Nachrichten mit UFZ- III-IV/09 - Umweltbibliothek Leipzig
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<strong>Nachrichten</strong> <strong>mit</strong> <strong>UFZ</strong>- <strong>III</strong>-<strong>IV</strong>/<strong>09</strong><br />
aus der <strong>Umweltbibliothek</strong> <strong>Leipzig</strong> Beilage No. 39<br />
° ° ° <strong>Nachrichten</strong>-Ticker ° ° ° <strong>Nachrichten</strong>-Ticker ° ° °<br />
Mitteldeutsches Klimabüro nimmt Arbeit in <strong>Leipzig</strong> auf: Entscheidungsträger aus<br />
Politik, Verwaltung und Wirtschaft Mitteldeutschlands können ab sofort Informationen zum Klimawandel<br />
aus erster Hand erhalten. Das Mitteldeutsche Klimabüro am Helmholtz-Zentrum für<br />
Umweltforschung (<strong>UFZ</strong>) ist eines von vier jetzt eröffneten regionalen Deutschen Klimabüros und<br />
soll als Schnittstelle des Wissenstransfers zwischen Anwendern und Wissenschaft arbeiten. Die<br />
regionalen Klimabüros sollen Forschungsergebnisse, die für klimaempfindliche Bereiche der jeweiligen<br />
Region besonders relevant sind, bündeln und ver<strong>mit</strong>teln. Das Mitteldeutsche Klimabüro konzentriert<br />
sich in diesem Verbund auf natur- und sozialwissenschaftliche Aspekte des Klimawandels.<br />
Dies sind z.B. Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und Landnutzung oder die Bewertung<br />
von Anpassungsmaßnahmen an die Folgen der Klimaänderung. Im Mitteldeutschen Raum ist bis<br />
zum Ende des Jahrhunderts vor allem <strong>mit</strong> weniger Sommerniederschlägen bei gleichzeitig höheren<br />
Temperaturen zu rechnen. "Dies wird eine der großen Herausforderungen für Wasserversorger,<br />
Land- und Forstwirtschaft sein", so Dr. Andreas Marx, Koordinator des Klimabüros in <strong>Leipzig</strong>. In<br />
Sachsen-Anhalt hat das Mitteldeutsche Klimabüro bereits vor der offiziellen Eröffnung seine Expertise<br />
in die Erarbeitung der Anpassungsstrategie des Landes an den Klimawandel eingebracht. Die<br />
Initiativen stehen im Zusammenhang <strong>mit</strong> der Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) an den Klimawandel.<br />
Langfristiges Ziel ist dabei die Verminderung der Verletzlichkeit bzw. die Steigerung<br />
der Anpassungsfähigkeit natürlicher, gesellschaftlicher und ökonomischer Systeme an die unvermeidbaren<br />
Auswirkungen des globalen Klimawandels. Bis 2011 wird dazu ein Aktionsplan zur Anpassung<br />
erarbeitet. Westsachsen ist dabei derzeit eine von acht deutschen Modellregionen, die im<br />
Modellvorhaben Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel ("KlimaMoro") regionale Klimaschutz-<br />
und Klimaanpassungsstrategien <strong>mit</strong>tels Anwendung und Weiterentwicklung des raumordnerischen<br />
Instrumentariums entwickeln soll. Trotz medialer Aufbereitung werden die Risiken des<br />
Klimawandels heute meist noch als vermeintlich fernes Problem betrachtet, dass das eigene Handeln<br />
kaum betrifft. Zur Minderung des Klimawandels und zur Anpassung an die unvermeidbaren<br />
Folgen werden jedoch <strong>mit</strong>tel- und langfristig wirksame Konzepte benötigt - sowohl zur Vermeidung<br />
weiterer klimaschädlicher Einflüsse als auch zur Anpassung an die bereits eingetretenen oder<br />
noch zu erwartenden Folgen. Mehr zu den Forschungen und zum Beitrag des <strong>UFZ</strong> erfahren Sie in<br />
der Sonderausgabe des <strong>UFZ</strong>-Newsletters "In Sachen Klimawandel", der dieser Ausgabe der <strong>Nachrichten</strong><br />
beiliegt und der auch im Internet verfügbar ist.<br />
(www.klimabuero.de; www.<strong>mit</strong>teldeutsches-klimabuero.de; www.ufz.de/index.php?de=10690<br />
www.bbsr.bund.de/cln_016/nn_22702/BBSR/DE/FP/MORO/Forschungsfelder/20<strong>09</strong>/RaumKlima/01_<br />
_Start.html)<br />
Klimaschutzkampagne, EEA und Internetseite der Stadt <strong>Leipzig</strong>: Die Stadt <strong>Leipzig</strong><br />
hat jetzt eine Vereinbarung <strong>mit</strong> dem Freistaat Sachsen über die Teilnahme am „European Energy<br />
Award“ (EEA) unterzeichnet und da<strong>mit</strong> einen Auftrag des Stadtrates aus dem Jahr 2008 im ersten<br />
Schritt umgesetzt. Der EEA ist ein Qualitätsmanagementsystem und ein Zertifizierungsverfahren,<br />
das die Effizienz des kommunalen Energieeinsatzes verbessern und so zu Umwelt- und Kostenentlastungen<br />
führen soll. Ein Energieteam soll die Erstellung einer Ist-Stands-Analyse und eines<br />
Maßnahmeplans zur Energieeinsparung und dessen Umsetzung koordinieren und begleiten.<br />
<strong>Leipzig</strong> ist nach einer ganzen Reihe von Klein- und Mittelstädten die erste sächsische Großstadt,<br />
die am EEA teilnimmt. Zum Dabeisein auch der Bürger ruft parallel die aktuelle Kampagne „Klimaschutz/Energieeinsparung<br />
– Sie sparen Geld und CO 2 “ der Stadt auf (siehe Internet-Empfehlungen<br />
auf der Rückseite). Im Zusammenhang <strong>mit</strong> den Informationen, Dokumenten und Tipps zum Klimaschutz,<br />
hat die Stadt nun auch die seit Jahren nicht mehr vorhanden gewesene Rubrik Umweltund<br />
Naturschutz wieder in ihren Internetauftritt (www.leipzig.de/de/buerger/umwelt) aufgenommen<br />
und dort aktuell die, z.T. noch stark aus-baubedürftigen, Themenfelder Luftreinhalteplan,<br />
Lärmschutz, Hochwasserschutz und eben Klimaschutz aufgenommen. (www.leipzig.de)<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
im November 1989<br />
wurde <strong>mit</strong> dem Ökolöwen<br />
- Umweltbund<br />
<strong>Leipzig</strong> e.V. der erste<br />
selbständige Umweltverein<br />
<strong>Leipzig</strong>s gegründet.<br />
Hervorgegangen<br />
aus der oppositionellen<br />
kirchlichen Umweltbewegung<br />
und den Umweltgruppen<br />
des Kulturbundes<br />
der DDR, hat<br />
sich der Ökolöwe seitdem<br />
intensiv - <strong>mit</strong> Konzepten,<br />
Studien, Vorschlägen,<br />
Stellungnahmen,<br />
Aktionen und<br />
Demonstrationen, Gremienarbeit,<br />
Umweltbildungsprojekten,<br />
praktischer Naturschutztätigkeit<br />
und, und, und - in die Gestaltung und den<br />
Schutz von Natur und Umwelt in der Region<br />
<strong>Leipzig</strong> eingebracht.<br />
Sehr oft erfolgreich (von der Beendigung des<br />
Tagebaus Cospuden 1990 bis zur Installation<br />
der ersten <strong>Leipzig</strong>er Bürgersolarstromanlage<br />
20<strong>09</strong>), nicht immer zur puren Freude Aller (von<br />
der Kritik an Straßenausbauten bis zum Kampf<br />
gegen Baumfällungen auf <strong>Leipzig</strong>s Flussdeichen)<br />
und immer wieder trotz ‚Niederlagen’ auf der<br />
langfristig richtigen Fährte (von der Warnung<br />
vor den Folgen einer überdimensionierten Deponie<br />
Cröbern bis zu den Visionen einer naturnahen<br />
Einbindung der Parthe in die Stadtlandschaft).<br />
Von Anfang an war die <strong>Umweltbibliothek</strong><br />
<strong>Leipzig</strong> ein wichtiger, aus der kirchlichen<br />
Umweltarbeit eingebrachter Teil der Bemühungen<br />
des Ökolöwen, auch Umweltinformationsund<br />
Umweltbildungsarbeit für eine breite regionale<br />
Öffentlichkeit zu leisten. Mit der Hilfe und<br />
zählbaren Unterstützung vieler, können wir dieses<br />
bis heute tun - <strong>mit</strong> Erfolg und der regelmäßigen<br />
Rückmeldung unserer Nutzerschaft über<br />
die Wichtigkeit und Nützlichkeit unseres Angebotes.<br />
Einen umfangreichen Rückblick auf die letzten<br />
beiden Jahre der <strong>Umweltbibliothek</strong>sarbeit finden<br />
Sie auf unseren Internetseiten in unserem Jahresbericht<br />
2007/2008, <strong>mit</strong> dem wir uns auch bei<br />
allen Förderern und Helferinnen herzlich bedanken.<br />
Einen kleinen Rückblick auf das Umweltengagement<br />
des Ökolöwen seit 1989 gibt zudem<br />
die neue Broschüre Seit 20 Jahren für <strong>Leipzig</strong>s<br />
Umwelt unseres Vereins, die Sie natürlich auch<br />
in der <strong>Umweltbibliothek</strong> - gratis und zum<br />
<strong>mit</strong>nehme - erhalten.<br />
Wir freuen uns - wie immer - auf Ihren Besuch<br />
und sind gerne: Ihr regionaler & ökologischer<br />
Informationsdienstleister!<br />
Roland Quester<br />
Leiter der <strong>Umweltbibliothek</strong><br />
<strong>Umweltbibliothek</strong> <strong>Leipzig</strong> ° Bernhard-Göring-Str.152 ° 04277 <strong>Leipzig</strong> ° Öffnungszeiten: Mo - Do 9-18, Fr 9-12 Uhr<br />
Tel.: 0341/3065-180 ° Fax: -179 ° Mail: info@umweltbibliothek-leipzig.de ° www.umweltbibliothek-leipzig.de ° Sigel : L 282<br />
Spendenkonto: Ökolöwe ° Stichwort <strong>Umweltbibliothek</strong> ° Sparkasse <strong>Leipzig</strong> ° BLZ 86055592 ° Kontonummer 1121131561
Neue Medien vorgestellt 2<br />
Silke Hauer, Hermann Ansorge, Ulrich Zöphel: Atlas der Säugetiere Sachsens<br />
° Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie,<br />
20<strong>09</strong> ° ISBN 978-3- 00-027555-5 ° SY: B-BI4-223<br />
Der vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie<br />
im August 20<strong>09</strong> veröffentlichte Atlas der Säugetiere Sachsens ist ein<br />
umfassendes Nachschlagewerk, in dem die mehr als achtzig im Freistaat<br />
wildlebenden Säugetierarten vorgestellt werden. Zahlreiche Fotos veranschaulichen<br />
auf 416 Seiten die Vielfalt der heimischen Arten. Neben der<br />
aktuellen Verbreitung in Sachsen und Europa, sind für jede genannte<br />
Tierart auch die historische Bestandsentwicklung, der Lebensraum sowie<br />
die Häufigkeit und Gefährdung detailliert erläutert.<br />
So ist z. B. die Haselmaus (Muscardinus avellanarius) laut dem<br />
Atlas der Säugetiere in Sachsen vor allem im Erzgebirge, Lausitzer Bergland<br />
und Zittauer Gebirge heimisch. Einige wenige Vorkommen sind aber<br />
auch im <strong>Leipzig</strong>er Raum bekannt. Die Haselmaus bevorzugt Nieder- und<br />
Mittellaubmischwälder <strong>mit</strong> hohem Unterholzanteil. In den letzten Jahrzehnten<br />
ist der Bestand der Haselmäuse in Sachsen rückläufig, so dass<br />
der Bestand der Art in Sachsen als gefährdet gilt. Die Ursachen dafür sind<br />
hauptsächlich in der Zerschneidung von Lebensräumen und Habitatverlusten<br />
zu sehen. Ganz anders verhält es sich bei dem ursprünglich aus<br />
Südamerika stammenden Nutria oder Sumpfbieber (Myocastor coypus).<br />
Diese Art ist in vielen Gewässern Sachsens heimisch, <strong>mit</strong> einem Verbreitungsschwerpunktes<br />
im Nordwesten des Freistaates. Seit der ersten Freilandbeobachtung<br />
im Jahre 1950 ist der Bestand dieser Tiere, auch durch<br />
illegale Auswilderungen, kontinuierlich gestiegen. Diese Populationsentwicklung<br />
wird durch die milden Winter und zusätzliche Fütterungen in<br />
Siedlungsnähe begünstigt. In<br />
Sachsen dürfen Nutrias ganzjährig<br />
bejagt werden.<br />
Zusätzlich zu aktuellen<br />
Informationen bietet der Atlas der<br />
Säugetiere Sachsens auch einen<br />
Überblick zur Geschichte der<br />
Säugetierkunde, zur Erhebung<br />
und Auswertung der für dieses<br />
Werk erfassten rund 167000<br />
Tierbe-obachtungen und<br />
interessante Informationen zu<br />
ausgestorbenen Säugetierarten<br />
und tierischen Gästen und<br />
Exoten, wie z. B. Hausmeerschweinchen,<br />
Stachel-schwein<br />
und Nasenbär. Im letzten Kapitel<br />
wird den Lesern eine kurze<br />
englische Zusammenfassung über<br />
die vorgestellten Tierarten gegeben. Im Anhang finden sich Liste der Arten<br />
<strong>mit</strong> Schutz- und Gefährdungskategorien (RLSN, RLD, BNatSchG, FFH)<br />
und Status im Sächsischen Jagdgesetz (Jagdzeit).<br />
Schließlich ermöglicht die aufgeführte weiterführende Literatur<br />
interessierten Lesern den Zugang zu tiefgreifenderen Informationen zu<br />
bestimmten Tiergruppen, auch in anderen Ländern Europas.<br />
Der Text ist klar gegliedert und allgemein verständlich geschrieben.<br />
Auch wenn zum Verständnis keine höhere biologische Vorbildung<br />
notwendig ist, wäre ein Glossar zur Klärung einiger nicht alltäglichen<br />
Begriffe hilfreich. Schade ist auch, dass ein Register bzw. Stichwortverzeichnis<br />
fehlt, da dadurch die Suche nach bestimmten Tierarten oder<br />
Begriffen oftmals langwierig und schwierig ist.<br />
Dieses Buch richtet sich vor allem an Menschen <strong>mit</strong> Interesse<br />
an der heimischen Fauna und dient der Erweiterung der Kenntnisse im<br />
Bezug auf Vorkommen und Lebensraum der Säugetiere im Freistaat. A-<br />
ber auch für Personen <strong>mit</strong> erweiterten Kenntnissen ist der Atlas der Säugetiere<br />
ein nützliches Nachschlagewerk, hauptsächlich im Hinblick auf<br />
Bestandsentwicklung und Schutzstatus. Durch die Verbindung von detaillierten<br />
Verbreitungskarten <strong>mit</strong> den im Anhang gegebenen Gefährdungskategorien<br />
erleichtert der Atlas der Säugetiere Sachsens die Naturschutzarbeit<br />
vor allem im Bereich der Landschaftsplanung, bei Kartierungstätigkeiten<br />
und bei Fragen zum Artenschutz.<br />
Zusammenfassend bietet der Atlas der Säugetiere Sachsens eine<br />
ausführliche Übersicht über die heimischen wildlebenden Säugetiere<br />
<strong>mit</strong> umfangreichen Informationen für Laien und Experten.<br />
Das Buch kann für einen Preis von 25,00 Euro erworben werden;<br />
ist aber auch kostenfrei im Internet verfügbar<br />
(www.smul.sachsen.de/lfulg).<br />
Hartwig Berger: Der lange Schatten des Prometheus. Über unseren Umgang<br />
<strong>mit</strong> Energie ° oekom Verlag, 20<strong>09</strong> ° ISBN 978-3-86581-129-5 ° B-<br />
EN1-9<br />
Der Klimawandel ist da, die fossilen Energieträger sind in absehbarer Zeit<br />
erschöpft. Klimagerechtigkeit, Energieautonomie – beides ist möglich.<br />
Theoretisch! Welcher Weg führt dorthin und warum sind wir ihn nicht<br />
längst gegangen? Warum finden Bemühungen um Sauberkeit in Gebäuden<br />
stärkere gesellschaftliche Beachtung als der kostspielige Umgang <strong>mit</strong><br />
Energie?<br />
Der Autor, promovierter Philosoph und habilitierter Soziologe,<br />
zeigt auf, dass uns verschiedene kulturelle Probleme der modernen westlichen<br />
Welt im Wege stehen. Zentral dabei: unsere auf stetes Wachstum<br />
ausgerichtete Wirtschaft und das die Öffentlichkeit prägende Vorurteil<br />
der Unabkömmlichkeit fossiler Energien. Anders als Al Gore in „Eine unbequeme<br />
Wahrheit“, der uns eindringlich konkrete Phänomene des Klimawandels<br />
zeigt und erklärt, liegt der Schwerpunkt bei Berger in der<br />
Betrachtung des Wie und Warum unseres Umgangs <strong>mit</strong> Energie.<br />
So zeichnet er anschaulich und nachvollziehbar einen Weg<br />
vom Lernen des Umgangs <strong>mit</strong> dem Feuer zur großen Umbruchzeit der<br />
industriellen Revolution bis zum Heute. Dabei haben wir uns immer weiter<br />
entfernt vom Wissen um die Quelle unserer Energie – und in dieser<br />
Erkenntnis liegt auch ein Teil der Lösung eines kulturellen Problems: in<br />
der Transparenz der Energiegewinnung! In unserem Alltag fällt 'Energie'<br />
meist nur auf, wenn deren Bereitstellung nicht funktioniert. Ansonsten ist<br />
sie einfach da, sie kommt eben einfach 'aus der Steckdose'. Um uns<br />
mehr für unseren Umgang <strong>mit</strong> Energie zu sensibilisieren, müssen wir<br />
dringend auf ein System der dezentralen wie transparenten Energieversorgung<br />
setzen.<br />
Bergers unbequeme<br />
Wahrheit lautet, dass es bei einer<br />
nach wie vor steigenden Nachfrage<br />
an Energie allein <strong>mit</strong> Maßnahmen<br />
der Energie-Effizienz nicht gelingen<br />
wird, unsere nach wie vor auf höher,<br />
schneller, weiter orientierte<br />
Gesellschaft vor den längst<br />
spürbaren vor allem ökologischen<br />
und sozialen Auswirkungen von<br />
Klimawandel und Ressourcenknappheit<br />
zu bewahren. Neben der<br />
immer stärkeren Nutzung erneuerbarer<br />
Energien müsse vielmehr<br />
kurzfristig ein Aufbruch sozialer<br />
Gewohnheiten in unserem Umgang<br />
<strong>mit</strong> Energie erfolgen. Konkret hieße<br />
das eine starke Veränderung unserer<br />
Mobilitätsansprüche sowie unserer Ernährungsgewohnheiten. Die Vorteile<br />
eines solchen Kulturwandels wären eine deutlich gesündere Lebensführung<br />
und ein Gewinn von Muße als 'Zeitwohlstand'.<br />
Wo<strong>mit</strong> Berger sich neben kulturgeschichtlichen und psychologischen<br />
Betrachtungen zum Umgang <strong>mit</strong> Energie ebenso befasst, sind<br />
Fragen nach Gerechtigkeit und Moral wie nicht zuletzt die Diskussion<br />
dessen, was konkret passieren muss. Ein dringend notwendiger, anderer<br />
Umgang <strong>mit</strong> Energie muss her, deren Formen und Möglichkeiten der<br />
Autor uns skizziert. Nur, betont er wiederholt, stehen wir dabei unter<br />
großem Zeitdruck, wenn der Klimawandel eingedämmt werden soll.<br />
Möglich ist eine Energiewende, sie muss nur gewollt sein – solange man<br />
auf fragwürdige Lösungen setzt wie das Festhalten an Kernenergie und<br />
unausgegorenen Konzepten wie der CCS-Technologie, wird der Ausbau<br />
sauberer Energien gebremst. Dass bei den alternativen Energien vorsichtig<br />
unterschieden werden muss, erklärt der Autor eindrücklich am Beispiel<br />
Biomasse, die nur bedingt als 'erneuerbar' gelten kann und deren<br />
steigende Nachfrage in Europa fatale Folgen hat in Ländern wie Kolumbien.<br />
Kritisches Augenmaß gilt auch bei den eindeutig erneuerbaren E-<br />
nergien, wie eine Betrachtung des Solar-Großprojektes Desertec in der<br />
Sahara verdeutlicht. Hier gilt: Solarenergie nicht um jeden Preis, denn <strong>mit</strong><br />
den wichtigsten Kriterien einer Energiewende, <strong>mit</strong> Dezentralisierung und<br />
Energieautonomie, hat dieses Projekt nichts zu tun.<br />
Dieses Buch bietet eine andere, ungewohnte Perspektive auf<br />
das Thema Energie. Die etwas mehr als 200 Seiten Taschenbuch sind<br />
lehrreich, sprachlich gewandt und kurzweilig. Empfehlenswert!<br />
Juliane Dorn, Ökolöwe - Umweltbund <strong>Leipzig</strong> e.V.<br />
Sarah Malaske, NABU Kreisverband <strong>Leipzig</strong>
3<br />
Neue Medien vorgestellt<br />
______________________________________<br />
F i l m e -<br />
n e u i m B e s t a n d<br />
______________________________________<br />
Der große Ausverkauf : Verkaufen Sie jetzt -<br />
Bezahlen sie später - Unsere Welt wird privatisiert<br />
/ Florian Opitz : Kinowelt Home Entertainment<br />
GmbH, 2008. - 95 Min. ° SY: V-<br />
WI2-22<br />
Die Dokumentation bringt in vier ineinander<br />
verwobenen Erzählsträngen das abstrakte<br />
und umstrittene Phänomen der "Privatisierung"<br />
über einfühlsame Portraits von Menschen<br />
aus verschiedenen Kontinenten nahe,<br />
die von den oft inhumanen und fehlgeleiteten<br />
Versuchen, das Wirtschaftswachstum zu<br />
steigern un<strong>mit</strong>telbar betroffen sind. Menschen,<br />
die sich auf ihre ganz persönliche Art<br />
und Weise dagegen zur Wehr setzen.<br />
Kurze Wege : Drei Filme über den Zusammenhang<br />
von Alltag und Siedlungsform /<br />
Landesnaturschutzverband Baden-Würtemberg<br />
e. V., - 45 Min. ° SY: V-RA3-8<br />
Die drei Filme sind ein Beitrag zur Auseinandersetzung<br />
<strong>mit</strong> der Zukunft der Siedlungsentwicklung:<br />
für Entscheidungsträger und<br />
Interessierte aus Stadtplanung, Natur- und<br />
Umweltschutz, Wirtschaft, Immobilienwirtschaft,<br />
Kommunen (Verwaltung, Rats<strong>mit</strong>glieder),<br />
Initiativen, Verbänden, Schulen und<br />
Hochschulen sowie allgemein interessierte<br />
Bürgerinnen und Bürger.<br />
Hijacked Future : Geraubte Zukunft - Von<br />
der Kontrolle des Saatguts und der Zukunft<br />
unserer Ernährung / David Springbett : Ashnan<br />
Films Canada, 2008. - 45 Min. OmU °<br />
SY: V-LA3-10<br />
Wer die Saat kontrolliert, kontrolliert die Ernährung.<br />
Unsere Nahrungsproduktion ist<br />
vom Öl abhängig, unsere Ernährungssicherheit<br />
wird durch den Klimawandel bedroht<br />
und wir verlieren die Kontrolle über unsere<br />
Ernährung. Multinationale Konzerne kontrollieren<br />
das Öl, den Agrarhandel, die Ernährungsindustrie<br />
und patentieren Sorten und<br />
monopolisieren die Züchtung. Wie können<br />
wir die Kontrolle über die Nahrung auf unseren<br />
Tellern zurückerlangen? Der Film stellt die<br />
industrielle Landwirtschaft Kanadas der<br />
kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Äthiopien<br />
gegenüber. In Kanada haben die Landwirte<br />
die Kontrolle über ihr Saatgut verloren und<br />
sind abhängig, in Äthiopien wird die Vielfalt<br />
erhalten und werden neue Wege zur Erhaltung<br />
der Ernährungssicherheit gegangen.<br />
"Geraubte Zukunft" beschreibt die Gefahren<br />
für die Welternährung.<br />
Wölfe in Deutschland : Wissenswertes zum<br />
Hören, Sehen, Lernen und Spielen : NABU<br />
Selbstverl. ° SY: V-PK5-4<br />
Seit über 10 Jahren gibt es sie wieder: wild<br />
lebende Wölfe in Deutschland. Die DVD gibt<br />
spannende Einblicke in das Leben der seltenen<br />
Wildtiere, räumt <strong>mit</strong> Vorurteilen auf und<br />
geht interessanten Fragen nach. Inklusive Unterrichtsmaterialien<br />
zum Thema Wolf für die<br />
5. - 10. Klasse im Englisch-, Deutsch-, Biologie-<br />
und Politikunterricht sowie einem<br />
animierten Wolfsspiel zum Lernen und<br />
Lachen, einem digitalem Diavortrag und<br />
einem SWR-Rundfunkbeitrag.<br />
__________________________________<br />
Monographien und Sammelbände, die neu in<br />
der <strong>Umweltbibliothek</strong> eingetroffen sind:<br />
Abfall<br />
Ökologisches Leistungsprofil von Verfahren<br />
zur Behandlung von biogenen Reststoffen :<br />
Kompass für die Entscheidungsfindung / E-<br />
PEA Internationale Umweltforschung GmbH,<br />
2008. - 15 S.: Tab. ° SY: S-AB4-18<br />
Diskussionsanregung über den Umgang <strong>mit</strong><br />
biogenen Stoffströmen. Der Kompass ist<br />
nach fünf ökologischen Wirkungsthemen<br />
ausgerichtet: die Bodenfruchtbarkeit, die Biodiversität,<br />
die Bodenstrukturqualität, der Klimaschutz<br />
und der Schutz vor zusätzlichen<br />
Schadstoffeinträgen. Der Kompass wird auf<br />
Prozesse der Kompostierung, der Vergärung<br />
und der Mitverbrennung in Müllverbrennungsanlagen<br />
des Biotonnenabfall- und<br />
Grünschnittpotenzials in Deutschland in einem<br />
Jahr angewandt.<br />
Einführung und Optimierung der getrennten<br />
Sammlung zur Nutzbarmachung von Bioabfällen<br />
: Handbuch für öffentlich-rechtliche<br />
Entsorgungsträger, Abfallbehörden, Entscheidungsträger,<br />
Planer und Entsorgungsunternehmen<br />
/ Dirk Henssen ° VHE - Verband<br />
der Humus- und Erdenwirtschaft e.V., 20<strong>09</strong>.<br />
- 71 S.: Abb. ° SY: C-AB4-12<br />
Biologie<br />
Genfood : Das aktuelle Handbuch / Max Annas<br />
; Jürgen Binder : Orange Press, 20<strong>09</strong>. -<br />
208 S. ° SY: B-BI6-69<br />
Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung<br />
lehnt gentechnisch veränderte Lebens<strong>mit</strong>tel<br />
ab, dennoch darf modifiziertes Soja<br />
eingeführt und an Tiere verfüttert werden.<br />
Kennzeichnungspflichtig ist das nicht, und so<br />
gelangen GVO-Produkte schleichend in die<br />
Supermarktregale und auf unsere Teller. Was<br />
genau steckt hinter den riesigen Investitionen<br />
in Gentechnik-Forschung – welche Beweggründe,<br />
welche wissenschaftliche Faktenlage,<br />
welche Konsequenzen? Das Handbuch Genfood<br />
gibt Antworten und fasst kompakt zusammen,<br />
was jeder wissen muss, der gentechnisch<br />
veränderten Lebens<strong>mit</strong>teln nicht<br />
gleichgültig gegenübersteht.<br />
Auswirkungen der globalen Umweltveränderungen<br />
auf die Wertschöpfungen der Natur /<br />
Wolfgang Fritsche : S. Hirzel, 20<strong>09</strong>. - 24 S.:<br />
Abb., Tab. ° SY: B-BI1-31<br />
Energie<br />
Regenerative Energietechnologien : Anlagenkonzepte,<br />
Anwendungen, Praxistipps / Eric<br />
Theiß : IRB-Verl., 2008. - 323 S.: Abb., Diagr.,<br />
graph. Darst., Tab. ° SY: B-EN3-224<br />
Das Fachbuch ver<strong>mit</strong>telt dem Leser einen umfassenden<br />
Überblick über die marktreifen regenerativen<br />
Technologien, Prototypen sowie<br />
Innovationen in der Technischen Gebäudeausrüstung.<br />
Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige<br />
Landnutzung : Wissenschaftlicher Beirat der<br />
Bundesregierung Globale Umweltveränderungen<br />
(WBGU), 20<strong>09</strong>. - 388 S.: Diagr.,<br />
graph. Darst. ° SY: C-EN3-158.1<br />
Mit diesem Hauptgutachten liefert der<br />
WBGU Entscheidungshilfen für eine differenzierte<br />
und kohärente globale Bioenergiepolitik,<br />
um die weltweit vorhandenen nachhaltigen<br />
Potenziale der Bioenergie zu nutzen, solange<br />
Gefährdungen der Nachhaltigkeit ausgeschlossen<br />
werden können, insbesondere<br />
der Ernährungssicherheit sowie der Ziele von<br />
Natur- und Klimaschutz.<br />
Hindernis Atomkraft : Die Auswirkungen einer<br />
Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke<br />
auf erneuerbare Energien : BMU, 20<strong>09</strong>. -<br />
12 S. ° SY: S-EN3-76<br />
Energiemanagement in öffentlichen Gebäuden<br />
: Energieoptimierung an einem Praxisbeispiel<br />
/ Christian Muhmann : C.F. Müller; A-<br />
lembik Verl., 20<strong>09</strong>. - 140 S.: Diagr., graph.<br />
Darst., Tab. ° SY: B-EN6-66<br />
Das Buch beinhaltet die Beschreibung eines<br />
Schulzentrums in NRW, bestehend aus fünf<br />
unterschiedlichen Gebäuden und versorgt<br />
<strong>mit</strong> unterschiedlichen Energieträgern. Betrachtet<br />
werden Gebäudehülle, technische<br />
Gebäudeausrüstung, klimatische und geografische<br />
Bedingungen und Nutzungs- und Betriebsweise.<br />
Es werden die Handlungsschritte<br />
beschrieben von der Verbrauchserfassung<br />
und -verfolgung bis zu einem prozessorientierten<br />
Ablaufschema für ein nachhaltiges<br />
Energiemanagement.<br />
Heuersdorf : Geschichte und Abschied eines<br />
<strong>mit</strong>teldeutschen Dorfes : Pro <strong>Leipzig</strong>, 20<strong>09</strong>. -<br />
240 S.: Abb. ° SY: C-EN2-72<br />
Kraft-Wärme-Kopplung <strong>mit</strong> Biomasse : 07. /<br />
08. April 20<strong>09</strong> : Ostbayerische Technologie-<br />
Transfer-Institut e. V. (OTTI), 20<strong>09</strong>. - 172 S.:<br />
Abb., Diagr., graph. Darst. ° SY: C-EN3-163<br />
Erneuerbare Energien in Zahlen : Nationale<br />
und internationale Entwicklung : BMU, 20<strong>09</strong>.<br />
- 79 S.: Abb., Diagr. ° SY: C-EN3-111.8<br />
Erscheint seit 2002 jährlich und informiert<br />
<strong>mit</strong> aktuellen Daten zur Entwicklung der erneuerbaren<br />
Energien in Deutschland, der Europäischen<br />
Union und auf globaler Ebene.<br />
Kaskadennutzung von nachwachsenden<br />
Rohstoffen : Ein Konzept zur Verbesserung<br />
der Rohstoffeffizienz und Optimierung der<br />
Landnutzung / K. Arnold ; J. von Geibler ; k.<br />
Bienge : Wuppertal Institut, 20<strong>09</strong>. - 36 S.:<br />
graph. Darst. ° SY: S-EN3-77<br />
Das Konzept der Kaskadennutzung beschreibt<br />
einen Vorgang, sowohl die eigentlichen<br />
Produkte und Produktkomponenten als<br />
auch Nebenprodukte in möglichst vielen Nutzungsphasen<br />
zu verwenden.<br />
Kühlen und Klimatisieren <strong>mit</strong> Wärme / Hans-<br />
Martin Henning ; Th. Urbaneck ; A. Morgenstern<br />
: Solarpraxis, 20<strong>09</strong>. - 160 S.: Abb., Diagr.,<br />
graph. Darst., Tab. ° SY: B-EN6-65<br />
Das BINE-Informationspaket erläutert, wie<br />
Wärme auf niedrigem Temperaturniveau für<br />
die Kühlung großer Gebäude genutzt werden<br />
kann. Es stellt sowohl geschlossene Systeme,<br />
wie Ad- und Absorbtionskältemaschinen,<br />
als auch die offenen Kühl- und Entfeuchtungsverfahren<br />
vor.
