Ludwig Ganghofer Bergheimat - DokumentenDownload
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Vroni runzelte die Stirn. "Zenz! Da brauch ich kei Aufklärung net. Aber was ich weiß, dös is s grade Gegenteil<br />
von dem, was du da sagst."<br />
"Geh? So gnau hast dich umtan?" Die Alte kicherte, daß man einen Geißbock zu hören glaubte. "Da muß<br />
dich der Jörg arg verinteressiert haben."<br />
Vroni schwieg.<br />
"No, der Jörg hats auch verdient um dich!" säuselte die Alte weiter. "Ganz schauderhaft is er bsorgt um dein<br />
guten Ruf - hat er gsagt."<br />
Das Mädel bekam zornfunkelnde Augen. "Erstens glaub ich gar net, daß der Wanger von so ebbes gredt hat.<br />
Und zweitens braucht sich dadrum kein Mensch net sorgen. Mei eigene Sorg reicht aus."<br />
"Ui Jöises, Madl, d Leut sind schlecht und reden, ob der Tag kurz oder lang is. Zwei junge wie der Jörg und<br />
du, beieinander unterm gleichen Dach, wo s nix ausanand halt als d Luft? Madl, dös is Wasser auf die Leut<br />
ihr Mühl. Der Vetter is a gscheider Mensch, der Vetter siehts ein. Erst gestern hat er gsagt: wanns mitm Gred<br />
net bald an End nimmt, kunnt er dich ja heireten. Ob er a Hauserin zahlt oder für a Weib aufkommt, dös is<br />
ghupft wie gsprungen. Net? Du kannst dirs ja gfallen lassen. So eim Anwesen zlieb, da schluckt man viel."<br />
Vroni saß mit blassem Gesicht an die Wand gelehnt und starrte ins Leere, die Augen weit geöffnet.<br />
"Madl, was hast denn?" fragte die Alte freundlich.<br />
"Nix!" Vroni sprang auf. "Jetzt muß ich s Bier für die Gsellen holen."<br />
"So, so, s Bier mußt holen? Ja, geh nur!" sagte die Alte, ohne sich zu rühren. "Ich tu dir den Gfallen und bleib<br />
derweil beim Kind. Mitnehmen kannst es net bei so eim Gstöber."<br />
Einen Augenblick stand Vroni unschlüssig. Dann strich sie mit der Hand über die Stirn, beugte sich zur Wiege<br />
und drückte einen Kuß auf die Wange des Kindes.<br />
"Na! Wie du an dem Kind hängst!" lachte Zenz. "Dös kriegt a gute Stiefmutter an dir."<br />
Vroni, ohne einen Blick auf die Alte zu werfen, ging zum Geschirrschrank, nahm einen Steinkrug und verließ<br />
die Stube.<br />
Zenz lauschte mit funkelnden Augen. Als sie die Haustür gehen hörte, zog sie einen Schlüsselbund aus der<br />
Tasche und huschte auf den kleinen Wandschrank zu. Der Schlüssel, den sie aussuchte, paßte ins Schloß,<br />
das Türchen öffnete sich. Mit beiden Händen in die Höhlung greifend, packte die Alte den Lederbeutel und<br />
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