <strong>Der</strong> endgültige Gesetzentwurf<br />
kam dann von der Bundesregierung.<br />
Die Länderkammer habe ihn in Ausschüssen<br />
beraten und zu verschiedenen Aspekten<br />
Stellung genommen. Von diesen Anregungen<br />
habe die Bundesregierung im<br />
Anschluss einige umgesetzt, erinnert<br />
sich Malu Dreyer an den Gesetzgebungsprozess.<br />
Am 11. Juli <strong>2014</strong> segnete<br />
der <strong>Bundesrat</strong> die zustimmungsbedürftige<br />
Vorlage dann mit breiter Mehrheit ab.<br />
REFORMEN FÜR RENTE<br />
UND LEBENSVERSICHERUNG<br />
<strong>Der</strong> 11. Juli war auch der Tag der letzten Plenarsitzung<br />
vor der Sommerpause, an dem die<br />
Länder überdies eine Reihe weiterer wichtiger<br />
Gesetze auf den Weg brachten. Viele<br />
Menschen profitieren künftig etwa von der<br />
Reform des Lebensversicherungsrechts. Diese<br />
Änderung soll die Folgen der aktuellen Niedrigzinsphase<br />
für Versicherte entschärfen. So<br />
dürfen die Anbieter unter anderem keine Gewinne<br />
mehr an Aktionäre ausschütten, wenn<br />
zeitgleich die Garantiezinsen für ihre Kunden<br />
gefährdet sind. Darüber hinaus stimmten<br />
die Länder am selben Tag dem Gesetz zur »<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
stärkt das gesellschaftliche<br />
Miteinander,<br />
weil er die regionalen<br />
Belange<br />
und Interessen<br />
in die Bundespolitik<br />
einbringt.<br />
Malu Dreyer<br />
Ministerpräsidentin<br />
Rheinland-Pfalz<br />
30. JUNI <strong>2014</strong>:<br />
Auszeichnung der besten Schülerzeitungen
22 | 23<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Viele Menschen, jeder mit anderen Hintergründen und Bedürfnissen:<br />
Die Politik des <strong>Bundesrat</strong>es richtet sich an sie alle.<br />
Videointerview:<br />
Direktor Gerd Schmitt<br />
gewährt Einblicke<br />
in die Arbeit des<br />
<strong>Bundesrat</strong>es.<br />
vollständigen steuerlichen Gleichbehandlung<br />
eingetragener Lebenspartnerschaften zu. Ein<br />
weiteres großes Gesetzesvorhaben hatte der<br />
<strong>Bundesrat</strong> knapp einen Monat zuvor mit dem<br />
Rentenpaket gebilligt. Es weitet die Altersrente<br />
für besonders langjährig Versicherte aus.<br />
Diese können dadurch vorübergehend bereits<br />
mit 63 Jahren eine abschlagsfreie Altersrente<br />
beziehen, wenn sie 45 Jahre ihre Pflichtbeiträge<br />
geleistet haben. Auch Mütter und Väter,<br />
deren Kinder vor 1992 geboren wurden, sowie<br />
Menschen mit verminderter Erwerbsfähigkeit<br />
werden durch die Neuregelung besser gestellt.<br />
LEBENDIGER FÖDERALISMUS<br />
Die Gesetzentwürfe zu Rentenreform und<br />
Lebensversicherung hatte jeweils die Bundesregierung<br />
vorgelegt. Aber auch der <strong>Bundesrat</strong><br />
kann eigene Entwürfe einbringen. Dieses<br />
Recht fußt auf dem Prinzip des Föderalismus,<br />
mit dem bei der Gründung der Bundesrepublik<br />
die politische Macht dezentral verteilt<br />
und die Bund-Länder-Beziehungen geregelt<br />
wurden. Doch der Föderalismus von heute<br />
ist nicht mehr der gleiche wie noch 1949.<br />
Zwei Kommissionen haben im vergangenen<br />
Jahrzehnt neue Vorschläge für die Bund-Länder-Beziehungen<br />