Weitere Neueingänge 4<br />
Gesundheit<br />
Natur - Heilbuch : Schnelle Hilfe bei Krankheiten,<br />
Schmerzen und beschwerden von A -<br />
Z / Ingrid Kraaz von Rohr : Nymphenburger<br />
Verl.-Handlg., 2007. - 383 S. ° SY: B-GE3-61<br />
Individualisierte Medizin und Gesundheitssystem<br />
: Zukunftsreport / B. Hüsing ; S. Hartig ;<br />
B. Bührlen : Büro für Technikfolgenabschätzung,<br />
2008. - 344 S. ° SY: C-GE9-8<br />
Es wurden erstmals die relevanten wissenschaftlich-technischen<br />
Entwicklungslinien integriert<br />
betrachtet. Die Erkenntnisse und<br />
Technologien aus der Genomforschung, dem<br />
Tissue Engineering, der Stammzellforschung<br />
und der Nanomedizin werden im Hinblick auf<br />
ihre Potenziale und Herausforderungen für<br />
eine individualisierte Medizin untersucht.<br />
Haushalt<br />
Reine Geschmackssache - Zur Kulturgeschichte<br />
des Apfels : Förderverein Deutsches Kleingärtnermuseum<br />
in <strong>Leipzig</strong>, 20<strong>09</strong>. - 70 S.:<br />
Abb., Ill. ° SY: B-HA4-113<br />
Alte Nutzpflanzen wieder entdeckt : Färberginster,<br />
Pfeifengras, Seifenkraut & Co. / Gertrud<br />
Scherf: BLV Buchverlag GmbH & Co.<br />
KG, 2008. - 159 S.: Abb. ° SY: B-HA4-111<br />
60 alte Nutzpflanzen im Porträt. Zum Selbermachen:<br />
<strong>mit</strong> Wildpflanzen färben, waschen,<br />
putzen, flechten. Die ausführlichen<br />
Portraits informieren über Merkmale und Inhaltsstoffe<br />
der Pflanzen, ihre Bedeutung in<br />
Mythos, Magie und Brauchtum sowie ihren<br />
Anbau im Garten.<br />
Historische Nutzgärten : Bohnapfel, Hauswurz,<br />
Ewiger Kohl - Neue Rezepte für alte<br />
Gärten / Bund Heimat und Umwelt in<br />
Deutschland : Moser Druck+Verl., 2008. -<br />
132 S.: Abb., graph. Darst. ° SY: B-HA4-112<br />
Geniale Tricks für ungeduldige Gärtner / Gay<br />
Search : Franckh-Kosmos, 2008. - 304 S. °<br />
SY: B-HA4-114<br />
Das Beste aus dem eigenen Garten machen.<br />
Egal, ob er so klein ist wie ein Handtuch oder<br />
so groß wie ein Fußballfeld. Über 100 Ideen<br />
und Tricks, um <strong>mit</strong> minimalem Aufwand ein<br />
maximales Ergebnis zu erzielen.<br />
Prima Klima! : Umdenken, <strong>mit</strong>machen und<br />
dabei noch sparen / Klaus Zintz : Franckh-<br />
Kosmos, 2008. - 189 S. ° SY: B-HA3-49<br />
Zahlreiche Tipps und Tricks, die im Alltag helfen,<br />
richtig Energie zu sparen und spürbar<br />
den CO2-Ausstoß zu verringern. Wer vernünftig<br />
heizt, lüftet, kühlt und wäscht, tut<br />
nicht nur etwas für ein gesünderes Klima,<br />
sondern er schont auch seinen Geldbeutel.<br />
Saubere Sachen : Wie man grüne Mode findet<br />
und sich vor Öko-Etikettenschwindel<br />
schützt / Kirsten Brodde : Wilhelm Heyne,<br />
20<strong>09</strong>. - 255 S.: Abb. ° SY: B-HA3-47<br />
Wo wird wirklich fair und nachhaltig produziert<br />
und wo handelt es sich um Fälschungen,<br />
die der bloßen Imageverbesserung dienen?<br />
Allen, die verantwortungsbewusst konsumieren<br />
wollen, zeigt Kirsten Brodde, wie man<br />
Kleidung und Unternehmen findet, die<br />
glaubwürdige Wege gehen.<br />
Textil-Fibel 3 : Wissenswertes über Fäden, Fasern<br />
und faire Kleidung zum wohlfühlen :<br />
greenpeace media GmbH, 20<strong>09</strong>. - 146 S.:<br />
Abb. ° SY: B-HA3-48<br />
Kunst / Kultur<br />
Mein Leben : Erinnerungen des Tierforschers<br />
/ Bernhard Grzimek : Piper, 20<strong>09</strong>. - 553 S.:<br />
Abb. ° SY: B-KU4-141<br />
Landwirtschaft<br />
Nachgefragt: 25 Antworten zum Stand des<br />
Wissens rund um Öko-Landbau und Bio-<br />
Lebens<strong>mit</strong>tel : Bund Ökologische Lebens<strong>mit</strong>telwirtschaft<br />
(BÖLW), 2007. - 62 S.: Abb.,<br />
Diagr. graph. Darst., Tab. ° SY: C-LA3-25<br />
Zu den Themenfeldern Grundlagen, Erzeugung,<br />
Verarbeitung, Vermarktung, Qualität,<br />
Umweltwirkungen sowie Ökologische Lebens<strong>mit</strong>telwirtschaft<br />
und Gesellschaft werden<br />
25 Fragen so beantwortet, dass die<br />
wichtigsten Gesichtspunkte zu der jeweiligen<br />
Frage "auf einen Blick" in einer logischen<br />
Argumentationskette zur Verfügung stehen.<br />
Sächsischer Agrarbericht 2008 : Sächsisches<br />
Staatsministerium f. Umwelt u. Landwirtschaft<br />
(SMUL), 2008. - 118 S.: Abb., Diagr.,<br />
Tab. ° SY: C-LA2-21.9<br />
Meerestiere sind kein Müll! : Rückwürfe in<br />
der Nordsee-Fischerei : WWF Deutschland,<br />
2008. - 15 S. ° SY: C-LA7-13<br />
Nachhaltige Landwirtschaft : Indikatoren, Bilanzierungsansätze,<br />
Modelle : Erich Schmidt,<br />
20<strong>09</strong>. - 202 S.:Diagr., Tab. ° SY: B-LA1-34<br />
Im Stipendienschwerpunkt "Indikatoren einer<br />
nachhaltigen Landnutzung" befassten sich<br />
Doktoranden verschiedener Universitäten <strong>mit</strong><br />
der Ableitung von Nachhaltigkeitsindikatoren<br />
und deren Einbindung in nutzerorientierte<br />
Indikatorensysteme. Ziel war es, die Nachhaltigkeit<br />
landwirtschaftlicher Betriebe zu analysieren<br />
und zu bewerten. Das Buch beschreibt<br />
ferner die Ergebnisse der Projekte "Naturschutz<br />
in einem Betriebsmanagementsystem"<br />
und "Nachhaltigkeitsmanagement in der<br />
Wertschöpfungskette Lebens<strong>mit</strong>tel“.<br />
Luft / Klima<br />
Klimaänderung : Wichtige Erkenntnisse aus<br />
dem 4. Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen<br />
Ausschusses für Klimaänderungen der<br />
Vereinten Nationen (IPCC) : Umweltbundesamt<br />
(UBA), 20<strong>09</strong>. - 64 S.: Abb., Diagr.,<br />
graph. Darst. ° SY: B-LK3-100<br />
Die Broschüre fasst in leicht verständlicher<br />
Form die wichtigsten Erkenntnisse des Weltklimarates<br />
zur gegenwärtigen sowie künftig<br />
erwarteten Klimaänderung zusammen und<br />
zeigt Maßnahmen zur Minderung der Klimaerwärmung<br />
und deren Auswirkungen auf.<br />
Klima-Allianz Hannover 2020 : Klimaschutzaktionsprogramm<br />
2008 bis 2020 für die<br />
Landhauptstadt Hannover : Wirtschafts- und<br />
Umweltdezernat Hannover, 20<strong>09</strong>. - 64 S.:<br />
Abb. ° SY: C-LK3-153<br />
Feinstaubbelastung in Deutschland. Hintergrundpapier:<br />
Umweltbundesamt (UBA),<br />
20<strong>09</strong>. - 22 S.: Diagr. ° SY: C-LK2-35<br />
Jahresbericht zur Immissionssituation 2008 :<br />
Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie<br />
(LfUG), Dresden, 20<strong>09</strong>. - 52 S.: Diagr.,<br />
Tab. ° SY: C-LK2-44.17<br />
Lärm<br />
Lärm und Lärmminderung in <strong>Leipzig</strong> : Informationen,<br />
Anforderungen, Bewertungen und<br />
Forderungen zur Umsetzung der EU-<br />
Umgebungslärmrichtlinie. Eine kritische Stellungnahme.<br />
/ Roland Quester, 20<strong>09</strong>. - 16 S. °<br />
SY: S-LM3-6<br />
In dem Informations- und Positionspapier soll<br />
dargestellt werden, welche gesetzlichen<br />
Grundlagen und Anforderungen an die<br />
Lärmminderungsplanung und die Mitwirkung<br />
der Öffentlichkeit bestehen und wie sich der<br />
Stand und die Ergebnisse der Umsetzung in<br />
<strong>Leipzig</strong> darstellen.<br />
TA Lärm : Technische Anleitung zum Schutz<br />
gegen Lärm <strong>mit</strong> Erläuterungen / Christian Beckert<br />
; Sabine Fabricius. - 2., neu bearb. Aufl.<br />
: Erich Schmidt, 20<strong>09</strong>. - 179 S. ° SY: B-LM8-3<br />
Lärmmindernde Fahrbahnbeläge : Bündnis<br />
90/Die Grünen im Landtag NRW, 20<strong>09</strong>. -<br />
getr. Sz. ° SY: C-LM3-31<br />
Naturschutz<br />
Atlas des Vogelzugs : Die Wanderung der<br />
Vögel auf unserer Erde : Haupt Verl., 2007. -<br />
176 S.: Abb., graph. Darst. ° SY: C-NA2-116<br />
Auf Karten werden die Routen von mehr als<br />
100 wichtigen Zugvogelarten illustriert, ein<br />
internationales Team von Experten beschreibt<br />
die Vogelarten, ihre Routen und wissenswerte<br />
Einzelheiten ihres Verhaltens. Ein Katalog<br />
beschreibt weitere 500 Zugvogelarten.<br />
Am Teich : Wissenswertes über Fauna und<br />
Flora unserer Teichlandschaften / Hans Blümel<br />
; Gerhard Wellmann : Karl Quarch, 2008.<br />
- 63 S.: Abb. ° SY: B-NA2-111<br />
NATURA 2000 - Heiden in Sachsen : Sächsische<br />
Landesstiftung Natur und Umwelt,<br />
20<strong>09</strong>. - 130 S.: Abb., graph. Darst., Tab. °<br />
SY: C-NA4-213<br />
Mitteilungen für sächsische Säugetierfreunde<br />
: NABU Landesverband Sachsen e. V., 20<strong>09</strong>. -<br />
59 S.: Abb., Diagr. ° SY: B-NA2-112<br />
Mitteilungen für sächsische Ornithologen :<br />
NABU Landesverband Sachsen e. V., 20<strong>09</strong>. -<br />
31 S.: Abb.; Diagr. ° SY: B-NA2-113<br />
Naturschutz und Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung : Fokus: Globales Lernen : Bundesamt<br />
für Naturschutz (BfN), 20<strong>09</strong>. - 277 S.:<br />
Abb., graph. Darst. ° SY: B-PK5-122.2
5<br />
Weitere Neueingänge<br />
Politik / Gesellschaft<br />
Der Fischer Weltalmanach 2010 : Zahlen - Daten<br />
- Fakten : S. Fischer, 20<strong>09</strong>. - 832 S.: Abb.,<br />
graph. Darst. ° SY: B-PG0-3.19<br />
Das wunderbare Jahr der Anarchie : Von der<br />
Kraft des zivilen Ungehorsams 1989/90 / Christoph<br />
Links ; Sybille Nitsche ; Antje Taffelt : Ch.<br />
Links, 20<strong>09</strong>. - 239 S.: Abb. ° SY: B-PG2-140<br />
Wam Kat's 24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung<br />
/ Wam Kat : Orange Press, 2008. -<br />
255 S.: Abb., Ill. ° SY: B-PG4-32<br />
Wam Kat zeigt, was Küche <strong>mit</strong> Politik zu hat. Er<br />
erzählt Geschichte aus einer einzigartigen Perspektive:<br />
aus der eines Kochs, der soziale Bewegungen<br />
auf hohem Niveau durchfüttert und so<br />
Normalität schafft, wo Ausnahmezustände herrschen.<br />
24 Rezepte und 24 Geschichten aus dem<br />
Leben von Wam Kat, Mitbegründer des niederländischen<br />
Kochkollektivs Rampenplan.<br />
LobbyPlanet Berlin : Der Reiseführer durch den<br />
Lobbydschungel / LobbyControl - Initiative für<br />
Transparenz und Demokratie, 20<strong>09</strong>. - 168 S.:<br />
Abb. ° SY: B-PG2-105<br />
Angepasst und ausgebrannt : Die Parteien in der<br />
Nachwuchsfalle. Warum Deutschland der Stillstand<br />
droht / Thomas Leif : Omnibus, 20<strong>09</strong>. -<br />
493 S. ° SY: B-PG2-138<br />
Politik gilt heute als verstaubt, verlogen und<br />
langweilig. Das auf Parteien gegründete Demokratiemodell<br />
zerbröselt <strong>mit</strong> einer sich auflösenden<br />
Parteibasis und überforderten Funktionären.<br />
Die Folge: ein gravierender Nachwuchsmangel,<br />
Opportunismus statt Charisma, Kompetenzverlust<br />
der Parlamente.<br />
Das Ende der Welt, wie wir sie kannten : Klima,<br />
Zukunft und die Chancen der Demokratie /<br />
Claus Leggewie : Fischer Taschenbuch Verl.,<br />
20<strong>09</strong>. - 278 S. ° SY: B-PG1-33<br />
Entwicklungspolitik in der Zeit weltweiter Krisen<br />
: Memorandum 20<strong>09</strong> : Die Memorandumgruppe,<br />
Germanwatch, 20<strong>09</strong>. - 23 S. ° SY: C-PG3-58<br />
Pädagogik / Bildung<br />
Vom Frühstücksei zum Abendbrot : Berichte<br />
über landwirtschaftliche Produkte aus deiner<br />
Region. Bundeswettbewerb für Kinder und Jugendliche<br />
/ Bund Heimat und Umwelt in<br />
Deutschland (BHU) : Moser Druck + Verl., 2008.<br />
- 72 S.: Abb. ° SY: B-PK5-131<br />
Virtuelles Wasser - Versteckt im Einkaufskorb /<br />
Henning Smolka : Vereinigung Deutscher Gewässerschutz<br />
, 2008. - 55 S.: Abb., Diagr.,<br />
graph. Darst. ° SY: B-PK5-132.1<br />
Der Begriff "Virtuelles Wasser" beschreibt welche<br />
Menge Wasser in einem Produkt oder einer<br />
Dienstleistung enthalten ist oder zur Herstellung<br />
verwendet wird. Mit der Berechnung des virtuellen<br />
Wasserfußabdrucks, den ein Produkt oder<br />
eine Dienstleistung hat, lässt sich die ökologische<br />
Situation der Produktionsbedingungen bewerten.<br />
Der Anbau von Obst im Wüstenklima<br />
erfordert beispielsweise mehr Wasser als in gemäßigten<br />
Zonen. Zum anderen können über<br />
den Wasserfußabdruck internationale Wasserbeziehungen<br />
abgebildet werden.<br />
Home : Wir retten unsere Erde / Yann Arthus-<br />
Bertrand ; Isabelle Delannoy : Knesebeck GmbH<br />
& Co. KG, 20<strong>09</strong>. - 71 S.: Abb. ° SY: B-PK5-133<br />
Abfall : Materialien für Bildung und Information<br />
/ Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz<br />
und Reaktorsicherheit (BMU), 20<strong>09</strong>. - 26 S.: Ill. °<br />
SY: C-PK6-225<br />
Kindheit und Jugend im Wandel! Umweltbildung<br />
im Wandel? : Deutsche Bundesstiftung<br />
Umwelt (DBU) : Erich Schmidt, 20<strong>09</strong>. - 497 S.:<br />
Abb. ° SY: B-PK1-8<br />
Raumordnung / Bauwesen<br />
Jahrbuch Stadterneuerung 20<strong>09</strong> : Megacities<br />
und Stadterneuerung / Arbeitskreis Stadterneuerung<br />
an deutschsprachigen Hochschulen : Universitätsverlag<br />
TU, 20<strong>09</strong>. - 343 S.: graph. Darst.<br />
° SY: B-RA3-55.13<br />
koopstadt Stadtentwicklung Bremen, <strong>Leipzig</strong>,<br />
Nürnberg : Konzeptstudie / Stadt <strong>Leipzig</strong>, Dezernat<br />
Stadtentwicklung und Bau, 2008. - 18 S.:<br />
Abb., graph. Darst. ° SY: C-RA3-245.3<br />
Mit neuen Wegen der überregionalen Kooperation<br />
wollen Bremen, <strong>Leipzig</strong> und Nürnberg voneinander<br />
lernen und zugleich beispielgebend für<br />
andere Kommunen sein. Die Broschüre gibt einen<br />
Einblick in Projekte und Ideen, welche bis<br />
zum Jahr 2015 in allen drei Städten umgesetzt<br />
werden sollen.<br />
Projekt "koopstadt - Bremen, <strong>Leipzig</strong>, Nürnberg"<br />
- <strong>Leipzig</strong>er Schlüsselprojekte / Stadt <strong>Leipzig</strong>,<br />
Dezernat Stadtentwicklung und Bau, 2008.<br />
- 14 S. ° SY: C-RA3-245.1<br />
Integriertes Stadtentwicklungskonzept <strong>Leipzig</strong><br />
2020 (SEKo) : Vorlage des Oberbürgermeisters<br />
Drucksache Nr. <strong>IV</strong> / 3799 - <strong>Leipzig</strong> : o. V., 20<strong>09</strong>.<br />
- getr. Sz., Abb., Kart. ° SY: C-RA3-117<br />
Stadtentwicklungsplan Zentren : Fortschreibung<br />
2008, Vorlage des Oberbürgermeisters, Drucksache<br />
Nr. <strong>IV</strong> / 3595 - <strong>Leipzig</strong> : o. V., 20<strong>09</strong>. - getr.<br />
Sz., Abb., graph. Darst., Kart. ° SY: C-RA3-61.3<br />
Stadtentwicklung <strong>Leipzig</strong> 1989 - 20<strong>09</strong> : Eine Untersuchung<br />
unter besonderer Berücksichtigung<br />
der Sichtweisen und Bewertungen des Fachausschusses<br />
Stadtentwicklung und Bau / Lea<br />
Sch<strong>mit</strong>t, 20<strong>09</strong>. - 101 S. ° SY: C-RA3-430<br />
Monitoringbericht 2008 - Wohnungsmarktentwicklung,<br />
Stadterneuerung, Stadtumbau : Stadt<br />
<strong>Leipzig</strong>, Drs-Nr. <strong>IV</strong>/4005 : o. V., 20<strong>09</strong>. - 56 S.:<br />
Diagr., graph. Darst. Tab. ° SY: C-RA3-431<br />
Regenerierung der Städte : Strategien der Politik<br />
und Planung im Schrumpfungskontext : VS<br />
Verl., 20<strong>09</strong>. - 360 S.: Abb. ° SY: B-RA3-227<br />
Behandelt werden lokale Strategien der Regenerierung<br />
in schrumpfenden Städten Ostdeutschland,<br />
welche auf die Zuwanderung neuer Bewohner,<br />
die Schaffung neuer Arbeitsplätze und<br />
die städtebauliche Erneuerung zielen. Es wird in<br />
empirischen Fallstudien der Frage nachgegangen,<br />
inwieweit politisch-planerische Strategien<br />
Leitbilder und Projekte <strong>mit</strong>einander verknüpfen,<br />
welche Pfadabhängigkeiten sie aufweisen und<br />
wie lokale Strategien durch übergeordnete<br />
staatliche Ebenen beeinflusst werden.<br />
Städte und Baugemeinschaften / Stefan Krämer<br />
; Gerd Kuhn : Karl Krämer, 20<strong>09</strong>. - 247 S.: Abb.,<br />
graph. Darst. ° SY: B-RA3-167<br />
Die Wüstenrot Stiftung hat verschiedene Ansätze<br />
und Formen von kommunalen Handlungsstrategien<br />
zur Reduzierung der Abwanderung in<br />
einem Forschungsprojekt untersucht. Teilweise<br />
bestehen diese Maßnahmen aus einer direkten<br />
Unterstützung von Baugemeinschaften, Baugruppen<br />
oder neuen Genossenschaften, teilweise<br />
wird eine allgemeine Plattform für den Austausch<br />
von Informationen, Angeboten und Kontakten<br />
zwischen Anbietern und Nachfragern<br />
rund um das Wohnen in der Stadt eingerichtet.<br />
Naturschutz und Lebensqualität in Städten und<br />
Gemeinden : Gute Beispiele aus dem Wettbewerb<br />
/ Deutsche Umwelthilfe, 20<strong>09</strong>. - 34 S.:<br />
Abb., graph. Darst. ° SY: C-RA4-20<br />
Energieeffizientes und solares Bauen : Jahrestagung<br />
des ForschungsVerbunds Erneuerbare E-<br />
nergien 2008 : Selbstverl., 20<strong>09</strong>. - 144 S.: Abb.,<br />
Diagr. ° SY: C-RA5-133<br />
Vom Altbau zum Niedrigenergie + Passivhaus :<br />
Gebäudesanierung, neue Energiestandards, Planung<br />
und Baupraxis - 7. verb. Aufl. : Ökobuch,<br />
2008. - 261 S.: Abb., graph. Darst., Ill. ° SY: B-<br />
RA5-154<br />
Heizungsmodernisierung : Systemlösungen <strong>mit</strong><br />
erneuerbarer Wärme in Wohngebäuden / Frank<br />
Hartmann : Solarpraxis, 2008. - getr. Sz., Abb.,<br />
Diagr., graph. Darst. ; Ringordner - (Beratungspaket)<br />
+ CD-ROM ° SY: C-RA5-126<br />
Marktübersicht : Pellet-Zentralheizungen und<br />
Pelletöfen / Fachag. Nachwachsende Rohstoffe,<br />
2008. - 144 S.: Diagr., Tab. ° SY: C-RA5-130.2<br />
Marktübersicht : Scheitholzvergaserkessel.<br />
Scheitholz-Pellet-Kombinationskessel / Fachag.<br />
Nachwachsende Rohstoffe, 2008. - 144 S.: Diagr.,<br />
Tab. ° SY: C-RA5-130.3<br />
Die Vor-Ort-Energieberatung / Bernd Söllner :<br />
C.F. Müller; Alembik Verl., 2008. - 90 S.: Abb.,<br />
Diagr., graph. Darst., Tab. ° SY: B-EN6-64<br />
Große Solarwärmeanlagen für Gebäude : Sonne<br />
liefert warmes Wasser und unterstützt die<br />
Raumbeheizung / Martin Schnauss. - BINE Informationsdienst,<br />
2008. - 19 S.: Abb, Diagr.,graph.<br />
Darst. ° SY: C-RA5-129<br />
Welche Gebäude eignen sich besonders für große<br />
Solaranlagen? Was ist vorteilhafter: Nur<br />
Warmwasser erzeugen oder auch heizen <strong>mit</strong> solarer<br />
Wärme? Welche Dimensionierung ist unter<br />
Kostengesichtspunkten optimal, welches Anlagenkonzept<br />
hat die Nase vorn, welche typischen<br />
Planungs- oder Installationsfehler sollte man<br />
vermeiden oder was sind die Erfolgsfaktoren für<br />
erfolgreiche Projekte? Die aufgeführten Analysen<br />
beziehen sich auf Anlagen <strong>mit</strong> über 100<br />
Quadratmetern Kollektorfläche und Gebäude<br />
unterschiedlich Typs.<br />
Bausanierung : Erkennen und Beheben von Bauschäden<br />
/ Stahr, Michael - 4., vollst. überarb. u.<br />
akt. Aufl. : Vieweg + Teubner / GWV, 20<strong>09</strong>. -<br />
732 S.: Abb. graph. Darst., Tab.° SY: B-RA5-126<br />
Neues Bauen <strong>mit</strong> Stroh / Herbert Gruber; Astrid<br />
Grober; Helmuth Santler. - 3. vollst. überarb. u.<br />
erg. Aufl. : Ökobuch, 2008. - 1<strong>09</strong> S.: Abb., Ill. °<br />
SY: B-RA5-98
Weitere Neueingänge 6<br />
Sozialwissenschaften<br />
Parkraumprobleme in Schleußig: Anwohnerbefragung<br />
und Evaluation freiwilliger Verhaltensänderungen<br />
während eines Testzeitraumes<br />
: Abschlussbericht : Helmholtz Zentrum<br />
für Umweltforschung - <strong>UFZ</strong>, 2008. - 56 S.:<br />
Diagr., Tab. ° SY: C-SW3-139<br />
Grün, grün, grün ist alles, was wir kaufen :<br />
Lügen bis das Image stimmt / Toralf Staud :<br />
Droemer Knaur, 20<strong>09</strong>. - 272 S.: Abb. ° SY: B-<br />
SW3-108<br />
Plötzlich sind alle Klimaretter! Ökostrom von<br />
E.on, umweltfreundlich fliegen <strong>mit</strong> Lufthansa,<br />
Porsche fahren und das Klima schützen -<br />
neuerdings versprechen Firmen das Blaue<br />
vom Himmel. Solches greenwashing funktioniert<br />
nur, solange niemand nachfragt. Ein<br />
genauer Blick und detaillierte Recherche dagegen<br />
lassen die <strong>mit</strong> großem Aufwand produzierten<br />
Luftblasen schnell platzen.<br />
Demografischer Wandel : Ein Politikvorschlag<br />
unter besonderer Berücksichtigung der Neuen<br />
Länder / Berlin-Inst. für Bevölkerung u.<br />
Entwicklung, 20<strong>09</strong>. - 63 S. ° SY: C-SW3-138<br />
Scheidewege 20<strong>09</strong>/2010 : Jahresschrift für<br />
skeptisches Denken : S. Hirzel, 20<strong>09</strong>. - 411 S.<br />
° SY: B-SW9-13.22<br />
Umweltschutz<br />
Ihr Recht auf Umweltinformationen : Leitfaden<br />
für Bürgerinnen und Bürger / Martin<br />
Jänsch ; Franziska Sperfeld ; Michael Zschiesche<br />
: UfU, 20<strong>09</strong>. - 58 S. ° SY: C-UM5-54<br />
Dieser Leitfaden ist für Bürgerinnen und Bürger,<br />
Verbände und Vereinigungen geschrieben,<br />
die das Umweltinformationsrecht in<br />
Deutschland anwenden wollen. Er gibt Praxistipps<br />
für das Stellen von Anträgen nach<br />
dem Umweltinformationsgesetz und im Falle<br />
einer Ablehnung zeigt er mögliche Vorgehensweisen<br />
auf.<br />
Eine Stadt macht blau / Boris Palmer : Droemer<br />
Knaur, 20<strong>09</strong>. - 223. S.: Abb. ° SY: B-<br />
UM3-94<br />
Klima schützen, Geld sparen, besser leben:<br />
Tübingen will Modellstadt sein. Die schwäbische<br />
Universitätsstadt hat deshalb 2006 den<br />
damals 34-jährigen Grünen-Politiker Boris<br />
Palmer zum Oberbürgermeister gewählt. Er<br />
zeigt in diesem Buch, dass Klimaschutz am<br />
besten dort gelingt, wo sich die Menschen<br />
kennen und auskennen - in den Städten und<br />
Gemeinden.<br />
Zur Lage der Welt 20<strong>09</strong> : Ein Planet vor der<br />
Überhitzung / Worldwatch Institute : Westfälisches<br />
Dampfboot, 20<strong>09</strong>. - 318 S.: Abb., Diagr.<br />
° SY: B-UM1-6.25<br />
Der seit über 25 Jahren in den Debatten um<br />
ökologische Nachhaltigkeit richtungweisende<br />
Report Zur Lage der Welt zeigt auf, welche<br />
Technologien, Verhaltensweisen, Institutionen<br />
und Abkommen notwendig sind, um die<br />
Treibhausgase zu senken und so die von vielen<br />
Wissenschaftlern prognostizierte Klimakatastrophe<br />
abzuwenden.<br />
Jahrbuch Ökologie 2010 : Umwälzung der<br />
Erde. Konflikte um Ressourcen : S. Hirzel,<br />
20<strong>09</strong>. - 248 S.: Abb. ° SY: B-UM1-24.19<br />
Das "Jahrbuch Ökologie" enthält viele kluge<br />
Ideen und Beispiele für die Erschließung, die<br />
Schonung und das Recycling von Ressourcen.<br />
Es zeigt, wie wir vom "Ressourcenfieber" befreit<br />
werden können, wie die Wirtschaft<br />
schlanker, die Gesellschaft genügsamer und<br />
Institutionen zu Umweltkommissaren und<br />
Nachhaltigkeitsagenten werden können.<br />
Home : [erkennen, sich informieren, Fragen<br />
verstehen, handeln] Ein Projekt von Yann Arthus-Bertrand<br />
und der Organisation<br />
GoodPlanet.org / Y. Arthus-Bertrand : Knesebeck,<br />
20<strong>09</strong>. - 190 S.: Abb. ° SY: B-UM4-54<br />
Arktisches Monopoly : Der Kampf um die<br />
Rohstoffe der Polarregion / Christoph Seidler<br />
: DVA, 20<strong>09</strong>. - 282 S. ° SY: B-UM4-42<br />
Verkehr<br />
Goodbye Auto : Ein Leben ohne Führerschein<br />
/ Carsten Otte: Goldmann, 20<strong>09</strong>. - 348 S. °<br />
SY: B-VE2-4<br />
Mobilität im regenerativen Zeitalter : Was<br />
bewegt uns nach dem Öl? / Matthias Brake :<br />
Heise, 20<strong>09</strong>. -146 S.: Abb. ° SY: B-VE1-10<br />
Maßnahmeplan autoarme Innenstadt : Stadt<br />
<strong>Leipzig</strong>. Vorlage des Oberbürgermeisters.,<br />
Beschluss der Ratsversammlung vom<br />
16.<strong>09</strong>.20<strong>09</strong> - 7 S.: Anl. ° SY: S-VE3-26.5<br />
Klimaschutz im Stadtverkehr: 40 % weniger<br />
CO2 - (k)ein Problem? : Dokumentation der<br />
Fachtagung "Kommunal mobil - Klimaschutz<br />
im Stadtverkehr" : Bracher, Tilman (Deutsches<br />
Institutr für Urbanistik), 20<strong>09</strong>. - 139 S.:<br />
Diagr., graph. Darst. ° SY: C-VE2-114<br />
Wasser<br />
Weltmacht Wasser : Weltreporter berichten :<br />
F. A. Herbig, 20<strong>09</strong>. - 254 S.: Abb. ° SY: B-<br />
WA9-23<br />
Das blaue Gold ist ein Segen und Fluch. Denn<br />
die Versorgung <strong>mit</strong> Wasser stellt die<br />
Menschheit vor die vielleicht größte Herausforderung<br />
der Zukunft. Unaufhörlich steigende<br />
Meeresspiegel bedrohen Küsten und<br />
ganze Länder. Andernorts könnte das Wasser<br />
in wenigen Jahren völlig versiegt sein. Fünfzehn<br />
Weltreporter werfen ein Schlaglicht auf<br />
die brisante Lage in vielen Teilen der Erde.<br />
Wasserversorgung im Umbruch : Der Bevölkerungsrückgang<br />
und seine Folgen für die öffentliche<br />
Wasserwirtschaft / Alexandra Lux :<br />
Campus, 20<strong>09</strong>. - 307 S. ° SY: B-WA3-86<br />
Der Wasser-Fussabdruck Deutschlands : Woher<br />
stammt das Wasser, das in unseren Lebens<strong>mit</strong>teln<br />
steckt? : WWF Deutschland,<br />
20<strong>09</strong>. - 38 S. ° SY: C-WA9-11<br />
REGJO : Seensucht - <strong>Leipzig</strong> : REGJO-Verl.,<br />
20<strong>09</strong>. - 104 S.: Abb., Ill. ° SY: C-WA2-254<br />
Ausgabe des REGJO-Magazins über die neue<br />
Seenlandschaft in Mitteldeutschland<br />
Wald<br />
Waldzustandsbericht 2008 / Sächsisches<br />
Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft<br />
(SMUL), 2008. - 48 S.: Abb., Diagr.,<br />
Tab. ° SY: C-WD2-64.10<br />
Wirtschaft<br />
Gewinn <strong>mit</strong> Sinn : Wie Sie Ihr Geld sicher anlegen<br />
- <strong>mit</strong> gutem Gewissen. Der nachhaltige<br />
Finanzratgeber / Mechthild Upgang : oekom,<br />
20<strong>09</strong>. - 279 S.: Diagr., graph. Darst., Tab. °<br />
SY: B-WI3-101<br />
Die neue Weltwirtschaftskrise / Paul Krugmann<br />
: Campus, 20<strong>09</strong>. - 248 S. ° SY: B-WI2-<br />
117<br />
Schon vor zehn Jahren wies Paul Krugmann<br />
auf die Rückkehr der ökonomischen Übel hin,<br />
die in den dreißiger Jahren die Weltwirtschaftskrise<br />
auslösten. In diesem Buch zeigt<br />
der Nobelpreisträger, wie die mangelnde Regulierung<br />
der Finanzmärkte die Vorraussetzungen<br />
für eine Rückkehr der Weltwirtschaftskrise<br />
schuf. Fundiert legt er dar, welche<br />
Schritte unternommen werden müssten,<br />
da<strong>mit</strong> die Krise eingedämmt werden kann.<br />
Jahrbuch Ökologische Ökonomik : Diskurs<br />
Klimapolitik : Metropolis, 20<strong>09</strong>. - 319 S. ° SY:<br />
B-WI1-50.6<br />
Im neue Band des Jahrbuchs haben namhafte<br />
Ökonomen ihre Position zu drängenden Fragen<br />
der Klimapolitik pointiert zu Papier gebracht<br />
und zur Diskussion gestellt. Ihre Beiträge<br />
werden von ebenfalls namhaften Ökonomen<br />
kommentiert und kritisiert. Abgerundet<br />
wird der Diskurs durch eine Erwiderung,<br />
der Autoren der Hauptbeiträge auf ihre<br />
Kommentatoren. So arbeitet das Jahrbuch<br />
die Kontroversen, die sich an den zentralen<br />
Fragen entzünden, klar heraus und leistet so<br />
einen wichtigen Beitrag zur politischen und<br />
ökonomischen Diskussion um den richtigen<br />
Weg zu einer rationalen Klimapolitik.<br />
Ökologische Ökonomie : Eine Einführung /<br />
Holger Rogall : VS Verl. für Sozialwissenschaften,<br />
2008. - 372 S. ° SY: B-WI3-84<br />
Ein Lehrbuch, dass auch allen Interessierten<br />
außerhalb der Hochschule einen informativen<br />
Überblick über diese neuere Teildisziplin der<br />
Wirtschaftswissenschaften bietet.<br />
Die nächste industrielle Revolution : Die<br />
Cradle to Cradle-Community / Braungart,<br />
Michael; McDonough, William: Eur. Verlagsanstalt,<br />
2008. - 245 S.: Abb. ° SY: B-WI3-82<br />
Im Zentrum der "nächsten industriellen Revolution"<br />
steht das Konzept der ökologisch effektiven<br />
und sozio-ökonomisch erfolgreichen<br />
Produktionsweise "Cradle to Cradle" - Von<br />
der Wiege zur Wiege. Das heißt: Produkte<br />
werden so konzipiert, dass sie nicht zu Abfall<br />
werden, sondern nach Gebrauch wieder zu<br />
möglichst 100% einsetzbar sind.<br />
Transfer von Umweltmanagementsystemen:<br />
Mit Unternehmensnetzwerken aus der Effizienzfalle?<br />
/ Müller-Christ, Georg ; Hülsmann,<br />
Michael : Lit, 2008. - 175 S.: Diagr., graph.<br />
Darst. ° SY: B-WI3-100
7 Zeitschriftenrundschau<br />
Vorgestellt<br />
Periodika in der <strong>Umweltbibliothek</strong><br />
_________________________________________<br />
Natur und Landschaft<br />
Zeitschrift für Naturschutz u. Landschaftspflege<br />
Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.)<br />
Verlag W. Kohlhammer ° monatlich ° Z-187<br />
Die Zeitschrift<br />
wird vom<br />
Bundesamt für<br />
Naturschutz, der<br />
zentralen wissenschaftlichen<br />
Behörde des<br />
Bundes für den<br />
nationalen und<br />
internationalen<br />
Naturschutz, herausgegeben.<br />
Sie geht auf die<br />
1920 begründete<br />
Zeitschrift<br />
„Vogelschutz“ zurück und ist die älteste regelmäßig<br />
erscheinende Zeitschrift für Naturschutz<br />
und Landschaftspflege im deutschsprachigen<br />
Raum. Sie befasst sich <strong>mit</strong> ökologischen, ökonomischen<br />
und sozialen Aspekte von Naturschutz<br />
(vor allem in Deutschland und Europa)<br />
und will über die Erhaltung der Natur, die Pflege<br />
der Landschaft sowie eine nachhaltige und naturverträgliche<br />
Nutzung der Naturgüter umfassend<br />
informieren. Da<strong>mit</strong> wendet sie sich an interessierte<br />
Menschen in Fachbehörden, Naturschutzverbänden,<br />
Planungsbüros, Wissenschaft<br />
und alle im Naturschutz engagierten Personen.<br />
Begutachtete Aufsätze ver<strong>mit</strong>teln wissenschaftliche<br />
und fachliche Grundlagen des Naturschutzes<br />
sowie Erfahrungen aus der Praxis. Kurze Beiträge<br />
präsentieren aktuelle Themen oder beleuchten<br />
wichtige Ereignisse im Naturschutz. Der<br />
Rubrikenteil umfasst <strong>Nachrichten</strong> und Kommentare,<br />
neue Publikationen und Gerichtsentscheidungen.<br />
_________________________________________<br />
Ausgesucht<br />
Aktuelle Zeitschriftenbeiträge<br />
_________________________________________<br />
Nachfolgend ein Blick in ausgewählte aktuelle<br />
Ausgaben unserer Zeitschriften. Einzelne Artikel<br />
sind <strong>mit</strong> ° gekennzeichnet und können gegen<br />
Kostenerstattung als Kopie bestellt werden.<br />
Gen-ethischer Informationsdienst<br />
Schwerpunkt: Unfruchtbarkeit als Geschäft<br />
Wenn Landwirte ihre Ernten nicht mehr nutzen<br />
