21.10.2014 Aufrufe

Ausgezeichnete Abschlussarbeiten 2012/2013 - Johannes ...

Ausgezeichnete Abschlussarbeiten 2012/2013 - Johannes ...

Ausgezeichnete Abschlussarbeiten 2012/2013 - Johannes ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Inhalt der Dissertation<br />

In der qualitativen Unterrichtsforschung ist Schulunterricht bislang als ausdrücklich<br />

menschliches Unterfangen gefasst worden. „Der Blick galt der Interaktion und Kommunikation<br />

zwischen Lehrern und Schülern“, sagt Tobias Röhl. „Wandtafel, Anschauungsobjekte,<br />

Versuchsaufbauten und andere materielle Träger der Bildung und Erziehung<br />

fanden wenig Beachtung.“ Dem stellt Röhl in seiner Dissertation eine Sichtweise entgegen,<br />

die Schulunterricht als Zusammenspiel von Menschen und materiellen Dingen<br />

beschreibt. Aus Überlegungen aus der neueren Wissenschafts- und Technikforschung<br />

sowie der phänomenologischen Technikphilosophie entwickelt er eine begriffliche Heuristik,<br />

die der qualitativen Unterrichtsforschung die materielle Dimension der Bildung<br />

erschließt.<br />

Die Tragweite eines solchen „sozio-materiellen“ Forschungsprogramms zeigt Röhl am<br />

Beispiel einer Ethnographie des mathematisch-naturwissenschaftlichen Schulunterrichts<br />

in der gymnasialen Sekundarstufe auf. Die schulische Vermittlung von Wissen beruht<br />

auf der Übersetzung und Überführung unterschiedlicher dinglicher Modi ineinander: Die<br />

Unterrichtsteilnehmer arbeiten daran, kontingente Aufführungen präsenter Dinge wie<br />

experimenteller Arrangements in ihrer Vieldeutigkeit zu begrenzen und nach und nach<br />

in die Form verallgemeinernder und reproduzierbarer Zeichen an der Wandtafel und den<br />

Heften zu überführen. Dadurch erlangten die Schüler nicht nur ein Faktenwissen und<br />

übten fachliche Kompetenzen. „Vielmehr lernen sie eine disziplinäre Art des Wahrnehmens<br />

und Beschreibens der Welt.“<br />

Grundsätzlich offene und vieldeutige Dinge werden durch Objekte ersetzt, die den Unterrichtsteilnehmern<br />

als eindeutig und von menschlicher Praxis unabhängig gelten. Der<br />

mathematisch-naturwissenschaftliche Schulunterricht härte dadurch auch eine moderne<br />

Weltsicht, in der Dinge und Menschen als voneinander unabhängig begriffen würden.<br />

Unterricht beginnt und endet dabei für Röhl nicht mit dem Gong. „Über die schulischen<br />

Dinge ist unter anderem die Lehrmittelindustrie mit ihren Gestaltungsbemühungen im<br />

Klassenzimmer anwesend und konfiguriert den Schulunterricht mit – etwa indem sie<br />

relativ geschlossene und eindeutige Objekte zur Verfügung stellt.“<br />

15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!