erarbeitet. Sie entwickelten<br />
beispielsweise die Schuldenbremse, die<br />
mittlerweile in die Verfassung aufgenommen<br />
wurde.<br />
Auch künftig steht der Föderalismus vor neuen<br />
Herausforderungen. Durch gesellschaftliche<br />
Entwicklungen wie den demografischen<br />
Wandel kommen neue Aufgaben und Hürden<br />
auf die Länder zu <strong>–</strong> etwa durch steigende<br />
Sozialausgaben. Gleichzeitig läuft 2019 der<br />
Solidarpakt aus, durch den die neuen Bundesländer<br />
unter anderem sogenannte Bundesergänzungszuweisungen<br />
erhalten. Die<br />
Finanzbeziehungen von Bund und Ländern<br />
könnten folglich vor weiteren Neuerungen<br />
stehen. <strong>Der</strong> Föderalismus ist eben nicht ein<br />
starres System, sondern ein sehr lebendiges.<br />
■<br />
ZEITREISE<br />
3. BIS 4. JULI <strong>2014</strong>:<br />
Stephan Weil besucht Polen<br />
11. JULI <strong>2014</strong>:<br />
Letzte <strong>Bundesrat</strong>ssitzung vor der Sommerpause
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> und die Gesellschaft<br />
23<br />
27<br />
Zeichen umfasste der kürzeste<br />
Drucksachen-Titel der seit November<br />
<strong>2013</strong> vergeben wurde. Er lautete:<br />
„Haushaltsbegleitgesetz <strong>2014</strong>“<br />
Auf einen Blick<br />
Das Geschäftsjahr <strong>2013</strong>/<strong>2014</strong> in Zahlen<br />
11<br />
Millionen Euro beträgt<br />
das Budget des <strong>Bundesrat</strong>es<br />
im Bundeshaushalt<br />
<strong>2014</strong>. Das sind weniger<br />
als 0,01 Prozent der<br />
Gesamtausgaben.<br />
22<br />
Tage: So oft hat <strong>Bundesrat</strong>spräsident Stephan Weil<br />
in diesem Jahr Bundespräsident Joachim Gauck<br />
vertreten (Stand August <strong>2014</strong>). Als Präsident des<br />
<strong>Bundesrat</strong>es ist Weil gleichzeitig Stellvertreter des<br />
Staatsoberhauptes.<br />
190<br />
Menschen arbeiten im Sekretariat des <strong>Bundesrat</strong>es.<br />
Sie sind in den unterschiedlichsten Funktionen im<br />
Einsatz <strong>–</strong> vom Hausmeister bis zum Direktor.<br />
Prozent aller Gesetzentwürfe haben<br />
ihren Ursprung im <strong>Bundesrat</strong>.<br />
16. BIS 18. JULI <strong>2014</strong>:<br />
Deutsch-französische Freundschaftsgruppe trifft sich im <strong>Bundesrat</strong>
24 | 25<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Den Dialog führen<br />
Große Panoramen, interaktive Grafiken, das Layout schlicht und<br />
aufgeräumt: Die vierte Generation der <strong>Bundesrat</strong>s-Website präsentiert<br />
sich in ganz neuem Design. Hinter dem Relaunch steht der Anspruch, noch<br />
transparenter und umfassender zu informieren. Schließlich ermöglichen<br />
gerade Online-Medien die direkte Kommunikation mit<br />
Bürgerinnen und Bürgern.<br />
Alles neu: Die <strong>Bundesrat</strong>s-Website wurde <strong>2014</strong> komplett überarbeitet. Das sogenannte<br />
Responsive Design passt die Anzeige an die unterschiedlichen Endgeräte an. Und auch<br />
inhaltlich hat der <strong>Bundesrat</strong> seine Online-Kommunikation auf neue Füße gestellt.<br />
ZEITREISE<br />
1. AUGUST <strong>2014</strong>:<br />
EEG-Novelle tritt in Kraft
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> und die Bürger<br />