können, um sie im nächsten Jahr wieder auszusäen,<br />
steht das Recht am Saatgut und da<strong>mit</strong> die<br />
Nahrungssouveränität auf dem Spiel. Unter dem<br />
Begriff ‚Terminator-Technologie’ werden Samen<br />
<strong>mit</strong> gentechnischen Mitteln unfruchtbar gemacht<br />
- die Saatgutkonzerne verkaufen Saaten,<br />
die einmal keimen, während die Samen dieser<br />
Pflanzen nicht mehr keimfähig sind. So müssen<br />
die Bauern ihr Saatgut jedes Jahr wieder bei den<br />
Konzernen einkaufen, die auch gleich die passenden<br />
Dünge- und Spritz<strong>mit</strong>tel <strong>mit</strong> verkaufen.<br />
° Ricarda Steinbrecher: Terminator Technologie<br />
Über die Technologie und den aktuellen Forschungsstand.<br />
° Christof Potthof: Terminator@EU<br />
Über das ‘Transcontainer’-Projekt der EU und die<br />
internationale Kritik an dem Versuch, die Möglichkeit<br />
von Koexistenz zwischen gentechnisch<br />
veränderten Pflanzen und anderen Anbauformen<br />
zu behaupten<br />
° Martha Mertens: Who pays - who profits?<br />
Über das Interesse der Saatgutkonzerne an der<br />
Terminator-Technologie und deren Auswirkungen<br />
für die bäuerliche Landwirtschaft und Kulturpflanzenvielfalt.<br />
° Susanne Gura: No Sex on the Beach<br />
Sterile, gentechnisch veränderte Lachse - auch<br />
Tiere werden privates Eigentum. (196/<strong>09</strong>)<br />
Immissionsschutz<br />
° Peter Bruckmann u.a.: Welche Anforderungen<br />
stellen die neuen europäischen Regelungen zu<br />
der Feinstaubfraktion PM 2,5 an den Immissionsschutz?<br />
Neben Grenzwerten für Feinstaub der Größe<br />
PM 10 gelten zukünftig auch Grenzwerte für die<br />
Feinstaubfraktion PM 2,5 . Der Beitrag untersucht<br />
nach der Vorstellung der neuen Regelungen die<br />
Frage, ob von den neuen Regelungen zusätzliche<br />
Anforderungen an den Immissionsschutz in<br />
Deutschland gestellt werden. Aus den vorhandenen<br />
Messreihen wird geschlussfolgert, das<br />
PM 10 bis 2020 die strengere Regelungsgröße<br />
darstellt, die Grenzwerte für PM 2,5 demgegenüber<br />
einfacher eingehalten werden könnten.<br />
(3/<strong>09</strong>)<br />
Natur & Kosmos<br />
° Thomas Weidenbach, Heinz Greuling: Jagd auf<br />
die Umwelt-Mafia<br />
Experten nennen sie in einem Atemzug <strong>mit</strong> Waffen-<br />
und Drogenschmuggel - Verbrechen gegen<br />
die Umwelt. Wilderer, Piratenfischer oder Chemieschmuggler<br />
verdienen Millionen, indem sie<br />
sich einen Dreck um internationale Abkommen<br />
und Gesetze scheren. Bericht der Autoren der<br />
WDR-Filmreihe „Eco-Crimes“. (11/<strong>09</strong>)<br />
Ökologisches Wirtschaften<br />
° Eva Reisinger: Von der Schwierigkeit, Feinstaub<br />
zu reduzieren. Wissen, Nachhaltigkeit und Governance<br />
in der lokalen Umweltpolitik<br />
Aus einem Forschungsprojekt, das die Umsetzung<br />
jüngerer umweltpolitischer Richtlinien der<br />
EU auf der lokalen Ebene von Städten und Gemeinden<br />
untersucht, berichtet die Autorin exemplarisch<br />
über die Umsetzung der EU-<br />
Luftreinhalterichtlinie („Feinstaub-Richtlinie“) in<br />
der Stadt Potsdam. Die lokale Umweltpolitik<br />
bleibt dabei in gewohnten Formen der Wissensgenerierung<br />
und von Hierarchien gefangen. Die<br />
Einbindung von Bürgern <strong>mit</strong> ihrem Alltagswissen<br />
und Erfahrungswerten bleibt außen vor, neue<br />
Handlungsalternativen aus einem breiteren Diskurs<br />
über umwelt- und verkehrspolitische Fragestellungen<br />
werden nicht gewonnen. (3/<strong>09</strong>)<br />
Umweltpsychologie<br />
° Banne Friedmann, Nicola Döring, Dirk Westermann:<br />
Passives Verbraucherverhalten auf<br />
dem liberalisierten Strommarkt: eine Interviewstudie<br />
zu Nicht-Wechselgründen von Stromkunden<br />
Ergebnisse einer Studie zu Alternativen auf dem<br />
deutschen Strommarkt (Ökostromanbieter) und<br />
den in Leitfaden-Interviews gewonnenen Erkenntnissen,<br />
über die, verglichen <strong>mit</strong> dem Telekommunikationsmarkt,<br />
geringe Bereitschaft der<br />
VerbraucherInnen, den Stromanbieter zu wechseln.<br />
(1/<strong>09</strong>)<br />
UVP Report<br />
Schwerpunkt Umweltprüfung<br />
° Ulrich Staiger: Energieeffizienz und Solarenergienutzung<br />
in der Bauleitplanung - Gesellschaftliche<br />
Erfordernisse, rechtliche Möglichkeiten und<br />
Grenzen<br />
Über die Möglichkeiten, Umwelt- und Klimaschutzziele<br />
auf kommunaler Ebene in Bebauungsplänen,<br />
vorhabenbezogenen Bebauungsplänen<br />
und städtebaulichen Verträgen umzusetzen.<br />
Was kann festgesetzt werden und welche<br />
Regelungen gehen über den Ermächtigungsrahmen<br />
des Baugesetzbuches hinaus?<br />
° Ulrike Fuhrer, Sandra Weber: Klimaschutz in<br />
der Bauleitplanung - Umsetzung klimaschützender<br />
Ziele in der Bauleitplanung der Universitätsstadt<br />
Tübingen<br />
Die Stadt Tübingen stellt für jeden einzelnen Bebauungsplan<br />
ein Energiekonzept auf und optimiert<br />
den Plan da<strong>mit</strong> (z.B. Gebäudeausrichtung,<br />
Kompaktheit, Abstände und Höhen der Bebauung).<br />
Die so gefundenen energetischen Standards<br />
werden dann in städtebaulichen, Kaufoder<br />
Durchführungsverträgen festgeschrieben<br />
und die Bauherren werden intensiv zu den Umsetzungsmöglichkeiten<br />
beraten, was zu sehr positiven<br />
Ergebnissen führt.<br />
Michael Koch: Gesundheitsvorsorge durch<br />
Lärmminderungsplanung - am Beispiel der Stadt<br />
Leinfelden-Echterdingen<br />
Die Stadt Leinfelden-Echterdingen verfolgt nicht<br />
nur die Lärmaktionsplanung nach EU-<br />
Umgebungslärmrichtlinie, sondern eine umfassende<br />
Lärmminderungsplanung, die auch andere<br />
als Verkehrs-Lärmquellen erfasst, Gesamtlärmbelastungen<br />
abbildet und darauf gestützt<br />
den Flächennutzungsplan insbesondere in Bezug<br />
auf die Auswesung neuer Wohnbaustandorte<br />
optimiert. So werden lärminduzierte Konflikte<br />
minimiert und Gesundheitsvorsorge betrieben.<br />
(1+2/<strong>09</strong>)<br />
Verkehrszeichen<br />
° Maria Limbourg: Was lernen Kinder auf dem<br />
Weg zur Schule?<br />
Der Weg zur Schule ist „Lernweg“, auf dem<br />
Kinder vielfältige motorische, kognitive und soziale<br />
Kompetenzen erwerben können. Voraussetzung<br />
ist, dass der Schulweg nicht im elterlichen<br />
Auto, sondern zu Fuß, <strong>mit</strong> dem Fahrrad<br />
oder <strong>mit</strong> dem öffentlichen Verkehr zurückgelegt<br />
wird. (3/<strong>09</strong>)<br />
Zeitschrift für Umweltrecht<br />
° Fahrverbot in der Umweltzone<br />
VG Stuttgart, Urteil vom 16.6.20<strong>09</strong> - 6 K<br />
1387/<strong>09</strong>; Leitsatz: Zu den Ausnahmen vom<br />
Fahrverbot in einer Umweltzone (hier: Wohnmobil,<br />
Baujahr 1991, ohne Nachrüstmöglichkeit)<br />
(10/<strong>09</strong>)
8 20 Jahre Ökolöwe<br />
Der ÖKOLÖWE - Umweltbund <strong>Leipzig</strong> e.V. feiert<br />
im November seinen zwanzigsten Geburtstag.<br />
Grund genug, einmal offensiv für eine Mitgliedschaft<br />
in <strong>Leipzig</strong>s erstem eigenständigen Umweltschutzverein<br />
zu werben.<br />
<strong>Umweltbibliothek</strong>, Stadtgarten, Streuobstwiesenpflege,<br />
Kompostberatung, Bio-Einkaufsführer<br />
für Sachsen, Schutz der Weinteichsenke,<br />
Walderlebnisführungen, Ernährungsführerschein,<br />
gentechnikfreie Region, Klima-Allianz-<br />
<strong>Leipzig</strong> - viele Themen & viele Aktionen für die<br />
der Ökolöwe steht. Und viele Erfolge in den letzten<br />
20 Jahren. Je mehr Menschen dem Ökolöwen<br />
<strong>mit</strong> ihrer Stimme Gewicht verleihen, umso<br />
mehr politische Durchsetzungskraft hat er! Mit<br />
einem Jahresbeitrag ab 40 Euro (Sozialbeitrag<br />
20,-) unterstützen Sie als Mitglied eine umweltgerecht<br />
und ökologisch nachhaltige Entwicklung<br />
unserer Region. Neben den guten Gründen, ein<br />
Ökolöwe zu werden, gibt es auch interessante<br />
Vorteile:<br />
- regelmäßiger Bezug der Vereinszeitung „Löwenmaul“<br />
- Teilnahme an spannenden Veranstaltungen für<br />
die ganze Familie kostenlos oder ermäßigt<br />
- 50 Euro Ersparnis, wenn Sie sich bei teilAuto<br />
zum Carsharing anmelden<br />
- den einzigartig leckeren Streuobstwiesenapfelsaft<br />
des Ökolöwen zum Vorteilspreis<br />
Arbeit, Erfolge, Infos: www.oekoloewe.de<br />
<strong>Leipzig</strong>er Ökofete - die auch bereits seit 19 Jahren vom Ökolöwen<br />
organisierte größte Umweltveranstaltung <strong>Leipzig</strong>s.<br />
www.internet.de<br />
Hier finden Sie informative Angebote im Internet.<br />
Eine Zusammenstellung wichtiger Internetadressen<br />
finden Sie zudem auf unseren<br />
Web-Seiten unter „Links“.<br />
Argumente gegen Klimaskeptiker:<br />
www.umweltbundesamt.de/klimaschutz/klim<br />
aaenderungen/faq/index.htm<br />
www.wissenslogs.de/wblogs/blog/klimalounge/<br />
www.pik-potsdam.de/~stefan/klimaskeptiker.html<br />
Selbst die USA haben sich bewegt und halten<br />
den Klimawandel nicht mehr für das Hirngespinst<br />
einiger hundert oder tausender verrückter<br />
Wissenschaftler. Aber die sogenannten<br />
‚Klimaskeptiker’ sind immer wieder zu<br />
hören und meinen, der Mensch könne das<br />
Klima gar nicht beeinflussen und würde nicht<br />
mal verstehen, wie es eigentlich zustande<br />
kommt. Zuletzt (13.11.) konnte man auch in<br />
der <strong>Leipzig</strong>er Volkszeitung ein Pro & Contra<br />
zum Klimawandel lesen. Explizit <strong>mit</strong> den Argumenten<br />
der Klimaskeptiker auseinandergesetzt<br />
haben sich der führend an den IPPC-<br />
Berichten beteiligte Wissenschaftler Stefan<br />
Rahmsdorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung<br />
und das Umweltbundesamt.<br />
Auf deren Webseiten findet man klare Antworten<br />
auf die Fragen und Behauptungen<br />
der Skeptiker und insbesondere bei Rahmsdorf<br />
auch eine Auseinandersetzung <strong>mit</strong> dem<br />
Umgang der Medien zu diesem Thema.<br />
Klimaschutz für <strong>Leipzig</strong>er:<br />
www.leipzig.de/klimaschutz/<br />
Das <strong>Leipzig</strong>er Amt für Umweltschutz hat sich<br />
des Themas Klimaschutz angenommen und<br />
im städtischen Internetangebot eine Unterseite<br />
zu diesem Thema eingerichtet. In kurzen<br />
Beiträge und <strong>mit</strong> dem Angebot zum Herunterladen<br />
weiterführender Dokument wird<br />
u.a. auf die Themen Klimawandel, Klimabilanz<br />
<strong>Leipzig</strong> sowie Klimapolitik in Deutschland,<br />
Sachsen und <strong>Leipzig</strong> eingegangen. Die<br />
Rubrik „Was kann ich tun?“ verbindet dann<br />
Informationen zum häuslichen Energieverbrauch<br />
<strong>mit</strong> Tipps zu sinnvollen Reduzierungsmöglichkeiten.<br />
Links zu Checklisten,<br />
Übersichten energiesparender Geräte und<br />
anderen informativen Internetseiten und Beratungsangeboten<br />
vervollständigen diese e-<br />
benso erfreuliche wie überfällige Initiative<br />
(die auch auf das Informationsangebot der<br />
<strong>Umweltbibliothek</strong> verweist).<br />
Förderkompass Energie<br />
www.energiefoerderung.info<br />
An vielen privaten Häusern müsste energetisch<br />
einiges verbessert werden. EU, Bund,<br />
Länder, Gemeinden und Energieversorger<br />
bieten genau dafür diverse Förderprogramme<br />
an. Angebot und Nachfrage führt die Internetseite<br />
des BINE Informationsdienstes zusammen.<br />
Ob jemand Strom aus Sonnenenergie<br />
erzeugen, Warmwasser solar erwärmen,<br />
eine neue Heizung einbauen, Fassade und<br />
Dach dämmen oder neue Fenster <strong>mit</strong> Wärmeschutzverglasung<br />
einbauen will - in der<br />
tagesaktuell gepflegten Datenbank können<br />
Privatpersonen online ihre ganz individuelle<br />
Förderung zusammenstellen. Neben der Angabe<br />
der Postleitzahl, für den Standort des<br />
Gebäudes, können in einem Menu die geplanten<br />
Maßnahmen angeklickt werden. Als<br />
Ergebnis erhält man alle relevanten Bundesund<br />
Landesprogramme und gegebenenfalls<br />
Fördermöglichkeiten der Kommune und des<br />
Energieversorgers..<br />
rq<br />
Abo & Unterstützung<br />
Sie können die <strong>Nachrichten</strong> aus der<br />
<strong>Umweltbibliothek</strong> auch kostenfrei als pdf-Datei<br />
abonnieren.<br />
Mailen Sie uns einfach Ihre Bestellung!<br />
Den Gesamtkatalog der <strong>Umweltbibliothek</strong><br />
und viele weitere Informationsangebote<br />
finden Sie zur eigenen Recherche im<br />
Internet unter<br />
www.umweltbibliothek-leipzig.de<br />
Gefördert von: Stadt <strong>Leipzig</strong> (Amt für Umweltschutz, Amt für Wirtschaftsförderung), Bürgerstiftung <strong>Leipzig</strong>,<br />
ESF-Fonds der Europäischen Union, Land Sachsen, Stadtwerke <strong>Leipzig</strong> und Sparkasse <strong>Leipzig</strong><br />
Impressum: <strong>Nachrichten</strong> aus der <strong>Umweltbibliothek</strong> <strong>Leipzig</strong> erscheinen 4 x jährlich und werden an verschiedenen öffentlichen Stellen <strong>Leipzig</strong>s ausgelegt ° Bezug:<br />
kostenfrei per E-Mail und auf www.umweltbibliothek-leipzig.de ° Konzept, Redaktion, Gestaltung & V.i.S.d.P.: Roland Quester (rq) ° Herstellung: <strong>Umweltbibliothek</strong><br />
<strong>Leipzig</strong>, eine Einrichtung des Ökolöwen – Umweltbundes <strong>Leipzig</strong> e. V. ° hergestellt auf 100 % Recyclingpapier
<strong>UFZ</strong>-Spezial<br />
HELMHOLTZ-ZENTRUM FÜR Umweltforschung – <strong>UFZ</strong> Dezember 20<strong>09</strong><br />
IN Sachen Klimawandel<br />
Überall dort, wo der Mensch begonnen hat, Wüsten landwirtschaftlich<br />
zu nutzen, kämpft er gegen Bodenversalzung und<br />
Austrocknung. Der Klimawandel wird die Situation in vielen<br />
Regionen der Welt verschärfen und hinterlässt bereits heute<br />
seine Spuren. Die Antwort muss heißen: Anpassen – und<br />
zugleich das Klima schützen. Mit seiner Expertise trägt das<br />
<strong>UFZ</strong> dazu bei, die Folgen des Klimawandels zu erforschen und<br />
Anpassungsstrategien zu entwickeln.
Themen dieser Ausgabe<br />
S. 3 Vorwort des Wissenschaftlichen<br />
Geschäftsführers des <strong>UFZ</strong><br />
S. 4 – 5 Forschung für eine integrierte Klimaschutzund<br />
Klimawandelpolitik<br />
S. 6 – 7 Interview: Achim Steiner; UNEP<br />
Wir brauchen eine Klimavereinbarung<br />
S. 17 Viren auf Reisen<br />
S. 18 Giftige Aussichten<br />
S. 19 Standpunkt: Bioenergie – Hoffnungsträger<br />
für den Klimaschutz?<br />
S. 20 – 21 Klimawandel und nachhaltige Waldwirtschaft<br />
Kapitel 1: Klimawandel und Wasser<br />
S. 8 – 9 Die Zukunft des Wassers<br />
S. 10 Das Wasser des Amudaryas<br />
S. 11 Verwundbar gegenüber Extremereignissen<br />
S. 12 Von der Kalahari lernen<br />
S. 13 Regionale Klimamodelle verbessern<br />
Kapitel 3: Klimawandel und Sozioökonomie<br />
S. 22 – 23 Interview: Pavan Sukhdev; TEEB<br />
Vitale Ökosysteme schützen besser vor den Folgen<br />
des Klimawandels<br />
S. 24 Standpunkt: Kosten der Klimaanpassung<br />
<strong>mit</strong> Unsicherheiten behaftet<br />
S. 25 Konflikte vermeiden, Synergien nutzen<br />
S. 26 Standpunkt: An der Kohle kommt keiner vorbei!<br />
S. 27 CO 2<br />
– Klimagasentsorgung im Untergrund?<br />
S. 28 Auf dem Weg zu einer europäischen Anpassungspolitik<br />
S. 29 Umweltrecht unter Anpassungsdruck?<br />
Kapitel 2: Klimawandel und Biodiversität<br />
S. 14 –15 ALARM: Klimawandel reißt Löcher<br />
in das Netz des Lebens<br />
S. 16 Perspektiven für Extremisten<br />
S. 30 – 31 Kurzinformationen<br />
S. 32 <strong>UFZ</strong> im Überblick<br />
2 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Klimawandel –<br />
Eine gesamtgesellschaftliche<br />
Herausforderung<br />
Die Wissenschaft ist sich einig: Das Klima<br />
ändert sich – maßgeblich auch durch den<br />
Einfluss des Menschen. Der vierte Klima-<br />
Report des Welt klimarates (IPCC) bestätigt:<br />
Ein globaler Temperaturanstieg im jährlichen<br />
Mittel in den nächsten 50 bis 100 Jahren<br />
von zwei bis vier Grad Celsius ist unvermeidlich.<br />
Selbst wenn der Klimaschutzgipfel in<br />
Kopenhagen erfolgreich sein sollte, wird die<br />
globale Erwärmung noch eine Weile anhalten.<br />
Wir wissen auch, dass eine globale<br />
Erwärmung nicht zum ersten Mal in der<br />
Erdgeschichte stattfindet, aber zum ersten<br />
Mal derartig schnell und <strong>mit</strong> 6,7 Milliarden<br />
Menschen an Bord – im Jahr 2050 werden<br />
es voraussichtlich 9 Milliarden Menschen<br />
sein. Experten sind sich auch einig: Der<br />
Klimawandel wird weit reichende Folgen<br />
für Mensch und Umwelt haben, die alle<br />
betreffen werden – direkt oder indirekt.<br />
Niederschläge werden sich anders verteilen.<br />
Starkregen, Hitzeperioden und Stürme<br />
werden sich häufen. Schleichende Veränderungen<br />
werden auf lange Sicht das Umfeld<br />
des Menschen verändern. Blütezeiten<br />
verschieben sich, Pflanzen- und Tierarten<br />
wandern, Bäche und Flüsse verändern sich,<br />
die Gebirgsgletscher schmelzen, Krankheitserreger<br />
können sich bei höheren Temperaturen<br />
besonders gut vermehren und werden<br />
den Weg in die heute gemäßigten Klimaregionen<br />
finden.<br />
Wenn sich im Dezember 20<strong>09</strong> mehr als<br />
10.000 Teilnehmer auf der Klimakonferenz<br />
in Kopenhagen treffen, wird bei den Verhandlungen<br />
neben dem Klimaschutz<br />
(Mitigation) auch die Anpassung an die<br />
Folgen des Klimawandels (Adaptation) eine<br />
wichtige Rolle spielen. Denn eine integrierte<br />
Klimapolitik besteht aus beiden Säulen.<br />
Das eine wird ohne das andere nicht funktionieren.<br />
Und wie der Klimaschutz ist auch<br />
die Anpassung eine gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe, die die Akteure aus Politik, Wirtschaft,<br />
Wissenschaft und jeden Einzelnen<br />
fordert. Der ehemalige Weltbankchef<br />
Sir Nicholas Stern hat errechnet, dass ein<br />
ungebremster Klimawandel bis zu 20 Prozent<br />
des welt weiten Bruttosozialproduktes<br />
kosten könnte. Allein schon der Verlust<br />
der biologischen Vielfalt könnte nach einer<br />
ersten Schätzung von Pavan Sukhdev, dem<br />
Leiter des Projektes zur wirtschaftlichen<br />
Bedeutung von Ökosys temen und Biodiversität<br />
(TEEB), bereits im Jahr 2050 6,3 Prozent<br />
des Weltbruttosozial produktes betragen.<br />
Diese Zahlen zeigen deutlich, dass gehandelt<br />
werden muss.<br />
Die Bundesregierung hat <strong>mit</strong> verschiedenen<br />
Forschungsprogrammen sowie der Einrichtung<br />
des Climate Service Centers (CSC) als<br />
zentrale Beratungs- und Informationsplattform<br />
zwischen Wissenschaft und Gesellschaft<br />
reagiert. Die Helmholtz-Gemeinschaft<br />
konzentriert sich <strong>mit</strong> ihren Beiträgen vor<br />
allem auf den regionalen Maßstab. Die<br />
von acht Zentren gestartete Helmholtz-<br />
Klimainitiative bündelt und koordiniert dabei<br />
sowohl originäre Prozessuntersuchungen,<br />
das Sammeln und Verarbeiten von Daten<br />
auf verschiedenen Plattformen als auch die<br />
Analyse der Auswirkungen des Klimawandels<br />
beispielsweise auf den Wasserhaushalt,<br />
die Biodiversität und die Landnutzung.<br />
Das <strong>UFZ</strong> als das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung<br />
hat besondere Kompetenzen<br />
und Erfahrungen in der Analyse komplexer<br />
Umweltsysteme und ist deshalb beim<br />
Thema Klimawandel <strong>mit</strong> seiner ganzen<br />
Palette naturwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher<br />
Forschung maßgeblich<br />
beteiligt.<br />
Einen Überblick über einige der aktuell hierzu<br />
am <strong>UFZ</strong> bearbeiteten Themen gibt ihnen<br />
das vorliegende Heft. Ich wünsche Ihnen<br />
beim Lesen viel Vergnügen.<br />
Prof. Dr. Georg Teutsch<br />
Wissenschaftlicher Geschäftsführer<br />
des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung<br />
– <strong>UFZ</strong><br />
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong> <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 3
Tausende Klimaanlagen, um sich Abkühlung in<br />
Büros und Wohnungen zu verschaffen – so könnte<br />
Anpassung an den Klimawandel aussehen, wenn<br />
die Sommer länger und heißer werden. Doch als<br />
wahre Stromfresser sind Klimaanlagen zugleich<br />
Klimasünder, die den Klimawandel weiter vorantreiben.<br />
Foto: www.fotolia.de<br />
Forschung für eine integrierte Klimaschutzund<br />
Klimawandelpolitik<br />
Um die Erderwärmung langfristig auf zwei<br />
Grad zu beschränken, bedarf es einer<br />
großen weltweiten Kraftanstrengung. Die<br />
globalen Kohlenstoffemissionen müssten ab<br />
dem kommenden Jahr (2010) stetig sinken –<br />
statt wie bislang stetig zu steigen. Nur wenn<br />
sie im Jahr 2050 noch halb so hoch sind<br />
wie 1990, kann das klimapolitische Ziel<br />
des Treffens der großen Industrienationen<br />
(G8) <strong>mit</strong> den Schwellenländern Brasilien,<br />
Indien, China und Mexiko in L’Aquila im<br />
Sommer 20<strong>09</strong> gelingen. Und selbst wenn<br />
die Trendwende beim weltweiten Kohlendioxidausstoß<br />
gelänge, müssten wir auf dem<br />
langen Weg zur Klimastabilisierung <strong>mit</strong> Temperaturanstiegen<br />
von bis zu 4 Grad Celsius<br />
im weltweiten Durchschnitt rechnen. Die<br />
Anpassung an den Klimawandel wird da<strong>mit</strong><br />
zu einer globalen Notwendigkeit.<br />
Anpassung an den Klimawandel bedeutet,<br />
dass wir unsere Verletzlichkeit gegenüber<br />
den Folgen der Erderwärmung verringern.<br />
Während wir uns in Deutschland besser für<br />
Hitze- und Starkregenereignisse rüsten<br />
müssen, geht es in anderen Ländern vor -<br />
nehmlich darum, Gefahren aus dem Meeresspiegelanstieg,<br />
extremen Wasserknappheiten<br />
und dem Verlust empfindlicher<br />
Ökosysteme wie Korallenriffen zu begegnen.<br />
Die Länder des Südens werden die Hauptlast<br />
der Folgen der Erderwärmung tragen,<br />
während die Länder des Nordens davon<br />
sogar vorübergehend profitieren. Aber <strong>mit</strong><br />
der zunehmenden Erderwärmung werden<br />
sich auch diese Vorteile in ihr Gegenteil<br />
verkehren, so dass wir langfristig weltweit<br />
<strong>mit</strong> negativen Folgen des Klimawandels<br />
rechnen müssen.<br />
Globaler Wandel – Regionale Wirkung<br />
Die Wirkungen des Klimawandels zeigen<br />
sich auf regionaler Ebene. Beispiel Deutschland:<br />
Bei einem Business-As-Usual-Szenario<br />
müssen je nach Emissionsszenario und<br />
Klimamodelltyp zwischen 2 bis 3,5 Grad<br />
Celsius Temperaturanstieg bis 2100 in Kauf<br />
ge nommen werden. Diese Erwärmung wird<br />
sich hauptsächlich in der Variabilität der<br />
Niederschlagsmengen und einer Zunahme<br />
von extremen Wetterereignissen wie Überflutungen<br />
und Stürmen auswirken. Allerdings<br />
sind die Prognoseunsicherheiten für<br />
diese Klimafolgen sehr groß. Deshalb ist<br />
noch ein erheblicher Modellierungs- und<br />
auch Monitoringaufwand zur Überprüfung<br />
und Verbesserung der Modellvorhersagen<br />
zu betreiben, um zu fundierteren Prognosen<br />
des regionalen Klimawandels zu kommen.<br />
Das gilt erst recht für die ökologischen und<br />
ökonomischen Folgen des Klimawandels<br />
und besonders für die verletzlichen Regionen<br />
dieser Welt wie Zentralasien, den Mittleren<br />
Osten oder viele Megastädte, in denen<br />
soziale und ökonomische Randbedingungen<br />
wie Bildungsstand und ungleiche Einkommen<br />
zur Bewältigung von Klimawandelfolgen<br />
zu beachten sind.<br />
Anpassung – Die notwendige Antwort<br />
auf den Wandel<br />
Hier bestehen noch große Forschungslücken<br />
und erhebliche Unsicherheiten, da viele<br />
unterschiedliche natürliche und sozioöko-<br />
nomische Faktoren im Zusammenhang zu<br />
betrachten sind. Darin sieht das <strong>UFZ</strong> seine<br />
Aufgabe: In der systemischen Erforschung<br />
von regionalen Klimawandelfolgen in<br />
Deutschland und den besonders verletzlichen<br />
Regionen dieser Welt, um Konzepte<br />
aufzustellen, <strong>mit</strong> denen die Folgen des<br />
Klimawandels bewältigt werden können. Ziel<br />
aller Anpassungsmaßnahmen sollte es sein,<br />
Gefahren und Schäden für Ökosysteme, die<br />
menschliche Gesundheit sowie Infrastrukturen<br />
zu minimieren. Doch welche Anpassungsoptionen<br />
haben wir und welche sind<br />
die richtigen? Wie lassen sich Synergien und<br />
Konflikte vernünftig abwägen, um direkte<br />
oder indirekte negative Folgen vermeintlich<br />
sinnvoller Anpassungsmaßnahmen zu<br />
vermeiden? Beispiel: Die extensive Nutzung<br />
von Bioenergie als Strategie zur Senkung<br />
der Treibhausgasemissionen macht uns anfälliger<br />
gegen Klimaschwankungen, erhöht<br />
also die gesellschaftliche Verletzlichkeit. Die<br />
Schaffung von städtischen Grünkorridoren<br />
dagegen bindet Kohlenstoff und verbessert<br />
das Stadtklima. Adaptation (Klimaanpassung)<br />
und Mitigation (Klimaschutz) stehen<br />
insoweit nicht im Gegensatz zueinander.<br />
Das eine ohne das andere griffe jeweils zu<br />
kurz. Was wir brauchen, ist eine integrierte<br />
Klimaschutz- und Klimawandelpolitik.<br />
Anpassungspolitiken finden heute bereits<br />
auf unterschiedlichen Ebenen statt. Die<br />
Vereinten Nationen erörtern bereits seit<br />
dem Umweltgipfel von Rio (1992) internationale<br />
Maßnahmen zur Stärkung der Anpassungsfähigkeit<br />
in besonders verletzlichen<br />
4 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Regionen dieser Welt. Zwei Prozent der Umsätze<br />
des so genannten Clean Development<br />
Mechanism (CDM) fließen bereits heute in<br />
einen Fonds für Anpassungsmaßnahmen<br />
in den besonders verletzlichen Ländern der<br />
Welt. Das ist aber nur ein Tropfen auf den<br />
heißen Stein. Gemessen am weltweiten<br />
Bedarf von mindestens 9bis 41 Milliarden<br />
US-Dollar pro Jahr (Angaben der Weltbank)<br />
sind die Mittel aus der CDM-Steuer (zirka<br />
180 Millionen in 20<strong>09</strong>) selbst bei optimistischer<br />
Zukunftsprognose für den CDM bei<br />
weitem nicht ausreichend. Zusätzliche Mittel<br />
wurden von den G8 z. B. für die Länder<br />
Afrikas versprochen, aber es ist fraglich, ob<br />
das Mittel sind, die tatsächlich zusätzlich zur<br />
offiziellen Entwicklungshilfe fließen oder nur<br />
ohnehin gemachte Hilfszusagen ersetzen.<br />
Auch der Mitteltransfer der Hilfe für Afrika<br />
gestaltet sich zäh. Hier müssen auf der Klimakonferenz<br />
COP 15 in Kopenhagen neue,<br />
effektive Instrumente gefunden werden, um<br />
den gewaltigen zukünftigen Finanzierungsbedarf<br />
in den Ländern des Südens decken<br />
zu können.<br />
Gobal denken<br />
Die globale Finanzkrise macht deutlich,<br />
welche enormen Mittel in sehr kurzer Frist<br />
international koordiniert mobilisiert werden<br />
können, wenn die Gefahren für die Weltwirtschaft<br />
erkannt sind. Der Klimawandel ist<br />
wie die Finanzkrise ein systemisches Risiko<br />
für die Weltwirtschaft – wenn auch auf<br />
längere Sicht. Es wäre ein Gebot politischer<br />
Klugheit und Fairness gegenüber zukünftigen<br />
Generationen, dass wir schon heute<br />
die vorsorgenden finanziellen Maßnahmen<br />
ergreifen, um uns global für den Klimawandel<br />
in der Zukunft zu rüsten. Den Finanzsektor<br />
trifft nach den Rettungsaktionen<br />
des Jahres 2008 hierbei eine besondere<br />
Verantwortung. Eine Tobin-Steuer (benannt<br />
nach dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler<br />
James Tobin, der 1972 eine<br />
sehr niedrige Steuer auf sämtliche internationale<br />
Devisengeschäfte vorschlug, um<br />
die kurzfristige Spekulation auf Währungsschwankungen<br />
einzudämmen) von nur<br />
0,01 Prozent auf alle grenzüberschreitenden<br />
Finanztransaktionen allein könnte hier ein<br />
weltweites Aufkommen von 125 Milliarden<br />
Dollar pro Jahr erbringen. Da<strong>mit</strong> kämen wir<br />
in die Größenordnung der tatsächlichen<br />
benötigten Finanz<strong>mit</strong>tel für die Anpassung<br />
an den Klimawandel. Ein solcher grüner<br />
„New Deal“ wäre nachhaltiger und scheint<br />
gegenwärtig politisch greifbarer als eine<br />
internationale Auktion von CO 2 -Emissionsrechten<br />
unter UN-Hoheit. Ansonsten bleibt<br />
uns nur das Hoffen auf die Philanthrophie.<br />
Rückversicherer und andere internationale<br />
Unternehmen, die ihre globale Verantwortung<br />
verstanden haben, können durch neue<br />
Formen des „Fundraising“ (z. B. ein Rating<br />
von Anpassungsprojekten in Entwicklungsländern<br />
nach Synergiepotenzialen) systematisch<br />
zu Spendenaktionen motiviert werden.<br />
Regional handeln<br />
Die Europäische Union (EU) hat <strong>mit</strong> ihrer<br />
Anpassungsstrategie aus dem Jahr 20<strong>09</strong><br />
den Anstoß zu einem Prozess gegeben, auf<br />
Länderebene geeignete Strategien in den<br />
verschiedenen Sektoren und Regionen<br />
auszuarbeiten und einen Prozess der politischen<br />
Willensbildung in den Ländern sowie<br />
auf der Ebene der Kommunen anzustoßen.<br />
Eine erste Bestandsaufnahme zeigt: Noch<br />
fehlt es an geeigneten Monitoring- und<br />
Indikatorensystemen, um den Erfolg der<br />
Anpassungsmaßnahmen effektiv und regelmäßig<br />
zu kontrollieren und die Anpassungspolitiken<br />
zwischen Europäischer Gemeinschaft,<br />
nationalen Regierungen, Regionen<br />
und Gemeinden wirksam zu koordinieren<br />
(siehe Beitrag Seite 28). Synergien suchen<br />
und Konflikte vermeiden ist auch hier die<br />
Zauberformel der nächsten Zeit. Zu einer<br />
wirksamen Strategie der Anpassung im<br />
Multiebenen- und Multisektorensystem der<br />
Europäischen Gemeinschaften kommen<br />
wir nur, wenn rechtliche, politische und<br />
ökonomische Synergien <strong>mit</strong> den Zielsetzungen<br />
in den Sektoren (z. B. Gesundheitspolitik,<br />
Verkehr, Landwirtschaft) und auf<br />
den unterschiedlichen Ebenen gesucht bzw.<br />
Konflikte vermieden werden. Sonst bleibt<br />
es bei bloßen Absichtserklärungen. Die EU<br />
kann auch in dieser Frage globale Führungsqualitäten<br />
zeigen.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Prof. Dr. Reimund Schwarze<br />
