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1 3.0 Gegensatzpaare zum Dritten: Dreierlei - Uboeschenstein.ch

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<strong>3.0</strong> <strong>Gegensatzpaare</strong> <strong>zum</strong> <strong>Dritten</strong>: <strong>Dreierlei</strong> – Tertium semper datur<br />

Das Land der Drei habe i<strong>ch</strong> in den vergangenen 50 Jahren oft überflogen, in diesem Lande<br />

Fuß zu fassen habe i<strong>ch</strong> aber nie gelernt, i<strong>ch</strong> hatte Angst vor der Mathematik. Abstrakte<br />

Formeln waren ni<strong>ch</strong>t meine Welt. Au<strong>ch</strong> die Spra<strong>ch</strong>e der Philosophen blieb mir fremd, mein<br />

Gehirn weigerte si<strong>ch</strong> zu „verstehen“.<br />

I<strong>ch</strong> habe zwar s<strong>ch</strong>on vor vielen Jahren gemerkt, dass Wörter keinen Inhalt haben, dass im<br />

Kommunikationsprozess keine „Bedeutung“ übertragen wird, dass die Zweiteilung in Form<br />

und Inhalt von Zei<strong>ch</strong>en in der Zei<strong>ch</strong>enlehre (Semiologie), der i<strong>ch</strong> bei Ferdinand de Saussure<br />

gegnete, ni<strong>ch</strong>t der Weisheit letzter S<strong>ch</strong>luss sein kann. Die Gedanken des Ur-Semiotikers<br />

Peirce, seine Idee der Drittheit, seine Dreiteilung des Verstehensprozesses, konnte i<strong>ch</strong> aber<br />

ni<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong>vollziehen. Triaden, Triplizität, Trinität blieben fremde Fremdwörter, denen i<strong>ch</strong><br />

keine Bedeutung assoziieren konnte.<br />

Im Land der Drei zu wandern, S<strong>ch</strong>ritt für S<strong>ch</strong>ritt einen Fuß vor den anderen setzen, einen<br />

Gedanken folgeri<strong>ch</strong>tig mit einem nä<strong>ch</strong>sten Gedanken zu verbinden, musste i<strong>ch</strong> mühsam<br />

lernen, als es mir gelang erst einmal in diesem fremden Land zu landen. Dabei hat mir das<br />

Studium der „Laws of Form“ viel geholfen.<br />

I<strong>ch</strong> lernte im Ni<strong>ch</strong>ts zu beginnen: Omnia ex nihilo creamus. Dann folgt die Unters<strong>ch</strong>eidung,<br />

die Zweiteilung und - die Dreiteilung: „jede Dualität impliziert Triplizität.“.<br />

„Wir erzeugen eine Existenz, indem wir die Elemente einer dreifa<strong>ch</strong>en Identität<br />

auseinandernehmen. Die Existenz erlis<strong>ch</strong>t, wenn wir sie wieder zusammenfügen.<br />

Jede Kennzei<strong>ch</strong>nung impliziert Dualität, wir können kein Ding produzieren, ohne<br />

Koproduktion dessen, was es ni<strong>ch</strong>t ist, und jede Dualität impliziert Triplizität. Was<br />

das Ding ist, was es ni<strong>ch</strong>t ist, und die Grenze dazwis<strong>ch</strong>en…Wir können ni<strong>ch</strong>t zwei<br />

Zustände definieren, ohne drei Elemente zu s<strong>ch</strong>affen“ G. Spencer Brown 1 .<br />

1 G. Spencer Brown, GdF, S. XVIII<br />

1


In dieser Denkwelt gilt das aristotelis<strong>ch</strong>e Axiom des „Tertium non datur“ ni<strong>ch</strong>t mehr. Es gilt<br />

ni<strong>ch</strong>t mehr eine zweiwertige Logik, sondern eine mehrwertige Relationslogik des „Tertium<br />

semper datur“. Wie finde i<strong>ch</strong> aber den Zugang <strong>zum</strong> mehrwertigen Denken?<br />

„Su<strong>ch</strong>en“ na<strong>ch</strong> dem immer gegebenen <strong>Dritten</strong> (tertium semper datur) ist ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong>. Das<br />

Dritte gibt es ni<strong>ch</strong>t, das Dritte ist ni<strong>ch</strong>t ein „Etwas“. Es gibt au<strong>ch</strong> „die Su<strong>ch</strong>e“ ni<strong>ch</strong>t, es gibt nur<br />

den Denkprozess des Su<strong>ch</strong>ens. Solange i<strong>ch</strong>, spra<strong>ch</strong>-gefangen, in einer Dingwelt su<strong>ch</strong>e,<br />

bleiben alle Ergebnisse des Su<strong>ch</strong>ens Meinung, Irrtum. In der Dingwelt kann i<strong>ch</strong> nur glauben,<br />

in der Dingwelt kann i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t wissen. Meine alltägli<strong>ch</strong>e Denkwelt, die aus meiner alltägli<strong>ch</strong>en<br />

Wahrnehmungswelt ers<strong>ch</strong>eint, ist immer eine Dingwelt, in der i<strong>ch</strong> nur einfältig denken kann.<br />

I<strong>ch</strong> erkenne immer eindeutig „etwas“. Meine Na<strong>ch</strong>denkenwelt, die immer spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> geprägt<br />

ist, bleibt immer zweifältig, i<strong>ch</strong> kann nur in Gegensätzen na<strong>ch</strong>denken und bleibe dann in<br />

Gegensätzen stecken. Es ist <strong>zum</strong> verzweifeln - wie komme i<strong>ch</strong> <strong>zum</strong> „Drei-feln“? 2 Wie finde<br />

i<strong>ch</strong> das Dritteln, das Zusammenfallen der Gegensätze, die coincidentia oppositorum 3 .<br />

Wie kann i<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>reiben, dass meine spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Dingwelt eine Prozesswelt ist? Da wird<br />

es problematis<strong>ch</strong>:<br />

„Konkret wird das dann problematis<strong>ch</strong>, wenn anstelle von statis<strong>ch</strong>en Zustands- oder<br />

Phänomenbes<strong>ch</strong>reibungen dynamis<strong>ch</strong>e Phänomene der Entwicklung dargestellt<br />

werden sollen. Denn das dualistis<strong>ch</strong>e Erkenntnismodell liefert nur den Rahmen für die<br />

Bearbeitung seins- und identitätslogis<strong>ch</strong>er Probleme. Es ist auf das Thema "Sein"<br />

fixiert und kann daher nur behandeln, was aus abges<strong>ch</strong>lossener Prozess vorliegt. Es<br />

kann weder Prozessualität konzeptionell fassen no<strong>ch</strong> Neues erklären oder<br />

hervorbringen, sondern nur auf "Sein" reflexiv reagieren“. Nina Ort 4<br />

In meiner Spra<strong>ch</strong>e kann i<strong>ch</strong> Prozesse nur als „Etwasse“ bes<strong>ch</strong>reiben, alle unsere<br />

Hauptwörter verweisen auf tote Dinge, die sind wie sie sind. Das mag für Steine und andere<br />

„Sa<strong>ch</strong>en“ no<strong>ch</strong> angehen, um über Prozesse des Lebens na<strong>ch</strong>zudenken rei<strong>ch</strong>t unsere<br />

Spra<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t, Lebensprozesse entziehen si<strong>ch</strong> unseren Mögli<strong>ch</strong>keiten der spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />

Bes<strong>ch</strong>reibung, die im dualistis<strong>ch</strong>en Erkenntnismodell befangen bleibt und das Werden ni<strong>ch</strong>t<br />

bedenken kann. I<strong>ch</strong> will versu<strong>ch</strong>en in fünf S<strong>ch</strong>ritten dieses Werden, die Prozessualität, zu<br />

überdenken. Auf meiner Wanderung im Land der Drei begegnete i<strong>ch</strong> der Welt des<br />

Unters<strong>ch</strong>eidens, der Welt des Denkens, der Welt des Miteinander und der Welt des Wissens:<br />

Logik<br />

Beoba<strong>ch</strong>ten – Beoba<strong>ch</strong>ten des Beoba<strong>ch</strong>tens - Beoba<strong>ch</strong>ten des Beoba<strong>ch</strong>tens des<br />

Beoba<strong>ch</strong>tens – Selbstreferenz - Paradox - Mehrwertige Logik: Relationslogik –- Der<br />

Anfang vor dem Anfang – Volition - Zei<strong>ch</strong>enwelt - Semiose Spra<strong>ch</strong>e – Kommunikation -<br />

Si<strong>ch</strong>eres Wissen – Gewissheit<br />

2 Drei-feln: Dieses neue Verbum hat Christoph Bleuler erfunden, mit dem i<strong>ch</strong> in langen Gesprä<strong>ch</strong>en über die<br />

Alltagstaugli<strong>ch</strong>keit des Na<strong>ch</strong>denkens über Eindeutigkeit (si<strong>ch</strong>eres Wissen), Zweideutigkeit (Zweifeln) und<br />

Dreideutigkeit diskutierte.<br />

3<br />

Coincidentia oppositorum (lateinis<strong>ch</strong>; „Zusammenfall der Gegensätze“) ist ein zentraler Begriff im Denken des<br />

Philosophen und Theologen Nikolaus von Kues (Cusanus).<br />

4 Nina Ort Reflexionslogis<strong>ch</strong>e Semiotik VelbrückWissens<strong>ch</strong>aft 2007, S.11:<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/ort-semiotik11.html<br />

2


M.C.Es<strong>ch</strong>er Bildgalerie<br />

3.1 <strong>Dreierlei</strong> – Triplizität - Trinität :<br />

Anfangen muss i<strong>ch</strong> bei der Göttin „Frau Spencer Brown“, „die in der Welt der<br />

unbeoba<strong>ch</strong>tbaren Unters<strong>ch</strong>iedlosigkeit ihr Wesen treibt“ und die in ihrer Inkarnation als<br />

Mister Spencer Brown über die Dreifaltigkeit na<strong>ch</strong>denkt:<br />

“The explanation of the Trinity in fact turns out to be simple enough. When you make<br />

a distinction of any kind whatever, the easiest way to represent its essential<br />

properties mathematically is by some sort of closed curve like a circle. Here the<br />

circumference distinguishes two sides, an inside and an outside. The two sides, plus<br />

the circumference itself, whi<strong>ch</strong> is neither the inside nor the outside, together make up<br />

three aspects of one distinction. Thus every distinction is a trinity. Hence the First<br />

Distinction is the First Trinity.” G. Spencer Brown 5 .<br />

“How we, and all appearance that appears with us, appear to appear (The double<br />

appearance of "appear" is no mistake. The first is to see that there is no evidence for<br />

the appearance of anything but appearance, that appearance is the only evidence we<br />

have for appearance, and that nothing other has ever been known to appear) is by<br />

conditioned coproduction” G. Spencer Brown 6<br />

“The theme of this book is that the universe comes into being when a space is<br />

severed to or taken apart. The skin of a living organism cuts off an outside from an<br />

inside. So does the circumference of a circle in a plane. By tracing the way we<br />

represent su<strong>ch</strong> a severance, we can begin to reconstruct, with an accuracy and<br />

coverage that appear almost uncanny, the basic forms underlying linguistic,<br />

mathematical, physical, and biological science, and can begin to see how familiar<br />

laws of our own experience follow inexorably from the original act of severance.<br />

The act is itself already remembered, even unconsciously, as our first attempt to<br />

distinguish different things in a world where, in the first place, the boundaries can be<br />

drawn any where we please. At this stage the universe cannot be distinguished from<br />

how we act upon it and the world may seem like shifting sand beneath our feet”. G.<br />

Spencer Brown 7<br />

Eine Welt ers<strong>ch</strong>eint im Akt des Unters<strong>ch</strong>eidens: “a universe comes into being when a space<br />

5<br />

G. Spencer Brown Only Two Can Play This Game, Bantam Books 1974, Note 1, page 127,<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/spencer-brown-onlytwo127.html<br />

6<br />

7<br />

G. Spencer-Brown, A Lion’s Teeth. Löwenzähne, Lübeck 1995, S.20<br />

G. Spencer Brown Laws of Form, page XXIX:<br />

3


is severed or taken apart” und „the universe cannot be distinguished from how we act upon<br />

it, and the world may seem like shifting sand beneath our feet”.<br />

Wir verlieren den Boden unter den Füssen. Unser Denken kann ni<strong>ch</strong>t hinter das<br />

Unters<strong>ch</strong>eiden zurück. Die „Tathandlung des Uranfangs“, das Unters<strong>ch</strong>eiden in dem eine<br />

Welt ers<strong>ch</strong>eint. In dieser Urhandlung entstehen miteinander - in konditionierter Koproduktion<br />

– das unters<strong>ch</strong>eidende Subjekt und das sinnhafte Objekt; es entstehen die Welt des I<strong>ch</strong> – „die<br />

Emergenz des I<strong>ch</strong> ist glei<strong>ch</strong> ursprüngli<strong>ch</strong> mit der des Seins oder der Welt überhaupt“ 8 - und<br />

die Welt der Dinge ko-produziert.<br />

Konditionierte Koproduktion<br />

Selbstreferenz - Paradox 9 - Relationslogik (Günther) - Paradox<br />

„dass das Paradox der Selbst-Differenz mit einer aus Denkbewegungen der ersten<br />

