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Die Rolle des Meisters bei der Umsetzung eines ganzheitlichen ...

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INSTITUT FÜR ARBEITSWISSENSCHAFT<br />

ZENTRALE WISSENSCHAFTLICHE EINRICHTUNG<br />

RUHR-UNIVERSITÄT UNIVERSITÄT BOCHUM<br />

BOCHUMER BEITRÄGE ZUR ARBEITSWISSENSCHAFT<br />

Nr. 22<br />

Kathrin Pult<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong><br />

<strong>ganzheitlichen</strong> Produktionssystems – am Beispiel <strong>eines</strong><br />

Unternehmens <strong>der</strong> Automobilindustrie<br />

2008


Herausgeber:<br />

Institut für Ar<strong>bei</strong>tswissenschaften<br />

<strong>der</strong> Ruhr-Universität Bochum<br />

Prof. Dr. Minssen/ Dr. Kröll<br />

Universitätsstraße 150, 44801 Bochum, Tel.: 0234/ 32-27730<br />

Fax: 0234/ 32-14118<br />

Kathrin Pult<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> <strong>ganzheitlichen</strong> Produktionssystems – am<br />

Beispiel <strong>eines</strong> Unternehmens <strong>der</strong> Automobilindustrie<br />

In: Institut für Ar<strong>bei</strong>tswissenschaften (Hrsg.): Bochumer Beiträge zur Ar<strong>bei</strong>tswissenschaft<br />

Nr.22, Bochum 2008<br />

ISSN-Nummer 1430 – 7685<br />

* Kathrin Pult: Selbstständige Trainerin in <strong>der</strong> Personal- und Organisationsentwicklung<br />

<strong>der</strong> Volkswagen Coaching GmbH<br />

<strong>Die</strong> Autoren sind für ihre Beiträge selbst verantwortlich.<br />

Das Institut für Ar<strong>bei</strong>tswissenschaft ist eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung <strong>der</strong> Ruhr-<br />

Universität Bochum.<br />

© Ohne ausdrückliche Genehmigung <strong>des</strong> Herausgebers ist es nicht gestattet, Bände <strong>der</strong><br />

Berichtsreihe o<strong>der</strong> Teile daraus auf foto- o<strong>der</strong> akustomechanischem Weg zu<br />

vervielfältigen.


Vorwort<br />

Das Thema dieser Masterar<strong>bei</strong>t ist die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> Ganzheitlichen<br />

Produktionssystems am Beispiel <strong>eines</strong> Unternehmens <strong>der</strong> Automobilindustrie. Ich möchte das Vorwort<br />

nutzten, um den Leser 1 über meinen persönlichen Bezug zum Thema zu informieren.<br />

Im Zusammenhang meiner freiberuflichen Tätigkeit in <strong>der</strong> Personal- und Organisationsentwicklung,<br />

führe ich im ausgewählten Unternehmen <strong>der</strong> Automobilindustrie seit einem Jahr Auftaktveranstaltungen<br />

zur Neuorientierung für Gruppensprecher und Meister durch. <strong>Die</strong> Teilnehmer sollen sich im<br />

Rahmen dieser Veranstaltungen mit dem Ziel und den Inhalten <strong>des</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems<br />

(GPS) auseinan<strong>der</strong>setzten. <strong>Die</strong> Auftaktveranstaltung ist <strong>der</strong> erste Baustein verschiedener aufeinan<strong>der</strong><br />

folgen<strong>der</strong> Qualifizierungsmodule.<br />

<strong>Die</strong> Perspektive <strong>des</strong> unteren Managements in den Mittelpunkt dieser Ar<strong>bei</strong>t zu stellen, erfolgte aufgrund<br />

persönlicher Erfahrungen im Rahmen <strong>der</strong> von mir mo<strong>der</strong>ierten Workshops. <strong>Die</strong> Atmosphäre,<br />

die ich zumeist zu Beginn <strong>der</strong> Veranstaltung in <strong>der</strong> Gruppe wahrnehme, ist angespannt, kritisch,<br />

skeptisch bis hin zu einer ablehnenden Haltung. <strong>Die</strong>se Einschätzung führte zum Austausch mit Kollegen.<br />

Ein Aspekt, den wir da<strong>bei</strong> diskutieren, sind die Probleme <strong>des</strong> unteren Managements infolge<br />

<strong>der</strong> Implementierung <strong>des</strong> GPS. Was bedeutet die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS für die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> vor<br />

Ort? Wie stehen die Meister dem aktuellen Vorhaben gegenüber? Was macht die Skepsis aus? Was<br />

trägt dazu <strong>bei</strong>, den Verän<strong>der</strong>ungsprozess in Frage zu stellen? Und ist es notwendig und möglich, das<br />

<strong>der</strong>zeitige Vorgehen <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS zu verän<strong>der</strong>n?<br />

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, war ich darauf angewiesen, Informationen zu erhalten,<br />

die mir den Blick ‚hinter die Kulissen’ erlaubten. Im Rahmen <strong>der</strong> Untersuchung im Unternehmen<br />

habe ich viele interessante, freundliche und offene Menschen kennen gelernt, die sich Zeit genommen<br />

haben mich in meinem Vorhaben zu unterstützen, mir Materialien zur Verfügung stellten und<br />

je<strong>der</strong>zeit bereit waren meine Fragen zu beantworten. Dafür an dieser Stelle - vielen Dank!<br />

1<br />

Zur Vereinfachung <strong>des</strong> Leseflusses wird in <strong>der</strong> gesamten Ar<strong>bei</strong>t ausschließlich die männliche Schreibweise verwendet.<br />

1


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort......................................................................................................................................1<br />

Inhaltsverzeichnis .....................................................................................................................2<br />

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis.....................................................................................4<br />

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................4<br />

1. Einleitung ..........................................................................................................................5<br />

2. Grundlagen Ganzheitlicher Produktionssysteme .......................................................10<br />

2.1. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation in <strong>der</strong> Automobilindustrie ............................. 10<br />

2.2. Definition <strong>eines</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems......................................................... 13<br />

2.3. Zielsetzung Ganzheitlicher Produktionssysteme ................................................................ 15<br />

2.4. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> Ganzheitlicher Produktionssysteme.......................................................... 16<br />

2.4.1. Das Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong>................................................................................... 16<br />

2.4.2. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> beeinflussende Faktoren........................................................................ 19<br />

2.4.2.1. Bedingungen für eine kontinuierliche Verbesserung.................................................. 19<br />

2.4.2.2. Folgen verän<strong>der</strong>ter Fertigungsabläufe......................................................................... 19<br />

2.4.2.3. <strong>Die</strong> Beteiligung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter .................................................................................. 20<br />

2.5. Darstellung wesentlicher Aspekte ........................................................................................ 22<br />

3. <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems<br />

24<br />

3.1. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> industriellen Meisterrolle.................................................................. 24<br />

3.2. <strong>Die</strong> Vielfalt <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong>nanfor<strong>der</strong>ung ..................................................................................... 27<br />

3.2.1. Der Meister als Coach..................................................................................................... 28<br />

3.2.2. Der Meister als Verän<strong>der</strong>ungsmanager ........................................................................... 30<br />

3.2.3. Der Meister als Effektivitätsmanager.............................................................................. 32<br />

3.2.4. Der Meister als Koordinator von Gruppen...................................................................... 33<br />

3.3. Darstellung wesentlicher Aspekte ........................................................................................ 34<br />

4. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems am Beispiel <strong>eines</strong><br />

Unternehmens <strong>der</strong> Automobilindustrie................................................................................36<br />

4.1. Das Unternehmen .................................................................................................................. 36<br />

4.2. Der Meister im Unternehmen............................................................................................... 37<br />

4.2.1. Das Meisterbild im Unternehmen ................................................................................... 37<br />

4.2.2. <strong>Die</strong> Qualifikation <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>........................................................................................ 38<br />

4.3. Das Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems................... 39<br />

4.3.1. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation im Unternehmen ........................................... 39<br />

4.3.2. Das Ziel <strong>des</strong> GPS............................................................................................................. 41<br />

4.3.3. Der Weg zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS .................................................................................. 42<br />

4.3.4. Das neue Gruppenar<strong>bei</strong>tskonzept und die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> ........................................ 44<br />

4.3.5. <strong>Die</strong> Einbindung und Qualifizierung <strong>der</strong> Meister............................................................. 45<br />

4.4. Darstellung wesentlicher Aspekte ........................................................................................ 46<br />

5. <strong>Die</strong> Erhebung vorhandener Probleme <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> ........................................48<br />

2


5.1. <strong>Die</strong> Erhebung relevanter Daten............................................................................................ 48<br />

5.2. <strong>Die</strong> Auswertung <strong>der</strong> Untersuchung...................................................................................... 49<br />

5.3. Darstellung <strong>der</strong> Ergebnisse................................................................................................... 50<br />

5.3.1. Analyse <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>svorhabens allgemein................................................................ 50<br />

5.3.1.1. Allgemeine Einschätzung <strong>des</strong> Vorgehens................................................................... 50<br />

5.3.1.2. Information und Wissensstand zum Ganzheitlichen Produktionssystem ................... 52<br />

5.3.1.3. Beteiligung an <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> .................................................................................... 53<br />

5.3.1.4. Aspekte <strong>des</strong> Miteinan<strong>der</strong>s ........................................................................................... 55<br />

5.3.2. Analyse <strong>der</strong> Meisterrolle im Speziellen .......................................................................... 57<br />

5.3.2.1. Der Meister als Coach................................................................................................. 57<br />

5.3.2.2. Der Verän<strong>der</strong>ungsmanager.......................................................................................... 59<br />

5.3.2.3. Der Effektivitätsmanager ............................................................................................ 61<br />

5.3.2.4. Der Koordinator von Gruppen .................................................................................... 62<br />

5.4. Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse ....................................................................... 64<br />

6. Gestaltungsempfehlungen .............................................................................................66<br />

6.1. Empfehlungen an das Unternehmen im Allgemeinen........................................................ 67<br />

6.1.1. Analyse <strong>der</strong> Unternehmenskultur.................................................................................... 67<br />

6.1.2. Positionierung <strong>des</strong> Managements.................................................................................... 71<br />

6.1.2.1. Beschreiben einer positiven Vision............................................................................. 71<br />

6.1.2.2. Positive <strong>Rolle</strong>nmodelle ............................................................................................... 71<br />

6.1.2.3. ‚Offene Sprechstunde’ ................................................................................................ 72<br />

6.1.3. Kommunikation – vertikal und horizontal ...................................................................... 72<br />

6.1.4. Klärungshilfe nach Bedarf .............................................................................................. 73<br />

6.2. Empfehlungen für die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> im Speziellen .................................................... 74<br />

6.2.1. Klarheit und Transparenz................................................................................................ 74<br />

6.2.1.1. Positionierung zur <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>......................................................................... 74<br />

6.2.1.2. <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong> als Führungsinstrument .......................................................................... 75<br />

6.2.1.3. Regelmäßige Besprechungen ...................................................................................... 76<br />

6.2.2. Beteiligung <strong>der</strong> Meister................................................................................................... 76<br />

6.2.3. Qualifizierung und Coaching für Meister ....................................................................... 77<br />

7. Schlussbetrachtung ........................................................................................................80<br />

Abstract....................................................................................................................................86<br />

Literaturverzeichnis ...............................................................................................................88<br />

Glossar .....................................................................................................................................95<br />

3


Abbildungs- und Tabellenverzeichnis<br />

Abbildung. 1: Übersicht: Ganzheitliches Produktionssystem ..............................................14<br />

Abbildung. 2: Verän<strong>der</strong>ter Führungsstil...............................................................................26<br />

Abbildung. 3: Wertequadrat.................................................................................................28<br />

Abbildung. 4: Das Produktionssystem im Unternehmen .....................................................40<br />

Abbildung. 5: <strong>Die</strong> Unternehmensvision ...............................................................................41<br />

Abbildung. 6: <strong>Die</strong> neue Struktur im Unternehmen...............................................................41<br />

Abbildung. 7: Das Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems.42<br />

Abbildung. 8: Übersicht aller Gestaltungsempfehlungen.....................................................66<br />

Tabelle. 1: Verän<strong>der</strong>te Meisteraufgaben mit <strong>der</strong> Einführung von Gruppenar<strong>bei</strong>t ................26<br />

Tabelle. 2: Anfor<strong>der</strong>ungen an den Meister...........................................................................35<br />

Tabelle. 3: Kategorien <strong>des</strong> Suchrasters – Interviewauswertung ...........................................50<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

bzw.<br />

beziehungsweise<br />

GM<br />

General Motors<br />

GPS<br />

Ganzheitliches Produktionssystem<br />

I.04.GS<br />

Interview – laufende Nummer – Gruppensprecher<br />

I.06.M<br />

Interview – laufende Nummer – Meister<br />

I.15.UA<br />

Interview – laufende Nummer – Unterabteilungsleiter<br />

I.12.BR<br />

Interview – laufende Nummer – Betriebsratsmitglied<br />

I.18.E<br />

Interview – laufende Nummer – Expertenteammitglied<br />

I.19.PA<br />

Interview – laufende Nummer – Personalabteilung<br />

i. d. R. in <strong>der</strong> Regel<br />

i. O. in Ordnung<br />

KVP<br />

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess<br />

MTM<br />

Methods – Time – Management<br />

o. A. ohne Angabe<br />

s. siehe<br />

TPM<br />

Total Productive Maintenance<br />

TPS<br />

Toyota-Produktionssystem<br />

u. a. unter an<strong>der</strong>em<br />

v. a. vor allem<br />

z. B. zum Beispiel<br />

4


1. Einleitung<br />

„Wer wirklich beginnen will, eine schlanke, intelligente<br />

und flexible Organisationsstruktur<br />

einzuführen, sollte sich darauf einstellen,<br />

auf einer ewigen Baustelle zu ar<strong>bei</strong>ten.“<br />

(Doppler u. a.2002, S.26f)<br />

Der Anfang ist gemacht. Auf zahlreichen Baustellen innerhalb westlicher Automobilunternehmen<br />

wird seit vielen Jahren daran gear<strong>bei</strong>tet, schlanke, intelligente und flexible Organisationen zu schaffen.<br />

Als Auslöser etlicher ‚Umbauaktivitäten’ gilt die im Jahr 1990 veröffentlichte Studie <strong>des</strong> Massachusetts<br />

Institute of Technology (vgl. Womack u. a.1992). <strong>Die</strong> Studie vergleicht tayloristisch-fordistisch<br />

aufgebaute westliche Automobilunternehmen mit dem von Toyota entwickelten Produktionssystem.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse zeigten, dass Toyota zur Herstellung <strong>eines</strong> PKW vergleichsweise weniger Ressourcen,<br />

weniger Personal, weniger Zeit, weniger Material und weniger Fläche benötigt. In <strong>der</strong> Folge<br />

prägte einer <strong>der</strong> Forscher, John Krafnic, den Begriff <strong>der</strong> ‚Lean Production’ (vgl. ebd., S. 19). Seither<br />

wurden nach den ‚Bauplänen’ <strong>des</strong> Vorbil<strong>des</strong> Toyota zahlreiche Reorganisationsprojekte umgesetzt,<br />

die mit einer Dezentralisierung <strong>der</strong> Unternehmensstrukturen einhergehen. Zu nennen sind hier <strong>bei</strong>spielsweise<br />

die Gruppenar<strong>bei</strong>t, Kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP), das Visuelle Management<br />

o<strong>der</strong> die Umstellung zu einer Just-in-Time-Produktion.<br />

Im Vergleich <strong>der</strong> Massenhersteller gilt Toyota mit <strong>der</strong> höchsten Produktivität, <strong>der</strong> durchschnittlich<br />

höchsten Qualität und dem höchsten Gewinn noch heute als ‚Branchenprimus’ <strong>der</strong> Automobilindustrie<br />

(vgl. Becker 2006, S. VII). Keiner verdiene so viel an seinen Autos wie Toyota, berichtet die FAZ<br />

in einem Artikel aus dem Jahr 2004 (vgl. Wildemann 2004, S. 18). Und dies <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

nicht genug. Aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Unternehmen lässt sich die <strong>der</strong>zeitige Situation stichwortartig<br />

wie folgt beschreiben: <strong>Die</strong> wichtigsten traditionellen Volumenmärkte wie die USA o<strong>der</strong> die EU gelten<br />

als nahezu gesättigt. Es resultiert ein verschärfter Verdrängungswettbewerb, die Gewinne <strong>des</strong><br />

Einen sind die Verluste <strong>des</strong> An<strong>der</strong>en. Auch Mitbewerber verän<strong>der</strong>n Verfahren und Prozesse, um dem<br />

wachsenden Druck aus Asien Stand zu halten. Es gilt, kürzere Lieferzeiten <strong>bei</strong> gleichzeitig niedrigeren<br />

Herstellungskosten und besser werden<strong>der</strong> Qualität zu erreichen, um die Erwartungen <strong>der</strong> Kunden<br />

zu erfüllen und im Wettbewerb zu bestehen (vgl. Becker 2006, S. 396f). Kurz: Unternehmen sehen<br />

sich als Teil einer Umwelt, in <strong>der</strong> Flexibilität und eine kontinuierliche Verbesserung <strong>der</strong> Prozessabläufe<br />

als Schlüsselgrößen für Erfolg angesehen werden.<br />

<strong>Die</strong>ser Erfolg soll sich durch die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems (GPS) einstellen.<br />

Damit werden begonnene ‚Umbauaktivitäten’ weiter fortgeführt. In den vergangenen 15 Jahren<br />

folgte häufig ein Reorganisationsprojekt dem nächsten (vgl. Neuhaus 2006, S. 449). Heute konstatieren<br />

wissenschaftliche Institute und Unternehmen, dass einzelne Methoden umgesetzt wurden, dass<br />

diese in <strong>der</strong> Praxis jedoch nicht durchgängig den erhofften Effekt mit sich brachten. Sie sehen Optimierungspotentiale<br />

in den Prozessabläufen <strong>der</strong> Fabrik (vgl. Kessler, Housein 2005, S. 37). Aufbau-<br />

5


end auf vorhandenen Erfahrungen versuchen die Unternehmen heute ein GPS zu installieren. <strong>Die</strong><br />

Inhalte sind da<strong>bei</strong> k<strong>eines</strong>wegs neu, jedoch impliziert die Herangehensweise, vorhandene Wechselwirkungen<br />

und Abhängigkeiten im Unternehmen bzw. in den Produktionsabläufen stärker zu berücksichtigen<br />

und somit einen <strong>ganzheitlichen</strong> Ansatz zu verfolgen. Bei <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS<br />

sollen bereits vorhandene Instrumente systematisiert, synchronisiert und fortlaufend weiter entwickelt<br />

werden (vgl. Lay, Neuhaus 2005, S. 32f). Für die Unternehmen geht es im Wesentlichen darum,<br />

den in den 1990er Jahren gestarteten Reorganisationsprozess wie<strong>der</strong> zu beleben, zu modifizieren<br />

bzw. systematisch umzusetzen (vgl. Springer 2002, S. 14).<br />

Der ‚Umbau’ <strong>der</strong> Organisation erfor<strong>der</strong>t individuelle sowie strukturelle Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Fabrik,<br />

von denen letztlich alle Beschäftigten betroffen sind. Im Mittelpunkt <strong>des</strong> Interesses dieser Ar<strong>bei</strong>t<br />

steht die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS.<br />

<strong>Die</strong> Meister nehmen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS eine Schlüsselposition ein. Sie stehen in direktem<br />

Kontakt zu den operativ tätigen Mitar<strong>bei</strong>tern. Es ist ihre Aufgabe diesen Prozess zu begleiten und die<br />

anstehenden Verän<strong>der</strong>ungen mit ihren Mitar<strong>bei</strong>tern umzusetzen (vgl. Kleinau 2005, S. 43).<br />

<strong>Die</strong> Betrachtung erfolgt am Beispiel <strong>eines</strong> Unternehmens <strong>der</strong> Automobilindustrie. <strong>Die</strong> Situation <strong>des</strong><br />

ausgewählten Unternehmens entspricht dem oben dargestellten Rahmen. Seit den 1990er Jahren<br />

wurden verschiedene Methoden <strong>der</strong> Lean Production umgesetzt. Derzeit wird die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong><br />

GPS organisiert. Aktuell finden Auftaktveranstaltungen zur Neuorientierung statt, an denen Gruppensprecher<br />

und Meister teilnehmen. In eintägigen Workshops sollen die Ziele und Inhalte <strong>des</strong> GPS<br />

vermittelt werden. 2 Im Rahmen dieser Veranstaltungen äußern Meister Unklarheit über ihre <strong>Rolle</strong><br />

und benennen Schwierigkeiten, die aus ihrer Sicht einer erfolgreichen <strong>Umsetzung</strong> entgegenstehen.<br />

Beispielsweise sehen sie aufgrund <strong>des</strong> hohen Drucks zur Erreichung <strong>der</strong> Produktivitätszahlen, keinen<br />

Raum zur <strong>Umsetzung</strong> notwendiger Maßnahmen und zweifeln daran, notwendige Mittel in Form von<br />

Zeit o<strong>der</strong> Geld zur Verfügung gestellt zu bekommen. Nach Aussage <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>der</strong> Personalund<br />

Organisationsentwicklung treiben die Meister den Verän<strong>der</strong>ungsprozess nicht optimal voran.<br />

Gründe für dieses Verhalten werden <strong>bei</strong>spielsweise in <strong>der</strong> aus Sicht <strong>der</strong> Meister empfundenen Unklarheit<br />

in Bezug auf die gestellten Erwartungen gesehen. Weiterhin werden Unsicherheit o<strong>der</strong> Resignation,<br />

die aus negativen Erfahrungen mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> verschiedener Elemente <strong>der</strong> Lean Production<br />

resultieren, wie wahrgenommene Wi<strong>der</strong>sprüche zwischen den im Workshop geschil<strong>der</strong>ten<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen und <strong>der</strong> Realität im Ar<strong>bei</strong>tsalltag als Gründe angegeben. <strong>Die</strong> Meister sollen ihren<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter gegenüber die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> ‚Coachs’ einnehmen. <strong>Die</strong> in den Veranstaltungen geäußerten<br />

Bedenken und gestellten Fragen zeigen allerdings, dass dahingehend Unsicherheiten bestehen.<br />

Damit liegt dieser Ar<strong>bei</strong>t die These zugrunde, dass die Meister in <strong>der</strong> Praxis ihrer <strong>Rolle</strong> nicht gerecht<br />

werden. Mögliche Gründe dafür können in den persönlichen und fachlichen Fähigkeiten <strong>der</strong> Meister<br />

gesehen werden, wahrscheinlicher ist hingegen die Annahme, dass die äußeren Einflüsse, also die<br />

Gegebenheiten im Unternehmen, ihr Handeln beeinflussen. Zu den Gegebenheiten im Unternehmen<br />

gehören individuelle, strukturelle wie kulturelle Einflüsse. <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> wird also <strong>bei</strong>-<br />

2<br />

<strong>Die</strong> folgenden Aussagen beziehen sich auf berufliche Erfahrungen <strong>des</strong> Autors wie auf Gespräche mit zwei Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

<strong>der</strong> Personal- und Organisationsentwicklung <strong>des</strong> betrachteten Unternehmens (Anmerkung <strong>des</strong> Verfassers).<br />

6


spielsweise durch das unternehmensseitige Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS o<strong>der</strong> auch durch<br />

die Art <strong>des</strong> Denkens und Handelns <strong>der</strong> Akteure beeinflusst.<br />

Beide Aspekte können nicht unabhängig voneinan<strong>der</strong> betrachtet werden, da individuelles Handeln<br />

immer auch in Abhängigkeit <strong>des</strong> Umfelds gesehen werden muss. Richtiges Handeln ist letztlich davon<br />

abhängig welche Erwartungen von Seiten <strong>des</strong> Unternehmens an das Individuum gestellt werden<br />

und ob die Gegebenheiten die Erfüllung <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen zulassen. Es bestehen also Wechselwirkungen<br />

zwischen dem Handeln <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> und den Gegebenheiten im Unternehmen. Das Handeln<br />

<strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> beeinflusst das Umfeld. Das Handeln <strong>der</strong> Meister wie<strong>der</strong>um wird in hohem Maße durch<br />

die Gegebenheiten im Unternehmen beeinflusst. Systemisch betrachtet sind es vielmehr die Interaktionen,<br />

über die sich die Struktur einer Organisation erfassen lässt, weniger die einzelnen Elemente.<br />

Damit impliziert diese Sicht, dass „das menschliche Verhalten in erster Linie als Variable <strong>des</strong> Umfelds<br />

und <strong>der</strong> situationsbedingten Gegebenheiten und erst in zweiter Linie als Ausdruck individueller<br />

Persönlichkeitsmerkmale gesehen wird“ (Landau 2003, S. 31).<br />

Einige Beispiele zur Veranschaulichung: Der Meister möchte Zeit für den direkten Kontakt zu seinen<br />

Mitar<strong>bei</strong>tern haben, viele an<strong>der</strong>e Aufgaben stehen dem entgegen. Er möchte seine Mitar<strong>bei</strong>ter über<br />

die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS informieren, bekommt jedoch selbst keine Informationen. Er möchte seine<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter beteiligen, sie lehnen jegliche Aufgabe ab, die nicht ihren Routinen entspricht. <strong>Die</strong>se<br />

Aufzählung könnte, so scheint es, endlos fortgesetzt werden. Um zu untersuchen, inwiefern die<br />

Meister ihrer <strong>Rolle</strong> nicht gerecht werden, ist es damit von Bedeutung, das Umfeld <strong>der</strong> Meister möglichst<br />

ganzheitlich zu betrachten. <strong>Die</strong>s geschieht mit dem Wissen um die Komplexität sozialer Systeme.<br />

Es ist unrealistisch, das Verhalten sozialer Systeme komplett verstehen zu wollen. Was beobachtet<br />

wird, ist immer eine selektive Wahrnehmung (vgl. Landau 2003, S. 27).<br />

Damit die Meister den <strong>Umsetzung</strong>sprozess <strong>des</strong> GPS konstruktiv stützen können, müssen also die<br />

Gegebenheiten im Unternehmen entsprechend gestaltet werden. <strong>Die</strong> Meister brauchen <strong>bei</strong>spielsweise<br />

Klarheit über ihre eigene <strong>Rolle</strong>. Sie brauchen Wissen über das GPS, um Ziel und Inhalte richtig an<br />

die Mitar<strong>bei</strong>ter weitergeben zu können und ihr Handeln entsprechend neuen Anfor<strong>der</strong>ungen auszurichten.<br />

Sie benötigen Wissen über Verän<strong>der</strong>ungsprozesse, um mit den sich ergebenden Schwierigkeiten<br />

im zwischenmenschlichen Bereich adäquat umgehen zu können und um ihre Mitar<strong>bei</strong>ter für<br />

die Verän<strong>der</strong>ungen zu gewinnen. Sie benötigen die richtigen Rahmenbedingungen, wozu auch eine<br />

Rückendeckung <strong>des</strong> Managements zu zählen ist. <strong>Die</strong>se müssen eine Verän<strong>der</strong>ung im Tempo <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

zulassen. <strong>Die</strong> Prozessverantwortlichen müssen Mitar<strong>bei</strong>ter und Meister unterstützten und<br />

ernst nehmen. <strong>Die</strong> Gegebenheiten, also individuelle, strukturelle wie kulturelle Einflüsse sollten mit<br />

dem angestrebten Verän<strong>der</strong>ungsvorhaben in Einklang gebracht werden. <strong>Die</strong> grundlegende These,<br />

dass die Meister ihrer <strong>Rolle</strong> nicht gerecht werden (können), wird damit um eine weitere These ergänzt.<br />

Werden die Meister <strong>der</strong>zeit ihrer <strong>Rolle</strong> nicht gerecht, muss dies im <strong>Umsetzung</strong>sprozess stärkere<br />

Berücksichtigung finden.<br />

Das Ziel dieser Ar<strong>bei</strong>t ist es, die Anfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Meister <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong><br />

GPS zu beschreiben und Probleme zu identifizieren, die es erschweren o<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>n, dass sie diese<br />

erfüllen. Es sollen Vorschläge unterbreitet werden, wie lokalisierte Probleme bewältigt werden<br />

7


können. Es werden Gestaltungsempfehlungen für die Steuerung <strong>des</strong> weiteren <strong>Umsetzung</strong>svorhabens<br />

gegeben.<br />

Es gilt, Antworten auf die folgenden Fragen zu finden:<br />

- Welche <strong>Rolle</strong> nimmt <strong>der</strong> Meister <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS ein?<br />

- Welche Probleme lassen sich, fokussiert auf die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Meister, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong><br />

GPS identifizieren?<br />

- Welche Gestaltungsempfehlungen lassen sich, vor dem Hintergrund identifizierter Probleme<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS, ableiten?<br />

Dazu werden im ersten Kapitel Faktoren aufgeführt, die den Meister in seiner Ar<strong>bei</strong>t umgeben. Zurzeit<br />

beeinflusst die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS den Ar<strong>bei</strong>tsalltag <strong>der</strong> Meister. Um die Auswirkungen <strong>der</strong>zeitiger<br />

Verän<strong>der</strong>ungen besser einordnen zu können, werden zunächst markante Punkte in <strong>der</strong> Entwicklung<br />

heutiger Ar<strong>bei</strong>tsorganisation beleuchtet. Darauf aufbauend wird ein GPS definiert und die<br />

Zielsetzung <strong>eines</strong> GPS benannt. Es werden Aspekte beschrieben, welche es <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> zu<br />

beachten gilt. <strong>Die</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Meister <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS wird herausgestellt. Vermutete<br />

Schwierigkeiten, die aufgrund vorhandener Gegebenheiten auftreten können, werden exemplarisch<br />

benannt (Kapitel 2).<br />

Im zweiten Schritt wird, in Abgrenzung zur ‚klassischen Meisterrolle’, die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS spezifiziert. Durch die Beschreibung <strong>der</strong> Führungsrolle wird verdeutlicht,<br />

welche Anfor<strong>der</strong>ungen an den Meister gestellt werden (Kapitel 3).<br />

Nach eingehen<strong>der</strong> Betrachtung <strong>des</strong> theoretischen Hintergrunds erfolgt die Darstellung <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

im ausgewählten Unternehmen. Methodisch wurden die Inhalte durch die Analyse interner Dokumente<br />

sowie durch die Auskünfte im Rahmen zweier Interviews im Unternehmen zusammengetragen.<br />

Neben einer kurzen Vorstellung <strong>des</strong> Unternehmens werden vorhandene Informationen zur<br />

Stellung <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> gegeben. Beginnend mit einer Erläuterung <strong>der</strong> unternehmensspezifischen ar<strong>bei</strong>tsorganisatorischen<br />

Entwicklung seit den 1990er Jahren erfolgt die Darstellung <strong>des</strong> Vorgehens <strong>bei</strong><br />

<strong>der</strong> aktuellen <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS (Kapitel 4).<br />

Um vorhandene Probleme im Bezug auf die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> darstellen zu können, wurden qualitative<br />

Interviews geführt. <strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Interviews werden vorgestellt. Da<strong>bei</strong> wird ein Abgleich<br />

zu den vorher erörterten Anfor<strong>der</strong>ungen an Unternehmen und die Meister vorgenommen. Aus <strong>der</strong><br />

Gegenüberstellung <strong>der</strong> theoretischen Ausführungen (Kapitel 2 und 3) und <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Analyse<br />

im Automobilunternehmen (Kapitel 4 und 5) ergibt sich die Grundlage zur Ableitung von Gestaltungsempfehlungen<br />

für den weiteren <strong>Umsetzung</strong>sprozess, welche im sechsten Kapitel vorgestellt<br />

werden.<br />

Somit liefert diese Ar<strong>bei</strong>t Gestaltungsvorschläge für einen weiteren Bauabschnitt <strong>der</strong> ‚ewigen Baustelle’.<br />

<strong>Die</strong> vorgeschlagenen Bauvorhaben sollen sich in <strong>der</strong> bestehenden Umgebung möglichst gut<br />

integrieren. Daher können die Pläne nicht ohne Beachtung <strong>des</strong> Gesamtplans gezeichnet werden. Um<br />

eine gute Integration neuer Bauvorhaben erreichen zu können, sollten möglichst alte Pläne, bereits<br />

8


entworfene Pläne und die vorhandenen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Der Fokus ist auf die<br />

<strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> gerichtet, womit nur ein Teil <strong>des</strong> Gesamtprojekts betrachtet wird.<br />

<strong>Die</strong> Unternehmen sehen zurzeit einen Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS und <strong>der</strong><br />

Steigerung <strong>der</strong> Wettbewerbsfähigkeit. <strong>Die</strong>se Annahme wird als solche akzeptiert. <strong>Die</strong> Ziele, Inhalte<br />

und Instrumente <strong>eines</strong> GPS werden in dieser Ar<strong>bei</strong>t nicht in Frage gestellt, auch wenn es hier sicherlich<br />

viele interessante Fragestellungen für wissenschaftliche Ar<strong>bei</strong>ten gäbe. Auch sind die <strong>der</strong>zeitigen<br />

Aktivitäten zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS im Unternehmen zu vielfältig, um sie in diesem Rahmen in<br />

<strong>der</strong> Gesamtheit darstellen zu können. Es werden die für den Zusammenhang als wesentlich erkannten<br />

und infolge <strong>der</strong> Recherche vorhandenen Informationen dargelegt. <strong>Die</strong> geführten Interviews zur Erhebung<br />

vorhandener Probleme wurden mit einer im Vergleich <strong>der</strong> Gesamtzahl <strong>der</strong> Beschäftigten (am<br />

untersuchten Unternehmensstandort sind es 10.000 Mitar<strong>bei</strong>ter) sehr kleinen Anzahl <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

geführt (16 Interviews mit verschiedenen Personengruppen). <strong>Die</strong> dargestellten Ergebnisse sind damit<br />

nicht ohne weiteres auf die Gegebenheiten im gesamten Unternehmen übertragbar. <strong>Die</strong>s gilt es auch<br />

für die abgeleiteten Gestaltungsempfehlungen zu berücksichtigen.<br />

9


2. Grundlagen Ganzheitlicher Produktionssysteme<br />

„Ein unternehmensweit implementiertes<br />

und gelebtes Produktionssystem ist ein entscheiden<strong>des</strong><br />

Differenzierungselement im Wettbewerb. Es verhilft<br />

einem Unternehmen zu gesteigerter Leistungsfähigkeit<br />

in den Dimensionen Qualität, Zeit und Kosten“<br />

(Keßler, Housein 2005, S. 38)<br />

In diesem Kapitel wird im Anschluss an eine Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Entwicklungen heutiger Ar<strong>bei</strong>tsorganisation<br />

in <strong>der</strong> Automobilindustrie eine Definition <strong>eines</strong> GPS vorgenommen und die Zielsetzung <strong>eines</strong><br />

GPS beschrieben. Es folgt eine allgemeine Darlegung für das Vorgehen <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> relevanter<br />

Aspekte, anhand <strong>der</strong>er die Bedeutung <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> für die erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS verdeutlicht<br />

wird. Es werden Schwierigkeiten beschrieben, die in Folge <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> auftreten können<br />

und die Ar<strong>bei</strong>t <strong>der</strong> Meister beeinflussen.<br />

2.1. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation in <strong>der</strong> Automobilindustrie 3<br />

„Zu allem Übel hat auch das Sündenbock-Suchmodell,<br />

das in <strong>der</strong> früher geltenden eindeutigen Kästchengrafik<br />

<strong>des</strong> Organigramms die Schuld an Misserfolgen<br />

klar zuweisen ließ, dramatisch an Wert eingebüßt.“<br />

(Doppler u. a.2002, S. 32)<br />

<strong>Die</strong> ersten Automobile wurden handwerklich gefertigt. <strong>Die</strong> Fertigung einzelner Fahrzeuge erfolgte in<br />

kleinen Werkstätten und verlangte hochqualifizierte Ar<strong>bei</strong>tskräfte. Durch Henry Ford entwickelte<br />

sich mit Beginn <strong>des</strong> zwanzigsten Jahrhun<strong>der</strong>ts die industrielle Massenproduktion. Ford setzte mit <strong>der</strong><br />

Entwicklung <strong>der</strong> Fließbandfertigung und <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Erkenntnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Betriebsführung von Taylor 4 auf eine hohe Ar<strong>bei</strong>tsteilung, was die Notwendigkeit zur Qualifizierung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>ter auf ein Minimum reduzierte (vgl. Becker 2006, S. 265).<br />

Hohe Spezialisierung und damit enger werdende Tätigkeitszuschnitte prägten, nach tayloristischer<br />

Vorstellung <strong>der</strong> Organisationsgestaltung, die Ar<strong>bei</strong>tsorganisation westlicher Automobilunternehmen<br />

(vgl. Lay 2006, S. 31). Nicht nur die direkten Produktionstätigkeiten, auch die Produktentwicklung,<br />

die Planung sowie administrative Abläufe o<strong>der</strong> Kunden- und Liefertantenkontakte wurden ar<strong>bei</strong>tsteilig<br />

organisiert, was zu einer klaren Verantwortungsabgrenzung führte. Es entwickelte sich eine stark<br />

bürokratisch-zentralistische Planung und Steuerung aller Prozesse im Unternehmen (vgl. Springer<br />

1999, S. 81). Es entstanden komplexe Strukturen, woraus ein hoher Koordinationsbedarf resultierte.<br />

3<br />

4<br />

Es werden für das Verständnis <strong>der</strong> heutigen Entwicklung hilfreich angesehene Punkte beschrieben. Ein Anspruch<br />

auf Vollständigkeit wird nicht erhoben (Anmerkung <strong>des</strong> Verfassers).<br />

Der Ansatz <strong>der</strong> 'wissenschaftlichen Betriebsführung’ von Taylor basiert auf dem genauen Analysieren und Darstellen<br />

<strong>des</strong> Vorgehens <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Erledigung einer Ar<strong>bei</strong>tsaufgabe. Durch Zeitstudien wurde <strong>der</strong> beste Weg <strong>der</strong> Bear<strong>bei</strong>tung<br />

festgelegt. <strong>Die</strong> Ar<strong>bei</strong>ter hatten detaillierte Ar<strong>bei</strong>ts- und Bewegungsabläufe einzuhalten, in einer normgerechten,<br />

standardisierten Umgebung. Taylor versuchte jeden Schritt <strong>des</strong> Produktionsprozesses aufzunehmen, um anschließend<br />

Optimierungen, durch <strong>bei</strong>spielsweise eine an<strong>der</strong>e Anordnung <strong>der</strong> Werkzeuge, vorzunehmen. Optimierung sah<br />

Taylor in <strong>der</strong> systematischen Aneinan<strong>der</strong>reihung immer gleicher Tätigkeiten (vgl. Womack 1992, S. 46).<br />

10


Ein ganzheitlicher Blick auf den Produktionsprozess ist damit erschwert (vgl. Spath 2003, S. 19).<br />

Industrieunternehmen sind nach wie vor geprägt von einer klaren Zuweisung von Funktionen.<br />

Entscheidungen werden, entsprechend <strong>der</strong> Hierarchien, ausschließlich von klar definierten Verantwortlichen<br />

getroffen. An <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> Organisation werden die strategischen Entscheidungen getroffen,<br />

die die mittleren und unteren Führungskräfte veranlassen, koordinieren, kontrollieren, berichten<br />

und interpretieren. <strong>Die</strong> Ar<strong>bei</strong>ter erledigen das operative Geschäft entsprechend den Anweisungen<br />

(vgl. Doppler u. a.2002, S. 39). „<strong>Die</strong> Massenproduktion hat von ihrer grundsätzlichen Ausrichtung<br />

nie einen Fokus auf die Integration <strong>des</strong> Mitar<strong>bei</strong>ters bzw. auf die Nutzung seiner Erfahrungen<br />

gelegt. Ähnlich den kurzen, standardisierten Ar<strong>bei</strong>tsschritten galt auch <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter als austauschbares<br />

Vergleichsgut. <strong>Die</strong>se Missachtung von Bedürfnissen führte automatisch zu einer durch<br />

Abneigung geprägten <strong>Rolle</strong>nverteilung zwischen Ar<strong>bei</strong>tnehmern und Management. Bis heute hat sich<br />

in vielen westlichen Unternehmen wenig an dieser Einstellung verän<strong>der</strong>t“ (Oeljenbruns 2000, S.<br />

163).<br />

Das Produktionssystem von Ford wurde weltweit kopiert. <strong>Die</strong> einzige Ausnahme bildete Japan. Aufgrund<br />

<strong>der</strong> ökonomischen Bedingungen in Japan <strong>der</strong> 1940er Jahre war eine Modifikation <strong>des</strong> Systems<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Ein vergleichsweise kleiner japanischer Markt, in <strong>der</strong> Nachkriegszeit von einer rezessiven<br />

Wirtschaftsentwicklung gekennzeichnet, machte es notwendig, mit möglichst wenig Ressourcen<br />

eine möglichst breite Angebotspalette anbieten zu können (vgl. Becker 2006, S. 266). 5 Aus dieser<br />

Situation heraus entwickelte Taichii Ohno nach und nach das, was heute als das Toyota-<br />

Produktionssystem (TPS) o<strong>der</strong> auch als Lean Production 6 bezeichnet wird. Beim Aufbau <strong>der</strong> Fabrik<br />

setzte Toyota, um am Markt standhalten zu können, das Augenmerk von Anfang an auf die Optimierung<br />

<strong>der</strong> Prozesse, während im Westen <strong>der</strong> Fokus eher auf Produktinnovationen lag (vgl. Becker<br />

2006, S. 395). <strong>Die</strong> Marktsituation in Japan war eine gänzlich an<strong>der</strong>e als die in <strong>der</strong> deutschen Nachkriegszeit.<br />

Während für die Produkte <strong>der</strong> westlichen Automobilindustrie eine höhere Nachfrage als<br />

Produktionskapazität bestand und ausreichend Material und Kapital vorhanden war, stellte sich die<br />

Situation in Japan entgegengesetzt dar. Somit bestand für die japanische Industrie schon damals die<br />

Notwendigkeit, konsequent wirtschaftlich und marktorientiert zu produzieren. Neben den Unterschieden<br />

<strong>des</strong> Absatzmarktes und den zur Verfügung stehenden Ressourcen führte ein Ar<strong>bei</strong>terprotest<br />

in Japan, ausgelöst durch eine nach dem Krieg notwendig gewordene Massenentlassung, zu einer<br />

5<br />

6<br />

In <strong>der</strong> 1937 gegründeten Toyota Motor Company machte sich ab den 1950er Jahren Eiji Toyoda Gedanken zum<br />

Ausbau <strong>der</strong> Fabrik. <strong>Die</strong> Militärregierung zwang Toyota in den 1939er Jahren, Lastwagen statt Personenwagen zu<br />

fertigen. Bis 1950 hatte Toyota insgesamt 2685 Autos in 13 Jahren produziert. Das Werk von Ford in Detroit lieferte<br />

zum Vergleich 7000 Fahrzeuge pro Tag aus. Toyoda bereiste Fords ‚Rouge Komplex’ in Detroit, merkte aber, dass<br />

er diese Form <strong>der</strong> Automobilherstellung nicht eins zu eins übernehmen konnte. Es galt die gesammelten Erfahrungen<br />

an die japanischen Bedingungen anzupassen. Man sah sich umgeben von großen Automobilproduzenten, die nur<br />

darauf warteten den Markt zu übernehmen. <strong>Die</strong> japanische Regierung erließ ein Verbot für ausländische Investoren<br />

<strong>der</strong> Automobilindustrie. <strong>Die</strong>ses war entscheidend, um überhaupt Fuß fassen zu können (vgl. Womack 1992, S. 53ff).<br />

Der Begriff Lean Production wurde durch die Studie <strong>des</strong> Massachusetts Institutes of Technology geprägt (vgl. Womack,<br />

1992). Er bedeutet übersetzt: die schlanke Produktion. Verglichen mit <strong>der</strong> gepufferten Produktion als klassische<br />

Massenfertigung, werden weniger Ressourcen, weniger Personal, weniger Material und weniger Fläche gebunden.<br />

Es wird auch <strong>der</strong> Begriff <strong>des</strong> Lean Managements verwendet. Da sich die <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Inhalte <strong>der</strong> Lean Production<br />

nicht nur auf die Fertigung, son<strong>der</strong>n auf das gesamte Unternehmen beziehen, ist <strong>der</strong> Begriff schlankes Management<br />

passen<strong>der</strong> als schlanke Produktion (vgl. Becker 2006, S. 262f).<br />

11


stärkeren Berücksichtigung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>terinteressen (vgl. Becker 2006, S. 238). 7 Das Produktionssystem<br />

von Ford war auf die Maximierung <strong>der</strong> Produktivität ausgerichtet, während Toyota sich unter<br />

den Bedingungen einer Mängelwirtschaft zu eigen machte, jegliche Verschwendung zu vermeiden<br />

und an permanenten Verbesserungen zu ar<strong>bei</strong>ten (vgl. Spath 2003, S. 37ff).<br />

Mit Erscheinen <strong>der</strong> Studien <strong>des</strong> Massachusetts Institute of Technology lagen Zahlen vor, die eine<br />

Orientierung westlicher Produktionssysteme am japanischen Vorbild Toyota nach sich zogen (vgl.<br />

Womack, 1992) 8 . <strong>Die</strong> Hauptprinzipien Toyotas sind nach Oeljenbruns die Erhöhung <strong>des</strong> Produktionsflusses,<br />

die Vermeidung von Verschwendung 9 sowie die Achtung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter (vgl. Oeljenbruns<br />

2000, S.5). Auf Grundlage <strong>der</strong> konsequenten Anwendung verschiedenster Methoden strebt<br />