Dept. Ökonomie<br />
Telefon: 0341/235-1607<br />
e-mail: reimund.schwarze@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.ufz.de/index.php?de=15992<br />
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong> <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 5
Achim Steiner; UNEP<br />
Foto: Klaus-Dieter Sonntag<br />
(www.fotoplusdesign.de)<br />
Wir brauchen eine Klimavereinbarung<br />
Herr Steiner, im Dezember wird die Konferenz<br />
„COP 15“ in Kopenhagen stattfinden.<br />
Welche Erwartungen haben Sie?<br />
Da nur wenige Monate Zeit bleiben, ist es<br />
ungewiss, ob die UN-Klimakonvention der<br />
wissenschaftlich erwiesenen Dringlichkeit<br />
zu handeln gerecht werden wird. Denn laut<br />
wissenschaftlicher Erkenntnis werden die<br />
Treibhausgasemissionen höchstwahrscheinlich<br />
bis Ende des Jahrhunderts zu einem<br />
globalen Temperaturanstieg führen, der<br />
über der kritischen Schwelle von etwa zwei<br />
Grad Celsius liegt, wenn in den nächsten<br />
Jahrzehnten keine grundlegenden und<br />
dauerhaften Emissionsminderungen seitens<br />
der Industrieländer stattfinden.<br />
In Kopenhagen müssen die Regierungen<br />
zu einer Vereinbarung kommen, die auch<br />
ausreichend Mittel zur Verfügung stellt, um<br />
besonders gefährdete Entwicklungsländer<br />
und Gemeinschaften dabei unterstützen zu<br />
können, sich an den bereits begonnenen<br />
Klimawandel anzupassen und gleichzeitig<br />
den Technologietransfer von leistungsfähigen<br />
Technologien <strong>mit</strong> geringem CO 2 -<br />
Ausstoß aufzustocken.<br />
Wir brauchen eine Vereinbarung, um die<br />
Wirtschaftssysteme der Entwicklungsländer<br />
finanziell zu fördern und ihre Wälder zu<br />
schützen anstatt zu roden. Wenn eine<br />
Minderung der Emissionen, die durch<br />
Waldrodung und Waldvernichtung entstehen<br />
(REDD), Teil eines globalen Klimaabkommens<br />
sein könnte, dann könnte das nicht<br />
nur dazu beitragen, den Klimawandel zu<br />
stabilisieren, sondern auch den Verlust an<br />
Biodiversität rückgängig zu machen, die<br />
Wasserversorgung zu verbessern, Böden<br />
zu stabilisieren und möglicherweise auch<br />
Arbeitsplätze beim Management von Naturressourcen<br />
zu schaffen sowie schließlich<br />
den Ökotourismus zu fördern. REDD unterstreicht<br />
den mehrfachen ökologisch-ökonomischen<br />
Nutzen eines Handelns angesichts<br />
des Klimawandels.<br />
Viele Experten sagen, dass vor allem die<br />
UNEP – Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen<br />
Die UNEP (engl. United Nations Environment Programme) hat ihren Hauptsitz in<br />
Nairobi, Kenia. Es ist das erste Organ der Vereinten Nationen <strong>mit</strong> Hauptsitz in einem<br />
Entwicklungsland. Vorsitzender der UNEP war von 1998 bis Ende März 2006 der ehemalige<br />
deutsche Bundesumweltminister Klaus Töpfer. Im Juni 2006 übernahm Achim<br />
Steiner den Vorsitz. Das Umweltprogramm wurde 1972 ins Leben gerufen und versteht<br />
sich als „Stimme der Umwelt“ der UN. UNEP wirkt als Auslöser, Anwalt, Lehrer<br />
und Ver<strong>mit</strong>tler für den schonenden Umgang <strong>mit</strong> der Umwelt und einer nachhaltigen<br />
Entwicklung. Seine Aufgaben bestehen darin, globale, regionale und nationale Umweltdaten<br />
zu sammeln und zu bewerten, politische Instrumente für den Umweltschutz zu<br />
entwickeln sowie Wissen und Technologien zu ver<strong>mit</strong>teln. Schwerpunkte sind dabei<br />
Klimaveränderungen, Trinkwasserprobleme, der Rückgang der biologischen Vielfalt,<br />
die Verschlechterung der Bodenqualität, Wüstenbildung, Schädigung der Küstenregionen<br />
und Ozeane, gefährliche Abfälle und Chemikalien und die Verschmutzung der<br />
Atmosphäre. Die UNEP arbeitet <strong>mit</strong> anderen UN- und internationalen Organisationen,<br />
Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft<br />
zusammen.<br />
6 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Länder, die am wenigsten zum Klimawandel<br />
beitragen, am stärksten von<br />
seinen Auswirkungen betroffen sind.<br />
Was macht es eigentlich so schwierig,<br />
die Ziele des Klimaschutzes der Politik<br />
auf die Fahnen zu schreiben? Haben<br />
wir immer noch das Gefühl, noch nicht<br />
betroffen zu sein?<br />
Sie haben Recht, dass es Kontinente wie<br />
Afrika sind, die zwar nur für einen minimalen<br />
Ausstoß an Treibhausgasemissionen verantwortlich<br />
sind, aber sowohl in der Vergangenheit<br />
als auch gegenwärtig am meisten unter<br />
den Folgen leiden. Afrika ist generell ein<br />
Kontinent <strong>mit</strong> einem extremen Klima, das<br />
zu extremen Wetterereignissen wie Überschwemmungen<br />
und Dürren neigt — und<br />
der Klimawandel wird dies noch verstärken.<br />
Unterdessen fehlt es in Afrika und in vielen<br />
Regionen Asiens wie z. B. Bangladesch, in<br />
den Entwicklungsländern kleiner Inselstaaten<br />
oder den Wirtschaftssystemen vieler<br />
Entwicklungsländer an finanziellen und institutionellen<br />
Kapazitäten, um in dem nötigen<br />
Ausmaß und <strong>mit</strong> der nötigen Schnelligkeit<br />
reagieren zu können, sollte der Klimawandel<br />
unkontrolliert fortschreiten.<br />
Ich glaube, dass eine zunehmende Anzahl<br />
von Menschen und Unternehmen sowohl<br />
in den Industriestaaten als auch in den<br />
Entwicklungsländern immer mehr verstehen,<br />
dass sie vom Klimawandel ganz grundlegend<br />
betroffen sein werden. Es ist möglicherweise<br />
die Politik, die einen Umgestaltungsprozess<br />
blockiert — wobei einige Politiker<br />
befürchten, dass das Handeln ihrer Wirtschaft<br />
schaden könnte, anstatt zu erkennen,<br />
dass eine Verzögerung des Handelns überall<br />
immer teurer wird.<br />
In einer Vorbereitungssitzung zur COP 15<br />
wurde davor gewarnt, dass der Klimawandel<br />
zu Millionen von Flüchtlingen<br />
führen wird und keiner wirklich weiß,<br />
woher sie kommen und wohin sie gehen<br />
werden. Ist die internationale Staatengemeinschaft<br />
überhaupt auf dieses<br />
Problem vorbereitet?<br />
Wenn, wie die Wissenschaft annimmt, die<br />
Gletscher in den Gebirgsregionen wegschmelzen<br />
— in manchen Prognosen heißt<br />
es, dass viele Gletscher im Himalaya bereits<br />
in den 30er Jahren des 21. Jahrhunderts<br />
verschwunden sein werden — dann würde<br />
dies viele der großen Flüsse in saisonale<br />
Flüsse verwandeln. Ganze Wirtschaftssysteme<br />
und die Art, dort zu leben, haben sich<br />
um diese Flusssysteme entwickelt — viele<br />
Leute werden keine andere Wahl haben,<br />
als umzusiedeln. Gleichermaßen werden<br />
viele Menschen in tiefliegenden Gebieten<br />
und auf kleinen Inseln von flutartigen<br />
Überschwemmungen und dem daraus<br />
resultierenden Anstieg des Meeresspiegels<br />
betroffen sein. In Indien errichtet man<br />
bereits einen Grenzzaun zu Bangladesch. In<br />
der Region von Darfur im Sudan hat UNEP<br />
eine Studie durchgeführt und sieht einen<br />
Zusammenhang des dortigen Konflikts <strong>mit</strong><br />
dem Rückgang der Niederschlagsmenge,<br />
und zwar insofern Menschen auf das Terrain<br />
anderer umsiedeln, wo Naturressourcen<br />
bereits knapp waren. Ist die internationale<br />
Staatengemeinschaft darauf vorbereitet? —<br />
Sie ist sich vielleicht der Gefahren bewusst,<br />
aber ist sie auch zu Veränderungen bereit?<br />
Die ehrliche Antwort lautet: Nein.<br />
Wie kann die Wissenschaft dazu beitragen,<br />
einen Ausgleich zwischen einer<br />
gesunden ökonomischen Entwicklung<br />
und dem Klimaschutz zu finden?<br />
Die Wissenschaft ist stets der entscheidende<br />
Ausgangspunkt gewesen. Der auf<br />
einen Konsens ausgerichtete und von Experten<br />
begutachtete Prozess des Weltklimarats<br />
(IPCC), der von UNEP und der World Meteorological<br />
Organisation (WMO) gegründet<br />
wurde, hat als Katalysator gewirkt, so dass<br />
mehr als 190 Nationen durch die UN-Rahmenkonvention<br />
zum Klimawandel und durch<br />
das Kyotoprotokoll zusammengefunden<br />
haben. Es war der vierte Beurteilungsbericht<br />
der IPCC, der 2007 veröffentlicht wurde<br />
und endlich die Debatte beendete, ob der<br />
Klimawandel von Menschen verursacht ist<br />
und was die wahrscheinlichsten Auswirkungen<br />
des Klimawandels sind. Desweiteren<br />
ist es der IPCC gewesen, der unterstrichen<br />
hat, dass der Kampf gegen den Klimawandel<br />
nicht die Welt kosten wird, sondern gerade<br />
mal einen geringen Prozentsatz des jährlichen<br />
globalen Bruttoinlandsprodukts über<br />
die nächsten 20 bis 30 Jahre.<br />
Also ist es die Wissenschaft, die die Regierungen<br />
nach Kopenhagen holt, und es soll<br />
auch die Wissenschaft sein, die hinter den<br />
politischen Entscheidungen steht, die gefällt<br />
werden.<br />
Während ihrer beruflichen Laufbahn<br />
haben Sie auf unterschiedlichen Kontinenten<br />
gelebt und gearbeitet. Mit dem<br />
Problem des Klimawandels im Bewusstsein:<br />
Was könnten die Menschen voneinander<br />
lernen?<br />
Keine einzelne Nation hat ein Monopol auf<br />
transformative Ideen und Handlungen — wir<br />
können alle voneinander lernen. Ein kleines<br />
ACHIM STEINER<br />
Achim Steiner, 1961 in Brasilien geboren<br />
und aufgewachsen, studierte<br />
Philosophie, Politik und Ökonomie<br />
an der University of Oxford. Seinen<br />
Master-Degree in Ökonomie und Regionalplanung<br />
erhielt er an der University<br />
of London. Nach Studienaufenthalten<br />
am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik<br />
(DIE) in Berlin und an der<br />
Harvard Business School arbeitete<br />
Steiner zunächst bei Umweltverbänden<br />
auf der lokalen Ebene. Mit seiner<br />
Tätigkeit für die weltweit größte Naturschutzorganisation<br />
IUCN in Washington<br />
(D.C.) und Asien begann sein Engagement<br />
im internatio nalen Umweltschutz.<br />
1998 wurde er Generalsekretär der<br />
World Commission on Dams (WCD) in<br />
Kapstadt. 2001 kehrte er zur IUCN als<br />
Generaldirektor der World Conservation<br />
Union IUCN <strong>mit</strong> Sitz in der Schweiz<br />
zurück. Im März 2006 wurde Achim<br />
Steiner in Nairobi von UN-Generalsekretär<br />
Kofi Annan als Nachfolger von<br />
Klaus Töpfer für das Amt des Exekutivdirektors<br />
der UNEP nominiert. Sein<br />
Amt trat er im Juni 2006 an.<br />
Land wie Costa Rica hat die Zusammenhänge<br />
zwischen dem Abholzen der Wälder<br />
und dem Klimawandel hervorgehoben und<br />
einfallsreiche Zahlungssysteme zwischen<br />
lokalen Gemeinden und privatem Sektor erfunden,<br />
die bei diesem Konflikt angewandt<br />
werden können. Schauen wir uns Island an,<br />
das in den 1980er Jahren alles daran setzte,<br />
seine hydro- und geothermische Energie zu<br />
nutzen, um seine Abhängigkeit von fossilen<br />
Brennstoffen zu verringern, oder schauen<br />
wir uns die Energieeffizienz der Autos an,<br />
die über viele Jahre in Japan entwickelt<br />
worden sind, oder die enormen Wiederaufforstungsprojekte<br />
von China. Oder zum<br />
Beispiel Deutschland <strong>mit</strong> der Entwicklung<br />
von erneuerbaren Energien, grünen Jobs<br />
und dem Export von sauberer Energietechnologie:<br />
Es gibt schon jetzt einen großen<br />
Reichtum an Erfahrungen und Lektionen,<br />
wie man auf ökologisches Wirtschaften <strong>mit</strong><br />
geringerem CO 2 -Ausstoß und effizienterem<br />
Umgang <strong>mit</strong> den Naturressourcen umstellen<br />
kann — wir müssen einfach die zahlreichen<br />
erlernten Erfahrungen und Lektionen aufnehmen<br />
und einsetzen.<br />
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong> <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 7
<strong>UFZ</strong>-Wissenschaftler nehmen Wasserproben aus<br />
unterschiedlichen Tiefen des Toten Meeres, um<br />
die Schichtung des Wasserkörpers zu verstehen<br />
und Grundwassereinflüsse zu erkennen. Der<br />
Wasserspiegel des Toten Meeres sinkt jedes Jahr<br />
um etwa einen Meter.<br />
Die Zukunft des Wassers<br />
Seit Jahrtausenden war er Quelle des Wohlstands,<br />
ernährte seine Anwohner und ließ<br />
Hochkulturen gedeihen. Auch heute noch ist<br />
Ägypten fast ausschließlich auf das Wasser<br />
des Nils angewiesen. Doch in Zeiten von<br />
Klimawandel und Bevölkerungsexplosion ist<br />
die Zukunft unsicher: Standen in den 90er<br />
Jahren statistisch gesehen jedem Ägypter<br />
1.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr zu Verfügung,<br />
so werden es 2030 wahrscheinlich nur<br />
noch 400 sein. Das Einzugsgebiet des Nils<br />
verteilt sich auf zehn Länder <strong>mit</strong> über einer<br />
Viertel Milliarde Menschen. Seit zehn Jahren<br />
versuchen die Anrainerstaaten im Rahmen<br />
der Nilbeckeninitiative, einen multilateralen<br />
Vertrag zur Nilwassernutzung auszuhandeln.<br />
Im Sommer dieses Jahres vertagten die<br />
Länder den Abschluss erneut um ein halbes<br />
Jahr, um offene Streitfragen zu klären. Das<br />
Beispiel zeigt, welches politische Konfliktpotenzial<br />
die Ressource Wasser birgt.<br />
So wie im Nilbecken sind überall auf der<br />
Welt Menschen davon abhängig, dass Flüsse<br />
als wichtige Ressource für Trinkwasser und<br />
zur Bewässerung effektiv gemanagt werden.<br />
In den Industrieregionen ist die mangelhafte<br />
Gewässergüte das Hauptproblem. In<br />
semi-ariden und ariden Regionen stellt die<br />
Wasserknappheit die größte Hürde für die<br />
Entwicklung dar. Klima- und Landnutzungswandel,<br />
steigender Bevölkerungsdruck in<br />
vielen Teilen der Welt und eine zunehmende<br />
Zahl an Extremwetterereignissen werden<br />
diese Probleme im globalen Maßstab verschärfen.<br />
Ein nachhaltiger Umgang <strong>mit</strong> der<br />
Ressource Wasser setzt voraus, dass geeignete<br />
Strategien, Konzepte und Maßnahmen<br />
umgesetzt werden. Wassernutzungstechnologien<br />
und Bewirtschaftungsmethoden<br />
müssen an die Standorte angepasst werden.<br />
Deshalb werden Methoden entwickelt, die<br />
helfen sollen, derartig komplexe Systeme<br />
zu managen, denn die Anpassung an den<br />
Klimawandel kann nur auf regionaler Ebene<br />
gelingen.<br />
Wasserdilemma im Jordangebiet<br />
Was passiert, wenn eine Region über ihre<br />
Verhältnisse lebt, ist am Rande des Toten<br />
Meeres eindrucksvoll zu sehen. Das Binnenmeer<br />
wird vom Fluss Jordan gespeist,<br />
dessen Wasser in immer stärkerem Maße<br />
zur Bewässerung eingesetzt wird. Die Folge:<br />
Pro Jahr sinkt der Wasserspiegel des Toten<br />
Meeres um einen Meter. Da das Wasser<br />
des Jordans auch aus qualitativen Gründen<br />
praktisch nicht mehr als Trinkwasser<br />
zu gebrauchen ist, werden die Menschen<br />
zusätzlich aus tiefen Brunnen versorgt. So<br />
sinkt der Grundwasserspiegel weiter und<br />
fossile Wasserreserven werden angebohrt,<br />
die sich über Millionen von Jahren gebildet<br />
haben. „Das fossile Wasser wird aber in einigen<br />
Jahrzehnten erschöpft sein“, beschreibt<br />
Dr. Roland Müller vom <strong>UFZ</strong> das Dilemma.<br />
„An der Wiederverwendung von Abwasser<br />
führt daher kein Weg vorbei. Wenn sich die<br />
Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten<br />
verdoppeln wird, dann muss sich der Umgang<br />
<strong>mit</strong> der knappen Ressource Wasser in<br />
dieser Region drastisch ändern.“ Zusammen<br />
<strong>mit</strong> israelischen, palästinensischen und jordanischen<br />
Kollegen suchen die Helmholtz-<br />
Forscher daher nach Wegen, die Wasserversorgung<br />
im Nahen Osten zu stabilisieren. So<br />
wurde im Herbst im jordanischen Al-Fuhays<br />
eine Pilotanlage zur Abwasserreinigung<br />
in Betrieb genommen. „Wenn künftig die<br />
Landwirtschaft als größter Verbraucher<br />
gereinigtes Abwasser nutzt, dann würde das<br />
die knappen fossilen Ressourcen spürbar<br />
entlasten“, hofft Dr. Tino Rödiger, der am<br />
<strong>UFZ</strong> an Methoden zur künstlichen Regenerierung<br />
der Grundwasserleiter forscht.<br />
Politischer Wille notwendig<br />
Dass deutsche Wissenschaftler in verschiedensten<br />
Regionen der Erde an der Lösung<br />
von Wasserproblemen beteiligt sind, ist für<br />
Prof. Dr. Dietrich Borchardt vom <strong>UFZ</strong>, der<br />
das Vernetzungsprojekt zum Integrierten<br />
Wasserressourcen-Management (IWRM)<br />
koordiniert, kein Zufall. Rechtsverbindliches<br />
IWRM gibt es weltweit nur in Europa, und<br />
von den EU-Ländern kann Deutschland<br />
besondere Erfolge vorweisen. Es gilt international<br />
als ein Land, in dem es gelungen ist,<br />
einen hohen Standard umzusetzen. Paradebeispiel<br />
ist die Sanierung des Rheins, der<br />
durch ungehemmtes Wirtschaftswachstum<br />
in den 60er und 70er Jahren kurz vor dem<br />
8 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Kollaps stand und dessen Anrainerstaaten<br />
Frankreich, Deutschland und die Niederlande<br />
sich über Jahrzehnte nicht auf eine<br />
gemeinsame Schutzanstrengung einigen<br />
konnten. „Eigentlich hätte auch hier eine<br />
Situation wie heute im Nahen Osten oder<br />
im Araleinzugsgebiet entstehen können.<br />
Aber es ist gelungen, auch aufgrund eines<br />
politischen Willensbildungsprozesses, das<br />
abzuwenden. Diese Leistung kann man<br />
gar nicht hoch genug einschätzen“, meint<br />
Borchardt.<br />
Kritische Entwicklungen in der Mongolei<br />
Auch in der Mongolei hilft diese politische<br />
Glaubwürdigkeit den Forschern. Wie im Nahen<br />
Osten wächst hier die urbane Bevölkerung<br />
ebenfalls überproportional stark. Dem<br />
Wachstum sind aber Grenzen gesetzt, denn<br />
die Wasserver- und -entsorgung der Städte<br />
ist bereits heute unzureichend – <strong>mit</strong> dramatischen<br />
Konsequenzen für die Verbreitung<br />
von Krankheiten. Je stärker sich diese Entwicklungen<br />
beschleunigen, umso kritischer<br />
wird der Zustand. Dazu kommt, dass die<br />
Mongolei und die zentralasiatische Region<br />
zu den letzten großräumig ungestörten Naturregionen<br />
gehören. „Das Kharaa-Becken<br />
entwässert in den Baikalsee, den tiefsten<br />
und ältesten See der Erde. Alles, was in<br />
unserem Untersuchungsgebiet passiert, hat<br />
also un<strong>mit</strong>telbar Auswirkung auf dieses einzigartige<br />
Weltnaturerbe“, erläutert Dietrich<br />
Borchardt. Neben dem Baikal gibt es noch<br />
eine Reihe weiterer Seen in der Region, die<br />
alle unter Naturschutz stehen. Bei manchen<br />
wird befürchtet, dass sich diese wie der<br />
Aralsee entwickeln könnten, sich also entweder<br />
chemisch stark verändern oder<br />
extrem schrumpfen. Von den kleineren Seen<br />
sind einige bereits heute schon verschwunden.<br />
In anderen Bereichen wird das Wasserangebot<br />
dagegen zunehmen. Das kann aber<br />
trotzdem bedeuten, dass die Lebensumstände<br />
härter werden – zum Beispiel wenn<br />
feuchte und schneereiche Winter die traditionelle<br />
nomadische Lebensweise beeinträchtigen.<br />
Der Klimawandel bedeutet also eine<br />
grundlegende Veränderung der Lebensverhältnisse<br />
in diesen ländlichen Räumen.<br />
Zusammen <strong>mit</strong> seinen Kollegen entwickelt<br />
Borchardt Methoden, die nachhaltiges<br />
Wirtschaften in der Mongolei ermöglichen<br />
sollen. „Trotz vergleichsweise geringerem<br />
Lebensstandard ist der Wasserverbrauch in<br />
den urbanen Regionen exorbitant hoch. Die<br />
Verschwendung ist mehr als schmerzlich.<br />
Die Infrastrukturen sind marode. Es fehlen<br />
die Mittel, um Technologien zum Wassersparen<br />
einzusetzen.“ Die wirtschaftliche<br />
Wiederverwendung von Abwasser wäre<br />
Integriertes Wasserressourcen-Management (IWRM)<br />
Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen soll dazu beitragen, die soziale<br />
und wirtschaftliche Entwicklung ohne Beeinträchtigung der lebenswichtigen Ökosysteme<br />
und unter gerechten Bedingungen bei der Ressourcennutzung voranzutreiben.<br />
Das Konzept eines Integriertes Wasserressourcen-Managements wurde bereits 1992<br />
<strong>mit</strong> den Dublin-Prinzipien und der Agenda 21 international als Leitbild verankert. Weltweit<br />
leiden derzeit etwa 800 Millionen Menschen unter Trinkwasserknappheit. 3,2 Milliarden<br />
Menschen leben in Verhältnissen ohne sichere Abwasserentsorgung. Bis 2015<br />
wollen die Vereinten Nationen die Zahl der Betroffenen halbieren. Deshalb hat das Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung einen Förderschwerpunkt aufgelegt, in dem<br />
IWRM-Konzepte für 16 ausgewählte Modellregionen der Welt entwickelt werden. Das<br />
<strong>UFZ</strong> ist an den Modellregionen Jordan und Mongolei beteiligt und für die Vernetzung<br />
der 16 Projekte zuständig. www.wasserressourcen-management.de<br />
ein Teil der Anpassungsstrategien, um dem<br />
Klimawandel zu begegnen. Da<strong>mit</strong> könnten<br />
die Grundwasservorräte angereichert oder<br />
Wälder bewässert werden. Doch moderne<br />
Technik allein wird das Problem nicht lösen<br />
können. Es fehlt auch an Konzepten für besonders<br />
wichtige Quellregionen. 30 Prozent<br />
des Einzugsgebietes liefern 90 Prozent des<br />
Romantik am Eroo im Khentii-Gebirge in der<br />
Mongolei. Unkontrollierter Holzeinschlag,<br />
Waldbrände, Bergbau, die exorbitant steigende<br />
Weidewirtschaft und der Klimawandel<br />
werden auch hier ihre Spuren hinterlassen,<br />
wenn nicht nachhaltig gewirtschaftet wird:<br />
Überweidung, Bodenerosion, Wasserverschmutzung,<br />
Hochwasser oder Wassermangel.<br />
(Foto: Dietrich Borchardt)<br />
Wassers. Diese „Wassertürme“ sind Gebiete,<br />
die großräumig vor Forstwirtschaft, Bergbau<br />
und Weidewirtschaft geschützt werden<br />
müssten. Seit Ende der Planwirtschaft ist<br />
der Viehbestand um etwa ein Drittel angestiegen.<br />
Kashmirziegen, Schafe und Rinder<br />
werden exportiert. „Der chinesische Markt<br />
nimmt alles ab, was produziert wird. In der<br />
Flussaue dort erreicht die Viehdichte ein<br />
Niveau, das dauerhaft nicht tragbar ist. Die<br />
Mongolei hat knapp drei Millionen Einwohner<br />
auf der vierfachen Fläche Deutschlands,<br />
aber wahrscheinlich etwa 40 Millionen<br />
Nutztiere, die sich in den fruchtbaren Flussauen<br />
zu bestimmten Zeiten so konzentrieren,<br />
dass der Zustand inzwischen kritisch<br />
ist – <strong>mit</strong> allen Problemen wie Überweidung,<br />
Erosion, Wasserverschmutzung und so<br />
weiter“, kritisiert der Gewässerökologe<br />
Borchardt. „Stimmen werden immer lauter,<br />
die Freiheit der privaten Wassernutzung<br />
erneut zu beschränken. Es bedarf Obergrenzen<br />
– auch in einem freien Markt.“ Ein<br />
Problem, das auf politischer Ebene gelöst<br />
werden muss. Dabei stehen die kulturellen<br />
Zeichen günstig: Wasser ist in dieser Region<br />
ein viel präsenteres Thema als in Europa,<br />
denn Wasser ist traditionell und spirituell<br />
ein hohes Gut in der Mongolei und jedes<br />
Oberflächengewässer ist auch heute noch<br />
bei den Nomaden eine Trinkwasserressource<br />
für Mensch und Vieh. Trotzdem geht es<br />
auch hier darum, den Menschen verständlich<br />
zu machen, was der Klimawandel für sie<br />
bedeuten wird: Mit modernerem Umweltmonitoring<br />
sind bessere Prognosen möglich.<br />
Und da<strong>mit</strong> wiederum können politische<br />
Entscheidungen besser begründet und<br />
Probleme besser kommuniziert werden. Mit<br />
Spekulationen ist niemandem geholfen.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Dr. Roland-Arno Müller<br />
Umwelt- und Biotechnologisches<br />
Zentrum (UBZ)<br />
Telefon: 0341/235-1275<br />
e-mail: roland.mueller@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.iwrm-smart.org<br />
Prof. Dr. Dietrich Borchardt<br />
Dept. Aquatische Ökosystemanalyse<br />
(und Fließgewässerökologie)<br />
Telefon: 0391/810-9757<br />
e-mail: dietrich.borchardt@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.iwrm-momo.de<br />
Kapitel 1: Klimawandel und Wasser <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 9
Vor dem Kollaps des Aralsees 1982 produzierte<br />
die Fischindustrie bis zu 300.000<br />
Tonnen Fisch pro Jahr. Im Vordergrund hebt<br />
sich deutlich das Delta des Amudaryas<br />
von den Steppengebieten ab. Die Zuflüsse<br />
Syrdarya und Amudarya speisten früher<br />
den Aralsee.<br />
Bild: Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum<br />
des DLR<br />
Das Wasser des AmudaryaS<br />
Seit Sultanbaj Umuratov denken kann, kam<br />
im Frühjahr die Flut aus den Bergen und <strong>mit</strong><br />
ihr das Leben ins Delta. Das Flusswasser<br />
spülte Millionen Larven und junge Fische<br />
kostenlos in seine Seen. Der Fischfang<br />
bescherte den Vorfahren Umuratovs stets<br />
ein bescheidenes Einkommen am Unterlauf<br />
des Amudaryas. Wenn der alte Mann jetzt<br />
von seiner Bank aus auf den Seitenarm<br />
des Flusses schaut, dann ist dort nur noch<br />
trockener, brauner Schlamm. Bis in die 60er<br />
Jahre war das Delta des Amudaryas das<br />
zweitgrößte der Sowjetunion. Doch dann<br />
kam der Beschluss, die Baumwollproduktion<br />
auszuweiten. Regen fällt in den semi-ariden<br />
Ebenen Turkmenistans und Usbekistans<br />
fast nicht. Höchstens zehn Zentimeter pro<br />
Jahr. Mehr als das Zehnfache verdunstet<br />
aber im Sommer bei heißen Temperaturen<br />
und starken Winden. Das Schmelzwasser,<br />
das der Amudarya über hunderte Kilometer<br />
aus den Hochgebirgen Pamir, Tienschan<br />
und Hindukusch heranbringt, ist die einzige<br />
nennenswerte Quelle zur Bewässerung<br />
der Felder. Und diese wurde bedenkenlos<br />
ausgebeutet. Innerhalb weniger Jahrzehnte<br />
wuchsen die Baumwollflächen auf das Zehnfache.<br />
Über vier Millionen Hektar müssen<br />
heute bewässert werden. Eine Industrie,<br />
die in Usbekistan Priorität hat, denn deren<br />
Erlöse machen ein Drittel des Staatshaushaltes<br />
aus.<br />
All das hängt am Wasser des Amudaryas.<br />
Nicht einmal ein Zehntel bleibt noch für<br />
das Delta übrig, und so existieren nur noch<br />
weniger als ein Fünftel der einst 2.600<br />
Seen – in feuchten Jahren. Über eine Viertel<br />
Million Hektar Auenwald sind ebenfalls<br />
verschwunden. Und im südlichen Teil des<br />
Aralsees kommt nach über 2.500 Kilometern<br />
schon lange kein Wasser mehr an. Eine<br />
ökologische Katastrophe, aber auch eine<br />
soziale: Nach dem Zusammenbruch der<br />
Fischindus trie im Aralsee versuchten viele<br />
Bewohner ihr Glück stromaufwärts. In den<br />
verbliebenen Seen entstanden kommerzielle<br />
Fischfarmen, deren Produkte wieder zu<br />
einem Exportfaktor werden könnten. Doch<br />
darüber, wie viel Wasser ins Delta kommt,<br />
entscheidet das Landwirtschaftsministerium,<br />
das wenig Interesse für die Belange der<br />
Fischer zeigt. In trockenen Jahren wie<br />
2000 und 2001 reicht das Wasser nicht<br />
einmal mehr für Baumwollfelder. Die Seen<br />
trocknen aus. Um mehr als einen Meter<br />
schwankt der Wasserspiegel selbst in<br />
normalen Jahren. Dabei kann schon ein<br />
Absenken um einen halben Meter die<br />
Flachwasserbereiche trocken legen und den<br />
Fischnachwuchs vernichten. „Die Feuchtgebiete<br />
des Amudarya-Deltas erfüllen aber<br />
lebenswichtige Funktionen“, erklärt Dr. Maja<br />
Schlüter vom <strong>UFZ</strong>. „Fisch ist Nahrung und<br />
Einkommensquelle zugleich. Schilf wird als<br />
Baumaterial und Futter für die Rinder, Holz<br />
als Baumaterial und Heizstoff genutzt. Das<br />
Delta schützt vor Wind und Salzstürmen.<br />
Außerdem hat es eine Pufferfunktion, um<br />
trockene Jahre abzufedern.“ Genug Gründe<br />
aus Sicht der Wissenschaftlerin, um auch<br />
dem Delta Wasser zuzubilligen. Wasserzufluss<br />
in den kritischen Wochen könnte die<br />
Fischproduktion entscheidend unterstützen<br />
und würde die Landwirtschaft wenig kosten.<br />
Doch letztlich kollidieren die Interessen der<br />
Bewässerungslandwirtschaft am Oberlauf<br />
<strong>mit</strong> den Wassernutzern am Unterlauf. Kein<br />
Einzelfall, wie das Forschungsprojekt NeWater<br />
gezeigt hat, in dem der Amudarya eine<br />
von sieben Fallstudien war. Dabei wurden<br />
vergleichende Klima szenarien für große<br />
Flusseinzugsgebiete in Europa, Zentralasien<br />
und Afrika entwickelt und Anpassungsmaßnahmen<br />
untersucht. Für den Umgang <strong>mit</strong><br />
Dürren, wie sie beispielsweise an der <strong>mit</strong>-<br />
teleuropäischen Theiß und am zentral asiatischen<br />
Amudarya immer häufiger auftreten,<br />
existieren bisher jedoch kaum Rezepte. Oft<br />
dominieren ad-hoc-Strategien. Die Entwicklung<br />
von längerfris tigen Anpassungsmaßnahmen<br />
wird wenig vorangetrieben.<br />
Der Klimawandel wird die Konflikte verschärfen,<br />
denn das Wasser des Amudaryas<br />
stammt größtenteils aus Gletschern und<br />
die Prognosen sehen alles andere als rosig<br />
aus: 2050 könnte die Durchschnittstemperatur<br />
um drei Grad gestiegen sein und der<br />
Rückgang der Gletscher dazu führen, dass<br />
die Wassermenge im Fluss um 15 Prozent<br />
zurückgeht. Eine ebenso gewaltige Menge<br />
versickert momentan aber auch ungenutzt<br />
in dem maroden Leitungssystem, geht durch<br />
schlechte Planung oder illegale Wasserentnahmen<br />
verloren. „Wenn es jedoch gelingt,<br />
die Bedürfnisse verschiedener Nutzer zu<br />
integrieren und flexiblere Managementstrategien<br />
zu entwickeln sowie die Effektivität in<br />
der Landwirtschaft zu steigern, dann könnte<br />
mehr Wasser verfügbar sein, um das Delta<br />
regelmäßig zu fluten“, hofft die usbekische<br />
Wissenschaftlerin Dr. Gulchekhra Khasankhanova<br />
vom Uzbek State Uzgipromeliovodkhoz<br />
Institute. Das würde dem Delta wieder<br />
neues Leben einhauchen, aber auch neue<br />
Möglichkeiten eröffnen, <strong>mit</strong> den potenziellen<br />
Folgen des Klimawandels umzugehen.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Dr. Maja Schlüter<br />
Dept. Ökologische Systemanalyse<br />
Telefon: 0341/235-1279<br />