Philosophie stammenden Figur vergli<strong>ch</strong>en werden kann. Es kann dur<strong>ch</strong> den Na<strong>ch</strong>vollzug<br />

einiger transzendentaler Deduktion, worin si<strong>ch</strong> diese Figur ausprägt, erhellt werden. I<strong>ch</strong><br />

wähle Fi<strong>ch</strong>tes Deduktionen aus der Wissens<strong>ch</strong>aftslehre, weil deren Forts<strong>ch</strong>reiten am<br />

gründli<strong>ch</strong>sten ausgearbeitet ist. In diesem erstphilosophis<strong>ch</strong>en Ausführungen<br />

„setzt man mit einem Anfang ein, der si<strong>ch</strong> als „Thathandlung“ (im<br />

Sinne eines si<strong>ch</strong> selbst vollziehenden Aktes) verwirkli<strong>ch</strong>t und der Selbstsetzung des I<strong>ch</strong>s (als<br />

transzendentalen Subjekts) entspri<strong>ch</strong>t. Vor dieser Tathandlung der Selbstsetzung ist ni<strong>ch</strong>ts<br />

Weltli<strong>ch</strong>es da. Die Emergenz des I<strong>ch</strong> ist glei<strong>ch</strong> ursprüngli<strong>ch</strong> mit der des Seins oder der Welt<br />

überhaupt. Glei<strong>ch</strong>wohl ist die Selbstsetzung des Ursubjekts ni<strong>ch</strong>ts Global-Sphäris<strong>ch</strong>es: das<br />

I<strong>ch</strong> ist kein in si<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>lossenes hen kai pan, ist ni<strong>ch</strong>t selbst- und allenthaltend im Sinne der<br />

Alteritätslosigkeit: es hätte ni<strong>ch</strong>ts neben si<strong>ch</strong>; es hätte kein Anderes. Fi<strong>ch</strong>tes Argument ist<br />

gerade, dass das Zustandekommen des I<strong>ch</strong>'s in seinem ursprüngli<strong>ch</strong>en Akt das<br />

Zustandekommen einer Differenz vom Selbigem und Ni<strong>ch</strong>t-Selbigem, von I<strong>ch</strong> und Ni<strong>ch</strong>t-I<strong>ch</strong><br />

darstellt. Das Subjekt ist Subjekt einer Sa<strong>ch</strong>e, die ni<strong>ch</strong>t es selbst ist.…die Differenz I<strong>ch</strong>/Ni<strong>ch</strong>t-<br />

I<strong>ch</strong>, wie si<strong>ch</strong> im I<strong>ch</strong> selbst reflektiert und den genuinesten Akt des I<strong>ch</strong> als I<strong>ch</strong> konstituiert“.<br />

Jean Clam 10<br />

8 Jean Clam Kontingenz Paradox Nur-Vollzug, Grundprobleme einer Theorie der Gesells<strong>ch</strong>aft, UVK 2004,<br />

Seite 250f., http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/clam247.html<br />

9<br />

Felix Lau Die Form der Paradoxie, Carl-Auer 2008, S.138: Jede Unters<strong>ch</strong>eidung führt die Paradoxie von<br />

Einheit und Differenz mit si<strong>ch</strong>. Insofern verweist die Paradoxie auf den „Anfang von Himmel und Erde“, auf das<br />

Ungeteilte, auf die All-Einheit. Die Form der Paradoxie ist so das Tor <strong>zum</strong> unmarked space, der grundsätzli<strong>ch</strong><br />

unbes<strong>ch</strong>reibbar und unerkennbar ist. Hierin liegt verborgen, dass die Paradoxie im Anfang von allem steckt,<br />

Grundlage jeder Existenz ist…Jede Paradoxie lässt si<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>reiben als das (Wieder-)Auftreten einer<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung in ihrem eigenen Raum, auf einer Seite eben dieser Unters<strong>ch</strong>eidung. Einerseits haben wir es<br />

dann mit nur einer Unters<strong>ch</strong>eidung zu tun, andererseits können wir anhand der vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen (sie<br />

kommt als Ganze, das heißt mit beiden Seiten, auf einer ihrer Seiten wieder vor) ni<strong>ch</strong>t von derselben<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung spre<strong>ch</strong>en. Obwohl wir nur eine Unters<strong>ch</strong>eidung treffen, können wir zwis<strong>ch</strong>en zwei<br />

Unters<strong>ch</strong>eidungen we<strong>ch</strong>seln, also dieselbe Unters<strong>ch</strong>eidung unters<strong>ch</strong>eiden.<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/LauForm112-Paradoxie.html<br />

10 Jean Clam Kontingenz Paradox Nur-Vollzug, Grundprobleme einer Theorie der Gesells<strong>ch</strong>aft, UVK 2004,<br />

Seite 250f: Meine These ist, dass das Paradox der Selbst-Differenz mit einer aus Denkbewegungen der ersten<br />

Philosophie stammenden Figur vergli<strong>ch</strong>en werden kann. Es kann dur<strong>ch</strong> den Na<strong>ch</strong>vollzug einiger transzendentaler<br />

Deduktion, worin si<strong>ch</strong> diese Figur ausprägt, erhellt werden. I<strong>ch</strong> wähle Fi<strong>ch</strong>tes Deduktionen aus der<br />

Wissens<strong>ch</strong>aftslehre, weil deren Forts<strong>ch</strong>reiten am gründli<strong>ch</strong>sten ausgearbeitet ist. In diesem erstphilosophis<strong>ch</strong>en<br />

Ausführungen setzt man mit einem Anfang ein, der si<strong>ch</strong> als„Thathandlung“ (im Sinne eines si<strong>ch</strong> selbst<br />

vollziehenden Aktes) verwirkli<strong>ch</strong>t und der Selbstsetzung des I<strong>ch</strong>s (als transzendentalen Subjekts) entspri<strong>ch</strong>t.<br />

Vor dieser Tathandlung der Selbstsetzung ist ni<strong>ch</strong>ts Weltli<strong>ch</strong>es da. Die Emergenz des I<strong>ch</strong> ist glei<strong>ch</strong><br />

ursprüngli<strong>ch</strong> mit der des Seins oder der Welt überhaupt. Glei<strong>ch</strong>wohl ist die Selbstsetzung des Ursubjekts ni<strong>ch</strong>ts<br />

Global-Sphäris<strong>ch</strong>es: das I<strong>ch</strong> ist kein in si<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>lossenes hen kai pan, ist ni<strong>ch</strong>t selbst- und allenthaltend im<br />

Sinne der Alteritätslosigkeit: es hätte ni<strong>ch</strong>ts neben si<strong>ch</strong>; es hätte kein Anderes. Fi<strong>ch</strong>tes Argument ist gerade, dass<br />

4


Die protologis<strong>ch</strong>en Gesetze der Form bes<strong>ch</strong>reiben Unters<strong>ch</strong>eidensprozesse ohne Inhalt,<br />

“Only from the inner world can we see the outer world as one of an infinite variety of<br />

arbitrary constructions. The magic and the miraculous, of course, are the apparition,<br />

in the outer world, of a <strong>ch</strong>ange to the boundaries, a reshuffling of the cards,<br />

originating in, or at least conducted from, the inner world. In the whole science of<br />

physics there is no su<strong>ch</strong> thing as a thing. Hundreds of years ago we carefully forgot<br />

this fact, and now it seems astonishing even to begin to remember it again. We draw<br />

the boundaries, we shuffle the cards, we make the distinctions”. G. Spencer Brown 11<br />

die triadis<strong>ch</strong> sind.„...jede Dualität impliziert Triplizität. Was das Ding ist, was es ni<strong>ch</strong>t ist, und<br />

die Grenze dazwis<strong>ch</strong>en…Wir können ni<strong>ch</strong>t zwei Zustände definieren, ohne drei Elemente zu<br />

s<strong>ch</strong>affen“ 12 .<br />

Wir können ni<strong>ch</strong>t glei<strong>ch</strong>zeitig Beoba<strong>ch</strong>ten und unser Beoba<strong>ch</strong>ten beoba<strong>ch</strong>ten.<br />

Die Welt des Unters<strong>ch</strong>eidens - Beoba<strong>ch</strong>ten – Beoba<strong>ch</strong>ten des Beoba<strong>ch</strong>tens -<br />

Beoba<strong>ch</strong>ten des Beoba<strong>ch</strong>tens des Beoba<strong>ch</strong>tens<br />

Beoba<strong>ch</strong>ter – Beoba<strong>ch</strong>tetes<br />

Beoba<strong>ch</strong>ten des Beoba<strong>ch</strong>tens des Beoba<strong>ch</strong>tens<br />

Beoba<strong>ch</strong>ten des Beoba<strong>ch</strong>tens - Beoba<strong>ch</strong>ten des Beoba<strong>ch</strong>tens des Beoba<strong>ch</strong>tens (Taraba<br />

S.36)<br />

Die drei Ebenen des Beoba<strong>ch</strong>tens<br />

das Zustandekommen des I<strong>ch</strong>'s in seinem ursprüngli<strong>ch</strong>en Akt das Zustandekommen einer Differenz vom<br />

Selbigem und Ni<strong>ch</strong>t-Selbigem, von I<strong>ch</strong> und Ni<strong>ch</strong>t-I<strong>ch</strong>darstellt. Das Subjekt ist Subjekt einer Sa<strong>ch</strong>e, die ni<strong>ch</strong>t<br />

es selbst ist.…die Differenz I<strong>ch</strong>/Ni<strong>ch</strong>t-I<strong>ch</strong>, wie si<strong>ch</strong> im I<strong>ch</strong> selbst reflektiert und den genuinesten Akt des I<strong>ch</strong> als I<strong>ch</strong><br />

konstituiert. Das I<strong>ch</strong> ist weder eine ges<strong>ch</strong>lossene no<strong>ch</strong> totale Sphäre. Es ist eingebettet in einem Ritz. Das I<strong>ch</strong> ist<br />

der Ritz, dessen Namen Welt ist und dessen Akt die Reflexion dieser selben ritzenden Differenz ist.<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/clam247.html<br />

11 G. Spencer Brown Only Two Can Play This Game, Bantam Books 1974, S.24: When we have developed our<br />

insight far enough, we can begin to see how the excessively "real" appearance of the physical world is in fact<br />

brought about.It comes through a very clever trick. It depends on an elaborate procedure for forgetting just what it<br />

was we did to make it how we find it. Amongst other things, what we have to forget so carefully is the fact that we<br />

drew up all the hazards ourselves. Indeed the principle of Heisenberg ensures that there really is no<br />

"outside world" other than the one we constructed. It is, in fact and in fantasy, a projection of the shape<br />

of the instruments we used to investigate it. And the instruments (i.e. ourselves)are of course an introjection of<br />

this projection of this introjection of this projection of etc. Our forgetting how it is made up is our way of fixing the<br />

apperance of the world in just the particular way it happens to be. Of course we can't undo it if we can't remember<br />

how we did it, and the less we can undo it the more independent, the more beyond our control, it seems 3 .In other<br />

words, what we forget, partly involuntarily, partly deliberately, is that, many levels of existence back<br />

(seven, to be exact), we (or, as we were at that point, it ) made the original decision, the original<br />

introjection that eventually, like dealing a pack of cards, became projected as the distinctions between<br />

one thing and another. We only have to do it a different way, and the whole outer world looks and sounds and<br />

feels and is quite different, although the inner world, containing as it does all the possibilities of its interpretation,<br />

remains always the same. Only from the inner world can we see the outer world as one of an infinite variety<br />

of arbitrary constructions. The magic and the miraculous, of course, are the apparition, in the outer world,<br />

of a <strong>ch</strong>ange to the boundaries, a reshuffling of the cards, originating in, or at least conducted from, the<br />

inner world. In the whole science of physics there is no su<strong>ch</strong> thing as a thing. Hundreds of years ago we<br />

carefully forgot this fact, and now it seems astonishing even to begin to remember it again. We draw the<br />

boundaries, we shuffle the cards, we make the distinctions.<br />

12 G. Spencer Brown, GdF, S. XVIII<br />

5


Wir können ni<strong>ch</strong>t glei<strong>ch</strong>zeitig Beoba<strong>ch</strong>ten und das Beoba<strong>ch</strong>ten beoba<strong>ch</strong>ten. Der Begrenzer<br />

der beoba<strong>ch</strong>tend eine Grenze setzt, bleibt aussen vor, er kann si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t beoba<strong>ch</strong>ten. Das<br />

heisst – und hier wird’s s<strong>ch</strong>on s<strong>ch</strong>wieriger – i<strong>ch</strong> kann mi<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t beoba<strong>ch</strong>ten.<br />

I<strong>ch</strong> kann mi<strong>ch</strong> nur beoba<strong>ch</strong>ten, wenn i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> beoba<strong>ch</strong>te und dazu zu muss i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong><br />

aufteilen, aus meinem unteilbaren „in-dividuellen“ I<strong>ch</strong> werden zwei I<strong>ch</strong>s.<br />

„Für einen Beoba<strong>ch</strong>ter dieses ersten Beoba<strong>ch</strong>ters stellt er eine Einheit dar. Er ist, was er ist;<br />

er ist mit si<strong>ch</strong> identis<strong>ch</strong>; au<strong>ch</strong> wenn er mal so und mal anders ist, bleibt er der, der er ist.<br />