Toyota nach einer kontinuierlichen Verbesserung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsprozesse. <strong>Die</strong>se Methoden wurden fortan<br />

von den westlichen Unternehmen adaptiert. Verschiedene Ansätze wurden unabhängig voneinan<strong>der</strong><br />

umgesetzt. Dezentralisierung, <strong>bei</strong>spielsweise durch die <strong>Umsetzung</strong> von Gruppenar<strong>bei</strong>tskonzepten,<br />

die <strong>Umsetzung</strong> einer Just-in-Time-Produktion, Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung und zur<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Prozesse wurden implementiert. Eine Betrachtung <strong>der</strong> heute vorhandenen Gegebenheiten<br />

in den Unternehmen zeigt, dass vieles angestoßen wurde, eine konsequente Weiterentwicklung<br />

jedoch ausblieb (vgl. Springer 2002, S. 14).<br />

<strong>Die</strong> gegenwärtige Situation in den Unternehmen lässt sich an einem Zitat von Doppler veranschaulichen:<br />

„Der Preis, den wir heute dafür zahlen, ist Langsamkeit, Fraktionierung und Schwund <strong>der</strong><br />

Kommunikation zwischen den funktional getrennten, operativen Inselwelten. Fachlich bemänteltes<br />

Bereichsdenken und Ressortegoismus stehen in voller Blüte - jede Schnittstelle lädt zu Statuskämpfen<br />

und Machtgerangel ein“ (Doppler u. a. 2002, S. 39f).<br />

7<br />

8<br />

9<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplatzsicherung und Beteiligung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>ter an den Unternehmensgewinnen ist seit den 1959er Jahren eine<br />

Prämisse <strong>der</strong> Unternehmenspolitik <strong>bei</strong> Toyota (vgl. Becker 2006, S. 238).<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Studien wurden in dem Buch von Womack (Hrsg.) zusammengefasst und veröffentlicht. Es<br />

wurden in fünf Jahren insgesamt 90 Montageanlagen in 17 Län<strong>der</strong>n untersucht, um schließlich die Massenproduktion<br />

mit <strong>der</strong> schlanken Produktion vergleichen zu können. Einige exemplarische Ergebnisse: Im Vergleich von einer<br />

Montagefabrik von General Motors (GM) und Toyota 1986: Montagestunden pro Auto: GM 31 Stunden - Toyota 16<br />

Stunden; Montagefehler pro Auto: GM 130 Fehler - Toyota 45 Fehler; Montagefläche pro Auto: GM 0,75 qm -<br />

Toyota 0,45 qm; durchschnittlicher Teilelagerbestand: GM zwei Wochen, Toyota zwei Stunden (vgl. Womack<br />

1992, S. 85).<br />

Bei Toyota wird versucht, die '3Ms' (Muda, Mura, Muri) zu vermeiden, um eine möglichst wirtschaftliche Produktionsaktivität<br />

zu erreichen. Muda ist die Verschwendung, die sich klassifizieren lässt in: 1. Tätigkeiten, die nicht zur<br />

Wertschöpfung <strong>bei</strong>tragen, 2. die zur Wertschöpfung <strong>bei</strong>tragen und 3. zwar nicht zur Wertschöpfung <strong>bei</strong>tragen, für<br />

den Produktionsprozess jedoch unverzichtbar sind. (wertschöpfend ist <strong>bei</strong>spielsweise das Andrehen einer Schraube<br />

o<strong>der</strong> die Bear<strong>bei</strong>tung <strong>eines</strong> Bauteils; es gibt auch nicht wertschöpfende Tätigkeiten, wie den Transport, das Rüsten<br />

o<strong>der</strong> die Verpackung, die nicht vermeidbar sind, und vermeidbare nicht wertschöpfende Tätigkeiten, wie die Nachar<strong>bei</strong>t,<br />

die Produktion von Ausschuss, Überproduktion, Wartezeiten und die nicht genutzte Kreativität <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

(Anmerkung <strong>des</strong> Verfassers)). Unter Muri versteht man, dass sich Ar<strong>bei</strong>ter und Maschine an ihrer Belastungsgrenze<br />

und damit nicht im optimalen Auslastungsbereich befinden – hieraus resultieren häufig Probleme <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Sicherheit<br />

und <strong>der</strong> Qualität. Mura ist eine Verbindung von Muda und Muri – es ist ein Wechselspiel zwischen Verschwendung<br />

und Überlastung. Der Hauptgrund dafür ist eine unregelmäßige Produktion (vgl. Becker 2006, S. 303f).<br />

12


2.2. Definition <strong>eines</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems<br />

Ein GPS <strong>bei</strong>nhaltet im Wesentlichen den Ansatz, alle Ar<strong>bei</strong>tsabläufe <strong>des</strong> Unternehmens im Gesamtzusammenhang<br />

zu betrachten, unnötige Ar<strong>bei</strong>ten zu erkennen und zu vermeiden -mit dem Ziel, alle<br />

Prozesse kontinuierlich zu verbessern.<br />

Eine einheitliche Definition <strong>eines</strong> GPS ist in <strong>der</strong> Literatur nicht zu finden. Ein Weg führt über die<br />

Erklärung <strong>bei</strong>nhalten<strong>der</strong> Begriffe: 10<br />

- Ganzheitlich: Eine ganzheitliche Betrachtung verlangt die Berücksichtigung möglichst aller<br />

Zusammenhänge. <strong>Die</strong> Betrachtung ist damit umfassend, weitsichtig und erfolgt<br />

vorausschauend (vgl. Reinhold 2000, S. 196).<br />

- Produktion: <strong>Die</strong> Produktion ist <strong>der</strong> vom Menschen bewirkte Prozess, <strong>der</strong> aus natürlichen wie<br />

bereits produzierten Ausgangsstoffen unter Einsatz von Energie, Ar<strong>bei</strong>tskraft und bestimmten<br />

Produktionsmitteln Wirtschafts- o<strong>der</strong> Gebrauchsgüter erzeugt. Eine umfassende,<br />

ganzheitliche Betrachtung <strong>der</strong> Produktion kann neben organisatorischen und technologischen<br />

Aspekten auch sozio-kulturelle und ethisch-normative Wertvorstellungen über die Ar<strong>bei</strong>t<br />

<strong>bei</strong>nhalten (vgl. Spath 2003, S. 13).<br />

- System: Systeme setzten sich aus Elementen (Kompetenten, Subsystemen) zusammen, die<br />

miteinan<strong>der</strong> in dynamischer Wechselwirkung stehen. Ein System ist damit ein nach<br />

Prinzipien geordnetes Ganzes, eine aufgaben-, sinn- o<strong>der</strong> zweckgebundene Einheit. Systeme<br />

organisieren und erhalten sich durch Strukturen. Strukturen bezeichnen das Muster o<strong>der</strong> die<br />

Form, in dem die Elemente und ihr Beziehungsgeflecht funktionieren (vgl. Gabler 2000, S.<br />

2995).<br />

Ein ganzheitlicher Blick bedingt eine Betrachtungsweise, die möglichst viele Aspekte <strong>des</strong> Gesamtunternehmens<br />

zu berücksichtigen sucht. Aus dem Wissen um die Wechselwirkungen in einem System<br />

resultiert: Eine punktuelle Optimierung, <strong>bei</strong>spielsweise eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsabläufe in einem<br />

Bereich, kann kontraproduktiv wirken, wenn die Auswirkungen auf ein an<strong>der</strong>es Element <strong>des</strong><br />

Systems nicht beachtet werden. Ein ganzheitlicher Blick auf das System versucht erkennbare Ursprünge,<br />

vorhandene Ziele, vorhandene Rahmenbedingungen, direkte und indirekte Beziehungen,<br />

Wechselwirkungen, vorhandene o<strong>der</strong> anzustrebende Werte, Regeln und Normen wie vermutete Reaktionen<br />

An<strong>der</strong>er im Umgang damit (vgl. Reinhold 2000, S. 196) im System von Mensch, Technik<br />

und Organisation in die Überlegungen einzubeziehen. <strong>Die</strong>se Darstellung verdeutlicht, dass die <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>eines</strong> GPS eine bestimmte Haltung <strong>der</strong> verantwortlichen Akteure voraussetzt.<br />

Ein weiterer Weg <strong>der</strong> Definition führt über die Betrachtung <strong>der</strong> Inhalte <strong>eines</strong> GPS. 11<br />

<strong>Die</strong> Inhalte <strong>des</strong> GPS lassen sich auf das Toyota-Produktionssystem (TPS) zurückführen. Das TPS<br />

<strong>bei</strong>nhaltet verschiedene Methoden (vgl. Winnes 2002, S. 4). <strong>Die</strong>se wurden in <strong>der</strong> Vergangenheit von<br />

vielen Unternehmen punktuell und unabhängig voneinan<strong>der</strong> eingeführt. Aus heutiger Sicht wird<br />

10<br />

11<br />

<strong>Die</strong>se Herangehensweise findet sich <strong>bei</strong> Spath, 2003.<br />

<strong>Die</strong>se Herangehensweise findet sich zum Beispiel <strong>bei</strong> Winnes, 2002; Hinrichsen, 2003; Kessler, Housein 2005 und<br />

<strong>bei</strong> Feggeler, Neuhaus 2002 u. a.<br />

13


festgestellt, dass angedachte Vorhaben nicht flächendeckend o<strong>der</strong> nur kurzfristig griffen, langfristig<br />

jedoch wie<strong>der</strong> im Sande verlaufen sind (vgl. Hinrichsen 2003, S. 22).<br />

Technik<br />

Autonomation<br />

Poka Yoke<br />

Standardisierung<br />

Qualifikation<br />

Zielvereinbarung<br />

Systematisierung<br />

durch GPS<br />

One-piece-Flow<br />

TPM<br />

Just-in-time<br />

Pull-Produktion<br />

5-Warum<br />

Kennzahlen<br />

Mensch<br />

Mitar<strong>bei</strong>terbeteiligung 5S-Methode<br />

Konfliktmanagement KVP<br />

Organisation<br />

Abb. 1:Übersicht: Ganzheitliches Produktionssystem<br />

(Quelle: vgl. Kessler, Housein 2005, S. 37)<br />

„Ganzheitliche Produktionssysteme setzen da an, wo es gilt, ungeordnete und unabgestimmte Methodenvielfalt<br />

zu bereinigen und übersichtliche Prozesse zu schaffen“ (Feggeler, Neuhaus 2002, S.<br />

20). Es geht nicht um die Entwicklung neuer Methoden, son<strong>der</strong>n vielmehr um die systematische<br />

Verbesserung und die Integration <strong>der</strong> vorhandenen in ein Gesamtsystem (vgl. Bocker 2002, S. 10).<br />

„Faktisch bedeutet es <strong>der</strong>zeit eher den Versuch einer möglichst <strong>ganzheitlichen</strong> Übertragung <strong>des</strong><br />

Toyota-Produktionssystems“ (Jürgens 2006, S.19).<br />

Ein GPS ist modular aufgebaut. Es glie<strong>der</strong>t sich in Elemente 12 , Methoden 13 und Werkzeuge. Ausgehend<br />

vom Unternehmensleitbild werden Elemente für das GPS abgeleitet. <strong>Die</strong>se bilden die oberste<br />

Ebene <strong>eines</strong> GPS und stellen Richtlinien für die zu implementierenden Methoden und Werkzeuge<br />

dar (vgl. Feggeler, Neuhaus 2002, S. 23). Elemente sind <strong>bei</strong>spielsweise Standardisierung, Visualisierung,<br />

Logistik, Qualitätssicherung, die Gruppenar<strong>bei</strong>t sowie Verbesserungsprozesse. 14<br />

Methoden beschreiben die Vorgehensweisen zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Elemente (vgl. Keßler, Housein<br />

2005, S. 40). Am Beispiel <strong>des</strong> Elements Gruppenar<strong>bei</strong>t sind Gruppengespräche eine Methode, die<br />

mittels standardisierten Vorgehens unter Zuhilfenahme von standardisierten Werkzeugen, wie Hilfen<br />

zur Problembear<strong>bei</strong>tung o<strong>der</strong> einem Formblatt zur Maßnahmenverfolgung, umgesetzt werden (vgl.<br />

Winnes 2002, S. 5f).<br />

12<br />

13<br />

14<br />

Elemente werden auch als Subsysteme, Prinzipien, Gestaltungselemente o<strong>der</strong> Module bezeichnet (vgl. Kessler, Housein<br />

2005, S. 38).<br />

Methoden werden auch als Bausteine o<strong>der</strong> Instrumente bezeichnet (vgl. ebd).<br />

<strong>Die</strong>se fünf Elemente sind Bestandteil je<strong>des</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Seminarar<strong>bei</strong>t von Prof. Dr. Ralf Winnes in <strong>der</strong> Theorie<br />

betrachteten Produktionssysteme. Dazu gehören die Produktionssysteme von Audi, Ford, Daimler Chrysler, Opel,<br />

Porsche, Volkswagen, Renault und Merce<strong>des</strong>-Benz do Brasil (vgl. Winnes, 2002 S. 36f). <strong>Die</strong> genannten Elemente<br />

werden im Glossar genauer beschrieben.<br />

14


<strong>Die</strong> Elemente, die dazu gehörigen Methoden und Werkzeuge können nicht isoliert voneinan<strong>der</strong> betrachtet<br />

werden, da sie in hoher Wechselwirkung miteinan<strong>der</strong> stehen (vgl. Oeljenbruns 2000, S.<br />

148f). 15 „Produktionssysteme stellen ein Netz miteinan<strong>der</strong> verflochtener Handlungsfel<strong>der</strong> dar“<br />

(Spath 2003, S. 71). „Eine stimmige Vernetzung führt zu Synergieeffekten“ (ebd., S. 70).<br />

Damit wird ein GPS als „ein dynamisches Netzwerk von Gestaltungsprinzipien [Elemente], Methoden<br />

und Werkzeugen zur Planung, zum Betrieb und zur permanenten Verbesserung von Geschäftsprozessen<br />

aufgefasst, welches von Menschen unter hoher Mitverantwortung betrieben wird“ (MTM<br />

e.V. 2001, S. 6).<br />

2.3. Zielsetzung Ganzheitlicher Produktionssysteme<br />

Übergeordnet gilt für Unternehmen das Ziel <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit und <strong>der</strong> Sicherung ihrer Tätigkeit,<br />

die letztlich vom Erfolg <strong>bei</strong> den Kunden abhängig ist (vgl. Winnes 2002, S. 81). Das Ziel <strong>eines</strong> GPS<br />

ist die bessere Vernetzung aller produktionsrelevanten Aktivitäten über die gesamte Prozesskette<br />

hinweg. Damit soll eine Verringerung <strong>der</strong> Herstellungskosten <strong>bei</strong> gleichzeitig besserer Qualität, größerer<br />

Variantenvielfalt und kürzeren Lieferzeiten erreicht werden. Somit steht die Optimierung <strong>der</strong><br />

Prozesse im Mittelpunkt (Feggeler, Neuhaus 2000, S. 18f).<br />

<strong>Die</strong>s setzt eine Verzahnung aller am Prozess <strong>der</strong> Produktentwicklung, <strong>der</strong> Fertigung und <strong>des</strong> Vertriebs<br />

beteiligten Mitar<strong>bei</strong>ter voraus (vgl. Wildemann 2003, S. 8). Da<strong>bei</strong> ist die systematische Anwendung<br />

<strong>der</strong> Methoden von zentraler Bedeutung (vgl. Spath 2003a, S. 9). O<strong>der</strong> bildlich gesprochen:<br />

„Der Zeck <strong>eines</strong> Produktionssystems liegt <strong>bei</strong> einem Großteil <strong>der</strong> Unternehmen gerade darin, dass<br />

die Mitar<strong>bei</strong>ter alle „am gleichen Strang“ in die gleiche Richtung ziehen“ (Winnes 2002, S. 76).<br />

<strong>Die</strong> frühzeitige Fehlerbehebung, das ständige Streben nach Verbesserungen, die konsequente Vermeidung<br />

von Verschwendung und die ganzheitliche Koordination <strong>der</strong> Prozesse sind die Mittel zur<br />

Erreichung <strong>des</strong> Ziels (vgl. Winnes 2002, S. 112).<br />

Alle Prozesse sollen transparent gemacht werden, um Redundanzen im System zu erkennen und zu<br />

vermeiden. Dazu werden <strong>der</strong>zeitige Ar<strong>bei</strong>tsabläufe nachvollzogen und visuell dargestellt. Der zum<br />

Zeitpunkt <strong>der</strong> Betrachtung als beste Vorgehensweise erkannte Ablauf wird als Standard definiert.<br />

Wird, ausgehend vom beschriebenen Standard, eine effektivere Vorgehensweise gefunden, wird <strong>der</strong><br />

vorhandene Standard den neuen Erkenntnissen entsprechend angepasst. 16 So können <strong>bei</strong>spielsweise<br />

15<br />

Beispiel: Das standardisierte Ar<strong>bei</strong>ten ist ein Handlungsfeld, in dem sich die Gruppen bewegen. Das Erstellen <strong>der</strong><br />

Standards gehört zu den Aufgaben <strong>der</strong> Gruppe. <strong>Die</strong> standardisierte Bear<strong>bei</strong>tung trägt durch das konsequente Umsetzen<br />

<strong>der</strong> ‚best practice’-Lösung zur Steigerung <strong>der</strong> Qualität <strong>bei</strong>. <strong>Die</strong> Beschreibung von Standards ermöglicht es, Abweichungen<br />

vom beschriebenen 'besten Weg' zu erkennen. Wird festgestellt, dass es <strong>bei</strong>spielsweise für die Bestückung<br />

<strong>der</strong> Maschine einen besseren Ablauf gibt, als ihn <strong>der</strong> aktuelle Standard beschreibt, wird dieser Weg als neuer<br />

Standard beschrieben und soll in Folge von allen Mitar<strong>bei</strong>tern übernommen werden. So sollen Verbesserungen in<br />

den Ar<strong>bei</strong>tsabläufen erzielt werden. Der jeweilige Standard wird visualisiert und für jeden Mitar<strong>bei</strong>ter sichtbar gemacht<br />

(Anmerkung <strong>des</strong> Verfassers).<br />

16<br />

Springer spricht hier von <strong>der</strong> „flexiblen Standardisierung“ und meint damit, dass es möglich ist, den vorhandenen<br />

Standard neuen Erkenntnissen entsprechend anzupassen (vgl. Springer 2006, S. 48). Scheinen sich die <strong>bei</strong>den Begriffe<br />

‚flexibel’, im Sinne schneller Anpassung und Standard, als allgemeingültige Norm doch zunächst zu wi<strong>der</strong>sprechen<br />

(Anmerkung <strong>des</strong> Verfassers).<br />

15


die in einem Bereich <strong>des</strong> Unternehmens erfolgreich umgesetzten Verbesserungen als Standard beschrieben<br />

und in an<strong>der</strong>e Bereiche übertragen werden. Standards bilden damit die Basis zu einer unternehmensweiten<br />

kontinuierlichen Verbesserung (vgl. Scholtz u. a.2003, S. 66f).<br />

2.4. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> Ganzheitlicher Produktionssysteme<br />

„Wie isst man einen Elefanten?“<br />

(Korge 2003, S. 108)<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS ist für Unternehmen eine komplexe Aufgabe. Es gilt, eine große Anzahl<br />

von Aktivitäten anzustoßen, aufeinan<strong>der</strong> abzustimmen, zu steuern und zu überwachen. Nach Schreyögg<br />

wird ein Verän<strong>der</strong>ungsvorhaben häufig als rein planerisches Problem begriffen, und „die <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>der</strong> konkreten Lösung in die Praxis wird lediglich als eine Frage <strong>der</strong> korrekten Anweisung gesehen“<br />

(Schreyögg 2003, S. 497). Nach <strong>der</strong> Vorstellung <strong>des</strong> Vorhabens wird es allen Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

zur Pflicht gemacht, sich an die neuen Anweisungen zu halten. Anschließend wird davon ausgegangen,<br />

dass die Mitar<strong>bei</strong>ter die neuen Richtlinien umsetzen (vgl. ebd., S. 497f).<br />

Ein GPS setzt darauf, die Ideen und das Wissen <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter für die kontinuierliche Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Prozesse zu nutzen. „Motivation und Innovation vertragen sich mit dem hierarchischen System<br />

aus Befehl und Gehorsam nicht. Innovatives Verhalten kann nicht befohlen werden, son<strong>der</strong>n muss<br />

aus dem Interesse an <strong>der</strong> Problemlösung heraus wachsen“ (ebd., S. 167). Um dieses Ziel zu erreichen,<br />

ist das Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> von großer Bedeutung. Im folgenden Kapitel werden Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

beschrieben, die die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS an ein Unternehmen stellt. <strong>Die</strong>se müssen<br />

erfüllt werden, damit die Meister ihrer <strong>Rolle</strong> gerecht werden können. <strong>Die</strong> Bedeutung und die Aufgaben<br />

<strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> werden herausgestellt. Anschließend werden möglicherweise auftretende Schwierigkeiten<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS beschrieben.<br />

2.4.1. Das Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

Von <strong>der</strong> Einführung <strong>eines</strong> Produktionssystems sind letztendlich alle Bereiche entlang <strong>der</strong> Prozesskette,<br />

die direkten sowie die indirekten Bereiche 17 betroffen. Alle hier tätigen Mitar<strong>bei</strong>ter werden damit<br />

konfrontiert, dass ihre <strong>Rolle</strong> in Frage gestellt wird und sich Tätigkeiten verän<strong>der</strong>n (vgl. Lacher,<br />

Springer 2005, o. A.). Zeitlich benötigt eine <strong>Umsetzung</strong> in <strong>der</strong> Regel mehrere Jahre (vgl. Korge<br />

2003, S. 103). Ein GPS wird den Gegebenheiten <strong>des</strong> Unternehmens angepasst. In <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong><br />

Ausgangssituation wird <strong>der</strong> Stand gegenwärtig bereits eingesetzter Methoden erfasst, woraus sich die<br />

Zielsetzung präzisieren lässt (vgl. Keßler, Housein 2005, S. 39). Zielsetzungen können <strong>bei</strong>spielsweise<br />

Bereiche <strong>der</strong> Produktivität, <strong>der</strong> Qualität, <strong>der</strong> Flexibilität o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Humanität betreffen (vgl. Doppler,<br />

Lauterburg 2005, S. 220). <strong>Die</strong> Aufgabe, die Ziele zu definieren kommt dem Topmanagement zu.<br />

Der Erfolg <strong>eines</strong> Implementierungsprozesses ist maßgeblich abhängig von <strong>der</strong> Überzeugungskraft<br />

17<br />

<strong>Die</strong> direkten Bereiche sind die Fertigungsbereiche, in denen das Produkt <strong>des</strong> Unternehmens hergestellt wird. Indirekte<br />

Bereiche sind alle Bereiche, die nicht zum direkten Wertschöpfungsprozess <strong>bei</strong>tragen, wie die Planung, die Instandhaltung,<br />

die Logistik und die Qualitätsför<strong>der</strong>ung (Anmerkung <strong>des</strong> Verfassers).<br />

16


<strong>des</strong> Managements. Es muss die <strong>Umsetzung</strong> persönlich einfor<strong>der</strong>n, Zielsetzung und Notwendigkeit<br />

glaubhaft vermitteln (vgl. Korge 2003, S.104f).<br />

Eine gute Projektorganisation ist von großer Bedeutung (vgl. ebd., S.102f). In <strong>der</strong> Regel werden zur<br />

Unterstützung <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> interne Stabsstellen geschaffen. <strong>Die</strong> Auswahl <strong>der</strong> Organisationsform<br />

und die personelle Besetzung sind entscheidend für den Projekterfolg (vgl. Winnes 2002, S.116).<br />

„Eine <strong>der</strong> häufigsten Ursachen für Fehlschläge <strong>bei</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprojekten liegt darin, das Technokraten<br />

am Werk sind, die <strong>bei</strong> ihrer Planung alle technischen, strukturellen und ökonomischen Aspekte<br />

berücksichtigen - und alle menschlichen und zwischenmenschlichen Aspekte ebenso konsequent<br />

missachten“ (Doppler, Lauterburg 2005, S. 152).<br />

Das Projekt wird top down initiiert und eingefor<strong>der</strong>t, die <strong>Umsetzung</strong> erfolgt bottum up (vgl. Barthel,<br />

Korge 2002, S. 32). „<strong>Die</strong> Treiber <strong>der</strong> Einführung sollten unbedingt die Führungskräfte in <strong>der</strong> Linie<br />

[die Meister] sein (und nicht die Experten). An <strong>der</strong> Spitze steht die Geschäftsleitung bzw. <strong>der</strong> Werkleiter,<br />

<strong>der</strong> seine Führungskräfte in <strong>der</strong> Linie auf das Produktionssystem ‚einschwört’“ (Korge 2003,<br />

S. 112). <strong>Die</strong> ausgewählten Elemente, Methoden und Werkzeuge geben den Rahmen vor. <strong>Die</strong> detaillierte<br />

<strong>Umsetzung</strong> erfolgt durch die Mitar<strong>bei</strong>ter (vgl. ebd.).<br />

Über die Unternehmenssituation, bestehenden Handlungsbedarf, den aktuellen Stand <strong>des</strong> Projektes,<br />

Fortschritte wie noch ausstehende Aktivitäten sollte ständig informiert werden. Transparenz über das<br />

Geschehen hilft Fehlinformationen und Gerüchten vorzubeugen. Es sollte nicht davon ausgegangen<br />

werden, dass alle Mitar<strong>bei</strong>ter bereits nach einmaliger Information wissen, wo die Reise hingeht (vgl.<br />

Korge 2003, S. 98). <strong>Die</strong> Weitergabe <strong>der</strong> Informationen kann in Form von Kaskadenschulungen 18<br />

erfolgen. Damit liegt die Information <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter in <strong>der</strong> Verantwortung <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>. Um eine<br />

Verankerung <strong>der</strong> Elemente zu erreichen, müssen Mitar<strong>bei</strong>ter geschult und konsequent in die <strong>Umsetzung</strong>saktivitäten<br />

eingebunden werden (vgl. Barthel, Korge 2002, S. 32). Es gilt, Schwierigkeiten<br />

frühzeitig zu erkennen und offen zu kommunizieren, damit sie gemeinsam bear<strong>bei</strong>tet werden können.<br />

Eine große Bedeutung kommt <strong>der</strong> regelmäßigen Kommunikation über den aktuellen <strong>Umsetzung</strong>sstand<br />

zu. 19<br />

Der Meister transportiert das Wissen zu den Mitar<strong>bei</strong>tern. Ebenso sollte er vorhandene Probleme <strong>der</strong><br />

Mitar<strong>bei</strong>ter zum Management kommunizieren, damit zu jedem Zeitpunkt eine möglichst realistische<br />

Einschätzung <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>sstan<strong>des</strong> möglich ist. Nur so ist ein Abgleich zwischen <strong>der</strong> theoretischen<br />

Planung <strong>des</strong> Vorgehens und dem Stand in <strong>der</strong> Praxis gewährleistet. Voraussetzung dafür ist<br />

ein Umgang zwischen den verschiedenen Hierarchien, <strong>der</strong> einen offenen Austausch über die vorhandenen<br />

Schwierigkeiten zulässt (vgl. Oeljenbruns 2000, S. 171).<br />

18<br />

19<br />

Kaskadenschulungen funktionieren nach dem Prinzip 'Je<strong>der</strong> Schüler ist auch Lehrer'. <strong>Die</strong> Weitergabe <strong>der</strong> Informationen<br />

erfolgt entsprechend <strong>der</strong> Hierarchie von oben nach unten; jede Führungskraft informiert ihre Mitar<strong>bei</strong>ter (Anmerkung<br />

<strong>des</strong> Verfassers).<br />

Kommunikation soll an dieser Stelle in Abgrenzung zu einer einseitigen Information, als dialogischer Austausch<br />

verstanden werden, <strong>der</strong> Möglichkeiten zum Benennen positiver, wie negativer Aspekte anstehen<strong>der</strong> Entwicklungen<br />

zulässt (vgl. Doppler, Lauterburg 2005, S. 165).<br />

17


In Verän<strong>der</strong>ungsprozessen ist mit Wi<strong>der</strong>ständen zu rechnen. 20 <strong>Die</strong>se gilt es wahrzunehmen und zu<br />

bear<strong>bei</strong>ten (vgl. Doppler, Lauterburg 2005, S. 85). „Menschen sind nicht gegen die Verän<strong>der</strong>ung, sie<br />

sind gegen das Verän<strong>der</strong>t werden“ (Scholtes, Hacquebord zitiert <strong>bei</strong> Oeljenbruns 2000, S. 167). Sie<br />

brauchen die Möglichkeit sich mit den anstehenden Verän<strong>der</strong>ungen auseinan<strong>der</strong>zusetzen. Verän<strong>der</strong>ungen<br />

sind kein rein logischer, rationaler Prozess. „Der Wandel ist immer dann erfolgreich, wenn<br />

sich aus irgendwelchen Gründen eine kritische Masse für die vorgeschlagene Verän<strong>der</strong>ung einsetzt.<br />

<strong>Die</strong> Schaffung einer solch unterstützenden Bewegung ist we<strong>der</strong> ein rein logisches Vorgehen, noch<br />

kann sie durch Angst geschaffen werden“ (ebd.).<br />

Gleichgültig um welche Form <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung es geht; letztendlich entscheidet die Akzeptanz seitens<br />

<strong>der</strong> Betroffenen über Erfolg o<strong>der</strong> Misserfolg. <strong>Die</strong> Hauptaufgabe ist die Beteiligung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

(vgl. Doppler u. a.2002, S.75f). Es gilt, jedem Mitar<strong>bei</strong>ter zu verdeutlichen, dass die <strong>Umsetzung</strong><br />

in erheblichem Maß vom Tun je<strong>des</strong> Einzelnen abhängt (vgl. Oeljenbruns 2000, S. 171).<br />

Grundlegend für die Gestaltung von Verän<strong>der</strong>ungsprozessen sind die Erkenntnisse aus Studien von<br />

Lewin. 21 Um mit entstehenden Wi<strong>der</strong>ständen zu ar<strong>bei</strong>ten, sind zusammengefasst von Bedeutung:<br />

„1. Aktive Teilnahme am Verän<strong>der</strong>ungsgeschehen, frühzeitige Information über den anstehenden<br />

Wandel und Partizipation an den Verän<strong>der</strong>ungsentscheidungen.<br />

2. Nutzung <strong>der</strong> Gruppe als Wandelmedium. Wandlungsprozesse in Gruppen sind weniger beängstigend<br />

und werden im Durchschnitt schneller vollzogen.<br />

3. Kooperation unter den Beteiligten“ (Schreyögg 2003, S. 505f).<br />

Auch wenn die hier dargestellten Aspekte für einen erfolgreichen Wandel ‚einleuchtend’ erscheinen,<br />

so können sie nicht als ‚Rezeptbuch mit Erfolgsgarantie’ begriffen werden. Letztlich muss klar sein:<br />

Ein Verän<strong>der</strong>ungsprozess, <strong>der</strong> einen sozialen Wandel <strong>bei</strong>nhaltet, ist nicht von langer Hand detailliert<br />

planbar. Entscheidend für den Erfolg ist die Anschlussfähigkeit vollzogener Schritte in <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Realität (vgl. ebd., S. 497).<br />

20<br />

21<br />

Als Wi<strong>der</strong>stand „wird eine emotionale Sperre verstanden, die Organisationsmitglie<strong>der</strong> und Systeme gegen Än<strong>der</strong>ungen<br />

aufbauen. Sie aufzulösen setzt voraus, dass man sie verstehen kann“ (Schreyögg 2003, S. 499). <strong>Die</strong> menschliche<br />

Neigung, Gewohntes <strong>bei</strong>behalten zu wollen, Routinen auszubilden, die als erfolgreich und damit für sich selbst als<br />

befriedigend empfunden werden, sind Thesen, die die Entstehung von Wi<strong>der</strong>ständen begründen (vgl. ebd., S. 500f).<br />

<strong>Die</strong> Ursachen können unterschiedlich sein. Sie können in <strong>der</strong> Person selbst o<strong>der</strong> in den organisatorischen Abläufen<br />

liegen. Individuelle Barrieren können sich z.B. aufgrund von Verlustängsten, Versagensängsten, Verteidigung eigener<br />

Wertvorstellungen o<strong>der</strong> durch Verluste von Beziehungen ergeben. Auch Unverständnis <strong>der</strong> strategischen Entscheidungen<br />

kann zu Wi<strong>der</strong>stand führen (vgl. Haid 2004, S. 93).<br />

Kurt Lewin führte Experimente zum Thema Speiseabscheu durch. <strong>Die</strong> Ergebnisse gelten als wegweisend für weitere<br />

Ansätze, die Erklärungen zum Umgang mit Wi<strong>der</strong>ständen liefern. Lewin erhielt aufgrund <strong>der</strong> Lebensmittelverknappung<br />

nach dem ersten Weltkrieg, einen Auftrag, zu erforschen, wie man Nahrungsmittelgewohnheiten verän<strong>der</strong>n<br />

kann. Hausfrauen sollten davon überzeugt werden, bis dato völlig unüblich, Innereien zu kochen. In einer Vortragsgruppe<br />

(Information als einseitige Kommunikation) und einer Diskussionsgruppe (dialogische Veranstaltung) wurden<br />

Hausfrauen informiert bzw. wurde ihnen Raum zur Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Thema gegeben (vgl. Schreyögg<br />

2003, S. 503) „Sieben Tage nach den Veranstaltungen wurde ihre Wirkung geprüft. Interviews mit den Frauen<br />

ergaben, dass 10% <strong>der</strong> Frauen aus den Vortragsgruppen und 52% <strong>der</strong> Frauen aus den Diskussionsgruppen Innereien<br />

gekocht hatten“ (ebd., S. 504).<br />

18


2.4.2. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> beeinflussende Faktoren<br />

„<strong>Die</strong> Geister, die ich rief …“<br />

(Doppler u. a.2002, S. 34)<br />

Im folgenden Kapitel wird skizziert, welche Folgen für das Unternehmen und die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong><br />

aus <strong>der</strong> nunmehr seit vielen Jahren angestrebten sukzessiven Umstellung von einer tayloristisch geprägten<br />

klaren Entscheidungsstruktur zu mehr Selbstorganisation resultieren.<br />

Dazu werden exemplarisch anhand zentraler Bestandteile <strong>eines</strong> GPS, <strong>der</strong> kontinuierlichen Verbesserung,<br />

<strong>der</strong> Vermeidung von Verschwendung und <strong>der</strong> Einbindung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter möglicherweise auftretende<br />

Probleme benannt. <strong>Die</strong> Ausprägung <strong>der</strong> benannten Schwierigkeiten ist letztlich in Abhängigkeit<br />

von den jeweiligen Gegebenheiten im Unternehmen zu sehen.<br />

2.4.2.1. Bedingungen für eine kontinuierliche Verbesserung<br />

In japanischen Unternehmen spiegelt Kaizen (‚Kai’ für verän<strong>der</strong>n und ‚zen’ für das Gute) die Überzeugung<br />

wi<strong>der</strong>, dass je<strong>des</strong> Produkt und je<strong>der</strong> Prozess immer weiter verbessert werden kann. <strong>Die</strong>se<br />

Einstellung ist im Bewusstsein je<strong>des</strong> Einzelnen verankert und geschieht damit aus eigenem Antrieb<br />

heraus (vgl. Becker 2006, S. 131f). Das Festhalten an bestehenden Werten und Normen steht dem<br />

Anspruch nach kontinuierlichen Verbesserungen zu streben entgegen. Ein Infragestellen <strong>der</strong> grundsätzlichen<br />

Gegebenheiten ist erfor<strong>der</strong>lich, damit <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Lösung von Problemen nicht nur alte, son<strong>der</strong>n<br />

auch neue Wege beschritten werden können (vgl. Oeljenbruns 2000, S. 165). Mitentscheidend<br />

für den Umgang mit Verbesserungen ist die vorherrschende Fehlerkultur im Unternehmen. „Für die<br />

Verursachung <strong>eines</strong> Fehlers o<strong>der</strong> Missstands persönlich Verantwortung zu übernehmen, ebenso wie<br />

für <strong>des</strong>sen Beseitigung (bzw. seine zu zögerliche Behebung), ist ein Kern von Innovationen und effektiven<br />

Lernens“ (Hartmann u. a.2006, S. 32). In <strong>der</strong> hiesigen Kultur wird ein Fehler jedoch eher als<br />

Blamage, als etwas Unangenehmes eingestuft, anstatt die Möglichkeit <strong>der</strong> Verbesserung darin zu<br />

sehen. Nachforschungen gilt es eher zu vermeiden, kritisches Nachfragen wird gefürchtet; so ist die<br />

Grundlage zur Verbesserung nicht gegeben (vgl. ebd.). GPS setzen darauf die Ursache <strong>eines</strong> Fehlers<br />

zu beseitigen, was eine interessierte und gründliche Auseinan<strong>der</strong>setzung erfor<strong>der</strong>t. Das Aufspüren<br />

einer Ursache ist in den komplexen Fertigungsabläufen nicht einfach und erfor<strong>der</strong>t die Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

verschiedener Spezialisten aus <strong>bei</strong>spielsweise den Bereichen <strong>der</strong> Qualitätsför<strong>der</strong>ung, Instandhaltung<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Logistik. Das Bestreben, Fehler in ihrer Ursache abzustellen, bedingt die Bereitschaft,<br />

Fehler offen zu legen. Ob dies geschieht, ist ebenso eine Frage <strong>der</strong> gelebten Fehlerkultur.<br />

2.4.2.2. Folgen verän<strong>der</strong>ter Fertigungsabläufe<br />

<strong>Die</strong> konsequente Vermeidung von Verschwendung, die Minimierung nicht-wertschöpfen<strong>der</strong> Tätigkeiten,<br />

ist ein weiterer zentraler Bestandteil <strong>eines</strong> GPS (vgl. Winnes 2002, S. 112). Damit einher geht<br />

die konsequente Reduzierung <strong>der</strong> Materialpuffer und Mitar<strong>bei</strong>terkapazität. 22 <strong>Die</strong> Umstellung <strong>der</strong> Materialsysteme<br />

erfor<strong>der</strong>t ein Zusammenspiel aller Bereiche, was das Zusammenrücken bisher funktional<br />

getrennter Abteilungen notwendig macht. Jede Stelle ar<strong>bei</strong>tet entsprechend <strong>des</strong> Bedarfs <strong>des</strong> je-<br />

22<br />

<strong>Die</strong> Just-in-Time-Produktion erfor<strong>der</strong>t von allen Beteiligten sichere Prozesse. <strong>Die</strong> wesentlichen Verän<strong>der</strong>ungen in<br />

den Materialsystemen werden im Glossar beschrieben. Aufgeführt werden die Punkte Just-in-Time-Produktion,<br />

Pull-Produktion, Kanban, die Fließ- und Taktfertigung sowie die Produktionsnivellierung.<br />

19


weils nachgelagerten Bereichs und beauftragt im Umkehrschluss den vorgelagerten Bereich zur<br />

Nachproduktion. Das Ziel ist die konsequente Minimierung <strong>der</strong> Materialpuffer zwischen den einzelnen<br />

Fertigungsbereichen 23 (vgl. Scholtz u. a.2003, S. 58).<br />

Es entsteht eine unkomfortable Situation, die, um Lieferfähigkeit und Systemverlässlichkeit aufrecht<br />

zu erhalten, hohen Einsatz <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter und <strong>des</strong> Managements erfor<strong>der</strong>t (vgl. Oeljenbruns 2000,<br />

S. 164). <strong>Die</strong> Umstellung von einer prognosegestützten Materialbedarfsermittlung zur Zugsteuerung<br />

ist ein erheblicher Schritt, <strong>der</strong> zunächst Skepsis unter den Beschäftigten hervorrufen wird (vgl. Korge<br />

2003, S. 100). „Der 'gesunde Menschenverstand' bzw. unsere (westlichen) Werte & Normen bedeuten<br />

uns, daß Komfort besser als Unwohlsein ist. Der Besitz von mehr ist daher besser als von<br />

weniger. Das menschliche Suchen nach Wohlbefinden, Ruhe, Komfort und ausreichendem 'Vorrat'<br />

(an Zeit, Material, Kapazitäten) wi<strong>der</strong>spricht <strong>der</strong> durch Unrast geprägten TPS-Philosophie <strong>der</strong> fortlaufenden<br />

Suche nach weiterer Prozeßoptimierung und den kontinuierlich zu än<strong>der</strong>nden Abläufen.<br />

Danach gilt ebenso, daß wir uns gegen potentielle Probleme <strong>der</strong> Zukunft schützen sollen. Alle Prozesse<br />

sollten problemlos, ohne ein Gefühl <strong>der</strong> Eile o<strong>der</strong> Hast ablaufen. Es entspricht unserer<br />

menschlichen Psyche, Harmonie und Wohlbefinden zu suchen – Schmerz und Unwohlsein zu vermeiden“<br />

(Oeljenbruns 2000, S. 165).<br />

Durch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Materialsysteme können Tagesstückzahlen verloren gehen. <strong>Die</strong>s erfor<strong>der</strong>t,<br />

gerade <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Umstellung, eine klare Position <strong>des</strong> Managements, die Priorität nicht, wie <strong>der</strong>zeit<br />

gängig, auf die Stückzahlen, son<strong>der</strong>n auf die Fehlerbehebung zu setzen (vgl. Oeljenbruns 2000, S.<br />

168). <strong>Die</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter müssen akzeptieren, dass dieses Fertigungssystem nicht auf Anhieb perfekt<br />

funktioniert und dass jede Marktschwankung eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsabläufe nach sich zieht<br />

(vgl. Becker 2006, S. 295f).<br />

Der Meister nimmt in diesem Prozess <strong>der</strong> Umstrukturierung eine zentrale <strong>Rolle</strong> ein. Infolge möglicherweise<br />

auftreten<strong>der</strong> Spannungen zwischen Management und Belegschaft sowie durch die Unterstützung<br />

<strong>der</strong> Umstrukturierungen verän<strong>der</strong>n sich die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Meister. Welche Auswirkungen<br />

dies für die Tätigkeit <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> hat, wird in Kapitel 3.2 näher erläutert.<br />

2.4.2.3. <strong>Die</strong> Beteiligung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

Ein weiteres wichtiges Element <strong>eines</strong> GPS ist die Gruppenar<strong>bei</strong>t. Taichii Ohno überschreibt das Kapitel<br />

zum Thema Team mit „Teamar<strong>bei</strong>t ist alles“ (Ohno 1993, S. 49). „Ein starkes Team beherrscht<br />

das Spiel; in koordinierter Aktion können die Spieler mit je<strong>der</strong> Situation fertig werden“ (ebd. S. 34).<br />

Der mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t eingeschlagene Weg von <strong>der</strong> zentralen Planung hin zu<br />

23<br />

<strong>Die</strong> Produktionsnivellierung hat die gleichmäßige Auslastung <strong>der</strong> Kapazitäten zum Ziel. Es geht also nicht um die<br />

möglichst schnelle Abar<strong>bei</strong>tung einer Quote, son<strong>der</strong>n vielmehr um die gleichmäßige Auslastung <strong>der</strong> Maschinen, was<br />

ebenso einen gleichmäßigen Einsatz <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter nach sich zieht (vgl. Becker 2006, S. 303). Becker beschreibt<br />

die Ar<strong>bei</strong>tsweise westlicher Ar<strong>bei</strong>ter anhand <strong>eines</strong> Zitates japanischer Führungskräfte: „’Wir ziehen es vor langsam<br />

und gleichmäßig wie die Schildkröte, statt schnell und ruckartig wie <strong>der</strong> Hase zu sein.’ Westliche Ar<strong>bei</strong>ter hingegen<br />

ähneln sehr oft Hasen. Sie tendieren dazu, sehr hart zu ar<strong>bei</strong>ten, sich zu verausgaben und dann eine Siesta einzulegen.<br />

Manche Ar<strong>bei</strong>ter verrichten die doppelte Ar<strong>bei</strong>t, während in an<strong>der</strong>en Bereichen eine Pause eingelegt wird, und<br />

das Management steht dem gleichgültig gegenüber, solange die tägliche Quote erfüllt wird.“ (Becker 2006, S. 304).<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeit zu einer solchen Ar<strong>bei</strong>tsweise wird durch die Taktfertigung genommen, da die Taktzeiten vorgegeben<br />

werden, was die Notwendigkeit <strong>der</strong> Akzeptanz <strong>eines</strong> an<strong>der</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsrhythmus <strong>bei</strong> den Mitar<strong>bei</strong>tern nach sich<br />

zieht (vgl. Scholtz u. a. 2003, S. 59).<br />

20


stärkerer Selbstorganisation bringt Schwierigkeiten für die Meister und Mitar<strong>bei</strong>ter mit sich (vgl.<br />

Korge 2003, S. 100). 24<br />

Ein in <strong>der</strong> Praxis normaler, dennoch häufig unterschätzter ‚Nebeneffekt’ <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t sind die<br />

zwischen den Mitar<strong>bei</strong>tern auftretenden Konflikte. <strong>Die</strong> Kooperation jedwe<strong>der</strong> Gruppe im Unternehmen<br />

erfolgt auf ein vorgegebenes Ziel hin. <strong>Die</strong> Einstellung gegenüber dem Ziel, die unterschiedlichen<br />

Bedürfnisse <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> sowie die Art <strong>der</strong> Beziehungen <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> untereinan<strong>der</strong> (z. B.<br />

Sympathie und Antipathie) beeinflussen die Zusammenar<strong>bei</strong>t. 25 <strong>Die</strong> Interessessen <strong>der</strong> Gruppen, <strong>des</strong><br />