e-mail: maja.schlueter@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.newater.info/<br />
index.php?pid=1010<br />
10 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Mulde-Hochwasser August 2002 in Grimma<br />
Foto: AP/Eckehard Schulz<br />
Verwundbar gegenüber Extremereignissen<br />
Extreme Wettereignisse überraschen immer<br />
wieder und offenbaren unsere Verwundbarkeit.<br />
Spätestens seit den Fluten an Elbe,<br />
Oder, Rhein oder Donau bzw. dem Hitzesommer<br />
von 2003 rückt dies auch in das<br />
öffentliche Bewusstsein. „Wir haben herausbekommen,<br />
dass das Bewusstsein für<br />
Extremereignisse durchaus zunimmt – sowohl<br />
in der Bevölkerung als auch bei den<br />
Behörden“, berichtet Dr. Dagmar Haase über<br />
ihre Erfahrungen aus mehreren Großprojekten.<br />
Warum erwischen solche Ereignisse<br />
Betroffene, Gemeinden und Organisationen<br />
immer wieder auf „dem falschen Fuß“? Wie<br />
kann man die teilweise verheerenden Folgen<br />
abmildern oder gar vermeiden? Das sind<br />
Fragen, <strong>mit</strong> denen sich Wissenschaftler des<br />
<strong>UFZ</strong> befassen. Einige Antworten haben sie<br />
in den internationalen Forschungsvorhaben<br />
Floodmed, FLOODsite, FLOOD-ERA und<br />
NeWater gefunden. Seien es Befragungen<br />
vor der eigenen Haustür (z. B. Mulde) oder<br />
in anderen europäischen Flusseinzugsgebieten<br />
(z. B. Theiß) – sie alle kommen<br />
FloodCalc<br />
zu einem ähnlichem Ergebnis: Technische<br />
Lösungen dominieren in den derzeitigen<br />
Schutz- und Anpassungsstrategien. Beim<br />
Hochwasserschutz beispielsweise sind es<br />
Deiche, Staumauern und Rückhaltebecken,<br />
die sich hoher Akzeptanz in der Bevölkerung<br />
erfreuen. Die sozialwissenschaftlichen<br />
Untersuchungen im Rahmen des EU-Projektes<br />
FLOODsite, die von den <strong>UFZ</strong>-Wissenschaftlern<br />
Dr. Annett Steinführer und<br />
Dr. Christian Kuhlicke gemeinsam <strong>mit</strong> Kollegen<br />
aus Italien und Großbritannien durchgeführt<br />
wurden, zeigen aber auch, <strong>mit</strong> welchen<br />
Folgen solche technischen Anpassungsstrategien<br />
verbunden sein können: Hinter<br />
den Deichen, in den geschützten Bereichen,<br />
entwickelt sich ein vermeintliches Gefühl<br />
der Sicherheit, und private Vorsorgemaßnahmen<br />
finden kaum statt. Überraschung<br />
und Verwundbarkeit können so<strong>mit</strong> auch<br />
beim nächsten Extremhochwasser wieder<br />
Hand in Hand gehen. Diesem Befund sollte<br />
bei der Risikokommunikation größere<br />
Bedeutung beigemessen werden, denn<br />
Die neue Hochwasserrahmenrichtlinie der EU (HWRRL) fordert die Erstellung von<br />
Risikokarten für alle größeren Flüsse in Europa. Das am <strong>UFZ</strong> entwickelte „FloodCalc“<br />
ermöglicht eine räumlich explizite integrierte Bewertung ökonomischer, sozialer und<br />
ökologischer Hochwasserrisiken auf der Basis öffentlich verfügbarer Daten. Die Anwendung<br />
kann problemlos auf jedem PC installiert werden. Auf Basis von Überflutungsdaten<br />
und Schadenspotenzialkarten, welche die räumliche Verteilung der Kriterien über<br />
ihre Risikoelemente im Untersuchungsraum darstellen, berechnet FloodCalc Schadenskarten<br />
für unterschiedliche Hochwasser-Eintrittswahrscheinlichkeiten. Danach werden<br />
die ökonomischen, sozialen und ökologischen Risikokarten addiert. Eine Standardisierung<br />
der Risiken erfolgt <strong>mit</strong>tels multikriterieller Entscheidungsregeln. Das Verfahren<br />
ist auf andere Flussgebiete in Europa übertragbar. www.ufz.de/index.php?de=18112<br />
noch klaffen die Zuweisung von Verantwortlichkeiten<br />
durch den Gesetzgeber und<br />
das Wissen auf Seiten der Bewohner der<br />
gefährdeten Bereiche darum, was überhaupt<br />
getan werden kann, weit auseinander.<br />
Entscheidend wird jedoch sein, wie Anpassungen<br />
trotz grundlegender Unsicherheiten<br />
in Bezug auf zukünftige klimatische, aber<br />
auch demographische und ökonomische<br />
Entwicklungen gestaltet werden können.<br />
Die Herausforderungen bestehen also darin,<br />
zum einen diese <strong>mit</strong> großen Unsicherheiten<br />
verbundenen Veränderungen in den<br />
Risiken abzuschätzen und zum anderen<br />
Anpassungsstrategien zu entwickeln, um<br />
auf diese unsicheren Entwicklungen vorbereitet<br />
zu sein: „Unsere Methoden sollen<br />
helfen, sich flexibel anpassen zu können,<br />
um widerstandsfähig gegenüber häufigen<br />
Veränderungen zu werden“, so Dr. Volker<br />
Meyer. Deshalb forschen er und verschiedene<br />
<strong>UFZ</strong>-Wissenschaftler weiter in<br />
internationalen Projekten wie CapHaz-Net<br />
zu Dürren in Spanien, Hangrutschen und<br />
Sturzfluten in den Alpen sowie Hochwasser<br />
im Elbeeinzugsgebiet. In RISK MAP wird<br />
untersucht, wie Hochwasserrisikokarten<br />
verbessert werden können. Beide Projekte<br />
werden vom <strong>UFZ</strong> koordiniert.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Dr. Volker Meyer<br />
Dept. Ökonomie<br />
Telefon: 0341/235-1641<br />
e-mail: volker.meyer@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
FLOODsite: www.floodsite.net<br />
RISK MAP: www.ufz.de/<br />
index.php?de=18469<br />
Kapitel 1: Klimawandel und Wasser <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 11
Um herauszufinden, aus welchen Quellen<br />
Nitrat im Grundwasser der Kalahari<br />
stammt, untersucht <strong>UFZ</strong>-Mitarbeiterin<br />
Martina Neuber die Grundwasserproben <strong>mit</strong><br />
kombinierten isotopenhydrologischen und<br />
chemischen Methoden im Labor.<br />
Von der Kalahari lernen<br />
Wie Klimaveränderungen die Nitratwerte im Grundwasser steigen lassen.<br />
Der weite Weg in die Kalahari hat sich für<br />
Dr. Susanne Stadler gelohnt: An einer Fallstudie<br />
in Botswana konnte sie zeigen, dass<br />
es einen Zusammenhang zwischen dem<br />
in den letzten tausenden Jahren häufiger<br />
aufgetretenen Wechsel von eher feuchtem<br />
zu trockenem Klima und dem Nitratgehalt<br />
im Grundwasser gibt. Das ist nicht nur ein<br />
Problem in Botswana, sondern auch für<br />
bestehende oder zukünftige Trockengebiete<br />
weltweit. Für ihre Dissertation arbeitete<br />
Susanne Stadler vom Geozentrum Hannover<br />
eng <strong>mit</strong> Wissenschaftlern am <strong>UFZ</strong> zusammen.<br />
„Wir untersuchen die Wasserressourcen<br />
zusammen <strong>mit</strong> den an sie gebundenen<br />
Stoffkreisläufen des Kohlenstoffs, Schwefels<br />
und Stickstoffs“, erklärt Dr. Karsten Osenbrück<br />
vom <strong>UFZ</strong>, der an der Studie beteiligt<br />
war. Zur Identifizierung der Nitratquellen im<br />
Ntane Sandstein Aquifer in Botswana wurde<br />
in dieser Studie ein integrativer Ansatz verwendet,<br />
der Methoden der Hydrogeologie,<br />
Grundwasserchemie und Isotopenhydrologie<br />
kombiniert.<br />
Untersuchungen in dicht besiedelten Gebieten<br />
wie dem Gaza-Streifen hatten bereits<br />
zuvor gezeigt, dass Dünger und Abwässer<br />
die Nitratwerte im Grundwasser so ansteigen<br />
lassen können, dass daraus Gesundheitsrisiken<br />
für die Bevölkerung erwachsen.<br />
Doch wie verändern sich Nitratgehalte im<br />
Grundwasser in Gegenden, in denen der Einfluss<br />
menschlichen Handelns absolut gering<br />
ist? In der unbesiedelten Kalahari-Wüste, die<br />
sich vor allem auf dem Gebiet von Botswana<br />
erstreckt, ist dies der Fall. Die Kalahari ist<br />
eigentlich eine Trockensavanne. Ihre charakteristischen<br />
lang gestreckten Dünen wurden<br />
in einer feuchteren Klimaphase der jüngsten<br />
Erdgeschichte (vor etwa 10.000 bis 20.000<br />
Jahren) durch Pflanzenwuchs stabilisiert.<br />
Es dominieren Gräser, Dornensträucher<br />
und Akazienbäume, die auch bei extrem<br />
geringen Niederschlagsmengen überleben<br />
können. Die wenigen im Kalahari-Gebiet<br />
lebenden Menschen unterhalten Rinderherden,<br />
die die bewachsenen Flächen abweiden.<br />
Der Wasserbedarf für Mensch und Tier<br />
kann ausschließlich über das Grundwasser<br />
gedeckt werden.<br />
Bei ihren Untersuchungen fanden Susanne<br />
Stadler und ihre Mitstreiter heraus, dass<br />
das Grundwasser an einigen Stellen stark<br />
erhöhte Nitratkonzentrationen aufwies, die<br />
deutlich über dem Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation<br />
von 50 Milligramm<br />
pro Liter liegen. „Das hat natürliche<br />
Ursachen“, weiß Stadler. So gibt es z. B.<br />
Ter<strong>mit</strong>en, deren Bauten teilweise bis zum<br />
Grundwasserspiegel herunter reichen. Diese<br />
Insekten züchten einen Pilz, von dessen<br />
Ausscheidungen sie leben. Um diesen Pilz<br />
zu ernähren, bringen sie Pflanzenrückstände<br />
<strong>mit</strong> gebundenem Stickstoff in ihren Bau.<br />
Doch davon allein geht keine signifikante<br />
Gefahr aus. Es sind die Klimaveränderungen,<br />
die sich negativ auf die Wasserqualität<br />
auswirken: Hydrochemische und isotopenhydrologische<br />
Untersuchungen an Grundwasserproben<br />
zeigten eine Verbindung von<br />
Nitratkonzentrationen und dem Alter von<br />
Grundwasser. In langen, trockenen Perioden<br />
wird kein neues Grundwasser gebildet – das<br />
System wird weniger gut „gespült“. „Die<br />
Wasserqualität sinkt, weil die gleiche Nitratmenge<br />
in weniger Wasser gelöst wird“, fasst<br />
Karsten Osenbrück zusammen. So gesehen<br />
sind die Kalahari und einige Regionen Europas<br />
gar nicht mehr so weit entfernt: Durch<br />
weitere Verringerung der Niederschlagsmengen<br />
könnten sich auch hierzulande<br />
die bereits bestehenden Mensch gemachten<br />
Probleme durch erhöhte Nitratwerte<br />
verschärfen. Im Umweltbericht 2008 eines<br />
Schweizer Kantons wird beispielsweise<br />
darauf hingewiesen, dass gerade trockene<br />
Jahre zu einer temporären Nitratmobilisierung<br />
und da<strong>mit</strong> höheren Nitratkonzentrationen<br />
im Grundwasser besonders in<br />
landwirtschaftlich geprägten Gebieten<br />
geführt haben. Verantwortlich seien laut<br />
Bericht die gelockerten Vorschriften für die<br />
Winterbegrünung von Äckern.<br />
Karsten Osenbrück ist überzeugt: „Wir<br />
brauchen bessere Prognosen über die<br />
Entwicklung der Grundwasserqualität. Und<br />
dafür müssen wir natürliche und Mensch<br />
gemachte Komponenten berücksichtigen.“<br />
Ein Ziel, für das es sich lohnt, in der trockenen<br />
und heißen Kalahari zu forschen.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Dr. Karsten Osenbrück<br />
Dept. Isotophenhydrologie<br />
Telefon: 0345/558-5207<br />
e-mail: karsten.osenbrueck@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.ufz.de/index.php?de=703<br />
Dr. Susanne Stadler<br />
Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik<br />
(LIAG), Geozentrum Hannover<br />
Telefon: 0511/643-3545<br />
e-mail:<br />
susanne.stadler@liag-hannover.de<br />
12 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
<strong>UFZ</strong>-Modellierer arbeiten daran, regionale<br />
Klimamodelle <strong>mit</strong>hilfe hydrologischer Modelle<br />
zu verbessern. In der oberen Ebene ist beispielsweise<br />
die Abweichung des Winterniederschlages<br />
vom langjährigen Mittel einer<br />
Region dargestellt.<br />
Grafik: Ronny Grafik: Jesse/www.jesse3d.de<br />
25<br />
20<br />
15<br />
Abweichung des<br />
Winterniederschlags (mm)<br />
10<br />
Regionale Klimamodelle verbessern<br />
„Wir werden <strong>mit</strong> keinem noch so guten<br />
Klimamodell vorhersagen können, wie groß<br />
die Niederschlagsmenge oder die Sonnenscheindauer<br />
im Juli 2027 auf Sylt oder in<br />
den Alpen sein wird. Eine seriöse Wettervorhersage<br />
<strong>mit</strong> Wettermodellen ist derzeit für<br />
eine Zeitspanne von sieben bis zehn Tagen<br />
möglich – und selbst die ist noch <strong>mit</strong> Unsicherheiten<br />
behaftet“, erklärt Dr. Matthias<br />
Cuntz vom <strong>UFZ</strong>. Klimamodelle haben wie<br />
alle Modelle Grenzen. Ihre Ergebnisse<br />
sind keine sicheren Vorhersagen, sondern<br />
schlicht Rechenergebnisse, die nur so<br />
gut sein können, wie die ihnen zugrunde<br />
gelegten Daten und Annahmen. Sie sollen<br />
helfen, mögliche Trends in der Klimaentwicklung<br />
zu finden und einzelne Klimafaktoren<br />
zu gewichten. „Deshalb sprechen<br />
wir auch von Klimaszenarien und nicht von<br />
Klimaprognosen“, ergänzt der Physiker.<br />
Klimamodelle gehören zu den kompliziertesten<br />
und rechenaufwändigsten Computermodellen,<br />
die die Erde in ihren physikalischen<br />
Einzelheiten nachbilden. Es werden<br />
möglichst viele relevante Komponenten und<br />
Wechselwirkungen in der Atmosphäre, den<br />
Ozeanen und auf der Erdoberfläche berücksichtigt<br />
und je nach Fragestellung <strong>mit</strong>einander<br />
gekoppelt. Trotz Höchstleistungsrechnern<br />
und vereinfachter Abbildung<br />
klimarelevanter Prozesse sind die erforderlichen<br />
Rechenleistungen so hoch, dass die<br />
räumliche Auflösung globaler Klimamodelle<br />
zwischen 50 und 250 Kilometern liegt. „Das<br />
reicht nicht, um Klimafolgen für Länder<br />
oder Regionen abzuschätzen und entsprechende<br />
Anpassungskonzepte zu entwickeln.<br />
Kleinskalige Prozesse oder Extremwetterereignisse<br />
fallen durch das grobe Raster“,<br />
erläutert Prof. Dr. Sabine Attinger, <strong>UFZ</strong>-<br />
Expertin für hydrologische Modellierung.<br />
Soll beispielsweise abgeschätzt werden, wie<br />
sich zukünftig Wasserressourcen auf Land<br />
räumlich und zeitlich verteilen, müssen<br />
sowohl hydrologische als auch regionale<br />
Klimamodelle verwendet, verbessert und<br />
<strong>mit</strong>einander gekoppelt werden. „Da stehen<br />
wir noch ganz am Anfang. Erst seit kurzem<br />
sind regionale Klimamodelle überhaupt<br />
in der Lage, in kleinen Rastern um 10 Kilometer<br />
zu arbeiten. Lange hingen sie bei<br />
50 Kilometern fest – und das ist für hydrologische<br />
Modelle einfach zu grob“, so die<br />
Physikerin. Umgekehrt haben die <strong>UFZ</strong>-<br />
Wissenschaftler erst in den letzten Jahren<br />
numerisch effiziente Schemen an hydrologischen<br />
Modellen entwickelt, <strong>mit</strong> denen<br />
vertikale Prozesse wie Bodenfeuchtedynamik<br />
oder Pflanzentranspiration auf größeren<br />
Skalen regionalisiert werden können. Da<strong>mit</strong><br />
ist es nun prinzipiell möglich, Klimamodelle<br />
und hydrologische Modelle <strong>mit</strong>einander zu<br />
verknüpfen und neben Klimaszenarien auch<br />
hydrologische Szenarien zu liefern.<br />
Vorhersagen zur regionalen und lokalen<br />
Hydrologie sind allerdings nur dann gut,<br />
wenn die lokalen und regionalen Niederschläge<br />
stimmen. Sie sollten nicht statistisch,<br />
sondern tatsächlich am richtigen Ort<br />
und zum richtigen Zeitpunkt stattfinden.<br />
Doch Klimaszenarien liefern nur statistische<br />
Aussagen zum zukünftigen Wettergeschehen,<br />
wie die Zahl und Häufigkeit von Extremniederschlägen,<br />
aber nicht den Ort und den<br />
Zeitpunkt ihres Auftretens. Um das zu verstehen,<br />
muss man sich verdeutlichen, wie<br />
Klimamodelle aufgesetzt werden: Klimamodelle<br />
– wie auch hydrologische Modelle –<br />
werden zunächst <strong>mit</strong>hilfe von Daten aus den<br />
vergangenen 50 bis 80 Jahre aufgestellt und<br />
daran gemessen, wie gut sie die Vergangenheit<br />
reproduzieren. Regionale Klimamodelle<br />
rechnen nur eine Region und sind in globale<br />
Klimamodelle eingebettet. Alternativ kann<br />
man regionalen Klimamodellen auch großskalige<br />
Prozesse wie Hoch-/Tiefdruckgebiete<br />
vorgeben. Anschließend lassen es<br />
die Wissenschaftler 100 Jahre vorwärts<br />
rechnen – ohne die Vorgabe von beobachteten<br />
Temperaturen, Winden, Drücken – so<br />
dass das Modell frei rechnet und sich sein<br />
„eigenes“ Wetter erzeugt. Da sich Wetter<br />
chaotisch verhält, lassen sich keine genauen<br />
Vorhersagen machen, sondern nur<br />
statistische Aussagen. Deshalb sind Wissenschaftler<br />
nicht in der Lage, genaue hydrologische<br />
Vorhersagen zu liefern. Sie können<br />
nur hydrologische Szenarien und ihre Wahrscheinlichkeiten<br />
berechnen.<br />
Trotz der vielen Einschränkungen hoffen<br />
die Wissenschaftler, die Unsicherheiten in<br />
den Modellaussagen durch die Kopplung<br />
zwischen hydrologischen und regionalen<br />
Klimamodellen zu reduzieren. Ergebnisse<br />
und Methoden der regionalen Klimamodellierung<br />
fließen wiederum in die globalen<br />
Klimamodelle ein. So werden die Berechnungen<br />
in Zukunft immer genauer.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Prof. Dr. Sabine Attinger<br />
Dept. Hydrosystemmodellierung<br />
Telefon: 0341/235-1250<br />
e-mail: sabine.attinger@ufz.de<br />
Dr. Matthias Cuntz<br />
Dept. Hydrosystemmodellierung<br />
Telefon: 0341/235-1071<br />
e-mail: matthias.cuntz@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.ufz.de/index.php?de=4658<br />
Kapitel 1: Klimawandel und Wasser <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 13
Niemand kann sagen, was Bienen oder andere<br />
bestäubende Insekten wie Hummeln,<br />
Schwebfliegen und Schmetterlinge wert<br />
sind. Es wurde aber von Wissenschaftlern<br />
berechnet, was sie leisten: Auf dem<br />
Weltmarkt haben alle Früchte, Nüsse und<br />
Gewürze, die auf Bestäuber angewiesen<br />
sind, im Jahr 2005 rund 153 Milliarden Euro<br />
gekostet.<br />
Foto: www.istockphoto.com<br />
ALARM: Klimawandel reiSSt Löcher<br />
in das Netz des Lebens<br />
Im EU-Projekt ALARM haben Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler aus 35<br />
Ländern erstmals Methoden entwickelt, um<br />
Artenvielfalt in europäischen Landschaften<br />
systematisch zu erfassen und die entscheidenden<br />
Faktoren für den beobachteten<br />
Artenschwund zu identifizieren: Dabei treibt<br />
der regionale Klimawandel die Dynamik an,<br />
aber auch Landnutzung und Umweltchemikalien<br />
wirken sich aus. Die Folgen des<br />
Artenverlustes sind komplex und schwer<br />
abzuschätzen. Bei bestäubenden Insekten<br />
führt der Verlust zu Ernterückgängen, deren<br />
ökonomischer Wert sich beziffern lässt.<br />
„Artenvielfalt ist genauso wichtig wie das<br />
Klima, wenn es um die Ernährung der<br />
Menschheit geht, aber uns fehlen räumlich<br />
und zeitlich gut aufgelöste Daten zu sehr<br />
vielen Tier- und Pflanzenarten, um genauer<br />
vorhersagen zu können, wie sich die Ökosysteme<br />
entwickeln“, erklärt Josef Settele vom<br />
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung –<br />
<strong>UFZ</strong>. Mit dem EU-Projekt ALARM ist es gelungen,<br />
einen ersten Überblick über wichtige<br />
Lebensräume Europas und ihre spezifischen<br />
Probleme zu schaffen. ALARM steht für<br />
„Assessing LArge scale environmental<br />
Risks for biodiversity with tested Methods“.<br />
Settele hat das EU-Projekt, das zwischen<br />
2004 und 20<strong>09</strong> <strong>mit</strong> rund 14 Millionen Euro<br />
von der EU gefördert wurde (Gesamtkosten:<br />
24 Millionen Euro), in enger Kooperation<br />
<strong>mit</strong> sechs Kollegen koordiniert; insgesamt<br />
haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
aus 35 Ländern und 68 Partnerorganisationen<br />
(darunter 7 kleine und <strong>mit</strong>tlere<br />
Unternehmen) daran <strong>mit</strong>gearbeitet. Die<br />
gesammelten Ergebnisse zu den Risiken für<br />
die Biodiversität werden Anfang 2010 auch<br />
in einem großen Atlas veröffentlicht.<br />
Gewinner und Verlierer<br />
Mit ALARM haben die Wissenschaftler<br />
erstmals einheitliche Methoden entwickelt,<br />
um großräumige Umweltrisiken für die Biodiversität<br />
für unterschiedliche Landschaftsräume<br />
in Europa quantitativ zu erfassen.<br />
Ein treibender Faktor ist der regionale<br />
Klimawandel, der Flora und Fauna zwingt,<br />
sich extrem rasch an neue Bedingungen<br />
anzupassen. Außerdem begünstigt der<br />
Klimawandel Invasionen fremder Tier- und<br />
Pflanzenarten, die heimische Arten verdrängen<br />
können und als Schädlinge in Wäldern<br />
und Feldern erhebliche Kosten verursachen.<br />
Dazu kommen die zunehmende Flächenversiegelung,<br />
das immer dichtere Straßennetz<br />
Risikoatlas für Biodiversität<br />
und die Intensivierung der Landnutzung.<br />
Umweltchemikalien aus Landwirtschaft und<br />
Industrie beeinflussen oft auf subtile Weise<br />
die Vermehrungsraten von Insekten und Wirbellosen,<br />
die wiederum z. B. von Vögeln gefressen<br />
werden. Es ist das Zusammenspiel<br />
all dieser Faktoren, das die Musik macht<br />
und im Endergebnis den Artenschwund einläutet.<br />
„Die Frage, ob der Klimawandel gut<br />
oder schlecht für die Arten ist, kann man so<br />
nicht beantworten, es gibt Gewinner und es<br />
gibt Verlierer. Aber zum Beispiel werden von<br />
den rund 300 Tagfalter-Arten in Europa rund<br />
70 Arten profitieren, die anderen 230 eher<br />
nicht“, sagt Settele.<br />
Der Fleiß der Insekten<br />
Eine besonders entscheidende Rolle in<br />
Ökosystemen spielen die bestäubenden<br />
Insekten wie Bienen, Hummeln, Schwebfliegen<br />
und Schmetterlinge. Dass die<br />
Initiiert und produziert im Rahmen des ALARM-Projektes erscheint<br />
Anfang 2010 der „Atlas of Biodiversity Risk“ im Buchhandel.<br />
In elf Kapiteln werden Schwerpunkte der Biodiversitätsforschung<br />
präsentiert: Klimaveränderung, Landnutzung,<br />
Umweltchemikalien, biologische Invasionen, Verlust an Bestäubern,<br />
die Rolle sozioökonomischer Faktoren und die<br />
kombinierten Auswirkungen dieser und weiterer Triebkräfte.<br />
Abgerundet wird der Atlas durch einen Ausblick auf anstehende<br />
Zukunftsaufgaben in der Biodiversitätsforschung.<br />
Pensoft Publishers (Sofia, Bulgarien) ISBN: 978-954-642-446-4 / ISBN e-book: 978-954-642-447-1<br />
14 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Bestäubung in vielen Landschaften Europas<br />
deutlich zurückgegangen ist, wurde schon<br />
länger beobachtet. Bei Nutzpflanzen führt<br />
dies zu Ernteeinbußen, bei Wildpflanzen zu<br />
weniger Nachwuchs bis hin zur Gefährdung<br />
des Bestands. Zwar werden die Hauptlieferanten<br />
von Kohlehydraten wie Weizen, Hafer<br />
und Roggen durch den Wind bestäubt, aber<br />
rund siebzig Prozent der Nutzpflanzen, darunter<br />
Obstbäume, Haselnusssträucher und<br />
andere Vitaminlieferanten, sind auf Insekten<br />
angewiesen, um Früchte auszubilden. „Wir<br />
können nicht sagen, was Bienen wert sind,<br />
aber wir können sagen, was sie leisten“,<br />
meint Josef Settele und stellt fest: „Auf<br />
dem Weltmarkt haben die von Bestäubern<br />
abhängigen Früchte, Nüsse und Gewürze im<br />
Jahr 2005 rund 153 Milliarden Euro gekostet.“<br />
Diese einfache Rechnung unterschätzt<br />
sogar den Schaden, denn wenn beispielsweise<br />
die Ernten sinken, steigen die Preise.<br />
Im schlimmsten Fall müssten Arbeiter <strong>mit</strong><br />
Pinseln die Arbeit der Bestäuber übernehmen,<br />
wie es heute schon in Kakaoplantagen<br />
geschieht. Dieses Ergebnis aus ALARM<br />
fließt in den TEEB-Report (The Economics of<br />
Ecosystems and Biodiversity) ein, der unter<br />
Leitung des britischen Ökonomieexperten<br />
Pavan Sukhdev von einer Arbeitsgruppe<br />
am <strong>UFZ</strong> <strong>mit</strong> koordiniert wird (siehe Seite<br />
22 / 23).<br />
Durch ALARM ist die aktuelle Verbreitung<br />
von vielen bestäubenden Insekten erstmals<br />
genauer erfasst worden. Schon länger<br />
bekannt sind die Probleme der Bienenvölker,<br />
die durch Viren und Parasiten gefährdet<br />
sind. Hinzu kommen aber nun auch neue<br />
Erkenntnisse zu den wildlebenden Vertretern<br />
wie Bienen, Hummeln, Schwebfliegen<br />
und Schmetterlingen. „Das Problem ist: Wir<br />
hatten bislang keine guten Daten, vor allem<br />
nicht zu häufigen Arten wie Tagpfauenauge<br />
und Kleiner Fuchs, die für Spezialisten<br />
nicht so interessant sind“, erklärt Settele.<br />
Deshalb haben die <strong>UFZ</strong>-Forscher in Kooperation<br />
<strong>mit</strong> der Gesellschaft für Schmetterlingsschutz<br />
(GfS) ein Netz von rund 600<br />
Ehrenamtlichen organisiert, die regelmäßig<br />
bestimmte Strecken ablaufen und Falter<br />
zählen. „Als das ZDF über unser Projekt<br />
in Abenteuer Wissen berichtet hat, haben<br />
sich schon während der Sendung Leute im<br />
Online Portal www.tagfalter-monitoring.de<br />
angemeldet“, erinnert sich Settele. Zusammen<br />
liefern die ehrenamtlichen Naturfreunde<br />
sehr wertvolle Informationen. Auch<br />
Wanderungsbewegungen können so quantitativ<br />
erfasst werden. Die ersten Auswertungen<br />
deuten darauf hin, dass 20<strong>09</strong> ein<br />
relativ gutes Falterjahr war – dennoch wurden<br />
aber selbst sonst häufige Arten wie<br />
Kleiner Fuchs oder Kleines Wiesenvögelchen<br />
seltener beobachtet. „Wir müssen<br />
diese Daten allerdings nun über einige<br />
Jahre weiter erheben und auswerten, um zu<br />
fundierten Schlussfolgerungen zu kommen“,<br />
betont Settele.<br />
Karten für die biologische Vielfalt<br />
In dem Atlas der Biodiversitäts-Risiken haben<br />
die ALARM-Forscher nun beispielsweise<br />
auch die Verbreitungsgebiete bestimmter<br />
Pflanzen <strong>mit</strong> IPCC-Klimaszenarien und<br />
Karten der Landnutzung kombiniert, um zu<br />
er<strong>mit</strong>teln, wo bestimmte Falter jetzt und<br />
auch in Zukunft gute Bedingungen vorfinden.<br />
Denn es gibt Falterarten wie zum Beispiel<br />
die Ameisenbläulinge, die nur in einzigartigen<br />
Symbiosegemeinschaften überleben<br />
können, welche nur unter Beweidung durch<br />
Vieh oder bestimmte Mahdvarianten möglich<br />
werden. „Mit diesen Karten sieht man<br />
deutlich, welche Bereiche nun <strong>mit</strong> besonderer<br />
Aufmerksamkeit bewirtschaftet werden<br />
müssen. Und wir sehen auch, wo sich das<br />
Naturschutz-Management von Süden nach<br />
Norden übertragen lassen würde, wenn der<br />
Klimawandel fortschreitet.“ Das klingt einleuchtend,<br />
ist aber ein neuer Gedanke, der<br />
nun <strong>mit</strong> dem Forschungsvorhaben CLIMIT<br />
systematisch verfolgt wird (siehe Seite 16).<br />
„Klimaforscher haben inzwischen ein engmaschiges<br />
Netz aus Messstationen aufgebaut,<br />
die stündlich und minütlich Daten liefern.<br />
Für die Artenvielfalt haben wir das noch<br />
nicht, und es geht auch nicht automatisch.<br />
Deshalb sind die Naturfreunde so wichtig,<br />
die ehrenamtlich Daten sammeln, da<strong>mit</strong> wir<br />
überhaupt <strong>mit</strong>bekommen, was geschieht<br />
und welche Faktoren bestimmte Entwicklungen<br />
verursachen“, sagt Settele.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
PD Dr. Josef Settele<br />
Dept. Biozönosenforschung<br />
e-mail: josef.settele@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.alarmproject.net<br />
Kapitel 2: Klimawandel und Biodiversität <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 15
Exemplare des britischen Maculinea arion<br />
aus dem Archiv der Schmetterlingssammlung<br />
des Museums für Naturgeschichte in Oxford,<br />
England.<br />
Perspektiven für Extremisten<br />
Intelligentes Landschaftsmanagement<br />
könnte die Überlebenschancen von Tierund<br />
Pflanzenarten verbessern, die durch<br />
den Klimawandel bedroht sind. Die Schaffung<br />
von wärme-gepufferten Kleinhabitaten<br />
sowie bessere Verbindungen zwischen<br />
Lebensräumen würden dann einer mäßigen<br />
Klimaerwärmung entgegenwirken und bedrohten<br />
Arten Gelegenheit geben, sich <strong>mit</strong><br />
etwas mehr Zeit besser anzupassen und /<br />
oder in kühlere Regionen zu wandern. Das<br />
schlussfolgerten <strong>UFZ</strong>-Wissenschaftler aus<br />
einer britischen Studie über die Rettung des<br />
Thymian-Ameisenbläulings (Maculinea arion).<br />
Diese Schmetterlingsart war 1979 in Großbritannien<br />
ausgestorben und wurde dort vor<br />
25 Jahren wieder angesiedelt. Seitdem gilt<br />
diese Art als Musterbeispiel für den Schutz<br />
bedrohter Insekten.<br />
Der Thymian-Ameisenbläuling gehört zur<br />
Familie der Bläulinge, von denen die Raupen<br />
von über 75 Prozent der etwa 6.000<br />
weltweit vorkommenden Arten <strong>mit</strong> Ameisen<br />
zusammenleben. Gegen das Verhalten der<br />
Ameisenbläulinge war die perfide Spitzfindigkeit<br />
des Trojanischen Pferdes harmlos:<br />
Die Falter sorgen dafür, dass ihre Raupen<br />
von bestimmten Ameisenarten als Angehörige<br />
des eigenen Nestes erkannt werden,<br />
von ihnen in ihre Nester geschleppt, als<br />
eigene Brut „adoptiert“ und gefüttert<br />
werden oder sich ungestraft durchfressen<br />
dürfen. Schauplatz dieses Vorgangs sind<br />
Wiesen, auf denen diese Ameisenarten<br />
unter der Erde liegende Nester anlegen.<br />
„Ameisenbläulinge sind echte Extremisten<br />
unter den Schmetterlingen“, stellt Josef<br />
Settele fest. Aus einer ursprünglichen Sym-<br />
biose formte sich im Laufe der Evolution<br />
eine fast reine Parasitenrolle der Ameisenbläulinge.<br />
Alles in allem eine perfekte<br />
Überlebensstrategie.<br />
Doch gerade ihre Spezialisierung scheint<br />
ihnen zum Verhängnis zu werden: Klimaerwärmung<br />
und veränderte Landnutzung<br />
bringen das sensible Zusammenspiel der<br />
Arten aus dem Gleichgewicht. Im europäischen<br />
Projekt CLIMIT (CLimate change<br />
impacts on Insects and their MITigation),<br />
das vom <strong>UFZ</strong> koordiniert wird, untersuchen<br />
Wissenschaftler diese Lebensräume und<br />
entwerfen Managementszenarien für die<br />
Zukunft. „Dabei können wir das Wissen aus<br />
vorangegangenen Projekten wie ALARM<br />
einfließen lassen“, so Settele (siehe Seiten<br />
14/15). „Schmetterlinge sind gute Indikatoren<br />
für den ökologischen Zustand von<br />
Wiesen und Weiden – sie reagieren un<strong>mit</strong>telbar<br />
auf Umweltveränderungen und lassen<br />
Rückschlüsse auf die Gesamtentwicklung<br />
zu“, erklärt der Agrarökologe. Das werden<br />
sich die Forscher vom <strong>UFZ</strong>, aus Frankreich,<br />