Dur<strong>ch</strong> seine Operationen s<strong>ch</strong>afft und erhält er eine Grenze zu seiner Umwelt. Für diesen<br />

ersten Beoba<strong>ch</strong>ter selbst gilt das au<strong>ch</strong>, solange er ni<strong>ch</strong>t selbstbezügli<strong>ch</strong> operiert, solange er<br />

si<strong>ch</strong> etwa die Frage na<strong>ch</strong> seiner Identität ni<strong>ch</strong>t stellt. Do<strong>ch</strong> wenn er si<strong>ch</strong> selbst beoba<strong>ch</strong>tet, ist<br />

er ni<strong>ch</strong>t mehr mit si<strong>ch</strong> selbst identis<strong>ch</strong>: er hat si<strong>ch</strong> (die Einheit, die er war) in Beoba<strong>ch</strong>ter und<br />

Beoba<strong>ch</strong>tetes unterteilt. Operational bleibt er natürli<strong>ch</strong> eine Einheit, das heißt er wird ni<strong>ch</strong>t zu<br />

zwei Systemen, aber für si<strong>ch</strong> ist er ni<strong>ch</strong>t mehr eines. Er sieht si<strong>ch</strong> als der-und-der an, ist aber<br />

zuglei<strong>ch</strong> der, der si<strong>ch</strong> so sieht. Er kann ni<strong>ch</strong>t mehr ents<strong>ch</strong>eiden, ob er Einheit oder Zweiheit<br />

ist: Wenn er si<strong>ch</strong> als Einheit betra<strong>ch</strong>tet, s<strong>ch</strong>afft er dur<strong>ch</strong> die Differenz, die die (Selbst-<br />

)Betra<strong>ch</strong>tung ma<strong>ch</strong>t, eine Zweiheit. Diese Zweiheit operiert aber als ein System.“ (Felix<br />

Lau 13 )<br />

Man<strong>ch</strong>mal reden meine zwei I<strong>ch</strong>s miteinander: „Bös<strong>ch</strong>i (das bin I<strong>ch</strong> 1), was ma<strong>ch</strong>st Du (I<strong>ch</strong><br />

2) da wieder für einen Mist!“<br />

Zwei vers<strong>ch</strong>iedene I<strong>ch</strong>e – Günther Mas<strong>ch</strong>inen 43 / Taraba 70<br />

3.2 Das Dritte in der Philosophie des Denkens<br />

Das Dritte ist „die Grenze dazwis<strong>ch</strong>en“, eine Welt, die unserer zweiwertigen Reflexion ni<strong>ch</strong>t<br />

zugängli<strong>ch</strong> ist. In der erweiterten Welt der Relationslogik begegnete i<strong>ch</strong> der<br />

„reflexionslogis<strong>ch</strong>en Triade“ 14 . Im „Modell einer triadis<strong>ch</strong>en Wirkli<strong>ch</strong>keitskonstitution“ wird die<br />

„Wirkli<strong>ch</strong>keit dur<strong>ch</strong> drei Kategorien konstituiert“. (Nina Ort 15 )<br />

13 Felix Lau Die Form der Paradoxie, Carl-Auer 2008, S.121: Au<strong>ch</strong> der „Satz der Identität“, der besagt, dass<br />

etwas zu si<strong>ch</strong> selbst identis<strong>ch</strong> ist, und der in allen gängigen Logiken vorausgesetzt wird, lässt si<strong>ch</strong> mit dem<br />

Konzept von Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit ni<strong>ch</strong>t vereinbaren. Man denke an ein abges<strong>ch</strong>lossenes System, etwa einen<br />

Beoba<strong>ch</strong>ter, der im Modus Bewusstsein operiert. Für einen Beoba<strong>ch</strong>ter dieses ersten Beoba<strong>ch</strong>ters stellt er eine<br />

Einheit dar. Er ist, was er ist; er ist mit si<strong>ch</strong> identis<strong>ch</strong>; au<strong>ch</strong> wenn er mal so und mal anders ist, bleibt er der, der er<br />

ist. Dur<strong>ch</strong> seine Operationen s<strong>ch</strong>afft und erhält er eine Grenze zu seiner Umwelt. Für diesen ersten Beoba<strong>ch</strong>ter<br />

selbst gilt das au<strong>ch</strong>, solange er ni<strong>ch</strong>t selbstbezügli<strong>ch</strong> operiert, solange er si<strong>ch</strong> etwa die Frage na<strong>ch</strong> seiner Identität<br />

ni<strong>ch</strong>t stellt. Do<strong>ch</strong> wenn er si<strong>ch</strong> selbst beoba<strong>ch</strong>tet, ist er ni<strong>ch</strong>t mehr mit si<strong>ch</strong> selbst identis<strong>ch</strong>: er hat si<strong>ch</strong> (die<br />

Einheit, die er war) in Beoba<strong>ch</strong>ter und Beoba<strong>ch</strong>tetes unterteilt. Operational bleibt er natürli<strong>ch</strong> eine Einheit, das<br />

heißt er wird ni<strong>ch</strong>t zu zwei Systemen, aber für si<strong>ch</strong> ist er ni<strong>ch</strong>t mehr eines. Er sieht si<strong>ch</strong> als der-und-der an, ist<br />

aber zuglei<strong>ch</strong> der, der si<strong>ch</strong> so sieht. Er kann ni<strong>ch</strong>t mehr ents<strong>ch</strong>eiden, ob er Einheit oder Zweiheit ist: Wenn er si<strong>ch</strong><br />

als Einheit betra<strong>ch</strong>tet, s<strong>ch</strong>afft er dur<strong>ch</strong> die Differenz, die die (Selbst-)Betra<strong>ch</strong>tung ma<strong>ch</strong>t, eine Zweiheit. Diese<br />

Zweiheit operiert aber als ein System. http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/LauForm112-Paradoxie.html<br />

14 Triade (gr. trias zu Genetiv: triados) - eigentli<strong>ch</strong> : Dreiheit; im übertragenen Sinne au<strong>ch</strong> Dreis<strong>ch</strong>ritt - werden<br />

philosophis<strong>ch</strong>e Konzepte gekennzei<strong>ch</strong>net, die einen sol<strong>ch</strong>en Dreis<strong>ch</strong>ritt als grundlegendes Strukturmerkmal<br />

enthalten. (Wiki)<br />

15<br />

Nina Ort Reflexionslogis<strong>ch</strong>e Semiotik,VelbrückWissens<strong>ch</strong>aft 2007, S.21: Günther und Peirce s<strong>ch</strong>ließen mit<br />

ihren Entwürfen philosophis<strong>ch</strong> beide sowohl an Kant als au<strong>ch</strong> insbesondere an Hegel an und versu<strong>ch</strong>en dessen<br />

6


Das reine Sein und das reine Ni<strong>ch</strong>ts ist also dasselbe. Was die Wahrheit ist, ist<br />

weder das eine no<strong>ch</strong> das Ni<strong>ch</strong>ts, sondern, dass das Sein in Ni<strong>ch</strong>ts und das Ni<strong>ch</strong>ts in<br />

Sein - ni<strong>ch</strong>t übergeht, sondern übergegangen ist. Aber ebenso sehr ist die Wahrheit<br />

ni<strong>ch</strong>t ihre Ununters<strong>ch</strong>iedenheit, sondern, dass sie ni<strong>ch</strong>t dasselbe, dass sie absolut<br />

unters<strong>ch</strong>ieden, aber ebenso sehr ungetrennt und untrennbar sind und unmittelbar<br />

jedes in seinem Gegenteil vers<strong>ch</strong>windet. Ihre Wahrheit ist also diese Bewegung des<br />

unmittelbaren Vers<strong>ch</strong>windens des einen in dem anderen: das Werden; eine<br />

Bewegung worin beide unters<strong>ch</strong>ieden sind, aber dur<strong>ch</strong> einen Unters<strong>ch</strong>ied, der si<strong>ch</strong><br />

ebenso unmittelbar aufgelöst hat“. (G.W.F. Hegel 16 )<br />

Hegel (Taraba 37f) –<br />

Günther Ort – Taraba<br />

Ego – Alter Luhmann<br />

Differenz-<br />

Fu<strong>ch</strong>s Die Metapher des Systems, S.13f: Klar ist jedenfalls, dass die Systemtheorie mit einer Differenz startet, mit<br />

der von System und Umwelt, und: dass der Einheitsbegriff des Systems der Begriff dieser Differenz ist. Einfa<strong>ch</strong>er<br />

gesagt: das System lässt si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t aus seiner Umwelt herausgeben, es ist ni<strong>ch</strong>t isoliertbar. Es ist jenes Co, jenes<br />

Zuglei<strong>ch</strong>, jener Zweiheit, die si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t in zwei Einsen zerlegen lässt. (Diese Zweiheit ist, genau besehen,<br />

wiederum Dreiheit, also eine Verkürzung der Triade X - Grenze - Y. Das ließe si<strong>ch</strong> ebensogut wieder auf die<br />

EINS der Grenze zuführen, die die Zweiheit auswirft und folgli<strong>ch</strong> eine Dreiheit etabliert.... dass das Eine ohne<br />

dass anderer ni<strong>ch</strong>t zu haben ist, ist geläufiger Topos.) Und im Augenblick, in dem man dieser Komplikation<br />

gewahr wird, zerfällt die cartesis<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>e. Mit ihr fallen au<strong>ch</strong> die zweiwertigen logis<strong>ch</strong>en Mittel aus.<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/fu<strong>ch</strong>ssystem13.html<br />

Selbstreferenz - Paradox 17<br />

S<strong>ch</strong>eitern an einer zweiten Form der Negation oder Reflexion zu erklären und diese zu errei<strong>ch</strong>en. Beide werfen<br />

ihm vor, seine Konzepte der Vermittlung und der Aufhebung seien an diesem S<strong>ch</strong>eitern s<strong>ch</strong>uld, und beide<br />

entwerfen das alternative Modell einer triadis<strong>ch</strong>en Wirkli<strong>ch</strong>keitskonstitution. Bei Günther fungiert die<br />

»Rejektion«, also die Verwerfung der Totalalternative von Sein und Reflexion als die dritte genuine<br />

Realitätskonstituente, als ein ständig produzierter Reflexionsübers<strong>ch</strong>uss, der seins-thematis<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t gebunden<br />

werden kann, und deswegen die beiden »klassis<strong>ch</strong>en« Realitätskonstituenten auflöst in eine reflexionslogis<strong>ch</strong>e<br />

Triade. Peirce’ gesamtes System ruht auf den drei Kategorien von Erstheit, Zweitheit und Drittheit, da er ni<strong>ch</strong>t<br />

akzeptiert, dass das »Absolute« eins sein soll und ni<strong>ch</strong>t vielmehr Wirkli<strong>ch</strong>keit dur<strong>ch</strong> drei Kategorien konstituiert<br />

wird.<br />

16 G.W.F. Hegel Logik I, S.83<br />

17<br />

Felix Lau Die Form der Paradoxie, Carl-Auer 2008, S.138: Jede Unters<strong>ch</strong>eidung führt die Paradoxie von<br />

Einheit und Differenz mit si<strong>ch</strong>. Insofern verweist die Paradoxie auf den „Anfang von Himmel und Erde“, auf das<br />

Ungeteilte, auf die All-Einheit. Die Form der Paradoxie ist so das Tor <strong>zum</strong> unmarked space, der grundsätzli<strong>ch</strong><br />

unbes<strong>ch</strong>reibbar und unerkennbar ist. Hierin liegt verborgen, dass die Paradoxie im Anfang von allem steckt,<br />

Grundlage jeder Existenz ist…Jede Paradoxie lässt si<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>reiben als das (Wieder-)Auftreten einer<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung in ihrem eigenen Raum, auf einer Seite eben dieser Unters<strong>ch</strong>eidung. Einerseits haben wir es<br />

dann mit nur einer Unters<strong>ch</strong>eidung zu tun, andererseits können wir anhand der vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen (sie<br />

kommt als Ganze, das heißt mit beiden Seiten, auf einer ihrer Seiten wieder vor) ni<strong>ch</strong>t von derselben<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung spre<strong>ch</strong>en. Obwohl wir nur eine Unters<strong>ch</strong>eidung treffen, können wir zwis<strong>ch</strong>en zwei<br />

Unters<strong>ch</strong>eidungen we<strong>ch</strong>seln, also dieselbe Unters<strong>ch</strong>eidung unters<strong>ch</strong>eiden.<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/LauForm112-Paradoxie.html<br />

7


Dreifeln – Taraba 87<br />

Der Anfang jedes Denkens sieht si<strong>ch</strong> einem primordial Vorgegebenen gegenüber,<br />

und es ist ni<strong>ch</strong>ts weiter als ein leerer Streit um Worte, ob man dasselbe als Materie,<br />

Absolutes oder Gott bezei<strong>ch</strong>net. Vom Standpunkt des reinen Denkens sind das nur<br />

eigensinnige Verbalismen, die gar ni<strong>ch</strong>t umhin können, genau dasselbe zu<br />

bezei<strong>ch</strong>nen, nämli<strong>ch</strong> eben das unser Denken gar ni<strong>ch</strong>t beginnen kann, es sei denn,<br />

dass es einem primordial vorgegebenen Grunde entspringt... Der Vollzug des<br />

Urteils, das etwas vor dem Denken liegen muss, an dem es seinen Anfang<br />

nimmt, ist unvermeidli<strong>ch</strong>, weil ein elementarerer Bewusstseinszwang. Dem Satz<br />

kommt also eine bestimmte metaphysis<strong>ch</strong>e Wahrheit zu. (Gotthard Günther) 18<br />