Einzelnen und <strong>des</strong> Unternehmens können wi<strong>der</strong>sprüchlich sein, wodurch die Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

zwangsläufig Konflikte nach sich zieht (vgl. Minssen 1999, S. 88).<br />

Aus einer Untersuchung von Minssen geht hervor, dass Konflikte als negativ wahrgenommen werden<br />

und die Mitar<strong>bei</strong>ter eher nicht den Weg einer aktiven Konfliktlösung wählen. Neben <strong>der</strong> Vermeidung<br />

ist ein aus <strong>der</strong> Vergangenheit gewohntes Verhalten die Beschwerde <strong>bei</strong> den Vorgesetzen.<br />

Der Meister wird nach wie vor als kontrollierende und disziplinierende Instanz angesehen, die anstelle<br />

die Situation selbst zu klären, mit <strong>der</strong> Klarstellung ‚beauftragt’ wird (vgl. Minssen 1999, S. 189-<br />

191). „Durch Gruppenar<strong>bei</strong>t erhöht sich die Menge wie auch die Intensität <strong>der</strong> Interaktionen und<br />

folglich das Konfliktpotential (...)“ (ebd., S. 189).<br />

<strong>Die</strong>se Aussage kann auf die im Zuge <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS verstärkte Zusammenar<strong>bei</strong>t verschiedenster<br />

Beschäftigtengruppen übertragen werden. Konflikte stören den angestrebten gradlinigen<br />

Ablauf <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t. „Der Konflikt unterbricht das nach ‚außen’ auf Personen und Aufgaben gerichtete<br />

Erleben und Handeln, wie es für die menschliche Ar<strong>bei</strong>t charakteristisch ist. Er stört diesen kontinuierlichen<br />

Ablauf und muß folglich beseitigt werden, damit das Erleben und Handeln wie<strong>der</strong> konzentriert<br />

möglich wird“ (Berkel 2003, S. 368). Das Bear<strong>bei</strong>ten von Konflikten setzt den Austausch<br />

zwischen den Beteiligten voraus. <strong>Die</strong> vermehrte Interaktion macht zwangsläufig mehr Kommunikation<br />

zwischen den Beschäftigten notwendig.<br />

Ein Mehr an Kooperation wird häufig als positive Ar<strong>bei</strong>tsituation dargestellt, was von den Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

jedoch k<strong>eines</strong>wegs ausschließlich als solche empfunden wird. Es müssen gemeinsame Entscheidungen<br />

getroffen werden. Abstimmungen und Regelungen zwischen den Beschäftigten sind mitunter<br />

ein langwieriger Prozess, <strong>der</strong> zunächst länger dauert als die vormals üblichen Anweisungen durch die<br />

Vorgesetzten (vgl. Minssen 1999, S. 83).<br />

24<br />

25<br />

„Das Konzept <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t erlebte seine x-te Auflage in einer ‚teilautonomen Gruppenar<strong>bei</strong>t’, die darauf ausgerichtet<br />

war ‚Produzentenintelligenz’ zu mobilisieren, um gleichsam in einem Zuge wirtschaftlichen und sozialen<br />

Fortschritt, Effizienzsteigerung und Humanisierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t zu erreichen“ (Lacher 2000, S. 134). In den Vereinbarungen<br />

<strong>der</strong> Unternehmen zum Thema Gruppenar<strong>bei</strong>t findet sich <strong>der</strong> Vorsatz, mehr Verantwortung an die Gruppen<br />

zu übertragen: ‚job-rotation’, Übernahme <strong>der</strong> An- und Abwesenheitssteuerung, die Übernahme vormals indirekter<br />

Tätigkeiten, die Ar<strong>bei</strong>t an kontinuierlichen Verbesserungen sind Beispiele für die Aufgaben <strong>der</strong> Gruppen (vgl. ebd).<br />

Von einer einheitlichen Form von Gruppenar<strong>bei</strong>t kann we<strong>der</strong> im Vergleich verschiedener Betriebe noch betriebsintern<br />

gesprochen werden (vgl. Minssen 1999, S. 35).<br />

Minssen stellt genannte Aspekte <strong>der</strong> Kooperation im Zusammenhang von Fertigungsgruppen dar. In einer von<br />

Minssen veröffentlichten Untersuchung werden Probleme dargestellt, die infolge <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> von Gruppenar<strong>bei</strong>t<br />

entstehen. <strong>Die</strong> Untersuchung <strong>bei</strong>nhaltet eine in den Jahren 1996-98 durchgeführte Erhebung in drei Betrieben. <strong>Die</strong><br />

Daten wurden mittels Dokumentenanalyse, Experteninterviews, mehrwöchiger teilnehmen<strong>der</strong> Beobachtung und Betriebsbesuchen<br />

erhoben (vgl. Minssen 1999).<br />

21


Nach Oeljenbruns lässt sich aus <strong>der</strong> Analyse von Fallstudien erfolgreich eingeführter Produktionssysteme<br />

eine Än<strong>der</strong>ung im Ar<strong>bei</strong>tnehmer-Management-Verhältnis erkennen. Vertrauen und gegenseitiger<br />

Respekt kennzeichnen das Miteinan<strong>der</strong>. Das gemeinsame Erar<strong>bei</strong>ten von Problemlösungen<br />

und nicht die Suche nach Verantwortlichen, das Anerkennen persönlicher Fähigkeiten und nicht das<br />

Agieren über das Ausspielen von Hierarchiepositionen stehen im Vor<strong>der</strong>grund (vgl. Oeljenbruns<br />

2000, S. 166).<br />

<strong>Die</strong> dargestellten Punkte sind als exemplarisch zu betrachten, um zu verdeutlichen, welche Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS an die Meister stellt. Es sind Situationen, mit denen die Meister<br />

selbst konfrontiert werden. Gleichzeitig kommt ihnen die Aufgabe zu, die Situationen den Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

verständlich zu machen und sie an <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> zu beteiligen.<br />

2.5. Darstellung wesentlicher Aspekte<br />

Mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS wird <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Dezentralisierung einer vormals bürokratischzentralisierten<br />

Planung und Steuerung <strong>der</strong> Prozesse im Unternehmen weiter fortgesetzt. <strong>Die</strong> seit den<br />

1990er Jahren begonnene <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Methoden <strong>der</strong> Lean Production wird fortgeführt. <strong>Die</strong> Einführung<br />

dieser Methoden, die in <strong>der</strong> Vergangenheit häufig unabhängig voneinan<strong>der</strong> erfolgte, soll<br />

nunmehr mit einem <strong>ganzheitlichen</strong> Blick auf alle Prozesse systematisch vorgenommen werden (vgl.<br />

Kapitel 2.1).<br />

Ein GPS setzt sich aus unterschiedlichen miteinan<strong>der</strong> in Wechselwirkung stehenden Elementen zusammen,<br />

denen Methoden und Werkzeuge zur <strong>Umsetzung</strong> zugeordnet werden. Der Erfolg <strong>eines</strong> GPS<br />

ist letztendlich von den Menschen abhängig, die die Methoden und Werkzeuge konsequent anwenden<br />

müssen. Das Ziel, eine kontinuierliche Verbesserung <strong>der</strong> Prozessabläufe, soll durch eine systematische<br />

Anwendung <strong>der</strong> Methoden, eine Zusammenar<strong>bei</strong>t aller Beteiligten und durch Transparenz<br />

<strong>der</strong> Prozesse erreicht werden. <strong>Die</strong>s setzt je nach vorhandenen Gegebenheiten in den Unternehmen<br />

zahlreiche Verän<strong>der</strong>ungen voraus (vgl. Kapitel 2.2, 2.3).<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS ist ein Verän<strong>der</strong>ungsprozess. Das Vorgehen entscheidet über die Akzeptanz<br />

<strong>der</strong> geplanten Verän<strong>der</strong>ungen seitens <strong>der</strong> Betroffenen. Dafür wurden die Beachtung <strong>der</strong> Kriterien,<br />

Information über Ziele, Inhalte und Vorgehen, eine dialogische Kommunikation über das Vorhaben,<br />

<strong>der</strong> konstruktive Umgang mit Wi<strong>der</strong>ständen und die Beteiligung aller als wichtig benannt.<br />

Den Meistern kommt aufgrund ihrer Nähe zu den operativ tätigen Mitar<strong>bei</strong>tern eine wichtige <strong>Rolle</strong><br />

zu. Das Management gibt den Rahmen vor, die <strong>Umsetzung</strong> jedoch erfolgt bottom up (vgl. Kapitel<br />

2.4).<br />

Als Anfor<strong>der</strong>ungen für eine erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS werden folgende Punkte als wichtig<br />

angesehen:<br />

- die Bereitschaft, alle Ar<strong>bei</strong>tsabläufe transparent zu machen und auch lang eingeschliffene<br />

Abläufe in Frage zu stellen, um kontinuierliche Verbesserungen zu erzielen<br />

- eine Fehlerkultur, in <strong>der</strong> in Fehlern eine Chance für Verbesserungen gesehen wird<br />

22


- das Aufspüren <strong>der</strong> Fehlerursachen (wo<strong>bei</strong> es nicht um die Suche nach Schuldigen, son<strong>der</strong>n<br />

um das Finden von nachhaltigen Lösungen geht)<br />

- ein kooperativer Umgang aller Beteiligten, auf vertikaler wie auf horizontaler Ebene<br />

- Kommunikation zwischen allen Beteiligten und <strong>der</strong> Umgang mit gruppendynamischen<br />

Effekten (vgl. Kapitel 2.4.2)<br />

Genannte Aspekte bilden die Basis zur Klärung <strong>der</strong> Frage, welche Probleme sich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>eines</strong> GPS, fokussiert auf die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>, in <strong>der</strong> Praxis identifizieren lassen. Bevor die Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> Untersuchung vorgestellt werden, werden die Anfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong><br />

beschrieben.<br />

23


3. <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> Ganzheitlichen<br />

Produktionssystems<br />

„Man kann nicht nicht führen“<br />

(Rosenstiel 26 )<br />

Im folgenden Kapitel wird die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS beschrieben. Unter<br />

einer <strong>Rolle</strong> kann ein „in sich konsistentes Bündel normativer Verhaltenserwartungen“ verstanden<br />

werden, „die sich an die Inhaber bestimmter Positionen richten (...). Wir können damit unter einer<br />

<strong>Rolle</strong> auch ein gleichmäßiges und regelmäßiges Verhaltensmuster verstehen, das mit einer Position<br />

in einem sozialen System assoziiert wird“ (Weibler 2001, S. 44f). Um zur erfolgreichen <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>eines</strong> GPS <strong>bei</strong>zutragen, werden verschiedene Anfor<strong>der</strong>ungen an den Meister als Führungskraft gestellt.<br />

„Führung wird als zielorientierte, wechselseitige und soziale Beeinflussung zur Erfüllung gemeinsamer<br />

Aufgaben in und mit einer strukturierten Ar<strong>bei</strong>tssituation definiert. Sie vollzieht sich zwischen<br />

hierarchisch unterschiedlich gestellten Personen“ (Wun<strong>der</strong>er 2000, S. 19). Ergebnisse einer<br />

Studie 27 zeigen, dass eine entscheidende Voraussetzung für die erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS<br />

eine aktive, för<strong>der</strong>nde, aber auch for<strong>der</strong>nde <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Führungskraft ist (vgl. Barthel, Korge 2002, S.<br />

27).<br />

Um zu verdeutlichen, welche Anfor<strong>der</strong>ungen an die Meister gestellt werden, sollen zunächst markante<br />

Punkte in <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> industriellen Meisterrolle beschrieben werden. Hierdurch wird veranschaulicht,<br />

wie sich die <strong>Rolle</strong> in den letzten Jahren verän<strong>der</strong>t hat.<br />

3.1. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> industriellen Meisterrolle<br />

Der Aufgabenbereich <strong>des</strong> industriellen <strong>Meisters</strong> hat sich gewandelt. War es früher Schwerpunkt seiner<br />

Tätigkeit, die korrekte Ausführung <strong>der</strong> operativen Prozesse zu überwachen und unternehmenspolitische<br />

Entscheidungen in Regeln und Vorgaben zu übersetzen, gehört es heute zu seinen Aufgaben,<br />

einen Rahmen zu gestalten, in dem die Mitar<strong>bei</strong>ter ihnen gestellte Aufgaben möglichst selbstständig<br />

umsetzen können (vgl. Kleinau 2005, S. 28f).<br />

Taylor konzipierte ein extrem ar<strong>bei</strong>tsteiliges Funktionsmeistersystem (vgl. ebd., S. 14). 28 Alle planerischen<br />

Aufgaben wurden von Ingenieuren übernommen (vgl. Kopp, Winther 1996, S. 322). In den<br />

Fabriken von Ford wurden die Ar<strong>bei</strong>tskräfte als technischer Produktionsfaktor angesehen. Es war die<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Meister, das Personal zu verwalten und zu kontrollieren. <strong>Die</strong> Bedingungen <strong>der</strong> Ferti-<br />

26<br />

27<br />

28<br />

Äußerung in einem Vortrag „Führung - ausgewählte Aspekte <strong>der</strong> angewandten Psychologie“ im Rahmen einer Vortragsreihe<br />

<strong>der</strong> AutoUni <strong>der</strong> Volkswagen AG im Oktober 2007.<br />

Eine Studie zur „Implementierung Ganzheitlicher Produktionssysteme (GPS) in <strong>der</strong> Automobilindustrie“. Es wurden<br />

sechs Brownfield-Werke untersucht, die bereits ein GPS implementiert haben. Im Zentrum <strong>der</strong> Untersuchung standen<br />

Vorgehen und Strategien <strong>der</strong> Führungskräfte (vgl. Barthel, Korge 2002, S. 27).<br />

Danach gab es streng ar<strong>bei</strong>tsteilig, den Aufsichtsmeister, für die Überwachung <strong>des</strong> Ar<strong>bei</strong>tspensums, den Vorrichtungsmeister<br />

für die Bereitstellung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmaterialien, den Geschwindigkeitsmeister für die Überwachung <strong>der</strong><br />

Laufgeschwindigkeiten, den Prüfmeister für die Qualitätskontrolle, den Instandhaltungsmeister für die Wartung <strong>des</strong><br />

Werkzeugs und <strong>der</strong> Anlagen, den Kostenmeister für die Überwachung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>ts- und Produktionszeiten und den<br />

Unterweisungsmeister zur Vermittlung <strong>der</strong> Standards (vgl. Kleinau 2005, S. 14) (vgl. auch Kapitel 2.1).<br />

24


gung wurden durch das Management vorgegeben, Än<strong>der</strong>ungen für den Fertigungsprozess von den<br />

Fachabteilungen erar<strong>bei</strong>tet. In <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> Linienvorgesetzten lag die <strong>Umsetzung</strong> dieser<br />

Vorgaben in <strong>der</strong> Fertigung. Zu den Aufgaben <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> zählten damit: die Ermittlung von Rationalisierungspotentialen,<br />

die Überwachung standardisierter Abläufe, die Weitergabe fertigungsrelevanter<br />

Daten an das Management und das Anlernen und Disziplinieren <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tskräfte (vgl. Kleinau<br />

2005, S. 15).<br />

Durch die zunehmende Automatisierung wurde das Tätigkeitsspektrum <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> stark beeinflusst.<br />

29 Aus <strong>der</strong> immer komplexer werdenden computergestützten Anlagentechnik resultierten neue<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen. Was für einige Meister eine Aufwertung <strong>der</strong> Tätigkeit durch spezifisches technisches<br />

Know-how <strong>bei</strong>nhaltete, stellte für an<strong>der</strong>e eine hohe fachliche Anfor<strong>der</strong>ung dar, <strong>der</strong> mitunter<br />

nicht entsprochen werden konnte. Zurückblickend ging mit dieser Verän<strong>der</strong>ung eine Zunahme technologischer<br />

Kompetenz einher. Zur Hauptaufgabe <strong>der</strong> Meister wurde die Optimierung <strong>der</strong> Fertigungsabläufe<br />

in Bezug auf Produktivität, Qualität und Anlagenverfügbarkeit (vgl. ebd., S. 35f).<br />

Durch die Einführung von Gruppenar<strong>bei</strong>t, welche mit <strong>der</strong> Verlagerung von Verantwortungs- und<br />

Entscheidungskompetenz einhergeht, und <strong>der</strong> Neuorganisation <strong>der</strong> Fertigungsabläufe erfährt die<br />

Meisterrolle eine weitere Verän<strong>der</strong>ung. Im Zuge <strong>der</strong> Dezentralisierung erfolgte die Rückverlagerung<br />

von Funktionen wie Ar<strong>bei</strong>tsvorbereitung, Feinsteuerung, Qualitätssicherung o<strong>der</strong> Instandhaltung in<br />

die Fertigung (vgl. Jaeger 1997, S. 1). Zunehmend wurden frühere Managementaufgaben an die<br />

Meister übergeben, so dass in den Großunternehmen von einer Erweiterung <strong>der</strong> Meisterrolle gesprochen<br />

werden kann (vgl. Kleinau 2005, S. 45ff). Gleichzeitig wurden in vielen Unternehmen die<br />

<strong>Meisters</strong>tellen reduziert (vgl. Brusius 1996, S. 6). <strong>Die</strong>s verlangte einen Wandel vom „Fachmann für<br />

Technik und Prozesse zum Fachmann für Personalführung, Wissensmanagement, Problemlösung<br />

und Komplexitätsbeherrschung“ (Kleinau 2005, S. 61) „So wird eine Än<strong>der</strong>ung von Einstellung und<br />

Verhaltensweisen gefor<strong>der</strong>t, die vielen Meistern nicht gelang und eher zu Unsicherheit, Irritation<br />

und Wi<strong>der</strong>stand führte“ (ebd., S. 45).<br />

Schematische Darstellung wesentlicher Verän<strong>der</strong>ungen:<br />

Frühere Meistertätigkeiten:<br />

Verän<strong>der</strong>te Meistertätigkeiten:<br />

- Abteilungsbezogene Aufgabeneinteilung<br />

- Abteilungsübergreifende Abstimmung<br />

- Bestehende Ar<strong>bei</strong>tsabläufe durchsetzen - kontinuierliche Verbesserung <strong>der</strong> Abläufe<br />

mit <strong>der</strong> Gruppe, Mitwirkung an <strong>der</strong><br />

Planung<br />

29<br />

Wie in Kapitel 2.1 dargestellt wurde, beeinflussen die von Ford angestoßenen Entwicklungen noch heute die Ar<strong>bei</strong>tsorganisation<br />

westlicher Unternehmen. <strong>Die</strong> tayloristisch-fordistisch ausgerichteten Fabriken, die sich an einem<br />

Verkäufermarkt orientierten, erwiesen sich <strong>bei</strong>m Wandel zum Käufermarkt als zu starr und bürokratisch und damit<br />

als zu unflexibel (vgl. Antoni 2000, S. 15). Ein Ansatz, dem zu begegnen, war in den 1980er Jahren die Idee, den<br />

‚Unsicherheitsfaktor Mensch’ durch eine Computer-integrierte Fertigung (CIM) zu ‚neutralisieren’. <strong>Die</strong> Idee, höhere<br />

Effektivität durch Zentralisierung und Minimierung <strong>des</strong> Unsicherheitsfaktors Mensch’ zu erreichen, zeigte sich<br />

schnell als störungsanfällig und schwer zu kontrollieren. Der Ansatz setzte sich nicht durch, beeinflusste aber dennoch<br />

die Entwicklung in den Fabriken (vgl. Kleinau 2005, S. 35).<br />

25


- Fachliche Personalführung - Qualifizierung und Entwicklung <strong>der</strong><br />

Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

Tab. 1: Verän<strong>der</strong>te Meisteraufgaben mit <strong>der</strong> Einführung von Gruppenar<strong>bei</strong>t<br />

(Quelle: vgl. Brusius 1996, S. 5)<br />

Mit <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Tätigkeitsfel<strong>des</strong> gehen auch die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>eines</strong> an<strong>der</strong>en Führungsverhaltens<br />

einher. <strong>Die</strong>ser Führungswandel impliziert, dass sich Meister heute als ‚Coach’ verstehen.<br />

An die Stelle einer anweisenden und kontrollierenden Tätigkeit tritt ein kooperativer Umgang mit<br />

den Mitar<strong>bei</strong>tern (vgl. Oeljenbruns 2000, S. 165f). Das folgende Schaubild verdeutlicht die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

vom autoritären zum kooperativen Führungsstil:<br />

Autoritärer Führungsstil<br />

Wandel<br />

Kooperativer Führungsstil<br />

Der Vorge-<br />

Der Vorgesetzte<br />

Der Vorge-<br />

Der Vorgesetz-<br />

Der Vorgesetzte benennt<br />

Der Vorge-<br />

setzte ent-<br />

entscheidet und<br />

setzte lässt<br />

te legt einen<br />

Probleme und bestimmt<br />

setzte entwi-<br />

scheidet und<br />

befiehlt, be-<br />

Fragen zu,<br />

Plan zur Stel-<br />

den Entscheidungsspiel-<br />

ckelt die<br />

befiehlt.<br />

gründet aber<br />

bevor er<br />

lungnahme<br />

raum, innerhalb <strong>des</strong>sen<br />

Entscheidung<br />

seine Entschei-<br />

entscheidet.<br />

vor, bevor er<br />

<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter entschei-<br />

gemeinsam<br />

dungen.<br />

entscheidet.<br />

det.<br />

mit den Mitar<strong>bei</strong>tern.<br />

Entscheidungen und Anfor<strong>der</strong>ungsbefugnisse<br />

Vorgesetzten<br />

nimmt zu<br />

Freiheitsbereich <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

Abb. 2: Verän<strong>der</strong>ter Führungsstil<br />

(Quelle: Abb. Brusius 1996, S. 13)<br />

Der Meister besetzt aufgrund seiner Position zwischen Planung und Fertigung, zwischen Management<br />

und Beschäftigten eine Schlüsselstelle (vgl. Jaeger 1997, S. 1). Aufgrund dieser Position wird<br />

nach Kleinau das Scheitern zahlreicher Reorganisationsprojekte dem mittleren Management 30 angelastet<br />

(vgl. Kleinau 2005, S. 2). Auch Antoni beschreibt, dass zu den am häufigsten genannten Problemen<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Einführung von Gruppenar<strong>bei</strong>t die mangelnde Unterstützung durch das mittlere Management<br />

zählt (vgl. Antoni 2003, S. 391). Eine Schuldzuweisung, welche die vollständige Verantwortung<br />

dem mittleren Management anlastet, greift sicherlich kurz. Auch <strong>bei</strong> 100 %iger <strong>Rolle</strong>ndeckung<br />

von Anfor<strong>der</strong>ung und Leistung durch den Meister sind für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS die Bedingungen<br />

<strong>des</strong> gesamten Unternehmens, wie Strategie, Struktur und Kultur, entscheidend. <strong>Die</strong> Meister sind<br />

ein, wenn auch strategisch wichtiges, Rädchen im Gesamtprozess (vgl. Doppler, u. a.2002, S. 180).<br />

Welche Erwartungen heute an den Meister gestellt werden, wird in den nächsten Kapiteln genauer<br />

beschrieben.<br />

30<br />

Der Meister gehört je nach Organisation dem unteren o<strong>der</strong> dem mittleren Management an. Kleinau bezeichnet die<br />

Hierarchieebene <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> als das ‚mittlere Management’(vgl. Kleinau 2005, S. 2).<br />

26


3.2. <strong>Die</strong> Vielfalt <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong>nanfor<strong>der</strong>ung<br />

„Führung ist eine differenzierte Funktion, die sich aus einer Reihe von Elementen, <strong>Rolle</strong>n und Teilfunktionen<br />

zusammensetzt“ (Doppler u. a.2002, S. 165). Es müssen Unternehmensentscheidungen<br />

umgesetzt werden, <strong>der</strong> technisch-organisatorische Produktionsablauf gesteuert und Qualitäts- und<br />

Kostencontrolling durchgeführt werden. Da<strong>bei</strong> steht <strong>der</strong> Meister zwischen <strong>der</strong> Verpflichtung nach<br />

'oben', genannte Ziele umzusetzen, und <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ung von 'unten', ebenso im Interesse <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

zu handeln. Außerdem vertritt <strong>der</strong> Meister seinen Bereich auf horizontaler Ebene mit dem Ziel<br />

<strong>der</strong> <strong>ganzheitlichen</strong> Optimierung <strong>der</strong> Prozesse (vgl. Kleinau 2005, S. 66). „Führungskräfte müssen in<br />

ihrem Alltag sehr unterschiedlichen, nicht selten auch gegensätzlichen Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht werden“<br />

(Schulz von Thun 2006, S. 15).<br />

Es obliegt dem Meister, sein Führungsverhalten zwischen den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Aufgabenerfüllung,<br />

den von den Mitar<strong>bei</strong>tern gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen und <strong>der</strong> Beteiligung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter auszurichten.<br />

<strong>Die</strong> Mitar<strong>bei</strong>terorientierung zeigt sich im Verhalten <strong>der</strong> Führungskraft <strong>bei</strong>spielsweise durch<br />

das Beachten <strong>des</strong> Wohlergehens <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter, dem Bemühen um ein gutes Verhältnis, <strong>der</strong> gleichberechtigten<br />

Behandlung, <strong>der</strong> Unterstützung sowie dem Einsatz für die Beschäftigten gegenüber dem<br />

Management. Der Aufgabenorientierung lassen sich Verhaltensweisen wie das Tadeln schlechter<br />

Ar<strong>bei</strong>t, das Anregen langsam ar<strong>bei</strong>ten<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter zu schnellerer Ar<strong>bei</strong>t, das Durchgreifen im Interesse<br />

<strong>des</strong> Unternehmens, die Auffor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter durch Druck sowie das Bemühen gegenüber<br />

leistungsschwachen Mitar<strong>bei</strong>tern, mehr aus sich heraus zu holen, zuordnen. Partizipation<br />

<strong>bei</strong>nhaltet das Einbeziehen <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter in betriebliche Entscheidungsprozesse, die Einfluss auf<br />

den Ar<strong>bei</strong>tsprozess nehmen. Das Maß <strong>der</strong> Beteiligung muss <strong>der</strong> Qualifikation <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter entsprechen.<br />

<strong>Die</strong> Frage sinnhafter Ausprägung je<strong>der</strong> Richtung ist in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Situation zu<br />

sehen (vgl. Rosenstiel 2003, S. 13). „Es gibt nicht ‚die’ optimalen Führungseigenschaften, nicht<br />

‚den’ besten Führungsstil, nicht ‚das’ ideale Führungsverhalten. Je nach Situation müssen die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

in jeweils an<strong>der</strong>er Weise präzisiert werden“ (ebd., S. 14). 31<br />

Letztlich befindet sich <strong>der</strong> Meister damit in einem Spannungsverhältnis zwischen <strong>der</strong> Aufgabenerfüllung<br />

(Effektivität) und den Bedürfnissen seiner Mitar<strong>bei</strong>ter (Humanität). Mit dem Werte- und Entwicklungsquadrat<br />

von Schulz von Thun lässt sich veranschaulichen, dass zunächst gegensätzlich<br />

wirkende Anfor<strong>der</strong>ungen ohne einen Ausgleich <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en Seite in ein negatives Verhalten<br />

abrutschen können.<br />

31<br />

Beispiel: Eine Führungskraft, die sich ihren Mitar<strong>bei</strong>tern gegenüber sehr distanziert verhält und ein Forschungsteam<br />

von hoch qualifizierten Menschen leitet, kann durch Wertschätzung <strong>der</strong> Fachlichkeit von den Mitar<strong>bei</strong>tern als sehr<br />

gute Führungskraft angesehen werden (für alle steht die Aufgabe im Vor<strong>der</strong>grund) - leitet diese Führungskraft ein<br />

Team von nicht qualifizierten Mitar<strong>bei</strong>tern, die eintönige, einfache Tätigkeiten verrichten, und verhält sich ihnen<br />

gegenüber genauso distanziert, kann es zu Schwierigkeiten in <strong>der</strong> Akzeptanz kommen. Hier ist die Mitar<strong>bei</strong>terorientierung<br />

von größerer Bedeutung (vgl. Rosenstiel 2003, S. 14).<br />

27


Effektivität<br />

Aufgabenerfüllung<br />

Effektive Aufgabenerfüllung<br />

„<strong>Die</strong> Zahlen müssen stimmen“<br />

führt <strong>bei</strong> Übertreibung<br />

zu<br />

Rücksichtslosem Profitstreben,<br />

ohne Respektierung <strong>der</strong> Menschenwürde<br />

Humanität<br />

Mitar<strong>bei</strong>terorientierung<br />

Zufriedenheit <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

Den Mitar<strong>bei</strong>ter als wichtigstes<br />

Kapital sehen und behandeln<br />

führt <strong>bei</strong> Übertreibung<br />

zu<br />

Übertriebenem Sozialgebaren,<br />

ohne Orientierun


Das <strong>Rolle</strong>nverständnis <strong>eines</strong> Coaches bedingt ein positives Menschenbild. Um im eigenen Verständnis<br />

<strong>der</strong> ‚Entwickler <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter’ zu sein, ist es notwendig, den Menschen mit Zutrauen zu begegnen,<br />

an vorhandenen Fähigkeiten anzuknüpfen und individuelle Wege zu begleiten. Das Erkennen<br />

und För<strong>der</strong>n beson<strong>der</strong>er Fähigkeiten <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter gehört zur Aufgabe <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>. Es bedarf <strong>der</strong><br />

Überzeugung, dass Mitar<strong>bei</strong>ter über kreative Ideen verfügen und diese einbringen wollen, um zum<br />

Unternehmenserfolg <strong>bei</strong>zutragen. Nach Herzberg ist die Begrenzung von Individualität, Kreativität<br />

und Entwicklung sowie fehlende Anerkennung ursächlich für Demotivation (vgl. Ulich 2005, S.<br />

47f). 35 Führungskräfte sollen ihre Mitar<strong>bei</strong>ter motivieren. Sie agieren als Wegbereiter und achten<br />

darauf, dass die Mitar<strong>bei</strong>ter die richtigen Erfahrungen machen, ohne selbst konkrete Vorschläge zu<br />

geben, die den Raum zum Experimentieren nehmen würden. <strong>Die</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter sollen angeregt werden,<br />

kreative Lösungen zu entwickeln, um das Ziel, eine durch das Individuum angetriebene kontinuierliche<br />

Verbesserung, zu erreichen. „Kreatives Handeln bedeutet auch, Freiräume zulassen, um Neues<br />

auszuprobieren, Fehler machen und aus ihnen zu lernen, (...)“ (Regnet 2003, S. 58). Dazu müssen<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter Problemlösungskompetenz entwickeln (vgl. Spear 2004, S. 47). „<strong>Die</strong> Führungskraft<br />

stellt Fragen über eine bestimmte Situation und über die Strategie <strong>des</strong> Mitar<strong>bei</strong>ters zur Reaktion<br />

darauf, aber sie wird die Antwort nicht selbst geben, auch wenn sie sie kennt“ (Liker 2007, S. 261).<br />

Fragen geben dem Mitar<strong>bei</strong>ter die Möglichkeit <strong>der</strong> selbständigen Ar<strong>bei</strong>t. Der Meister kann durch die<br />

gegebenen Antworten einschätzen, ob <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter im Sinne <strong>der</strong> Unternehmensziele auf dem richtigen<br />

Weg ist und an welcher Stelle <strong>des</strong> Weges er steht (vgl. Whitmore 2006, S. 53).<br />

Der Meister übernimmt eine Vermittlerposition zwischen <strong>der</strong> strategischen Ebene und <strong>der</strong> operativen<br />

Ebene und umgekehrt. <strong>Die</strong> Vielzahl <strong>der</strong> im Unternehmen vorhandenen Informationen müssen gefiltert<br />

werden, um das für die Mitar<strong>bei</strong>ter relevante Wissen in adäquater Form weitergeben zu können.<br />

Es gilt, die strategischen Entscheidungen in verständliche Informationen zu übersetzen und diese<br />

nicht nur im Sinne einer Einwegkommunikation weiterzugeben, son<strong>der</strong>n Möglichkeiten zur Diskussion<br />

anzubieten (vgl. Kleinau 2005, S. 67).<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS, die darauf setzt, die Potentiale <strong>der</strong> Belegschaft nutzbar zu machen, erfor<strong>der</strong>t<br />

einen kooperativen Führungsstil, um einen starken Bottum-up-Prozess zu erzeugen (vgl. Dickmann<br />

2006, S. 88). Als Kriterien für die kooperative Führung werden vor allem die Beteiligung an<br />

Entscheidungen und die Art <strong>der</strong> Beziehung zwischen Mitar<strong>bei</strong>tern und Führungskraft, die von partnerschaftlicher<br />

Orientierung geprägt ist, benannt (vgl. Kieser 1987, S. 1257). Wun<strong>der</strong>er unterscheidet<br />

zwei Dimensionen kooperativer Führung: <strong>Die</strong> „partizipative Dimension“ (Wun<strong>der</strong>er 2000, S. 276)<br />

umfasst das ‚Teilhaben’ <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter in Form von Informationen, dem Recht, eine Begründung zu<br />

erhalten, Vorschläge machen zu können o<strong>der</strong> dem Treffen kollegialer Entscheidungen. <strong>Die</strong> „prosoziale<br />

Dimension“ (ebd., S. 277) versteht er als ‚Teilnahme’ <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter, durch Kommunikation,<br />

Offenheit und Vertrauen, Verständnis, Akzeptanz und Toleranz, wechselseitiges helfen<strong>des</strong> und soli-<br />

35<br />

Nach <strong>der</strong> ‚Zwei-Faktoren-Theorie’ von Herzberg werden Zufriedenheit und Unzufriedenheit an <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t von verschiedenen<br />

Faktoren beeinflusst. Zufriedenheit ist danach abhängig von <strong>der</strong> Tätigkeit selbst, <strong>der</strong> Möglichkeit, etwas<br />

zu leisten und sich weiter zu entwickeln, von Verantwortung, den Aufstiegsmöglichkeiten und <strong>der</strong> Anerkennung. Zu<br />

Unzufriedenheit tragen die Gestaltung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsbedingungen, die Beziehungen zu Ar<strong>bei</strong>tskollegen und zu den<br />

Vorgesetzten, die Firmenpolitik und die Administration, die Entlohnung und die Sicherheit <strong>des</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplatzes <strong>bei</strong><br />

(vgl. Ulich 2006, S. 47).<br />

29


darisches Verhalten, einen konstruktiven Umgang mit Konflikten sowie Kompromiss- und Konsensfähigkeit.<br />

36 Kooperative Führung benötigt die Ausprägung <strong>bei</strong><strong>der</strong> Dimensionen. <strong>Die</strong> Wirkung kooperativer<br />

Führung auf die Motivation <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter ist nicht verallgemeinernd zu beschreiben. Individuelle<br />

Bedürfnis- und Motivationsstrukturen <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter bedingen letztlich unterschiedliche<br />

Wirkweisen (vgl. ebd., S.276ff). <strong>Die</strong> kooperative Führung könnte nach Wun<strong>der</strong>er ein „historisches<br />

Übergangskonzept“ (ebd., S.284) sein; von den eher auf den Vorgesetzten gerichteten Einflussformen<br />

hin zu einer mitar<strong>bei</strong>terzentrierten Selbstorganisation (vgl. ebd.).<br />

3.2.2. Der Meister als Verän<strong>der</strong>ungsmanager<br />

Zielgerichtete Verän<strong>der</strong>ungen passieren nicht von allein (vgl. Doppler, Lauterburg 2005, S. 81). <strong>Die</strong><br />

Position <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> ermöglicht den nahen Kontakt zu den Mitar<strong>bei</strong>tern, so dass er in seiner <strong>Rolle</strong><br />

<strong>des</strong> ‚Verän<strong>der</strong>ungsmanagers’ die Verantwortung für die Steuerung und <strong>Umsetzung</strong> geplanter Verän<strong>der</strong>ungen<br />

in seinem Bereich trägt. <strong>Die</strong>s <strong>bei</strong>nhaltet die Planung gemäß den Vorgaben <strong>des</strong> Unternehmens,<br />

die Durchsetzung entsprechen<strong>der</strong> Maßnahmen, die Kontrolle <strong>des</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozesses sowie<br />

die emotionale Unterstützung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter. Der Meister lenkt die <strong>Umsetzung</strong> struktureller<br />

Än<strong>der</strong>ungen sowie die Herangehensweisen <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter (vgl. Kleinau 2005, S. 67f).<br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozesse sind davon gekennzeichnet, dass Menschen, sofern sie sich in ihrem gewohnten<br />

Zustand einigermaßen wohlfühlen, in den ihnen bekannten Routinen verharren wollen. Der Meister<br />

wird im Verän<strong>der</strong>ungsprozess mit Wi<strong>der</strong>ständen <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter konfrontiert. 37 Ursächlich ist<br />

letztlich die Angst vor Herausfor<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> Neuem und damit Unbekannten. <strong>Die</strong>sen Ängsten zu<br />

begegnen, sie zunächst wahrzunehmen, zu lokalisieren und zu bear<strong>bei</strong>ten, ist eine Aufgabe <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>.<br />

<strong>Die</strong>s setzt einen empathischen Umgang mit den Mitar<strong>bei</strong>tern voraus, <strong>der</strong> Vertrauen entstehen<br />

lässt (vgl. Kneer 2005, S. 51ff). <strong>Die</strong> Aufgabe <strong>der</strong> Führungskraft ist es, diesen Wi<strong>der</strong>ständen konstruktiv<br />

zu begegnen. Konkret heißt das:<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

den Beteiligten das Gefühl geben, dass das Projekt ihr eigenes ist und nicht <strong>eines</strong>, das von<br />

an<strong>der</strong>en entworfen wurde<br />

die Unterstützung <strong>des</strong> Managements einfor<strong>der</strong>n<br />

den Nutzen <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen für die Tätigkeiten <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter verdeutlichen<br />

Werte kommunizieren<br />

die Möglichkeit neuer Erfahrungshorizonte darstellen<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter konsequent in die Diagnose notwendiger Verän<strong>der</strong>ungen einbeziehen (vgl.<br />

36<br />

37<br />

Als problematische Aspekte dieses Führungsstils in <strong>der</strong> Praxis sieht Wun<strong>der</strong>er die ungleiche Ausprägung <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den<br />

Dimensionen. So sei in <strong>der</strong> betriebswirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Diskussion die partizipative Dimension<br />

vor<strong>der</strong>gründig. „Da<strong>bei</strong> dominieren »strukturelle Optimisten«, die zugleich von tiefem Misstrauen gegenüber<br />

<strong>der</strong> menschlichen Natur erfüllt sind (»interaktive Pessimisten«) - v.a. sofern mit Positionsmacht ausgestattet“<br />

(Wun<strong>der</strong>er 2000, S. 279). <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>e Dimension werde hingegen bevorzugt von Psychologen und Soziologen ins<br />

Blickfeld gerückt (vgl. ebd.).<br />

„Bei Siemens gab es die berühmten drei D: „Das ham wir schon immer so g'macht', 'Da könnte ja je<strong>der</strong> kommen',<br />

'Das ham wir noch nie so g'macht'. Also am besten alles <strong>bei</strong>m Alten belassen.“ (Kneer 2005, S. 51) (vgl. dazu auch<br />

Kapitel 2.5.1)<br />

30


Becker, Langosch 1995, S. 195).<br />

Ein zentraler Bestandteil von GPS ist die kontinuierliche Verbesserung <strong>der</strong> Prozesse. „Will man den<br />

kontinuierlichen Verbesserungsprozess zum Leben bringen, muss man mehr Verantwortung und<br />

Verantwortlichkeit an die Mitar<strong>bei</strong>ter übertragen. Umgekehrt bedarf es dazu aber auch Mitar<strong>bei</strong>tern,<br />

die in <strong>der</strong> Lage sind, diese Verantwortung zu übernehmen und die gelernt haben, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Gestaltung<br />

<strong>des</strong> Produktionsprozesses im Sinne <strong>des</strong> Unternehmens zu denken und zu handeln und ihrerseits<br />

ihre Kollegen im Team zum Mitdenken und Mithandeln anhalten können“ (Becker 2006, S.<br />

212). <strong>Die</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter einzubinden und Vorschläge <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter positiv aufzunehmen und gemeinsam<br />

auf Machbarkeit zu überprüfen, ist eine weitere wichtige Aufgabe <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>.<br />

Das Bindeglied zwischen den genannten Punkten ist die Kommunikation beziehungsweise Interaktion<br />

<strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> mit den Mitar<strong>bei</strong>tern bzw. dem Management. Kommunikation ist die zentrale Aufgabe<br />

<strong>der</strong> Führungskraft (vgl. Regnet 2003, S. 206). Entscheidend da<strong>bei</strong> ist die Art und Weise <strong>der</strong><br />

Kommunikation. Zu unterscheiden ist die Einwegkommunikation als Weitergabe von Informationen,<br />

von <strong>der</strong> Zweiwegkommunikation als Möglichkeit <strong>des</strong> Dialogs, <strong>der</strong> Diskussion und <strong>des</strong> Austauschs.<br />

„Menschen lernen und verän<strong>der</strong>n ihr Verhalten praktisch nur durch direkte Kommunikation“<br />

(Doppler, Lauterburg 2005, S. 337). <strong>Die</strong> direkte Kommunikation gibt dem Meister die Möglichkeit,<br />

Stimmungen wahrzunehmen und im Gespräch mit den Mitar<strong>bei</strong>tern vorhandene Skepsis abzubauen.<br />

<strong>Die</strong> vor Ort wahrgenommenen Stimmungen und die Einschätzung <strong>der</strong> emotionalen Situation sind<br />

gerade in <strong>der</strong> Phase <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung wichtige Informationen für die Gestaltung <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>svorhabens.<br />

<strong>Die</strong> Aufgabe <strong>der</strong> Meister ist es, diese wahrzunehmen, auf ihre Bedeutung in Bezug auf die<br />

Unternehmensstrategie zu prüfen und im Management zu kommunizieren (vgl. Kleinau 2005, S. 66).<br />

„Konstruktiver Umgang mit Wi<strong>der</strong>ständen ist (...) einer <strong>der</strong> zentralen Erfolgsfaktoren <strong>bei</strong>m Management<br />

von Verän<strong>der</strong>ungen“ (Doppler, Lauterburg 2005, S. 323). Um diesen Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht<br />

werden zu können, ist eine aktive Führung und damit Zeit vor Ort notwendig (vgl. Kneer 2005, S.<br />

310).<br />

Negative Erfahrungen mit Verän<strong>der</strong>ungsprojekten, die nicht konsequent umgesetzt o<strong>der</strong> mit negativen<br />

Folgen versehen waren, begründen Skepsis auf Seiten <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter und <strong>der</strong> Meister (vgl.<br />

Kleinau 2005, S. 16). Dadurch kann für den Meister eine innere Konfliktsituation entstehen (Interrollenkonflikt).<br />

Er soll die Mitar<strong>bei</strong>ter überzeugen, obwohl er selbst nicht überzeugt ist. Leichter fallen<br />

wird ihm dies, wenn er eine Notwendigkeit in den Verän<strong>der</strong>ungen sieht. Signalisiert er fehlen<strong>des</strong><br />

Interesse für die Mitar<strong>bei</strong>ter, ist unfähig, konstruktiv mit Fehlern umzugehen, hat keine Zeit für die<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter, was schnell als fehlen<strong>des</strong> Interesse gedeutet wird, sind dies kontraproduktiv wirkende<br />

Verhaltensweisen <strong>der</strong> Führungskraft (vgl. Kneer 2005, S. 53ff).<br />

Ein zufriedenstellen<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozess gelingt nur, wenn die Führungskräfte aller Ebenen verinnerlichen,<br />

dass <strong>der</strong> Mensch <strong>der</strong> Erfolgsfaktor im Unternehmen ist und das Ziel <strong>der</strong> kontinuierlichen<br />

Verbesserung nur zu erreichen ist, wenn sich je<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter daran beteiligt fühlt (vgl. Brosse<strong>der</strong><br />

1994, S. 80). Gerade auf strategischer Ebene getroffene Verän<strong>der</strong>ungsentscheidungen lösen <strong>bei</strong> den<br />

Mitar<strong>bei</strong>tern Unsicherheiten aus, die in Sicherheit und klare Orientierung gewandelt werden müssen.<br />

<strong>Die</strong> eventuell selbst empfundene Unsicherheit seitens <strong>der</strong> Meister lässt diese Aufgabe mitunter para-<br />

31


dox erscheinen. Letztlich muss er die getroffenen Entscheidungen mit seinen Mitar<strong>bei</strong>tern umsetzen.<br />

Auch wenn sich in <strong>der</strong> Praxis Zielsetzungen mitunter zu wi<strong>der</strong>sprechen scheinen, gilt es, die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter, <strong>der</strong> Kunden und <strong>des</strong> Managements unter einen Hut zu bringen. Der Meister<br />

fungiert als Vorbild für seine Mitar<strong>bei</strong>ter. Er ist nicht nur fachlicher Ansprechpartner, son<strong>der</strong>n<br />

auch für ein positives und konstruktives Ar<strong>bei</strong>tsklima verantwortlich (vgl. Regnet 2003, S. 62).<br />

3.2.3. Der Meister als Effektivitätsmanager<br />

Der Meister ist <strong>der</strong> Effektivitätsmanager für seinen Bereich. Er soll als ‚Unternehmer im Unternehmen’<br />

agieren. Ein Unternehmer zeichnet sich durch die betriebswirtschaftliche Verantwortung aus<br />

und muss die Produktivität, also Kosten in Beziehung zur Stückzahl, die Qualität und die Liefertreue<br />

im Auge haben. Er fühlt sich in hohem Maße verantwortlich für sein Unternehmen und muss für effiziente<br />

und effektive Prozessabläufe sorgen (vgl. Kneer 2005, S. 51). Er zeigt ein hohes Maß an Eigeninitiative<br />

und Kreativität, er setzt sich permanent und aktiv mit seinem Umfeld auseinan<strong>der</strong>, ist<br />

darauf bedacht, die eigenen Fähigkeiten ständig zu erweitern, und befasst sich mit den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Zukunft. Er entwickelt eigene Unternehmensziele, entscheidet selbstverantwortlich und zeigt<br />

hohe Identifikation und Leistungsbereitschaft. Probleme werden nicht einfach delegiert. <strong>Die</strong> Führungskraft<br />