www.bundesrat.de<br />
Im März <strong>2014</strong> ging die neue Version von<br />
www.bundesrat.de online, im Juni folgte die<br />
überarbeitete App. Neben einem sogenannten<br />
Responsive Design, das das Layout der Website<br />
selbstständig an die Display-Eigenschaften<br />
von Smartphone, Tablet oder Computer<br />
anpasst, setzt das Konzept auf ein völlig anders<br />
gestaltetes Informationsangebot. „Im<br />
Hinblick auf Transparenz, Inhaltsformate<br />
und Layout haben wir neue Maßstäbe bei<br />
der Gestaltung von Parlamentsseiten gesetzt“,<br />
sagt Peter Wilke, Leiter der Online-Redaktion.<br />
Neu ist etwa das Themen-Portal, in dem das<br />
Team die politische Entwicklung von Langzeitthemen<br />
wie EEG-Reform oder Mietpreisbremse<br />
zusammenfasst und so einen schnellen<br />
Überblick ermöglicht.<br />
KOMPAKT UND AUF EINEN BLICK<br />
Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf „Plenum<br />
KOMPAKT“ <strong>–</strong> einem völlig neuen Format.<br />
„Das gibt es in dieser Form nur bei uns“,<br />
sagt Wilke. Hier finden die Nutzer alle wichtigen<br />
Informationen zu den jeweiligen <strong>Bundesrat</strong>ssitzungen<br />
auf einen Blick. Waren Mitteilungen,<br />
Tagesordnungen, Redelisten oder<br />
Drucksachen zuvor noch über verschiedene<br />
Rubriken verteilt, führt „Plenum KOMPAKT“<br />
die Dokumente nun auf einer Seite zielgruppenübergreifend<br />
zusammen. Bürger, Journalisten<br />
und Fachleute finden zudem kurze<br />
Zusammenfassungen der Sitzungen sowie Erläuterungen<br />
zu den konkreten Beschlüssen.<br />
„Es ist ein lebendes Format“, erklärt Wilke.<br />
Schon drei Wochen vor einer Plenarsitzung<br />
veröffentlicht die Redaktion erste Dokumente<br />
und aktualisiert laufend alle Inhalte.<br />
Mit dem neuen Internetauftritt haben<br />
Bürgerinnen und Bürger erstmals die<br />
Möglichkeit, jede Debatte im <strong>Bundesrat</strong><br />
in Echtzeit über einen Livestream<br />
zu verfolgen. Später können sie die<br />
Rede-Mitschnitte in der neuen, umfangreichen<br />
Mediathek aufrufen<br />
und zum Beispiel in sozialen Netzwerken<br />
teilen. Ergänzt wird die Mediathek<br />
um redaktionell erstellte Videos<br />
mit allgemeinen Informationen zum<br />
<strong>Bundesrat</strong>.<br />
„Wir möchten die Menschen aus erster<br />
Hand informieren und die Arbeit<br />
des <strong>Bundesrat</strong>es transparent machen“,<br />
erklärt Peter Wilke die Hintergründe<br />
dieses Konzepts. Dies honorieren auch<br />
die Nutzer: Die Zahl der Seitenaufrufe<br />
ist seit dem Relaunch um ein Drittel gestiegen.<br />
■<br />
Seit dem Relaunch<br />
werden unsere Inhalte<br />
stärker wahrgenommen,<br />
geteilt<br />
und kommentiert.<br />
Das ist für uns ein<br />
wichtiger Ansporn.<br />
Carola Reinholz<br />
<strong>Bundesrat</strong>-Online-<br />
Redakteurin
26 | 27<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Vereint in Vielfalt<br />
Über die Entscheidungen der Bundespolitik berichten die Medien regelmäßig.<br />
Doch was denkt der einzelne Politiker über Energiewende und<br />
Inklusion? Wie begründet er sein Votum? Fragen wie diese können Bürgerinnen<br />