Hinter, vor, jenseits der Unters<strong>ch</strong>eidung - Gehirne denken räumli<strong>ch</strong>, Spra<strong>ch</strong>e bezei<strong>ch</strong>net<br />

eine Raumwelt.<br />

Wenn aber alle Materie die Eigens<strong>ch</strong>aft der Reflexion primordial besitzt, dann ist ihr Wesen<br />

dialektis<strong>ch</strong>; und diese Dialektik widersetzt si<strong>ch</strong> allen Versu<strong>ch</strong>en, irgendeine gegenständli<strong>ch</strong><br />

ontologis<strong>ch</strong>e Terminologie ernst zu nehmen. Sol<strong>ch</strong>e Termini wie Materie, Absolutes, Gott<br />

oder Geist sind alle glei<strong>ch</strong> inadäquat. Als amüsantes Seitenli<strong>ch</strong>t ist festzustellen, dass der<br />

Idealist ni<strong>ch</strong>t allzu eifrig darauf aus sein sollte, Gott oder den Geist als Vor-Grund des<br />

Weltseins zu betra<strong>ch</strong>ten. Das führt zu dem peinli<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>luss, dass Gott als das dem<br />

Denken Vorangehende ni<strong>ch</strong>t denkt. Und es hilft au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t viel, dass die dialektis<strong>ch</strong>e<br />

Bewegung unseres Denkens dieses Urteil sofort wieder aufhebt. Denn um aufgehoben und<br />

negiert werden zu können, muss es erst einmal vollzogen worden seien<br />

Gotthard Günther Erkennen und Wollen Kognition und Volition S.230: …eine totale Revolution unseres<br />

traditionellen wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Weltbildes, eines Konzeptes, das unsere Welt als<br />

unversöhnli<strong>ch</strong>e Dualität von Form und Stoff, von bedeutungshaltiger Information und<br />

physis<strong>ch</strong>er Energie, von Subjekt und Objekt und letztli<strong>ch</strong> vom theoretis<strong>ch</strong>er Vernunft<br />

und pragmatis<strong>ch</strong>em Willen begreift - dann sind die gegenwärtig in der Kybernetik<br />

angewandten wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Methoden völlig unzulängli<strong>ch</strong>. Sie sind deshalb gänzli<strong>ch</strong><br />

unangemessen, weil sie unter der Voraussetzung entworfen wurden, dass die klassis<strong>ch</strong>e<br />

Dualität, die si<strong>ch</strong> in der generellen Spaltung zwis<strong>ch</strong>en Natur und Geisteswissens<strong>ch</strong>aften<br />

wiederspiegelt, immer no<strong>ch</strong> gültig ist.“ (Gotthard Günther 19 ).<br />

Die klassis<strong>ch</strong>en Antinomien<br />

18<br />

Gotthard Günther Das Bewusstsein der Mas<strong>ch</strong>inen S.150: Freili<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>eint dann dieser Grund erst<br />

na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong> im Denken. Das ist seine Dialektik, und darum sagt Lenin - tiefer als es im Westen gewürdigt wird –<br />

„that all matter...possesses the property of reflexion“. Wenn aber alle Materie die Eigens<strong>ch</strong>aft der Reflexion<br />

primordial besitzt, dann ist ihr Wesen dialektis<strong>ch</strong>; und diese Dialektik widersetzt si<strong>ch</strong> allen Versu<strong>ch</strong>en, irgendeine<br />

gegenständli<strong>ch</strong> ontologis<strong>ch</strong>e Terminologie ernst zu nehmen. Sol<strong>ch</strong>e Termini wie Materie, Absolutes, Gott oder<br />

Geist sind alle glei<strong>ch</strong> inadäquat. Als amüsantes Seitenli<strong>ch</strong>t ist festzustellen, dass der Idealist ni<strong>ch</strong>t allzu eifrig<br />

darauf aus sein sollte, Gott oder den Geist als Vor-Grund des Weltseins zu betra<strong>ch</strong>ten. Das führt zu dem<br />

peinli<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>luss, dass Gott als das dem Denken Vorangehende ni<strong>ch</strong>t denkt. Und es hilft au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t viel, dass<br />

die dialektis<strong>ch</strong>e Bewegung unseres Denkens dieses Urteil sofort wieder aufhebt. Denn um aufgehoben und<br />

negiert werden zu können, muss es erst einmal vollzogen worden seien.<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/guenther.html<br />

19<br />

Gotthard Günther Erkennen und Wollen: http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/guenther-volition229.html<br />

8


3.2.1 Das Unters<strong>ch</strong>eiden und das Ni<strong>ch</strong>ts<br />

Vor der Unters<strong>ch</strong>eidung ist eine namenlose „Welt“ 20 , die no<strong>ch</strong> keine Welt sein kann, denn<br />

Welten „ers<strong>ch</strong>einen“ nur dur<strong>ch</strong> den Akt der Beoba<strong>ch</strong>tung, dur<strong>ch</strong> „distinction“ und „indication“,<br />

wenn Unters<strong>ch</strong>eiden und Bezei<strong>ch</strong>nen dur<strong>ch</strong> eine Grenze getrennt werden.<br />

Unters<strong>ch</strong>eidensprozesse ohne Inhalt 21<br />

„...daß Differenzloses si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t denken lässt. Die Idee eines Zustandes der Abwesenheit<br />

aller Differenzen s<strong>ch</strong>ließt Unbeoba<strong>ch</strong>tbarkeit ein. Man kann sie mit dem Unbegriff Ni<strong>ch</strong>ts<br />

auszei<strong>ch</strong>nen und seinen Verstand aufs Spiel setzen dur<strong>ch</strong> Reflexion über die Positivität<br />

absoluter Negativität, auf die Existenz von Negativitäten, oder - springen. Draw a distinction!<br />

ist dann die moderne Formulierung der Anweisung für die Operation des Sprunges im<br />

Rahmen einer formbildenden Logik.“ (Peter Fu<strong>ch</strong>s 22 ).<br />

20<br />

Den Gesetzen der Form ist ein Satz von Laozi vorangestellt:<br />

無 名 天 地 之 始 Wu ming tian di zhi shi - Ni<strong>ch</strong>t Name Himmel Erde von Anfang<br />

21<br />

Felix Lau: Der Anfang von Himmel und Erde ist namenlos. Diese Voranstellung ist konzeptionell<br />

bedeutsam. Der Satz besagt, dass der Urgrund der folgenden Ausführungen, also der „Zustand“ no<strong>ch</strong> vor dem<br />

Ausgangspunkt des Kalküls, Unters<strong>ch</strong>iedslosigkeit ist. Denn: Wir können den Anfang von Himmel und Erde als<br />

ein Bild für die anfängli<strong>ch</strong>e, grundlegende Unters<strong>ch</strong>eidung für ein Universum, wie George Spencer Brown das<br />

nennt, identifizieren. Wenn der Anfang namenlos ist, gibt es kein Motiv für eine Unters<strong>ch</strong>eidung, er ist<br />

ununters<strong>ch</strong>ieden. Denn ein Name zeigt immer etwas in Unters<strong>ch</strong>eidung zu anderem an, was eben ni<strong>ch</strong>t mit dem<br />

Namen gemeint ist. Und umgekehrt: Wenn der Anfang von Himmel und Erde unters<strong>ch</strong>ieden wäre, müsste etwas<br />

auf diesen Unters<strong>ch</strong>ied hinweisen; es bräu<strong>ch</strong>te einen Namen oder eine Anzeige (Bezei<strong>ch</strong>nung), um den<br />

Unters<strong>ch</strong>ied festzustellen. Wenn es diese(n) ni<strong>ch</strong>t gibt, kann der namenlose Ur-Anfang au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

unters<strong>ch</strong>ieden sein. http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/lauform32.html<br />

22<br />

Peter Fu<strong>ch</strong>s Reden und S<strong>ch</strong>weigen S.46f: ...daß Zen (und hierin unters<strong>ch</strong>eidet es si<strong>ch</strong> kaum von anderen<br />

Religionen) über das Konzept einer ultimate reality, einer letztli<strong>ch</strong> unerrei<strong>ch</strong>baren, absoluten, jedes Sein<br />

fundierenden Wirkli<strong>ch</strong>keit verfügt, auf die hin es alle seine Operationen orientiert. Die Nirvana-Idee<br />

Buddhas liefert die (Un)konturen dieses Konzeptes:»Es gibt, ihr Mön<strong>ch</strong>e, einen Berei<strong>ch</strong>, wo weder Festes<br />

no<strong>ch</strong> Flüssiges ist, weder Hitze no<strong>ch</strong> Bewegung, weder diese Welt no<strong>ch</strong> jene Welt, weder Sonne no<strong>ch</strong><br />

Mond. Das, ihr Mön<strong>ch</strong>e, nenne i<strong>ch</strong> weder ein Kommen no<strong>ch</strong> ein Gehen, no<strong>ch</strong> ein Stillestehn, weder ein<br />

Geboren«.( Udana VIII, zit. na<strong>ch</strong> Fritz Kraus, Erlösung dur<strong>ch</strong> Erleu<strong>ch</strong>tung, Einführung zu Daisetz Teitaro Suzuki,<br />

Der Weg zur Erleu<strong>ch</strong>tung, Die Ubung des Koan als Mittel, Satori zu verwirkli<strong>ch</strong>en oder Erleu<strong>ch</strong>tung zu erlangen,<br />

Baden-Baden o.J., S.7) Lange konnte man Bestimmungen wie diese mißverstehen als (vergebli<strong>ch</strong>e) Versu<strong>ch</strong>e,<br />

das Ni<strong>ch</strong>ts in Begriffe zu fassen. Die Weder/No<strong>ch</strong>-Kaskade, die sie bewundernswert raffiniert benutzt, s<strong>ch</strong>eint<br />

Ni<strong>ch</strong>ts übrig zu lassen. Aus der Si<strong>ch</strong>t des westli<strong>ch</strong> orientierten Beoba<strong>ch</strong>ters verstößt ein Versu<strong>ch</strong> dieser Art gegen<br />

das Parmenideis<strong>ch</strong>e Verbot, das Ganz-und-Gar-Ni<strong>ch</strong>ts zu denken, zu konzeptualisieren, zu bes<strong>ch</strong>reiben9.<br />

Zielsi<strong>ch</strong>er reagiert dieses Verbot auf den Umstand, daß Differenzloses si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t denken lässt. Die Idee eines<br />

Zustandes der Abwesenheit aller Differenzen s<strong>ch</strong>ließt Unbeoba<strong>ch</strong>tbarkeit ein. Man kann sie mit dem Unbegriff<br />

Ni<strong>ch</strong>ts auszei<strong>ch</strong>nen und seinen Verstand aufs Spiel setzen dur<strong>ch</strong> Reflexion über die Positivität absoluter<br />

Negativität, auf die Existenz von Negativitäten, oder - springen. Draw a distinction! ist dann die moderne<br />

Formulierung der Anweisung für die Operation des Sprunges im Rahmen einer formbildenden Logik.<br />

Was immer dann na<strong>ch</strong> dem Sprung ges<strong>ch</strong>ieht (und mit wel<strong>ch</strong> unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Methoden au<strong>ch</strong> gesprungen<br />

wird), ges<strong>ch</strong>ieht post festum, als si<strong>ch</strong> fortspulender Differenzgebrau<strong>ch</strong>, ges<strong>ch</strong>ieht als Entfernung vom unmarked<br />

space und ist untilgbarer Uns<strong>ch</strong>uldsverlust. Auf den Raum jenseits aller Differenzen, auf das Zuvor jeder<br />

differenz-benutzenden Operation bezieht si<strong>ch</strong> Buddhas Formulierung. Die Weder/No<strong>ch</strong>-Konstruktion seiner<br />

Nirvana-Bestimmung zielt ni<strong>ch</strong>t auf Bes<strong>ch</strong>reibung von Ni<strong>ch</strong>ts, sondern (eher poetis<strong>ch</strong> als diskursiv) auf<br />

die Eliminierung aller Differenzen. Wegen des Problems, das damit umrissen ist, unters<strong>ch</strong>eidet der<br />

Buddhismus Erkenntnisformen, die differentiell operieren und denen die Differenz von Subjekt/Objekt vorgeordnet<br />

ist, von Erkenntnisformen, die si<strong>ch</strong> auf das Prä-Differentielle aller Differenzen berufen, auf die primordiale Ni<strong>ch</strong>tunters<strong>ch</strong>iedenheit.Der<br />

Zen-Buddhismus dagegen will die immanente Erfahrung der primordialen<br />

Differenzlosigkeit, das Erleben der Ni<strong>ch</strong>tzweiheit, den Direktkontakt mit dem Zweitlosen16. Der darauf<br />

bezogene S<strong>ch</strong>lüsselbegriff ist Satori.Er bezei<strong>ch</strong>net die Kombination von Immanenz und Transzendenz, oder<br />

genauer: deren Identität; er bezei<strong>ch</strong>net die Kombination von Subjekt und Objekt, oder genauer: deren Identität17.<br />

Das bedeutet: Auss<strong>ch</strong>altung jegli<strong>ch</strong>en dualistis<strong>ch</strong>en Denkansatzes und damit au<strong>ch</strong> die Unmögli<strong>ch</strong>keit einer auf<br />

9


Peter Fu<strong>ch</strong>s Das Mass aller Dinge, S.116f.: „Jede Unters<strong>ch</strong>eidung unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> als<br />