übernimmt die Verantwortung für eine gemeinschaftlich getroffene Entscheidung (vgl.<br />

ebd., S. 127f). Wun<strong>der</strong>er definiert das Unternehmertum als „die aktive und effiziente Unterstützung<br />

<strong>der</strong> Unternehmensstrategie durch problemlösen<strong>des</strong>, sozialkompetentes und umsetzen<strong>des</strong> Denken und<br />

Handeln einer möglichst großen Anzahl von Mitar<strong>bei</strong>tern aller Hierarchie- und Funktionsbereiche<br />

mit hoher Eigeninitiative und Verantwortung“ (Wun<strong>der</strong>er 2000, S. 109). 38 <strong>Die</strong> Wandlung von einer ar<strong>bei</strong>tnehmenden<br />

Führungskraft zu einem ‚Unternehmer im Unternehmen’ ist allerdings nur möglich, wenn diese damit einhergehende<br />

Entscheidungsbefugnis vom Management gewollt und <strong>der</strong> Rahmen entsprechend gestaltet ist. Dazu zählt<br />

auch die Kosten- und Budgetverantwortung für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Reale Entscheidungsfreiräume und<br />

Budgetverantwortung zu schaffen, ist gerade in Großunternehmen schwierig. <strong>Die</strong> Meister ar<strong>bei</strong>ten mit klaren Zielvorgaben;<br />

das einzusetzende Personal, die Anzahl <strong>der</strong> zu fertigenden Produkte pro Zeiteinheit und <strong>der</strong> Materialverbrauch sind<br />

vorgegeben, wodurch <strong>der</strong> Entscheidungsspielraum <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> begrenzt ist (vgl. Kleinau 2005, S. 57).<br />

Neben <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ung an die Führungskraft, selbst unternehmerisch zu denken und zu handeln,<br />

gehört es zu seiner Aufgabe, alle am Prozess Beteiligten, seien es Vorgesetzte, Kollegen o<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter,<br />

für das unternehmerische Denken und Handeln zu gewinnen und damit nach ständiger Weiterentwicklung<br />

zu streben (vgl. Geiger 1994, S. 76). <strong>Die</strong> unternehmerische Mitar<strong>bei</strong>terführung ist so<br />

die „innovations-, integrations- und umsetzungsgerichtete soziale Beeinflussung, Koordination und<br />

För<strong>der</strong>ung“ (Wun<strong>der</strong>er 2000, S. 109) <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> gemeinsamen Aufgabe.<br />

<strong>Die</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisationsform Gruppenar<strong>bei</strong>t setzt auf ein hohes Maß an Selbstregulation in <strong>der</strong> Leistungsbereitschaft<br />

<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter. Im Sinne <strong>des</strong> Effektivitätsmanagers hat <strong>der</strong> Meister die Aufgabe,<br />

38<br />

In diesem Zusammenhang ist auch von Intrapreneurship die Rede. „<strong>Die</strong>ser Kunstbegriff ist von Inchot (1985) in die<br />

Diskussion eingeführt worden und hat rasch Anklang und Verbreitung gefunden. Intrapreneur ist eine Wortneubildung<br />

(zusammengezogen aus 'Intracorporative Entrepreneur'), die mit dem Kontrast zu 'Entrepreneur' (Unternehmer)<br />

spielt und ihn im Unternehmen (intra!) propagiert. Gemeint ist <strong>der</strong> Unternehmer im Unternehmen“(Neuberger<br />

2002, S. 212f).<br />

32


aktive Mitar<strong>bei</strong>ter weiter zu för<strong>der</strong>n und passive Mitar<strong>bei</strong>ter zu stärken, um vorhandenes Potential in<br />

Energie für das Unternehmen umzusetzen (vgl. Dombrowski 2002, S. 49f). 39<br />

Wun<strong>der</strong>er sieht eine hohe Kompatibilität <strong>der</strong> kooperativen Führung mit dem Mitunternehmertum,<br />

„(…) insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> prosozialen Dimension. Durch die proaktive Einbindung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

in Entscheidungsprozesse und die hohe Interaktionsdichte werden insbeson<strong>der</strong>e die unternehmerischen<br />

Komponenten Mitwissen, Mitdenken, Mitentscheiden, Mitfühlen und Miterleben sowie Mitverantworten<br />

angesprochen“ (Wun<strong>der</strong>er 2000, S. 283).<br />

3.2.4. Der Meister als Koordinator von Gruppen<br />

Ein Meister betreut in <strong>der</strong> Regel mehrere Gruppen in <strong>der</strong> Fertigung. <strong>Die</strong> Koordination <strong>der</strong> Gruppen,<br />

womit zum einen die Steuerung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen mehreren wie die Unterstützung einzelner<br />

Gruppen gemeint ist, stellt weitere Anfor<strong>der</strong>ungen an den Meister (vgl. Antoni 2000, S. 78).<br />

„Teambildung und Teamentwicklung spielen (…) <strong>bei</strong>m Organisieren von partizipativen Problemlösungsprozessen<br />

eine ganz zentrale <strong>Rolle</strong>. <strong>Die</strong>s wie<strong>der</strong>um bedeutet: Gruppendynamische Basis-<br />

Kenntnisse gehören zum Rüstzeug einer Führungskraft, die im Rahmen innovativer Projekte eine<br />

leitende Funktion übernimmt“ (Doppler 2005, S. 155).<br />

<strong>Die</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong> Gruppen ist Ergebnis betrieblicher Entscheidungen. Sie haben eine gemeinsame<br />

Aufgabe, die innerhalb vorgegebener Strukturen bear<strong>bei</strong>tet werden soll (vgl. Rosenstiel<br />

2003, S. 353). <strong>Die</strong>se setzt die Kooperation <strong>der</strong> Gruppenmitglie<strong>der</strong> voraus. Kooperation kann k<strong>eines</strong>falls<br />

als selbstverständlich angesehen werden. Es müssen entsprechende Voraussetzungen geschaffen<br />

werden (vgl. Minssen 1999, S. 182). Es ist die Aufgabe <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>, die Gruppen da<strong>bei</strong> zu unterstützen,<br />

eine möglichst selbstständige Handlungsfähigkeit in Bezug auf die gestellten Aufgaben zu<br />

erreichen. Im eigenen Verständnis <strong>der</strong> Coach <strong>der</strong> Gruppen zu sein, begleitet <strong>der</strong> Meister die Gruppen<br />

in ihrer Entwicklung (vgl. Antoni 2000, S. 80). <strong>Die</strong> Formen <strong>der</strong> Unterstützung die sich dem Meister<br />

bieten, sind Feedback, Qualifizierung, wie <strong>bei</strong>spielsweise die Vermittlung von Problemlösungstechniken<br />

o<strong>der</strong> Hilfestellungen für die Zusammenar<strong>bei</strong>t im Team, Mo<strong>der</strong>ation in Form von Unterstützung<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Durchführung von Workshops und <strong>der</strong> dazugehörigen Visualisierung o<strong>der</strong> die Beratung<br />

<strong>bei</strong> anstehenden Entscheidungen (vgl. Doppler 2005, S. 157).<br />

Bei Fertigungsgruppen kann eher nicht von homogenen Gruppen ausgegangen werden. Innerhalb <strong>der</strong><br />

einzelnen Gruppe bilden sich Untergruppen, die eine Interaktion zwischen den Mitglie<strong>der</strong>n erschweren<br />

o<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>n (vgl. Minssen 1999, S. 172). Wo die Zusammenar<strong>bei</strong>t in Gruppen an Bedeutung<br />

gewinnt, werden Konflikte zunehmend wahrscheinlicher. Emotionale Spannungen sind aufgrund von<br />

unterschiedlichen Fähigkeiten, individuellen Wertevorstellungen, Sympathien und Antipathien u.<br />

a.in Gruppen absolut natürlich (vgl. Berkel 2003, S. 398ff). 40 Der Meister unterstützt die Gruppen<br />

39<br />

40<br />

Wun<strong>der</strong>er unterscheidet zwischen Mitunternehmern, unternehmerisch motivierten Mitar<strong>bei</strong>tern, Mitar<strong>bei</strong>tern mit<br />

geringer Mitunternehmerkompetenz und innerlich Gekündigten o<strong>der</strong> Überfor<strong>der</strong>ten. Von Wun<strong>der</strong>er 1998 in 200 Unternehmen<br />

durchgeführte Untersuchungen ergaben: nicht einmal ¼ <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter wird als Mitunternehmer eingeschätzt;<br />

ca. 1/3 als unternehmerisch motiviert; 30 % sind Mitar<strong>bei</strong>ter mit geringer unternehmerischer Kompetenz<br />

und 14 % zählen zu den innerlich Gekündigten o<strong>der</strong> aktiven Bremsern (vgl. Wun<strong>der</strong>er 2000, S. 119).<br />

<strong>Die</strong> Energien, die ein Konflikt freisetzt, können in die Vergrößerung <strong>des</strong> Konflikts fließen o<strong>der</strong> in einen Schub für<br />

eine anstehende Verän<strong>der</strong>ung investiert werden. Das ist in entscheidenden Maße davon abhängig, wie ein Konflikt<br />

33


ei <strong>der</strong> Klärung von Konflikten, wenn sie nicht selbst reguliert werden können. Entscheidend ist die<br />

Art und Weise <strong>der</strong> Klärung. Es geht nicht darum, eine Entscheidung für o<strong>der</strong> gegen einen Standpunkt<br />

einer Konfliktpartei zu treffen, son<strong>der</strong>n vielmehr darum, eine gemeinsame Lösung zu mo<strong>der</strong>ieren.<br />

Immer mit dem Ziel, die Zusammenar<strong>bei</strong>t zu stärken (vgl. Thomann 2002, S. 24).<br />

Konflikte mehren sich nicht nur innerhalb <strong>der</strong> jeweiligen Gruppe. Auch zwischen Gruppen findet<br />

häufig eine Grenzziehung statt (Kohäsion), die eine übergreifende Zusammenar<strong>bei</strong>t beeinträchtigt.<br />

Hier kommt erschwerend hinzu, dass die Gruppen, <strong>bei</strong>spielsweise aufgrund von Schichtar<strong>bei</strong>t, keinen<br />

persönlichen Kontakt zueinan<strong>der</strong> haben. „<strong>Die</strong> Schichtübergabe ist in vielen Betrieben ein immer<br />

wie<strong>der</strong> neu zu lösen<strong>des</strong> Problem“ (Minssen 1999, S. 173). Nicht gelöste Konflikte führen zu Reibungsverlusten,<br />

die einer Gestaltung optimaler Prozesse entgegenstehen. Damit ist die Aufgabe <strong>des</strong><br />

<strong>Meisters</strong> davon bestimmt, innerhalb und zwischen den Gruppen zu koordinieren.<br />

Ein Instrument für die Koordination <strong>der</strong> Gruppen ist die Zielvereinbarung. Es liegt in <strong>der</strong> Verantwortung<br />

<strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>, die Unternehmensziele verständlich zu vermitteln, Ziele mit den Gruppen zu vereinbaren<br />

und die Gruppen da<strong>bei</strong> zu unterstützen, Maßnahmen zur Zielerreichung zu entwickeln.<br />

Zielvereinbarungen erfor<strong>der</strong>n damit die selbstständige Interpretation <strong>der</strong> Ziele sowie das Sicherstellen<br />

<strong>der</strong> Zielerreichung (vgl. Kleinau 2005, S. 66f).<br />

3.3. Darstellung wesentlicher Aspekte<br />

Dem Meister kommt <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS eine zentrale Bedeutung zu. Gilt es, die Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

für das GPS zu gewinnen, ist er <strong>der</strong> nächste Ansprechpartner o<strong>der</strong> auch Experte vor Ort. Seine<br />

<strong>Rolle</strong> hat sich verän<strong>der</strong>t. War es vormals seine Aufgabe, die Mitar<strong>bei</strong>ter anzuweisen und die Ar<strong>bei</strong>t<br />

zu kontrollieren, werden heute zahlreiche an<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an ihn gestellt (vgl. Kapitel 3.1).<br />

Da<strong>bei</strong> muss er den Anfor<strong>der</strong>ungen, die von ‚oben’ durch das Management an ihn gerichtet werden,<br />

den Anfor<strong>der</strong>ungen von ‚unten’ durch seine Mitar<strong>bei</strong>ter sowie auf horizontaler Ebene <strong>der</strong> zunehmend<br />

an Bedeutung gewinnenden Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen den Bereichen gerecht werden. Übergeordnet<br />

geht es darum, die Balance zwischen notwendiger Effektivität und Humanität zu halten, und dies<br />

auch, wenn sich die an ihn gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen zu wi<strong>der</strong>sprechen scheinen (vgl. Kapitel 3.2).<br />

von den Betroffenen erlebt und wie damit umgegangen wird. Konflikte decken Probleme auf, verhin<strong>der</strong>n Stagnation<br />

und Erstarrung und lösen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>bei</strong> Personen aus. <strong>Die</strong> genannten Punkte sind Beispiele für positive Aspekte<br />

<strong>der</strong> oftmals als ausschließlich negativ empfundenen Konflikte, die allerdings nur genutzt werden können, wenn<br />

möglichst frühzeitig ein Gespräch gesucht wird (vgl. Berkel 2003, S. 398ff).<br />

34


Zusammenfassung <strong>der</strong> wesentlichen Anfor<strong>der</strong>ungen:<br />

Der Meister als Coach<br />

Kooperative Führung<br />

Zutrauen in die Fähigkeiten <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter zum selbstständigen Handeln för<strong>der</strong>n<br />

und entwickeln<br />

Motivation <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

Der Effektivitätsmanager<br />

Unternehmerisches Denken und Handeln<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter für unternehmerisches Denken und<br />

Handeln gewinnen<br />

Der Verän<strong>der</strong>ungsmanager<br />

Kommunikation mit den Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

Umgang mit Wi<strong>der</strong>ständen<br />

Kontinuierlich Verbesserungen initiieren<br />

Verantwortung für positives und konstruktives<br />

Ar<strong>bei</strong>tsklima übernehmen<br />

Vorbildfunktion<br />

Aktive Führung vor Ort<br />

Koordinator von Gruppen<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Gruppen<br />

Klärung von Konflikten<br />

Koordination <strong>der</strong> Gruppen<br />

Zielvereinbarungen<br />

Tab. 2: Anfor<strong>der</strong>ungen an den Meister<br />

(Quelle: eigene Darstellung)<br />

Um diesen Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht zu werden, bedarf es entsprechen<strong>der</strong> Gegebenheiten. Um <strong>bei</strong>spielsweise<br />

Ziel und Inhalte <strong>des</strong> GPS mit den Mitar<strong>bei</strong>tern zu diskutieren, benötigt <strong>der</strong> Meister selbst<br />

ausreichend Wissen, um Fragen beantworten zu können und die Mitar<strong>bei</strong>ter zu motivieren, die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

mit voranzutreiben. Ist die Produktion straff und ausschließlich auf die Erreichung <strong>der</strong><br />

vorgegebenen Tagesstückzahl ausgerichtet, besteht keine Zeit zur Qualifizierung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter,<br />

stehen Anspruch und Wirklichkeit schnell im Gegensatz zueinan<strong>der</strong>. <strong>Die</strong> Möglichkeit, den gestellten<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht zu werden, ist abhängig von <strong>der</strong> Person <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>, aber ebenso in hohem<br />

Maße bedingt durch die Gegebenheiten im Unternehmen. Welche <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Meister im Unternehmen<br />

einnimmt und welche Probleme sich, fokussiert auf seine <strong>Rolle</strong>, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS zeigen,<br />

soll die folgende Untersuchung <strong>der</strong> Praxis klären.<br />

35


4. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems am<br />

Beispiel <strong>eines</strong> Unternehmens <strong>der</strong> Automobilindustrie<br />

Mit diesem Kapitel beginnt die Betrachtung <strong>der</strong> Gegebenheiten in <strong>der</strong> Praxis. Dazu wird zunächst<br />

das Unternehmen beschrieben. Vorhandene Informationen zur Position <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> im Unternehmen<br />

werden dargelegt. Um einen Eindruck zu vermitteln, an welchem Stand die aktuellen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

anknüpfen, wird die Entwicklung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation im Unternehmen seit den 1990er<br />

Jahren dargestellt. Aufgrund <strong>der</strong> meist langjährigen Betriebszugehörigkeit 41 haben die meisten Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

diese Entwicklungen miterlebt. <strong>Die</strong>ses Erleben liegt als Erfahrungswissen vor und beeinflusst<br />

das Verhalten aller am Prozess Beteiligten. Das <strong>der</strong>zeitige Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong><br />

GPS wird beschrieben. <strong>Die</strong> Position <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> wird herausgestellt.<br />

Methodisch sind die für das Erstellen dieses Kapitels relevanten Daten durch die Analyse unternehmensinterner<br />

Dokumente sowie durch Interviews erhoben worden. Es wurden verschiedene Dokumente analysiert. 42 <strong>Die</strong> hierdurch<br />

erhaltenen Informationen wurden durch die Ergebnisse zweier Interviews ergänzt. Ein Interview wurde mit einer Mitar<strong>bei</strong>terin<br />

<strong>der</strong> Personalabteilung geführt (I.19.PA). 43 <strong>Die</strong> Ergebnisse flossen in das Kapitel ‚Der Meister im Unternehmen’<br />

ein. Ein weiteres Interview mit einem Mitglied <strong>des</strong> Expertenteams, welches für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS am Standort<br />

verantwortlich ist, ermöglichte, die Inhalte <strong>des</strong> Kapitels zum Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS zu ergänzen (I.18.E).<br />

4.1. Das Unternehmen<br />

Das untersuchte Unternehmen ist einer von sieben deutschen Standorten <strong>eines</strong> global produzierenden<br />

Automobilherstellers. Das Werk stellt Aggregate wie <strong>bei</strong>spielsweise Getriebe unterschiedlicher<br />

Fahrzeugtypen, Karosserieteile und Abgasanlagen her und fungiert damit als Zulieferer für an<strong>der</strong>e<br />

Werke, in denen die Endmontage <strong>der</strong> Fahrzeuge erfolgt. Am betrachteten Standort ar<strong>bei</strong>ten ca.<br />

10.000 Mitar<strong>bei</strong>ter.<br />

Aufbauorganisatorisch steht an <strong>der</strong> Spitze <strong>des</strong> Standorts das Werkmanagement, welches sich, geführt<br />

durch den Werkleiter, aus sechs Bereichsleitern in den Funktionen, Logistik, Qualitätsför<strong>der</strong>ung,<br />

Finanzcontrolling, Personal und zwei Vertretern <strong>der</strong> Fertigungsbereiche zusammensetzt. Das Werk<br />

ist, vergleichbar mit an<strong>der</strong>en westlichen Automobilherstellern, klassisch nach den durch Ford angestoßenen<br />

Entwicklungen <strong>der</strong> Organisation ausgerichtet (vgl. Kapitel 2.1). <strong>Die</strong> Fertigungsbereiche<br />

sind in 28 Cost Center 44 organisiert, die von Abteilungsleitern gesteuert werden. Eine weitere Hie-<br />

41<br />

42<br />

43<br />

44<br />

Zahlen über die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit werden nach Aussagen <strong>der</strong> Personalabteilung nicht berufsgruppenbezogen<br />

erhoben. Eine Nennung <strong>der</strong> durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit <strong>der</strong> Meister ist daher nicht<br />

möglich.<br />

Zum Beleg <strong>der</strong> wissenschaftlichen Ar<strong>bei</strong>t wird im weiteren Text auf die genutzten Quellen verwiesen, wenn sie<br />

auch für den Leser nicht unmittelbar zugänglich sind. <strong>Die</strong> genutzten Dokumente sind im Literaturverzeichnis aufgeführt.<br />

<strong>Die</strong> Bezeichnungen <strong>der</strong> Dokumente sind so verän<strong>der</strong>t, dass <strong>der</strong> Name <strong>des</strong> untersuchten Unternehmens weiterhin<br />

ungenannt bleibt.<br />

<strong>Die</strong>se Abkürzungsform wird im Folgenden als Quellenverweis für Daten aus den Interviews verwendet (vgl. Abkürzungsverzeichnis).<br />

Ein Cost Center ist eine Unternehmenseinheit mit Budgetverantwortung. Der Kostenplan wird mit dem Werkmanagement<br />

abgestimmt. Es erfolgt eine separate Kostendarstellung für je<strong>des</strong> Cost Center. Damit kann von einem Unternehmen<br />

im Unternehmen gesprochen werden.<br />

36


archiestufe bilden die Unterabteilungsleiter, die damit direkte Vorgesetzte <strong>der</strong> 195 am Standort tätigen<br />

Meister sind. <strong>Die</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisationsform <strong>der</strong> Fertigungsbereiche ist seit Mitte <strong>der</strong> 1990er Jahre<br />

die Gruppenar<strong>bei</strong>t. Damit sind den Meistern im Durchschnitt zwei bis drei Gruppen unterstellt, die<br />

durch einen Gruppensprecher vertreten werden (vgl. Unternehmensdarstellung im Intranet).<br />

4.2. Der Meister im Unternehmen<br />

<strong>Die</strong> Aufgabe <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> wird in <strong>der</strong> Tätigkeitsbeschreibung kurz und knapp mit dem Satz „Das<br />

Leiten einer <strong>Meisters</strong>chaft“ (Stellenbeschreibung) beschrieben. Außerdem wird <strong>der</strong> Rahmen für die<br />

Entgeltbemessung aufgeführt. Konkrete Aufgaben o<strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen werden nicht benannt (vgl.<br />

ebd.). <strong>Die</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen, die das Unternehmen an den Meister stellt, können anhand <strong>der</strong> Betrachtung<br />

<strong>des</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t entwickelten Meisterbil<strong>des</strong> sowie in <strong>der</strong> Beschreibung<br />

<strong>des</strong> betriebsinternen Meisterentwicklungprogramms nachvollzogen werden.<br />

4.2.1. Das Meisterbild im Unternehmen<br />

<strong>Die</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an den Meister wurden 1992 beschrieben und besitzen bis heute Gültigkeit. 45<br />

Folgende Kriterien werden benannt:<br />

- Unternehmerisches Handeln: durch das Setzen eigener Ziele, Festlegen von Strategien, die<br />

Planung von Personaleinsatz und Technik, das Festlegen und Umsetzen von Verbesserungsmaßnahmen<br />

und das Kontrollieren <strong>der</strong> Ziele.<br />

- Ganzheitliche Verantwortung: für Qualität, Produktivität, Programm- und Liefertreue sowie<br />

die Kosten.<br />

- Kundenorientiertes Verhalten: durch Abgabe von i. O. Teilen, Einhaltung von Stückzahlvorgaben<br />

(vgl. Meisterbild).<br />

Mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t wurde die Aufgabe <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> mit den Parametern „Mitgestaltung,<br />

Mitverantwortung, Mitsprache“ beschrieben. Er soll kooperativ und beteiligungsorientiert<br />

führen. Seine <strong>Rolle</strong> wird als „Meister als Coach“ bezeichnet. Mit den Stichworten „Mo<strong>der</strong>ation<br />

statt Anweisung“, „Motivation statt Zwang“, „Dialog statt Befehl“, „Kompetenz statt Autorität“,<br />

„Delegation statt Anordnung“ werden erwünschte Verhaltensweisen beschrieben (Handreichung für<br />

Meister).<br />

Im Zuge <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS wurde in einem Workshop im Jahr 2006 das Gruppenar<strong>bei</strong>tskonzept<br />

überar<strong>bei</strong>tet (vgl. Kapitel 4.3.4). In diesem Zusammenhang wurden die Aufgaben <strong>der</strong> Meister,<br />

<strong>der</strong> Gruppensprecher und Unterabteilungsleiter neu definiert (vgl. Workshopdokumentation 2). Während<br />

die erar<strong>bei</strong>tete Aufgabenbeschreibung für die Gruppensprecher bereits angewandt wird, ist die<br />

für die Meister noch nicht offiziell abgestimmt und den Meistern nicht bekannt. Aus dem Inhalt geht<br />

hervor, dass zukünftig weitere bisherige Meistertätigkeiten an den Gruppensprecher übertragen werden<br />

sollen. Der Meister übernimmt abteilungsintern wie abteilungsübergreifend koordinierende und<br />

45<br />

An <strong>der</strong> Entwicklung <strong>des</strong> Meisterbil<strong>des</strong> waren Führungskräfte, Betriebsräte, Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>der</strong> Personlabteilung und<br />

Meister beteiligt.<br />

37


planende Tätigkeiten, während <strong>der</strong> Gruppensprecher mit seiner Gruppe verstärkt für den jeweiligen<br />

Produktionsablauf verantwortlich ist. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS bringt demnach eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Meisteraufgaben mit sich. <strong>Die</strong> oben genannten Verhaltensweisen sind davon unberührt. 46<br />

4.2.2. <strong>Die</strong> Qualifikation <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong><br />

Seit 1992 gibt es ein Meisterentwicklungsprogramm im Unternehmen. Bevor dieses entwickelt wurde,<br />

gab es drei Wege, zum Meister ernannt zu werden:<br />

- aufgrund <strong>des</strong> persönlichen Engagements, einer für ausreichend befundenen Unternehmenszugehörigkeit<br />

und fachlicher Kenntnisse (eine Ausbildung war nicht nötig)<br />

- aufgrund <strong>des</strong> Abschlusses <strong>der</strong> <strong>Meisters</strong>chule (einer durch Vorschriften <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammer<br />

normierten Ausbildung), persönlichem Engagement und fachlicher Kompetenz<br />

- aufgrund <strong>der</strong> bestandenen betriebsinternen Meisterausbildung (vgl. I.19.PA).<br />

Heute bedarf es <strong>der</strong> gesetzlich geregelten Meisterausbildung 47 o<strong>der</strong> einer als gleichwertig anerkannten<br />

Technikerausbildung sowie einer erfolgreichen Teilnahme am Meisterentwicklungsprogramm. 48<br />

Meisterentwicklung beginnt mit <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Meisternachwuchskraft im jeweiligen Fachbereich. In<br />

<strong>der</strong> Regel findet zunächst ein ca. einjähriger Einsatz als Meistervertreter statt. Möglich ist in dieser Zeit<br />

auch ein bereichsübergreifen<strong>der</strong> Einsatz in einem fachfremden Gebiet. Ein durch Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>der</strong> Personalabteilung<br />

geführtes Interview dient zur Vorauswahl. Bei positiver Beurteilung folgt die Zulassung zu<br />

einer Qualifizierungsreihe. Vier je zweitägige Qualifizierungsmodule und zusätzliche Coachingtermine<br />

sollen auf die erfolgreiche Teilnahme an einem Assessment Center wie grundsätzlich auf die erfolgreiche<br />

Ausübung <strong>der</strong> Meistertätigkeit vorbereiten. <strong>Die</strong> Qualifizierungsmodule umfassen die Themen ‚<strong>Rolle</strong>nreflexion<br />

und Standortbestimmung’, ‚Methodenkompetenz’, ‚Meisterkompetenz’ sowie ‚Selbstmanagement<br />

und Führungskompetenz’.<br />

Des Weiteren erhalten Meisternachwuchskräfte durch die Kostenstellenleiter die Verantwortung für einzelne<br />

Projekte. 49 Aus dem Assessment Center kann eine Befähigung für die Meistertätigkeit, eine Empfehlung<br />

für die weitere Entwicklung o<strong>der</strong> eine Ablehnung resultieren (vgl. Beschreibung Meisterentwicklung).<br />

<strong>Die</strong><br />

46<br />

47<br />

48<br />

49<br />

Eine Auflistung <strong>der</strong> Meistertätigkeiten befindet sich im Anhang (s. Anhang 1).<br />

<strong>Die</strong> gesetzliche Meisterausbildung wurde 1997 entsprechend den verän<strong>der</strong>ten Anfor<strong>der</strong>ungen an die Meister neu<br />

geordnet. <strong>Die</strong> Personalentwicklung wird als Querschnittsqualifikation bezeichnet, über die ein Industriemeister zukünftig<br />

verfügen muss (vgl. Wortmann 1998, S. 8). <strong>Die</strong> Ausbildung umfasst die Bereiche Technik (Betriebstechnik,<br />

Fertigungstechnik, Montagetechnik), Organisation (Betriebliches Kostenwesen, Planungs-, Steuerungs- und Kommunikationssysteme,<br />

Ar<strong>bei</strong>ts-, Umwelt-, Gesundheitsschutz) und Führung/Personal (Personalführung, -entwicklung<br />

und Qualitätsmanagement) (vgl. ebd., S. 15). Der Rahmenlehrplan ist in fünf Themenbereiche geglie<strong>der</strong>t: Rechtsbewusstes<br />

Handeln, Betriebswirtschaftliches Handeln, Anwenden von Methoden <strong>der</strong> Information, Kommunikation<br />

und Planung, Berücksichtigung naturwissenschaftlicher und technischer Grundlagen und Zusammenar<strong>bei</strong>t im Betrieb.<br />

In diesem Bereich werden Persönlichkeitsentwicklung, Sozialverhalten <strong>des</strong> Menschen, Unternehmenskultur,<br />

Auswirkungen und Gestaltung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation, Wirkungen und Umgang mit Gruppen, Motivation, Führungsstile<br />

und <strong>der</strong> Umgang mit betrieblichen wie sozialen Konflikten als Lerninhalte benannt (vgl. DIHK 2005).<br />

Das Meisterentwicklungsprogramm wurde 2004 überar<strong>bei</strong>tet. Das alte Verfahren unterscheidet sich im Ablauf von<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Handhabung. <strong>Die</strong> Ausrichtung <strong>der</strong> Inhalte auf die För<strong>der</strong>ung individueller wie sozialer Kompetenzen<br />

ist identisch. Daher wird auf die Darstellung <strong>des</strong> alten Vorgehens verzichtet .<br />

Projektthemen können sehr unterschiedlich sein: Anlaufprojekte, die Verbesserung <strong>der</strong> Qualität <strong>eines</strong> bestimmten<br />

Verfahren u. a.<br />

38


Aus einer Interviewaussage geht die geschätzte Angabe hervor, dass etwa 1/3 <strong>der</strong> zurzeit tätigen Meister<br />

diese seit 1992 durchgeführte Ausbildung absolviert haben (vgl. I.18.E). Genaue Zahlen waren nicht verfügbar.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t wurden die Meister ab dem Jahr 1993, zusammen mit ihren<br />

Gruppen, im Rahmen <strong>eines</strong> zweitägigen Seminars für die Gruppenar<strong>bei</strong>t qualifiziert. Ansonsten existiert<br />

für die bereits eingesetzten Meister kein einheitliches Qualifizierungskonzept.<br />

Aufgrund <strong>des</strong> unterschiedlichen Qualifizierungsniveaus <strong>der</strong> Meister entschied das Unternehmen, den<br />

individuellen Qualifizierungsbedarf in jährlichen Personalentwicklungsgesprächen zu erheben. In diesem<br />

Gespräch zwischen dem Unterabteilungsleiter und dem Meister soll <strong>der</strong> Bedarf ermittelt und eine Vereinbarung<br />

für entsprechende Qualifizierungsangebote getroffen werden. <strong>Die</strong> kontinuierliche Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> eigenen Kompetenzen ist damit vom persönlichen Engagement <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> und s<strong>eines</strong><br />

Vorgesetzten abhängig.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS wurde ein Qualifizierungskonzept für Meister und Gruppensprecher<br />

erar<strong>bei</strong>tet. <strong>Die</strong>ses wird in <strong>der</strong> Beschreibung <strong>des</strong> Vorgehens <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Implementierung <strong>des</strong> GPS vorgestellt<br />

(vgl. Kapitel 4.4.5).<br />

4.3. Das Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> Ganzheitlichen<br />

Produktionssystems<br />

Aktuell wird im Unternehmen die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS organisiert. <strong>Die</strong>ser Prozess begann im<br />

Frühjahr 2006 mit <strong>der</strong> Gründung <strong>eines</strong> Expertenteams, welches für die <strong>Umsetzung</strong> verantwortlich ist.<br />

Nachfolgend wird das von den Experten geplante und zu Teilen bereits umgesetzte Vorgehen beschrieben.<br />

Dafür werden das Ziel <strong>des</strong> GPS sowie <strong>der</strong> angestrebte Weg zur <strong>Umsetzung</strong> dargestellt.<br />

Außerdem werden Aspekte <strong>des</strong> neuen Gruppenar<strong>bei</strong>tskonzeptes benannt, die die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong><br />

beeinflussen. <strong>Die</strong> bisher stattfindende Einbindung und Qualifizierung <strong>der</strong> Meister für die anstehenden<br />

Verän<strong>der</strong>ungen werden erläutert. Vorab zunächst ein Blick zurück in die Entwicklung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation,<br />

um einen Eindruck vom Stand <strong>der</strong> Reorganisation im Unternehmen zu erhalten.<br />

4.3.1. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation im Unternehmen<br />

Wie in Kapitel 2 beschrieben, setzen GPS an den im Unternehmen vorhandenen Gegebenheiten an.<br />

Um zu verdeutlichen, welche Erfahrungen sich aus <strong>der</strong> Vergangenheit mit den aktuellen Verän<strong>der</strong>ungsbemühungen<br />

für Mitar<strong>bei</strong>ter und Führungskräfte verknüpfen, werden einige Punkte in <strong>der</strong> bisherigen<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation beleuchtet.<br />

<strong>Die</strong> ersten Diskussionen zum Thema Produktionssystem wurden mit Beginn <strong>der</strong> 1990er Jahre geführt.<br />

50 Im betrachteten Unternehmen wurde damals die Entscheidung getroffen, den Fokus auf die<br />

Einführung von Gruppenar<strong>bei</strong>t zu setzten. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t, so die Annahme, sei<br />

die Basis zur Einführung weiterer Elemente <strong>eines</strong> Produktionssystems. Parallel zur Implementierung<br />

50<br />

Für die Herstellung <strong>des</strong> Gesamtzusammenhangs wird an dieser Stelle auf die bereits erwähnte Studie <strong>des</strong> Massachusetts<br />

Institutes of Technology hingewiesen (vgl. Womack 1992).<br />

39


<strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t wurden in den Jahren 1993 bis 1996 zahlreiche KVP-Workshops 51 in den operativen<br />

Bereichen durchgeführt. <strong>Die</strong> flächendeckende Einführung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t in den Fertigungsbereichen<br />

gilt seit 1997 als abgeschlossen. Zeitgleich wurde an den Themen Zielvereinbarung mit<br />

den Gruppen, Problembear<strong>bei</strong>tung und Visualisierung gear<strong>bei</strong>tet. Im Jahr 2000 kam ein weiterer<br />

markanter Punkt für die Entwicklung <strong>des</strong> heutigen Produktionssystems hinzu. In <strong>der</strong> Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> bestehenden Ar<strong>bei</strong>tsorganisation wurden zehn Elemente beschrieben und für das Unternehmen<br />

verbindlich gemacht. Vier <strong>der</strong> Elemente, die Gruppenar<strong>bei</strong>t, Zielvereinbarungsprozesse, Verbesserungsprozesse<br />

und das Visuelle Management, wurden zu Kernelementen und damit zu verpflichtenden<br />

Themen für alle Standorte benannt. Aus den weiteren sechs, als Prozesselemente bezeichnet,<br />

konnte je<strong>der</strong> Standort weitere zur <strong>Umsetzung</strong> auswählen. Für den untersuchten Standort<br />

bildete sich ein ‚vier plus drei’-Konzept heraus, welches zusätzlich die Integration <strong>der</strong> Elemente Ar<strong>bei</strong>tsplatzorganisation,<br />

Materialsysteme und Total Productive Maintenance (TPM) vorsah. <strong>Die</strong>ser<br />

Ansatz wurde bis zum Jahr 2004 verfolgt. Ein neues Mitglied im Konzernvorstand gab ein Jahr später<br />

nach <strong>der</strong> Visite aller Standorte den Auftrag, vier Themenkreise standortübergreifend zu vereinheitlichen.<br />

Zu diesen zählen Standardisiertes Ar<strong>bei</strong>ten, die Visualisierung fertigungsrelevanter Daten,<br />

Qualitätsregelkreise sowie die Verbesserung von Ar<strong>bei</strong>tsprozessen.<br />

<strong>Die</strong> im Jahr 2000 definierten Elemente sind Bestandteile <strong>des</strong> heutigen GPS: 52<br />

Abb. 4: Das Produktionssystem im Unternehmen<br />

(Quelle: Prozessbeschreibung)<br />

Parallel zu <strong>der</strong> oben dargestellten standortübergreifenden Entwicklung initiierte im Jahr 2006 ein<br />

neuer Werkleiter am betrachteten Standort die Gründung <strong>eines</strong> Expertenteams, mit dem Auftrag zur<br />

51<br />

52<br />

KVP steht für ‚Kontinuierlicher Verbesserungsprozess’; KVP Workshops werden im Glossar beschrieben (s. Verbesserungsprozesse).<br />

Im Wesentlichen stimmen die Inhalte mit den im Glossar beschriebenen Elementen überein. Das hier als ‚Materialsysteme’<br />

bezeichnete Element entspricht dem Element ‚Logistik’. Das hier geson<strong>der</strong>t aufgeführte Element ‚TPM’<br />

findet sich <strong>bei</strong> den ‚Verbesserungsprozessen’ wie<strong>der</strong>. <strong>Die</strong> Zielvereinbarungsprozesse sind im Glossar Bestandteil<br />

<strong>des</strong> Elements ‚Gruppenar<strong>bei</strong>t’. <strong>Die</strong>se wird in obiger Grafik als ‚Teamar<strong>bei</strong>t’ bezeichnet.<br />

40


<strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS. Durch interne Analysen im Unternehmen wurde belegt, dass bisher eingeführte<br />

Methoden nicht optimal gegriffen haben. Das Expertenteam bekam die Aufgabe, vorhandene<br />

Ansätze zu systematisieren und flächendeckend zu installieren, um somit den <strong>ganzheitlichen</strong> Ansatz<br />

zu realisieren (vgl. I.18.E).<br />

4.3.2. Das Ziel <strong>des</strong> GPS<br />

Nach Aussage <strong>des</strong> interviewten Mitglieds <strong>des</strong> Expertenteams ist es das Ziel, die Entwicklung zu einem<br />

synchron funktionierenden, wertschöpfenden Unternehmen mit motivierten und innovativen<br />

Mitar<strong>bei</strong>tern voranzutreiben. Es sei das Ziel, eine 30 %ige Produktivitätssteigerung in den nächsten<br />

zwei Jahren zu erreichen. Außerdem gehe es um den Aspekt <strong>der</strong> Nachhaltigkeit. Es gelte, einen Weg<br />

zu beschreiben, <strong>der</strong> es ermöglicht, sich perspektivisch aus sich selbst heraus weiterzuentwickeln. Im<br />

Sprachgebrauch <strong>des</strong> Unternehmens geht es in Anlehnung an die graphische Darstellung darum ‚das<br />

Dreieck zu kippen’(vgl. I.18.E.).<br />

Abb. 5: <strong>Die</strong> Unternehmensvision<br />

(Quelle: Prozessbeschreibung)<br />

Es ist die Vision, die komplette Fabrikorganisation am Wertschöpfungsprozess auszurichten. Sind es<br />

heute die Forschung und Entwicklung (FE), <strong>der</strong> Vertrieb sowie die indirekten Bereiche wie Qualität,<br />

Personal, Finanz und Logistik, die die Abläufe <strong>der</strong> Produktion regeln, ist es die Unternehmensvision,<br />

eine konsequent an den Bedürfnissen <strong>des</strong> Kunden orientierte und damit eine durch konkrete Kundenaufträge<br />

gesteuerte Produktion zu schaffen. <strong>Die</strong> indirekten Bereiche sollen zukünftig an den Bedürfnissen<br />

<strong>der</strong> Produktion ausgerichtet werden.<br />

Abb. 6: <strong>Die</strong> neue Struktur im Unternehmen<br />

(Quelle: Prozessbeschreibung)<br />

41


An <strong>der</strong> obigen Abbildung lässt sich die geplante strukturelle Verän<strong>der</strong>ung detaillierter veranschaulichen.<br />

Das Fundament <strong>der</strong> zukünftig prozessorientiert ausgerichteten Fabrik bildet die standardisierte<br />

Gruppenar<strong>bei</strong>t (vgl. Kapitel 4.4.5). <strong>Die</strong> bisher entsprechend ihrer Funktion geglie<strong>der</strong>ten Bereiche wie<br />

Logistik, Planung, Instandhaltung, Qualität, das Ideenmanagement, Controlling und Personal sollen<br />

zu Serviceteams vor Ort zusammengefasst werden, die je einem Produktcenter angeschlossen werden.<br />

<strong>Die</strong> Produktcenter, mit einer Größe von je über 500 Mitar<strong>bei</strong>tern, glie<strong>der</strong>n sich in weitere Bereiche<br />

(Kostenstellen) auf, die für einen Teilprozess zuständig sind. <strong>Die</strong>se tragen die Verantwortung für<br />

die Fertigungsoptimierung, Qualitätsentwicklung, kleinere Instandhaltungsaufgaben, für Werkzeuge<br />

und den Transport. Es sollen schlanke Zentralbereiche entstehen. Ein internes Kunden- und Lieferantenprinzip<br />

mit einer 100 %igen Verantwortung für Qualität, Liefertreue und Kosten je<strong>des</strong> Teilbereichs,<br />

soll den zukünftigen Umgang miteinan<strong>der</strong> bestimmen.<br />

<strong>Die</strong>ser Weg entspricht dem im ersten Teil dieser Ar<strong>bei</strong>t dargestellten Ziel <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS<br />

(vgl. Kapitel 2.2). Neben den beschriebenen strukturellen Verän<strong>der</strong>ungen wird an diesen Ausführungen<br />

die Notwendigkeit <strong>des</strong> Umdenkens aller Beteiligten deutlich. <strong>Die</strong> indirekten Bereiche, die <strong>der</strong><br />

Produktion bisher Vorgaben machen, sollen sich als <strong>Die</strong>nstleister verstehen. Ein internes Kundenverständnis<br />

entlang <strong>der</strong> Prozesskette bedingt einen verän<strong>der</strong>ten Umgang zwischen den je vor- und nachgelagerten<br />

Fertigungsbereichen.<br />

4.3.3. Der Weg zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS soll in vier Schritten, als KVP-Wellen bezeichnet, realisiert werden. Der<br />

Anstoß für die ersten Schritte erfolgte im Zeitraum Oktober 2006 bis Dezember 2007. Ein zeitliches<br />

Ende ist nicht definiert, um den Prozess entsprechend <strong>des</strong> realen <strong>Umsetzung</strong>sstan<strong>des</strong> gestalten zu<br />

können. Für die vierte Welle gilt ein längerer Planungshorizont.<br />

Abb. 7: Das Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems<br />

(Quelle: Prozessbeschreibung)<br />

42


Das Ziel <strong>der</strong> ersten Welle ist es, Verschwendungen im direkten Bereich zu beseitigen. Es werden<br />

KVP-Workshops durchgeführt. 53 Durch die Prozessbetrachtung anhand <strong>der</strong> Methode <strong>des</strong> Wertstrom<strong>des</strong>igns<br />

54 wird das Erkennen notwendiger Optimierungsschritte für den jeweiligen Prozess beabsichtigt.<br />

<strong>Die</strong>s <strong>bei</strong>nhaltet <strong>bei</strong>spielsweise die Rüstoptimierung o<strong>der</strong> die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> Elements ‚Ar<strong>bei</strong>tsplatzorganisation’<br />

durch die 5S-Methode. Weiterhin soll die Umgestaltung <strong>des</strong> Materialflusses vorgenommen<br />

werden. 55 Alle Methoden <strong>bei</strong>nhalten den Ansatz, über die Transparenz <strong>der</strong> Prozesse<br />

Standards zu definieren, die es ermöglichen, das Ziel einer synchron funktionierenden Fabrik umzusetzen.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> zweiten Welle erfolgt die Betrachtung <strong>der</strong> indirekten Bereiche. In <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

mit einem Beratungsunternehmen werden Funktions- und Prozessanalysen durchgeführt.<br />

Es ergeben sich vielerorts erhebliche Umstrukturierungen. Zurzeit gibt es Pilotprojekte mit <strong>der</strong><br />

Implementierung von Serviceteams. <strong>Die</strong> dritte Welle verfolgt das Ziel, die Produktentwicklung und<br />

die Planung zu optimieren. Auch in <strong>der</strong> Produktionsplanung finden KVP-Workshops statt. Außerdem<br />

werden die produktionsvorbereitenden Prozesse mit 3P-Workshops 56 unter die Lupe genommen.<br />

Letztlich zielt die vierte Welle darauf ab, das Pull-Prinzip sowie die weiteren Methoden <strong>der</strong><br />

Logistik auch außerhalb <strong>der</strong> Werkstore unter Einbeziehung aller am Prozess Beteiligten zu etablieren.<br />

<strong>Die</strong> Verantwortung für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS ist dem Expertenteam übertragen. Das Team setzt<br />

sich aus zehn Führungs- und Führungsnachwuchskräften zusammen. Unter <strong>der</strong> Verantwortung <strong>eines</strong><br />

Teamleiters übernimmt je<strong>des</strong> Teammitglied einen Themenbereich <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>sprozesses. 57 Des<br />

Weiteren übernimmt je<strong>des</strong> Teammitglied eine Patenschaft in <strong>der</strong> Fabrik, mit dem Ziel, jedem Geschäftsbereich<br />

einen konstanten Ansprechpartner zu bieten. <strong>Die</strong> Pläne <strong>des</strong> Expertenteams werden mit<br />

dem Werkmanagement abgestimmt. Der Betriebsrat ist in Fragen <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation, wie <strong>bei</strong>spielsweise<br />

<strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsabläufe durch Verän<strong>der</strong>ungen an Maschinenund<br />

Anlagen und <strong>der</strong> Qualifizierung <strong>der</strong> Beschäftigten mitbestimmungspflichtig.<br />

Zur Sicherstellung <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> führt das Expertenteam interne Audits durch. Außerdem werden<br />

Gruppengespräche besucht, um die Situation vor Ort beurteilen zu können.<br />

53<br />

54<br />

55<br />

56<br />

57<br />

An den Workshops nehmen im jeweiligen Bereich tätige Unterabteilungsleiter, Meister, Fertigungsmitar<strong>bei</strong>ter, Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>des</strong> Betriebsrates sowie <strong>bei</strong> Bedarf Planer o<strong>der</strong> Controller teil. In Abhängigkeit <strong>des</strong> Themas werden auch zuliefernde<br />

Bereiche o<strong>der</strong> Kunden eingeladen (<strong>Die</strong> Abkürzung KVP WS in <strong>der</strong> obigen Grafik steht für KVP-<br />

Workshop).<br />

„Unter einem Wertstrom versteht man alle Aktivitäten (sowohl wertschöpfend als auch nicht wertschöpfend, die<br />

notwendig sind, um ein Produkt durch die Hauptflüsse zu bringen, die für je<strong>des</strong> Produkt entscheidend sind: (1) den<br />

Fertigungsstrom vom Rohmaterial bis in die Hände <strong>des</strong> Kunden und (2) den Entwicklungsstrom vom Produktkonzept<br />

bis zum Produktionsstart“ (Rother, M., Shook, J. 2000, S. 3). Durch Sammlung von Informationen wird <strong>der</strong> Ist-<br />

Zustand <strong>eines</strong> Wertstroms mit Hilfe einfacher Symbole abgebildet. Über die Definition <strong>eines</strong> Soll-Zustands erfolgt<br />

die Ableitung notwendiger <strong>Umsetzung</strong>sschritte (vgl. ebd. S. 9ff).<br />

In obiger Darstellung als Supermarkt bezeichnet (vgl. Element Logistik im Glossar).<br />

<strong>Die</strong> 3P stehen für: Production preparing Process. In diesen Workshops erfolgt die Planung <strong>des</strong> Produktionsprozesses<br />

in crossfunktionalen Gruppen, zusammengesetzt aus Planern, Logistikern und Fertigungsmitar<strong>bei</strong>tern, anstelle <strong>des</strong><br />

bisher üblichen Vorgehens, diese ausschließlich durch die Funktionsstellen <strong>der</strong> Planung durchzuführen. In diesen<br />

Workshops werden die Prozesse simuliert, getestet und geplant (vgl. Schulungsunterlage 1).<br />

Es gibt <strong>bei</strong>spielsweise Verantwortlichkeiten für die Themen: Qualität, Informationsweitergabe, Controlling, Gruppenar<strong>bei</strong>t,<br />

Materialsysteme, u. a.<br />

43


In <strong>der</strong> Fertigung gibt es für jeden Unternehmensbereich außerdem ein Unterstützungsteam, mit<br />

durchschnittlich zwei Mitar<strong>bei</strong>tern pro Cost Center. Den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>des</strong> Unterstützungsteams<br />

kommt die Aufgabe zu, die <strong>Umsetzung</strong> direkt vor Ort, durch die Unterstützung <strong>der</strong> Gruppensprecher<br />

und Meister zu begleiten. Sie nehmen an einer regelmäßigen Runde <strong>des</strong> Abteilungsleiters mit den<br />

Unterabteilungsleitern teil und sollen damit den Informationsfluss von den Führungskräften an die<br />

Fertigungsmitar<strong>bei</strong>ter wie von den Mitar<strong>bei</strong>tern an die Führungskräfte sicherstellen (vgl. I.E.18).<br />

4.3.4. Das neue Gruppenar<strong>bei</strong>tskonzept und die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong><br />

In <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS ist es von Bedeutung<br />

das neue Konzept <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t zu beschreiben, da insbeson<strong>der</strong>e eine Verlagerung bisheriger<br />

Meistertätigkeiten zum Gruppensprecher die <strong>Rolle</strong> verän<strong>der</strong>t.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Analyse <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>sstan<strong>des</strong> <strong>der</strong> seit den 1990er Jahren implementierten Methoden<br />

wurden auch bestehende Gruppenar<strong>bei</strong>tsaktivitäten hinterfragt. 58<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse gaben Anstoß zur Weiterentwicklung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t. 59 <strong>Die</strong> Dokumentation <strong>eines</strong><br />

Workshops im Jahr 2005 enthält Hinweise auf die Notwendigkeit einer Neudefinition <strong>der</strong> Meisterrolle.<br />

Meister müssten ‚loslassen’ und die Mitar<strong>bei</strong>ter für die Gruppenar<strong>bei</strong>t begeistern sowie selbst<br />

bereit sein, neue Aufgaben im Sinne <strong>des</strong> Unternehmertums zu leisten (vgl. Workshopdokumentation<br />

1).<br />

Ar<strong>bei</strong>tsgruppen erhielten den Auftrag zur Erar<strong>bei</strong>tung <strong>eines</strong> weiteren Vorgehens. Es wurde das Konzept<br />

<strong>der</strong> ‚standardisierten Gruppenar<strong>bei</strong>t’ entwickelt. <strong>Die</strong>s <strong>bei</strong>nhaltet Standards in Form einer klaren<br />

zeitlichen Regelung, <strong>eines</strong> festen Termins, eine geregelte Gesprächsdauer für die Gruppengespräche<br />

sowie ein standardisiertes Vorgehen und standardisierte Werkzeuge für die Ar<strong>bei</strong>t <strong>der</strong> Gruppen. 60<br />

Daraus resultieren Unterschiede zur bisherigen Gruppenar<strong>bei</strong>t im Unternehmen (vgl. Schulungsunterlagen<br />

2). 61<br />

58<br />

59<br />

60<br />

61<br />

Das im Jahr 1995 betrieblich vereinbarte Gruppenar<strong>bei</strong>tskonzept sah ein einmal wöchentlich stattfinden<strong>des</strong> Gruppengespräch<br />

vor, das den Gruppen die Möglichkeit zu gemeinsamer Planung und zur Bear<strong>bei</strong>tung von Problemen<br />

geben sollte (vgl. Betriebsvereinbarung). Das Steuerungsinstrument <strong>der</strong> Gruppen ist die Zielvereinbarung, über die<br />

es den Gruppen möglich werden sollte, sich eigenverantwortlich zu steuern. Mit den benannten Zielen <strong>der</strong> Job Rotation,<br />

<strong>des</strong> Job Enrichment und Job Enlargement kann zusammenfassend von <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> teilautonomer Gruppenar<strong>bei</strong>t<br />

gesprochen werden.<br />

Um die Notwendigkeit einer Reform vorhandener Gruppenar<strong>bei</strong>t zu verdeutlichen, werden an dieser Stelle einige<br />

exemplarische Ergebnisse vorgestellt: Es wurden 367 Mitar<strong>bei</strong>ter befragt. <strong>Die</strong> Skala umfasst die Antwortmöglichkeiten<br />

trifft gar nicht zu/ trifft weniger zu/ trifft eher zu/ trifft völlig zu. <strong>Die</strong> Frage nach <strong>der</strong> regelmäßigen Durchführung<br />

von Gruppengesprächen wurde von nahezu zehn Prozent <strong>der</strong> Befragten als gar nicht, von nahezu zehn Prozent<br />

bis zu über 50% als weniger zutreffend beantwortet. Eine systematische Qualifizierung und Entwicklung <strong>der</strong> Gruppenmitglie<strong>der</strong><br />

wird von 60% <strong>der</strong> Befragten als gar nicht o<strong>der</strong> weniger zutreffend bewertet. <strong>Die</strong> Unterstützung <strong>der</strong><br />

Gruppen durch die Führungskräfte wird von über 30% <strong>der</strong> Befragten als gar nicht o<strong>der</strong> wenig zutreffend benannt<br />

(vgl. Analyse Gruppenar<strong>bei</strong>t).<br />

Hierzu zählen <strong>bei</strong>spielsweise standardisierte Formulare, wie ein Themenspeicher o<strong>der</strong> eine Qualifizierungsmatrix.<br />

<strong>Die</strong>se unterscheidet sich im Wesentlichen in den folgenden Punkten von den bisherigen Konzepten: terminlich festgesetzte,<br />

dreißigminütige Gruppengespräche mit klarer Struktur (15 min. Zeit zur Information/ 15 min zur Aufnahme<br />

aktueller Probleme – die Bear<strong>bei</strong>tung <strong>der</strong> Probleme findet außerhalb <strong>des</strong> Gruppengesprächs unter Beteiligung<br />

<strong>der</strong> Betroffenen statt); die prozentuale Freistellung <strong>des</strong> Gruppensprechers für die Gruppentätigkeiten; eine Vergütung<br />

<strong>der</strong> Gruppensprechertätigkeit; Mitsprache <strong>der</strong> Vorgesetzten <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Auswahl <strong>des</strong> Gruppensprechers; Verlage-<br />

44


In <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Meisterrolle ist hier vor allem die Aufwertung <strong>der</strong> Gruppensprechertätigkeit<br />

von Bedeutung. Der Gruppensprecher wurde bisher als ‚Sprachrohr <strong>der</strong> Gruppe’ bezeichnet, <strong>der</strong> Informationen<br />

in die Gruppe bzw. aus <strong>der</strong> Gruppe zum Meister transportiert (vgl. Vorgesetztenleitfaden).<br />

Mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS soll <strong>der</strong> Gruppensprecher zum ‚Shopflormanager’ werden, <strong>der</strong><br />

seine Gruppe begleitet, den Optimierungsprozess intern vorantreibt und die Gruppenmitglie<strong>der</strong> methodisch<br />

unterstützt. Er soll <strong>der</strong>jenige sein, <strong>der</strong> den Prozess am besten kennt und auch am besten optimieren<br />

kann. <strong>Die</strong> Bedeutung <strong>der</strong> fachlichen Kompetenz <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> tritt damit in den Hintergrund<br />

(vgl. Schulungsunterlagen 2). Von den Meistern wird zunehmend die in Kapitel 3 beschriebene <strong>Rolle</strong><br />

erwartet. <strong>Die</strong> Aussagen aus dem Workshop im Jahr 2005 lassen darauf schließen, dass diese <strong>Rolle</strong><br />

bisher nicht von allen Meistern angenommen wurde (vgl. Workshopdokumentation 1). <strong>Die</strong>ser Aspekt<br />

wird in <strong>der</strong> Interviewauswertung in Kapitel 5 näher erläutert.<br />

Da <strong>der</strong> bisherige <strong>Umsetzung</strong>stand <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t bereichsabhängig sehr unterschiedlich ist, sind<br />

die Auswirkungen <strong>der</strong> aktuellen Situation für den Meister nicht pauschal zu beschreiben (vgl.<br />

I.18.E).<br />

4.3.5. <strong>Die</strong> Einbindung und Qualifizierung <strong>der</strong> Meister<br />

In Fragen <strong>der</strong> Einbindung von Meistern und Gruppensprechern <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS wird<br />

seitens <strong>des</strong> Unternehmens auf ein Qualifizierungskonzept verwiesen. Das Konzept ist mehrstufig<br />

aufgebaut, womit das Ziel verfolgt wird, zunächst auf ein Verständnis <strong>des</strong> Gesamtzusammenhangs<br />

<strong>eines</strong> GPS hinzuwirken, um aufbauend spezifisches Wissen zu den umzusetzenden Methoden und<br />

Werkzeugen zu vermitteln. <strong>Die</strong> Inhalte sollen über die Meister und Gruppensprecher in die Gruppen<br />

transportiert werden.<br />

Zum Auftakt fand in den jeweiligen Unternehmensbereichen ein dreitägiger Workshop unter Teilnahme<br />

<strong>der</strong> Abteilungsleitung, ausgewählter Unterabteilungsleiter, einzelner Meister und Gruppensprecher<br />

und dem Betriebsrat statt. Im Rahmen dieser Workshops wurden Entscheidungen zur <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>der</strong> neuen Gruppenar<strong>bei</strong>t getroffen (vgl. Workshopdokumentation 3). In <strong>der</strong> Regel erfolgte<br />

die Information <strong>der</strong> Belegschaft im Rahmen einer Veranstaltung in den Cost Centern, an <strong>der</strong> die 300-<br />

500 Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>des</strong> jeweiligen Bereichs teilnahmen. <strong>Die</strong> Auftaktveranstaltungen sind zum Zeitpunkt<br />

dieser Analyse unternehmensweit durchgeführt.<br />

Verpflichtend für alle Meister und Gruppensprecher sind die im Folgenden aufgeführten Veranstaltungen.<br />

<strong>Die</strong>se haben noch nicht flächendeckend stattgefunden. Zu Beginn findet ein eintägiger Auftaktworkshop<br />

statt. Das Ziel <strong>des</strong> Workshops ist es, die Aufnahme <strong>der</strong> bisher erfolgten Informationen<br />

zu hinterfragen, um gegebenenfalls vorhandene Wissenslücken zum Aufgabenfeld von Gruppensprecher<br />

und Gruppe zu schließen und über die Inhalte <strong>der</strong> Elemente <strong>des</strong> Produktionssystems zu informieren.<br />

Es werden Än<strong>der</strong>ungen und Auswirkungen <strong>der</strong> neuen Gruppenar<strong>bei</strong>t diskutiert. Der Gesamtzusammenhang<br />

<strong>des</strong> Produktionssystems wird anhand einer Darstellung <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> internen<br />

Ar<strong>bei</strong>tsorganisation sowie durch die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Inhalten <strong>der</strong> Elemente <strong>des</strong> GPS<br />

rung weiterer Meistertätigkeiten an den Gruppensprecher; eine detaillierte Beschreibung <strong>der</strong> Gruppensprecher- und<br />

Gruppenverantwortung.<br />

45


hergestellt. <strong>Die</strong> Teilnehmer entwickeln erste Maßnahmen zur <strong>Umsetzung</strong> in die Praxis (vgl. Schulungsunterlage<br />

2).<br />

Zur weiteren Vertiefung <strong>der</strong> Inhalte <strong>des</strong> GPS erfolgen zwei- bis dreistündige Qualifizierungsmodule.<br />

<strong>Die</strong> bisher geplanten Module, die folgende Methoden und Werkzeuge <strong>des</strong> GPS vermitteln, umfassen<br />

die Themen: ‚Historie <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation’, ‚Ar<strong>bei</strong>ten mit Standards’, ‚Ar<strong>bei</strong>tsplatzorganisation’,<br />

‚MTM’ 62 , ‚Rüstoptimierung’, ‚Qualität’, ‚Visuelles Management’, ‚Zielvereinbarung’ und ‚Verbesserungsprozesse’.<br />

Über die Gestaltung weiterer Module wird <strong>der</strong>zeit diskutiert. <strong>Die</strong> zeitliche Planung<br />

sieht vor, dass die Module in den Bereichen in einem dreiwöchigen Rhythmus stattfinden (vgl. Prozessbeschreibung).<br />

Für die Gruppensprecher ist darüber hinaus <strong>der</strong> Besuch einer fünftägigen Veranstaltung mit den Inhalten<br />

Konfliktmanagement, Mo<strong>der</strong>ation, Visualisierung und Präsentation verpflichtend. <strong>Die</strong> Themen<br />

werden praxisnah in Bezug zum aktuellen <strong>Umsetzung</strong>sprozess vermittelt (vgl. ebd.).<br />

Außerhalb <strong>der</strong> Qualifizierungsbausteine gelangen die Meister über Informationsveranstaltungen seitens<br />

<strong>der</strong> Abteilungsleiter und über wöchentlich stattfindende Meisterrunden mit dem Unterabteilungsleiter<br />

an Informationen. Sie erhalten die Protokolle aus dem Werkmanagement, die zur Selbstinformation<br />

dienen, wie als Basis zur Ableitung wichtiger Informationen für die Gruppen. Weiterhin<br />

stehen im Intranet abrufbare Informationen zur Verfügung, interne Rundmails berichten in kurzer,<br />

übersichtlicher Form über aktuelle Geschehnisse im Unternehmen. Das Unternehmen verfolgt die<br />

Strategie, Informationen entlang <strong>der</strong> Hierarchien von oben nach unten weiter zu geben. Damit ist <strong>der</strong><br />

Unterabteilungsleiter für die Information <strong>der</strong> Meister verantwortlich. <strong>Die</strong> Meister wie<strong>der</strong>um tragen<br />

die Verantwortung zur Information <strong>der</strong> Gruppen (vgl. I.18.E).<br />

4.4. Darstellung wesentlicher Aspekte<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> im Unternehmen wird seit 1992 als <strong>der</strong> ‚Meister als Coach’ bezeichnet. Somit<br />

wird ein kooperativer Umgang mit den Mitar<strong>bei</strong>tern erwartet. <strong>Die</strong> Schlagworte: mo<strong>der</strong>ieren statt anweisen,<br />

motivieren, kommunizieren und delegieren statt autoritären Befehlen beschreiben gewünschte<br />

Verhaltensweisen <strong>der</strong> Meister. Weiterhin werden die Punkte unternehmerisches Denken, ganzheitliche<br />

Verantwortung und die Kundenorientierung als Anfor<strong>der</strong>ungen benannt.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS wurden die Aufgaben <strong>der</strong> Meister neu beschrieben. <strong>Die</strong> grundsätzliche<br />

Ausrichtung hat sich damit nicht verän<strong>der</strong>t. Es verschieben sich lediglich einzelne Tätigkeiten<br />

vom Meister zum Gruppensprecher, wodurch <strong>der</strong> Meister verstärkt koordinierende und planende<br />

Aufgaben übernimmt (vgl. Kapitel 4.2.1).<br />

Seit den 1990er Jahren gibt es ein internes Entwicklungsprogramm, welches die Vorbereitung auf<br />

die verän<strong>der</strong>te <strong>Rolle</strong> berücksichtigt. Auch die gesetzlich geregelte Meisterausbildung ist den neuen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen entsprechend angepasst worden. Ein großer Teil <strong>der</strong>zeit tätiger Meister hat die Aus-<br />

62<br />

MTM steht für Methods-Time-Management. Alle Bewegungsabläufe werden in Grundbewegungen unterteilt, und<br />

die Dauer <strong>des</strong> jeweiligen Ablaufs wird gestoppt. Ar<strong>bei</strong>tsabläufe werden damit vergleichbar (vgl. MTM Vereinigung<br />

e.V. o.A.).<br />

46


ildung vor <strong>der</strong> Neuordnung 1997 absolviert und hat ebenso nicht an <strong>der</strong> internen Meisternachwuchsqualifizierung<br />

teilgenommen. <strong>Die</strong> älteren Meister sind im Rahmen <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t<br />

an zwei Tagen für die neue <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> qualifiziert worden. Absprachen zur weiteren<br />

Qualifizierung <strong>der</strong> Meister erfolgen individuell, so dass keine allgemeine Aussage zur Qualifikation<br />

getroffen werden kann (vgl. Kapitel 4.2.2). Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS gibt es ein für<br />

Meister und Gruppensprecher verpflichten<strong>des</strong> Qualifizierungskonzept. In mehreren Qualifizierungsmodulen<br />

werden die Methoden und Werkzeuge <strong>des</strong> GPS vermittelt (vgl. Kapitel 4.3.5).<br />

<strong>Die</strong> Beschreibung bisheriger Entwicklungen <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation verdeutlicht, dass im Unternehmen<br />

seit Anfang <strong>der</strong> 1990er Jahre nach und nach mit allen zehn Elementen <strong>des</strong> heutigen GPS<br />

gear<strong>bei</strong>tet wurde. Demzufolge haben Meister und Gruppensprecher erfahren, dass begonnene ar<strong>bei</strong>tsorganisatorische<br />

Vorhaben in <strong>der</strong> Praxis nicht nachhaltig umgesetzt wurden (vgl. Kapitel 4.3.1).<br />

Für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS werden folgende Ziele benannt: Entwicklung zu einem synchron funktionierenden,<br />

wertschöpfenden Unternehmen mit motivierten und innovativen Mitar<strong>bei</strong>tern, eine 30<br />

%ige Produktivitätssteigerung in den nächsten zwei Jahren sowie die Nachhaltigkeit. Zur Umgestaltung<br />

angewendete Methoden setzten auf die Optimierung <strong>der</strong> Prozesse, die durch Transparenz und<br />

Definition von Standards erreicht werden soll. Durch die <strong>Umsetzung</strong> verän<strong>der</strong>t sich die Ablauf- und<br />

die Aufbauorganisation (vgl. Kapitel 4.3.2.). <strong>Die</strong> im Kapitel ‚Grundlagen <strong>eines</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems’<br />

dargestellten Aspekte finden sich in <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Praxis wie<strong>der</strong>.<br />

Das Expertenteam plant und begleitet die flächendeckende Implementierung <strong>der</strong> Elemente <strong>des</strong> GPS,<br />

die in mehreren Schritten erfolgt. <strong>Die</strong> Entscheidungen <strong>des</strong> Expertenteams werden mit dem Werkmanagement<br />

und dem Betriebsrat abgestimmt. In den Fertigungsbereichen gibt es Teams zur Unterstützung<br />

<strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>sprozesses. Meister und Mitar<strong>bei</strong>ter werden <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Planung und Gestaltung <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsabläufe stärker als bisher beteiligt, indem einige an Workshops teilnehmen. Informationen zur<br />

<strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS stehen den Meistern in unterschiedlicher Form zur Verfügung (vgl. 4.3.3).<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Neuorientierung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t werden weitere Meistertätigkeiten an den Gruppensprecher<br />

übertragen, womit die in Kapitel 3 beschriebene <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> zunehmend an Bedeutung<br />

gewinnt (vgl. Kapitel 4.3.4).<br />

47


5. <strong>Die</strong> Erhebung vorhandener Probleme <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

„Wirklich ist, was wirkt“<br />

(Rosenstiel 63 )<br />

Im folgenden Teil <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t werden Anhaltspunkte zu bestehenden Problemen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>des</strong> GPS in Bezug auf die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> beschrieben. Mittels <strong>der</strong> Auswertung qualitativer Interviews<br />

sollen Antworten auf die eingangs gestellten Untersuchungsfragen gefunden werden:<br />

- Welche <strong>Rolle</strong> nimmt <strong>der</strong> Meister <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS ein?<br />

- Welche Probleme zeigen sich, fokussiert auf die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong><br />

GPS?<br />

Aus den Ergebnissen werden Gestaltungsempfehlungen für die weitere <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS abgeleitet.<br />

Vorab wird das Vorgehen <strong>der</strong> Datenerhebung sowie die verwendete Auswertungsmethode vorgestellt.<br />

Im Anschluss erfolgt die Darstellung <strong>der</strong> Ergebnisse.<br />

5.1. <strong>Die</strong> Erhebung relevanter Daten<br />

<strong>Die</strong> Datenerhebung zur Beantwortung eingangs gestellter Fragen erfolgte mit Hilfe von qualitativen<br />

Interviews. Qualitative Interviews erweisen sich dort als sinnvoll, wo das subjektive Empfinden von<br />

Personen im Vor<strong>der</strong>grund <strong>des</strong> Forschungsinteresses steht (vgl. Flick 2002, S.382). „Ziel <strong>der</strong> qualitativen<br />

Forschung ist daher weniger <strong>der</strong> breit angelegte Vergleich organisationaler Wirkungsmechanismen<br />

als vielmehr das Eindringen in die Tiefe <strong>des</strong> Einzelfalls“ (Strodtholz, Kühl 2002, S. 17). Das<br />

fallorientierte Vorgehen mittels qualitativer Methoden zielt darauf ab, ein theoretisches Verständnis<br />

<strong>eines</strong> sozialen Systems, in diesem Fall über spezifische Aspekte <strong>eines</strong> Unternehmens, zu erlangen<br />

(vgl. Froschauer, Lueger 2003, S. 17). Es gilt somit auf <strong>der</strong> Suche nach anwendungsorientierten Lösungen,<br />

die Möglichkeit zu nutzen, wahre Praxisgegebenheiten zu beschreiben und zu interpretieren.<br />

Dazu wurden qualitative Experteninterviews geführt. „Als Experte wird interviewt, wer sich durch<br />

eine ‚institutionalisierte Kompetenz zur Konstruktion von Wirklichkeit’ auszeichnet“ (Bohnsack u.<br />

a.2006, S. 57). Innerhalb <strong>des</strong> Unternehmens kommen damit die Meister selbst, die Unterabteilungsleiter,<br />

die Gruppensprecher, die Mitar<strong>bei</strong>ter und <strong>der</strong> Betriebsrat in Frage. <strong>Die</strong> genannte Personengruppe<br />

verfügt über spezifisches Wissen, welches im Hinblick auf die Fragestellung von Relevanz<br />

ist. Aus diesem Grund wurde dieser Personenkreis ausgewählt.<br />

<strong>Die</strong> Befragungen wurden, als eine Form <strong>des</strong> Leitfadeninterviews (vgl. Flick 2002, S. 139), unter Zuhilfenahme<br />

<strong>eines</strong> vorab entwickelten Fragenkatalogs durchgeführt. Der Fragebogen diente da<strong>bei</strong> nicht zur<br />

starren Abar<strong>bei</strong>tung, son<strong>der</strong>n vielmehr zur Orientierung für den Interviewer. Offene Fragen, die durchaus von <strong>der</strong> Reihenfolge<br />

<strong>des</strong> Leitfadens abweichen können, geben dem Befragten viel Raum zur eigenen Prioritätensetzung und berücksichtigten<br />

die Interaktion in <strong>der</strong> Interviewsituation (vgl. Bortz, Döring 2006, S. 309). „Im Zentrum qualitativer In-<br />

63<br />

Äußerung in einem Vortrag „Führung - ausgewählte Aspekte <strong>der</strong> angewandten Psychologie“ im Rahmen einer Vortragsreihe<br />

<strong>der</strong> AutoUni <strong>der</strong> Volkswagen AG im Oktober 2007.<br />

48


terviews steht die Frage, was die befragten Personen für relevant erachten, wie sie ihre Welt beobachten<br />

und was ihre Lebenswelt charakterisiert“ (Froschauer, Lueger 2003, S. 16). <strong>Die</strong> Erzählungen<br />

<strong>der</strong> Befragten wurden nicht unterbrochen. Vielmehr wurde ihnen Raum gegeben, eine eigene<br />

Strukturierung vorzunehmen.<br />

<strong>Die</strong> Auswahl <strong>der</strong> Probanden erfolgte nach <strong>der</strong> Vorstellung <strong>des</strong> Vorhabens im Kreis von Unterabteilungsleitern<br />

<strong>eines</strong> Cost Centers durch Vermittlung <strong>der</strong> Führungskräfte. Der Betriebsrat wurde direkt<br />

durch den Autor kontaktiert. <strong>Die</strong> Interviews wurden im August 2007 durchgeführt. <strong>Die</strong> durchschnittliche<br />

Dauer betrug eine Stunde. Ort <strong>des</strong> Interviews war <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplatz <strong>der</strong> Befragten.<br />

Eine wichtige Bedingung für die Teilnahme an den Interviews und die Bereitschaft zur Offenheit war<br />

die Sicherstellung <strong>der</strong> Anonymität. <strong>Die</strong>s wurde allen Befragten zu Beginn <strong>der</strong> Interviews zugesagt.<br />

Daher wird von einer Zuordnung durch Alter, beruflicher Erfahrung, exakter Tätigkeitsbeschreibung<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en personenorientierten Daten zu den einzelnen Interviewpartnern abgesehen.<br />

Insgesamt wurden 16 Interviews durchgeführt. Damit liegen <strong>der</strong> Auswertung zwei Mitar<strong>bei</strong>terinterviews<br />

(MA), vier Gruppensprecherinterviews (GS), sechs Meisterinterviews (M), drei Interviews mit<br />

Unterabteilungsleitern (UA) und ein Interview mit einem Betriebsratsmitglied (BR) zugrunde. 64 <strong>Die</strong><br />

interviewten Unterabteilungsleiter, Meister, Gruppensprecher und Mitar<strong>bei</strong>ter ar<strong>bei</strong>ten in einem Cost<br />

Center. Sie stehen jedoch nicht im jeweiligen Unterstellungsverhältnis. <strong>Die</strong> Gruppensprecher haben<br />

ihre Aufgabe im Juni 2007 übernommen. Alle an<strong>der</strong>en Befragten üben ihre Tätigkeit bereits länger<br />

als fünf Jahre aus. Ein Unterabteilungsleiter hat gerade seine Funktion gewechselt und leitet aktuell<br />

ein Team, das für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS im Cost Center verantwortlich ist. 65<br />

<strong>Die</strong> im Verhältnis <strong>der</strong> Unternehmensgröße geringe Anzahl an Interviews erlaubt einen Einblick in<br />

einzelne Facetten <strong>des</strong> Unternehmens, kann jedoch nicht den Anspruch auf allgemeine Gültigkeit erheben.<br />

<strong>Die</strong> durchgeführten Interviews wurden aufgezeichnet, anschließend transkribiert 66 und bilden die<br />

Grundlage zur Auswertung <strong>der</strong> Untersuchung.<br />

5.2. <strong>Die</strong> Auswertung <strong>der</strong> Untersuchung<br />

<strong>Die</strong> zur Auswertung verwendete Methode ist die qualitative Inhaltsanalyse in Anlehnung an das von<br />

Gläser und Laudel vorgestellte Verfahren (vgl. Gläser, J., Laudel, G. 2006). Hier<strong>bei</strong> werden relevante<br />

Informationen mittels <strong>eines</strong> vorab entwickelten Suchrasters extrahiert. Dem Suchraster werden<br />

Kategorien zugeordnet. Durch Extraktion werden dem Text Daten entnommen, wodurch eine sich<br />

von den Ursprungstexten unterscheidende Informationsbasis entsteht. Um die Interviewauswertung<br />

64<br />

65<br />

66<br />

<strong>Die</strong> in Klammern gesetzten Abkürzungen werden in den Quellenverweisen <strong>der</strong> Interviewauswertungen verwendet.<br />

Hier<strong>bei</strong> handelt es sich um einen ‚Son<strong>der</strong>fall’. <strong>Die</strong> geschaffene Teamleiterstelle zur Koordination <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong>saktivitäten<br />

im Cost Center gibt es nach Kenntnis <strong>des</strong> Autors in dieser Form bisher nur einmal im Unternehmen.<br />

Für dieses Vorgehen wurden Regeln zur Transkription festgelegt: Alle Aussagen <strong>der</strong> Befragten werden verschriftlicht,<br />

von einer wortwörtlichen Transkription wird an für die Fragestellung nicht relevant angesehenen Passagen abgesehen,<br />

nichtverbale Äußerungen werden nur dann verschriftlicht, wenn sich daraus ein an<strong>der</strong>er Zusammenhang<br />

<strong>des</strong> Gesagten ergibt, es wird in Standardorthographie verschriftet, auffallende Beson<strong>der</strong>heiten im Gespräch werden<br />

vermerkt.<br />

49


exemplarisch zu belegen, werden einzelne Zitate übernommen. <strong>Die</strong> Suche für die Fragestellung relevanter<br />

Textstellen, die Zuordnung zu Kategorien sowie die Beschreibung <strong>des</strong> Informationsinhalts<br />

erfolgen durch den Autor und sind somit subjektiv geprägt. Das verwendete Suchraster <strong>bei</strong>nhaltet zur<br />

Beantwortung <strong>der</strong> Untersuchungsfragen relevante Variablen, die aus den in den vorangegangen Kapiteln<br />

dargestellten Vorüberlegungen zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS sowie zur <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> konstruiert<br />

wurden (vgl. Gläser, Laudel 2006, S. 191ff).<br />

Das Suchraster enthält die folgenden Kategorien:<br />

Analyse <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>svorgehens allgemein<br />

Grundsätzliche Einschätzung <strong>des</strong> Vorgehens<br />

Information und Wissensstand zum GPS<br />

Beteiligung an <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

Aspekte <strong>des</strong> Miteinan<strong>der</strong>s<br />

Analyse <strong>der</strong> Meisterrolle im Speziellen<br />

Der Meister als Coach<br />

Der Verän<strong>der</strong>ungsmanager<br />

Der Effektivitätsmanager<br />

Der Koordinator von Gruppen<br />

Tab. 3: Kategorien <strong>des</strong> Suchrasters – Interviewauswertung<br />

(eigene Darstellung)<br />

<strong>Die</strong>sen Kategorien wurden Kriterien zugeordnet, aus denen Fragen an den transkribierten Text abgeleitet<br />

wurden. <strong>Die</strong> jeweils passenden Aussagen aus den Interviews wurden entsprechend zugeordnet<br />

und beschrieben. <strong>Die</strong> Darstellung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>bei</strong>nhaltet neben den Aussagen <strong>der</strong> Befragten einige<br />

Eindrücke aus <strong>der</strong> Beobachtung <strong>des</strong> Interviewers. „Damit werden Theorien aus empirischen Untersuchungen<br />

heraus entwickelt und Wissen und Handeln als lokales Wissen und Handeln untersucht“<br />

(Flick 2002, S. 13).<br />

5.3. Darstellung <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

Zur vereinfachten Darstellung <strong>der</strong> Interviewergebnisse wird entsprechend den Kategorien <strong>des</strong> Suchrasters<br />

eine Glie<strong>der</strong>ung in die ‚Analyse <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>svorhabens allgemein’ und eine ‚Analyse <strong>der</strong><br />

Meisterrolle im Speziellen’ vorgenommen. Zu Beginn je<strong>des</strong> Kapitels werden die den Kategorien zugeordneten<br />

Kriterien vorgestellt. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung <strong>der</strong> Ergebnisse.<br />

5.3.1. Analyse <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>svorhabens allgemein<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Interviews, die sich auf das <strong>Umsetzung</strong>svorhaben im Allgemeinen beziehen,<br />

werden in den folgenden Kapiteln ‚Allgemeine Einschätzung <strong>des</strong> Vorgehens’, ‚Informations- und<br />

Wissensstand zum GPS’, ‚Beteiligung an <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong>’ und ‚Aspekte <strong>des</strong> Miteinan<strong>der</strong>s’ zusammengefasst.<br />

5.3.1.1. Allgemeine Einschätzung <strong>des</strong> Vorgehens<br />

Für das Vorgehen wurden in Kapitel 2.4.1 Transparenz und Klarheit, das Beachten <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>stempos<br />

sowie das Einfor<strong>der</strong>n <strong>des</strong> Managements als wichtige Kriterien für eine erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong><br />

benannt. In diesem Kapitel werden Aussagen benannt, die sich diesen Kriterien zuordnen lassen.<br />

50


Alle Befragten sehen sich, was die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS betrifft, am Anfang <strong>des</strong> Prozesses. 67 Alle<br />

äußern sich grundsätzlich positiv darüber, dass von Seiten <strong>des</strong> Unternehmens eine Verän<strong>der</strong>ung vorangetrieben<br />

wird. Gleichzeitig sind alle Befragten skeptisch, was das Vorgehen betrifft. „Gut, dass<br />

was passiert, ganz klar, gefällt mir gut. Teilweise ist die <strong>Umsetzung</strong> schon sehr, sehr schnell (…).<br />

Sind einige Sachen, die sind hol<strong>der</strong> die polter gekommen und teilweise werden sie noch nicht gelebt,<br />

(…). Das ist <strong>der</strong> Nachteil, wenn man das so schnell macht, dass die Mitar<strong>bei</strong>ter das noch gar nicht<br />

erst verkraften können“ (I.07.UA). Im Vergleich zu früheren Verän<strong>der</strong>ungsvorhaben wird als wichtig<br />

hervorgehoben, dass <strong>der</strong> Werkleiter absolut dahinter stehe und die <strong>Umsetzung</strong> einfor<strong>der</strong>e. An<strong>der</strong>erseits<br />

entstehe dadurch ein großer Druck auf die einzelnen Kostenstellen.<br />

<strong>Die</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Befragten benennt Beispiele von umgesetzten Maßnahmen. Der Tenor <strong>der</strong> Meinungen<br />

wird in <strong>der</strong> Aussage <strong>eines</strong> Gruppensprechers deutlich „Es wird ja was gemacht, aber es wird<br />

nicht richtig gemacht“ (I.08.GS). Einige Befragte berichten von KVP-Workshops. Drei Meister,<br />

zwei Gruppensprecher und die Mitar<strong>bei</strong>ter stehen diesen Workshops skeptisch gegenüber. Aus früheren<br />

Erfahrungen werden mit KVP-Workshops steigende Ar<strong>bei</strong>tsbelastung und Mitar<strong>bei</strong>terrationalisierung<br />

verbunden.<br />

Skepsis spiegelt sich auch in Aussagen über das Instrument <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t wi<strong>der</strong>. Alle Befragten<br />

finden die Gruppenar<strong>bei</strong>t grundsätzlich positiv. Mitar<strong>bei</strong>ter und Gruppensprecher zweifeln jedoch<br />

daran, dass die Gruppenar<strong>bei</strong>t nachhaltig umgesetzt wird. „Weil’s bis jetzt, ja, Gruppenar<strong>bei</strong>t ja ist<br />

da, es wird was gemacht, aber irgendwann schläft’s ein, denken sie halt“ (I.09.GS). „Alles noch in<br />

Ar<strong>bei</strong>t, sagen wir mal so (…), es läuft noch nicht so richtig, ich will es hoffen, das es so wird, (…) ich<br />

weiß es echt nicht“ (I.04.GS).<br />

Ähnlich ist auch die Einstellung zum Thema Zielvereinbarung. Laut Aussage zweier Gruppensprecher<br />

wurden einmal im Jahr mit den Gruppen Ziele vereinbart. Bisher wurde den durch das Unternehmen<br />

vorgegebenen Zielen vielerorts zugestimmt, ohne dass die Gruppen kontinuierlich an Teilzielen<br />

gear<strong>bei</strong>tet haben o<strong>der</strong> das Instrument von Meistern und Gruppe als internes Steuerungselement<br />

genutzt wurde.<br />

Unsicherheiten bestehen zudem über die Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>der</strong>zeitigen Verän<strong>der</strong>ungsvorhabens bezüglich<br />

<strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> <strong>Meisters</strong>tellen. Zurzeit ar<strong>bei</strong>ten viele Meister in drei Schichten. In einigen<br />

Bereichen sind die Meister in Normalschicht eingesetzt, so dass die Sorge besteht, dass das Unternehmen<br />

durch die Aufwertung <strong>der</strong> Gruppensprechertätigkeiten das Ziel verfolgt, alle Meister in<br />

Normalschicht einzusetzen. <strong>Die</strong> Unsicherheit in Bezug auf die eigene Perspektive mit <strong>der</strong> gleichzeitigen<br />

Auffor<strong>der</strong>ung zur Einar<strong>bei</strong>tung und Unterstützung <strong>der</strong> Gruppensprecher wird als ambivalente<br />

Situation erlebt. „(…) die schärfen die Säge, mit <strong>der</strong> sie den eigenen Baum absägen.“ (I.03.UA).<br />

67<br />

Der Bereich, in dem die Interviews durchgeführt wurden, ist <strong>der</strong> zweite Unternehmensbereich, in dem aktuell die<br />

KVP-Welle in den indirekten Bereichen gestartet wurde. In den direkten Bereichen war <strong>der</strong> Starttermin für die neue<br />

Gruppenar<strong>bei</strong>t im Juni 2007. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Elemente ist in den jeweiligen Kostenstellen sehr unterschiedlich.<br />

Der Stand ist zum einen vom Stand früherer Projekte abhängig. Zum an<strong>der</strong>en setzten die Vorgesetzten<br />

Schwerpunktthemen, wodurch sich <strong>bei</strong>spielsweise ein Bereich stark mit dem Thema Rüstoptimierung beschäftigt,<br />

ein an<strong>der</strong>er da<strong>bei</strong> ist das Materialsystem umzustellen. Eine allgemeingültige Aussage zum <strong>Umsetzung</strong>sstand kann<br />

daher nicht getroffen werden (vgl. I.18.E). <strong>Die</strong> Interviews wurden im August 2007 geführt.<br />

51


Wichtig sei eine klare Stellungnahme zur Zukunft <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> von Seiten <strong>des</strong> Werkmanagements.<br />

<strong>Die</strong> befragten Unterabteilungsleiter messen <strong>der</strong> Position <strong>der</strong> Meister hohe Wichtigkeit zu.<br />

Zusammenfassend wird festgestellt, dass aufgrund von Erfahrungen aus <strong>der</strong> Vergangenheit die <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>eines</strong> GPS vor allem auf Ebene <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter, Gruppensprecher und Meister skeptisch betrachtet<br />

wird. <strong>Die</strong> Skepsis bedingt jedoch nicht ein grundsätzliches Infragestellen <strong>der</strong> Inhalte, son<strong>der</strong>n<br />

bezieht sich vielmehr auf die Sorge, dass <strong>der</strong> Weg tatsächlich konsequent und nachhaltig beschritten<br />

wird. Ein weiteres Problem stellt die Unsicherheit <strong>der</strong> Meister in Bezug auf ihre Perspektive<br />

im Unternehmen dar.<br />

5.3.1.2. Information und Wissensstand zum Ganzheitlichen Produktionssystem<br />

Um den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> dargestellten Meisterrolle gerecht werden zu können, benötigen Meister<br />

ausreichende Informationen und Wissen über die Ziele und Inhalte sowie das geplante Vorhaben<br />

(vgl. Kapitel 2.4.1).<br />

Der Informationsstand wird von drei <strong>der</strong> befragten Meister als sehr gut beurteilt. „Da ist auch das<br />

[Expertenteam] voll mit im Boot, an Informationen mangelt es da gar nicht“ (I.M.14). Drei Meister<br />

fühlen sich nicht ausreichend informiert. Davon äußern zwei den Wunsch und die Notwendigkeit<br />

einer besseren Information, ein weiterer empfindet die Informationen durch seinen Vorgesetzten<br />

nicht als ausreichend. Es gäbe viele Fragen, die letztlich zu Verunsicherung führen. Als schwierig für<br />

die Informationsweitergabe werden zwei Punkte benannt. Aufgrund <strong>der</strong> Dreischichttätigkeit vieler<br />

Meister können sie nur alle drei Wochen an <strong>der</strong> wöchentlichen Meisterrunde teilnehmen. Um die<br />

wöchentlichen Inhalte zu erhalten, müssten diese Bestandteil <strong>der</strong> Schichtübergabe sein, was nach<br />

Aussage <strong>eines</strong> <strong>Meisters</strong> jedoch zum einen vom Interesse <strong>des</strong> jeweiligen Kollegen abhängig ist und<br />

zum an<strong>der</strong>en oftmals von den Dringlichkeiten <strong>des</strong> Tagesgeschäfts übersteuert wird. Als weiterer<br />

Punkt benennt ein an<strong>der</strong>er das Interesse <strong>des</strong> jeweiligen Vorgesetzten am Thema. In <strong>der</strong> Informationskaskade<br />

bestehe eine gewisse Abhängigkeit zwischen Engagement und Interesse <strong>des</strong> jeweiligen<br />

Vorgesetzten und <strong>der</strong> Informiertheit <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter.<br />

<strong>Die</strong>ser Aspekt wird auch von den Gruppensprechern und Mitar<strong>bei</strong>tern benannt. <strong>Die</strong> Weitergabe von<br />

Informationen durch den Meister wird von zwei Gruppensprechern und den Mitar<strong>bei</strong>tern als nicht<br />

ausreichend erlebt. <strong>Die</strong> Informationen seien schlecht aufbereitet und unverständlich. Weitere Gruppensprecher<br />

äußern sich positiv in Bezug auf die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen. Sie<br />

nehmen seit einigen Wochen an den Meisterrunden teil und erhalten damit die gleichen Informationen<br />

wie die Meister.<br />

Alle Unterabteilungsleiter sind <strong>der</strong> Auffassung, dass viele Informationen zur Verfügung stehen. Eine<br />

Schwierigkeit sei darin zu sehen, dass in großen Informationsveranstaltungen <strong>der</strong> oberen Führungskräfte<br />

keine Fragen gestellt würden. „<strong>Die</strong> Betroffenheit je<strong>des</strong> Einzelnen ist natürlich in so einer großen<br />

Runde sehr gering. Fragen gestellt werden da nicht, man erlebt das dann eher in den kleinen<br />

Runden“ (I.07.UA). Es sei noch nicht gelungen, alle Meister und Mitar<strong>bei</strong>ter zu den Inhalten <strong>des</strong><br />

GPS abzuholen.<br />

52


Der Wissenstand über die Ziele und Inhalte <strong>des</strong> GPS ist sehr unterschiedlich. <strong>Die</strong>s wird von allen<br />

interviewten Unterabteilungsleitern und Meistern erwähnt. Alle kennen das Ziel <strong>der</strong> Produktivitätssteigerung<br />

von 15 % im Jahr 2008. Außerdem wird von allen die Sicherung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplätze, bzw.<br />

<strong>des</strong> Standorts als Ziel angeführt. Nur ein Meister sieht das Ziel in <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Organisation:<br />

„Für mich ist wichtig, was dem System zugrunde liegt o<strong>der</strong> was das Ziel ist, ist einfach diese Struktur,<br />

die wir im Haus haben, die alte, richtig eingefahrene Struktur die wir hier haben, wirklich mal<br />

kippen und das auch <strong>bei</strong>m Letzten im Kopf ankommt, <strong>der</strong> Kunde ist <strong>der</strong>, <strong>der</strong> bestimmt, was wir hier<br />

machen und tun (...). Das ist <strong>der</strong> einzig richtige Weg“ (I.14.M).<br />