und Bürger selten persönlich stellen. Deshalb sucht der <strong>Bundesrat</strong><br />
auf Veranstaltungen immer wieder den Austausch mit den Menschen.<br />
Die Liste der Veranstaltungen, die der<br />
<strong>Bundesrat</strong> ausrichtet oder an denen er<br />
teilnimmt, ist lang: Die musikalisch-literarische<br />
Matinee zum 110. Geburtstag des Herrenhausgebäudes<br />
oder der „Tag der offenen<br />
Tür“ des niedersächsischen Landtages im<br />
März waren nur zwei Beispiele von vielen.<br />
Bei Letzterem präsentierte der <strong>Bundesrat</strong> seine<br />
Arbeit in Hannover <strong>–</strong> Niedersachsen hat<br />
derzeit die Präsidentschaft in der Länderkammer<br />
inne. <strong>Der</strong> Hingucker am <strong>Bundesrat</strong>s-Stand:<br />
eine Original-Sitzbank aus dem<br />
Plenarsaal, auf der Besucher probeweise Platz<br />
nehmen konnten.<br />
BÜRGER BEFRAGEN POLITIKER<br />
Im Mai lud dann der <strong>Bundesrat</strong> zum „Tag der<br />
offenen Tür“ nach Berlin und über 18.000 Besucher<br />
kamen. Sie konnten sich nicht nur<br />
über den <strong>Bundesrat</strong> und die wechselvolle<br />
Geschichte des Herrenhausgebäudes informieren<br />
<strong>–</strong> <strong>Bundesrat</strong>spräsident Weil stellte<br />
sich auch ihren Fragen und diskutierte mit<br />
ihnen über Föderalismus und Gesetzgebung.<br />
„Wenn Macht verteilt ist, kann sie nicht so<br />
leicht missbraucht werden“, sagte Weil etwa<br />
zum Thema Föderalismus. Viel Musik, Interviews<br />
mit zahlreichen Landespolitikern im<br />
Plenarsaal und ein buntes Informations- und<br />
Unterhaltungsprogramm des Präsidentenlandes<br />
Niedersachsen rundeten den Tag ab.<br />
Alljährlicher Höhepunkt sind jedoch die Feiern<br />
zum Tag der Deutschen Einheit im Land<br />
des amtierenden <strong>Bundesrat</strong>spräsidenten. <strong>2013</strong><br />
war folglich Baden-Württembergs Ministerpräsident<br />
Winfried Kretschmann Gastgeber<br />
in Stuttgart, und auch dort präsentierte sich<br />
die Länderkammer der Öffentlichkeit. Traditionsgemäß<br />
übergab Winfried Kretschmann<br />
den Stab symbolisch an seinen Nachfolger,<br />
Stephan Weil. Wenige Wochen später wurde<br />
dieser dann offiziell von den Mitgliedern des<br />
<strong>Bundesrat</strong>es ins Amt gewählt.<br />
Und auch sonst wurde im Präsentationszelt<br />
des <strong>Bundesrat</strong>es viel geboten: Ministerpräsidenten<br />
diskutierten auf der Bühne mit<br />
Jugendlichen aus ganz Deutschland über<br />
Themen wie Föderalismus, Inklusion und<br />
das Zentralabitur. Eine multimediale Ausstellung<br />
informierte über Aufgaben und<br />
Geschichte des <strong>Bundesrat</strong>es, und wer beim<br />
BUNDESRATespiel die richtigen Antworten<br />
wusste, konnte wertvolle Preise gewinnen.<br />
In diesem Jahr finden die Feierlichkeiten am<br />
2. und 3. Oktober in Hannover statt. 25 Jahre<br />
nach dem Mauerfall lautet das Motto <strong>2014</strong>:<br />
„Vereint in Vielfalt“.<br />
■<br />
ZEITREISE<br />
11. BIS 12. SEPTEMBER <strong>2014</strong>:<br />
Treffen der Parlamentspräsidenten des Europarates
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> und die Bürger<br />
„Tag der offenen Tür“ im niedersächsischen<br />