Form (i.e. als Unters<strong>ch</strong>eidung) von Ni<strong>ch</strong>ts. Die Form der Unters<strong>ch</strong>eidung ist die<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung selbst, gehalten gegen oder projiziert auf ›emptiness‹, auf den ›empty space<br />

Oder no<strong>ch</strong> anders: Mit jeder Erzeugung einer Form wird das, was sie ni<strong>ch</strong>t ist, mitproduziert“.<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/Fu<strong>ch</strong>sMass116.html<br />

3.2.2 Denkstrategien: Handeln<br />

“We cannot escape the fact that the world we know is constructed in order (and<br />

thus in su<strong>ch</strong> a way as to be able) to see itself. This is indeed amazing. Not so<br />

mu<strong>ch</strong> in view of what it sees, although this may appear fantastic enough, but in<br />

respect of the fact that it can see at all. But in order to do so, evidently it must first<br />

cut itself up into it least one state whi<strong>ch</strong> sees, and it least one other state whi<strong>ch</strong><br />

is seen. In this severed and mutilated condition, whatever the sees is only partially<br />

itself. We may take it that the world undoubtedly is itself (i.e. is indistinct from itself),<br />

but, in any attempt to see itself as an object, it must equally undoubtedly, act*<br />

(actor, antagonist. We may note the identity of action with agony.) so as to make itself<br />

distinct from, and therefore false to, itself. In this condition it will all this partially elude<br />

itself (G. Spencer Brown). 23<br />

Selbstbeoba<strong>ch</strong>tung – selfreference<br />

Protologik - Entweder/Oder - Sowohl-als-au<strong>ch</strong><br />

Volition - Handeln<br />

„Günther will eine Logik sowie ein Erkenntnismodell formulieren, in denen es sowohl mögli<strong>ch</strong><br />

ist, Prozessualität, also Entwicklung und das Ers<strong>ch</strong>einen von »Neuem« in der Welt,<br />

dazustellen, als au<strong>ch</strong> Subjektivität, Lebendigkeit, das heißt, die Mögli<strong>ch</strong>keit ni<strong>ch</strong>t nur kognitiv,<br />

passiv auf Welt zu reagieren, sondern au<strong>ch</strong> volitiv, gestaltend auf Welt zugreifen zu können“.<br />

(Nina Ort 24 )<br />

Satori bezogenen Begriffsbildung18 Deshalb s<strong>ch</strong>eint es ausges<strong>ch</strong>lossen, si<strong>ch</strong> an Satori heranzudenken. Es<br />

ges<strong>ch</strong>ieht und ist errei<strong>ch</strong>bar nur im existentiellen Sprung. Ents<strong>ch</strong>eidend ist, daß der Sprung aus der Welt der<br />

Gesondertheiten in die glei<strong>ch</strong>e Welt als ungesonderte führt. Die Satori-Erfahrung hebelt den Erleu<strong>ch</strong>teten<br />

ni<strong>ch</strong>t aus der Welt heraus, sondern beläßt ihn an der Stelle, wo er si<strong>ch</strong> befindet. Diese Stelle ist nun aber<br />

dieselbe und eine andere. Das erklärt die metaphysis<strong>ch</strong> unprätentiöse Haltung der Zen-Meister: Sie<br />

bleiben, was sie sind und wo sie sind, sie bleiben in der Welt der Konkretionen19 Nur ihre<br />

Beoba<strong>ch</strong>tungste<strong>ch</strong>nik hat si<strong>ch</strong> geändert. Sie ni<strong>ch</strong>tbeoba<strong>ch</strong>ten die Welt. Darin einges<strong>ch</strong>lossen ist sogar<br />

das Ni<strong>ch</strong>tbeoba<strong>ch</strong>ten des Beoba<strong>ch</strong>tens. Bestimmtheit und Unters<strong>ch</strong>iedenheit kommen als sie selbst und<br />

als anderes vor, als Bestimmtheit und Unbestimmtheit, als Unters<strong>ch</strong>iedenheit und Ununters<strong>ch</strong>iedenheit.<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/fu<strong>ch</strong>ss<strong>ch</strong>weigen46.html<br />

23<br />

G. Spencer Brown LoF, S.105: http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/spencer-brown-LoF90.html<br />

24<br />

Nina Ort Reflexionslogis<strong>ch</strong>e Semiotik S.52: Tertium non datur: Um diese Probleme no<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>ärfer zu<br />

fassen, soll zunä<strong>ch</strong>st no<strong>ch</strong> einmal genau rekapituliert werden, inwiefern das »Dritte« des <strong>Dritten</strong>satzes aus der<br />

zweiwertigen Logik und dem dualistis<strong>ch</strong>en Erkenntnismodell ausges<strong>ch</strong>lossen sein muss. Günther sieht einen<br />

Erklärungsansatz darin,[…] wenn man si<strong>ch</strong> einmal die Frage vorlegt, was eigentli<strong>ch</strong> jenes mysteriöse Dritte<br />

sein mag, das dur<strong>ch</strong> das Tertium non datur ausges<strong>ch</strong>lossen werden soll. Die Antwort ist: Die si<strong>ch</strong> weiter<br />

reflektierende Reflexionskraft des Bewußtseins. Was man ni<strong>ch</strong>t bemerkt hat, ist, daß diese Antwort in der<br />

gegebenen Form ziemli<strong>ch</strong> wertlos sein muß, da si<strong>ch</strong> lei<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong>weisen läßt, daß sie einen dur<strong>ch</strong>aus<br />

10


Taraba, Sylvia „Das Spiel, das nur zu zweit geht“ (Carl Auer Verlag für systemis<strong>ch</strong>e<br />

Fors<strong>ch</strong>ung,erste Auflage 2005):<br />

Insofern jeder Beoba<strong>ch</strong>ter form-glei<strong>ch</strong> identis<strong>ch</strong> ist mit der ersten Unters<strong>ch</strong>eidung, ist er<br />

geimpft mit der Aufforderung, „draw a distinction“. Ist er dies ni<strong>ch</strong>t, dann verliert er „si<strong>ch</strong><br />

selbst“ und verharrt gelähmt im zeitli<strong>ch</strong>en Na<strong>ch</strong>trag des bereits unters<strong>ch</strong>iedenen; sein<br />

„beoba<strong>ch</strong>tendes Selbst“ ist ihm nur im zeitli<strong>ch</strong>en Na<strong>ch</strong>trag (SINNZEIT) zugängli<strong>ch</strong>. Das Ende<br />

der Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en „si<strong>ch</strong> selbst“ und „anderem“ bedeutet seinen Tod. Leben -<br />

Kognition, das impliziert die Praxis des Unters<strong>ch</strong>eidens, damit au<strong>ch</strong> Volition als<br />

„Ents<strong>ch</strong>eidung der Ents<strong>ch</strong>eidung zur Ent-S<strong>ch</strong>eidung“ oder „rudimentärste Form von Energie“<br />

(Taraba).<br />

Taraba, pg. 102/103:<br />

„Das Verlangen zu unters<strong>ch</strong>eiden geht der Unters<strong>ch</strong>eidung voraus. Wir setzen somit das<br />

Verlangen - in unserer Interpretation der Differenz - dem zeitlos differenziellen Moment<br />

der Ents<strong>ch</strong>eidung der Ents<strong>ch</strong>eidung zur Ent-S<strong>ch</strong>eidung glei<strong>ch</strong>. Und - aufgrund unserer<br />

Interpretation der Laws - betra<strong>ch</strong>ten wir das Verlangen als ein potentiell doppelt gedoppeltes<br />

unwritten cross, wel<strong>ch</strong>es so gesehen jeder Unters<strong>ch</strong>eidung in jedem Augenblick als<br />

oszillatoris<strong>ch</strong>e Energie zugrunde liegt. Und, indem es auf ni<strong>ch</strong>ts operiert eine Welt<br />

hervorbringt.(...) Wir interpretieren einen Kalkül der Selbstreferenz. Letztere setzt notwendig<br />

eine reine Differenz-in-si<strong>ch</strong> voraus. Wir ma<strong>ch</strong>ten diese reine Differenz, die der Selbstreferenz<br />

vorausgeht, hier nun aus gutem Grund als die volitive Energie der<br />

Ents<strong>ch</strong>eidung der Ents<strong>ch</strong>eidung zur Ent-S<strong>ch</strong>eidung, aus. Denn die abstrakte, wertfreie<br />

(Selbst-)Differenz bringt das reine Verlangen und den notwendigen Willen <strong>zum</strong> Ausdruck,<br />

eine Ent-S<strong>ch</strong>eidung und damit notwendig instantan eine Unters<strong>ch</strong>eidung-in-si<strong>ch</strong> zu<br />

treffen. (...) Unters<strong>ch</strong>eiden ist dann die notwendige, augenblickli<strong>ch</strong>e,<br />

vergangenheitsbezogene und zukunftsträ<strong>ch</strong>tige Tätigkeit im Jetzt, die in jedem<br />

Augenblick abermilliardenfa<strong>ch</strong>-polykontextural und rückbezügli<strong>ch</strong> immer s<strong>ch</strong>on<br />

vollzogen ist, während sie gerade erst vollzogen wird.“<br />

Felix Lau, „Die Form der Paradoxie, 2005, pg. 195: „Was wir erfahren liegt in uns<br />

begründet - und wir können darauf a<strong>ch</strong>ten, was wir tun, wel<strong>ch</strong>e Unters<strong>ch</strong>eidungen wir<br />

treffen, um die Dinge so ers<strong>ch</strong>einen zu lassen, wie sie ers<strong>ch</strong>einen.“<br />

zweideutigen Charakter hat....Die Notwendigkeit, si<strong>ch</strong> die Frage na<strong>ch</strong> der prinzipiellen Aufhebung des tertium<br />

non datur zu stellen, liegt dabei in den oben bespro<strong>ch</strong>enen Problemen, Aporien und Defiziten der klassis<strong>ch</strong>en,<br />

zweiwertigen Logik selbst begründet. Der Zweck seines Vorgehens ergibt si<strong>ch</strong> also unmittelbar aus der bislang<br />

bespro<strong>ch</strong>enen Kritik an der klassis<strong>ch</strong>en, zweiwertigen Logik. Günther will eine Logik sowie ein<br />

Erkenntnismodell formulieren, in denen es sowohl mögli<strong>ch</strong> ist, Prozessualität, also Entwicklung und das<br />

Ers<strong>ch</strong>einen von »Neuem« in der Welt, dazustellen, als au<strong>ch</strong> Subjektivität, Lebendigkeit, das heißt, die<br />

Mögli<strong>ch</strong>keit ni<strong>ch</strong>t nur kognitiv, passiv auf Welt zu reagieren, sondern au<strong>ch</strong> volitiv, gestaltend auf Welt<br />

zugreifen zu können. Es muss daher untersu<strong>ch</strong>t werden, wie si<strong>ch</strong> die Befreiung vom tertium non datur auf das<br />

Erkenntnismodell auswirkt, vorausgesetzt, dass es probehalber au<strong>ch</strong> hier einfa<strong>ch</strong> aufgehoben werden kann.<br />

Günther nähert si<strong>ch</strong> dem Problem, indem er na<strong>ch</strong> dem Wert der Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en Seins- und<br />

Reflexionsidentität fragt: Denn wenn die Reflexion letztli<strong>ch</strong> do<strong>ch</strong> nur die klassis<strong>ch</strong>e These von der<br />

metaphysis<strong>ch</strong>en Identität von Denken und Sein voraussetzt – dann ist die mühsam gema<strong>ch</strong>te Unters<strong>ch</strong>eidung<br />

von Seins- und Reflexionsidentität ni<strong>ch</strong>t nur überflüssig, sie ist logis<strong>ch</strong> sinnlos. Hier wiederholt si<strong>ch</strong> das Problem,<br />

mit dem Hegel zu tun hat, wenn er das Implikationsverhältnis aus der formalen Logik in das Erkenntnismodell auf<br />

sol<strong>ch</strong>e Weise überträgt, dass die Operation als petrifizierter zweiter Wert angenommen wird. Damit das »Sein«<br />

identifiziert werden kann, muss es von »etwas« unters<strong>ch</strong>ieden werden. Dieses »etwas« ist das Ni<strong>ch</strong>ts<br />

oder die Reflexion. Das Dilemma, das hierbei auftritt, besteht darin, dass über das »Ni<strong>ch</strong>ts« ni<strong>ch</strong>ts gesagt<br />

werden kann – es entzieht si<strong>ch</strong> vollkommen jedem denkbaren Zugriff und ist, wie Günther sagt,<br />

vollkommen a-thematis<strong>ch</strong>. http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/ort-semiotik.html<br />

11


Zusammenfassend: Volition kann bezei<strong>ch</strong>net werden als die reine, symmetris<strong>ch</strong>e<br />

Differenz, als potentielle, „s<strong>ch</strong>webende“ Unters<strong>ch</strong>eidung, deren eine Seite im Vollzug der<br />

Beoba<strong>ch</strong>tung als Anzeige asymmetrisiert wird und gesehen wird und deren andere Seite als<br />

Blinder Fleck der Beoba<strong>ch</strong>tung ni<strong>ch</strong>t gesehen werden kann. Volition ist die symmetris<strong>ch</strong>e<br />

