Zur Frau werden - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...
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E xpertin<br />
Iris Bleyer-Rex, Sozialwissenschaftlerin und Seminarleiterin:<br />
»Wichtig ist, dass sich die Teilnehmerinnen untereinander akzeptieren,<br />
so wie sie sind. Egal, ob sie Hormone nehmen oder keine und welche<br />
Befürchtungen sie umtreiben. Es sollte auch nicht psychologisiert<br />
<strong>werden</strong> nach dem Motto: Eine <strong>Frau</strong> mit der ‚richtigen’ Einstellung zu<br />
ihrer Weiblichkeit bekommt keine Besch<strong>werden</strong>.«<br />
»Sind das schon die Wechseljahre?«<br />
Mit angeleiteten Gruppengesprächen<br />
zur Selbsthilfe<br />
24<br />
Hausmittel und Worte<br />
können helfen<br />
<strong>Frau</strong>engesundheitszentren, Beratungsstellen oder<br />
Heilpraktiker-Praxen bieten häufig Wechseljahrsgruppen<br />
an. Mit Gesprächen über die eigene Verunsicherung,<br />
Yoga und anderen sinnvollen Bewegungsarten,<br />
Ernährungsberatung und Beckenboden-Training<br />
stärken <strong>Frau</strong>en dort Seele und Körper<br />
und lernen, mit einfachen Hausmitteln und Übungen<br />
diese manchmal anstrengende Zeit besser zu<br />
bewältigen. Immerhin können sie auf jahrhundertealte<br />
Erfahrungen zurück greifen.<br />
In den Gesprächen kommen auch solche Themen<br />
zur Sprache, die bei der Darstellung der Wechseljahre<br />
in Zeitschriften und Fernsehsendungen tabuisiert<br />
<strong>werden</strong>: Probleme, den Harn beim Lachen,<br />
Laufen oder Niesen nicht immer halten zu können<br />
(Inkontinenz), weil die Gebärmutter abgesenkt ist<br />
und auf die Blase drückt, oder eine Austrocknung<br />
der Schleimhäute, insbesondere der Vaginalschleimhaut.<br />
Hier lindern in der Regel Öle und Cremes ohne<br />
belastende Nebenwirkungen die Besch<strong>werden</strong>.<br />
Außerdem hilft der Körper sich nach der Umstellungsphase<br />
selbst: nach den Wechseljahren produziert<br />
er weiterhin weibliche Hormone. In den neuen,<br />
meist ungeliebten Fettpölsterchen wird das männliche<br />
Hormon Testosteron in Östrogen umgewandelt.<br />
Aus einer Vielfalt von Möglichkeiten, die teilweise<br />
auch in Ratgeber-Büchern zu finden sind, kann jede<br />
<strong>Frau</strong> selbst auswählen, was ihr gut tut.<br />
Weniger die körperlichen Symptome als vielmehr<br />
tiefer liegende Ängste vor dem Älter<strong>werden</strong> sind<br />
wichtige Themen der Gesprächsrunden: die als Kind<br />
erlebte Beziehung zur eigenen Mutter, Sexualität,<br />
Beziehungen zu Männern, Älter<strong>werden</strong> in einer<br />
Gesellschaft, die vom Jugendkult geprägt ist, Zukunftsvisionen,<br />
Vorstellungen für den kommenden<br />
Lebensabschnitt.<br />
<strong>Frau</strong>en <strong>werden</strong> dazu ermutigt, sich allen Fragen<br />
neugierig zu öffnen und die inneren und äußeren<br />
Veränderungen liebevoll anzunehmen.<br />
»Mein Arzt hat mir gesagt, ich soll Hormone<br />
nehmen, mit 45 Jahren wäre das angezeigt, sonst<br />
würde ich im Alter Osteoporose und Kreislaufbesch<strong>werden</strong><br />
kriegen. Stimmt das überhaupt?« fragt<br />
eine dunkelgelockte <strong>Frau</strong> in die Runde. »Meiner hat<br />
das auch gesagt, und meine Haut würde straffer,<br />
und Sexualität wäre wieder so wie mit 20, aber das<br />
kann ich mir nicht vorstellen«, ruft eine andere,<br />
gefolgt von dem trockenen Kommentar einer<br />
grauhaarigen Teilnehmerin: »Und wenn du die Hormone<br />
dann nimmst, wie kommst du davon wieder<br />
los?«<br />
»Eine bedeutende Ressource für die Gesundheit<br />
ist die Aufmerksamkeit, die eine <strong>Frau</strong> ihrer eigenen<br />
Gesundheit, ihrem körperlichen und geistigen<br />
Befinden entgegenbringt.«<br />
<strong>Frau</strong>engesundheitsbericht 2001, Seite 489<br />
Knapp 20 <strong>Frau</strong>en sitzen im Seminarraum im Kreis. In<br />
der Mitte liegen Steine, daneben steht eine Bodenvase<br />
mit üppigem Grün. Es ist Frühling. Der Strauß,<br />
passend zur Jahreszeit, symbolisiert den Rhythmus<br />
der Natur. »Als <strong>Frau</strong>en sind wir im Hochsommer<br />
angekommen, den Frühling und den Frühsommer<br />
haben wir hinter uns gelassen«, sagt die Kursleiterin.<br />
Maren, die Jüngste, spürt mit ihren 45 Jahren noch<br />
wenig körperliche Veränderungen, sie kommt nur,<br />
um zu erfahren, was sie eigentlich zu erwarten hat<br />
und wie sie auf den Hormon-Tipp ihres Arztes<br />
reagieren soll. Anne (50) kämpft nicht nur mit ihren<br />
Hitzewallungen, sondern auch mit ihrer pubertierenden<br />
Tochter. Sabine hat Angst, mit 51 nicht mehr<br />
attraktiv genug zu sein und ihren Mann an eine<br />
Jüngere zu verlieren. Elke, die 54-jährige Bankangestellte,<br />
hält den Arbeitsdruck immer schlechter<br />
aus und ist oft erschöpft. Karin, mit 60 die Älteste,<br />
will nach zwölf Jahren endlich von den Hormonen<br />
loskommen. Sie hat bereits mehrere Versuche unternommen<br />
– erfolglos. Jedes Mal flammten die Wechseljahrsbesch<strong>werden</strong><br />
wieder auf und sie griff erneut<br />
zur Kapsel. Andere <strong>Frau</strong>en haben Schlafstörungen,<br />
Herzrasen oder Kopfschmerzen und fragen sich:<br />
»Sind das Wechseljahre?«