In <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>des</strong> Interviewers reagierten alle befragten Meister, Gruppensprecher und Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

auf die Frage nach den Inhalten <strong>des</strong> GPS zunächst verunsichert. Beim Fragen nach konkreten<br />

Elementen, Methoden und Werkzeugen verän<strong>der</strong>te sich die Antwortsicherheit. „Ach ja, das gehört<br />

ja auch irgendwie dazu“ (I.06.M). Was darauf zurückzuführen ist, dass die Inhalte aus <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

bekannt sind. Das Wissen nimmt entlang <strong>der</strong> Hierarchien ab. <strong>Die</strong> Frage nach den Inhalten<br />

konnte von den oberen Führungskräften ausführlicher beantwortet werden als von den Meistern.<br />

Für alle interviewten Gruppensprecher ist das Thema Gruppenar<strong>bei</strong>t vor<strong>der</strong>gründig. Das Wissen um<br />

die Inhalte ist stark an die Inhalte besuchter Qualifizierungsmodule gebunden, die von drei <strong>der</strong><br />

Gruppensprecher gerade besucht wurden. Ein Austausch über die Inhalte <strong>der</strong> Qualifizierungsmodule<br />

<strong>des</strong> GPS mit den Meistern findet nach Aussage <strong>der</strong> Gruppensprecher im Ar<strong>bei</strong>tsalltag nicht statt.<br />

<strong>Die</strong> befragten Mitar<strong>bei</strong>ter konnten zu den Inhalten <strong>des</strong> Produktionssystems keine Auskunft geben.<br />

Ein Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>bei</strong>spielsweise stellte die Frage, ob auch Gruppenar<strong>bei</strong>t dazu gehöre, da habe ein<br />

Workshop, mo<strong>der</strong>iert durch das Unterstützungsteam, stattgefunden und die Gruppengespräche fänden<br />

wöchentlich statt.<br />

In <strong>der</strong> Betrachtung aller Interviewaussagen wird festgestellt, dass <strong>der</strong> Wissensstand sehr unterschiedlich<br />

ist, dass durchgängig einzelne Elemente und Methoden <strong>des</strong> Produktionssystems bekannt sind,<br />

ein Gesamtzusammenhang tendenziell eher nicht gesehen wird. Informationen stehen zur Verfügung,<br />

erreichen jedoch nicht alle. <strong>Die</strong> Tiefe <strong>des</strong> Wissens nimmt entlang <strong>der</strong> Hierarchien ab. <strong>Die</strong>se Einschätzung<br />

wird vom Betriebsrat geteilt. Er geht davon aus, dass lediglich das Werkmanagement in<br />

<strong>der</strong> Tiefe um die Ziele und Inhalte <strong>des</strong> Produktionssystems wisse und die Voraussetzungen mitbringe,<br />

diese zu erfüllen. „Geschäftsführung, Werkmanagement ist es klar, alles was darunter kommt<br />

(…), da gibt es noch sehr viele weiße Flecken, in denen nicht klar ist was ist jetzt eigentlich die Aufgabe,<br />

was ist das Neue, was müssen wir tun, wie können wir uns darauf einstellen“(I.12.BR).<br />

5.3.1.3. Beteiligung an <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

Als weiteres Kriterium für die erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS wird die Beteiligung <strong>der</strong> Betroffenen<br />

benannt (vgl. Kapitel 2.4.1). Daher wurde in den Interviews danach gefragt, inwiefern die Meister<br />

sich beteiligt fühlen, bzw. wie Gruppensprecher und Mitar<strong>bei</strong>ter durch den Meister einbezogen<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong> Meister werden in unterschiedlicher Form an <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> Produktionssystems beteiligt.<br />

Ein interviewter Meister hat an <strong>der</strong> dreitägigen Auftaktveranstaltung zur Neuorientierung <strong>der</strong> Grup-<br />

53


penar<strong>bei</strong>t teilgenommen. „Ich war auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Entwicklung neuer Gruppensprecher [-konzepte] mit<br />

eingebunden, ich bin auch in Projekte mit eingebunden, zum Beispiel Umstellung auf den Kundentakt,<br />

ich bin da viel eingebunden“ (I.14.M). In Folge dieser Veranstaltung sollen alle Meister und<br />

Gruppensprecher an den Qualifizierungsmodulen teilnehmen, aus denen sich jeweils konkrete Schritte<br />

zur <strong>Umsetzung</strong> vor Ort ableiten (vgl. Kaptitel 4.4.5). Der Umgang mit diesen festgeschriebenen<br />

Maßnahmen ist unterschiedlich. Ein Meister schil<strong>der</strong>t, sich nach den Veranstaltungen verantwortlich<br />

zu fühlen, vereinbarte Maßnahmen weiterzuverfolgen. Ein Gruppensprecher äußert Unmut in Bezug<br />

auf die Motivation s<strong>eines</strong> <strong>Meisters</strong>, da er die vereinbarten Maßnahmen nicht umgesetzt habe. Vier<br />

<strong>der</strong> interviewten Meister sowie ein interviewter Gruppensprecher hatten zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Interviews<br />

noch keine <strong>der</strong> Qualifizierungsveranstaltungen besucht, da das Tagesgeschäft eine Abwesenheit<br />

bisher nicht zugelassen habe.<br />

<strong>Die</strong> Beteiligung an <strong>der</strong> aktuellen KVP-Welle im indirekten Bereich wird von den Meistern als unzureichend<br />

erlebt. 68 <strong>Die</strong> Konkretisierung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>des</strong> bisherigen Beratungsprozesses werde zurzeit<br />

auf Unterabteilungsleiterebene diskutiert. Gegenwärtig ranken sich Gerüchte um diesen Beratungsprozess,<br />

da die konkreten Auswirkungen für die Betroffenen vor Ort nicht klar seien. Zwei <strong>der</strong><br />

Meister äußern große Sorge, dass die Folge <strong>der</strong> Analyse eine weitere Dezentralisierung sei, womit<br />

eine Auflösung einzelner Ar<strong>bei</strong>tsbereiche verbunden sein könnte. „Besser wäre es Meister und Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

einzubeziehen, Betroffene zu Beteiligten machen, so heißt das doch“ (I.05.M).<br />

Des Weiteren nehmen Meister an KVP-Workshops in ihrem Bereich und an 3P-Workshops 69 teil.<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Beteiligung an <strong>der</strong> Planung für Neuanläufe wird von allen Befragten sehr positiv<br />

gesehen.<br />

Von den Gruppensprechern äußern sich drei von vier Befragten positiv zur Frage <strong>der</strong> Beteiligung.<br />

Ihnen stehen seit Beginn <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS wesentlich mehr Informationen zur Verfügung. Sie<br />

nehmen <strong>bei</strong>spielsweise an den Meisterrunden teil und erhalten eine Qualifizierung, die eine intensive<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Vorhaben <strong>des</strong> Unternehmens zulässt. Ein Gruppensprecher fühlt sich<br />

nicht beteiligt, er hat noch nicht an einer Meisterrunde teilgenommen.<br />

Da die interviewten Mitar<strong>bei</strong>ter keine Kenntnis über das GPS haben, konnten sie keine Aussage zur<br />

Beteiligung treffen.<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich einer von sechs befragten Meistern und drei Gruppensprecher<br />

sehr gut beteiligt fühlen. Fünf Meister und ein Gruppensprecher wünschen sich mehr<br />

Beteiligung. Von diesen haben vier Meister die Qualifizierungsmodule noch nicht besucht. Drei von<br />

den Meistern, die sich schlecht beteiligt fühlen, bemängeln auch fehlende Informationen. Der Meister,<br />

<strong>der</strong> sich positiv äußert, ist als einziger von sechs Befragten in unterschiedliche Projekte zur Um-<br />

68<br />

69<br />

Zu dieser KVP-Welle zählt eine Analyse <strong>der</strong> Prozesse durch ein externes Beratungsunternehmen. <strong>Die</strong> Meister wurden<br />

im Rahmen einer Auftaktveranstaltung durch Berater <strong>des</strong> Unternehmens über das Vorhaben und die Vorgehensweise<br />

informiert. Einzelgespräche mit den Meistern dienten zur Erhebung <strong>des</strong> Tätigkeitsfel<strong>des</strong> <strong>der</strong> Meister. <strong>Die</strong><br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Analyse wurden den Meistern durch den jeweiligen Unterabteilungsleiter mitgeteilt. Sie dienen als<br />

Grundlage zur Ableitung verschiedener Handlungsfel<strong>der</strong>, die es zukünftig zu bear<strong>bei</strong>ten gilt, um einen angemessenen<br />

Weg für die <strong>Umsetzung</strong> zu finden (vgl. I.05.M).<br />

(vgl. Kapitel 4.4.3)<br />

54


setzung <strong>der</strong> Methoden eingebunden. Auffällig ist, dass sich die meisten Gruppensprecher positiv zur<br />

Beteiligung äußern, während die Mehrheit <strong>der</strong> Meister die Beteiligung bemängelt. <strong>Die</strong> interviewten<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter werden von ihren Meistern nicht an <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS beteiligt.<br />

5.3.1.4. Aspekte <strong>des</strong> Miteinan<strong>der</strong>s<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS erfor<strong>der</strong>t die Zusammenar<strong>bei</strong>t aller Prozessbeteiligten. Da<strong>bei</strong> sind die Bereitschaft,<br />

die Ar<strong>bei</strong>tsabläufe transparent zu machen sowie das Infragestellen vorhandener Abläufe<br />

unabdingbar. Als Voraussetzungen für die erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS wurden außerdem ein<br />

konstruktiver Umgang mit Fehlern, ein kooperativer Umgang und Kommunikation zwischen allen<br />

Beteiligten benannt (vgl. Kapitel 2.4.2).<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Interviews zeigen, dass sowohl Schwierigkeiten auf vertikaler Ebene zwischen<br />

den Hierarchieebenen als auch horizontal vorhandenes Bereichsdenken die <strong>Umsetzung</strong> erschweren.<br />

Deutlich wird dies <strong>bei</strong>spielsweise an <strong>der</strong> Aussage <strong>eines</strong> <strong>Meisters</strong>, <strong>der</strong> kritisiert, dass häufig davon<br />

ausgegangen werde, dass in an<strong>der</strong>en Bereichen scheinbar nicht so hart gear<strong>bei</strong>tet werde wie im eigenen.<br />

Es existiere Misstrauen zwischen den Bereichen, was dazu führe, dass nicht offen, ehrlich und<br />

direkt miteinan<strong>der</strong> gesprochen werde. Durch häufiger statttfindende Besprechungen mit den an<strong>der</strong>en<br />

Bereichen habe sich nach Aussage <strong>eines</strong> <strong>Meisters</strong> bereits etwas verän<strong>der</strong>t. Es gäbe jedoch nach wie<br />

vor Punkte, wo von Kooperation keine Rede sein könne. Es gehe nach wie vor darum, in <strong>der</strong> Darstellung<br />

guter Zahlen zu glänzen. „Vieles aufgesetzt, viele rennen mit einer Maske rum (…) glänzen (…)<br />

Zahlen“ (I.15.M). Ein weiterer Meister ist <strong>der</strong> Ansicht, dass die Darstellung <strong>der</strong> eigenen Person, das<br />

Streben nach eigenen Vorteilen wichtiger sei als die gemeinsame Ar<strong>bei</strong>t am Gesamtziel. Solange<br />

nicht je<strong>der</strong> daran interessiert sei, nachhaltig an den Fakten zu ar<strong>bei</strong>ten, sei es schwierig, bereichsübergreifend<br />

zusammenzuar<strong>bei</strong>ten. Ein Beispiel für die Probleme zwischen den Hierarchien ist die<br />

Aussage <strong>eines</strong> <strong>Meisters</strong>, <strong>der</strong> den Besuch <strong>eines</strong> Expertenteammitglieds zu einem Gruppengespräch als<br />

negative Kontrolle anstatt als Unterstützung wertet.<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> persönlichen Weiterentwicklung erhalte man im Unternehmen eher aufgrund<br />

von angepassten Verhalten. „In den ganzen Weiterbildungen (…) auf dem Weg nach oben, man lernt<br />

ja eigentlich, ist das Positive ja, wenn einer angebracht kritisch ist, aber ich meine g’rade <strong>bei</strong> uns im<br />

Haus leben Chefs gern mit einem <strong>der</strong> sagt jawohl, ja – kritisiert nicht, bereitet keine Probleme, <strong>der</strong><br />

ist toll, den för<strong>der</strong>e ich (…) und das ist wirklich massiv von oben nach unten so“ (I.14.M).<br />

Als weiterer wichtiger Punkt für die erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS wurde die Fehlerkultur <strong>eines</strong><br />

Unternehmens dargestellt (vgl. Kapitel 2.4.2.1). „(…) man kann ja so was nur abstellen, wenn man<br />

ehrlich miteinan<strong>der</strong> redet. (…) Mir fehlt da die Ehrlichkeit so ein bisschen und die Angst sag’ ich<br />

mal, teilweise von den Meistern, gegenüber ihren Vorgesetzten so was zu sagen (…). Da besteht die<br />

Angst vor ihrem Vorgesetzten, das ist mein persönliches Gefühl, wenn ich in so eine Besprechung<br />

komme“ (I.11.M). Gegenwärtig wird die Konsequenz von Fehlern negativ bewertet, was die Reaktion<br />

nach sich zieht, die Schuld an<strong>der</strong>en zu geben, anstatt selbst die Verantwortung zu übernehmen.<br />

55


<strong>Die</strong> Ursachen werden nach Aussage <strong>eines</strong> <strong>Meisters</strong> nicht konsequent hinterfragt. 70 „Er hat halt das<br />

Problem, dass er gar nicht genau wissen will (…), er ist halt mit <strong>der</strong> Aussage zufrieden es liegt daran,<br />

daran o<strong>der</strong> daran. Es wird nicht hinterfragt“ (I.11.M). In den Worten <strong>des</strong> Betriebsrates:„(…) wir<br />

haben eine Schuldkultur. Wir haben keine Kultur, die Fehler toleriert, um aus diesen Fehlern lernen<br />

zu können. Son<strong>der</strong>n wir haben eine Kultur, die auf Befehl und Gehorsam ausgerichtet ist und die<br />

bestraft, das ist die Wahrnehmung, die ich habe. Wir haben keine Kultur die lobt, wir haben keine<br />

die positiv för<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n wir ar<strong>bei</strong>ten immer nur mit Strafe persönlich, finanziell (…) ich glaube,<br />

dass es in einer solchen Kultur nicht möglich ist ein solches [GPS] umzusetzen“ (I.12.BR).<br />

<strong>Die</strong> Führungskräfte stehen unter Druck, die Produktion entsprechend <strong>der</strong> vorgegebenen Fertigungsstückzahlen<br />

zu organisieren, da sie am Erreichen dieser Zahlen gemessen werden. Das bestätigen alle<br />

befragten Meister, Gruppensprecher und Mitar<strong>bei</strong>ter. Das menschliche Miteinan<strong>der</strong> betreffende Aspekte<br />

werden nicht erfragt. „Hast du heute deine Mitar<strong>bei</strong>ter gelobt, hast du mit ihnen gesprochen,<br />

konntest du Sorgen und Nöte aufnehmen, hast du sie befähigt Störungen abzuar<strong>bei</strong>ten, seit ihr weiter<br />

gekommen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zielvereinbarung, konntest du für gutes Klima sorgen (…) alles das wird nicht<br />

gemessen, nicht hinterfragt“ (I.12.BR). Eine dazu passende Aussage <strong>eines</strong> Gruppensprechers: „Auf<br />

das was Mitar<strong>bei</strong>ter wissen und sagen wird wenig gehört, vielleicht ist das ja in Zukunft an<strong>der</strong>s“<br />

(I.09.GS). <strong>Die</strong>se Aussage bezieht sich sowohl auf den Kontakt zu den Vorgesetzten wie auf die Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

mit Angestellten, wie z. B. Mitar<strong>bei</strong>tern <strong>der</strong> Planung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Qualitätssicherung. 71<br />

In <strong>der</strong> Übersicht aller Äußerungen ergibt sich das Bild, dass vorhandenes Bereichsdenken die <strong>Umsetzung</strong><br />

erschwert. Das Handeln zugunsten <strong>des</strong> Bereiches o<strong>der</strong> zum Vorteil <strong>der</strong> eigenen Person wird<br />

als wichtiger angesehen als das Denken und Handeln im Interesse <strong>der</strong> Gesamtorganisation. Ein offener,<br />

ehrlicher und respektvoller Umgang scheint auch zwischen den operativ tätigen Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

und den Angestellten erschwert. Ebenso wird die Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen Mitar<strong>bei</strong>tern und Führungskräften<br />

als schwierig bezeichnet. <strong>Die</strong> Äußerung von Kritik gegenüber hierarchisch höher gestellten<br />

Personen wird eher als Tabuthema angesehen. Eine im ersten Teil <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t beschriebene<br />

notwendige Än<strong>der</strong>ung im Ar<strong>bei</strong>tnehmer-Management-Verhältnis lässt sich nicht erkennen (vgl. Kapitel<br />

2.4.2.3). Wie angenommen, erweist sich die Fehlerkultur als entwicklungsfähig (vgl. Kapitel<br />

2.4.2.1).<br />

Das Hauptaugenmerk <strong>der</strong> Führungskräfte liegt, nach Aussagen <strong>der</strong> Interviewten, auf <strong>der</strong> Erreichung<br />

<strong>der</strong> Fertigungsstückzahlen, womit Aspekte <strong>der</strong> Humanität und somit auch <strong>der</strong> Anspruch <strong>eines</strong> ganz-<br />

70<br />

71<br />

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: In den täglich stattfindenden Besprechungen mit dem Unterabteilungsleiter<br />

erfolgt ein Austausch über den Verlauf <strong>der</strong> Produktion <strong>des</strong> Tages. Konnte die angestrebte Stückzahl nicht gefertigt<br />

werden, nennen die Meister Gründe für die Differenz. Kommt es z.B. zu einem einstündigen Anlagenstillstand, ist<br />

dies mitunter auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Ein technischer Defekt wurde eventuell in zehn Minuten behoben.<br />

Der weitere Stillstand kam aufgrund fehlen<strong>der</strong> Behälter zustande. Ermöglicht die Nennung einer Ursache, die<br />

Verantwortung einem an<strong>der</strong>en Bereich anzulasten, bedingt die ganze Wahrheit das Eingeständnis, für einen Teil <strong>des</strong><br />

Stillstands selbst verantwortlich zu sein. <strong>Die</strong> Nennung <strong>eines</strong> Grun<strong>des</strong> für einen Ausfall sei ausreichend.<br />

Das Lohnsystem unterscheidet zwischen Angestelltengehältern und Lohnempfängern. Aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong><br />

Lohnempfänger, in <strong>der</strong> Regel Mitar<strong>bei</strong>ter in <strong>der</strong> Fertigung, sind die Angestellten „Papiertiger“ (I.08.GS), die alles<br />

besser wissen, ohne die Bedingungen vor Ort wirklich einschätzen zu können. Es bestehen Vorurteile zwischen den<br />

Gruppen.<br />

56


heitlichen Ansatzes in den Hintergrund treten. <strong>Die</strong> starke einseitige Orientierung an Kennzahlen erschwert<br />

die <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Prinzipien <strong>eines</strong> GPS.<br />

5.3.2. Analyse <strong>der</strong> Meisterrolle im Speziellen<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> wird von den Befragten als „<strong>der</strong> kleine Prügelknabe vom UA, was <strong>der</strong> UA von oben abbekommt<br />

und was er davon auffangen kann das kriegen wir dann“ (I.09.GS); „Prellbock von oben<br />

nach unten“ (I.M.10); „Krisenmanager“ (I.02.MA), „schwierigste <strong>Rolle</strong>, weil er zwischen den Stühlen<br />

sitzt“ (I.12.BR) beschrieben. Auf die Frage, welche Anfor<strong>der</strong>ungen seitens <strong>des</strong> Unternehmens<br />

beschrieben sind, nennen alle befragten Meister den Inhalt <strong>der</strong> Tätigkeitsbeschreibung „Das Leiten<br />

einer <strong>Meisters</strong>chaft“ (Stellenbeschreibung). An<strong>der</strong>e Unterlagen sind ihnen nicht bekannt. In den folgenden<br />

Abschnitten werden die Interviewergebnisse dargestellt, die eine Einschätzung ermöglichen,<br />

inwiefern die Meister den in Kapitel 3 genannten Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht werden. <strong>Die</strong> Glie<strong>der</strong>ung<br />

‚Der Meister als Coach’, ‚Der Verän<strong>der</strong>ungsmanager’, ‚Der Effektivitätsmanager’ und ‚Der Koordinator<br />

von Gruppen’ wird aufrechterhalten.<br />

5.3.2.1. Der Meister als Coach<br />

Für die Beschreibung <strong>der</strong> ‚Meister als Coach’ wird das Verhältnis zwischen Meistern und Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

sowie die Art <strong>des</strong> Umgangs <strong>der</strong> Meister mit den Mitar<strong>bei</strong>tern hinterfragt. Das Zutrauen in die<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter, die Motivation <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter, <strong>der</strong>en Entwicklung sowie ein kooperativer Umgang<br />

wurden dieser <strong>Rolle</strong> zugeschrieben (vgl. Kapitel 3.2.1).<br />

Vier <strong>der</strong> befragten Meister äußern sich sehr positiv über das Verhältnis zu ihren Mitar<strong>bei</strong>tern. Ein<br />

positives Miteinan<strong>der</strong> wird als sehr wichtig angesehen. „Ich muss auch versuchen eine menschliche<br />

Basis zu haben, die muss sein, sonst verliere ich meine Mannschaft, sonst ist es vor<strong>bei</strong>. Also wenn<br />

das nicht da ist, dann ist meine Mannschaft verloren“ (I.10.M). <strong>Die</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter teilen den Meistern<br />

persönliche Schwierigkeiten mit, was einerseits als Beweis für ein vertrautes Verhältnis gewertet<br />

wird, an<strong>der</strong>seits aber als persönliche Belastung empfunden wird. Vier <strong>der</strong> Befragten äußern explizit,<br />

dass sie ihren Mitar<strong>bei</strong>tern verständnisvoll gegenübertreten möchten, sich Zeit für sie nehmen und<br />

versuchen, die Schwierigkeiten <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t zu berücksichtigen. Das wird an Aussagen<br />

über persönliche Probleme, die Mitar<strong>bei</strong>ter den Meistern berichtet haben, am Bemühen, geeignete<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplätze zur Verfügung zu stellen, o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Bereitschaft, <strong>bei</strong> familiären Problemen kurzfristigem<br />

Urlaub zuzustimmen, deutlich. „Da sag ich, man müsste mal ein Psychologiestudium machen.<br />

Man hat so viele Probleme, die die Mitar<strong>bei</strong>ter angehen, die ja keiner wissen will o<strong>der</strong> keiner<br />

weiß (…). Damit umzugehen (…), da geht man nach Hause (…) es gibt viele Punkte, da tut man sich<br />

selber sehr schwer“ (I.10.M). Sorge zu tragen für ein positives Ar<strong>bei</strong>tsklima, wird von diesen Meistern<br />

als Teil ihrer Aufgabe angesehen und als solche benannt. Auch die individuelle För<strong>der</strong>ung und<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter wird als wichtig angesehen.<br />

<strong>Die</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter untereinan<strong>der</strong>, sei es in den Gruppen, zwischen den Schichten<br />

o<strong>der</strong> abteilungsübergreifend, sei nicht immer einfach, wodurch Aufgaben für den Meister entstehen.<br />

Es sei die Aufgabe <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>, die gewünschte Unternehmenskultur vorzuleben. „<strong>Die</strong> Unternehmenskultur<br />

o<strong>der</strong> eine Richtung, in die ein Unternehmen hin will, in die Mitar<strong>bei</strong>ter rein zu bringen,<br />

57


das bleibt am Ende an dieser Position hängen. Auch die Gruppensprecher mitzunehmen, da seh’ ich<br />

die größten Knackpunkte, (…), da seh’ ich die größte Schwierigkeit, sie da hin zu bringen wo sie hin<br />

müssen (…). Es ist mit viel Aufwand verbunden, auch von meiner Seite. Immer wie<strong>der</strong> erklären warum,<br />

weshalb und das geht <strong>bei</strong> einer einfachen Excelliste schon los“ (I.14.M).<br />

Zwei Meister äußern wenig zum Umgang und ihrem Verhältnis mit den Mitar<strong>bei</strong>tern. Was die Aussagen<br />

über ihre Mitar<strong>bei</strong>ter betrifft, wirken sie eher resigniert. „Wenn einer sich dahin setzt (...), was<br />

will ich mit dem machen? Kann ich ein paar Mal sagen: interessier dich bitte mal für deine Anlage<br />

(…). Da kann ruhig ein Ausfall sein. <strong>Die</strong> setzten sich dahin; denkt keiner dran, könnten doch auch<br />

mal einen Lappen o<strong>der</strong> den Besen in die Hand nehmen“ (I.06.M).<br />

Alle befragten Meister machen auf die Verschiedenheit <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter aufmerksam, was es zum Teil<br />

schwierig mache. Einige seien sehr engagiert und motiviert, es gäbe allerdings auch innerlich gekündigte<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter, die Pausenzeiten nicht einhalten, nur das min<strong>des</strong>te an Ar<strong>bei</strong>t verrichten und keine<br />

Verantwortung für ihre Ar<strong>bei</strong>t übernehmen. Drei <strong>der</strong> Meister sagen, dass sie versuchen, auf diese<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter einzuwirken, indem sie das Gespräch suchen und sich bemühen, die Ursache für dieses<br />

Verhalten zu erfahren. Zwei <strong>der</strong> Meister äußern, dass man in einer solchen Situation auch nichts machen<br />

könne. In einem Interview wird dieser Punkt nicht thematisiert.<br />

Alle sechs Meister legen Wert auf einen kooperativen Umgang mit den Mitar<strong>bei</strong>tern. „<strong>Die</strong> Ar<strong>bei</strong>t<br />

fällt einem wesentlich leichter wenn man das kooperativ macht. Also ich habe mir angewöhnt, ich<br />

sage immer zu den Mitar<strong>bei</strong>tern: du ich brauch’ dich mal ganz dringend, ich habe hier ein Problem<br />

(…), ich brauch’ mal deine Hilfe o<strong>der</strong> wie können wir das machen“ (I.M.10). Zusammenfassend<br />

entsteht <strong>der</strong> Eindruck, dass zwei <strong>der</strong> Meister sich einen kooperativen Umgang mit den Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

wünschen, jedoch keine Handlungsmöglichkeiten sehen, zur Motivation resignierter Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>bei</strong>zutragen.<br />

Vier <strong>der</strong> Meister haben Vorteile im kooperativen Umgang für sich erkannt und richten ihr<br />

Verhalten danach aus.<br />

Drei <strong>der</strong> befragten Gruppensprecher und ein Mitar<strong>bei</strong>ter beurteilen das Verhältnis zu ihrem Meister<br />

als sehr positiv. Ein Gruppensprecher und ein Mitar<strong>bei</strong>ter wünschen sich eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Verhältnisses.<br />

Der Meister solle eine Vorbildfunktion einnehmen. Ein Gruppensprecher bemängelt die<br />

Kritikfähigkeit <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>. Es würde hinter seinem Rücken gesprochen, aber sagen würde niemand<br />

was. Er sei halt ein Angestellter, was solle man da machen. Der Mitar<strong>bei</strong>ter ist <strong>der</strong> Ansicht, die Kollegen<br />

fühlen sich nicht ernst genommen durch den Meister. „Wenn sie ein Problem haben, dann sagen<br />

das wird schon wie<strong>der</strong> und gleichzeitig fragen, ob man zur Wochenendar<strong>bei</strong>t kommt. Das hat es<br />

auch schon gegeben. Das ist für mich keine Meisterrolle“ (I.02.MA). Mit <strong>der</strong> Motivation durch den<br />

Meister sei es so eine Sache. Von <strong>bei</strong>den wird <strong>der</strong> Meister selbst als unmotiviert beschrieben, was<br />

sich negativ auf die Zusammenar<strong>bei</strong>t auswirke.<br />

<strong>Die</strong> Aussagen <strong>der</strong> Unterabteilungsleiter bestätigen, dass <strong>bei</strong> einigen Meistern <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong>nwandel zum<br />

‚Meister als Coach’ vollzogen ist, an<strong>der</strong>e hingegen verharren in alten Verhaltensweisen. Zwei <strong>der</strong><br />

Unterabteilungsleiter beschreiben das Verhältnis vom Meister zu den Mitar<strong>bei</strong>tern als enges, vertrauensvolles<br />

Verhältnis. Der Unterabteilungsleiter, <strong>der</strong> durch seine Tätigkeit zurzeit einen Überblick<br />

58


über das gesamte Cost Center hat, differenziert in seinen Aussagen. Es gäbe viele Meister, die einen<br />

positiven Kontakt zu den Mitar<strong>bei</strong>tern haben. Ebenso gäbe es Meister, die in distanziertem Verhältnis<br />

zu den Mitar<strong>bei</strong>tern stehen, sich schwer tun, einen kooperativen Umgang zu leben und die <strong>Rolle</strong><br />

<strong>des</strong> Coachs nicht übernehmen.<br />

Einige Meister scheinen den Anfor<strong>der</strong>ungen, die mit <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> Coachs beschrieben wurden, zu<br />

entsprechen. Sie haben ein kooperatives Verhältnis zu ihren Mitar<strong>bei</strong>tern. Der Umgang mit persönlichen<br />

Problemen <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter sowie mit Schwierigkeiten zwischen den Mitar<strong>bei</strong>tern wird mitunter<br />

als schwierig empfunden. Aus den Aussagen <strong>der</strong> Gruppensprecher, <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter und <strong>eines</strong> Unterabteilungsleiters<br />

wird deutlich, dass einige Meister in alten Verhaltensmustern verharren und <strong>der</strong><br />

<strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> Coachs nicht gerecht werden.<br />

Größere Schwierigkeiten werden in <strong>der</strong> Übernahme <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> Verän<strong>der</strong>ungsmanagers gesehen.<br />

„Meister als Coach und Personalentwickler hört sich schon nicht schlecht an. Dann muss er aber im<br />

Sinne <strong>des</strong> [GPS] coachen und dafür muss er es auch kennen, leben und lieben, damit er das coachen<br />

kann“ (I.07.UA).<br />

5.3.2.2. Der Verän<strong>der</strong>ungsmanager<br />

Im Kapitel ‚Der Meister als Verän<strong>der</strong>ungsmanager’ wurden die Kriterien, Beteiligung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter,<br />

stattfindende Kommunikation über das Verän<strong>der</strong>ungsvorhaben, <strong>der</strong> Umgang mit sich ergebenden<br />

Wi<strong>der</strong>ständen, ein konstruktiver Umgang mit Verbesserungen und die Vorbildfunktion <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong><br />

vorgestellt. Um diesen Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht werden zu können, ist eine aktive Führung vor Ort<br />

notwendig (vgl. Kapitel 3.2.2).<br />

Grundsätzlich wird von allen Meistern eine Verän<strong>der</strong>ungsnotwendigkeit erkannt. „Wir müssen in<br />

jedem Fall offen sein für neue Dinge“ (I.11.M), „(…) ist ja auch für uns gut, so haben wir Ar<strong>bei</strong>t.<br />

Wir müssten schon dringend Sachen machen“ (I.06.M). <strong>Die</strong> Einstellung bezüglich <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>des</strong> GPS, das Wissen über die Ziele und Inhalte wie die Beteiligung <strong>der</strong> Meister sind, wie in den vorangegangenen<br />

Kapiteln dargestellt, sehr unterschiedlich. Hier ist ein Zusammenhang zu den Kriterien<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter, stattfindende Kommunikation und <strong>der</strong> Vorbildfunktion <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong><br />

zu sehen. Eigene Unsicherheit und Skepsis erschwert die Erfüllung dieser Kriterien. „Ich hab’ den<br />

Eindruck, dass die Meister das nicht so mit Herzblut betreiben, wie das in Etagen d’rüber <strong>der</strong> Fall<br />

ist (…). Das Verständnis hört mit <strong>der</strong> Hierarchie auf, dass ist wie <strong>bei</strong> stiller Post“ (I.07.UA). Ein<br />

Meister ist stark eingebunden in die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS. In seinen Äußerungen ist zu erkennen,<br />

dass er die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> Verän<strong>der</strong>ungsmanagers von den befragten Meistern am ehesten einnimmt. <strong>Die</strong><br />

Mitar<strong>bei</strong>t in Projekten lasse ihm wenig Zeit vor Ort, so dass <strong>der</strong> direkte Kontakt zu den Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

als eingeschränkt beschrieben wird. Seine Aufgabe sieht er zurzeit in <strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> Gruppensprecher,<br />

die wie<strong>der</strong>um im Kontakt zu den Mitar<strong>bei</strong>tern stehen. Fünf Meister sind unsicher und<br />

äußern im Zusammenhang <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> Skepsis aufgrund negativer Erfahrungen, was die Übernahme<br />

<strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> Treibers <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung und <strong>des</strong> Vorbilds erschwert. <strong>Die</strong> Bemängelung aller<br />

Meister nicht ausreichend Zeit vor Ort zu haben, steht ebenfalls einer kontinuierlichen aktiven Ar<strong>bei</strong>t<br />

vor Ort entgegen. Alle Meister äußern den Wunsch, mehr Zeit <strong>bei</strong> den Mitar<strong>bei</strong>tern verbringen zu<br />

können. Einen großen Teil ihrer Zeit sind sie mit administrativen Tätigkeiten beschäftigt, organisie-<br />

59


en den Produktionsablauf und nehmen an unterschiedlichen Besprechungen teil. 72 <strong>Die</strong> Meister empfinden<br />

die Ar<strong>bei</strong>tsbelastung als hoch. <strong>Die</strong> befragten Gruppensprecher und Mitar<strong>bei</strong>ter sehen, dass die<br />

Meister sehr viel Ar<strong>bei</strong>t haben.<br />

<strong>Die</strong> Aussagen <strong>der</strong> Unterabteilungsleiter stützen ebenfalls die Annahme, dass es für den Großteil <strong>der</strong><br />

Meister schwer ist, die <strong>Rolle</strong> <strong>eines</strong> Verän<strong>der</strong>ungsmanagers einzunehmen. „Auf <strong>der</strong> einen Seite ist er<br />

Multiplikator, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite kann er nicht richtig multiplizieren. Vom Prinzip müsste da<br />

mehr Unterstützung sein“ (I.13.UA). „Der Meister ist im Moment eigentlich nur das Sprachrohr.<br />

Erhält Informationen, gibt sie weiter, da kommt das nicht so emotional rüber“ (I.15.UA.). „Also so<br />

richtig den Sinn dahinter glaub’ ich nicht, dass sie den alle sehen (…). Es wird von den Meistern<br />

auch nicht so hinterfragt, wenn da jetzt ein Schild dran steht Standardar<strong>bei</strong>tsblatt, so muss es ablaufen<br />

und er steht da neben und sieht es läuft nicht so, da macht <strong>der</strong> nichts. Der guckt wie die Stückzahl<br />

ist und fertig“ (I.07.UA). Dass Meister selbst die Werkzeuge <strong>des</strong> GPS ignorieren, lässt auf Wi<strong>der</strong>stand<br />

schließen. Eine Vorbildfunktion gegenüber den Mitar<strong>bei</strong>tern wird damit nicht übernommen.<br />

Zurzeit seien die Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>des</strong> Unterstützungsteams besser informiert als die Meister und übernehmen<br />

Aufgaben, die in dieser Ar<strong>bei</strong>t als Anfor<strong>der</strong>ung an den Meister formuliert wurden. „(…) weil<br />

er [ehemaliges Mitglied <strong>des</strong> Unterstützungsteams] an <strong>der</strong> Stelle besser ausgebildet ist als die Meister.<br />

Der Meister steht so manchmal sehr hilflos neben <strong>der</strong> Sache (…)“ (I.07.UA).<br />

Das Thema Verbesserungen wird von allen Befragten mit dem Schreiben von Verbesserungsideen<br />

verbunden. <strong>Die</strong> Bear<strong>bei</strong>tung <strong>der</strong> Ideen ist die Aufgabe <strong>des</strong> jeweiligen Vorgesetzten. Vier Meister<br />

äußern, dass nur wenige Mitar<strong>bei</strong>ter Verbesserungsideen schreiben. Zwei Meister sagen, dass sie viel<br />

Zeit für die Bear<strong>bei</strong>tung <strong>der</strong> Ideen benötigen. Von allen Meistern wird eine Abhängigkeit zwischen<br />

<strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Ideen und dem Alter <strong>des</strong> Unternehmensbereiches gesehen. In alten Bereichen sei es<br />

schwierig, ständig neue Ideen zu produzieren, in neuen Bereichen, mit neuen Anlagen sei es leichter,<br />

Ideen zu entwickeln. <strong>Die</strong>se Beobachtung wird von den Gruppensprechern geteilt. „Im Themenspeicher<br />

73 steht eher nichts. Kann man sich ja nicht aus den Fingern ziehen, kommt nichts <strong>bei</strong> rum. Anfangs<br />

[<strong>bei</strong> Einführung <strong>der</strong> Verbesserungsideen] gab es etliche Verbesserungsideen, jetzt nicht mehr<br />

so“ (I.04.GS). Fällt es den Gruppen zurzeit schwer, den Themenspeicher zu füllen, kann dies als Indiz<br />

gewertet werden, dass <strong>der</strong> Meister die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> Verän<strong>der</strong>ungsmanagers nicht ausfüllt. Mit <strong>der</strong><br />

<strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS sind zahlreiche Aufgaben verbunden. Wäre das Wissen um die Inhalte und Ziele<br />

<strong>bei</strong> allen Beteiligten ausgeprägt, würden sie in die <strong>Umsetzung</strong> eingebunden, könnten sich entsprechend<br />

viele Punkte im Themenspeicher finden.<br />

<strong>Die</strong> befragten Mitar<strong>bei</strong>ter äußern sich negativ zum Thema Verbesserungsideen. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> dauere<br />

lange, manchmal höre man auch gar nichts mehr.<br />

72<br />

73<br />

Administrative Tätigkeiten sind <strong>bei</strong>spielsweise: <strong>Die</strong> Anwesenheitspflege im Computersystem, das Erstellen von<br />

Auswertungen, die Abar<strong>bei</strong>tung von Verbesserungsideen; zu den organisatorischen Tätigkeiten zählt die Materialbeschaffung<br />

und die Koordination von Reparaturen, Besprechungen sind eine tägliche Runde mit dem Unterabteilungsleiter,<br />

Qualitätsregelkreise o<strong>der</strong> abteilungsübergreifende Absprachen mit <strong>Die</strong>nstleistern sowie den vor- und<br />

nachgelagerten Bereichen.<br />

Der Themenspeicher ist ein standardisiertes Werkzeug, das dem Element Gruppenar<strong>bei</strong>t zugeordnet ist. <strong>Die</strong> Gruppe<br />

kann auf diesem Formblatt zu bear<strong>bei</strong>tende Themen auflisten und den Abar<strong>bei</strong>tungsstand visualisieren.<br />

60


Zusammenfassend wird festgestellt, dass grundsätzlich von allen Befragten eine Notwendigkeit <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung erkannt wird, dass Unwissenheit und eigene Skepsis <strong>der</strong> Beteiligung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter,<br />

<strong>der</strong> Kommunikation über das Verän<strong>der</strong>ungsvorhaben sowie dem Umgang mit Wi<strong>der</strong>ständen <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

jedoch entgegenstehen. Das Unwissen <strong>der</strong> interviewten Mitar<strong>bei</strong>ter über die Inhalte <strong>des</strong> GPS<br />

lässt darauf schließen, dass nicht über die Ziele und Inhalte kommuniziert wird. Einige Meister zeigen<br />

selbst Wi<strong>der</strong>stand. <strong>Die</strong> Vorbildfunktion wird damit nicht erfüllt. Ein Meister ist in Projekte zur<br />

<strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS eingebunden. Er wird <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> Verän<strong>der</strong>ungsmanagers am ehesten gerecht.<br />

Fehlende Zeit vor Ort wird von allen bemängelt. <strong>Die</strong> Möglichkeit zur aktiven Führung vor Ort ist<br />

nicht gegeben. <strong>Die</strong> Meister können den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> Verän<strong>der</strong>ungsmanagers nicht gerecht<br />

werden.<br />

5.3.2.3. Der Effektivitätsmanager<br />

Mit <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> Effektivitätsmanagers wurden unternehmerisches Denken und Handeln <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong><br />

selbst wie das För<strong>der</strong>n <strong>des</strong> unternehmerischen Denkens und Handelns <strong>bei</strong> den Mitar<strong>bei</strong>tern verbunden<br />

(vgl. Kapitel 3.2.3). Es wird davon ausgegangen, sollte das unternehmerische Denken und<br />

Handeln <strong>bei</strong> den Meistern selbst nicht ausgeprägt sein, dass auch die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter diesbezüglich<br />

negativ korreliert.<br />

Für alle befragten Meister gilt, dass sie sich in hohem Maße für ihre Tätigkeit verantwortlich fühlen<br />

und Initiative zeigen, um den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Meistertätigkeit gerecht zu werden. <strong>Die</strong>se Aussage<br />

stützt sich auf verschiedene Äußerungen. Zwei <strong>der</strong> Meister schil<strong>der</strong>n, dass sie weit mehr Zeit im Unternehmen<br />

verbringen, als die geregelte Ar<strong>bei</strong>tszeit vorsieht. „Momentan sind die Tage auch sehr<br />

lang (…) 10-11 [Stunden] sind es schon am Tag. (…) ja aber sonst, es macht mir Spaß momentan“<br />

(I.14.M). Ein Meister erzählt von seinem persönlichen Ziel, die Anlagen zu optimieren, um die Produktion<br />

einer Tagesstückzahl in seinem Bereich zu erreichen, die über <strong>der</strong> unternehmensseitigen<br />

Zielvorgabe liegt. Zwei <strong>der</strong> Meister berichten, dass es ihnen schwer falle abzuschalten, wenn sie zu<br />

Hause sind. Es komme vor, dass man noch mal an <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t anrufe, um sich in heiklen Situationen<br />

zu vergewissern, dass die Produktion <strong>der</strong> verlangten Stückzahl geschafft wurde. Der Druck, dass in<br />

Folge <strong>eines</strong> Produktionsengpasses die Gefahr bestehe, dass ein an<strong>der</strong>es Werk abgestellt werden müsse,<br />

laste auf ihren Schultern.<br />

Alle Meister sind <strong>der</strong> Meinung, dass das unternehmerische Denken <strong>bei</strong> den Mitar<strong>bei</strong>tern sehr unterschiedlich<br />

ausgeprägt ist. Es gibt Mitar<strong>bei</strong>ter, die sehr viel Einsatz zeigen und bereit sind, Ar<strong>bei</strong>ten<br />

zu übernehmen, die über ihre eigentliche Tätigkeitsbeschreibung hinausgehen. An<strong>der</strong>e erfüllen die<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen, sind aber nicht bereit, darüber hinaus tätig zu werden. „Das merkt man, wenn man<br />

einen Engpass hat und guckt, ob man da noch einen kriegt, dann sind das meistens die Stammeinrichter.<br />

Es sind immer die Gleichen die kommen, die An<strong>der</strong>en blocken ab“ (I.10.M) Ein weiterer Teil<br />

<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter steht <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t eher gleichgültig gegenüber. „Ich krieg mein Geld, ich mach’ meine<br />

Ar<strong>bei</strong>t, mehr mach’ ich nicht.“ (I.10.M)<br />

Das För<strong>der</strong>n <strong>des</strong> unternehmerischen Denkens und Handelns <strong>bei</strong> den Mitar<strong>bei</strong>tern wird, vor allem im<br />

Bezug auf die Mitar<strong>bei</strong>ter, die <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t eher gleichgültig gegenüberstehen o<strong>der</strong> als resigniert wahrgenommen<br />

werden, von allen Meistern als schwierige Aufgabe angesehen. „Das ist, was ich den<br />

61


Mitar<strong>bei</strong>tern immer sage: ihr müsst immer denken, ihr habt zu Hause Handwerker. Es sind drei<br />

Handwerker. Einer setzt sich in die Ecke und macht seine Pause. Du musst aber für alle drei Handwerker<br />

dein Geld bezahlen, aber die Leistung kriegst du nicht dafür. Was machst du denn da, bezahlst<br />

du den Handwerker o<strong>der</strong> sagst du hier mein Lieber ich hol’ mir einen Anwalt, du kriegst von<br />

mir nichts? So macht ihr das doch alle (…). Und das umzusetzen, das dauert Jahre“ (I.10.M).<br />

<strong>Die</strong> interviewten Mitar<strong>bei</strong>ter und zwei <strong>der</strong> Gruppensprecher äußern sich negativ über die Einsatzbereitschaft<br />

und das Verantwortungsgefühl <strong>der</strong> Meister. Der Meister zeige wenig Einsatz, trete nicht<br />

für die Interessen s<strong>eines</strong> Bereichs ein, nehme Schwierigkeiten hin und zeige wenig Engagement.<br />

Zwei Gruppensprecher äußern sich positiv in punkto Verantwortungsgefühl und Einsatz ihres <strong>Meisters</strong>.<br />

Der Meister habe sehr viel Ar<strong>bei</strong>t, er könne auf keinen Fall mehr tun. <strong>Die</strong> interviewten Meister<br />

sind nicht die Vorgesetzten dieser Befragten.<br />

Alle befragten Unterabteilungsleiter äußern, dass das unternehmerische Denken und Handeln <strong>bei</strong> den<br />

Meistern ausgeprägt sei. Bei <strong>der</strong> Einschätzung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter differenzieren sie wie die Meister.<br />

