Kartellrecht und Internetvertrieb - bühlmann rechtsanwälte, zürich
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Lukas Bühlmann / Martin Schirmbacher, <strong>Kartellrecht</strong> <strong>und</strong> <strong>Internetvertrieb</strong>, in: Jusletter 30. Mai 2011<br />
jeweiligen Schlüsselwörtern kann der Werbetreibende zunächst<br />
bestimmen, ob er die AdWords bei google.ch oder<br />
google.de oder bei allen Google Top-Level-Domains buchen<br />
will. Darüber hinaus hat er die Möglichkeit, ohne grossen Aufwand<br />
festzulegen, bei welchen Usern aus welchen Gebieten<br />
(bis hin zu B<strong>und</strong>esländern oder Kantonen) er die Anzeigen<br />
erscheinen lassen bzw. nicht erscheinen lassen will.<br />
[Rz 153] Ein Händler kann somit Keywords wie den Markennamen,<br />
die Bezeichnung oder die Gattung der Vertragsprodukte<br />
buchen, so dass Anzeigen für seine Offline- oder<br />
Online-Shops bei entsprechenden Suchanfragen erscheinen<br />
<strong>und</strong> festlegen, dass diese Anzeigen entweder bei Usern aus<br />
der ganzen Welt oder aus bestimmten, oder ihm nicht zugewiesenen<br />
Vertragsgebieten erscheinen. Dadurch richtet<br />
er sich gezielt an K<strong>und</strong>en, ausserhalb seines Vertragsgebiets<br />
<strong>und</strong> bemüht sich aktiv um Verkäufe mit diesen K<strong>und</strong>en.<br />
Folglich muss es einem Lieferanten auch hier gestattet<br />
sein, seinen Alleinvertriebshändlern derartige Aktivitäten zu<br />
verbieten.<br />
[Rz 154] Soweit der Händler von der Möglichkeit der Auslieferung<br />
von Werbung ausschliesslich in seinem Vertriebsgebiet<br />
Gebrauch macht, lässt sich die Auswahl der Keywords<br />
im Lichte des Gebietsschutzes kartellrechtlich nicht<br />
beschränken.<br />
[Rz 155] Verhindert der Händler aber eine Auslieferung der<br />
Werbung ausserhalb des ihm zugewiesenen Gebietes nicht,<br />
muss er sich einer erkennbar auf andere Gebiete ausgerichteten<br />
Werbung durch Auswahl entsprechender Keywords<br />
enthalten. Entsprechendes gilt bei der Verwendung k<strong>und</strong>engruppenspezifischer<br />
Keywords.<br />
[Rz 156] In selektiven Vertriebssystemen kann eine Beschränkung<br />
wiederum nur mit der Sicherstellung qualitativer<br />
Vorgaben begründet werden. Dies kann insbesondere<br />
bedeuten, dass die Einblendung von Werbung bei der Eingabe<br />
bestimmter Suchbegriffe beschränkt werden darf. So<br />
ist denkbar, dass ein Lieferant die Werbung mit Keywords,<br />
die aus der Marke <strong>und</strong> Begriffen zusammengesetzt sind, die<br />
mit dem gewünschten Markenimage unvereinbar sind, ausschliessen<br />
möchte (z.B. «billig», «Discount»). Dagegen lässt<br />
sich ein vollständiger Ausschluss der AdWords-Nutzung mit<br />
Qualitätsargumenten nach hier vertretener Auffassung nicht<br />
rechtfertigen.<br />
2.3 Preissuchmaschinen<br />
[Rz 157] Bei Preissuchmaschinen im Internet hat der Händler<br />
die Möglichkeit, die in seinem Online-Shop aufgerufenen<br />
Preise für bestimmte Produkte mit denen anderer Shops vergleichen<br />
zu lassen. Die Teilnahme an einem solchen Preisvergleich<br />
setzt dabei einen vom Händler initiierten Abgleich,<br />