Beoba<strong>ch</strong>tung - „im Beoba<strong>ch</strong>ter drin“ und: vor dem eigentli<strong>ch</strong>en Vollzug von Unters<strong>ch</strong>eiden<br />

und Anzeigen, also vor jenem Prozess, der Mehrdeutigkeit zugunsten Eindeutigkeit, damit:<br />

Handlungsfähigkeit, ausblendet.<br />

Oder mit Taraba, 281: „... Ent-S<strong>ch</strong>eidung... ist aus unserer Si<strong>ch</strong>t die rudimentärste Form von<br />

Energie... eine Sehnsu<strong>ch</strong>t, nämli<strong>ch</strong> außer si<strong>ch</strong> zu geraten, si<strong>ch</strong> anders zu werden.“<br />

Elena Esposito, "Kalkül der Form", "Ein zweiwertiger, ni<strong>ch</strong>t-selbständiger Kalkül" -<br />

Sti<strong>ch</strong>wort: Konstruieren als Prozesswort des Aushandelns von Bedeutung.<br />

Diesem entspri<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t, von Konstruktionen oder gar "Dingen" und Objekten zu spre<strong>ch</strong>en;<br />

im Vordergrund steht: die Operation!):<br />

- pg. 97: "(...) sobald ein Beoba<strong>ch</strong>ter in der Welt beoba<strong>ch</strong>tbar wird, die von seinen<br />

Beoba<strong>ch</strong>tungen abhängt, steht der Weg für die Beoba<strong>ch</strong>tung anderer Beoba<strong>ch</strong>ter mit ihren<br />

Welten offen; und damit steht der Weg für die Kybernetik zweiter Ordnung offen. Spencer<br />

Brown bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong> darauf, den Weg zu öffnen. Er geht ihn ni<strong>ch</strong>t: Mit dem<br />

Wiedereintritt endet sein Indikationenkalkül."<br />

- pg. 97: Rolle der viel betonten "Unendli<strong>ch</strong>keit": "Die Unendli<strong>ch</strong>keit steht für die<br />

prinzipielle Endlosigkeit der Operationen eines autopoietis<strong>ch</strong>en Systems."<br />

Spra<strong>ch</strong>e verdoppelt die Welt dur<strong>ch</strong> das „nein“ – Philosophie du Non<br />

Arno S<strong>ch</strong>öppe, "Theorie paradox", Carl Auer, 1995<br />

- Notwendigerweise: Negation verdoppelt die Welt; nimmt man eine gegebene Realität an,<br />

so hat Negation damit ni<strong>ch</strong>ts zu tun: die Aufforderung, keine Elefanten zu denken, kehrt si<strong>ch</strong><br />

um in ihre Position - Elefanten! Oder anders: Was verneint werden soll, muss erst positiv<br />

konstruiert werden - "doppelte Welt".<br />

- Erst Beoba<strong>ch</strong>tung zweiter Ordnung führt zusätzli<strong>ch</strong> zur sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Ebene (was wird<br />

beoba<strong>ch</strong>tet?) die soziale (ego-alter-Differenzierung; wer Beoba<strong>ch</strong>tet?) und die zeitli<strong>ch</strong>e<br />

Ebene (vorher-na<strong>ch</strong>her-Differenzierung; wie wird beoba<strong>ch</strong>tet?) ein. ➸ siehe S<strong>ch</strong>öppe, pg.<br />

243.<br />

- "Groundlessness" positiv bes<strong>ch</strong>rieben: S<strong>ch</strong>öppe, Arno, "Theorie paradox", pg. 250:<br />

Paradoxie als S<strong>ch</strong>utz vor Dogmatik; "Trigger" von Kreativität.<br />

http://www.uboes<strong>ch</strong>enstein.<strong>ch</strong>/texte/guenther.html<br />

61<br />

Wir haben deshalb na<strong>ch</strong> kybernetis<strong>ch</strong>en Auffassung mit drei protometaphysis<strong>ch</strong>en<br />

Komponenten unserer phänomenalen Wirkli<strong>ch</strong>keit zu re<strong>ch</strong>nen.<br />

Erstens dem gegenständli<strong>ch</strong> transzendenten im Objekt.<br />

Zweitens der Informationskomponente.<br />

Und drittens dem subjektiv introszendenten Selbstbewusstsein!<br />

62<br />

12


Mit dieser Trinität ni<strong>ch</strong>t ineinander überführbarer Begriffskomplexe werden aber letzte<br />

Grundvoraussetzungen unseres bisherigen Weltbildes ers<strong>ch</strong>üttert. Unsere ganze geistige<br />

Tradition, ja die gesamte objektive Struktur unserer abendländis<strong>ch</strong>en Kultur beruht<br />

auf einigen Kernmotiven der auf die Grie<strong>ch</strong>en zurückdatierenden Identitätsmetaphysik<br />

und der ihr korrespondierenden klassis<strong>ch</strong>en Logik, die unser Denken au<strong>ch</strong> heute no<strong>ch</strong><br />

fast auss<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> beherrs<strong>ch</strong>t.<br />

Dirk Baecker (Hrsg.), "Kalkül der Form" (Suhrkamp Tas<strong>ch</strong>enbü<strong>ch</strong>er Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

1068, Frankfurt am Main, 1993): Zitate und S<strong>ch</strong>lussfolgerungen:<br />

Dirk Baecker, "Im Tunnel"<br />

Law of Crossing:<br />

... auf Ebene der Unters<strong>ch</strong>eidung, außen ➸ na<strong>ch</strong> innen; innen ➸ na<strong>ch</strong> außen.<br />

Na<strong>ch</strong> innen heißt, die Unters<strong>ch</strong>eidung zu treffen; na<strong>ch</strong> außen zu kreuzen heißt,<br />

die Unters<strong>ch</strong>eidung aufzuheben.<br />

- pg. 21: "Die Unters<strong>ch</strong>eidung ist eine Operation, die eine Grenze kreuzt, eine Grenze, die<br />

ni<strong>ch</strong>ts anderes ist als die Unters<strong>ch</strong>eidung selbst. Und diese Grenze kann nur in zwei<br />

"Ri<strong>ch</strong>tungen" gekreuzt werden: von außen na<strong>ch</strong> innen und von innen na<strong>ch</strong> außen. von<br />

außen na<strong>ch</strong> innen zu kreuzen, heißt, die Unters<strong>ch</strong>eidung zu treffen - eine Operation, die<br />

na<strong>ch</strong> dem "Law of Calling" mit immer demselben Resultat wiederholt werden kann. Die<br />

Grenze von innen na<strong>ch</strong> außen zu kreuzen, heißt jedo<strong>ch</strong>, die Unters<strong>ch</strong>eidung zu strei<strong>ch</strong>en."<br />

Kreuzen bedeutet ni<strong>ch</strong>t, wie i<strong>ch</strong> bisher angenommen hatte, den mark einer getroffenen<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung über die Grenze zu vers<strong>ch</strong>ieben, sondern sie setzt diesen erst. No<strong>ch</strong>maliges<br />

Kreuzen ma<strong>ch</strong>t Unters<strong>ch</strong>iedenes wieder zu Ni<strong>ch</strong>te, hebt es auf. Daher: "The value of a cross<br />

made again is not the value of the crossing." (Spencer-Brown) In diesem Sinne sind "cross"<br />

und "mark" als Synonyme aufzufassen; die jeweilige Wiederholung der Operation bedeutet<br />

Bestätigung der Unters<strong>ch</strong>eidung (law of calling; re-calling) oder, im Gegenteil, Aufhebung<br />

(law of crossing; re-crossing).<br />

So gültig bis Kapitel 11; die Einführung des re-entry, damit: Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit.<br />

re-entry, damit: Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit.<br />

pg. 26: "Der Wiedereintritt ist die Form, die die Entdeckung annimmt, dass wir es bei<br />

der Konstruktion von Universen ni<strong>ch</strong>t mit einer Endli<strong>ch</strong>en Bewegung mit Anfang und<br />

Ende, sondern mit einer unendli<strong>ch</strong>en Bewegung zu tun haben. (...) Gegenüber einer<br />

unendli<strong>ch</strong>en Bewegung gibt es Externalität des Beoba<strong>ch</strong>ters nur als Moment der Bewegung<br />

selbst. Der Beoba<strong>ch</strong>ter entdeckt si<strong>ch</strong> selbst als wiedereingetreten in das, was er<br />

unters<strong>ch</strong>eidet, und muss au<strong>ch</strong> alles, was er unters<strong>ch</strong>eidet, als eine Form des Wiedereintritts<br />

begreifen. Jede Unters<strong>ch</strong>eidung, jede S<strong>ch</strong>ließung, au<strong>ch</strong> der Beoba<strong>ch</strong>ter selbst,<br />

betra<strong>ch</strong>tet als Form, ist bereits ein Wiedereintritt."<br />

günther- BdM83<br />

II.Teil: Me<strong>ch</strong>anismus, Bewusstsein und Ni<strong>ch</strong>t-Aristotelis<strong>ch</strong>e Logik:<br />

Der dur<strong>ch</strong> die Kybernetik geforderte Übergang von einer zweiwertigen zu einer<br />

mindestens dreiwertigen (oder vermutli<strong>ch</strong> sogar generell mehrwertigen) Logik<br />

involviert einen grundsätzli<strong>ch</strong>en Wandel der bisherigen mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />

Bewusstseinsstruktur, das Heraufkommen eines neuen metaphysis<strong>ch</strong>en Weltbildes.<br />

13


87<br />

Was aber ist ein dreiwertigens Bewusstsein, und wie verhält es si<strong>ch</strong> zu zweiwertigen<br />

Bewusstseinszuständen? Wenn wir ehrli<strong>ch</strong> sind, so müssen wir zugeben, dass wir vorläufig<br />

ni<strong>ch</strong>t die geringste Vorstellung von mehrwertiger Subjektivität haben. Mehr no<strong>ch</strong>: der<br />

urphänomenale Gegensatz von I<strong>ch</strong> und Ni<strong>ch</strong>t-I<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>eint konstituierend für alle<br />

Objektivität zu sein, weshalb die Konzeption eines mehrwertigen Denkens dem Wesen<br />

der Logik überhaupt zu widerspre<strong>ch</strong>en s<strong>ch</strong>eint. Dazu ist zu sagen, dass dieser<br />

Gegensatz in der Tat grundlegend für alles Bewusstsein ist.<br />

97<br />

...dass eine dreiwertigen Logik als Darstellung des totalen Bewusstseinsumfanges des<br />

Selbstbewusstsein drei zweiwertige Logik in enthält, die ja, wie wir nun wissen, naive,<br />

unmittelbare Bewusstseinslagen darstellen.<br />

günther-BdM123<br />

124<br />

Die Reflexion kann den Weg zur Zwei und Mehrwertigkeit, ni<strong>ch</strong>t rückwärts bes<strong>ch</strong>reiten. Wo<br />

sie es, irregeleitet, do<strong>ch</strong> versu<strong>ch</strong>t, dort verliert sie die Fülle der Welt und begegnet nur no<strong>ch</strong><br />

ihre eigenen Leere. Man soll au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t vergessen, dass jedes Streben na<strong>ch</strong> begriffli<strong>ch</strong>er<br />

Einheit unbedingt voraussetzt, dass ein logis<strong>ch</strong>es Prius der Dualität (oder generell Vielheit)<br />

besteht. Das Denken kann si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t um eine Synthese bemühen, wenn ihm ni<strong>ch</strong>t die<br />

Mehrheit, die zusammengebra<strong>ch</strong>t werden soll, vorgegeben ist.<br />

Es gehört nämli<strong>ch</strong> zu den fundamentalen Eigens<strong>ch</strong>aften der Reflexion, dass sie si<strong>ch</strong><br />

von ihren eigenen Ents<strong>ch</strong>eidungsvollzügen ablösen und sie bezweifeln kann. Diese<br />

skeptis<strong>ch</strong>e Ablösungsfähigkeit ist so sehr in ihrem tiefsten Wesen verankert, dass<br />

Descartes glaubte, aus ihr die metaphysis<strong>ch</strong>e Realität des Subjekts ableiten zu<br />

können. Denn wenn wir au<strong>ch</strong> an allem zweifeln, an der Tatsa<strong>ch</strong>e, dass wir zweifeln,<br />

daran ist kein Zweifel mögli<strong>ch</strong>. Dubito, ergo sum, vel quod idem est: cogito, ergo sum.<br />

135<br />

Wenn aber, wie Hegel sagt, die ganze Welt und ihre Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te von Anbeginn selbst<br />

Reflexion ist, dann sind wir offenkundig ni<strong>ch</strong>t bere<strong>ch</strong>tigt, unseren einseitigen und<br />

parteiis<strong>ch</strong>en Reflexionszustand als logis<strong>ch</strong>en Maßstab für ein Weltbild zu nehmen, das<br />

dem Wesen der Wirkli<strong>ch</strong>keit gere<strong>ch</strong>t werden will.<br />

Boe: Spencer Brown LoF 105<br />

guenther-volition229<br />

Erkennen und Wollen Kognition und Volition<br />

232<br />

Analyse der fundamentalen Beziehung zwis<strong>ch</strong>en Subjektivität als Prozess des Erkennens<br />

