Pressemitteilung - Universität Tübingen
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Hochschulkommunikation<br />
<strong>Pressemitteilung</strong><br />
Biokohle im Boden reduziert Treibhausgasemissionen<br />
Umweltmikrobiologen der <strong>Universität</strong> <strong>Tübingen</strong> untersuchen, wie<br />
mikrobielle Lebensgemeinschaften die Erzeugung klimaschädlicher<br />
Gase verringern können.<br />
Dr. Karl Guido Rijkhoek<br />
Leiter<br />
Janna Eberhardt<br />
Forschungsredakteurin<br />
Telefon +49 7071 29-76788<br />
+49 7071 29-77853<br />
Telefax +49 7071 29-5566<br />
karl.rijkhoek[at]uni-tuebingen.de<br />
janna.eberhardt[at]uni-tuebingen.de<br />
www.uni-tuebingen.de/aktuell<br />
<strong>Tübingen</strong>, den 02.10.2013<br />
Durch das Einbringen von Biokohle in landwirtschaftlich genutzte Böden<br />
lässt sich die Zusammensetzung und Aktivität der Bodenmikroorganismen<br />
so verändern, dass Emissionen des Treibhausgases Distickstoffmonoxid,<br />
auch Lachgas genannt, verringert werden. Dies haben die Wissenschaftler<br />
Johannes Harter und Hans-Martin Krause unter der Leitung der<br />
Umwelt- und Geomikrobiologen Dr. Sebastian Behrens und Professor<br />
Andreas Kappler vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Tübingen</strong> in Kooperation mit der <strong>Universität</strong> Hohenheim in<br />
einer Studie nachgewiesen. Diese Ergebnisse haben nicht nur eine große<br />
Bedeutung für den nachhaltigen, effektiveren Einsatz von Stickstoffdüngern<br />
in der Landwirtschaft, sie stellen auch eine Möglichkeit dar, weltweit<br />
die Emission von Treibhausgasen zu reduzieren.<br />
Biokohle ist ein Produkt der chemischen Zersetzung organischen Materials<br />
unter Luftabschluss bei hohen Temperaturen, dieser Prozess wird<br />
auch Pyrolyse genannt. Biokohle unterscheidet sich von Holzkohle<br />
hauptsächlich durch ihre Verwendung: Während Holzkohle in der Regel<br />
verfeuert wird, findet Biokohle ihre Anwendung als Bodenhilfsstoff in der<br />
Landwirtschaft. Lachgas wird im Stickstoffstoffwechsel von Mikroorganismen<br />
im Boden produziert, die Emissionen von Distickstoffmonoxid<br />
steigen mit dem erhöhten Einsatz von Düngemitteln. Biokohle verringert<br />
durch ihre Bindungseigenschaften die Auswaschung von Nährstoffen aus<br />
nährstoffarmen Böden. Außerdem beeinflusst sie die Zahl und Zusammensetzung<br />
der Lebewesen im Boden, die komplizierte Gemeinschaften<br />
mit Beteiligung von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen bilden, in<br />
günstiger Weise. „Durch die Erhöhung der Wasserspeicherkapazität und<br />
der Bindung der Nährstoffe wird die Fruchtbarkeit des Bodens erhöht, die<br />
Emission von Treibhausgasen reduziert und mehr Kohlenstoff im Boden<br />
gespeichert“, sagt Sebastian Behrens.<br />
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Die bodenverbessernden und pflanzenwachstumsfördernden Eigenschaften der Biokohle waren<br />
bereits frühen Indianervölkern in den tropischen Klimazonen Amazoniens und Afrikas bekannt. Die<br />
Ureinwohner dieser Regionen nutzten bereits vor mehreren tausend Jahren die Eigenschaften der<br />
„Terra preta do indio“, der „Schwarzen Erde“, wie die Biokohle dort genannt wurde. Mit ihrer aktuellen<br />
Studie unterstreichen die Wissenschaftler die Bedeutung der Biokohleforschung für die heutige<br />
Nutzung: Sie hat nicht nur das Potenzial, neue und profitable Märkte für Landwirtschaft und Industrie<br />
zu erschließen, sie liefert auch wichtige Erkenntnisse für den Boden- und Klimaschutz.<br />
Bedeutsam sind die aktuellen Forschungsergebnisse der Tübinger Wissenschaftler auch im Zusammenhang<br />
mit dem neuen Klimabericht (5th Assessment Report), der vom Weltklimarat (IPCC,<br />
Intergovernmental Panel on Climate Change) am 30. September 2013 veröffentlicht wurde. Danach<br />
sind die Konzentrationen der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid in der Atmosphäre<br />
seit 1750 durch Aktivitäten des Menschen um 40 Prozent, 150 Prozent beziehungsweise 20<br />
Prozent gestiegen. Die Hauptquelle für Distickstoffmonoxid (Lachgas, N 2 O) ist mit 84 Prozent die<br />
Landwirtschaft. Strategien zur Verringerung der landwirtschaftlichen N 2 O-Emissionen bei gleichzeitig<br />
nachhaltiger Nutzung von Stickstoffdünger ohne Ertragsverluste sind daher wirtschaftlich und<br />
ökologisch von großem Interesse.<br />
Publikation:<br />
Harter J, Krause H-M, Schuettler S, Ruser R, Fromme M, Scholten T, Kappler A, Behrens S (2013).<br />
Linking N 2 O emissions from biochar-amended soil to the structure and function of the N-cycling microbial<br />
community. ISME Journal (International Society for Microbial Ecology; Nature Publishing<br />
Group), in press. Online-Vorabveröffentlichung:<br />
www.nature.com/ismej/journal/vaop/ncurrent/abs/ismej2013160a.html<br />
Kontakt:<br />
Dr. Sebastian Behrens<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Tübingen</strong><br />
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät<br />
Zentrum für Angewandte Geowissenschaften/ Arbeitsgruppe Geomikrobiologie<br />
Sigwartstrasse 10 ∙ 72076 <strong>Tübingen</strong><br />
Tel. +49 (7071) 29-75496<br />
sebastian.behrens[at]ifg.uni-tuebingen.de<br />
www.geo.uni-tuebingen.de/studium/studentische-initiativen/biochar.html<br />
Von links nach rechts: Pflanzenkohle (Delinat Institut, Schweiz); hochauflösende elektronenmikroskopische Aufnahme von<br />
Pflanzenkohle, Maßstabsbalken 30 Mikrometer; Laborversuch zur Lachgas-Freisetzung ohne (linke Flasche), mit zwei<br />
Prozent (mittlere Flasche) und mit zehn Prozent (rechte Flasche) Pflanzenkohle. Fotos: Johannes Harter und Nikolas<br />
Hagemann.<br />
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