Landtag (l.):<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> präsentierte<br />
sich dort mit einem Stand (l.u.)<br />
und viel Informationsmaterial.<br />
Besucher konnten zudem an<br />
einem Quiz teilnehmen (u.).<br />
Musikalisch-literarische Matinee zum 110.<br />
Geburtstag des Herrenhausgebäudes<br />
Tag der Deutschen<br />
Einheit:<br />
Die symbolische<br />
Amtsübergabe<br />
des <strong>Bundesrat</strong>spräsidenten<br />
an seinen Nachfolger<br />
gehört<br />
dazu <strong>–</strong> <strong>2013</strong> etwa<br />
von Winfried<br />
Kretschmann<br />
an Stephan Weil<br />
(l.). Diskussionen<br />
wie mit <strong>Bundesrat</strong>s-Direktor<br />
Gerd Schmitt<br />
und seiner<br />
Stellvertreterin<br />
Dr. Ute Rettler<br />
ergänzen das<br />
Programm (r.).<br />
„Tag der offenen Tür“ beim <strong>Bundesrat</strong> in Berlin: 18.000 Menschen kamen<br />
zu der Veranstaltung im Mai und informierten sich über die Arbeit der<br />
Länderkammer. Für die Kinder trat auch ein Clown auf.
28 | 29<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Rückenwind für die Energiewende: <strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> hat dafür<br />
unter anderem im Juli <strong>2014</strong> die EEG-Reform gebilligt.<br />
ZEITREISE<br />
3. OKTOBER <strong>2014</strong>:<br />
Tag der Deutschen Einheit in Hannover
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> schützt die Umwelt<br />
Voller Energie<br />
nach vorn<br />
Jetzt gibt es verbindliche Ausbauziele für Strom aus regenerativen<br />
Quellen. <strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong> hat in seiner Sitzung am 11. Juli <strong>2014</strong><br />
die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gebilligt.<br />
Zum 1. August trat sie in Kraft. So wird die Energiewende<br />
besser koordiniert.<br />
Das neue EEG begrenzt durch sogenannte<br />
Korridore die finanziellen Beihilfen:<br />
Werden mehr Anlagen einer Energiequelle<br />
gebaut als geplant, sinken die Fördergelder <strong>–</strong><br />
umgekehrt steigen sie. Das erleichtert es, den<br />
Ausbau der regenerativen Energien zu koordinieren.<br />
Zudem müssen einige Industrieunternehmen,<br />
die bislang von der EEG-Umlage<br />
befreit waren, nun die vollen 6,24 Cent pro<br />
verbrauchter Kilowattstunde bezahlen. Unternehmen<br />
und Privatleute, die Ökostrom<br />
für den Eigenbedarf produzieren, zahlen zunächst<br />
30, später 40 Prozent der EEG-Umlage.<br />
Ziel ist es, die Finanzierung der Energiewende<br />
auf viele Schultern zu verteilen und Fehlinvestitionen<br />
zu vermeiden.<br />
ANTEIL DER ERNEUERBAREN<br />
ENERGIEN SOLL STEIGEN<br />
Das ist bitter nötig, schließlich gilt die Energiewende<br />
als eines der ambitioniertesten Projekte<br />
in der Geschichte der Bundesrepublik. 25<br />
Prozent der Stromversorgung stammen heute<br />
aus erneuerbaren Quellen. Bis 2050 soll dieser<br />
Anteil laut Bundesregierung auf mehr als »<br />
10. OKTOBER <strong>2014</strong>:<br />
Wahl des neuen <strong>Bundesrat</strong>spräsidenten
30 | 31<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bundesrat</strong><br />
Streitthema EEG-Umlage: <strong>Bundesrat</strong>spräsident<br />