Italien und Schweden einmal mehr zu Nutze<br />
machen: Sie untersuchen die Auswirkungen<br />
von Klimaveränderungen und Änderungen<br />
anderer Einflussfaktoren wie der Landnutzung<br />
bei einigen der in Europa am meisten<br />
bedrohten Insektenarten, die ein „Verhältnis“<br />
<strong>mit</strong> Ameisen eingegangen sind.<br />
Welche Bedingungen sind für das Überleben<br />
von Arten notwendig? Wie weit können sie<br />
sich innerhalb ihrer Lebensräume anpassen<br />
und wie viel Zeit wird dafür benötigt? Welche<br />
Wanderungsbewegungen gibt es? Wo<br />
gibt es akute Bedrohung?<br />
In einem nächsten Schritt werden in Modellen<br />
Szenarien für die nächsten Jahrzehnte<br />
entworfen und Handlungsempfehlungen<br />
für die Politik und die Naturschutzpraxis<br />
erarbeitet. Ziel ist es, zumindest keine Verschlechterung<br />
des Zustandes der Population<br />
zuzulassen. „Durch gezieltes Management<br />
kann der Klimaveränderung ein Schnippchen<br />
geschlagen werden, indem wir zum<br />
Beispiel Wiesen und Trockenrasen im Durchschnitt<br />
höher wachsen lassen und sich<br />
da<strong>mit</strong> die mikroklimatischen Bedingungen<br />
für die Ameisen weniger gravierend ändern,<br />
als dies unter den zu erwartenden großklimatischen<br />
Bedingungen der Fall wäre“,<br />
so Projektkoordinatorin Elisabeth Kühn.<br />
„Das klingt trivial, ist aber ein ganz einfaches<br />
Beispiel dafür, dass es durch modifiziertes<br />
Management möglich ist, Klimaveränderungen<br />
besser abzupuffern, um vielen<br />
Arten eine Atempause zum Anpassen oder<br />
Auswandern zu geben.“ Wenn dies gelingt,<br />
haben auch die Extremisten unter den<br />
Schmetterlingen eine gute Perspektive –<br />
idealerweise bevor diese ausgestorben sind<br />
und wieder eingeführt werden müssen.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
PD Dr. Josef Settele<br />
Dept. Biozönosenforschung<br />
e-mail: josef.settele@ufz.de<br />
Elisabeth Kühn<br />
Dept. Biozönoseforschung<br />
Telefon: 0345/558-5263<br />
e-mail: elisabeth.kuehn@ufz.de<br />
16 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Besonders für Schafe ist die Blauzungenkrankheit<br />
lebensbedrohlich.<br />
Für den Menschen besteht keine<br />
Ansteckungsgefahr. Fleisch- und<br />
Milchprodukte können ohne Bedenken<br />
verzehrt werden.<br />
Viren auf Reisen<br />
Durch Klimawandel, internationalen Handel<br />
und Reiseverkehr könnten neue Tierseuchen<br />
nach Deutschland kommen. Sie kennen<br />
keine Grenzen mehr. In den Zeiten der<br />
Globalisierung reisen nicht nur Menschen<br />
und Waren um die Welt, sondern auch<br />
Viren, Bakterien und krankheitsübertragende<br />
Insekten. In Touristenkoffern und<br />
Frachtcontainern, <strong>mit</strong> Tiertransporten und<br />
Pflanzenlieferungen überwinden sie mühelos<br />
die Distanzen zwischen den Kontinenten.<br />
Nicht überall, wo die blinden Passagiere<br />
ausgeladen werden, können sie sich auch<br />
verbreiten. Experten befürchten allerdings,<br />
dass der Klimawandel einigen berüchtigten<br />
Tierseuchen den Weg in neue Gebiete ebnen<br />
wird. Denn viele Erreger und ihre Überträger<br />
können sich bei wärmeren Temperaturen<br />
besonders gut vermehren.<br />
„Auch in Deutschland stehen ein paar sehr<br />
gefährliche Krankheiten vor der Tür“, sagt<br />
Dr. Hans-Hermann Thulke vom <strong>UFZ</strong>. Was<br />
passiert, wenn sie diese Tür öffnen? Den<br />
Sprung über die Grenze schaffen? Wie<br />
werden sie sich ausbreiten? Was kann man<br />
Blauzungenkrankheit (Bluetongue)<br />
dagegen tun? Mit Computermodellen versuchen<br />
die <strong>UFZ</strong>-Forscher, diese Fragen zu<br />
beantworten. Bisher nämlich verhalten sich<br />
die wandernden Seuchen oft unberechenbar.<br />
So zum Beispiel im Fall der Blauzungenkrankheit,<br />
die vor allem für Schafe lebensbedrohlich<br />
ist. Die Wiederkäuerseuche stammt<br />
ursprünglich aus den Regionen südlich der<br />
Sahara. Doch in den letzten Jahrzehnten hat<br />
sie sich nach Norden ausgebreitet und so<br />
den Süden Europas erreicht. Die Seuchenexperten<br />
vom Friedrich-Loeffler-Institut<br />
für Tiergesundheit (FLI) hatten auch da<strong>mit</strong><br />
gerechnet, dass sie irgendwann in Deutschland<br />
ankommen würde. Trotzdem war die<br />
Überraschung groß, als dann im Sommer<br />
2006 tatsächlich Schafe ganz im Westen<br />
Deutschlands – im Raum Aachen – erkrankten.<br />
Von den mindestens 24 verschiedenen<br />
Varianten des Blauzungenvirus fand sich in<br />
diesen Tieren ausgerechnet der Serotyp 8,<br />
der in Südeuropa überhaupt nicht vokommt.<br />
Die Seuche konnte also nicht einfach im<br />
Zuge des Klimawandels aus Italien weiter<br />
nach Norden gewandert sein. „Wie die<br />
Krankheit tatsächlich eingeschleppt wurde,<br />
Die Blauzungenkrankheit ist eine virale Infektionskrankheit bei Wiederkäuern wie<br />
Schafen und Rindern, die von Mücken übertragen wird. Der krankheitsauslösende<br />
Erreger ist das Blauzungenvirus (engl. Bluetongue virus, kurz BTV).<br />
Bislang sind mindestens 24 verschiedene Serotypen bekannt. Den Namen<br />
verdankt die Krankheit dem auffallendsten Symptom: Die Zunge der Tiere<br />
verfärbt sich beim Krankheitsausbruch blau. Weitere Symptome sind Fieber,<br />
Ödeme, Atemnot und Geschwüre. Am häufigsten und schwersten erkranken<br />
Schafe, vor allem Lämmer. Die Erkrankung ist eine anzeigepflichtige Tierseuche.<br />
In Deutschland ist seit 2008 die Impfung für Schafe, Ziegen und Rinder<br />
verpflichtend. www.ufz.de/index.php?en=18943 (Risikobewertung zur Aufhebung<br />
der Impfpflicht gegen BTV, Serotyp 8, 2010)<br />
wissen wir bis heute nicht“; sagt Elke Reinking<br />
vom FLI. Offenbar ist das Klima also<br />
nur ein Mosaikstein im komplizierten Bild<br />
der Seuchenwanderungen. In jedem Fall<br />
brauchen die Erreger eine günstige Reisegelegenheit<br />
sowie geeignete Überträger und<br />
Opfer am Zielort. Wenn das gegeben ist,<br />
können ihnen die steigenden Temperaturen<br />
den Vormarsch erleichtern. „All diese komplexen<br />
Zusammenhänge sind sehr schwer<br />
zu durchschauen“; sagt Hans-Hermann<br />
Thulke. „Deshalb wollen wir die Ausbreitung<br />
der Blauzungenkrankheit in Mitteleuropa im<br />
Computer nachstellen, um zu untersuchen,<br />
wie Krankheiten neue Gebiete erobern“.<br />
Vielleicht lassen sich ja Gesetzmäßigkeiten<br />
erkennen. Das wäre sehr nützlich,<br />
um Gegenmaßnahmen möglichst effektiv<br />
einzusetzen.<br />
Vielleicht lässt sich dann das Schlimmste<br />
verhindern, wenn andere Krankheiten wie<br />
etwa die Afrikanische Pferdepest nach<br />
Deutschland kommen. Was ein Ausbruch<br />
dieser Krankheit anrichten kann, haben<br />
spanische Pferdehalter bereits Ende der<br />
1980er Jahre erfahren. In den berühmten<br />
Zuchtbetrieben Andalusiens fielen damals<br />
zahlreiche Tiere dem Erreger zum Opfer.<br />
Wie die Seuche nach Spanien kam, ist<br />
inzwischen bekannt: Ein einziges infiziertes<br />
Zebra, importiert für den Zoo in Barcelona,<br />
war der Auslöser.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Dr. Hans-Hermann Thulke<br />
Dept. Ökologische Systemanalyse<br />
Telefon: 0341/235-1712<br />
e-mail: hans.thulke@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.ufz.de/index.php?en=14377<br />
Kapitel 2: Klimawandel und Biodiversität <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 17
Wärmeres Klima wird zu wachsenden Populationen<br />
von Pflanzenschädlingen und vermehrtem<br />
Einsatz von Insektiziden führen.<br />
Das wird Folgen für die Umwelt haben – für<br />
Gewässer, Grundwasser, den Boden und die<br />
darin lebenden Organismen.<br />
Giftige Aussichten<br />
Wie Klimaveränderungen die Verwendung von Pestiziden in der Landwirtschaft<br />
ansteigen lassen.<br />
Die Risikokarte Mittel- und Nordeuropa zeigt<br />
die Veränderung des ökologischen Risikos aufgrund<br />
von Insektiziden von 1990 auf 2<strong>09</strong>0. Es<br />
ist deutlich zu erkennen, dass vor allem im<br />
nörd lichen Teil Europas – in Skandinavien und<br />
im Baltikum – <strong>mit</strong> einer Verschlechterung der<br />
Umweltqualität aufgrund wachsenden Einsatzes<br />
von Insektiziden in der Landwirtschaft zu<br />
rechnen ist.<br />
Vergleich 1990 – 2<strong>09</strong>0<br />
Verbesserung ohne eine Veränderung der Belastungsklasse<br />
Verbesserung um eine Belastungsklasse<br />
Verbesserung um zwei Belastungsklassen<br />
Keine Veränderung<br />
Höheres Risiko ohne Veränderung der Belastungsklasse<br />
Höheres Risiko um eine Belastungsklasse<br />
Höheres Risiko um zwei Belastungsklassen<br />
Einzugsgebiet<br />
0 250 500 1.000<br />
km<br />
N<br />
ders gravierende Folgen hat der Anstieg der<br />
Durchschnittstemperaturen im nördlichen<br />
Europa: In Ländern wie Schweden, Dänemark<br />
oder Finnland ist die Vermehrung<br />
von Insekten durch den Temperaturanstieg<br />
bereits deutlich spürbar. „Das ist deswegen<br />
der Fall, weil in den nördlichen Ländern die<br />
Temperatur für viele Insektenarten li<strong>mit</strong>ierend<br />
ist“, erklärt Dr. Matthias Liess vom<br />
<strong>UFZ</strong>. Das trifft nicht nur auf Pflanzenschädlinge<br />
zu. So gab es u. a. Anfang August<br />
20<strong>09</strong> zahlreiche Medienberichte über eine<br />
Mückenplage in Schweden, die bedrohliche<br />
Ausmaße angenommen hatte.<br />
Für die Landwirtschaft ist die Formel einfach:<br />
Je höher die Durchschnittstemperatur,<br />
desto größer wird die Belastung durch<br />
Pflanzenschädlinge und dementsprechend<br />
höher der erforderliche Einsatz von Pestiziden.<br />
„Wenn es also in Finnland im Jahresdurchschnitt<br />
so warm wird wie in Deutschland,<br />
werden dort in etwa so viel Pestizide<br />
benötigt, wie heute hierzulande“, fasst Liess<br />
zusammen. Doch Pestizide bekämpfen<br />
nicht nur Pflanzenschädlinge, sondern töten<br />
auch andere, teilweise nützliche Insekten.<br />
Weil nur extrem unempfindliche Insekten<br />
überleben, kann durch Einsatz von Pestiziden<br />
das natürliche Gleichgewicht – auch<br />
nicht landwirtschaftlich genutzter Flächen –<br />
schnell gestört werden. Darüber hinaus<br />
reichern sich Pestizide in der Umwelt an,<br />
schädigen andere Organismen und sorgen<br />
besonders in Gewässern für eine erhöhte<br />
Konzentration der giftigen Substanzen.<br />
Für die dort angesiedelte Flora und Fauna<br />
entsteht eine Mehrfachbelastung durch<br />
Die gute Nachricht zuerst: Mit ansteigenden<br />
Temperaturen werden weltweit in<br />
höheren Breiten immer mehr Flächen für<br />
die Landwirtschaft genutzt werden können.<br />
Interessant für den Anbau von Getreide<br />
oder Gemüse werden dann auch Regionen,<br />
in denen es bisher zu kalt war. Doch das<br />
wärmere Klima lässt auch die Populationen<br />
von Pflanzenschädlingen wachsen und führt<br />
so zu vermehrtem Einsatz von Schädlingsbekämpfungs<strong>mit</strong>teln<br />
(Pestiziden). Besongrößere<br />
Schadstoffmengen und steigende<br />
Wassertemperaturen.<br />
Matthias Liess und seine Kollegen am <strong>UFZ</strong><br />
untersuchen diese Zusammenhänge und<br />
entwerfen Zukunftsszenarien zu Ökosystemeffekten<br />
von Pestiziden in der Landwirtschaft.<br />
„Ziel des Forschungsprojektes<br />
ist, zukünftige Belastung und ökologisches<br />
Risiko der Fließgewässerfauna in Europa<br />
vorherzusagen“, so Liess. Auf Basis aktueller<br />
Klimaszenarien werden Exposition und<br />
ökologisches Risiko von Pestiziden auf den<br />
Naturhaushalt modelliert und als Risikokarte<br />
für Mittel- bis Nordeuropa dargestellt.<br />
Daraus geht hervor, wie <strong>mit</strong> steigenden<br />
Temperaturen und da<strong>mit</strong> steigendem Schädlingsdruck<br />
der Einsatz von Insektiziden und<br />
Fungiziden anwachsen wird. Der Oberflächenabfluss<br />
durch mehr Starkniederschläge<br />
wird ebenso den Eintrag von Pestiziden in<br />
die Umwelt verstärken. Die Landwirtschaft<br />
muss sich den veränderten Klimabedingungen<br />
stellen. Alternative Wege sind nötig,<br />
um die ökologischen und gesundheitlichen<br />
Belastungen gering zu halten und wirtschaftliche<br />
Interessen in Einklang <strong>mit</strong> einer<br />
nachhaltigen landwirtschaftlichen Nutzung<br />
zu bringen. Um das u. a. in der EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />
formulierte Ziel, eine „gute“<br />
chemische und ökologische Wasserqualität<br />
zu erreichen, bedarf es umsichtiger<br />
Managementmaßnahmen nicht nur in der<br />
Wasserbewirtschaftung, sondern auch in der<br />
Landwirtschaft.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Dr. Matthias Liess<br />
Dept. System-Ökotoxikologie<br />
Telefon: 0341/235-1578<br />
e-mail: matthias.liess@ufz.de<br />
18 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Standpunkt: Bioenergie –<br />
Hoffnungsträger für den Klimaschutz?<br />
Prof. Dr. Erik Gawel ist stellvertretender<br />
Leiter des Departments Ökonomie<br />
und Direktor des Instituts für Infrastruktur<br />
und Ressourcenmanagement<br />
der Universität <strong>Leipzig</strong>. Seine Forschungsschwerpunkte<br />
sind die Umwelt-<br />
und Institutionenökonomik<br />
sowie die Finanzwissenschaft. Aktuelle<br />
Forschungsfragen betreffen die<br />
Konzeption nachhaltiger Bioenergie-<br />
Strategien und die Ökonomie der<br />
Klimaanpassung.<br />
Telefon: 0341/235-1940<br />
e-mail: erik.gawel@ufz.de<br />
Die Nutzung erneuerbarer Energien aus Biomasse gilt weithin<br />
als Hoffnungsträger. Einerseits verspricht sie klimapolitisch eine<br />
deutliche Reduktion der Treibhausgase. Zugleich erschließt sie<br />
zusätzliche Energiequellen, die für die Befriedigung des weltweit<br />
wachsenden Energiebedarfs dringend benötigt werden. Anders<br />
als die Energie aus Sonne und Wind ist Biomasse zudem jederzeit<br />
verfügbar und vielfältig einsetzbar – für Strom- und Wärmeproduktion<br />
ebenso wie für Kraftstoffe. Ganz nebenbei wird die<br />
Abhängigkeit von knapper werdenden fossilen Rohstoffen und<br />
drohenden Preissprüngen gemindert. Traditionelle Land- und<br />
Forstwirtschaft erhoffen sich von Bioenergiemärkten einen neuen<br />
Nachfrageschub, und die staatliche Wirtschaftspolitik wittert<br />
Exportchancen für Biomassetechnologie und neue Wertschöpfungsquellen<br />
für strukturschwache ländliche Räume. Vor diesem<br />
Hintergrund verwundert es nicht, daß die Politik in den letzten<br />
Jahren die Zeichen auf massiven Ausbau der Bioenergienutzung<br />
gestellt hatte.<br />
Probleme durch Landnutzungswandel<br />
Doch das Bild von der Wunderwaffe der Klima- und Energiepolitik<br />
hat empfindliche Kratzer bekommen: Bioenergie steht<br />
plötzlich in der Kritik, durch Umwidmung agrarischer Produktionsfaktoren<br />
für die Energiebereitstellung die Ernährungssicherheit<br />
einer wachsenden Weltbevölkerung zu gefährden. Darüber<br />
hinaus drohen bei ungesteuerter Bioenergiebereitstellung globale<br />
Landnutzungsänderungen, die wichtige ökologische Schutzgüter<br />
wie Biodiversität, Wasserhaushalt und Bodeninte grität,<br />
die sozioökonomischen Lebensbedingungen der Menschen in<br />
den Bioenergieregionen, ja selbst die erwünschte Klimaneutralität<br />
beeinträchtigen können, soweit die Flächenumnutzung<br />
für Biomasse und ihre Verarbeitung mehr CO 2<br />
freisetzen, als<br />
gleichzeitig gegenüber fossilen Brennstoffen eingespart werden<br />
kann. Indonesisches Palmöl, das auf ehemaligen Regenwaldstandorten<br />
gewonnen und hierzulande als Bio-Diesel verfeuert<br />
wird – und überdies noch den dringend nötigen Wandel hin zur<br />
Elektromobilität verzögert – wurde zum Inbegriff einer verfehlten<br />
Bioenergie-Politik. Verunsicherung ist eingetreten: Was kann<br />
Bioenergie für den Klimaschutz tatsächlich bewirken? Sind die<br />
Nebenwirkungen unbeherrschbar? Welche Nutzungsformen und<br />
Einsatzmöglichkeiten können wirklich als nachhaltig gelten? Die<br />
internationale Forschung muss hierfür rasch das nötige Wissen<br />
bereitstellen, da<strong>mit</strong> die Weichen auf nachhaltige Bioenergie-Nutzungspfade<br />
gestellt und Fehlentwicklungen vermieden werden<br />
können. Die Suche nach synergistischen Optionen wird so<strong>mit</strong><br />
zum Schlüssel für den Erfolg der Klimaschutzstrategie „Bioenergie“:<br />
Wir brauchen Optionen für eine Bioenergieproduktion,<br />
die umwelt- und naturverträglich ist, Nutzungskonkurrenzen<br />
vermeidet und sich selbst als robust gegenüber dem Klimawandel<br />
erweist.<br />
Forschungsziel: Ganzheitliche Lösungsstrategien<br />
Einen solchen erweiterten Forschungsansatz hierzu verfolgen<br />
Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen am <strong>UFZ</strong>: Sie<br />
untersuchen die Wechselwirkungen der Gewinnung von Energie<br />
aus Biomasse <strong>mit</strong> ökologischen, technologischen und sozioökonomischen<br />
Aspekten der Landnutzung, spüren nachhal -<br />
tige Bioenergieoptionen auf und entwerfen jeweils geeignete<br />
Steuerungsinstrumente. So werden existierende und neue<br />
Bioenergiesysteme systematisch in ihrer Energieeffizienz und<br />
Klimabilanz, aber auch ihren Auswirkungen auf Biodiversität,<br />
Wasser und Boden analysiert – jeweils unter Berücksichtigung<br />
des Klimawandels. Mithilfe von Experimenten und Modellierungen<br />
kann so das Verständnis der komplexen Zusammenhänge<br />
zwischen Naturhaushalt, Klimaeffekt und Energieausbeute<br />
auf einer regionalen Skala verbessert werden. Parallel<br />
dazu untersuchen die Forscher die Wirkung politischer Anreize<br />
zur Förderung von Bioenergie im Zusammenspiel <strong>mit</strong> globalisierten<br />
Märkten auf Landnutzungsentscheidungen und deren<br />
Folgen für Natur und Umwelt. Das erlaubt Rückschlüsse zur<br />
adäquaten Gestaltung von Steuerungsinstrumenten und zur Vermeidung<br />
von Fehlanreizen. Schließlich arbeiten Biotechnologen<br />
daran, die Energie- und Flächeneffizienz nachhaltiger Bioenergiepfade<br />
weiter zu erhöhen. Ein Beispiel ist die Gewinnung von<br />
Biomethan aus mehrjährigen, zellulosehaltigen Energiepflanzen<br />
(z. B. Miscanthus, Pappel) zur Einspeisung in das Erdgasnetz.<br />
Die Forschungsarbeiten erfolgen in enger Kooperation <strong>mit</strong> dem<br />
Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ), das über langjährige<br />
technologische und systemanalytische Kompetenzen in<br />
diesem Bereich verfügt.<br />
Bioenergie als Baustein einer neuen Klimaschutzstrategie<br />
Diese Forschungsarbeiten tragen dazu bei, Strategien zur<br />
Integration des Klimaschutzes in komplexe globale Landnutzungsentscheidungen<br />
zu entwickeln: Gerade die klimatisch<br />
sensible Verfügung über die Ressource Land muss künftig<br />
Klimawirkungen berücksichtigen. Andererseits bedarf es der<br />
verbesserten Integration des Klimatreibers „Landnutzung“ in<br />
die internationale Klimapolitik. Dabei kann eine nachhaltige<br />
Bioenergieproduktion sowohl zur Emissionsvermeidung als<br />
auch zur Klimaanpassung beitragen.<br />
Kapitel 2: Klimawandel und Biodiversität <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 19
Klimawandel<br />
und nachhaltige Waldwirtschaft<br />
Von Eichenketten, Abstammungsfragen und willkommenem Regen<br />
Unsere Wälder müssen sich verändern: Sollen<br />
sie den Auswirkungen des Klimawandels<br />
wie Temperaturanstieg und Veränderungen<br />
in den Niederschlägen sowie den Bedrohungen<br />
durch Schadstoffe gewachsen sein,<br />
braucht es neue Konzepte für Deutschlands<br />
Wälder von morgen. „Die Herausforderung<br />
besteht darin, geeignete Strategien und<br />
Maßnahmen zur Risikominimierung und zum<br />
Schutz von Ökosystemen und Biodiversität<br />
zu entwickeln und umzusetzen“, bringt es<br />
Andreas Werntze vom <strong>UFZ</strong> auf den Punkt.<br />
Im Rahmen des 2010 auslaufenden Förderschwerpunktes<br />
„Nachhaltige Waldwirtschaft“<br />
des Bundesministeriums für Bildung und<br />
Forschung (BMBF) befassen sich mehrere<br />
Verbundprojekte <strong>mit</strong> genau diesem Problemfeld.<br />
Andreas Werntze ist Spezialist<br />
für die Forst-Holz-Kette und ist tätig in der<br />
wissenschaftlichen Begleitung des BMBF-<br />
Programmes. Er ist besonders zufrieden<br />
über die vielen praxisnahen und sehr<br />
konkreten Lösungsansätze, die der über fünf<br />
Jahre laufende Förderschwerpunkt bereits<br />
hervorgebracht hat. Wie zum Beispiel das<br />
Verbundprojekt Oakchain (deutsch: Eichenkette),<br />
in dem grundlegende Erfahrungen<br />
eines Waldumbaus durch Anpflanzen von<br />
Traubeneichen im nordostdeutschen Tiefland<br />
gewonnen wurden.<br />
Eichenkette macht Kiefernwald stärker<br />
Im Nordosten Deutschlands prägen Buchenund<br />
Buchen-Eichenwälder das Landschaftsbild.<br />
In Regionen, in denen weniger Nieder-<br />
schlag fällt, waren es meist reine Kiefernwälder,<br />
die nach 1990 ökologisch umgebaut<br />
und vorrangig <strong>mit</strong> Traubeneichen durchsetzt<br />
wurden. Ziel dieser Waldumbaumaßnahmen<br />
war die Schaffung risikosicherer und ökologisch<br />
wertvollerer Mischbestände. Doch das<br />
ist nicht so einfach: Bei trockenem Klima<br />
sowie schlechterer Nährstoffsättigung und<br />
Wasserspeicherfähigkeit der Böden kann<br />
die Traubeneiche nicht optimal wachsen.<br />
Praktische Erfahrungen sowie die wissenschaftliche<br />
Auseinandersetzung <strong>mit</strong> einem<br />
derartigen Waldumbau gab es bislang kaum.<br />
Das BMBF-Verbundprojekt Oakchain behandelt<br />
die Schlüsselparameter im Kontext sich<br />
ändernder Klimabedingungen nun interdisziplinär:<br />
genetische Anpassungsfähigkeit der<br />
Bäume, Kohlenstoff-Sequestrierung, Phänologie<br />
und Vitalität, Reaktion der Bestände<br />
auf zunehmenden Trockenstress sowie<br />
Gefährdung durch biotische Schaderreger.<br />
Dadurch werden Aussagen über die Anpassungsfähigkeit<br />
der Eichen-Kiefern-Mischwälder<br />
unter sich ändernden Klimabedingungen<br />
in der Zukunft ermöglicht.<br />
Dabei geht es nicht nur darum, die beste<br />
Baummischung für die klimatischen Bedingungen<br />
der Zukunft zu finden, sondern es<br />
gilt auch, Überzeugungsarbeit bei Waldbesitzern<br />
zu leisten: Nadelhölzer können nach<br />
zirka 30 bis 40 Jahren erstmals geschlagen<br />
werden, Eichen hingegen erst nach rund<br />
100 Jahren. Da ist ein grundsätzliches Umdenken<br />
bei den Nutzern der Wälder gefragt.<br />
„Unter Berücksichtigung der Standortverhältnisse<br />
könnten prinzipiell die Folgen von<br />
Unwetterkatastrophen, die verheerende<br />
Stürme wie Kyrill <strong>mit</strong> riesigen Schadflächen<br />
anrichten, als Chance für nachhaltige Aufforstung<br />
genutzt werden“, betont Andreas<br />
Werntze. Denn – soviel wissen die Forscher<br />
bereits – Eichen-Kiefern-Mischwälder können<br />
den Klimaveränderungen besser trotzen<br />
und zudem das ökologische Gleichgewicht<br />
stabilisieren. Im Rahmen von Oakchain<br />
werden Bewirtschaftungsempfehlungen für<br />
Eichen-Kiefern-Mischwälder erarbeitet, die<br />
eine nachhaltige Waldwirtschaft sichern<br />
sollen. Basis dafür sind Untersuchungen zur<br />
Biodiversität, Standortqualität, Nährstoffversorgung<br />
von Böden und Bäumen, ober- und<br />
unterirdischem Wachstum der Bestände,<br />
Konkurrenz der beiden Baumarten sowie<br />
Auf so genannten Kurzumtriebsplantagen<br />
wird untersucht, welche Chancen Anbau,<br />
Ernte und Biomasseverwertung schnell<br />
wachsender Baumarten wie Pappeln und<br />
Weiden auf landwirtschaftlichen Flächen<br />
haben. Dazu begleiten Wissenschaftler die<br />
Praktiker vom geeigneten Steckling bis<br />
zur Erntemaschine, von der Wahl des Standortes<br />
bis zur ökonomischen und ökologischen<br />
Bilanz.<br />
20 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Quantität und Qualität des anfallenden<br />
Holzes. Diese Informationen werden in<br />
ein Entscheidungs-Unterstützungs-System<br />
(DSS) integriert, das Empfehlungen für eine<br />
nachhaltige Bewirtschaftung der Mischbestände<br />
erstellt. Nicht zuletzt werden<br />
innerhalb des transdisziplinären Projektes<br />
Innovationen in den Bereichen Holznutzung<br />
und Holzlogistik entwickelt, die<br />
die Zukunftsfähigkeit der Holzindustrie<br />
substanziell verbessern: Das reicht von<br />
neuartigen Verwendungsmöglichkeiten für<br />
Eichen(schwach)holz, über die Produktion<br />
von Eichen-Thermoholz, innovativen Marketinginstrumenten<br />
bis hin zu verbesserten<br />
Abläufen der Forstlogistik, die die Kosten<br />
dieses Sektors signifikant senken sollen.<br />
Vielfalt als Antwort auf unsichere Bedingungen.<br />
Ebenfalls im Nordosten Deutschlands sind<br />
Wissenschaftler im BMBF-Verbundprojekt<br />
NEWAL-NET (Nachhaltige Entwicklung von<br />
Waldlandschaften im Nordostdeutschen<br />
Tiefland) aktiv. „Wie können Wälder auf den<br />
Klimawandel vorbereitet werden? Welche<br />
Baumarten muss man heute pflanzen, da<strong>mit</strong><br />
unsere Enkel und Urenkel noch gesunde<br />
Wälder vorfinden können?“, sind zentrale<br />
Fragen. Leider können Klimamodelle heute<br />
erst Vorhersagen für die nächsten rund 50<br />
Jahre treffen, Bäume leben jedoch erheblich<br />
länger. Um viele zukünftige Klima-Even–<br />
tualitäten abzudecken, scheint es also rat–<br />
sam, eine große Artenvielfalt in den Wäldern<br />
heranzuziehen. Doch dieser Gedanke greift<br />
zu kurz: Es müssen die richtigen Arten in<br />
der richtigen Kombination sein, um eine<br />
hohe Stabilität des Ökosys tems zu sichern.<br />
Welche das sein könnten, kreisen die Untersuchungen<br />
im Rahmen von NEWAL-NET<br />
näher ein. Obwohl es im Rahmen dieses<br />
Projektes vordergründig um die Folgen für<br />
den Wasserhaushalt und die Atmosphäre<br />
geht, müssen dabei doch eine Reihe wei -<br />
terer Anforderungen berücksichtigt werden:<br />
Die Nachfrage nach erneuerbaren Rohstoffen<br />
und Energien, technische und auch<br />
gesellschaftliche Entwicklungen lassen<br />
die Ansprüche an die Bewirtschaftung von<br />
Wäldern ständig wachsen. Zugleich besteht<br />
die Notwendigkeit der Nachhaltigkeit der<br />
Bewirtschaftung weiter – gerade in empfindlichen<br />
Ökosystemen. Ein möglicher Ausweg<br />
wird im „klimaplastischen Laubmischwald“<br />
gesehen, der für zukünftige Entwicklungen<br />
mehrere Entwicklungspfade – so genannte<br />
„Freiheitsgrade“ – offen hält. Die Anpassung<br />
von Wäldern an veränderliche natürliche<br />
und gesellschaftliche Rahmenbedingungen<br />
durch Selbstorganisationsfähigkeit, Standortplastizität<br />
und funktionelle Diversität der<br />
Wälder wird im NEWAL-NET-Projekt ausführlich<br />
beschrieben. Dazu kommt die Abschätzung<br />
von Änderungen der Waldnutzung in<br />
ihren komplexen Wirkungen auf das System<br />
„Landschaft“ unter veränderlichen Umwelt-,<br />
Standort- und Rahmenbedingungen.<br />
Wald von morgen nur von bester Herkunft<br />
Um eine größtmögliche Anpassungsfähigkeit<br />
an sich ändernde Umweltbedingungen<br />
zu erreichen, ist die erstklassige Genetik<br />
des Saat- und Pflanzgutes außerordentlich<br />
wichtig. Darüber hinaus entscheidet die<br />
geeignete Herkunft auch über das Produktionspotenzial<br />
der Waldbäume. Wie<br />
die Authentizität von forstlichem Vermehrungsgut<br />
systematisch überprüft und da<strong>mit</strong><br />
die Qualität unserer Wälder der Zukunft<br />
gesichert werden kann – da<strong>mit</strong> befasste<br />
sich das BMBF-Verbundprojekt Herkunftskontrolle.<br />
Aufgrund der prognostizierten<br />
Klimaänderungen wird ein erheblicher Anteil<br />
der in Deutschland auf etwa elf Millionen<br />
Hektar stockenden Bestände als nicht oder<br />
nicht mehr standortgerecht bzw. risikobehaftet<br />
eingestuft werden: Ein Waldumbau<br />
hin zu stabilen Mischwäldern ist notwendig<br />
und bringt einen Baumartenwechsel <strong>mit</strong><br />
sich. Ungenügende Kontrolle würde die<br />
Verwendung nicht angepasster Herkünfte<br />
begünstigen und könnte langfristige Schäden<br />
der Waldentwicklung, Gewinneinbußen<br />
für die Forstbetriebe und hohe Folgekosten<br />
nach sich ziehen – ganz abgesehen von den<br />
entstehenden Umweltschäden. Die Wahl der<br />
geeigneten Herkunft ist so<strong>mit</strong> auch aus ökologischen<br />
Gründen zwingend erforderlich.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Andreas Werntze, MSc.<br />
Dept. Naturschutzforschung<br />
Telefon: 0341/235-1816<br />
e-mail: andreas.werntze@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.nachhaltige-waldwirtschaft.de<br />
Kapitel 2: Klimawandel und Biodiversität <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 21
Pavan Sukhdev im Gespräch <strong>mit</strong> Journalisten<br />
während der Bundespressekonferenz<br />
am 2. September 20<strong>09</strong> in Berlin.<br />
Foto: Klaus-Dieter Sonntag<br />
(www.fotoplusdesign.de)<br />
Vitale Ökosysteme SCHÜTZEN BESSER VOR<br />
den Folgen des Klimawandels<br />
Sie leiten die internationale TEEB-Studie<br />
(The Economics of Ecosystems and Biodiversity<br />
– TEEB). Was hat Biodiversität<br />
<strong>mit</strong> Klimawandel zu tun?<br />
Der Rückgang der Biodiversität und der<br />
Klimawandel hängen in zweierlei Weise<br />
zusammen: Einerseits trägt die globale<br />
Erwärmung wesentlich zum fortschreitenden<br />
Artenschwund und zu der Zerstörung<br />
von Ökosystemen bei. Nach Berechnungen<br />
des Intergovernmental Panel on Climate<br />
Change (www.IPCC.ch) ist der Klimawandel<br />
die zweitgrößte Triebkraft für den prognostizierten<br />
Biodiversitätsverlust bis zum Jahr<br />
2050. Andererseits besteht eine Kausalität<br />
auch in der umgekehrten Richtung. Die<br />
Zerstörung von Ökosystemen und insbesondere<br />
die anhaltende Abholzung der tropischen<br />
Regenwälder führen zu zusätzlichen<br />
CO 2 -Emissionen. In diesen Wäldern ist<br />
etwa ein Viertel des gesamten terrestrisch<br />
gebundenen CO 2 gespeichert, das bei ihrer<br />
