Nr. 10 – 2009 11 Bild: m. jorquera <strong>Roger</strong> <strong>Schawinski</strong>s grosse Leidenschaft heisst Radio: «Solange ich nicht stammle am Mikrofon und all die Knöpfe drücken kann, mache ich weiter Sendungen.»
12 WIRTSCHAFT leicht nicht wirklich sinnvoll. Darum haben wir eine Hörerbefragung gemacht. Die meisten von uns ausgewählten Songs kommen gut an, aber wenn ein Lied, das mir gefällt, nur bei 20 Prozent der Hörer auf Zustimmung stösst, macht es keinen Sinn, es weiter zu spielen. Sie müssen nun also über Ihren Schatten springen, wenn die Musikredaktion Songs auswählt, die Ihnen nicht gefallen? Es gibt Titel, die ich nicht so optimal finde, natürlich. Ich glaube aber, das ist auch richtig so. Marktforschung spielt heute eine sehr grosse Rolle bei allen Medien. Beim Fernsehen steht Marktforschung noch weit mehr im Vordergrund. Hätte ich bei Sat1 nur Sendungen gespielt, die ich schauen will, wäre dies kaum erfolgreich gewesen. Weil es beim Fernsehen immer um die Quote geht, die über Erfolg und Misserfolg bei den Werbekunden entscheidet. Das gilt für alle Medien. Wenn der Zeitungsartikel nicht interessant ist, wird er nicht gelesen. Entscheidend ist es, ein Konzept zu haben, hinter dem ich stehen kann. Das ist bei Radio1 der Fall. Sat1 hingegen ist ein Sender für die ganz breite Masse, da gab es auch Sendungen, die ich mir nie so richtig angeschaut habe, die aber beim Publikum sehr gut ankamen. Mit Radio1 mache ich ein Produkt, das ich selber hören möchte. Was macht Radio1 besser als Radio DRS? Ich würde nicht behaupten es besser zu machen. DRS ist seit Jahren etabliert und hat viel mehr Mittel und Möglichkeiten. Sie haben eine 180-köpfige Nachrichtenredaktion, da können wir nicht voll dagegen halten. Ich glaube aber, wir sind viel schneller und direkter. Ich habe Radio1 als Live-Medium neu konzipiert, das nicht alles ab Konserve sendet, das Breaking News liefert und persönlich ist. Brauchen wir öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen? Ich möchte öffentlich-rechtliche Sender nicht grundsätzlich in Frage stellen, denke aber, die Möglichkeiten der SRG sind so gross, dass dort Ineffizienzen einfach toleriert werden, weil sie finanzierbar sind. An der Spitze der SRG stehen Leute, die gar keine Ahnung vom Medium haben. Weil sie aus politischem Kalkül bestimmt werden? Ja klar. Armin Walpen ist Jurist. Ich habe Sendungen konzipiert, entwickelt und moderiert. Ich habe ganze Sender aufgebaut und geleitet und verfüge über einen journalistischen Background. So kann man völlig anders <strong>mit</strong> dem Medium umgehen, als dies die heutige Führung der SRG kann. «Radio ist dermassen schnell, das entspricht meinem Temperament.» Sie sind ein Verfechter privater Medien. Was ist schlecht an einer starken SRG, die sich gegen die weit potenteren, ausländischen Medienkonzerne behaupten muss. Braucht es nicht einen starken Schweizer Sender? Erstens: Mit dieser These können Sie sich sofort als Pressesprecher bei der SRG bewerben. Zweitens: Ich habe mich nicht gegen eine starke SRG gestellt, wir brauchen aber auch beim Fernsehen Konkurrenz. Mittlerweile ist die Schweiz das einzige Land weltweit, das nur ein einziges landesweites Fernsehen <strong>mit</strong> nationalen Informationen hat. Ausgerechnet beim Leitmedium Fernsehen haben wir ein Informationsmonopol, was absolut undemokratisch ist. Hätten wir nur noch eine Zeitung, gäbe es einen Aufschrei der Empörung. Dass ein Sender <strong>mit</strong> politischen Sendungen ein Monopol hat, ist für mich ein Skandal. Es wäre auf gesetzlicher Basis möglich gewesen, nebst der SRG eine qualitativ hochstehende, private Fernsehlandschaft zu ermöglichen. Das gleiche gilt im Übrigen auch für das Radio, wo DRS auf sprachnationaler Ebene ebenfalls konkurrenzlos ist. Was braucht es, da<strong>mit</strong> private Sender landesweit erfolgreich operieren können? Ein neues Gesetz. Heute hat die SRG ein Gebührenmonopol und kann gleichzeitig Werbung schalten wie die Privaten. In Deutschland dürfen die Öffentlich-Rechtlichen nach 20 Uhr keine Werbung mehr machen. Da dort die Öffentlich-Rechtlichen Gebührengelder erhalten, werden die Privaten bei der Werbung bevorzugt. Bei uns wollte man diese Konkurrenz bewusst verhindern. Die Möglichkeiten lauten folglich: weniger Werbung bei der SRG oder mehr Gebührengelder für die Privaten. Da wir ausländische Werbefenster haben, geht es nicht, der SRG ein Werbeverbot nach 20 Uhr auferlegen zu wollen – davon würden nur die ausländischen Sender profitieren. Mein Vor- Bilder: m. jorquera