d.h. seine Mitwirkung, voraus.<br />
[Rz 158] Wenn der Händler gezielt an einer Preisvergleichsplattform<br />
mit einer gebietsfremden Top-Level-Domain oder<br />
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einer Ausrichtung auf ein fremdes Gebiet oder eine fremde<br />
K<strong>und</strong>engruppe teilnimmt, gilt dies in gleicher Weise wie bei<br />
Bannern <strong>und</strong> Links, etc. als aktive Werbemassnahme, die<br />
durch den Lieferanten im Alleinvertrieb verboten werden<br />
darf. Gleiches gilt, falls die Suchmaschine eine auf bestimmte<br />
Orte beschränkte Suche zulässt.<br />
3. Social Media Advertising<br />
[Rz 159] Wer Werbung im Internet betreiben will, kommt an<br />
Social Media zwischenzeitlich kaum mehr vorbei. Netzwerke<br />
wie beispielsweise Facebook, StudiVZ oder Twitter bieten<br />
sowohl für den kleinen eBay-Shop-Betreiber als auch für den<br />
grossen Online-Händler eine kostengünstige Möglichkeit,<br />
ihre Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen anzupreisen.<br />
3.1 Twitter<br />
[Rz 160] Twitter ist ein Dienst für den unmittelbaren Austausch<br />
von Kurznachrichten. Während gr<strong>und</strong>sätzlich jeder<br />
Nutzer weltweit Zugang zu den im Rahmen eines eigenen<br />
Unternehmensprofils abgesetzten Mitteilungen hat, kann<br />
Nachrichten bestimmter Twitter-Mitglieder gezielt «gefolgt»<br />
werden. Der Entscheid, einem Twitter-Mitglied, etwa einem<br />
Unternehmens-Profil, zu folgen, kommt immer von dem Nutzer<br />
aus, der folgen will. Der «Gefolgte» hat es dann in der<br />
Hand, einen anderen Twitterer, der ihm folgen will, zu blocken.<br />
Dies führt dazu, dass dieser seine Mitteilungen nicht<br />
mehr sehen kann. Der Dienst sieht keine Möglichkeit vor,<br />
proaktiv dafür zu sorgen, dass bestimmte andere Nutzer von<br />
Twitter den eigenen Nachrichten folgen. Twitter ermöglicht<br />
zwar das Versenden von Direktnachrichten, jedoch nur unter<br />
Followern.<br />
[Rz 161] Die Funktionsweise von Twitter führt dazu, dass<br />
einem Händler kartellrechtlich weder verboten werden darf,<br />
Werbung für den von ihm betriebenen Online-Shop über<br />
Twitter zu betreiben, noch dieser angehalten werden kann,<br />
bestimmte, gebietsfremde Twitter-Nutzer am Folgen zu hindern.<br />
Der Einsatz von Twitter stellt eine rein passive Form<br />
der K<strong>und</strong>enansprache dar <strong>und</strong> aus entsprechender Werbung<br />
resultierende Kaufabschlüsse (etwa über einen getwitterten<br />
Link zu einem Sonderangebot im eigenen Shop) sind kartellrechtlich<br />
als Passivverkäufe zu behandeln. Für den Händler<br />
würde die Nutzung von Twitter auch dann Sinn ergeben,<br />
wenn ihm nur Nutzer aus seinem Vertriebsgebiet folgen<br />
könnten.<br />
[Rz 162] Das gezielte Verwenden von Direktnachrichten für<br />
den Versand von Werbebotschaften an die eigenen Follower<br />
kann untersagt werden, stellt es doch im Unterschied zum<br />
Absetzen von Twitter-Nachrichten eine aktive <strong>und</strong> gezielte<br />
Ansprache von Nutzern dar. Dies gilt jedoch nur, soweit die<br />
Nachrichten an gebiets- oder k<strong>und</strong>engruppenfremde Nutzer<br />
verschickt werden sollen.