Rodung freigesetzt würde. Gleichzeitig wird<br />
<strong>mit</strong> der Abholzung der tropischen Wälder<br />
auch eine wesentliche CO 2 -Senke zerstört.<br />
Berechnungen zufolge binden diese Wälder<br />
bis zu 4,8 Gigatonnen CO 2 aus der Atmosphäre<br />
– und das jährlich!<br />
Vitale Ökosysteme zeigen oftmals eine<br />
bessere Stabilität und Anpassungsfähigkeit<br />
an die Phänomene des Klimawandels<br />
und bieten Menschen besseren Schutz vor<br />
dessen Folgen. Beispielsweise verringern<br />
intakte Korallenriffe oder Mangrovenwälder<br />
die Gefahr für Menschen, die von klimabedingten<br />
Extremereignissen ausgeht, z. B.<br />
Stürmen oder Fluten. Vor diesem Hintergrund<br />
versucht TEEB die ökosystemaren<br />
Dienstleistungen, die von einer intakten<br />
Natur ausgehen, besser zu erfassen, zu<br />
beschreiben und deren Bedeutung für unser<br />
Wohlergehen aus ökonomischer Perspektive<br />
abzuschätzen.<br />
Können Sie das bitte an ein paar Beispielen<br />
erläutern?<br />
Die TEEB-Studie will <strong>mit</strong> ökonomischen Fakten<br />
das Problembewusstsein für den Verlust<br />
von Biodiversität und von ökosystemaren<br />
Dienstleistungen schärfen. Wir versuchen<br />
nicht, einen genauen Geldwert für die Natur<br />
zu errechnen, sondern der ökonomischen<br />
Dimension des Problems mehr Gewicht zu<br />
PAVAN SUKHDEV<br />
verschaffen. Dabei geht es um die Konsequenzen<br />
für ganze Volkswirtschaften wie<br />
auch für den Einzelnen: Mehr als eine Milliarde<br />
Menschen sind auf Fisch als wichtigste<br />
oder gar einzige Quelle tierischen Proteins<br />
angewiesen. Die Lebensgrundlage von etwa<br />
500 Millionen Menschen hängt von lebenden,<br />
intakten Korallenriffen ab. Wir erleben<br />
weltweit, wie sich die natürlichen Lebensbedingungen<br />
für Bienenvölker verschlechtern<br />
und da<strong>mit</strong> die Bestäubungskapazität für<br />
eine Vielzahl von Lebens<strong>mit</strong>teln sinkt. Auch<br />
wird geschätzt, dass bis zu 50 Prozent der<br />
pharmazeutischen Produkte weltweit (<strong>mit</strong><br />
einem Marktvolumen von etwa 650 Milliarden<br />
Dollar pro Jahr) auf natürlichen genetischen<br />
Ressourcen beruhen. Die Er<strong>mit</strong>tlung<br />
monetärer Werte für einzelne Ökosystem-<br />
Dienstleistungen hilft, dass diese bessere<br />
Berücksichtigung finden, beispielsweise bei<br />
Pavan Sukhdev, Vorsitzender des „Global Markets Centre“ der Deutschen Bank in<br />
Mumbai, ist derzeit freigestellt, um die „Green Economy Initiative“ des Umweltprogramms<br />
der Vereinten Nationen zu leiten, die unter anderem die TEEB-Studie zur<br />
Ökonomie der Ökosysteme und der Biodiversität umfasst. TEEB wurde 2007 von der<br />
EU-Kommission und dem Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben und hat zum<br />
Ziel, <strong>mit</strong> der Ver<strong>mit</strong>tlung ökonomischer Werte neue Lösungsansätze für den Naturschutz<br />
und die Bewahrung ökosystemarer Dienstleistungen zu erschließen. Die wissenschaftliche<br />
Koordination der TEEB-Studie, an der mehr als 100 Wissenschaftler aus 26<br />
Ländern beteiligt sind, erfolgt durch das <strong>UFZ</strong>.<br />
22 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
der Bilanzierung des nationalen Volkseinkommens,<br />
bei der Raumplanung, bei der<br />
Energiepolitik oder bei der Ausgestaltung<br />
von Instrumenten für den Naturschutz. Das<br />
gilt gleichermaßen für Anreizsysteme wie<br />
Ausgleichszahlungen für die Bereitstellung<br />
ökosystemarer Dienstleistungen in der<br />
Landwirtschaft oder auch für die Belastung<br />
umweltschädlicher Handlungen durch Abgaben<br />
oder Steuern.<br />
Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz<br />
wurde ein Update des TEEB-<br />
Zwischenberichts vorgestellt, in dem<br />
die Korallenriffe und die Abholzung der<br />
Wälder im Mittelpunkt standen. Welcher<br />
Zusammenhang besteht zwischen Wäldern<br />
und Korallen im Meer?<br />
Die globale Erwärmung ist eine wesentliche<br />
Ursache für das Absterben der Korallen.<br />
Neue Untersuchungen legen den Schluss<br />
nahe, dass bereits ab einer CO 2 -Konzentration<br />
in der Atmosphäre von etwa 320 ppm<br />
die Regenerationsfähigkeit der Korallen<br />
erheblich beeinträchtigt wird. Unter der derzeitigen<br />
Konzentration von etwa 387 ppm<br />
ist ein flächenhaftes Absterben der Korallen<br />
sehr wahrscheinlich. Dies bedeutet, selbst<br />
wenn man sich auf der Kopenhagener Klimakonferenz<br />
auf ein Ziel zur Stabilisierung der<br />
CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre auf<br />
450 ppm einigen würde, wäre die Existenz<br />
der Korallenriffe stark gefährdet – und da<strong>mit</strong><br />
des artenreichsten marinen Ökosystems,<br />
das Lebensraum für mehr als ein Viertel<br />
aller Meeresfischarten ist.<br />
Um der weiteren Erhöhung der CO 2 -Konzentrationen<br />
in der Atmosphäre entgegen zu<br />
wirken, muss das ganze Spektrum der<br />
Vermeidungs- und Bindungsmöglichkeiten<br />
genutzt werden. Dabei spielt die Emissionsminderung<br />
durch technische Reduzierungsmöglichkeiten,<br />
eine höhere Ressourceneffizienz<br />
und die Umstellung auf regenerative<br />
Energieträger eine wichtige Rolle.<br />
Darüber hinaus sollte aber auch die Senkenfunktion<br />
der Wälder in den Blick genommen<br />
werden, die eine enorme CO 2 -Bindung ermöglichen<br />
und einer weiteren Erhöhung der<br />
Treibhausgaskonzentrationen aktiv entgegen<br />
wirken können. Mit der Vermeidung von<br />
Abholzung und der aktiven Wiederaufforstung<br />
kann der Anstieg der CO 2 -Konzentration<br />
in der Atmosphäre zusätzlich gebremst<br />
werden. Das hilft auch, Korallenriffe<br />
zu erhalten.<br />
Weshalb fordern Sie eine dringende<br />
Reform der Bilanzierung des Nationaleinkommens?<br />
Nach wie vor ist das Ziel einer nachhaltigen<br />
gesellschaftlichen Entwicklung nicht mehr<br />
als eine hehre Absichtserklärung. Eine Ursache<br />
hierfür ist, dass wir <strong>mit</strong> unzureichenden<br />
Indikatoren operieren, wenn es um die<br />
Bestimmung gesellschaftlichen Fortschritts<br />
geht. Insbesondere das Wachstum des Bruttosozialprodukts<br />
– als üblicher Maßstab des<br />
gesellschaftlichen Wohlstands – ignoriert<br />
den Zustand der natürlichen Lebens- und<br />
Produktionsgrundlagen. Folglich verzerrt<br />
dieser Indikator die Entscheidungsgrundlage<br />
zugunsten anthropogen geschaffener Werte<br />
und da<strong>mit</strong> zumeist gegen den Erhalt von<br />
Ökosystemen und Artenvielfalt.<br />
Verantwortungsbewusste Entscheidungen<br />
können aber nur dann getroffen werden,<br />
wenn alle dazu notwendigen Informationen<br />
vorliegen. Daher unterstützt TEEB ausdrücklich<br />
die Entwicklung von Indikatorensystemen<br />
zur Erfassung und Messung von Dienstleistungen<br />
der Natur. Und das gilt nicht<br />
nur für die Messung des gesellschaftlichen<br />
Wohlstands, sondern auch für die Bilanzen<br />
der Privatunternehmen, deren Wertschöpfung<br />
von der Natur abhängt. In aller Kürze:<br />
Nur <strong>mit</strong> ausreichenden Informationen ist<br />
verantwortungsbewusstes Handeln möglich.<br />
Hilft ein ökonomischer Blick auf die Natur,<br />
um sie mehr Wert zu schätzen und<br />
dann besser zu schützen? Was, glauben<br />
Sie, kann die TEEB-Studie bewirken?<br />
Die zentrale Botschaft von TEEB ist, dass<br />
wir den Wert der Biodiversität und der<br />
Ökosystem-Dienstleistungen erkennen und<br />
anerkennen sollten. Jede Form des Kapitals<br />
kann eine Wertschöpfung erzielen. Es wird<br />
Zeit, zu erkennen, in welch großem Ausmaß<br />
Naturkapital zur Wertschöpfung und zum<br />
menschlichen Wohlergehen beiträgt. In politischen<br />
Entscheidungen, auch auf internationaler<br />
und nationaler Ebene, wird dies jedoch<br />
noch zu wenig berücksichtigt. Wir haben<br />
das Potenzial der natürlichen Systeme zur<br />
Lösung der Probleme in der Wirtschaft,<br />
in der Klimapolitik und auch in der Natur<br />
selbst bislang weitgehend ignoriert.<br />
Immer wieder werden die verschiedenen<br />
Nutzen, die wir aus Ökosystemen ziehen, als<br />
„externe Effekte“ bezeichnet und behandelt.<br />
Warum eigentlich? Weil sie einfach zu groß<br />
für unsere etablierten Rechnungen sind?<br />
Wir müssen diese Werte in unsere Entscheidungen<br />
einbeziehen, wenn wir nicht wider<br />
besseren Wissens den allmählichen Verlust<br />
unserer Lebensgrundlagen riskieren wollen.<br />
TEEB LÄDT EIN<br />
ZU WEITEREN BEITRÄGEN<br />
Anfang September 20<strong>09</strong> wurde im<br />
Rahmen einer Bundespressekonferenz<br />
das Update der TEEB-Studie vorgestellt.<br />
Der Endbericht wird voraussichtlich<br />
im Sommer 2010 erscheinen. Das<br />
TEEB-Team ruft Wissenschaftler und<br />
andere Experten auf, durch Hinweise<br />
auf bestehende Arbeiten zu den<br />
ökonomischen Konsequenzen des<br />
Biodiversitätsverlustes zum Projekt beizutragen.<br />
Über die TEEB-Webseite ist<br />
eine Über<strong>mit</strong>tlung solcher Beiträge zu<br />
den einzelnen TEEB-Produkten möglich.<br />
Außerdem stehen die Entwürfe der Berichtskapitel<br />
für eine Kommentierung<br />
auf der Webseite zur Verfügung.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechparnter:<br />
Dr. Heidi Wittmer<br />
Dept. Ökonomie<br />
Telefon: 0341/235-1629<br />
e-mail: heidi.wittmer@ufz.de<br />
www.teebweb.org<br />
Es dauerte viele Jahre, bis der Klimawandel<br />
auf der Tagesordnung erschienen<br />
ist. Wird es genauso lange dauern, bis<br />
wir den Verlust biologischer Vielfalt<br />
anerkennen?<br />
Meines Erachtens passieren derzeit zwei<br />
Dinge. Erstens haben viele Menschen dank<br />
des Themas Klimawandel begriffen, dass<br />
die Natur unersetzlich ist. Sie ist nicht nur<br />
etwas, das man im Urlaub genießt, sondern<br />
Grundlage unseres Daseins. Das gestiegene<br />
Klimabewusstsein hat auch eine größere<br />
Aufmerksamkeit für die Bedeutung von<br />
intakten Ökosystemen gebracht.<br />
Zweitens werden wir zukünftig die Auswirkungen<br />
des Klimawandels viel stärker als<br />
bisher erleben. Wenn sich beispielsweise<br />
die Politiker auf der Klimakonferenz in<br />
Kopenhagen auf ein Ziel zur Stabilisierung<br />
der CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre<br />
auf 450 ppm einigen, werden wir trotzdem<br />
einen immensen Rückgang der Korallenriffe<br />
erleben. Das wird Widerstand erzeugen. Ich<br />
bin optimistisch, dass wir <strong>mit</strong> der TEEB-<br />
Studie die richtigen Botschaften senden –<br />
sowohl für die politischen Entscheidungsträger,<br />
die Wirtschaft als auch für die Menschen<br />
selbst. Der Erhalt der Biodiversität ist<br />
keine Frage, die nur Wissenschaftler betrifft,<br />
sondern alle Menschen.<br />
Kapitel 3: Klimawandel und Sozioökonomie <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 23
Standpunkt: Kosten der Klimaanpassung<br />
<strong>mit</strong> Unsicherheiten behaftet<br />
Prof. Reimund Schwarze lehrt Finanzwissenschaft<br />
und Umweltökonomie an<br />
der Universität Frankfurt/Oder. Seit<br />
Oktober 2007 arbeitet er am Helmholtz-Zentrum<br />
für Umweltforschung –<br />
<strong>UFZ</strong> im Bereich „Ökonomie des Klimawandels“.<br />
Er ist Sprecher für dieses<br />
Thema im Rahmen der Klimainitiative<br />
der Helmholtz-Gemeinschaft. Im<br />
Dezember 20<strong>09</strong> ist er Teilnehmer der<br />
ClimateNet-Delegation bei der COP 15<br />
in Kopenhagen.<br />
Telefon: 0341/235-1607<br />
e-mail: reimund.schwarze@ufz.de<br />
Die Ökonomie hat sich in den letzten 30 Jahren intensiv <strong>mit</strong><br />
Fragen des Klimaschutzes beschäftigt. Das Thema Anpassung<br />
an den Klimawandel wurde dagegen kaum oder nur vereinzelt<br />
bearbeitet. Das zeigt ein aktueller Bericht der OECD zu den<br />
Kosten und Nutzen der Klimaanpassung eindrucksvoll. Die dort<br />
wiedergegebenen Abschätzungen der weltweiten Kosten für die<br />
Klimaanpassung basieren auf wenigen, stark durch Annahmen<br />
geprägten Analysen der Kosten für eine Klimaertüchtigung der<br />
globalen Finanzströme bis 2030. Sie weisen insgesamt sehr<br />
geringe Kosten für die Klimaanpassung aus – unter 0,02 Prozent<br />
des Weltsozialprodukts –, aber die Unsicherheiten sind hoch –<br />
bis zu einem Faktor Zehn bei gleicher methodischer Grundlage.<br />
Für eine ökonomische Abschätzung der weltweiten Kosten<br />
der Klimaanpassung bieten diese Studien keine verlässliche<br />
Grundlage.<br />
Anpassungskosten sind schwer zu bestimmen<br />
Doch warum muss es eine solche Abschätzung der Anpassungskosten<br />
überhaupt geben? Passen sich die betroffenen Regionen<br />
und Sektoren nicht autonom jeweils zu minimalen Kosten an<br />
die vorgefundenen Klimabedingungen an? Diese vereinfachende<br />
Sicht, die vielen integrierten Abschätzungsmodellen der Klimaökonomie<br />
zugrunde liegt, ist aus meiner Sicht falsch. Ich möchte<br />
das an zwei Beispielen für internationale Koordinationsprobleme<br />
aufzeigen: Bei starken Klimaänderungen kommt es zur Migration<br />
(„Klimaflucht“). Die Kosten der Klimaflucht sind aber heute<br />
in keinem ökonomischen Modell des Klimawandels berücksichtigt.<br />
Ein anderes Beispiel sind globale Umverteilungsmaßnahmen.<br />
Die Folgen der Klimaänderungen treffen die Länder<br />
dieser Welt ökonomisch sehr unterschiedlich. Die weltweite<br />
ökonomische Last könnte jedoch durch ein Lastenteilungsarrangement<br />
verringert werden. Wenn die Länder eine solche<br />
Versicherung auf Gegenseitigkeit aber bereits im Vorfeld von<br />
Verhandlungen über den Klimaschutz antizipieren, gibt es eine<br />
Gefahr: Länder, die sich frühzeitig gegen Klimaänderungen<br />
schützen, zahlen mehr in die Lastenumverteilungsfonds als Länder,<br />
die zunächst einmal abwarten, wie sich die Klimaänderung<br />
bei ihnen auswirkt. Da<strong>mit</strong> steigen die Anpassungskosten für alle.<br />
Win-Win-Strategien können Anpassungskosten senken<br />
Darüber hinaus gibt es zahlreiche positive wie negative Wechselwirkungen<br />
zwischen einzelnen Anpassungsmaßnahmen. Die<br />
Nutzung von Bioenergie zur Senkung der Treibhausgasemissionen<br />
macht anfälliger gegen Klimaschwankungen. Die Schaffung<br />
von städtischen Grünkorridoren dagegen bindet Kohlenstoff<br />
und verbessert das Stadtklima. Die Ausschöpfung von Synergien<br />
und die Vermeidung von Konflikten zwischen Anpassungsmaßnahmen<br />
kann das ökonomische Bild der Kosten des Klimawandels<br />
stark verändern. Win-Win-Strategien sind der beste Weg,<br />
um die Anpassungskosten gering zu halten.<br />
Über 2 Grad Celsius wird’s teuer<br />
Die Suche nach Synergien zwischen Klimaanpassung und Klimaschutz<br />
ist aber nur dann eine hinreichende Antwort auf die<br />
Herausforderungen des Klimawandels, wenn die Erderwärmung<br />
auf ein moderates Niveau um zwei Grad Celsius begrenzt werden<br />
kann. Jenseits dieses Niveaus wird’s teuer. Dann sind weltweit<br />
aufwändige Anpassungsstrategien wie Küsten- und Hochwasserschutz<br />
oder großflächige Landnutzungsänderungen nötig.<br />
Studie<br />
Weltbank<br />
(2006)<br />
Stern Review<br />
(2006)<br />
Oxfam<br />
(2007)<br />
UNDP<br />
(2007)<br />
UNFCCC<br />
(2007)<br />
UNFCCC<br />
(2007)<br />
Kosten in Mrd.<br />
USD (% BSP)<br />
9 – 41<br />
(< 0,1 %)*<br />
Zeitbezug<br />
Gegenwart<br />
Regionaler<br />
Bezug<br />
Entwicklungsländer<br />
4 – 37 Gegenwart Entwicklungsländer<br />
> 50 Gegenwart Entwicklungsländer<br />
86 – 1<strong>09</strong> 2015 Entwicklungsländer<br />
28 – 67 2030 Entwicklungsländer<br />
44 – 166<br />
(0,6 – 0,21 %)<br />
Sektoraler Bezug<br />
Gesamtwirtschaft<br />
Gesamtwirtschaft<br />
Gesamtwirtschaft<br />
Gesamtwirtschaft<br />
Landwirtschaft, Wasserversorgung,<br />
Gesundheit, Küstenschutz, Infrastruktur<br />
2030 Welt Landwirtschaft, Wasserversorgung,<br />
Gesundheit, Küstenschutz, Infrastruktur<br />
Bemerkung<br />
Vom Klimawandel betroffene weltweite Finanzströme<br />
Weltbank-Studie (geringfügig modifiziert)<br />
Weltbank-Studie + Anpassungsprojekte von Nichtregierungsorganisationen<br />
Weltbank-Studie + Katastrophenschutzkosten<br />
enthält Doppelzählungen<br />
enthält Doppelzählungen<br />
*) Die Weltbank-Studie schätzt die Anteile der vom Klimawandel betroffenen weltweiten Finanzströme. Vgl. OECD (Shardul Agrawala/Samuel Fankhauser),<br />
Economic Aspects of Adaptation to Climate Change, Paris. Weltsozialproduktanteile beruhen auf eigenen Berechnungen.<br />
24 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Umweltzonen sollen für bessere Luft<br />
in Städten sorgen.<br />
Foto: Klaus-Dieter Sonntag<br />
(www.fotoplusdesign.de)<br />
Konflikte vermeiden, Synergien nutzen<br />
Solange es in der Klimapolitik beim Lippenbekenntnis<br />
bleibt, sind wir alle dafür. Aber<br />
Politik – sei es zur Vermeidung von oder<br />
sei es zur Anpassung an den Klimawandel<br />
– kann nur dann erfolgreich sein, wenn<br />
klimapolitische Ziele effektiv in diejenigen<br />
Sektoren integriert werden, die sowohl<br />
für die Verursachung des Klimawandels<br />
verantwortlich als auch von Klimafolgen<br />
betroffen sind. Dabei handelt es sich um<br />
vitale Bereiche der modernen Industriegesellschaft<br />
wie Verkehr, Energie, Landnutzung<br />
und Ernährung. Gemeinsam <strong>mit</strong><br />
europäischen Kollegen des PEER-Netzwerks<br />
haben die Sozialwissenschaftlerin Dr. Silke<br />
Beck, Politikwissenschaftler Prof. Dr. Christoph<br />
Görg und der Geograf Dr. Christian<br />
Kuhlicke untersucht, in welchem Ausmaß<br />
die Erfordernisse des Klimaschutzes und<br />
der Klimaanpassung in sechs europäischen<br />
Ländern integriert werden.<br />
Das Projektteam kommt zu dem Ergebnis,<br />
dass im Jahre 2007 der Klimawandel in allen<br />
Ländern an politischer Priorität gewinnt und<br />
zur „Chefsache“ gemacht wird. Im europäischen<br />
Vergleich stellt Deutschland einen<br />
Vorreiter dar, da anspruchsvolle klimapolitische<br />
Ziele in sektorale Politiken integriert<br />
und <strong>mit</strong> weit reichenden Maßnahmen (wie<br />
beispielsweise in den Bereichen Energieproduktion<br />
und -versorgung, Modernisierung<br />
von Gebäuden) versehen werden. Allerdings<br />
konnten auch hier wichtige Maßnahmen –<br />
vor allem im Verkehrsbereich – nicht oder<br />
nur sehr „verwässert“ auf den Weg gebracht<br />
werden. Daher mangelt es in vielen<br />
Bereichen oftmals an der konsequenten<br />
Umsetzung. Darüber hinaus werden häufig<br />
nur Bereiche wie Verkehr oder Energie berücksichtigt,<br />
„während zum Beispiel Fragen<br />
der Raumplanung und Landnutzung nach<br />
wie vor vernachlässigt werden“, sagt Görg.<br />
Gewarnt wird ausdrücklich vor der Hoffnung,<br />
dass technische Innovationen alle Probleme<br />
der Klimapolitik lösen werden. Technische<br />
Innovationen sind wichtig, müssen aber auf<br />
potenziell negative Nebenwirkungen hin<br />
befragt werden. „Wir müssen uns der kritischen<br />
Diskussion über mögliche negative<br />
Auswirkungen von Entscheidungen stellen,<br />
die auf den ersten Blick nur positive Folgen<br />
zu haben scheinen“, so Görg.<br />
Doch das ist oft leichter gesagt als getan,<br />
denn Klimapolitik, konsequent umgesetzt,<br />
geht oftmals an das „Eingemachte“. Überall<br />
da, wo zum Beispiel lieb gewordene Gewohnheiten<br />
wie im Verkehr oder der Ernährung<br />
auf dem Spiel stehen, ist <strong>mit</strong> massivem<br />
Widerstand zu rechnen, wie beispielsweise<br />
von der Autoindustrie. In allen untersuchten<br />
Ländern zeigt sich aber, dass Klimaschutz<br />
nicht notwendigerweise eine Last für die nationale<br />
Wirtschaft sein muss, sondern auch<br />
Chancen eröffnet, die nationale Energiesicherheit<br />
zu verbessern und neue Arbeitsplätze<br />
zu schaffen, wie dies im Augenblick<br />
unter „Green New Deal“ diskutiert wird. Um<br />
diese Chancen zu realisieren, bedarf es<br />
nicht nur der Verabschiedung europäischer<br />
oder nationaler Programme, sondern auch<br />
des Engagements einzelner Kommunen,<br />
Unternehmen oder der Verbraucher. „Die<br />
Bereitschaft Letzterer zur Verhaltensänderung<br />
ist häufig vorhanden, wird aber nicht<br />
ausreichend von Seiten der Politik aufgenommen<br />
und gefördert“, meint Beck. Um<br />
zu vermeiden, dass nicht einzelne klimapolitische<br />
Maßnahmen ins Leere laufen<br />
oder sich ins Gegenteil verkehren, sondern<br />
umgekehrt Synergien genutzt werden<br />
können, müssen diese besser wissenschaftlich<br />
erfasst und abgestimmt werden. Dabei<br />
kann es nicht darum gehen, das Rad neu<br />
zu erfinden, sondern bestehendes Wissen<br />
und Instrumente im Bereich der Umweltforschung<br />
systematisch zu nutzen und zu<br />
verknüpfen und in den politischen Entscheidungsprozess<br />
einzubringen. Das Gebot der<br />
Stunde – das <strong>mit</strong> der Anpassung an Gewicht<br />
gewinnt – ist, Konflikte zu reduzieren und<br />
Synergien auszuschöpfen.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Prof. Dr. Christoph Görg<br />
Dept. Stadt- und Umweltsoziologie<br />
Telefon: 0341/235-1628<br />
e-mail: christoph.goerg@ufz.de<br />
Dr. Silke Beck<br />
Dept. Ökonomie<br />
Telefon: 0341/235-1733<br />
e-mail: silke.beck@ufz.de<br />
Kapitel 3: Klimawandel und Sozioökonomie <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 25
Standpunkt: An Der Kohle<br />
kommt keiner vorbei !<br />
Foto: Norma Neuheiser<br />
Prof. Dr. Bernd Hansjürgens lehrt Volkswirtschaftslehre<br />
und Umweltökonomie<br />
an der Martin-Luther-Universität Halle-<br />
Wittenberg. Am <strong>UFZ</strong> ist er Programmsprecher<br />
des Helmholtz-Programms<br />
„Terrestrial Environment“ und Leiter<br />
des Departments Ökonomie. In seiner<br />
Forschung befasst er sich u. a. <strong>mit</strong> dem<br />
Emissionshandel sowie Architekturen<br />
in der internationalen Klimapolitik.<br />
Telefon: 0341/235-1233 o. -1259<br />
e-mail: bernd.hansjuergens@ufz.de<br />
www.ufz.de/index.php?de=1643<br />
Wir alle wissen: Das Grundproblem in der Klima- und Energiepolitik<br />
sind die fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas.<br />
Ihre Verbrennung setzt Treibhausgase frei, die das Klima gefährden.<br />
Und unser Energiesystem ist zum großen Teil von den Fossilen<br />
abhängig, die vielfältig genutzt werden: Wärme und Kühlung,<br />
Verkehr und Mobilität sowie zahlreiche <strong>mit</strong> Strom verbundene<br />
Leistungen. Die geringere Nutzung fossiler Energie träger ist daher<br />
erklärtes Ziel der Klimapolitik. Um bis zu 80 Prozent sollen<br />
bis 2050 die Emissionen in den Industrieländern gesenkt werden.<br />
Auch wichtige Schwellenländer erkennen <strong>mit</strong>tlerweile das<br />
Ziel der Begrenzung der Erderwärmung an. Besonders im Fokus<br />
ist die Kohle, da die <strong>mit</strong> ihr einhergehenden CO 2 -Emissionen<br />
noch höher sind als beim Erdöl oder beim Erdgas.<br />
Und doch – ob es uns passt oder nicht: An der Kohle kommt –<br />
absehbar – keiner vorbei! Sie bleibt für viele Jahre entscheidender<br />
Energieträger. Ihr Vorkommen konzentriert sich auf die<br />
großen Länder USA, Kanada, Russland, Indien, China, Südafrika<br />
und einige Staaten Europas – der „Kohlegürtel“ in Europa reicht<br />
von Deutschland über Tschechien, Polen und die Balkanstaaten<br />
bis nach Griechenland und die Türkei – und sie reicht vermutlich<br />
noch weit länger als 100 Jahre. Sie garantiert Versorgungssicherheit<br />
und kostengünstige Energieversorgung. Dabei werden<br />
die Weichen für die nächsten 40 bis 50 Jahre in den kommenden<br />
Jahren gestellt. Insbesondere zwischen 2015 und 2030 stehen<br />
Erneuerungen der Kraftwerkparks weltweit an. Es ist jetzt schon<br />
erkennbar, dass neue Kraftwerke in starkem Maße auf Kohle<br />
setzen – nach Prognosen der Internationalen Energieagentur<br />
(IEA) steigt die Energienachfrage bis 2030 um 45 Prozent, wovon<br />
85 Prozent durch die Fossilen gedeckt werden. Die Kohle deckt<br />
heute 39 Prozent der Weltenergieproduktion ab und macht ein<br />
Drittel des Anstiegs aus.<br />
Wir können vor dieser absehbaren Entwicklung nicht die Augen<br />
verschließen und so tun, als würde uns ohne größere Probleme<br />
ein Ausstieg aus den Fossilen – und da<strong>mit</strong> auch aus der Kohle –<br />
gelingen. Aber was heißt das für die Politik? Und was für die<br />
Forschung? Zunächst: In der Politik wird es auf Jahre hinaus ein<br />
1992<br />
zähes Ringen um Vermeidungsmaßnahmen, deren Kosten und<br />
die Verteilung der Kosten geben. Ich erwarte nicht, dass auf der<br />
Klimakonferenz in Kopenhagen der große Durchbruch erreicht<br />
wird. Dafür sind die durch langfristige Investitionen gebundenen<br />
Mittel zu hoch und ein Abweichen vom einmal eingeschlagenen<br />
Weg würde sehr teuer. Zudem erwartet jedes Land immer nur<br />
von anderen Maßnahmen, ist aber selbst nicht bereit, Kosten<br />
dafür aufzubringen.<br />
Alle Anstrengungen im Bereich der Kohle – seien es Steigerungen<br />
des Wirkungsgrades von Kohlekraftwerken, seien es<br />
Neuentwicklungen zur Trennung und Speicherung von Kohlendioxid<br />
– müssen eine große Rolle spielen. Wenn die weltweiten<br />
Energiesysteme so stark auf Kohle ausgerichtet sind, geht das<br />
gar nicht anders. Dies bedeutet, dass die Kraftwerkseffektivität,<br />
die im weltweiten Durchschnitt gerade einmal 29 Prozent<br />
beträgt, auf 50 Prozent oder mehr zu steigern ist, was dem heute<br />
erreichbaren Stand der Technik entspricht. Das bedeutet weiter,<br />
dass über die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid –<br />
zumindest als Übergangstechnologie – intensiv nachgedacht<br />
und geforscht werden muss. Das ist insofern schwierig, als die<br />
geschätzten Kosten hierfür zurzeit bei bis zu 70 Euro pro Tonne<br />
vermiedenen CO 2 liegen. Und es bedeutet, dass im Rahmen<br />
internationaler Verhandlungen Technologietransfer eine große<br />
Rolle spielen wird.<br />
Für Forschung und Politik ergibt sich hieraus, dass es den<br />
Lima (Peru)<br />
Königsweg in eine CO 2 -freie Zukunft so schnell nicht geben wird. 7,9<br />
Es wird darauf ankommen, Forschungsanstrengungen in verschiedenen<br />
Bereichen zu unternehmen, zum einen im Bereich<br />
Bogotá (Kolumbien)<br />
7,3<br />
Santiago de Chile (Chile)<br />
der Kohle selbst, aber auch bei anderen Wegen zur Verringerung 5,5<br />
von CO 2 . Eine große Rolle spielt hier die Landnutzung, die im-Belmerhin zu 30 Prozent für die Entstehung von CO 2 verantwortlich 5,0<br />
Horizonte (Brasilien)<br />
Guadalajara (Mexiko)<br />
ist. Und es ist schließlich unabwendbar, sich <strong>mit</strong> den Folgen<br />
3,8<br />
des Klimawandels auseinanderzusetzen und Strategien zur<br />
Caracas (Venezuela)<br />
Anpassung zu entwickeln. Gerade in den genannten Bereichen 3,2<br />
versucht das <strong>UFZ</strong>, zentrale Beiträge beizusteuern.<br />
weltweiteR ENERGIEbedarf bis 2030<br />
Mtoe<br />
18.000<br />
16.000<br />
14.000<br />
12.000<br />
10.000<br />
8.000<br />
6.000<br />
4.000<br />
2.000<br />
0<br />
1980 1990 2000 2010 2020 2030<br />
(Quelle: IEA, 2008)<br />
Wind<br />
Wasser<br />
Atomkraft<br />
Biomasse<br />
Gas<br />
Kohle<br />
Öl<br />
São Paulo (Brasilien)<br />
Mexiko City (Mexiko)<br />
Buenos Aires (Argentinien)<br />
Rio de Janeiro (Brasilien)<br />
26 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Im 3D-Visualisierungszentrum des <strong>UFZ</strong> werden<br />
verschiedene Projekte zur interaktiven<br />
räumlichen Darstellung und Interpretation<br />
geometrischer, physikalischer sowie anderer<br />
örtlich und zeitlich verteilter Daten bearbeitet.<br />
Die Abbildung zeigt ein geometrisches Modell<br />
eines Modellreservoirs.<br />
Grafik: Olaf Kolditz/ <strong>UFZ</strong><br />
CO 2 – Klimagasentsorgung im Untergrund?<br />
Auch wenn in vielen Industriestaaten wie<br />
Deutschland erneuerbare Energien boomen<br />
und ihr Anteil am Gesamtenergiemix wächst,<br />
machen sie immer noch nur einen kleinen<br />
Teil aus. So werden herkömmliche Kraftwerke,<br />
die Kohle oder Erdgas verbrennen,<br />
noch eine Weile gebraucht und sind nicht<br />
aus den Klimaschutzverhandlungen in<br />
Kopenhagen wegzudenken. Da der fossile<br />
Rohstoff Kohle bei seiner Verbrennung all<br />
das CO 2 wieder freisetzt, das er einst in geologischen<br />
Vorzeiten gebunden hatte, werden<br />
immer neue Konzepte zur Verringerung der<br />
CO 2 -Emissionen entwickelt. Die oft eher<br />
emotional statt sachlich geführten Diskussionen<br />
um das Für und Wider heizen sich<br />
<strong>mit</strong>unter ebenso auf wie die Erdatmosphäre<br />
selbst. Das wird beispielsweise auch an der<br />
aktuellen Debatte über eine Technologie<br />
deutlich, die das Potenzial besitzt, Kraftwerke<br />
sauberer zu machen: Carbon Dioxide<br />
Capture and Storage – kurz CCS.<br />
Hinter CCS verbergen sich die Abscheidung<br />
des Kohlendioxids aus Rauchgasen und dessen<br />
dauerhafte Speicherung in tiefen geologischen<br />
Schichten. Dazu wird CO 2 in den so<br />
genannten superkritischen Zustand versetzt<br />
und in poröse Gesteine injiziert. „Superkritisch“<br />
nennt sich ein fluider Aggregatzustand,<br />
der weder dem gasförmigen noch<br />
dem flüssigen entspricht, jedoch Vorteile<br />
von beiden vereint: hohe Dichte, geringe<br />
Viskosität. Bei der Injektion in erschöpfte<br />
Erdgas- oder Erdöllagerstätten ist die<br />
Chance sehr groß, dass im frei gewordenen<br />
Porenraum CO 2 gelagert und gleichzeitig<br />
sogar Reste von Erdöl oder Erdgas gefördert<br />
werden können. Weitere Speichermöglichkeiten<br />
sind die Injektion von CO 2 in tiefe,<br />
<strong>mit</strong> Salzwasser gefüllte Sedimentschichten.<br />
Kohlendioxid bei technischen Prozessen<br />
abzuscheiden, ist heute beherrschbar.<br />
Auch der Transport per Tankwagen oder<br />
Pipeline ist erprobt und bekannt. Selbst die<br />