Aggregiert ergibt sich für die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> Effektivitätsmanagers: Bei allen befragten Meistern ist das<br />

unternehmerische Denken und Handeln ausgeprägt. Das Erreichen <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten Leistung wird als<br />

wichtig angesehen. Aus den Aussagen <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter und Gruppensprecher lässt sich schlussfolgern,<br />

dass dies nicht auf alle Meister zutrifft. <strong>Die</strong> befragten Unterabteilungsleiter bestätigen das<br />

Selbstbild <strong>der</strong> Meister. <strong>Die</strong> Meister versuchen, das unternehmerische Denken und Handeln <strong>bei</strong> ihren<br />

Mitar<strong>bei</strong>tern zu för<strong>der</strong>n. Sie empfinden es als schwierige und langwierige Aufgabe, alle Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

von <strong>der</strong> Wichtigkeit <strong>der</strong> Verantwortungsübernahme und <strong>der</strong> Eigeninitiative je<strong>des</strong> Einzelnen zu überzeugen.<br />

5.3.2.4. Der Koordinator von Gruppen<br />

<strong>Die</strong> Gruppen in ihrer Zusammenar<strong>bei</strong>t unterstützen, <strong>der</strong> Umgang mit Konflikten und die Ar<strong>bei</strong>t mit<br />

dem Instrument <strong>der</strong> Zielvereinbarung sind Kriterien, die <strong>der</strong> Kategorie ‚Koordinator von Gruppen’<br />

zugeordnet wurden (vgl. Kapitel 3.2.4).<br />

Alle befragten Meister äußern sich, wie im Kaptitel ‚<strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Elemente’ dargestellt, grundsätzlich<br />

positiv zur Gruppenar<strong>bei</strong>t. <strong>Die</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t wird als gutes Steuerungselement bezeichnet,<br />

sofern eine konstruktive Zusammenar<strong>bei</strong>t <strong>der</strong> Gruppen entsteht (vgl. Kapitel 5.3.1.1). An diesem<br />

Punkt streuen die Aussagen <strong>der</strong> Meister. Aus den Äußerungen von vier <strong>der</strong> befragten Meister lässt<br />

sich erkennen, dass sie es als ihre Aufgabe ansehen, die Gruppen auf dem Weg zu einer konstruktiven<br />

Zusammenar<strong>bei</strong>t zu stützen. Sie helfen den Gruppensprechern <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Gespräche<br />

und nehmen selbst an Gruppengesprächen teil. Aufgrund <strong>der</strong> Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

und <strong>des</strong> herrschenden Umgangs <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter untereinan<strong>der</strong> wird diese Aufgabe von allen Meistern<br />

als schwierig empfunden. Zwei <strong>der</strong> befragten Meister sind <strong>der</strong> Meinung, Gruppenar<strong>bei</strong>t könne nur in<br />

Folge <strong>eines</strong> an<strong>der</strong>en Umgangs <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter untereinan<strong>der</strong> funktionieren. Sie wirken eher resigniert,<br />

was das Thema Gruppenar<strong>bei</strong>t angeht. <strong>Die</strong> Verantwortung für eine funktionierende Gruppenar<strong>bei</strong>t<br />

wird <strong>bei</strong> den Mitar<strong>bei</strong>tern gesehen. „(…) es gibt natürlich auch viele kritische Meister ganz<br />

62


klar. Es gibt natürlich auch kritische, es gibt viele kritische. <strong>Die</strong> sehen viele Sachen auch an<strong>der</strong>s als<br />

ich. Gruppenar<strong>bei</strong>t kann nur funktionieren, wenn die Mannschaft funktioniert“ (I.10.M).<br />

<strong>Die</strong> mit <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t verbundene stärkere Verantwortungsübernahme <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter wird von<br />

allen Meistern grundsätzlich positiv empfunden. Wo<strong>bei</strong> es in den Aussagen zu differenzieren gilt.<br />

„Das viele jetzt auch von den Meistern hergehen und sagen: [das ist] jetzt Aufgabe <strong>des</strong> Gruppensprechers,<br />

dass finde ich also nicht so pralle, das einige Kollegen jetzt versuchen so eine Schiene zu<br />

fahren. Das kann es auch nicht sein. Da werden viele auch nicht mitgenommen. Da ist immer <strong>der</strong>,<br />

ich denke mal <strong>der</strong> Kostenstellenverantwortliche (…) hat es auch noch nicht begriffen. Das zieht sich<br />

dann so durch (…)“ (I.14.M). Aus <strong>der</strong> Aussage <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> wird die Befürchtung deutlich, dass es<br />

Meister gibt, die sich nach Kenntnisnahme <strong>der</strong> neuen Gruppensprechertätigkeiten zurückziehen,<br />

Aufgaben abgeben, ohne jedoch notwendige Unterstützung anzubieten. Vier <strong>der</strong> Meister sehen es als<br />

ihre Aufgabe an, den Gruppensprecher <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Übernahme seiner neuen Tätigkeiten zu unterstützen.<br />

Es sei nicht möglich, dass <strong>der</strong> Gruppensprecher das Anfor<strong>der</strong>ungsprofil von heute auf morgen erfülle.<br />

Zwei Meister äußern nicht eindeutig, was sie tun, um die Gruppensprecher zu stützen.<br />

Alle befragten Meister sehen sich <strong>bei</strong> Konflikten als Ansprechpartner für die Mitar<strong>bei</strong>ter. Ein besserer<br />

Umgang <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter untereinan<strong>der</strong> wird als wünschenswert angesehen. „Das müssen die Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

vielleicht auch lernen, das Miteinan<strong>der</strong>. Das ist auch noch schwierig, was die Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

umsetzten müssen (…) das ist ganz, ganz schwierig“ (I.10.M).<br />

Das Thema Zielvereinbarung hat seit <strong>der</strong> Neuorientierung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t noch keine <strong>Rolle</strong> gespielt.<br />

<strong>Die</strong> Erfahrungen aus <strong>der</strong> Vergangenheit sind, wie bereits erwähnt, negativ geprägt.<br />

<strong>Die</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter und zwei <strong>der</strong> Gruppensprecher äußern Unzufriedenheit über mangelnde Unterstützung<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t. Der Meister sei in Gruppengesprächen nicht da<strong>bei</strong>, die Gruppenar<strong>bei</strong>t<br />

werde langsam aufgebaut, die Gruppengespräche fallen jedoch öfter aus, <strong>der</strong> Anlauf sei schleppend,<br />

an<strong>der</strong>e Dinge seien wichtiger. Einer <strong>der</strong> Gruppensprecher formuliert den Wunsch nach größerer Unterstützung<br />

durch den Meister. „Ja, vielleicht auch mal mit ins Gruppengespräch mit reinkommen<br />

und das vielleicht auch noch mal mit zu, naja, auch mal ein bisschen energisch sein (…), vielleicht<br />

ja, die Motivation findet ja nur dann statt. Ist ja schwierig hier den Meister anzugreifen“ (I.09.GS).<br />

<strong>Die</strong> Meisteraufgaben, die im Zuge <strong>der</strong> Neuorientierung von den Gruppensprechern übernommen<br />

werden sollen, würden nach wie vor vom Meister durchgeführt.<br />

Zwei Gruppensprecher äußern sich positiv, was den Einsatz <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> in <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t betrifft.<br />

Es fände ein regelmäßiger Austausch zwischen Meistern und Gruppensprechern statt, die Einar<strong>bei</strong>tung<br />

<strong>der</strong> Gruppensprecher erfolge Schritt für Schritt, die Gruppensprecher erhalten Informationen,<br />

die ihnen früher nicht zugänglich waren, die Meister begleiten die Gruppengespräche, sofern<br />

ihre Unterstützung gewünscht ist.<br />

Alle Unterabteilungsleiter bestätigen den unterschiedlichen Umgang <strong>der</strong> Meister mit dem Thema<br />

Gruppenar<strong>bei</strong>t. „Man hat ein gewisses Anfor<strong>der</strong>ungsprofil an den Gruppensprecher gestellt. Man<br />

muss das von ihm einklagen. Man muss ihm aber auch die Freiheit lassen, um diese Tätigkeiten<br />

durchführen zu können und vielleicht auch mal die ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Entscheidung treffen, die viel-<br />

63


leicht auch mal nicht richtig ist. Aber aus den Erfahrungen dann muss man lernen. Da tun sich, gibt<br />

es halt noch betriebliche Vorgesetzte, sprich Meister, die tun sich da noch schwer, die können da<br />

schwer los lassen“ (I.UA.15).<br />

Im Überblick bedeutet das: <strong>Die</strong> Anfor<strong>der</strong>ung die Gruppenar<strong>bei</strong>t zu unterstützen wird von vier Meistern<br />

erfüllt, zwei <strong>der</strong> Meister treffen keine Aussage aus <strong>der</strong> erkennbar wird, dass sie die Gruppensprecher<br />

o<strong>der</strong> die Gruppe unterstützen. <strong>Die</strong> Aussagen <strong>der</strong> Gruppensprecher und Mitar<strong>bei</strong>ter weisen<br />

darauf hin, dass nicht alle Meister den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> Koordinators von Gruppen gerecht werden.<br />

<strong>Die</strong> Unterabteilungsleiter bestätigen einen unterschiedlichen Umgang. Der Umgang mit Konflikten<br />

wird von allen Befragten als schwierig erlebt.<br />

5.4. Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse<br />

In <strong>der</strong> zusammenfassenden Betrachtung <strong>der</strong> Interviewergebnisse ergibt sich folgen<strong>des</strong> Bild: Alle Befragten<br />

äußern sich grundsätzlich positiv, dass von Seiten <strong>des</strong> Unternehmens neue Wege gegangen<br />

werden, um den Standort und damit die Ar<strong>bei</strong>tsplätze zu sichern. <strong>Die</strong> Interviewten sehen sich am<br />

Anfang <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>sprozesses. Skepsis wird in Bezug auf das <strong>der</strong>zeitige <strong>Umsetzung</strong>stempo geäußert.<br />

Offensichtlich wurde eine Vielzahl von Mitar<strong>bei</strong>tern noch nicht von den aktuellen Vorhaben<br />

erreicht.<br />

Negative Erfahrungen mit den Methoden <strong>des</strong> GPS stehen einer engagierten Beteiligung entgegen. Es<br />

besteht die Sorge, ob <strong>der</strong> Weg diesmal tatsächlich konsequent und nachhaltig beschritten wird. Es<br />

gibt Wi<strong>der</strong>stände <strong>bei</strong> den Meistern.<br />

Ein weiteres Problem stellt die Unsicherheit <strong>der</strong> Meister in Bezug auf ihre Perspektive im Unternehmen<br />

dar. Da einige Meistertätigkeiten an die Gruppensprecher übertragen werden sollen, befürchten<br />

die Meister perspektivisch eine Reduzierung ihrer Stellen (vgl. Kapitel 5.3.1.1).<br />

Von Seiten <strong>des</strong> Unternehmens werden zahlreiche Informationen zur Verfügung gestellt. Bekannt<br />

sind die Ziele, einer Einsparung von 15 % im Jahr 2007 und die Sicherung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplätze. Das<br />

Wissen über die Inhalte <strong>des</strong> GPS und das Vorgehen <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> ist jedoch sehr unterschiedlich<br />

ausgeprägt und nimmt entlang <strong>der</strong> Hierarchien ab. Für die Meister resultiert daraus eine Wechselwirkung:<br />

Meister, die selbst wenig wissen, können <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ung, die Mitar<strong>bei</strong>ter zu informieren,<br />

nicht nachkommen. <strong>Die</strong>s trifft ebenso auf Unterabteilungsleiter zu, die für die Information <strong>der</strong> Meister<br />

verantwortlich sind (vgl. Kapitel 5.3.1.2).<br />

Aussagen, die darauf hinweisen, dass die Art <strong>des</strong> Umgangs miteinan<strong>der</strong> die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS erschwert,<br />

finden sich in allen Interviews. Genannt werden fehlende Offenheit und Ehrlichkeit, Bereichsdenken<br />

und eine Schuldkultur, die einen konstruktiven Umgang mit Fehlern verhin<strong>der</strong>t. Aus<br />

unterschiedlichen Aussagen wird deutlich, dass <strong>der</strong> Umgang mit Kritik zwischen hierarchisch unterstellten<br />

Personen als schwierig erlebt wird. Das Ausspielen von Machtpositionen beeinflusse Entscheidungen.<br />

Schwierigkeiten werden auf horizontaler und vertikaler Ebene gesehen. Nach Aussage<br />

<strong>der</strong> Befragten ist die Erreichung <strong>der</strong> Fertigungsstückzahlen vor<strong>der</strong>gründig. Aspekte <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

werden nicht erfragt o<strong>der</strong> besprochen (vgl. Kapitel 5.3.1.4).<br />

64


<strong>Die</strong> Erfüllung beschriebener Anfor<strong>der</strong>ungen durch die Meister ist unterschiedlich ausgeprägt. <strong>Die</strong><br />

dem ‚Effektivitätsmanager’ zugeordneten Kriterien können am ehesten als erfüllt angesehen werden.<br />

<strong>Die</strong> interviewten Meister treffen Aussagen, die auf unternehmerisches Denken und Handeln schließen<br />

lassen. Ebenfalls versuchen sie Unternehmensentscheidungen durch Überzeugung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

durchzusetzen (vgl. Kapitel 5.3.2.3).<br />

Einige Meister werden <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> ‚Coachs’ und <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> ‚Koordinators <strong>der</strong> Gruppen’ gerecht.<br />

An<strong>der</strong>e verharren in alten Verhaltensmustern. Der Umgang mit den persönlichen Problemen<br />

<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter und mit Konflikten zwischen den Mitar<strong>bei</strong>tern wird von allen als schwierig empfunden<br />

(vgl. Kapitel 5.3.2.1., 5.3.2.4).<br />

<strong>Die</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> ‚Verän<strong>der</strong>ungsmanagers’ werden weitestgehend nicht erfüllt. <strong>Die</strong> Gründe<br />

können im fehlenden Wissen, eigener Unsicherheit und Skepsis gesehen werden. <strong>Die</strong> Möglichkeit zu<br />

einer aktiven Führung vor Ort ist aufgrund zahlreicher administrativer Tätigkeiten eingeschränkt. <strong>Die</strong><br />

Beteiligung <strong>der</strong> Betroffenen wird wo praktiziert, als positiv gewertet und erleichtert die Erfüllung <strong>der</strong><br />

Anfor<strong>der</strong>ungen, die an den Meister als ‚Verän<strong>der</strong>ungsmanager’ gestellt werden. Dort, wo die Meister<br />

bisher nicht in die <strong>Umsetzung</strong> eingebunden sind, besteht <strong>der</strong> Wunsch nach größerer Beteiligung (vgl.<br />

Kapitel 5.3.1.3, 5.3.2.2).<br />

Einschränkend muss, wie bereits erwähnt, angemerkt werden, dass die vorliegenden Untersuchungsergebnisse<br />

aus <strong>der</strong> Befragung einer im Vergleich zur Gesamtzahl <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter im Unternehmen<br />

sehr kleinen Gruppe resultieren. Insofern spiegeln die Ergebnisse lediglich einen kleinen Ausschnitt<br />

<strong>der</strong> im Unternehmen vorhandenen Meinungen, Wahrnehmungen und Einstellungen wi<strong>der</strong>.<br />

65


6. Gestaltungsempfehlungen<br />

<strong>Die</strong>ses Kapitel soll die Frage beantworten, welche Gestaltungsempfehlungen sich vor dem Hintergrund<br />

<strong>der</strong> identifizierten Probleme <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS ableiten lassen. Auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

<strong>der</strong> in den ersten <strong>bei</strong>den Kapiteln dargestellten Anfor<strong>der</strong>ungen, die eine <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS an die<br />

Meister und das Unternehmen stellt, und den Ergebnissen aus <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Gegebenheiten im<br />

Unternehmen werden im Folgenden Gestaltungsempfehlungen skizziert. Das übergreifende Ziel <strong>der</strong><br />

Empfehlungen ist es, perspektivisch eine Annäherung an die dargestellten Anfor<strong>der</strong>ungen zu erreichen.<br />

Es gilt, die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> zu klären, zu unterstützen und zu stärken. Alle Vorschläge zielen<br />

darauf ab, die scheinbar vorhandenen horizontalen wie vertikalen Barrieren Schritt für Schritt<br />

abzubauen, mit <strong>der</strong> Vision <strong>eines</strong> durchgängig kooperativen Miteinan<strong>der</strong>s im Unternehmen. <strong>Die</strong> untenstehende<br />

Grafik zeigt eine Übersicht aller Gestaltungsempfehlungen:<br />

1. Schritt<br />

Analyse <strong>der</strong> Unternehmenskultur<br />

- Beteiligung aller Führungskräfte<br />

2. Schritt<br />

Stellungnahme <strong>des</strong> Managements<br />

- Vision und Ziele bekannt machen<br />

- Positive <strong>Rolle</strong>nmodelle<br />

- Offene Sprechstunde<br />

3. Schritt<br />

Kontinuierliche Verbesserung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

Kommunikation vertikal-horizontal<br />

- Maßnahmen zur Verbesserung <strong>der</strong><br />

Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

- Klärungshilfe<br />

Feedback<br />

- Hilfe <strong>bei</strong> Konflikten<br />

Klarheit & Transparenz<br />

- Positionierung zur Meisterrolle<br />

- <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong> als Führungsinstrument<br />

- Regelmäßige Besprechungen<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Meister<br />

- Beteiligung in Projekten<br />

Qualifizierung und Coaching <strong>der</strong> Meister<br />

- Begleitung und Qualifizierung<br />

- Coaching und Feedback<br />

Abb. 8: Übersicht aller Gestaltungsempfehlungen<br />

(eigene Darstellung)<br />

Farblich unterschieden sind Vorschläge für das Unternehmen im Allgemeinen (grün) von solchen,<br />

die sich im Speziellen auf die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> beziehen (blau). Vom zeitlichen Ablauf her sollte<br />

zunächst eine Analyse <strong>der</strong> Unternehmenskultur erfolgen. <strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Analyse sollten in die<br />

anschließende Stellungnahme <strong>des</strong> Managements einfließen. <strong>Die</strong> unter Schritt 3 genannten Empfehlungen<br />

können danach zeitgleich umgesetzt werden. Alle vorgeschlagenen Maßnahmen zielen darauf<br />

ab, eine kontinuierliche Verbesserung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t, im Sinne einer durchgängig kooperativen<br />

und lösungsorientierten Unternehmenskultur, die für die erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS als<br />

66


wichtig angesehen wird, zu erreichen. Zu Beginn je<strong>des</strong> Kapitels wird <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen<br />

den Interviewergebnissen und <strong>der</strong> Empfehlung hergestellt.<br />

6.1. Empfehlungen an das Unternehmen im Allgemeinen<br />

Im folgenden Abschnitt werden Vorschläge zur weiteren Gestaltung <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>svorhabens unterbreitet,<br />

die sich auf die allgemeinen Gegebenheiten im Unternehmen beziehen. Es sind Empfehlungen<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Interviewergebnisse, die erkennen lassen, dass die aufgeführten<br />

Schwierigkeiten die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Meister maßgeblich beeinflussen.<br />

Als erstes wird eine Analyse <strong>der</strong> Unternehmenskultur vorgeschlagen. Des Weiteren werden eine Positionierung<br />

<strong>des</strong> Managements sowie eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> vertikalen wie horizontalen Kommunikation<br />

als notwendig angesehen.<br />

6.1.1. Analyse <strong>der</strong> Unternehmenskultur<br />

Viele Probleme, die aus den Interviews heraus sichtbar werden, sind auf den Umgang <strong>der</strong> Menschen<br />

miteinan<strong>der</strong> zurückzuführen: Ein Gruppensprecher, <strong>der</strong> es für sich als abwegig empfindet, gegenüber<br />

Angestellten Kritik zu äußern. Meister, <strong>der</strong>en Wahrnehmung es ist, dass in Besprechungen den Ursachen<br />

nicht auf den Grund gegangen wird bzw. nicht offen und ehrlich miteinan<strong>der</strong> umgegangen wird<br />

und Bereichsdenken den Umgang erschwert (vgl. Kapitel 5.2.1.4). <strong>Die</strong>se Punkte sind exemplarisch<br />

aufgeführt, um zu veranschaulichen, inwiefern und wenn, auf welche Art und Weise eine Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Unternehmenskultur notwendig ist, um die angestrebte <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS erfolgreich und<br />

damit nachhaltig zu erreichen.<br />

Was ist unter Unternehmenskultur zu verstehen?<br />

„Kultur ist die Summe aller gemeinsamen, selbstverständlichen Annahmen, die eine Gruppe in ihrer<br />

Geschichte gelernt hat“ (Schein 2003, S. 40). Damit ist Kultur ein Phänomen, das in Gruppen auftritt<br />

und sich aus den Erfahrungen, die die Gruppenmitglie<strong>der</strong> miteinan<strong>der</strong> sammeln, entwickelt.<br />

„Kultur ist wichtig, denn die starken, latenten und oft unbewussten kulturellen Kräfte bestimmen,<br />

individuell, wie kollektiv, Verhalten und Denkmuster und Werte. Unternehmenskultur ist wichtig,<br />

weil kulturelle Elemente Strategien, Ziel und Funktionsweisen bestimmen“ (Schein 2003, S. 29).<br />

Kultur besteht nach dem Modell von Schein aus drei Ebenen:<br />

- „Artefakte“: Damit sind die sichtbaren Aspekte einer Kultur gemeint. Sie lassen sich<br />

beobachten, lassen jedoch keine direkten Rückschlüsse zu, warum ein Verhalten gezeigt<br />

wird. 74<br />

- „Öffentlich propagierte Werte“: <strong>Die</strong>se erfährt man in aller Regel zuerst, beginnt man die<br />

74<br />

Beispiel: Beobachtbar sind Strukturen und Prozesse. So zum Beispiel ist beobachtbar, dass Mitar<strong>bei</strong>ter ihre Ideen<br />

einbringen, indem sie Verbesserungsvorschläge schreiben, ebenso wie lange es dauert, bis die Ideen umgesetzt werden.<br />

67


Artefakte zu hinterfragen. 75<br />

- „Unausgesprochene gemeinsame Annahmen“: Mit dem besseren Kennenlernen <strong>des</strong> Unternehmens<br />

steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Wi<strong>der</strong>sprüche zwischen den propagierten Werten<br />

und den Äußerungen <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter o<strong>der</strong> dem sichtbaren Verhalten beobachtbar werden.<br />

Um zu verstehen, woher diese kommen, muss man die Entwicklung <strong>des</strong> Unternehmens betrachten.<br />

Für selbstverständlich gehaltene Annahmen sind Ergebnis <strong>eines</strong> Lernprozesses. Will<br />

man eine Kultur verstehen, gilt es, diese aufzuspüren 76 (vgl. Schein 2003, S. 32ff).<br />

Kultur prägt das Denken und Handeln <strong>der</strong> Menschen. Es können Handlungen entstehen, die für die<br />

Beteiligten selbst irritierend sind, da sie in einer solchen Form von niemand gewollt waren (vgl.<br />

Schreyögg 2003, S. 417).<br />

<strong>Die</strong> Kultur <strong>eines</strong> Unternehmens ist unternehmensspezifisch. Es gibt nicht die richtige Kultur, die es<br />

zu beschreiben und zu implementieren gilt. „Eine gute und richtige Kultur, (…) hängt davon ab,<br />

dass gemeinsame unausgesprochene Annahmen im Unternehmensumfeld funktionale Strategie und<br />

Struktur schaffen“ (Schein 2003, S. 39). Vielmehr gilt es zu erforschen, was die vorhandene Kultur<br />

ausmacht, woher sie kommt, um auf dieser Basis zu entscheiden, welche Verän<strong>der</strong>ungen, dem Umfeld<br />

entsprechend, anschlussfähig sind und damit Aussicht auf Erfolg bieten (vgl. ebd., S. 39). Kultur<br />

manifestiert sich zwar in Artefakten und öffentlich propagierten Werten; ihre Essenz sind jedoch die<br />

gemeinsamen unausgesprochenen Annahmen (vgl. ebd., S. 173f).<br />

Bei dem betrachteten Unternehmen handelt es sich um ein traditionsreiches, am Markt etabliertes<br />

Unternehmen. Es wäre vermessen zu behaupten, dass die vorhandene Unternehmenskultur, also das<br />

Denken und Handeln <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter, das aus einer langjährigen Entwicklung heraus gewachsen und<br />

bisher zum Erfolg <strong>des</strong> Unternehmens <strong>bei</strong>getragen hat, vollständig in Frage gestellt werden muss, um<br />

den aktuellen Anfor<strong>der</strong>ungen entsprechen zu können. Es ist davon auszugehen, dass Bestandteile <strong>der</strong><br />

vorhandenen Kultur maßgeblich dazu <strong>bei</strong>tragen, dass das Unternehmen besteht. Wie also soll man<br />

vorgehen, wenn man sich den Punkten annähern möchte, die aufgrund <strong>der</strong> aktuellen Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />

<strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS, als hin<strong>der</strong>lich angesehen werden? Nach Schein geht es darum, Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

zwischen den für die erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> bedeutsam erachteten Faktoren und den vorhandenen<br />

Artefakten zu identifizieren. Ist es <strong>bei</strong>spielsweise ein propagierter Wert ‚Wir sehen Fehler<br />

als Möglichkeit <strong>der</strong> Verbesserung’, dem ein Artefakt entgegensteht, ‚Ich versuche Fehler lieber zu<br />

verheimlichen, damit ich keinen Ärger mit meinen Vorgesetzten bekomme’ entsteht ein Wi<strong>der</strong>spruch,<br />

den es zu entdecken und zu bear<strong>bei</strong>ten gilt.<br />

75 Beispiel: Warum hat sich das Unternehmen entschlossen Gruppenar<strong>bei</strong>t einzuführen? Eine Antwort könnte sein: Wir<br />

erhoffen uns dadurch eine höhere Selbstverantwortung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter, sie sollen sich einbringen, Ideen entwickeln<br />

und Probleme selbstständig lösen.<br />

76<br />

Unausgesprochene gemeinsame Annahmen werden in vorhandenen Wi<strong>der</strong>sprüchen zwischen den propagierten Werten<br />

und den Artefakten sichtbar. Beispiel: Der propagierte Wert ist ‚Durch die Gruppenar<strong>bei</strong>t beteiligen wir unserer<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter’, doch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Teilnahme an einem Gruppengespräch wird sichtbar, dass die Hälfte <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter nicht<br />

erscheint und die an<strong>der</strong>e Hälfte ihren Unmut darüber kundtut. Es werden keine Ideen entwickelt und keine Probleme<br />

gelöst. Um diesen Wi<strong>der</strong>spruch zu bear<strong>bei</strong>ten, gilt es zu erforschen, welche unausgesprochene Annahme es gibt.<br />

<strong>Die</strong>s wird in <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Entwicklung verständlich. So könnten <strong>bei</strong>spielsweise Gründe darin<br />

liegen, dass Gruppengespräche häufig abgesagt wurden, da die Erreichung <strong>der</strong> Tagesstückzahl als wichtiger angesehen<br />

wurde, o<strong>der</strong> dass Vorschläge, die aus <strong>der</strong> Gruppe kamen, von den Vorgesetzten nicht gehört wurden.<br />

68


Will man eine Kultur verän<strong>der</strong>n, ist es von Bedeutung, sich darüber klar zu sein, dass es nicht ausreicht,<br />

das Unternehmen oberflächlich zu betrachten. Erschwerend kommt hinzu, dass Menschen an<br />

ihren kulturellen Annahmen festhalten wollen, „weil Kultur Sinn stiftet und das Leben berechenbar<br />

macht“ (Schein 2003, S. 41). <strong>Die</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Unternehmenskultur ist ein langwieriger Prozess.<br />

Schein schlägt für einen solchen Prozess folgen<strong>des</strong> Vorgehen vor: Der erste Schritt liegt in <strong>der</strong> Analyse<br />

<strong>der</strong> Kultur und <strong>der</strong> Bestimmung von Wi<strong>der</strong>sprüchen. Um diese ableiten zu können, müssen die<br />

aktuellen Ziele benannt werden. 77 Es gilt eine positive Vision zu konstruieren, das heißt, den Zustand<br />

zu beschreiben, <strong>der</strong> für das Vorhaben als ideal angesehen wird. Folgend werden die Artefakte <strong>des</strong><br />

Unternehmens erfasst und hinterfragt, die propagierten Werte benannt und mit den zusammengetragenen<br />

Artefakten verglichen. Aus dieser Gegenüberstellung können Wi<strong>der</strong>sprüche identifiziert werden,<br />

die es zu bear<strong>bei</strong>ten gilt. Nach Schein ist die einzige sinnvolle Möglichkeit, zu Wissen über die<br />

unausgesprochenen Werte zu gelangen, die Ar<strong>bei</strong>t mit Gruppen. 78 In <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t werden,<br />

geleitet durch die richtigen Fragen <strong>eines</strong> mit dem vorgestellten Denkmodell vertrauten Beraters, bestehende<br />

Ansichten aufgenommen und mit den perspektivisch gewünschten Werten verglichen. Das<br />

Ziel dieses ersten Schrittes ist, dass die Führungskräfte erkennen, warum die Mitar<strong>bei</strong>ter im Unternehmen<br />

bestimmte Reaktionen zeigen. Aus <strong>der</strong> Gegenüberstellung <strong>der</strong> Vision und <strong>des</strong> beschriebenen<br />

Ist-Zustan<strong>des</strong> lässt sich erkennen, inwiefern eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kultur notwendig ist. Ein Kulturwandel<br />

beginnt also mit einer ausführlichen Selbstbeurteilung, die auf <strong>der</strong> Leitungsebene startet, erweitert<br />

durch den Abgleich <strong>der</strong> Ergebnisse mit an<strong>der</strong>en Gruppen <strong>des</strong> Unternehmens, die Basis für die<br />

nächsten Schritte bildet (vgl. Schein 2003, S. 145ff).<br />

Als Empfehlung für das Unternehmen ergibt sich daraus, als erstes eine Selbstbeurteilung nach dem<br />

beschriebenem Vorgehen durchzuführen. <strong>Die</strong>sem Ansatz folgend ist es notwendig, dass sich zunächst<br />

das Management über notwendige Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Kultur bewusst wird. Eine klar formulierte<br />

Vision, die von allen Verantwortlichen glaubhaft vermittelt wird, ist die Basis für die Än<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Unternehmenskultur (vgl. ebd. S. 145). Zu den Verantwortlichen zählen im genannten Beispiel<br />

auf oberster Ebene die Werkleitung sowie das Expertenteam (s. Anhang 2).<br />

Nach Möglichkeit sollten die Führungskräfte aller Ebenen ihre Einschätzung geben können. <strong>Die</strong>s<br />

kann im Rahmen einer Großveranstaltung, mit <strong>der</strong> Methode <strong>des</strong> ‚World Cafes’ 79 , umgesetzt werden.<br />

77<br />

78<br />

79<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS kann das <strong>bei</strong>spielsweise bedeuten: <strong>Die</strong> bisher funktional getrennten Bereiche sollen<br />

eng zusammenar<strong>bei</strong>ten; mit Fehlern soll konstruktiv umgegangen werden; wir wollen Meister, die ihre <strong>Rolle</strong> als Coach<br />

leben, wir wollen Mitar<strong>bei</strong>ter, die im Sinne <strong>des</strong> Unternehmertums agieren (vgl. dazu Kapitel 2 und 3).<br />

„Kultur ist ein Gruppenphänomen, und insofern ist es sehr viel leichter, Informationen in Gruppen durch breit gefasste<br />

Fragen zu verschiedenen Funktionsbereichen zu sammeln und festzustellen, ob es unter den Gruppenmitglie<strong>der</strong>n<br />

einen erkennbaren Konsens gibt. In <strong>der</strong> Gruppe erfährt man nicht nur, welche Bereiche problematisch sind,<br />

son<strong>der</strong>n auch die emotionale Intensität und kann dann entsprechend erheben, wie zentral bestimmte kollektive Annahmen<br />

für das gesamte Kulturprofil sind“ (Schein 2003, S. 71).<br />

Ein ‚World Cafe’: Der Rahmen ist ein als Cafe gestalteter Raum. <strong>Die</strong> ‚Gäste’ ar<strong>bei</strong>ten in Kleingruppen an den Cafehaustischen<br />

an vorgegebenen Fragestellungen. <strong>Die</strong> Gruppen wechseln, wo<strong>bei</strong> ein Teilnehmer am Tisch verbleibt<br />

und die neuen ‚Gäste’ über den bisherigen Gesprächsverlauf informiert. <strong>Die</strong> Ergebnisse werden diskutiert und ergänzt.<br />

<strong>Die</strong> Anzahl <strong>der</strong> Wechsel ist optional. <strong>Die</strong> zusammengefassten Ergebnisse werden im Plenum vorgestellt (vgl.<br />

Seifert 2007, S. 28ff). Fragen können <strong>bei</strong>spielsweise die Themen Strategie und Ziele, Prozesse, Definition <strong>der</strong> Beziehungen,<br />

Belohnung und Status und Annahmen über den Menschen betreffen (vgl. Schein 2003, S. 45).<br />

69


So werden alle Unterabteilungsleiter und Meister beteiligt. Außerdem erhöht sich die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass vorhandene Subkulturen 80 beschrieben werden (s. Anhang 3).<br />

Auf Grundlage <strong>der</strong> gewonnenen Einsichten über die eigene Kultur ist <strong>der</strong> zweite Schritt die Überlegung,<br />

wie, ausgehend von <strong>der</strong> Gegenwart, <strong>der</strong> erwünschte Idealzustand, die Vision erreicht werden<br />

kann. Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Kultur her<strong>bei</strong>führen zu wollen heißt, Verän<strong>der</strong>ungen im Verhalten, den<br />

Einstellungen und den Werten <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter erreichen zu wollen (vgl. ebd. S. 123f), und Werte<br />

lassen sich nicht befehlen (vgl. Schreyögg 2003, S. 483).<br />

Um die Mitar<strong>bei</strong>ter zu erreichen, nennt Schein die folgenden Aspekte:<br />

- „Eine zwingende positive Vision.“ <strong>Die</strong>se muss durch die Leitung formuliert werden und<br />

vehement vertreten werden.<br />

- „Formelles Training.“ Trainingsmaßnahmen sollten die notwendigen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

vermitteln und Möglichkeiten <strong>der</strong> Einübung bieten.<br />

- „Beteiligung <strong>der</strong> Lernenden.“ Sollen die Trainings greifen, ist es notwendig, an <strong>der</strong><br />

Entwicklung <strong>eines</strong> Lernprozesses beteiligt sein.<br />

- „Informelles Training für relevante Teams.“ Kulturelle Annahmen sind Gruppenphänomene.<br />

Daher ist es notwendig, die neuen Annahmen mit ganzen Gruppen zu trainieren.<br />

- „Übung, Coaching und Feedback.“ Neues Lernen bedarf <strong>der</strong> Reflexion <strong>des</strong> eigenen<br />

Verhaltens und <strong>der</strong> Rückmeldung <strong>des</strong> beobachteten Verhaltens.<br />

- „Positive <strong>Rolle</strong>nmodelle.“ Neues Denken und Verhalten wird erst dann vorstellbar, wenn<br />

man es <strong>bei</strong> jemand an<strong>der</strong>em sehen kann. <strong>Die</strong>se Annahme begründet die Bedeutung von<br />

Vorbil<strong>der</strong>n.<br />

- „Unterstützungsgruppen.“ Es bedarf Gelegenheiten, die es ermöglichen mit an<strong>der</strong>en<br />

Betroffenen über Probleme zu sprechen, um sich gegenseitig zu unterstützen und Wege zur<br />

Lösung <strong>der</strong> Probleme zu entwickeln.<br />

- „Passende Systeme und Strukturen. <strong>Die</strong> Belohnungs- und Bestrafungssysteme und die<br />

Organisationsstrukturen müssen dem neuen Denken und Ar<strong>bei</strong>ten unbedingt entsprechen“<br />

(Schein 2003, S. 124).<br />

<strong>Die</strong>se Punkte werden in den weiteren Empfehlungen berücksichtigt, wo<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Fokus weiterhin auf<br />

die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> gerichtet bleibt. <strong>Die</strong> Ergebnisse aus <strong>der</strong> Veranstaltung mit <strong>der</strong> Methode <strong>des</strong><br />

‚World Cafes’ bilden die Grundlage für das weitere Vorgehen. Es sollte unbedingt transparent gemacht<br />

werden, was infolge <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>des</strong> ‚World Cafe’ passiert. Eine solche Veranstaltung<br />

weckt Erwartungen <strong>bei</strong> den Beschäftigten, weshalb es von großer Wichtigkeit ist, mit den Ergebnissen<br />

weiterzuar<strong>bei</strong>ten.<br />

80<br />

Als Subkultur wird die Kultur einer Gruppe im Unternehmen bezeichnet. Nach Schreyögg bilden Unternehmen eine<br />

übergreifende Kultur heraus, die bestehende Subkulturen zusammenbindet. Es kann sich <strong>bei</strong>spielsweise eine Angestellten-<br />

o<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkultur bilden o<strong>der</strong> auch eine für bestimmte Abteilungen typische Kultur entstehen (vgl.<br />

Schreyögg 2003, S. 466f).<br />

70


6.1.2. Positionierung <strong>des</strong> Managements<br />

In Kapitel 2.5.1 wurde die Bedeutung <strong>des</strong> Managements für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS dargestellt.<br />

Das Management muss die <strong>Umsetzung</strong> initiieren, einfor<strong>der</strong>n und die Führungskräfte in <strong>der</strong> Linie gewinnen.<br />

In <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Interviewergebnisse ergibt sich das Bild, dass die ersten <strong>bei</strong>den<br />

Punkte im Unternehmen erfüllt werden. Das Management initiiert die <strong>Umsetzung</strong> und for<strong>der</strong>t, über<br />

das formulierte Ziel <strong>der</strong> Produktivitätssteigerung und <strong>der</strong> Standortsicherung, Ergebnisse ein. Dennoch<br />

äußern sich die Meister skeptisch. Demnach ist es noch nicht gelungen, die Meister vollständig<br />

für die <strong>Umsetzung</strong> zu gewinnen.<br />

In diesem Kapitel werden Aspekte dargestellt, die eine Positionierung <strong>des</strong> Managements verlangen.<br />

Dazu werden sodann drei Vorschläge unterbreitet.<br />

6.1.2.1. Beschreiben einer positiven Vision<br />

Zurzeit werden von fast allen Befragten als Ziele <strong>des</strong> GPS eine Produktivitätssteigerung von 15% im<br />

Jahr 2007 sowie die Standortsicherung angesehen. Das durch das Expertenteammitglied formulierte<br />

Ziel: ‚eine synchron funktionierende, wertschöpfende Fabrik mit motivierten und innovativen Mitar<strong>bei</strong>tern’<br />

sowie die mit dem Bild <strong>der</strong> Dreiecke dargestellte Unternehmensvision (vgl. Kapitel 4.4.2)<br />

wird im Ansatz nur von einem Meister angesprochen (vgl. Kapitel 5.3.1.2).<br />

Eine Vision, die beschreibt, welcher Zustand für das Vorhaben als ideal angesehen wird, ist den<br />

meisten Befragten nicht bekannt. Eine Vision kann, im ersten Kapitel benannte Voraussetzungen für<br />

eine erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS <strong>bei</strong>nhalten (vgl. Kapitel 2.4). Das Management sollte kommunizieren,<br />

dass es darum geht, kontinuierlich an <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Prozesse zu ar<strong>bei</strong>ten und<br />

welche Bedeutung ein kooperativer Umgang für die erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> Vorhabens hat. Nur<br />

die gemeinsame Ar<strong>bei</strong>t am Gesamtziel, ein konstruktiver Umgang mit Kritik und Fehlern und die<br />

Bereitschaft, gewohnte Prozesse zu hinterfragen, können langfristig den gewünschten Erfolg <strong>eines</strong><br />

GPS sichern. Es ist gelungen, die <strong>der</strong>zeitigen Ziele flächendeckend bekannt zu machen. Auf selbigen<br />

Weg kann die Vision publik gemacht werden. Außerdem ist die Vision Grundlage zur Analyse <strong>der</strong><br />

Unternehmenskultur und kann daher auch in <strong>der</strong> Großveranstaltung mit <strong>der</strong> Methode <strong>des</strong> ‚World Cafes’<br />

kommuniziert werden.<br />

6.1.2.2. Positive <strong>Rolle</strong>nmodelle<br />

Neben dem Reden ist das Vorleben genannter Aspekte von Bedeutung. <strong>Die</strong> Vorbildfunktion, die als<br />

Anfor<strong>der</strong>ung an die Meister gegenüber ihren Mitar<strong>bei</strong>tern beschrieben wurde, gilt für alle Führungskräfte<br />

im Unternehmen (vgl. Kapitel 3.2). 81 Vorbil<strong>der</strong>, die das erwünschte Denken und Verhalten<br />

sichtbar machen, sind von großer Bedeutung, will man eine Verän<strong>der</strong>ung im Verhalten, den Einstellungen<br />

und den Werten <strong>der</strong> Menschen erreichen (vgl. Schein 2003, S. 123f). Einige Interviewaussagen<br />

lassen darauf schließen, dass das Verhalten von den hierarchisch überstellten Personen zu ihren<br />

81<br />

Im letzten Jahr wurden, initiiert durch die Werkleitung, alle Angestellten dazu verpflichtet, eine Woche in <strong>der</strong> Produktion<br />

zu ar<strong>bei</strong>ten. <strong>Die</strong>ses Projekt wurde von vielen Mitar<strong>bei</strong>tern als positiv beurteilt. Ebenso bietet <strong>der</strong> Werkleiter<br />

seit einiger Zeit an, sich mit Gruppen von Mitar<strong>bei</strong>tern zum Mittagessen zu treffen, um in einem solchen Rahmen<br />

miteinan<strong>der</strong> ins Gespräch zu kommen. Auch diese Initiative wird positiv gewertet. <strong>Die</strong>se Wahrnehmung stützt sich<br />

auf persönliche Erfahrung mit verschiedenen Personenkreisen im Rahmen von Seminaren, die vom Autor durchgeführt<br />

werden.<br />

71


Mitar<strong>bei</strong>tern nicht als vorbildhaft angesehen wird (vgl. Kapitel 5.2.1.4). Auch die Unterabteilungsleiter,<br />

Abteilungsleiter, das Werkmanagement und die Mitglie<strong>der</strong> <strong>des</strong> Expertenteams müssen ihr Verhalten<br />

reflektieren. Sie müssen hinterfragen, inwiefern sie durch ihr Verhalten die Mitar<strong>bei</strong>ter da<strong>bei</strong><br />

unterstützen o<strong>der</strong> es ihnen erschweren, den gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht zu werden. <strong>Die</strong> formulierte<br />

Vision und daraus abgeleitete Ziele, wie zum Beispiel eine durchgängig kooperative Unternehmenskultur,<br />

sind die Basis zum Abgleich von vorhandenen und angestrebten Verhaltensweisen.<br />

Um dies zu unterstützen, können regelmäßige Treffen für Führungskräfte aller Ebenen hilfreich sein<br />

(vgl. Schein 2003, S. 124). Das Ziel dieser Treffen ist über die Reflexion <strong>des</strong> eigenen Verhaltens und<br />

durch Feedback von Kollegen, den gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen entgegenstehende Verhaltensweisen zu<br />

erkennen und Verän<strong>der</strong>ungen zu ermöglichen. Sind die Führungskräfte eine solche Form <strong>des</strong> Austauschs<br />

bisher nicht gewohnt, ist eine professionelle Begleitung sinnvoll (s. Anhang 4).<br />

6.1.2.3. ‚Offene Sprechstunde’<br />

Nach Schein braucht es Gelegenheiten zu individuellem Austausch. Bezogen auf das Management<br />

wird daher <strong>der</strong> Vorschlag unterbreitet, ‚offene Sprechstunden’ seitens <strong>der</strong> Abteilungsleiter o<strong>der</strong> <strong>des</strong><br />

Expertenteams zur Bear<strong>bei</strong>tung individueller Themen anzubieten. <strong>Die</strong> Möglichkeit zu einem ‚Vier-<br />

Augen-Gespräch’ für die Meister o<strong>der</strong> für alle Mitar<strong>bei</strong>ter, kann neben <strong>der</strong> Klärung für den Einzelnen<br />

wichtiger Themen auch zu einer Verän<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer-Management-Verhältnisses<br />

<strong>bei</strong>tragen. Ob diese Form <strong>des</strong> Angebots unterstützend wirkt, ist in hohem Maße von <strong>der</strong> Art und<br />

Weise abhängig, wie <strong>der</strong> Abteilungsleiter bzw. das Expertenteammitglied den Mitar<strong>bei</strong>tern gegenübertritt.<br />

Führungskräfte fungieren auch hier als Vorbild für erwünschtes Verhalten.<br />

6.1.3. Kommunikation – vertikal und horizontal<br />

Ein Ziel <strong>des</strong> GPS ist die Optimierung <strong>der</strong> Schnittstellen zwischen den Bereichen. Ein verstärkter<br />

Austausch zwischen den Bereichen wird für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS als wichtig angesehen. Von<br />

Bedeutung sind Transparenz und die gemeinsame Ar<strong>bei</strong>t am Gesamtziel (vgl. Kapitel 2.4). Aus den<br />

Interviewergebnissen geht hervor, dass Schwierigkeiten in <strong>der</strong> Kommunikation auf horizontaler und<br />

vertikaler Ebene bestehen (vgl. Kapitel 5.3.1.4).<br />

Zur Verbesserung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t auf horizontaler Ebene wird vorgeschlagen, einen jährlichen<br />