(cognition) und Subjektivität als aktive Willensäußerung (volition)<br />

Die Problematik des Gegensatzes von Vernunft und Wille ist so alt wie die<br />

Geistesges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der Mens<strong>ch</strong>heit. Der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Verstand hat si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Erfahrung ein<br />

elementares Wissen darüber erworben, dass alle Ereignisse, die in unserem Universum<br />

auftreten, ans<strong>ch</strong>einend zwei gegensätzli<strong>ch</strong>en Kategorien angehören . Wir glauben, dass wir<br />

zwis<strong>ch</strong>en unpersönli<strong>ch</strong>en objektiven Ereignissen im Berei<strong>ch</strong> der unbeliebten Dinge -<br />

ausgelöst dur<strong>ch</strong> physis<strong>ch</strong>e Ursa<strong>ch</strong>en - und subjektiv begründeten Handlungen lebendiger<br />

Organismen mit ans<strong>ch</strong>einend eigentümli<strong>ch</strong>er Spontaneität ganz klar unters<strong>ch</strong>eiden können.<br />

14


Die Ausdrucksformen oder Produkte des subjektiven Willens nennen wir<br />

Ents<strong>ch</strong>eidungen.<br />

237<br />

Wille und Vernunft sind Ausdruck ein und derselben Tätigkeit des Geistes, jedo<strong>ch</strong> von zwei<br />

vers<strong>ch</strong>iedenen Gesi<strong>ch</strong>tspunkten aus betra<strong>ch</strong>tet. Mit anderen Worten: Vernunft und Wille oder<br />

einerseits theoretis<strong>ch</strong>e Reflexion und andererseits kontingente Ents<strong>ch</strong>eidung sind nur<br />

Manifestationen ein und derselben ontologis<strong>ch</strong>en Konfiguration, die dur<strong>ch</strong> die Tatsa<strong>ch</strong>e<br />

erzeugt werden, dass ein lebendes System si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> dauernd we<strong>ch</strong>selnde Einstellungen<br />

auf seine Umgebung bezieht. Es gibt keinen Gedanken, der ni<strong>ch</strong>t stetig vom Willen <strong>zum</strong><br />

Denken getragen wird, und es gibt keinen Willensakt ohne theoretis<strong>ch</strong>e Vorstellung<br />

von etwas, das dem Willen als Motivation dient. Ein Wille der ni<strong>ch</strong>ts als si<strong>ch</strong> selbst<br />

will, hätte ni<strong>ch</strong>ts Konkretes, das ihn in Bewegung bringen könnte; und ein Denken,<br />

das bloß mentales Bild ist ohne einen Willens Prozess, der es erzeugt und festhält, ist<br />

glei<strong>ch</strong>ermaßen unvorstellbar.<br />

Ein lebendes System hingegen repräsentiert - na<strong>ch</strong> der Tradition und funktionell gesehen -<br />

eine grundlegende ontologis<strong>ch</strong>e Dualität. Es ist sowohl ein System kontemplativer<br />

Erkenntnis als au<strong>ch</strong> Quelle aktiven Wollens.<br />

Subjektivität ist ein Phänomen, das über den logis<strong>ch</strong>en Gegensatz des „I<strong>ch</strong> als<br />

subjektivem Subjekt“ und des „Du als objektivem Subjekt“ verteilt ist, wobei beide<br />

eine gemeinsame vermittelte Umwelt haben.<br />

239 Versu<strong>ch</strong>en wir die Situation vom Standpunkt eines neutralen Beoba<strong>ch</strong>ters aus zu<br />

bes<strong>ch</strong>reiben, so können wir sagen, dass wir uns unsere eigenen Subjektivität dur<strong>ch</strong><br />

Selbstreferenz bewusst sind. In dieser selbstreflexiven Geisteshaltung ers<strong>ch</strong>eint unser<br />

eigenes I<strong>ch</strong> als nur passive Einheit. Wir sind uns seiner - im Sinne eines Pseudoobjektes<br />

- bewusst, weil jede Handlung, die wir der lebendigen Subjektivität<br />

zus<strong>ch</strong>reiben, im selbstreferentiellen Prozess - sobald er si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> innen ri<strong>ch</strong>tet -<br />

sofort absorbiert wird.<br />

Deshalb ers<strong>ch</strong>eint unserer Selbstreflexion das persönli<strong>ch</strong>e I<strong>ch</strong> als passives Objekt,<br />

auf das wir unsere aktive Aufmerksamkeit ri<strong>ch</strong>ten. Unser eigenes I<strong>ch</strong> ist sozusagen<br />

ein Seelen-Ding.<br />

242 Teil2<br />

Na<strong>ch</strong>dem wir nun zweckmäßigerweise das Problem des Du ni<strong>ch</strong>t berücksi<strong>ch</strong>tigen, geben wir<br />

im Rahmen dieses Essays einen der stärksten Hinweise dafür auf, dass Subjektivität einen<br />

wesentli<strong>ch</strong>er Teil jeder Umwelt ist. Wir lassen diese Frage vorläufig ruhen, weil die<br />

Subjektivität des Du ni<strong>ch</strong>t unsere Subjektivität ist, die in der Selbstreferenz ers<strong>ch</strong>eint. Das<br />

Du ist immer ein Produkt der Heteroreferenz, und wir beabsi<strong>ch</strong>tigen zu zeigen, dass gerade<br />

die Subjektivität des persönli<strong>ch</strong>en I<strong>ch</strong> unabhängig von unserem Wissen über andere<br />

Subjekte - ni<strong>ch</strong>t irgend etwas ist, was innerhalb einer individuellen Persönli<strong>ch</strong>keit<br />

einges<strong>ch</strong>lossen ist, sondern etwas, - was über ein lebendes System und seine Umwelt<br />

verteilt (distribuiert) ist.<br />

Boe: soziales Bewusststein - Wir-Bewusstsein<br />

Spra<strong>ch</strong>e, Kultur - Ideenevolution<br />

Sie muss eine aktive Rolle übernehmen, und es genügt ni<strong>ch</strong>t, da sie aktiv sein kann. Dies<br />

ist ein fundamentales Kriterium, das unbelebten Stoff von lebender Materie<br />

unters<strong>ch</strong>eidet. Wenn in einem bestimmten Fall die Welt auf eine von ihr umfasste Entität<br />

keinen beoba<strong>ch</strong>tbaren bestimmenden Einfluss ausübt und die fragli<strong>ch</strong>e Entität inaktiv bleibt,<br />

dann neigen wir zur Annahme, einen Fall von reiner Indeterminiertheit vor uns zu haben, wie<br />

er zuweilen im Berei<strong>ch</strong> subjektloser Objektivität aufzutreten s<strong>ch</strong>eint. Wenn jedo<strong>ch</strong> ein<br />

System in der Weise konstruiert ist, dass seine innere Organisation es zwingt, in einem Akt<br />

15


der Selbstbestimmung unbedingt auf die Neutralität seiner Umgebung zu reagieren, dann<br />

spre<strong>ch</strong>en wir von einem lebenden System.<br />

Boe: draw a distinction! Unters<strong>ch</strong>eide Di<strong>ch</strong>!<br />

248<br />

Es gibt kein Denken ohne wesentli<strong>ch</strong>e Beimis<strong>ch</strong>ung von Willensakten, und umgekehrt<br />

wäre ein Wille ohne eine innere Komponente theoretis<strong>ch</strong>en Bewusstseins vollkommen<br />

blind.<br />

Logik Ort<br />

Prozessualität<br />

3.3 Das Dritte in der Semiotik - Die Welt des Miteinander: Zei<strong>ch</strong>enwelt: Semiose 25 -<br />

Spra<strong>ch</strong>e – Kommunikation<br />

A Sign, or Representamen, is a First whi<strong>ch</strong> stands in su<strong>ch</strong> a genuine triadic relation to<br />

a Second, called its Object, as to be capable of determining a Third, called its<br />

Interpretant, to assume the same triadic relation to its Object in whi<strong>ch</strong> it stands itself<br />

to the same Object.<br />

The triadic relation is genuine, that is its three members are bound together by it in a<br />

way that does not consist in any complexus of dyadic relations. That is the reason the<br />

Interpretant, or Third, cannot stand in a mere dyadic relation to the Object, but must<br />

stand in<br />

su<strong>ch</strong> a relation to it as the Representamen itself does. Nor can the triadic relation in<br />

whi<strong>ch</strong> the Third stands be merely similar to that in whi<strong>ch</strong> the First stands, for this<br />

would make the relation of the Third to the First a degenerate Secondness merely.<br />

The Third must indeed<br />

stand in su<strong>ch</strong> a relation, and thus must be capable of determining a Third of its own;<br />

but besides that, it must have a second triadic relation in whi<strong>ch</strong> the Representamen,<br />

or rather the relation thereof to its Object, shall be its own (the Third’s) Object, and<br />

must be capable of determining a Third to this relation. All this must equally be true of<br />

the Third’s Thirds and so on endlessly; and this, and more, is involved in the familiar<br />

idea of a Sign; and as the term Representamen is here used, nothing more is implied.<br />

A Sign is a Representamen with a mental Interpretant. Possibly there may be<br />

Representamens that are not Signs. Thus, if a sunflower, in turning towards the sun,<br />

becomes by that very act fully capable, without further condition, of reproducing a<br />

sunflower whi<strong>ch</strong> turns in precisely corresponding ways toward the sun, and of doing<br />

so with the same reproductive power, the sunflower would become a Representamen<br />

of the sun. But thought is the <strong>ch</strong>ief, if not the only, mode of representation.<br />

Zei<strong>ch</strong>endefinition von Charles S.Peirce<br />

Die Wortzei<strong>ch</strong>en unserer Spra<strong>ch</strong>e haben ni<strong>ch</strong>t Bedeutung, wir weisen unseren Wörtern in<br />

Deutungsprozessen (Semiose) immer neu entstehende Be-deutungen zu, bis die Semiose<br />

dur<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>es Festhalten kollabiert. Wir deuten, wir ma<strong>ch</strong>en Bedeutung, beim Spre<strong>ch</strong>en<br />

und beim Hören, in allen Denk- und Kommunikationsprozessen.<br />

Boe: von Ontologie zu Epistemologie; von statis<strong>ch</strong>em Sein-Denken zu dynamis<strong>ch</strong>em<br />

Prozess-Denken; von Was- zu Wie - Fragen (Luhmann)<br />

25 Semiose bezei<strong>ch</strong>net den Prozess der Wirkungsentfaltung eines Zei<strong>ch</strong>ens<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Semiose<br />

16


Ort-Semiotik 187<br />

Spra<strong>ch</strong>e ist demna<strong>ch</strong> keine besondere Leistung des Denkens, sondern das Denken ist<br />

an si<strong>ch</strong> semiotis<strong>ch</strong> konstituiert...In der Peircefors<strong>ch</strong>ung herrs<strong>ch</strong>t Konsens darüber, dass<br />

es bei Semiotik vor allem um semiotis<strong>ch</strong>e Prozesse, also um Semiose geht, ni<strong>ch</strong>t nur<br />

um die Darstellung des Zei<strong>ch</strong>ens. Eine erste These lautet daher: Theoriemodelle, die auf<br />

der Grundlage eines zweiwertigen Erkenntnismodells beruhen, können Semiose als<br />

Prozessualität nur behaupten, ni<strong>ch</strong>t aber widerspru<strong>ch</strong>s- bzw. paradoxiefrei darstellen.<br />

Sie können außerdem Prozessualität ni<strong>ch</strong>t als evoluierende Prozessualität darstellen,<br />

mit der Neues erzeugt wird. Als seinslogis<strong>ch</strong> fundierte Theorien sind sie notwendig<br />

daran gebunden, der identifikatoris<strong>ch</strong>en Bestimmung von Zei<strong>ch</strong>en und<br />

Zei<strong>ch</strong>enprozessen zu folgen.<br />

193<br />

II.2. Dreiwertigkeit im Peirces<strong>ch</strong>en Zei<strong>ch</strong>enmodell<br />

II.2.1. Das Dritte als Vermittlung?<br />

Peirce’ Zei<strong>ch</strong>enmodell besteht aus vielfältig aufeinander bezogenen, irreduziblen Triaden,<br />

die, wie gezeigt werden soll, in einer zweiwertigen Logik ni<strong>ch</strong>t widerspru<strong>ch</strong>sfrei thematisiert<br />

werden können. Das Peirces<strong>ch</strong>e Zei<strong>ch</strong>enmodell bildet somit eine geeignete Grundlage zur<br />

Ausformulierung einer dreiwertigen Zei<strong>ch</strong>enlogik.<br />

196 ...dass Vermittlung nur eine spezifis<strong>ch</strong>e Form der Relationierung dreier<br />

Konstituenten miteinander ist – dur<strong>ch</strong> sie kann Dreiwertigkeit ni<strong>ch</strong>t erklärt, und mit ihr<br />

kann »das Dritte« ni<strong>ch</strong>t als Konstituente aufgefasst werden.<br />

Notgedrungen evoziert die Figur einer vermittelnden Instanz auf diese Weise die<br />

herkömmli<strong>ch</strong>en Vorstellungen der Synthese, der Aufhebung oder systemtheoretis<strong>ch</strong><br />

gespro<strong>ch</strong>en: der Einheit der Differenz.<br />

Hier soll demgegenüber versu<strong>ch</strong>t werden, das genuin triadis<strong>ch</strong>e Zei<strong>ch</strong>en bei Peirce so<br />

darzustellen, dass das Dritte als glei<strong>ch</strong>wertiges Drittes bestimmt wird, und gerade ni<strong>ch</strong>t<br />

als Vermittlungsinstanz zwis<strong>ch</strong>en der bekannten dyadis<strong>ch</strong>en oder dialektis<strong>ch</strong>en<br />