Bohrlochtechnologien für die Verbringung<br />
in den Untergrund sind aus der Erdgas- und<br />
Erdölförderung bestens entwickelt. Nur dass<br />
es beim CO 2 nicht um Förderung, sondern<br />
Einlagerung geht. Zu diesem Thema werden<br />
weltweit in Pilotprojekten Erfahrungen gesammelt.<br />
Denn es gibt viele offene Fragen:<br />
Wie groß sind die Speicherkapazitäten und<br />
wie lange reichen sie aus? Werden durch<br />
das unter Druck injizierte CO 2 seismische<br />
Mikroaktivitäten ausgelöst? Welche Auswirkungen<br />
können diese haben? Kann das<br />
verpresste Kohlendioxid im Laufe der Zeit<br />
wieder austreten?<br />
Zur systematischen, sachlichen Klärung<br />
solcher und anderer Fragestellungen fördert<br />
das Bundesministerium für Bildung und<br />
Forschung mehrere Verbundprojekte zur<br />
CCS-Thematik. An deren Bearbeitung ist<br />
auch das <strong>UFZ</strong> beteiligt. Zu den Aufgaben<br />
gehört dabei die numerische Simulation des<br />
Kurz- und Langzeitverhaltens des injizierten<br />
Kohlendioxids in geologischen Formationen.<br />
„Man kann so schlecht in den Untergrund<br />
hineinschauen. Deshalb müssen wir <strong>mit</strong>hilfe<br />
solcher Simulationen ein Gefühl dafür<br />
bekommen, was da unten passiert“, erklärt<br />
Dr. Uwe-Jens Görke vom <strong>UFZ</strong>. „Dabei helfen<br />
uns langjährige Erfahrungen im Bereich der<br />
numerischen Simulation geotechnischer<br />
Vorgänge <strong>mit</strong> einem eigenen Softwarepaket<br />
(GeoSys).“<br />
Bei der Injektion des CO 2 und dessen<br />
späterer Ausbreitung im Reservoir laufen<br />
komplexe hydraulische, mechanische, ther-<br />
mische und chemische Prozesse ab, die sich<br />
gegenseitig beeinflussen. Deren gekoppelte<br />
Simulation wird gemeinsam <strong>mit</strong> Arbeitsgruppen<br />
der Christian-Albrechts-Universität<br />
zu Kiel, dem Helmholtz-Zentrum Potsdam,<br />
Deutsches GeoForschungszentrum (GFZ)<br />
sowie anderen Einrichtungen geplant und<br />
realisiert. Die Komplexität der Berechnungen<br />
stellt hohe Anforderungen an die<br />
Effizienz der Algorithmen und setzt Höchstleistungsrechentechnik<br />
voraus. Mithilfe des<br />
3D-Visualisierungszentrums (TESSIN) am<br />
<strong>UFZ</strong> können außerdem die Simulationsergebnisse<br />
realitätsnah analysiert und<br />
interpretiert werden. „Unsere wissenschaftliche<br />
Arbeit lässt Ergebnisse numerischer<br />
Experimente und Szenarienstudien erwarten,<br />
die wichtige Hinweise auf eine mögliche<br />
Konzeptgestaltung der Injektionsprozesse<br />
und Langzeittrends in Georeservoiren<br />
geben“, betont Görke.<br />
Die ambitionierten globalen Klimaschutzziele<br />
werden ohne CCS als Übergangstechnologie<br />
kaum zu erreichen sein. Für deren<br />
Umsetzung ist in naher Zukunft nicht nur die<br />
Frage der technologischen Beherrschbarkeit<br />
der CO 2 -Speicherung auf wissenschaftlich<br />
fundierter Basis zu klären. Ebenso wichtig<br />
sind die Fragen von Akzeptanz, rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen und der Integration in<br />
zukünftige Energieversorgungsstrukturen.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Dr. Uwe-Jens Görke<br />
Dept. Umweltinformatik<br />
Telefon: 0341/235-1804<br />
e-mail: uwe-jens.goerke@ufz.de<br />
Kapitel 3: Klimawandel und Sozioökonomie <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 27
Das Sturmflutwehr Maeslantkering soll etwa einer<br />
Million Menschen im Großraum Rotterdam Schutz<br />
vor Hochwasser bieten. Bei Flut verhindert es das<br />
Eindringen von Flutwasser der Nordsee in den<br />
Fluss Maas. Im Normalfall sind die Tore offen und<br />
ermöglichen den Zugang zum Hafen Rotterdam.<br />
Der Bau des Wehres war effektiver als die Erhöhung<br />
der Maas-Deiche. Die Tore des Wehrs sind<br />
22 Meter hoch und je 210 Meter lang.<br />
Foto: Rijkswaterstaat (Wasserbauamt Niederlande)<br />
Auf dem Weg zu einer<br />
europäischen Anpassungspolitik<br />
Europa hat erkannt und anerkannt, dass<br />
eine Anpassung an den bereits stattfindenden<br />
und unvermeidlichen zukünftigen<br />
Klimawandel genauso wichtig und notwendig<br />
ist, wie die Eindämmung einer<br />
weiteren Erderwärmung. Allerdings: „Die<br />
Anpassungspolitik steht in vieler Hinsicht<br />
noch am Anfang und es mangelt vor allem<br />
an einer effektiven Koordinierung zwischen<br />
den Handlungsebenen und Akteuren“. Dies<br />
ist zentrales Ergebnis der Studie „Europe<br />
Adapts to Climate Change – Comparing<br />
National Adaptation Strategies“, die unter<br />
Beteiligung des <strong>UFZ</strong> vom Forschungsverbund<br />
PEER (Partnership for European<br />
Environmental Research, siehe auch Seite<br />
31) erarbeitet wurde. „Ziel des Projektes<br />
war es, einen Überblick über die Aktivitäten<br />
zu Anpassungsstrategien in den EU-<br />
Mitgliedsstaaten zu erhalten“, erläutert<br />
Dr. Moritz Reese, der für das <strong>UFZ</strong> an der<br />
Studie beteiligt war. Hierzu wurden die<br />
bisher vorliegenden Anpassungsstrategien<br />
von Dänemark, Deutschland, Finnland,<br />
Frankreich, den Niederlanden, Spanien und<br />
dem Vereinigten Königreich analysiert und<br />
verglichen.<br />
nahmen zu kommen. Dafür ist eine effektive<br />
Erforschung und praxisgerechte Ver<strong>mit</strong>tlung<br />
der regionalen Anpassungserfordernisse<br />
nötig. Es müssen ausreichende politische<br />
und administrative Kapazitäten geschaffen<br />
werden, und eine laufende Überprüfung und<br />
Fortentwicklung der Anpassungspolitiken<br />
muss gewährleistet sein. Die Studie offenbart,<br />
dass die nationalen Strategien hier<br />
überwiegend noch ganz am Anfang stehen.<br />
Für die Herausforderung der weiteren<br />
wissenschaftlichen Aufklärung wird ein<br />
beträchtlicher Planungs-, Finanzierungsund<br />
vor allem Koordinierungsmangel festgestellt:<br />
„Es gibt keine konsistente, auch<br />
grenzüberschreitend koordinierte Agenda<br />
zur Klimafolgenforschung“, berichtet Reese.<br />
Es müsse vermieden werden, dass national<br />
und regional nebeneinander her geforscht<br />
wird. „Hierzu könnten weit vernetzte Einrichtungen<br />
wie PEER und das <strong>UFZ</strong> wichtige<br />
Beiträge leisten“, meint Reese. Dabei sind<br />
auch die Sozialwissenschaften gefordert:<br />
Ökonomische Kosten-Nutzen-Analysen, die<br />
eine rationale Grundlage zur Bestimmung<br />
des Handlungsbedarfs geben könnten, fehlen<br />
bisher weitgehend.<br />
Auch fehlen überzeugende Konzepte dafür,<br />
die Anpassungspolitiken zwischen Europäischer<br />
Gemeinschaft, nationalen Regierungen,<br />
Regionen und Gemeinden wirksam<br />
zu koordinieren. Zwar heben die nationalen<br />
Anpassungsstrategien durchweg hervor,<br />
In allen Ländern geht es zunächst darum,<br />
die regionalen Klimafolgen und Handlungserfordernisse<br />
zu erfassen, diese den poli -<br />
tischen und privaten Akteuren bewusst<br />
zu machen und einen politischen Prozess<br />
in Gang zu setzen, um rechtzeitig zu den<br />
nötigen staatlichen und persönlichen Maßdass<br />
die Klimaanpassung ein effizientes Zusammenwirken<br />
aller öffentlichen Handlungsebenen<br />
voraussetzt. Bisher wird die Vielfalt<br />
der örtlichen und regionalen Aktivitäten, die<br />
bereits europaweit zu verzeichnen ist, aber<br />
allenfalls vereinzelt berücksichtigt. Große<br />
Lücken zeigen sich ferner bei der Überprüfung<br />
und Fortentwicklung der politischen<br />
Planungen und Maßnahmen. Konkrete<br />
Planungen zur Entwicklung von Monitoringund<br />
Indikatorensystemen und einer regelmäßigen<br />
Erfolgskontrolle sind kaum zu<br />
finden. Die deutsche Anpassungsstrategie<br />
kann in dieser Hinsicht zumindest als<br />
vergleichsweise vorbildlich gelten: „Sie sieht<br />
Nachfolgeplanungen vor, benennt konkrete<br />
Zeithorizonte, setzt auf die Überprüfung<br />
der Strategie und ihrer Implementation und<br />
sieht die Schaffung eines aussagekräftigen<br />
Monitorings vor“, erläutert Reese. Bis zur<br />
Entwicklung und Anwendung eines effektiven<br />
Indikatoren- und Monitoringkonzepts<br />
liegt aber auch in Deutschland noch ein<br />
weiter Weg.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Dr. Moritz Reese<br />
Dept. Umwelt- und Planungsrecht<br />
Telefon: 0341/235-1987<br />
e-mail: moritz.reese@ufz.de<br />
mehr Informationen:<br />
www.peer.eu/projects/<br />
peer_climate_change_projects<br />
28 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Die Alpen-Smaragdlibelle (Somatochlora<br />
alpestris) ist zusammen <strong>mit</strong> der Alpen-<br />
Mosaikjungfer (Aeshna caerulea) die einzige<br />
hochalpine Libellenart. Ein Verbreitungs- und<br />
Schutzgebiet der Alpen-Smaragdlibelle ist<br />
der Hochharz in Sachsen-Anhalt. Dort ist<br />
sie in Höhenlagen ab etwa 800 Meter zu<br />
finden. Die Klimaerwärmung könnte ihren<br />
bevorzugten Lebensraum auf noch höhere<br />
Lagen einschränken.<br />
Foto: www.rotholl.at<br />
Umweltrecht unter Anpassungsdruck?<br />
Der Klimawandel zwingt zur Anpassung –<br />
auch in zentralen Bereichen des Umweltschutzes<br />
wie dem Naturschutz und der<br />
Wasserwirtschaft. Wird diese Anpassungsaufgabe<br />
wahrgenommen? Ist unser Umweltrecht<br />
den Klimafolgen und Anpassungserfordernissen<br />
gewachsen? Mit Fragen wie<br />
diesen befasst sich eine Forschergruppe<br />
des <strong>UFZ</strong>.<br />
„Umweltrechtliche Regeln und deren Durchsetzung<br />
sind wichtige Mittel, Verhalten zu<br />
steuern“, erläutert Prof. Dr. Wolfgang Köck.<br />
Zu den zentralen Steuerungsinstrumenten<br />
des Umweltrechts gehören z. B. die Umweltplanung,<br />
um staatliche Entscheidungen<br />
vorzubereiten, oder die präventive Kontrolle<br />
und Genehmigung umwelterheblicher<br />
Vorhaben. Beide Instrumente müssen nach<br />
Auffassung der <strong>UFZ</strong>-Forscher ertüchtigt<br />
werden. Das heißt, Planungs- und Genehmigungssysteme<br />
müssen auf die Anpassungsaufgabe<br />
eingestellt werden, die Ergebnisse<br />
sind bei der Entscheidung zu berücksichtigen<br />
und die getroffene Entscheidung muss<br />
fortwährend beobachtet und gegebenenfalls<br />
nachgebessert werden, wenn neue Erkenntnisse<br />
vorliegen. „Ein Umweltrecht, das den<br />
Erfordernissen der Adaptation gewachsen<br />
sein soll, muss sich als ein Risikorecht<br />
verstehen“, fordert Köck. Es kann dabei von<br />
anderen Rechtsgebieten wie dem Chemikalienrecht<br />
oder dem Gentechnikrecht, die<br />
den Umgang <strong>mit</strong> Unsicherheit institutionalisiert<br />
haben, lernen.<br />
Die Anpassungsaufgabe allein über die Instrumente<br />
des Umweltrechts zu bewältigen,<br />
wird nicht ausreichen. Anpassung wird auch<br />
zu einer Herausforderung für die rechtlich<br />
verankerten Ziele der Umweltpolitik. Eine<br />
rechtsverbindliche Zielfestlegung des<br />
Naturschutzes beispielsweise ist der Aufbau<br />
eines Netzes von Vorranggebieten für den<br />
Naturschutz (NATURA 2000). Inzwischen<br />
sind auf der Basis naturschutzfachlicher<br />
Expertise allein in Deutschland mehr als<br />
4.600 Gebiete für das NATURA-2000-Netz<br />
vorgesehen, die um bestimmter Lebensraumtypen<br />
und Arten willen staatlich zu<br />
schützen sind. Ist diese Zielstellung unter<br />
den Bedingungen des Klimawandels noch<br />
zu halten? Muss das mühsam erarbeitete<br />
System der Vorranggebiete aufgegeben und<br />
immer wieder neu gestrickt werden? Oder<br />
müssen alle Gebiete so robust gemacht<br />
werden, dass sie auf Dauer ihre Funktionen<br />
erfüllen können? „Weder das eine noch das<br />
andere ist richtig“, ist Köck überzeugt. Es<br />
ist wichtig, die NATURA-2000-Gebiete robuster<br />
zu machen, also in den Naturschutz<br />
zu investieren, da<strong>mit</strong> gestresste Systeme<br />
länger durchhalten. Aber das funktioniert<br />
nur in Grenzen. Unter Umständen muss<br />
auch das Ziel selbst geändert werden. Das<br />
gegenwärtige NATURA-2000-Schutzrecht<br />
zwingt jedoch dazu, Managementmaßnahmen<br />
zu ergreifen, um genau den Habitattyp<br />
und die Arten zu erhalten, derentwegen das<br />
Gebiet in das Netz aufgenommen worden<br />
ist. Das kann ein Kampf gegen Windmühlen<br />
sein. Die entscheidende Frage ist: Wann<br />
ist die Schwelle erreicht, an der es auch<br />
volkswirtschaftlich unvernünftig wird, solche<br />
Gebiete bestimmter Arten wegen weiter zu<br />
erhalten? Dafür müssen Kriterien gefunden<br />
werden, die auf ökonomischer und<br />
naturschutzfachlicher Expertise beruhen. Es<br />
sollte wichtiger sein, vorhandene Vorrangflächen<br />
zu schützen, als jede einzelne Art, die<br />
möglicherweise durch Klimaveränderungen<br />
aus dem immer noch wertvollen Habitat<br />
verschwindet. Dazu sind leistungsfähige<br />
Verbundstrukturen zwischen den Flächen<br />
notwendig, die dem Wanderungsverhalten<br />
vieler Arten entgegen kommen.<br />
Ein anderes Beispiel dafür, dass die Anpassungsaufgabe<br />
auf Umweltschutzziele<br />
einwirkt, ist der Gewässerschutz in Gestalt<br />
der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />
(WRRL). Ein Ziel der WRRL ist es, für Oberflächengewässer<br />
bis Ende 2015 einen guten<br />
chemischen und ökologischen Gewässerzustand<br />
zu erhalten bzw. wieder herzustellen.<br />
„Was ein guter Zustand ist, leitet sich vom<br />
Referenzzustand ab“, erklärt Dr. Moritz<br />
Reese. „Dieser wird anhand der Referenzbedingungen<br />
eines naturnahen Gewässers<br />
bestimmt.“ Gegenwärtig werden die Anforderungen<br />
an den guten Zustand auf der<br />
Grundlage der Referenzanalyse des Jahres<br />
2004 festgelegt. „Der Klimawandel“, so<br />
Reese, „wird uns langfristig dazu nötigen,<br />
die Referenzzustände neu zu bestimmen<br />
und da<strong>mit</strong> auch das, was ein ‚guter Zustand‘<br />
ist“. Nachbesserungsbedarf besteht nach<br />
Auffassung von Reese auch im Hinblick auf<br />
eine Mengenplanung zur Gewährleistung<br />
der Wasserverfügbarkeit. Der „gute mengenmäßige<br />
Zustand“ ist gegenwärtig noch kein<br />
Ziel des europäischen Gewässerschutzes<br />
für Oberflächengewässer. Klimawandel und<br />
Anpassungsdruck werden dazu zwingen,<br />
dieser Problematik künftig jedenfalls regional<br />
mehr Aufmerksamkeit zu widmen.<br />
<strong>UFZ</strong>-Ansprechpartner:<br />
Prof. Dr. Wolfgang Köck<br />
Dept. Umwelt- und Planungsrecht<br />
Telefon: 0341/235-1232<br />
e-mail: wolfgang.koeck@ufz.de<br />
Kapitel 3: Klimawandel und Sozioökonomie <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 29
Kurzinformationen<br />
Kompetenzzentrum Klimafolgen<br />
und Anpassung<br />
Das Kompetenzzentrum Klimafolgen und<br />
Anpassung im Umweltbundesamt (UBA) –<br />
kurz KomPass genannt – ist Wegweiser<br />
und Ansprechpartner für Anpassungsaktivitäten<br />
in Deutschland. Als Schnittstelle<br />
zwischen Klimafolgenforschung, Gesellschaft<br />
und Politik macht es verwundbare<br />
Bereiche und Regionen ausfindig, bewertet<br />
Klimafolgen und zeigt die Chancen<br />
der Anpassungsmaßnahmen sowie ihre<br />
Hürden. KomPass arbeitet <strong>mit</strong> der Wissenschaft,<br />
<strong>mit</strong> Ministerien und Behörden<br />
sowie Verbänden und Unternehmen zusammen<br />
und fungiert als Geschäftsstelle<br />
bei der Erarbeitung der DAS.<br />
www.anpassung.net<br />
Helmholz-Klimainitiative<br />
Deutsche Anpassungsstrategie<br />
an den Klimawandel<br />
Das Bundeskabinett hat im Dezember<br />
2008 die Deutsche Anpassungsstrategie<br />
an den Klimawandel (DAS) verabschiedet.<br />
Da<strong>mit</strong> wurde ein Rahmen zur Anpassung<br />
an die Folgen des Klimawandels in<br />
Deutschland geschaffen. Die Strategie<br />
beinhaltet den aktuellen Kenntnisstand zu<br />
den erwarteten Klimaänderungen und<br />
den da<strong>mit</strong> verbundenen möglichen Folgen.<br />
Für 15 Handlungsfelder und besonders<br />
vulnerable Regionen werden Handlungsoptionen<br />
aufgezeigt. Die Umsetzung<br />
wird Akteurinnen und Akteuren aus<br />
Wissenschaft, Politik und Gesellschaft<br />
helfen, die Verwundbarkeit gegenüber<br />
dem Klimawandel zu verringern. KomPass<br />
unterstützt die Umsetzung der DAS sowohl<br />
fachlich und als auch organisatorisch.<br />
Bis zum Frühjahr 2011 wird in Zusammenarbeit<br />
<strong>mit</strong> den Akteuren und<br />
Ländern ein Aktionsplan Anpassung erarbeitet.<br />
Die Grundlage für die Erarbeitung<br />
der DAS wurde durch eine wissenschaftliche<br />
Vorbereitungskonferenz im August<br />
20<strong>09</strong> am <strong>UFZ</strong> in <strong>Leipzig</strong> gelegt. Auf<br />
dem Symposium wurden der vorrangige<br />
Forschungsbedarf zur Anpassung an die<br />
Folgen des Klimawandels für die nächsten<br />
Jahre und Schnittstellen zwischen den<br />
Handlungsfeldern identifiziert.<br />
www.bmu.de/klimaschutz/<br />
downloads/doc/42783.php<br />
Die Helmholtz-Gemeinschaft verstärkt ihre Anstrengungen auf dem Gebiet der Klimaforschung<br />
und stellt 16 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre für eine Helmholtz-Klimainitiative<br />
„Regional Climate Change: From Observations and Modelling to Decision Support<br />
for Mitigation and Adaptation“ (REKLIM) bereit. Schwerpunkte werden die Entwicklung<br />
eines Erdsys temmodells und die Erforschung der regionalen Auswirkungen des globalen<br />
Klimawandels sein. Die beteiligten Zentren, zu denen auch das <strong>UFZ</strong> gehört, werden zusammen<br />
die gleiche Summe aufbringen, so dass die Klimainitiative insgesamt über 32 Millionen<br />
Euro verfügen kann. Mit der neuen Klimainitiative werden die Kompetenzen verschiedener<br />
Helmholtz-Arbeitsgruppen gebündelt, um die Veränderungen des Klimas und insbesondere<br />
die da<strong>mit</strong> verbundenen Folgen auf regionaler Ebene zu untersuchen. Dabei werden auch<br />
sozioökonomische Aspekte berücksichtigt, um konkrete Empfehlungen geben zu können,<br />
die eine nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern und Agrarflächen sowie ein effizientes<br />
Wassermanagement ermöglichen. Leiter der Klimainitiative ist Prof. Dr. Peter Lemke vom<br />
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Mit Universitäten und außeruniversitären<br />
Arbeitsgruppen sind enge Kooperationen geplant, ebenso wie <strong>mit</strong> den Regionalen<br />
Klimabüros der Helmholtz-Gemeinschaft, dem Climate Service Center und dem Deutschen<br />
Klimakonsortium.<br />
Regionale<br />
Helmholtz-Klimabüros<br />
Der Klimawandel wird sich regional<br />
unterschiedlich ausprägen. Landwirte,<br />
Küstenbauingenieure, Stadtplaner, aber<br />
auch Entscheidungsträger aus Politik<br />
und Unternehmen brauchen Informationen<br />
aus erster Hand, um sich für den<br />
Klimawandel in ihrer Region wappnen<br />
zu können. Die Helmholtz-Gemeinschaft<br />
stellt sich diesem Informationsbedürfnis<br />
<strong>mit</strong> einem bundesweiten Netzwerk regionaler<br />
Klimabüros. Neben der Bündelung<br />
und Ver<strong>mit</strong>tlung von Forschungsergebnissen<br />
zum regionalen Klimawandel<br />
werden Wissensdefizite der regionalen<br />
Akteure erfasst. Diese können dann in die<br />
Forschungsprogramme der Helmholtz-<br />
Gemeinschaft integriert werden.<br />
Das Klimabüro für Polargebiete und<br />
Meeresspiegelanstieg <strong>mit</strong> Sitz am<br />
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und<br />
Meeresforschung in Bremerhaven deckt<br />
Fragestellungen zum Klimawandel <strong>mit</strong><br />
besonderem Augenmerk auf Wechselwirkungen<br />
zwischen den Systemen Eis,<br />
Atmosphäre und Ozean ab.<br />
Das Süddeutsche Klimabüro am Karlsruher<br />
Institut für Technologie (KIT) bietet<br />
Expertise zur regionalen Klimamodellierung<br />
und zu Extremereignissen wie<br />
Starkniederschlägen und Hochwasser an.<br />
Das Norddeutsche Klimabüro am<br />
GKSS Forschungszentrum Geesthacht<br />
fokussiert auf die Forschungsthemen<br />
Stürme, Sturmfluten und Seegang sowie<br />
Energie- und Wasserkreisläufe in Norddeutschland.<br />
Das Mitteldeutsche Klimabüro am<br />
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung<br />
(<strong>UFZ</strong>) in <strong>Leipzig</strong> ver<strong>mit</strong>telt Informationen<br />
der natur- und sozialwissenschaftlichen<br />
Klimafolgenforschung und der Entwicklung<br />
von Anpassungsstrategien. Im<br />
Vordergrund stehen Wechselwirkungen<br />
zwischen Klimawandel und Landnutzung.<br />
www.klimabuero.de<br />
Kontakt: Dr. Andreas Marx<br />
Tel.: 0341/235-1074<br />
e-mail: andreas.marx@ufz.de<br />
30 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>
Climate Service Center (CSC)<br />
Mit dem Climate Service Center (CSC) wurde<br />
am GKSS-Forschungszentrum ein neues<br />
nationales Dienstleistungszentrum <strong>mit</strong><br />
Sitz in Hamburg geschaffen, das sich als<br />
zentrale Informations- und Beratungsplattform<br />
versteht und eng <strong>mit</strong> der deutschen<br />
Klima- und Klimafolgenforschung, Klimaberatungseinrichtungen<br />
und der Wirtschaft<br />
vernetzt ist. Es wendet sich <strong>mit</strong> seinem<br />
Beratungsangebot an alle Bereiche aus<br />
Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Wissenschaft.<br />
Ziel des CSC ist es, Ergebnisse<br />
der Klimasystemforschung zusammenzuführen<br />
und daraus aussagekräftige Grundlagen<br />
für Entscheidungsträger abzuleiten.<br />
Es schließt da<strong>mit</strong> die Lücke zwischen der<br />
Klimasystemforschung und den Nutzern<br />
der Klimadaten. Das CSC bündelt aktuelle<br />
Forschungsergebnisse der Klimaforschung<br />
und bereitet diese bedarfsgerecht auf, um<br />
sie stärker an die Informationsbedürfnisse<br />
der Gesellschaft anzupassen.<br />
www.climate-service-center.de<br />
Quelle: photodisc/getty images<br />
PEER – europäische<br />
Umweltforschung<br />
TERENO – Die Umwelt<br />
beobachten<br />
Mehrere Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft<br />
haben sich zusammengeschlossen<br />
und ein neues Erdbeobachtungs-Netzwerk<br />
gegründet: TERENO (Terrestrial Environmental<br />
Observatories). Langfristig wird in<br />
vier Regionen Deutschlands beobachtet<br />
Foto: Klaus-Dieter Sonntag<br />
und erkundet, wie sich Klimaänderung<br />
und Landnutzungswandel regional auf<br />
Wasserkreisläufe, regionales Klima und Wetter, die biologische Vielfalt, den Boden und die<br />
Luftqualität niederschlagen. Untersucht wird auch, welche sozioökonomischen Konse quenzen<br />
das hat, um in Veränderungen steuernd eingreifen zu können und Anpassungsstrategien zu<br />
entwickeln. Herzstück des TERENO-Konzeptes sind die Verbindung von Messung, Modellierung<br />
und Experiment sowie der multidisziplinäre Ansatz. Die Observatorien werden <strong>mit</strong> Wetterstationen,<br />
Ultraleichtflugzeugen <strong>mit</strong> speziellen optischen Sensoren, geophysikalischer Messtechnik,<br />
Radarsystemen, Bodensensoren und Grundwassermesssystemen ausgestattet. In TERENO werden<br />
neue Modellkonzepte und Scaling-Methoden entwickelt, um die Skalendiskrepanz zwischen<br />
Messung, Modell und Management zu schließen. www.tereno.net<br />
Kontakt: Dr. Steffen Zacharias, Department Monitoring- und Erkundungstechnologien,<br />
Tel.: 0341/235-1381, e-mail: steffen.zacharias@ufz.de<br />
<strong>UFZ</strong> Klimaexploratorium<br />
Das <strong>UFZ</strong> bereitet in Bad Lauchstädt auf einer Fläche von zwölf Hektar einen Großversuch zum<br />
Klimawandel vor. Mit steuerbaren Regen- und Trockenphasen und CO 2 -Konzentrationen wollen<br />
die Wissenschaftler beispielsweise <strong>mit</strong>tel- und langfristige Folgen auf Boden und Pflanzen untersuchen,<br />
um wichtige Ergebnisse für die Landwirtschaft und Politik zu liefern – auch hinsichtlich<br />
notwendiger Anpassungsmaßnahmen. Die Helmholtz-Gemeinschaft fördert den Aufbau der<br />
experimentellen Plattform <strong>mit</strong> vier Millionen Euro. Der Großversuch ist auf eine Laufzeit von 15<br />
Jahren angelegt und wird auch anderen Forschungseinrichtungen zur Verfügung stehen.<br />
Kontakt: Prof. Dr. Francois Buscot, Department Bodenökologie, Tel.: 0345/558-5221,<br />
e-mail: francois.buscot@ufz.de · Dr. Stefan Klotz, Department Biozönoseforschung,<br />
Tel.: 0345/558-5301, e-mail: stefan.klotz@ufz.de<br />
PEER (Partnership for European Environmental<br />
Research) ist ein Zusammenschluss<br />
von sieben europäischen Umweltforschungszentren,<br />
die interdisziplinäre<br />
und programmorientierte Umweltforschung<br />
betreiben. Auf Initiative des <strong>UFZ</strong><br />
wurde PEER 2001 ins Leben gerufen. Mit<br />
seinen fast 5.000 Mitarbeitern und einem<br />
Jahresbudget von rund 360 Millionen<br />
Euro will es die Wettbewerbsfähigkeit der<br />
europäischen Umweltforschung stärken,<br />
Infrastruktur effizient nutzen und Forschungsprogramme<br />
– unter anderem zur<br />
Klimafolgen- und -anpassungsforschung –<br />
langfristig abstimmen.<br />
www.peer.eu<br />
BUCH ERSCHIENEN<br />
Silke Beck: Das Klimaexperiment<br />
und<br />
der IPCC (Schnittstellen<br />
zwischen<br />
Wissenschaft und<br />
Politik in internationalen<br />
Beziehungen)<br />
Das Buch erklärt<br />
aus sozialwissenschaftlicher<br />
Sicht,<br />
wie es dem IPCC gelungen ist, wissenschaftliche<br />
Integrität sowie politische Relevanz<br />
und Glaubwürdigkeit seiner Expertisen<br />
aufrechtzuerhalten.<br />
metropolis Verlag für Ökonomie, Gesellschaft<br />
und Politik, ca. 200 Seiten,<br />
22,80 Euro, ISBN 978-3-89518-771-1<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – <strong>UFZ</strong><br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit · Permoserstraße 15 ·<br />
04318 <strong>Leipzig</strong> · Tel.: 0341/235-1269 · Fax: 0341/235-<br />
1468 · e-mail: info@ufz.de · Internet: www.ufz.de<br />
Redaktionsleitung:<br />
Doris Böhme<br />
Texte:<br />
Gundula Lasch (S. 12, 16, 18, 20/21), Antonia Rötger<br />
(S. 14/15), Kerstin Viering (S. 17), Jörg Aberger (S. 6/7,<br />
24, 25, 26, 28), Tilo Arnhold (S. 8/9, 10, 11, 22/23),<br />
Reimund Schwarze (S. 4/5, 24), Christoph Schröter-<br />
Schlaack und Augustin Berghöfer (S. 22/23), Doris<br />
Böhme (S. 13, 27, 29, 30/31)<br />
Bildredaktion:<br />
Doris Böhme (verantw.), André Künzelmann,<br />
Tilo Arnhold<br />
Fotos:<br />
André Künzelmann<br />
Satz und Layout:<br />
Noonox media GmbH, <strong>Leipzig</strong><br />
Druck:<br />
Messedruck <strong>Leipzig</strong> GmbH<br />
Gedruckt auf 100% Recyclingpapier<br />
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong> <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong> 31
Forschen für die Umwelt<br />
ISSN 1868-7512<br />
Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong> erforschen Wissenschaftler die<br />
Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen unserer Umwelt. Ihre Aufgabe<br />
besteht darin, zur Lösung konkreter Umweltprobleme beizutragen. Für Politik, Wirtschaft<br />
und Gesellschaft stellen sie Wissen über die komplexen Systeme und Beziehungen in der<br />
Umwelt bereit und empfehlen Instrumente und Handlungskonzepte. Keine einfache Aufgabe,<br />
weil die Erwartungen und die Möglichkeiten der Handelnden oft weit auseinander<br />
gehen.<br />
Die Helmholtz-Forscher befassen sich <strong>mit</strong> dem Management von Wasserressourcen und<br />
den Folgen des Landnutzungswandels für die biologische Vielfalt und die Ökosystemfunktionen.<br />
Sie entwickeln Sanierungsstrategien, Monitoring- und Erkundungsmethoden für<br />
kontaminiertes Grund- und Oberflächenwasser, Böden und Sedimente. Sie untersuchen<br />
das Verhalten und die Wirkung von Chemikalien in der Umwelt und auf die Gesundheit<br />
und das Immunsystem des Menschen und arbeiten an Modellen zur Vorhersage von Umweltveränderungen.<br />
Dabei berücksichtigen sie sozialwissenschaftliche und ökonomische<br />
Fragestellungen. Die naturwissenschaftlich ausgerichtete Umweltforschung ist deshalb<br />
am <strong>UFZ</strong> eng <strong>mit</strong> den Human-, Sozial- und Rechtswissenschaften vernetzt.<br />
<strong>UFZ</strong>-Standort <strong>Leipzig</strong><br />
in der Permoserstraße 15<br />
Die Erforschung der Wirkungen des Klimawandels spielt am <strong>UFZ</strong> eine große Rolle. Ein besonderer<br />
Schwerpunkt liegt dabei auf den Folgen des Klimawandels für die Umwelt und<br />
die menschliche Gesundheit sowie die Entwicklung von Anpassungsstrategien und Politikmaßnahmen.<br />
Basierend auf den umfangreichen Expertisen der <strong>UFZ</strong>-Wissenschaftler<br />
stehen dabei Wirkungen in den Bereichen des Wasserressourcenmanagements, der terrestrischen<br />
Ökosysteme und der Biodiversität im Vordergrund. Die Analyse der Klimawandelprozesse<br />
und der Politik erfolgt dabei in einem integrativen Ansatz: unter Einbeziehung<br />
der relevanten Disziplinen und der Stakeholder.<br />
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – <strong>UFZ</strong><br />
Permoserstraße 15 · 04318 <strong>Leipzig</strong><br />
Telefon: 0341/235-1269 · e-mail: info@ufz.de · www.ufz.de<br />
<strong>UFZ</strong>-Standort Halle<br />
in der Theodor-Lieser-Straße 4<br />
Die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher<br />
Forschungszentren<br />
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender<br />
Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche<br />
Spitzenleistungen in den sechs Forschungsbereichen Energie, Erde und Umwelt,<br />
Gesundheit, Weltraum und Verkehr, Schlüsseltechnologien und Struktur der Materie.<br />
Sie ist <strong>mit</strong> 28.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 16 Forschungszentren und<br />
einem Jahresbudget von rund 2,8 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation<br />
Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers<br />
Hermann von Helmholtz (1821–1894). www.helmholtz.de<br />
<strong>UFZ</strong>-Standort Magdeburg<br />
32 <strong>UFZ</strong>-Spezial | Dezember 20<strong>09</strong><br />
in der Brückstraße 3a<br />
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – <strong>UFZ</strong>