Stephan Weil (Mitte) traf sich<br />
<strong>2014</strong> auch mit Gegnern der Besteuerung.<br />
Gerade in Umweltfragen<br />
bringen<br />
die Länder<br />
Erfahrung und<br />
Sachverstand<br />
in die Bundespolitik<br />
ein. Dies<br />
kommt der Qualität<br />
der Gesetze<br />
zugute.<br />
Josef Hoffmann<br />
Sekretär des<br />
Umweltausschusses<br />
<strong>Bundesrat</strong><br />
80 Prozent steigen. Um diese Mammutaufgabe<br />
zu bewältigen, gilt unter anderem<br />
seit 2000 das EEG. Es soll den Ausbau der<br />
regenerativen Energien durch gezielte finanzielle<br />
Förderung vorantreiben. Nach<br />
mehreren Überarbeitungen folgte in diesem<br />
Jahr die bisher größte Reform. Im Mai<br />
nahm der <strong>Bundesrat</strong> zum Entwurf der Bundesregierung<br />
Stellung und beschloss Änderungswünsche,<br />
die zum Teil in die endgültige<br />
Fassung des Gesetzes aufgenommen worden<br />
sind.<br />
FÖRDERUNG DER E-MOBILITÄT<br />
Erneuerbare Energien bilden jedoch nur einen<br />
von vielen Bausteinen der Energiewende.<br />
Genauso wichtig sind innovative und<br />
umweltschonende Mobilitätslösungen. <strong>Der</strong><br />
<strong>Bundesrat</strong> geht hier voran: <strong>2013</strong> erarbeitete<br />
und verabschiedete er einen Gesetzentwurf<br />
zur Förderung von schadstoffarmen Autos<br />
und E-Mobilität. Im Falle einer Zustimmung<br />
durch den Bundestag würde das Regelwerk<br />
den Kommunen erlauben, Elektrofahrzeuge<br />
von Parkgebühren zu befreien und generelle<br />
Parkvorrechte für Nutzer von Elektroautos zu<br />
schaffen. Großen Anteil an der Ausarbeitung<br />
hatte auch der Umweltausschuss des <strong>Bundesrat</strong>es.<br />
„In den Ausschüssen leisten Experten<br />
wichtige Vorarbeit für die Position des <strong>Bundesrat</strong>es“,<br />
erklärt dazu Josef Hoffmann, Sekretär<br />
des Umweltausschusses. Sie seien der<br />
Ort des Fachdialogs zwischen Bund und Ländern<br />
im Gesetzgebungsverfahren. So waren<br />
am Entwurf zur Förderung von E-Mobilität<br />
insgesamt fünf dieser Gremien beteiligt. Die<br />
Bundesregierung begrüßte den Vorschlag der<br />
Länder, hat aber eigene Vorstellungen von der<br />
Umsetzung. <strong>Der</strong> Vorgang befindet sich daher<br />
weiter in der politischen<br />
Diskussion.<br />
■
Zu guter Letzt<br />
Wo sich Fuchs und <strong>Bundesrat</strong> gute Nacht sagen<br />
Nanu, eine Füchsin döst auf der Terrasse<br />
des <strong>Bundesrat</strong>es? Mit einer solchen<br />
Mitbewohnerin (großes Bild)<br />
hat dort wohl niemand gerechnet.<br />
Doch das Tier scheint sich auf dem<br />
Gelände wohlzufühlen: Schon seit<br />
mehreren Jahren lebt es <strong>–</strong> quasi zur<br />
kostenlosen Untermiete <strong>–</strong> in dem<br />
großen Garten, inmitten von <strong>Bundesrat</strong>,<br />
Bundesfinanzministerium<br />
und Berliner Abgeordnetenhaus.<br />
Zurzeit kann der Garten sogar glatt<br />
als dicht besiedelt gelten: Die Füchsin<br />
hat dort Nachwuchs bekommen<br />
und die Jungen aufgezogen. Angst<br />
vor den Tieren muss jedoch keiner<br />
haben. Sie sind friedlich und greifen<br />
niemanden an.<br />
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