Konstellation. Deutli<strong>ch</strong>er formuliert:<br />

Ni<strong>ch</strong>t ein Drittes kommt zu einer Dyade hinzu, sondern eine Triade konstituiert si<strong>ch</strong><br />

glei<strong>ch</strong>mäßig aus der we<strong>ch</strong>selhaften Relationierung dreier Konstituenten.<br />

197 ...Wenn nun aber zwis<strong>ch</strong>en »Sein« und »Reflexion« gerade ni<strong>ch</strong>t klassis<strong>ch</strong><br />

unters<strong>ch</strong>ieden wird, so muss zwis<strong>ch</strong>en beiden au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t vermittelt werden.<br />

Erkenntnistheoretis<strong>ch</strong> und logis<strong>ch</strong> relevante Dreiwertigkeit muss demna<strong>ch</strong> wesentli<strong>ch</strong><br />

grundsätzli<strong>ch</strong>er konzeptualisiert werden.<br />

Ort-Semiotik 197<br />

II.2.2. Dreiwertigkeit als logis<strong>ch</strong>es Problem – Modallogik oder Reflexionslogik?<br />

198 ...Anders nämli<strong>ch</strong> als zweiwertige Theoriemodelle, die versu<strong>ch</strong>en, das Dritte<br />

einzuführen, um die Theoriemodelle zu erweitern – wie etwa Systemtheorie –, geht Peirce<br />

von vornherein so vor, dass er die Triadizität seines Modells als das Ergebnis einer<br />

Reduktion modelliert, und zwar der Reduktion der Kategorientafel von Kant, die ihn zu dem<br />

Tripel von Erstheit, Zweitheit und Drittheit führt. S<strong>ch</strong>on aus diesem Grunde muss ein<br />

unmittelbarer Verglei<strong>ch</strong> seines Zei<strong>ch</strong>enmodells mit erweiterten, zweiwertigen Modellen<br />

unwillkürli<strong>ch</strong> in die Irre führen.<br />

Zweitheit wird ni<strong>ch</strong>t – wie etwa in strukturalistis<strong>ch</strong>en Modellen oder in der Luhmanns<strong>ch</strong>en<br />

Systemtheorie – ab einem gewissen Stadium der Theoriekonstitution als defizitär<br />

17


empfunden, sondern andersherum fragt Peirce<br />

dana<strong>ch</strong>, auf wel<strong>ch</strong>en »Mindestkonstituenten« eine Zei<strong>ch</strong>entheorie bzw. eine Zei<strong>ch</strong>enlogik<br />

aufbauen kann. In den Principles of Philosophy s<strong>ch</strong>reibt Peirce:<br />

A thorough study of the logic of relatives confirms the conclusions whi<strong>ch</strong> I had<br />

rea<strong>ch</strong>ed before going far in that study. It shows that logical terms are either monads,<br />

dyads, or polyads, and that these last do not introduce any radically different elements<br />

from those that are found in triads. I therefore divide all objects into monads, dyads,<br />

and triads; [...]. (Peirce, CP 1.293)<br />

Ein triadis<strong>ch</strong>es Objekt stellt ein relationiertes Gefüge dar, ein Verhältnis, insofern die<br />

drei Konstituenten si<strong>ch</strong> we<strong>ch</strong>selseitig vermittelnd konstituieren. Im Verglei<strong>ch</strong> mit<br />

Günthers Triade von »I<strong>ch</strong>«, »Du« und »Es« kann dieser Zusammenhang erklärt werden.<br />

Dabei könnte »I<strong>ch</strong>« als reiner Selbstbezug mit dem monadis<strong>ch</strong>en Objekt vergli<strong>ch</strong>en werden,<br />

das »Du« mit dem dyadis<strong>ch</strong>en Objekt und das »Es« mit dem triadis<strong>ch</strong>en Objekt.<br />

199 ...Was Peirce mit seiner Relationenlogik aussagt, betrifft also nur Modi des Seins,<br />

ni<strong>ch</strong>t das Sein selbst.27<br />

27 Diesen subtilen Unters<strong>ch</strong>ied bes<strong>ch</strong>reibt Peirce an einer weiteren Stelle sehr deutli<strong>ch</strong>:<br />

»I essay an analysis of what appears in the world. It is not metaphysics that we are<br />

dealing with: only logic. Therefore, we do not ask what really is, but only what appears<br />

to everyone of us in every minute of our lives. I analyze experience, whi<strong>ch</strong> is the<br />

cognitive resultant of our past lives, and find in it three elements. I call them<br />

Categories.« (Peirce, CP 2.84.)<br />

Boe: appears in the world - vgl. Spencer Brown -<br />

200...Offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> entzündet si<strong>ch</strong> Peirce’ Kritik aber an eben jener klassis<strong>ch</strong>en,<br />

philosophis<strong>ch</strong>en Logik, die au<strong>ch</strong> im Mittelpunkt der Günthers<strong>ch</strong>en Kritik steht:<br />

The truth is that pragmaticism is closely allied to the Hegelian absolute idealism, from whi<strong>ch</strong>,<br />

however, it is sundered by its vigorous denial that the third category (whi<strong>ch</strong> Hegel degrades<br />

to a mere stage of thinking) suffices to make the world, or is even so mu<strong>ch</strong> as selfsufficient.<br />

Had Hegel, instead of regarding the first two stages with his smile of contempt, held on to<br />

them as independent or distinct elements of the triune Reality, pragmaticists might have<br />

looked up to him as the great vindicator of their truth. (Of course, the external trappings of his<br />

doctrine are only here and there of mu<strong>ch</strong> significance.) For pragmaticism belongs<br />

essentially to the triadic class of philosophical doctrines, and is mu<strong>ch</strong> more essentially<br />

so than Hegelianism is. (Indeed, in one passage, at least, Hegel alludes to the triadic form of<br />

his exposition as to a mere fashion of dress). (Ch. S. Peirce)<br />

291... Firstly comes »firstnesses«, or positive internal <strong>ch</strong>aracters of the subject in<br />

itself; secondly comes »secondnesses«, or brute actions of one subject or substance<br />

on another, regardless of law or of any third subject; thirdly comes »thirdnesses«, or<br />

the mental or quasimental influence of one subject on another relatively to a third.<br />

Since the demonstration of this proposition is too stiff for the infantile logic of our<br />

time (whi<strong>ch</strong> is rapidly awakening, however), I have preferred to state it problematically,<br />

as a surmise to be verified by observation.32<br />

Ort-Semiotik 208<br />

II.3. Die Kategorien und das Sein<br />

Es ist sinnvoll, mit der Untersu<strong>ch</strong>ung der Kategorien zu beginnen. In diesem Abs<strong>ch</strong>nitt wird<br />

somit unmittelbar der Kernberei<strong>ch</strong> des Gedankengebäudes von Peirce betreten und hier wird<br />

die grundsätzli<strong>ch</strong>e Frage na<strong>ch</strong> den Übereinstimmungen zwis<strong>ch</strong>en seinem und Günthers<br />

18


System zu beantworten sein, das heißt insbesondere die Frage, ob das Peirces<strong>ch</strong>e System<br />

als ein logis<strong>ch</strong> dreiwertiges System dargestellt werden kann, das ähnli<strong>ch</strong> modelliert werden<br />

kann wie das Günthers<strong>ch</strong>e. Hierbei stellt si<strong>ch</strong> die Aufgabe, die kontrovers diskutierte<br />

Definition von Kategorien so zu rekonstruieren, dass deutli<strong>ch</strong> wird, inwiefern diese<br />

Kontroverse eine ist, die nur auf dem Boden einer zweiwertigen Logik bzw. eines<br />

zweiwertigen Erkenntnismodells geführt werden kann.<br />

209...Die Frage na<strong>ch</strong> der Definition von Kategorien lässt si<strong>ch</strong> zunä<strong>ch</strong>st<br />

resümieren als die Frage, ob Kategorien Aussagen über das »Sein«<br />

treffen, also Seinsweisen kategorisieren, oder Wahrnehmungsformen<br />

darstellen bzw. Bedingungen des Denkens oder der Reflexion auf das<br />

Sein darstellen.<br />

211...dass Peirce zwar fünf Kategorien einteilt, in der Ausarbeitung seiner gesamten<br />

Zei<strong>ch</strong>entheorie jedo<strong>ch</strong> nur die drei zwis<strong>ch</strong>en Sein und Substanz einges<strong>ch</strong>lossenen<br />

Kategorien verwendet,<br />

die als Erstheit, Zweitheit und Drittheit wohlbekannt sind.57<br />

Sein und Substanz stellen somit Horizonte der Erfahrung dar. Auf diesen<br />

Punkt wird no<strong>ch</strong> zurückzukommen sein, wenn zu diskutieren ist, inwiefern au<strong>ch</strong> bei Günther<br />

Subjektivität und Objektivität keine wohl unters<strong>ch</strong>iedenen zwei<br />

Wirkli<strong>ch</strong>keitskonstituenten mehr sind, sondern in eine Verbundstruktur von drei<br />

Wirkli<strong>ch</strong>keitskonstituenten aufgelöst werden.<br />

Wo also Peirce innerhalb des Rahmens von Sein und Substanz<br />

Kants Kategorientafel auf drei Kategorien reduziert, so gelangt Günther über die Auflösung<br />

der Seinsthematiken von Sein und Reflexion zu seinem System aus drei<br />

Wirkli<strong>ch</strong>keitskonstituenten.<br />

215...Daher muss Qualität hier als abstrakte Größe, als reine Eigens<strong>ch</strong>aft,<br />

ohne jegli<strong>ch</strong>e Substanz, der sie angehörte, begriffen werden. Erstheit als<br />

Qualität darf demna<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mit irgendeiner Form der Unmittelbarkeit von Erfahrung<br />

oder etwa eines Sinneseindrucks verwe<strong>ch</strong>selt werden.<br />

216..Erstheit: Qualität ist etwas, das unabhängig davon besteht, ob sie einer Substanz<br />

zukommt oder ni<strong>ch</strong>t. Dies entspri<strong>ch</strong>t der allgemeineren Definition von Peirce, wona<strong>ch</strong><br />

Erstheit etwas sei, unabhängig von etwas Zweitem. Qualität ruft also »den Akt der<br />

Aufmerksamkeit [hervor, der] keinerlei Konnotation besitzt«<br />

Zweitheit als Relation bedeutet Faktizität. Weiter unten, in Abs<strong>ch</strong>nitt II.9.<br />

Abduktion, werde i<strong>ch</strong> genauer ausführen inwiefern Erstheit und Zweitheit<br />

auf diese Weise am direktesten in Situationen involviert sind, in<br />

denen abduktives S<strong>ch</strong>ließen bzw. Volition notwendig sind.<br />

Drittheit als Repräsentation liegt nun deshalb direkt neben der Substanz,<br />

da in Drittheit Substanz und Prädikation so miteinander verbunden<br />

sind, dass Substanz als Element (der Mannigfaltigkeit) erkannt<br />

werden kann – in Günthers Terminologie: hier geht es um objektivierte<br />

Daten, die nun au<strong>ch</strong> der kognitiven Reflexion zugängli<strong>ch</strong> sind. Hier<br />

geht es also um die klassis<strong>ch</strong>e Domäne des »Seins«.70<br />

Peirce, so kann nun festgestellt werden, nimmt dem Kants<strong>ch</strong>en System<br />

also sowohl das »transzendentale Subjekt« als au<strong>ch</strong> das »Ding an<br />

si<strong>ch</strong>«. Indem er dies tut, löst er si<strong>ch</strong> vom Boden eines identitätslogis<strong>ch</strong>en<br />

Erkenntnismodells und betritt denjenigen eines reflexionslogis<strong>ch</strong>en<br />

19


Erkenntnismodells, auf dem si<strong>ch</strong> alle Bestimmungen als standortabhängig,<br />

perspektivis<strong>ch</strong>, hypothetis<strong>ch</strong> und kontinuierli<strong>ch</strong> evoluierend erweisen.<br />

Denn Kategorien sind keine Eigens<strong>ch</strong>aften, die Aspekten zukommen können, sondern<br />

stellen Formen des Denkens dar.<br />

Objekt, Repräsentamen und Interpretant können nur derart mit den Kategorien in<br />

Verbindung gebra<strong>ch</strong>t werden, dass es jeweils alle drei kategorialen Bezugsweisen auf<br />

sie gibt. So kann auf das Objekt ikonis<strong>ch</strong> (Erstheit), indexikalis<strong>ch</strong> (Zweitheit) und<br />

symbolis<strong>ch</strong> (Drittheit) Bezug genommen werden.<br />

280...Es muss demna<strong>ch</strong> Zei<strong>ch</strong>en oder Semiosen geben, in denen das Objekt ein<br />

überras<strong>ch</strong>endes Phänomen darstellt, dass allererst dazu anregt oder nötigt, ein dieses<br />

Objekt erklärendes Zei<strong>ch</strong>en zu konstituieren.<br />

Viellei<strong>ch</strong>t ist es das, was Peirce in der zweiten, etwas problematis<strong>ch</strong>en<br />

Hälfte seiner Zei<strong>ch</strong>eninterpretation <strong>zum</strong> Ausdruck bringen will. Wie zu<br />

zeigen sein wird, ist das derart angeregte abduktive Zei<strong>ch</strong>en ein neues<br />

Zei<strong>ch</strong>en, das etwas Neues darstellt.<br />

Land der Vier - Quaternio<br />

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