Workshoptag mit dem Ziel <strong>der</strong> Optimierung vorhandener Schnittstellen durchzuführen. Weitere Regeltermine<br />

zwischen den Bereichen erscheinen nicht notwenig. Es existieren bereits einige Runden,<br />

wie KVP-Workshops o<strong>der</strong> Qualitätsregelkreise, in denen bereichsübergreifend zusammengear<strong>bei</strong>tet<br />

wird. Erweitert werden sollen diese Veranstaltungen, die den Fokus auf fachliche Themen setzten,<br />

um solche, die eine Beurteilung und Verbesserung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t thematisieren. Orientiert an<br />

<strong>der</strong> Produktentstehung sollte die Gruppe sich aus Mitar<strong>bei</strong>tern aller Bereiche zusammensetzen, die<br />

einen Beitrag zum Produkt leisten. 82 <strong>Die</strong> Ergebnisse aus dem ‚World Cafe’ können als Grundlage<br />

dienen, um notwendige Verän<strong>der</strong>ungen zu besprechen. Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t bedingen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Verhalten <strong>der</strong> Beteiligten. Für die Gestaltung <strong>des</strong> Workshops wird ein<br />

82<br />

Dazu zählen <strong>bei</strong>spielsweise die Entwicklung, die Fertigung, die Qualitätsför<strong>der</strong>ung, die Logistik und das Controlling.<br />

72


handlungsorientierter Lernansatz vorgeschlagen. Durch gemeinsame Handlung wird das Lernen aus<br />

Erfahrung möglich (s. Anhang 5).<br />

Vorstellbar ist auch die Einführung <strong>eines</strong> Rückmeldeinstruments. Ein regelmäßig angewandtes Instrument<br />

zur Rückmeldung über Fragen <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t kann dazu <strong>bei</strong>tragen, dass das Thema<br />

dauerhaft präsent ist. Unter Beteiligung <strong>der</strong> Betroffenen kann ein Fragebogen entwickelt werden, <strong>der</strong><br />

ein Meinungsbild über die Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen den Bereichen erhebt. 83 <strong>Die</strong> Analyse <strong>der</strong> Befragung<br />

kann die Grundlage für folgende Workshoptage sein. Nach <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

werden Maßnahmen zur Verbesserung <strong>der</strong> Situation erar<strong>bei</strong>tet.<br />

Zur Verbesserung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t auf vertikaler Ebene bedarf es <strong>eines</strong> ehrlichen Austauschs<br />

zwischen allen Hierarchiestufen. Ein Stimmungsbarometer in <strong>der</strong> jeweiligen Abteilung kann ein Instrument<br />

zur Erfassung <strong>der</strong> Situation sein. Über einen anonymen Fragebogen kann, ähnlich wie oben<br />

beschrieben, die Zusammenar<strong>bei</strong>t in <strong>der</strong> A<strong>bei</strong>lung beurteilt werden. <strong>Die</strong> Möglichkeit zu anonymer<br />

Äußerung erscheint angemessen, da die bestehende Skepsis zwischen den Hierarchien ein direktes<br />

und offenes Feedback vermutlich erschwert. 84 <strong>Die</strong> Ar<strong>bei</strong>t mit dem Stimmungsbarometer ist nur dann<br />

sinnvoll, wenn die Ergebnisse als weitere Ar<strong>bei</strong>tsgrundlage verwendet werden. Es gilt ‚top down’ zu<br />

signalisieren, dass das Feedback als wichtiger Teil zur Verbesserung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t angesehen<br />

wird. Der Austausch zwischen den Hierarchien kann im Rahmen <strong>der</strong> einmal jährlich stattfindenden<br />

Personalgespräche erfolgen. Eine an<strong>der</strong>e Option sind regelmäßige Abteilungsklausuren mit dem<br />

Thema ‚Verbesserung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t’.<br />

6.1.4. Klärungshilfe nach Bedarf<br />

Infolge <strong>der</strong> zunehmenden Beteiligung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter und <strong>der</strong> zahlreichen Verän<strong>der</strong>ungen, die mit<br />

<strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS einhergehen, treten zahlreiche Konflikte zu Tage. <strong>Die</strong>s bestätigen die Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> Interviews (vgl. 5.3.1). Mit dem Ziel <strong>der</strong> kontinuierlichen Verbesserung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

wird die Bear<strong>bei</strong>tung dieser Konflikte als wichtig erachtet. Können die Konflikte nicht<br />

von den Betroffenen selbst gelöst werden, wird die Option, eine professionelle Klärungshilfe einschalten<br />

zu können, als hilfreich angesehen. Dazu sollte es möglich sein, einen neutralen, ausgebildeten<br />

Berater in die Klärung einbeziehen zu können. <strong>Die</strong>ses Vorgehen ist damit einerseits eine Unterstützung<br />

<strong>der</strong> Betroffenen; an<strong>der</strong>erseits wird damit sozusagen ‚on the job’ ein möglichst konstruktiver<br />

Umgang mit Konflikten geschult. <strong>Die</strong>ses Angebot bezieht sich auf den von Schein als wichtig angesehenen<br />

Aspekt, dass es notwendig ist, neue Annahmen mit ganzen Gruppen zu trainieren (vgl.<br />

Schein 2003, S. 124). Relevante Gruppen können, unabhängig <strong>der</strong> Fertigungsgruppen, alle Gruppen<br />

sein, d.h. alle Mitar<strong>bei</strong>ter, die Führungskräfte eingeschlossen, im Unternehmen.<br />

83<br />

84<br />

Ein quantitativer Fragebogen kann z. B. <strong>bei</strong>nhalten: Wir ar<strong>bei</strong>ten kontinuierlich an <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Schnittstellen./<br />

Unser Lieferant betrachtet und behandelt uns als Kunden./ <strong>Die</strong> Kommunikation zwischen den Bereichen ist positiv./<br />

Mit geäußerter Kritik wird konstruktiv umgegangen u. a.<br />

Ein Stimmungsbarometer, in Form <strong>eines</strong> quantitativen Fragebogens, könnte <strong>bei</strong>spielsweise folgende Fragen enthalten:<br />

‚Mein Vorgesetzter beteiligt mich an Entscheidungen.’ ‚Mir stehen alle für meine Ar<strong>bei</strong>t wichtigen Informationen<br />

zur Verfügung.’ Mein Vorgesetzter geht mit geäußerter Kritik konstruktiv um. ’Mein Vorgesetzter sieht Fehler<br />

als Chance über Verbesserungen nachzudenken.’ Es besteht die Möglichkeit, den Fragebogen auf die jeweilige Berufsgruppe<br />

zu beziehen. So können die Gruppensprecher den Meistern eine Rückmeldung geben, die Meister den<br />

Unterabteilungsleitern usw.<br />

73


6.2. Empfehlungen für die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> im Speziellen<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS stellt beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an die Meister. Sie müssen sich mit den<br />

Zielen und Inhalten auseinan<strong>der</strong>setzen und sollen den in Kapitel 3 dargestellten Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht<br />

werden. <strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Befragung zeigen, dass vorhandene Skepsis aufgrund eigener <strong>Rolle</strong>nunsicherheit,<br />

negativer Erfahrungen aus früheren Verän<strong>der</strong>ungsvorhaben, Sorge um den eigenen<br />

Status und das Verharren in bisher bewährten Handlungsmustern diesem Ziel entgegenstehen. <strong>Die</strong>se<br />

Aussage kann nicht verallgemeinernd getroffen werden. Letztlich sind es für jeden <strong>der</strong> 195 Meister<br />

im Unternehmen individuell unterschiedliche Gründe, die es erleichtern o<strong>der</strong> erschweren, den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

zu entsprechen. In diesem Kapitel werden Empfehlungen zur Unterstützung <strong>der</strong> Meister<br />

gegeben.<br />

6.2.1. Klarheit und Transparenz<br />

Als Anfor<strong>der</strong>ung an das Unternehmen wurde die Information <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter dargestellt. Alle Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

sollen Inhalt und Ziel <strong>des</strong> Vorhabens kennen. Nur wenn die Meister selbst Inhalte und Ziele<br />

<strong>des</strong> GPS kennen, können sie ihre Mitar<strong>bei</strong>ter informieren, mit ihnen diskutieren, sie überzeugen und<br />

beteiligen (vgl. Kapitel 2.5.1) und damit den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> ‚Verän<strong>der</strong>ungsmanagers’ gerecht<br />

werden (vgl. Kapitel 3.2.2). Aus den Ergebnissen <strong>der</strong> Interviews geht hervor, dass ausreichende Informationen<br />

zur Verfügung stehen, das Wissen dennoch uneinheitlich und zur Erfüllung <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

unzureichend ist. Ein Grund für das unterschiedliche Wissen, trotz ausreichend zur Verfügung<br />

gestellter Informationen, wird in mangelnden Kommunikationsmöglichkeiten, im Sinne dialogischer<br />

Veranstaltungen gesehen.<br />

Weiterhin besteht <strong>bei</strong> den Meistern Unklarheit darüber, welche <strong>Rolle</strong> sie einnehmen sollen bzw.<br />

werden.<br />

Daher sollten Maßnahmen ergriffen werden, die darauf abzielen, das zurzeit uneinheitliche Wissen<br />

zu verbessern. Von Bedeutung ist das Wissen über den aktuellen Stand <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong>, Berichte<br />

über Erfahrungen in unterschiedlichen Bereichen und über die Planung <strong>des</strong> weiteren Vorgehens. Außerdem<br />

sollte transparent sein, welche Anfor<strong>der</strong>ungen die <strong>Umsetzung</strong> an die Meister stellt und was<br />

die Verän<strong>der</strong>ungen für sie bedeuten. Vorhandene Wi<strong>der</strong>stände müssen für das Vorgehen beachtet<br />

werden. Dazu werden im Folgenden drei Vorschläge beschrieben.<br />

6.2.1.1. Positionierung zur <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong><br />

Aus den Interviewergebnissen wird erkennbar, dass die Meister verunsichert sind, was die Zukunft<br />

ihrer Stellen betrifft. Es besteht Unsicherheit, ob die gefor<strong>der</strong>te Umverteilung einiger Meistertätigkeiten<br />

an den Gruppensprecher perspektivisch dazu führt, <strong>Meisters</strong>tellen zu streichen. Meister, die in<br />

drei Schichten ar<strong>bei</strong>ten, befürchten, dass die Planungen vorsehen, alle Meister in Normalschicht einzusetzen<br />

(vgl. Kapitel 5.2.1.1). 85 Im theoretischen Teil dieser Ar<strong>bei</strong>t wurde die Notwendigkeit von<br />

Transparenz über den aktuellen Stand wie über zukünftige Aktivitäten dargestellt (vgl. Kapitel<br />

2.5.1).<br />

85<br />

Mit dem Wechsel von <strong>der</strong> Dreischichttätigkeit in die Normalschicht gehen neben einer Verän<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Aufgabenbereichs<br />

auch finanzielle Einbußen einher.<br />

74


Eine offizielle Stellungnahme seitens <strong>des</strong> Managements zur Zukunft <strong>der</strong> <strong>Meisters</strong>tellen wird als Lösungsansatz<br />

angesehen, um <strong>der</strong> bestehenden Unruhe entgegenzuwirken. Auch wenn die Planung eine<br />

Reduzierung <strong>der</strong> <strong>Meisters</strong>tellen vorsieht, ist es besser, mit <strong>der</strong> Realität zu ar<strong>bei</strong>ten, indem man die<br />

Absicht begründet darlegt, die Ängste <strong>der</strong> Meister wahrnimmt und versteht, als den scheinbar zurzeit<br />

vorhandenen Zustand von Unsicherheit und Misstrauen zu erhalten. <strong>Die</strong>ser birgt die Gefahr, dass<br />

dem Management Unehrlichkeit unterstellt wird, insofern bereits klare Vorstellungen über die Zukunft<br />

<strong>der</strong> Meister bestehen, diese jedoch nicht ausgesprochen werden. Hierdurch könnte eine Blockadehaltung<br />

hervorgerufen werden, die sich in <strong>der</strong> Folge auch auf die Haltung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter übertragen<br />

kann. Statt eine Annäherung zwischen Management und operativer Ebene zu erreichen, würde<br />

die vorhandene Kluft weiter verstärkt.<br />

6.2.1.2. <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong> als Führungsinstrument<br />

Um Klarheit über die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Meister herzustellen, wird das Instrument <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong> als hilfreich<br />

angesehen. Aktuell <strong>bei</strong>nhaltet die Stellenbeschreibung im Unternehmen den Hinweis: „Das<br />

Leiten einer <strong>Meisters</strong>chaft.“ Aus den Interviews geht hervor, dass die Meister keine weiteren Unterlagen<br />

als relevant erachten, aus denen hervorgeht, welche Anfor<strong>der</strong>ungen das Unternehmen an sie<br />

stellt. Das vorgestellte Leitbild aus dem Jahr 1992 (vgl. Kapitel 5.3.2) wird von keinem <strong>der</strong> befragten<br />

Meister erwähnt.<br />

Ein <strong>Rolle</strong>nbild soll nicht dazu dienen, jede Aufgabe <strong>des</strong> Einzelfalls präzise zu beschreiben. Das wäre<br />

in Anbetracht <strong>der</strong> vielen unterschiedlichen Fertigungsbereiche ein erheblicher Aufwand. Vielmehr<br />

soll es einen Beitrag dazu leisten, dass die Meister ein übereinstimmen<strong>des</strong> Verständnis zu ihrer <strong>Rolle</strong>,<br />

in Abgrenzung zu an<strong>der</strong>en <strong>Rolle</strong>n, wie dem Gruppensprecher o<strong>der</strong> dem Unterabteilungsleiter,<br />

entwickeln können. In dieser Funktion sollte das <strong>Rolle</strong>nbild ein Anfor<strong>der</strong>ungsprofil sein, das als<br />

Grundlage zur Mitar<strong>bei</strong>terbeurteilung und zur Personalentwicklung dienen kann. Ein <strong>Rolle</strong>nbild<br />

kann die folgenden Angaben erhalten: die Stellenbezeichnung, Informationen zur Zuordnung (Name,<br />

Personalnummer, Vorgesetzter u.a.), Angaben zum Stellenziel (z. B. Beitrag zur kontinuierlichen<br />

Verbesserung, Motivation <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter u.a.), zur Stelleneinordnung, zur Stellenvertretung und zu<br />

den Aufgaben <strong>der</strong> Stelle. Ebenso kann <strong>der</strong> zeitliche Anteil für die Aufgaben geregelt werden und das<br />

Anfor<strong>der</strong>ungsprofil (z. B. Meister als Coach) dargestellt werden. <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong> können unter Beteiligung<br />

<strong>der</strong> Stelleninhaber in Abstimmung mit ihren Vorgesetzten erstellt werden. <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong> erweisen<br />

sich als sinnvoll, wenn sie als Führungsinstrument genutzt werden. Sie können als Gesprächsgrundlage<br />

dienen, um sich mit <strong>der</strong> eigenen <strong>Rolle</strong>nsicht und den von außen gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

auseinan<strong>der</strong>zusetzen. <strong>Die</strong>s gilt natürlich nicht nur für die <strong>Meisters</strong>tellen. <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong> können in Mitar<strong>bei</strong>tergesprächen<br />

dazu genutzt werden, Übereinstimmungen und Differenzen zu erläutern und notwendige<br />

Qualifizierungsmaßnahmen abzuleiten (vgl. Ulmer 2001, S. 40ff). <strong>Die</strong> zurzeit noch nicht<br />

abgestimmte Unterlage, die eine Beschreibung <strong>der</strong> Aufgaben <strong>der</strong> Unterabteilungsleiter, <strong>der</strong> Meister<br />

und <strong>der</strong> Gruppensprecher enthält, kann als Basis für die weitere Ar<strong>bei</strong>t genutzt werden (vgl. Kapitel<br />

4.2.1).<br />

75


6.2.1.3. Regelmäßige Besprechungen<br />

Als Ergänzung <strong>der</strong> zurzeit stattfindenden Informationsveranstaltungen mit zumeist großer Teilnehmerzahl<br />

werden regelmäßige Besprechungen zwischen Meistern und einem Expertenteammitglied<br />

vorgeschlagen. Wesentlich ist die direkte Information aller Meister, über alle Schichten hinweg, da<br />

ansonsten Informationen verlorengehen können (vgl. Kapitel 5.3.1.2). Es sollte sich um einen verpflichtenden<br />

Regeltermin handeln, <strong>der</strong> die Möglichkeit zur Diskussion relevanter Themen, zum Benennen<br />

und Bear<strong>bei</strong>ten vorhandener Schwierigkeiten und <strong>der</strong> Beantwortung auftauchen<strong>der</strong> Fragen<br />

bietet.<br />

Ein sinnvoller Start für den Regeltermin wird in einer Veranstaltung gesehen, in <strong>der</strong> sowohl vorhandene<br />

Skepsis benannt und reflektiert wie eine gemeinsame Vorstellung über die Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

zwischen dem Expertenteam und den Meistern erar<strong>bei</strong>tet wird. <strong>Die</strong> Ergebnisse aus <strong>der</strong> Großveranstaltung<br />

zur Analyse <strong>der</strong> Unternehmenskultur (vgl. Kapitel 6.1.1) dienen auch hier als Grundlage, um<br />

Vereinbarungen für eine konstruktive Zusammenar<strong>bei</strong>t zu treffen.<br />

In Folge dieser Auftaktveranstaltung gewährleistet ein Regeltermin in den Bereichen, <strong>der</strong> <strong>bei</strong>spielsweise<br />

einmal monatlich in allen drei Schichten stattfindet, einen kontinuierlichen Austausch. Neben<br />

<strong>der</strong> Information über den aktuellen <strong>Umsetzung</strong>sstand sollte das Expertenteammitglied zur Diskussion<br />

<strong>der</strong> vorgestellten Themen anregen. Ebenso sollte erfragt werden, inwiefern die Mitar<strong>bei</strong>ter mit<br />

den Methoden <strong>des</strong> GPS ar<strong>bei</strong>ten. Vorhandene Wi<strong>der</strong>stände auf Ebene <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter und <strong>der</strong> Meister<br />

müssen wahrgenommen werden, um die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS steuern zu können. Das Tempo <strong>der</strong><br />

Einführung wurde von einigen Interviewten in Frage gestellt (vgl. Kapitel 5.3.1.1). Über den Austausch<br />

zwischen Meistern und Experten kann die Stimmung <strong>bei</strong> den Mitar<strong>bei</strong>tern transportiert werden,<br />

womit eine Regulierung <strong>des</strong> Vorgehens möglich wird (vgl. Kapitel 2.5.1). <strong>Die</strong> getroffenen Vereinbarungen<br />

zur Zusammenar<strong>bei</strong>t sollten regelmäßig überprüft und gegebenenfalls ergänzt werden.<br />

Der Umgang miteinan<strong>der</strong> sollte somit zu einem kontinuierlichen Thema werden, welches gleichwertig<br />

neben den Effektivitätszielen steht (s. Anhang 6).<br />

6.2.2. Beteiligung <strong>der</strong> Meister<br />

<strong>Die</strong> Beteiligung wurde als wichtiges Kriterium dargestellt, um vorhandene Wi<strong>der</strong>stände <strong>bei</strong> den<br />

Menschen, die von einer Verän<strong>der</strong>ung betroffen sind, zu minimieren (vgl. Kapitel 2.5.1). <strong>Die</strong>s bestätigen<br />

die Ergebnisse <strong>der</strong> Interviews. Der Meister, <strong>der</strong> in Projekte eingebunden ist, zum Beispiel in ein<br />

Projekt mit dem Ziel, die Produktion auf die Pull-Produktion umzustellen, äußert sich als einziger<br />

von den befragten Meistern sehr positiv, was die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS betrifft. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en Meister<br />

wünschen sich eine höhere Beteiligung (vgl. Kapitel 5.2.1.3).<br />

Ein Vorschlag für die Gestaltung <strong>des</strong> weiteren <strong>Umsetzung</strong>sprozesses ist daher, die Meister stärker in<br />

Projekte zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Elemente einzubinden o<strong>der</strong> auch die Gesamtverantwortung für einzelne<br />

Projekte an Meister zu übertragen. Damit käme ihnen ein aktiver Part im Verän<strong>der</strong>ungsgeschehen zu.<br />

Der bisher vorherrschende Eindruck, verän<strong>der</strong>t zu werden, könnte so in ein Gefühl, selbst mit zu verän<strong>der</strong>n,<br />

gewandelt werden. Außerdem kann auf diese Weise das Fachwissen <strong>der</strong> Meister genutzt<br />

76


werden. Auch die Kenntnisse <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter, eingebracht durch die Meister, kann die Einschätzung<br />

für ein geeignetes Vorgehen erleichtern.<br />

Um diesen Vorschlag in die Praxis umzusetzen, wird folgen<strong>des</strong> Vorgehen als sinnvoll angesehen:<br />

Ein Projekttag unter Teilnahme von Meistern <strong>eines</strong> Bereichs, ihrem Unterabteilungsleiter und einem<br />

Mitglied <strong>des</strong> Expertenteams kann <strong>der</strong> Start für eine konsequent beteiligungsorientierte Ar<strong>bei</strong>t sein.<br />

Das Ziel, also die Beteiligung <strong>der</strong> Meister, in Form einer gemeinsamen Planung von Projekten für<br />

die weitere <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS sollte klar formuliert und kommuniziert werden. Es sollte ein Austausch<br />

über den Stand <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> wie über Erfahrungen <strong>der</strong> Betroffenen möglich sein. Gemeinsam<br />

können die nächsten Schritte zur weiteren <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS festgelegt und ein Meilensteinund<br />

Maßnahmeplan entwickelt werden. Es gründen sich Projektgruppen, die in Folge für die <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>der</strong> vereinbarten Schritte verantwortlich sind. Der Unterabteilungsleiter kann die übergreifende<br />

Koordination <strong>der</strong> Projektgruppen übernehmen. Außerdem sollte die Frage ‚Wie können wir unsere<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter an <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> beteiligen?’ diskutiert werden (s. Anhang 7).<br />

Ebenso ist eine kostenstellenübergreifende Projektorganisation wünschenswert, womit die Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

<strong>der</strong> Bereiche und das Kennenlernen an<strong>der</strong>er Ar<strong>bei</strong>tsabläufe einhergeht. In <strong>der</strong> Praxis erschwert<br />

möglicherweise <strong>der</strong> sehr unterschiedliche <strong>Umsetzung</strong>stand in den Bereichen dieses Vorgehen.<br />

An<strong>der</strong>erseits kann <strong>der</strong> positive Effekt resultieren, dass aus bereits gemachten Erfahrungen gelernt<br />

werden kann.<br />

Für die Einbindung <strong>der</strong> Meister in Projekte müssen zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen. <strong>Die</strong>s<br />

geht mit <strong>der</strong> Notwendigkeit einher, einige Tätigkeiten an die Gruppensprecher zu übertragen. Laut<br />

Aussagen <strong>der</strong> Befragten sind die Meister zurzeit stark eingebunden, was <strong>der</strong> zusätzlichen Tätigkeit in<br />

Projekten entgegensteht. <strong>Die</strong> systematische Abgabe von Tätigkeiten an den Gruppensprecher ist ein<br />

Aspekt, <strong>der</strong> im nächsten Kapitel aufgegriffen wird.<br />

6.2.3. Qualifizierung und Coaching für Meister<br />

In <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> Befragung wurde deutlich, dass die Übernahme <strong>der</strong> in den Kapitel 3 dargestellten<br />

<strong>Rolle</strong>n mit Schwierigkeiten verbunden ist. <strong>Die</strong> Meister werden am ehesten den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> ‚Effektivitätsmanagers’ gerecht. Ein Grund dafür wird in <strong>der</strong> vorhandenen Fokussierung<br />

und expliziten Abfrage <strong>der</strong> Unternehmenszahlen von Seiten <strong>des</strong> Managements gesehen. <strong>Die</strong><br />

Entwicklung <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter zu unternehmerischen Denken und Handeln wird als schwierige Aufgabe<br />

bezeichnet (vgl. Kapitel 5.3.2.3). In Bezug auf die <strong>Rolle</strong>n ‚Der Meister als Coach’ und als ‚Koordinator<br />

von Gruppen’ empfinden es die Meister als schwierig, auf persönliche Probleme <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

einzugehen sowie zwischen den Mitar<strong>bei</strong>tern auftretende Konflikte konstruktiv zu bear<strong>bei</strong>ten<br />

(vgl. Kapitel 5.3.2.1 und 5.3.2.4). <strong>Die</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> ‚Verän<strong>der</strong>ungsmanagers’ werden nicht<br />

erfüllt. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass <strong>der</strong>zeit einige Tätigkeiten, wie die Unterstützung <strong>der</strong><br />

Gruppen o<strong>der</strong> Ansprechpartner für die Verän<strong>der</strong>ungen im Rahmen <strong>der</strong> Einführung <strong>des</strong> GPS zu sein,<br />

77


eher <strong>bei</strong> den Mitar<strong>bei</strong>tern <strong>des</strong> Unterstützungsteams gesehen werden (vgl. Kapitel 5.3.2.2). Perspektivisch<br />

ist die Übernahme <strong>der</strong> Tätigkeiten durch den Meister anzustreben. 86<br />

Um ein Konzept zur Unterstützung <strong>der</strong> Meister zu erstellen, sollten zunächst weitere Gespräche mit<br />

<strong>der</strong> Zielgruppe, dem Management, dem Betriebsrat und dem Expertenteam geführt werden, um Ziele<br />

und Inhalte abzustimmen. <strong>Die</strong> Erstellung von <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong>n (vgl. 6.1.2.3) kann helfen, ein gemeinsames<br />

Verständnis über Aufgaben, Anfor<strong>der</strong>ungen und notwendige Qualifikationen zu schaffen. In<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Qualifikation <strong>der</strong> Meister werden aktuelle Anfor<strong>der</strong>ungen nicht ausreichend berücksichtigt.<br />

Der Umgang in Verän<strong>der</strong>ungsprozessen o<strong>der</strong> auch die Ar<strong>bei</strong>t mit Gruppen und das Projektmanagement<br />

sind Beispiele, die nach Betrachtung vorliegen<strong>der</strong> Analyse nicht gelernt wurden.<br />

Folgen<strong>des</strong> Vorgehen wird für die Erstellung <strong>eines</strong> Qualifizierungskonzeptes als sinnvoll angesehen:<br />

1. Durch eine vertiefende Analyse <strong>der</strong> Situation <strong>der</strong> Meister, unter Beteiligung <strong>der</strong> Meister und<br />

ihren Vorgesetzten, werden Inhalte für eine Qualifizierung ausgewählt. <strong>Die</strong> Lernenden<br />

werden damit an <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Qualifizierung beteiligt.<br />

2. Es ist die Aufgabe <strong>der</strong> Personal- und Organisationsentwicklung diesen Prozess zu begleiten,<br />

die Inhalte zusammenzustellen, nach Dringlichkeit und Lernlogik in eine Reihenfolge zu<br />

setzen und Seminare entsprechend durchzuführen.<br />

3. Nach jedem Seminar sollte <strong>der</strong> Transfer vermittelter Inhalte in die Praxis begleitet werden.<br />

<strong>Die</strong>s kann in regelmäßigen Coachingterminen 87 erfolgen. In einem Gruppencoaching werden<br />

in <strong>der</strong> Praxis auftretende Probleme benannt. Es gilt, gemachte Erfahrungen zu reflektieren<br />

und nach anschlussfähigen Lösungen für die <strong>Umsetzung</strong> zu suchen.<br />

4. <strong>Die</strong> Vorgesetzten <strong>der</strong> Meister sollten in den Prozess eingebunden bleiben. <strong>Die</strong>s kann durch<br />

individuelle Gespräche erfolgen o<strong>der</strong> durch feste Reflexionsrunden, in denen ein Austausch<br />

zwischen Vorgesetzten und Meistern erfolgt.<br />

Auf Grundlage <strong>der</strong> bisherigen Informationen wird im Anhang exemplarisch ein Vorschlag für ein<br />

Unterstützungskonzept beschrieben (s. Anhang 8). <strong>Die</strong> Erkenntnisse aus den Interviews wie die in<br />

Kapitel 4 genannten vorhandenen Qualifizierungsangebote werden berücksichtigt. Vorhandene Angebote<br />

für Gruppensprecher und Meister vermitteln Methoden <strong>des</strong> GPS. <strong>Die</strong> hier vorstellten Module<br />

sollen Raum geben, in dem die Meister sich mit den an ihre <strong>Rolle</strong> gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen auseinan<strong>der</strong>setzen<br />

können. Daher werden die Themen ‚<strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong><br />

GPS’, ‚Projektmanagement’, ‚Verän<strong>der</strong>ungsmanagement’, <strong>der</strong> ‚Meister als Coach – kooperative<br />

Führung’ und die ‚Ar<strong>bei</strong>t mit Gruppen’ als Inhalte für die Seminare vorgeschlagen.<br />

86<br />

87<br />

<strong>Die</strong> Einrichtung <strong>des</strong> Unterstützungsteams könnte auf diese Weise ein Übergangskonzept sein.<br />

„Coaching ist eine gleichberechtigte, partnerschaftliche Zusammenar<strong>bei</strong>t <strong>eines</strong> Prozessberaters mit einem Klienten“<br />

(Migge 2005, S. 22) o<strong>der</strong> einer Klientengruppe. „Der Coach gibt Feedback und eröffnet dem Klienten neue Perspektiven“<br />

(ebd.). <strong>Die</strong>se Form <strong>der</strong> Beratung kann sich auf unterschiedliche Themen beziehen. Z.B. neue Herausfor<strong>der</strong>ungen,<br />

Kommunikationsstörungen o<strong>der</strong> die Verbesserung <strong>der</strong> Führungsfähigkeit (vgl. ebd. S. 27). <strong>Die</strong> Themen <strong>der</strong><br />

hier angedachten Coachingtermine ergeben sich aus dem jeweiligen Qualifizierungsmodul sowie aus den individuellen<br />

Problemstellungen <strong>der</strong> Teilnehmer.<br />

78


Alle Seminare setzen auf einen handlungsorientierten Vermittlungsansatz. Bereits vorhandene Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> Meister aufgreifend, werden die Themen nicht nur theoretisch vorgestellt, son<strong>der</strong>n durch<br />

kreative Lernmethoden, wie <strong>Rolle</strong>nspiele, kooperative, problemlösungsorientierte o<strong>der</strong> vertrauensbildende<br />

Aktivitäten, die selbstständige Erar<strong>bei</strong>tung bestimmter Inhalte, um nur einige Möglichkeiten<br />

zu nennen, vermittelt.<br />

Der Wechsel von zweitägigen inhaltlichen Modulen und Coaching, als ca. zweistündiges Angebot<br />

zur Reflexion <strong>der</strong> Inhalte, wird als sinnvoll angesehen. Regelmäßige Gruppencoachingtermine sind<br />

notwendig. Im Rahmen kontinuierlicher Coachings kann neben <strong>der</strong> Bear<strong>bei</strong>tung konkreter Situationen<br />

auch weiterhin dem Bedarf entsprechend theoretischer Input gegeben werden.<br />

Alle Module <strong>der</strong> Qualifizierungsreihe sollten die Möglichkeit bieten, vorhandene Wi<strong>der</strong>stände, sei es<br />

individuelle Wi<strong>der</strong>stände <strong>der</strong> Meister wie auch vom Meister wahrgenommene Wi<strong>der</strong>stände <strong>bei</strong> den<br />

Mitar<strong>bei</strong>tern, zu besprechen und gemeinsam Überlegungen für einen geeigneten Umgang damit anzustellen.<br />

Weiterhin geht aus den Interviews hervor, dass die Übergabe bisheriger Meistertätigkeiten<br />

an den Gruppensprecher ein Problem darstellt (vgl. Kapitel 5.3.2.4). <strong>Die</strong>ser Schritt kann im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Qualifizierungsreihe begleitet werden.<br />

Es ist die Aufgabe <strong>des</strong> Managements, die mit <strong>der</strong> anstehenden Qualifizierung verbundenen Ziele, die<br />

Bedeutung <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> im Unternehmen wie die an die <strong>Rolle</strong> <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong> gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

zu kommunizieren. Sind <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong> erstellt worden, können sie Grundlage <strong>der</strong> Information sein.<br />

Eine bedarfsgerechte Qualifizierung <strong>der</strong> Meister sowie eine fortlaufende Begleitung durch Coaching<br />

tragen zur Optimierung <strong>der</strong> Prozesse und zur kontinuierlichen Verbesserung <strong>bei</strong>.<br />

Für alle genannten Vorschläge ist es von Bedeutung, dafür zu werben, angebotene Instrumente zu<br />

nutzen. Aufwendig zu erstellende <strong>Rolle</strong>nbil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> auch die Sprechstunde <strong>der</strong> Führungskraft, die<br />

niemand besucht, werden schnell zu kontraproduktiven Mitteln, die letztlich mit <strong>der</strong> Meinung<br />

‚Bringt ja eh nichts!’ im Sande verlaufen und zusätzliche Gründe für Frustration o<strong>der</strong> Resignation<br />

schaffen. Hier ist vor allem das Management gefragt, die Bedeutung <strong>der</strong> einzelnen Instrumente herauszustellen<br />

und die Mitar<strong>bei</strong>ter davon zu überzeugen, dass <strong>der</strong> beschriebene Weg konsequent umgesetzt<br />

wird. ‚Der stete Tropfen höhlt den Stein’.<br />

79


7. Schlussbetrachtung<br />

Entgegen früherer Zentralisierungstendenzen <strong>der</strong> fordistischen Fabrikorganisation erfahren die Unternehmen<br />

<strong>der</strong> Automobilindustrie seit geraumer Zeit eine neue Ausrichtung. Nach dem Vorbild <strong>des</strong><br />

TPS wird im untersuchten Unternehmen seit nunmehr 15 Jahren umgebaut. <strong>Die</strong> ‚ewige Baustelle’<br />

umfasst da<strong>bei</strong> Umbaumaßnahmen in den verschiedensten Bereichen. Aktuell wird mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>eines</strong> GPS die weitere Optimierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsabläufe angestrebt. <strong>Die</strong> Einführung <strong>eines</strong> GPS<br />

eröffnet da<strong>bei</strong> neue Möglichkeiten für alle beteiligten Akteure, die Abkehr von eingefahrenen Strukturen<br />

inklusive. <strong>Die</strong> Motivation <strong>des</strong> Unternehmens liegt darin, eine schlanke, flexible und intelligente<br />

Organisation zu schaffen. Von den Umbaumaßnahmen sind alle Akteure im Unternehmen betroffen,<br />

neben den Herausfor<strong>der</strong>ungen für das Management werden neue Anfor<strong>der</strong>ungen an alle Beschäftigten<br />

gestellt.<br />

<strong>Die</strong> Meister, als Führungskräfte in den Fertigungsbereichen, nehmen da<strong>bei</strong> eine Schlüsselposition<br />

ein. Sie sind Vermittlungsstelle zwischen Mitar<strong>bei</strong>tern und Management, ar<strong>bei</strong>ten zunehmend abteilungsübergreifend,<br />

agieren als Coach, Verän<strong>der</strong>ungsmanager, Effektivitätsmanager und Koordinator<br />

von Gruppen. <strong>Die</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen, die da<strong>bei</strong> an sie gestellt werden, sind vielfältig. <strong>Die</strong>ser <strong>Rolle</strong> werden,<br />

so die eingangs aufgestellte These, die Meister im untersuchten Unternehmen <strong>der</strong>zeit nicht gerecht.<br />

Um diese These zu belegen, wurde für diese Ar<strong>bei</strong>t eine Erhebung in Form einer Dokumentenanalyse<br />

und <strong>der</strong> Durchführung von Interviews vorgenommen.<br />

<strong>Die</strong> These, dass die Meister ihrer <strong>Rolle</strong> nicht gerecht werden, kann teilweise bestätigt werden. Wie<br />

bereits erwähnt, wäre es vermessen zu behaupten, dass die Ursachen für das ‚Nicht-Funktionieren’<br />

<strong>der</strong> Meister allein in ihren persönlichen Fähigkeiten zu suchen sind. Vielmehr finden sich die Gründe<br />

vorrangig im Ar<strong>bei</strong>tsumfeld <strong>der</strong> Meister. Aus den geführten Interviews wird deutlich, dass die Meister<br />

sich in einem Spannungsverhältnis befinden. Einerseits sollen sie die neuen Vorgaben <strong>des</strong> GPS<br />

erfüllen und vermitteln, gleichzeitig tragen sie die Verantwortung für den reibungslosen innerbetrieblichen<br />

Ablauf, ohne da<strong>bei</strong> ausreichend Ressourcen in Form von Zeit o<strong>der</strong> Personal zu Verfügung zu<br />

haben, um sich intensiv mit den neuen Vorgaben auseinan<strong>der</strong>setzen zu können und ihre Belegschaft<br />

zu überzeugen.<br />

Für den Umbau <strong>des</strong> Unternehmens im Sinne <strong>eines</strong> GPS, wie in dieser Ar<strong>bei</strong>t beschrieben, bedarf es<br />

<strong>eines</strong> Umdenkens aller Mitar<strong>bei</strong>ter. <strong>Die</strong> Meister haben hier die schwierige Aufgabe, ihre Mannschaft<br />

neu aufzustellen. Mit Wi<strong>der</strong>ständen, Unstimmigkeiten und Klärungsbedarf <strong>der</strong> Belegschaft werden<br />

die Meister direkt konfrontiert. Während das Management initiiert und for<strong>der</strong>t, müssen die Meister<br />

abfe<strong>der</strong>n, auffangen und motivieren. <strong>Die</strong> Auswertung <strong>der</strong> Interviews hat gezeigt, dass die Meister die<br />

vielfältigen Anfor<strong>der</strong>ungen, welche an ihre <strong>Rolle</strong> gestellt werden, nicht umfassend erfüllen. Beson<strong>der</strong>s<br />

in ihrer <strong>Rolle</strong> als ‚Verän<strong>der</strong>ungsmanager’, aber auch als ‚Koordinator von Gruppen’ und als<br />

‚Coach’ besteht Optimierungsbedarf.<br />

Am ehesten erfüllen die Meister die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> ‚Effektivitätsmanagers’. Durch die starke<br />

Fokussierung <strong>der</strong> Kennzahlen sind Wirtschaftlichkeit und Effektivität zentrale Bezugsgrößen im Un-<br />

80


ternehmen. <strong>Die</strong> Meister sind entsprechend gewöhnt, dass unternehmerisches Denken und Handeln zu<br />

ihrem Ar<strong>bei</strong>tsalltag gehört.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong>nanfor<strong>der</strong>ungen in den Kategorien <strong>der</strong> ‚Meister als Coach’ und <strong>der</strong> ‚Koordinator von Gruppen’<br />

werden von vielen Meistern erfüllt. Einige <strong>der</strong> Meister verharren jedoch in alten Verhaltensmustern<br />

und werden diesen <strong>Rolle</strong>n nicht gerecht. <strong>Die</strong> Interpretation <strong>der</strong> Ergebnisse aus <strong>der</strong> Dokumentenanalyse<br />

lässt vermuten, dass ein Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Qualifizierung und <strong>der</strong> Erfüllung<br />

dieser Anfor<strong>der</strong>ungen besteht. <strong>Die</strong> heute gefragten Kompetenzen <strong>der</strong> Meister werden erst in <strong>der</strong><br />

neu geordneten gesetzlichen, wie auch in <strong>der</strong> seit Beginn <strong>der</strong> 1990er Jahre durchgeführten betriebsinternen<br />

Qualifizierung stärker berücksichtigt. Älteren Meistern wurden <strong>der</strong>artige Inhalte nicht ausreichend<br />

vermittelt. <strong>Die</strong>ser Aspekt wurde zwar in <strong>der</strong> vorliegenden Ar<strong>bei</strong>t nicht explizit untersucht, die<br />

Interpretation ist allerdings nahe liegend. <strong>Die</strong> unterschiedlichen Qualifikationen <strong>der</strong> Meister sollten<br />

im <strong>Umsetzung</strong>sprozess stärker berücksichtigt werden.<br />

<strong>Die</strong> Qualifizierung wird jedoch nicht als die einzige Ursache für das gezeigte Verhalten angesehen.<br />

Es nehmen weitere individuelle, kulturelle wie strukturelle Aspekte Einfluss auf die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Meister.<br />

Deutlich wird dies auch in <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Kriterien, die im Kapitel ‚Der Meister als Verän<strong>der</strong>ungsmanager’<br />

beschrieben wurden. <strong>Die</strong>sen Anfor<strong>der</strong>ungen werden die Meister im untersuchten<br />

Unternehmen kaum gerecht.<br />

In <strong>der</strong> Summe <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong>nerwartungen muss also differenziert werden. Das die Gegebenheiten im<br />

Unternehmen es erschweren o<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>n, gestellte Anfor<strong>der</strong>ungen zu erfüllen, wird als zutreffend<br />

angesehen.<br />

So wurde aus den Interviews heraus deutlich, dass die Mehrheit <strong>der</strong> Meister nicht ausreichend über<br />

den <strong>Umsetzung</strong>sprozess weiß. Der Wissensstand über Ziele, Inhalte und das Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />

<strong>des</strong> GPS muss nicht nur <strong>bei</strong> den Meistern aufgebessert werden. Es konnte festgestellt werden,<br />

dass das Wissen entlang <strong>der</strong> Hierarchien abnimmt. Infolge <strong>der</strong> kaskadenförmigen Informationsweitergabe<br />

bestehen klare Abhängigkeiten. <strong>Die</strong> Informationen <strong>des</strong> jeweiligen Vorgesetzten sind<br />

aus ‚zweiter Hand’ und somit subjektiv geprägt. An<strong>der</strong>e zur Verfügung stehende Informationsmedien<br />

werden scheinbar nicht ausreichend genutzt. Was die Information <strong>der</strong> Meister betrifft, besteht<br />

Nachhol- bzw. Aufholbedarf.<br />

Für eine anschlussfähige Planung wird außerdem die Beteiligung <strong>der</strong> Meister als unabdingbar angesehen.<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Partizipation kann für den weiteren <strong>Umsetzung</strong>sprozess stärker genutzt<br />

werden. <strong>Die</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Meister nimmt keinen Einfluss auf die Planungen <strong>des</strong> GPS. Auch ist nicht<br />

klar erkennbar, dass ein regelmäßiger Austausch zwischen Meistern und Management stattfindet,<br />

durch den ein Abgleich zwischen <strong>Umsetzung</strong>splanung und realen Gegebenheiten möglich wird.<br />

Nur einer <strong>der</strong> befragten Meister konnte eine umfassende Auskunft über die Ziele, Inhalte und das<br />

Vorgehen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS geben. <strong>Die</strong>ser ist als einziger von sechs interviewten Meistern<br />

stark in die <strong>Umsetzung</strong>saktivitäten <strong>des</strong> GPS in seinem Bereich eingebunden. Er wird den gestellten<br />

<strong>Rolle</strong>nerwartungen am besten gerecht. Hieraus resultiert, dass die Beteiligung <strong>der</strong> Meister ein entscheiden<strong>der</strong><br />

Faktor ist, um den <strong>Rolle</strong>nanspruch zu verwirklichen.<br />

81


Weiterhin führen Skepsis über das <strong>der</strong>zeitige Vorgehen und Zweifel, dass die aktuellen Bemühungen<br />

tatsächlich nachhaltig umgesetzt werden, zu einer abwartenden Haltung <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Belegschaft. In Anbetracht<br />

vorhandener Erfahrungen, aus vergangenen Implementierungsversuchen einzelner Elemente<br />

<strong>des</strong> GPS, sind solche Bedenken nicht weiter verwun<strong>der</strong>lich. Festgestellt werden konnte, dass die Inhalte<br />

<strong>des</strong> GPS o<strong>der</strong> die Notwendigkeit <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird.<br />

<strong>Die</strong> Skepsis bezieht sich auf das Vorgehen und die Nachhaltigkeit. Eine transparente und konsequente<br />

Vorgehensweise für den weiteren Prozess ist von großer Wichtigkeit und wird dringend empfohlen.<br />

Problematisch ist außerdem die Unklarheit und die daraus resultierende Sorge <strong>der</strong> Meister bezüglich<br />

ihrer eigenen Perspektive im Unternehmen. Vermutet wird, dass mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS nicht<br />

nur Optimierungs-, son<strong>der</strong>n vor allem Rationalisierungsabsichten verbunden sind. Erfahrungen aus<br />

<strong>der</strong> Vergangenheit mit Personalabbau und dem Ausreizen von Mitar<strong>bei</strong>terkapazitäten werden mit <strong>der</strong><br />

Optimierung <strong>der</strong> Prozesse in Verbindung gebracht. Es besteht Misstrauen gegenüber dem Management.<br />

<strong>Die</strong> Angst, dass mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS eine Reduzierung <strong>der</strong> <strong>Meisters</strong>tellen einhergeht,<br />

ist für eine engagierte Ar<strong>bei</strong>t hin<strong>der</strong>lich. Will man die Meister für den Prozess gewinnen, sind Transparenz<br />

und Klarheit von beson<strong>der</strong>er Bedeutung.<br />

Auch unternehmenskulturelle Aspekte, die „individuell, wie kollektiv, Verhalten, Denkmuster und<br />

Werte“ (Schein 2003, S. 29) bestimmen, beeinflussen die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Meister. Für die erfolgreiche<br />

<strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS wird ein kooperativer Umgang als wichtig angesehen. Aus den Interviewergebnissen<br />

wird erkennbar, dass vielerorts eher die traditionellen Mechanismen, Anweisung von<br />

‚oben’, <strong>Umsetzung</strong> ‚unten’, Bestand haben, wodurch <strong>der</strong> Handlungsspielraum <strong>der</strong> Meister eingeschränkt<br />

ist. Erschwerend kommt hinzu, dass <strong>der</strong> Umgang mit Kritik zwischen hierarchisch unterstellten<br />

Personen als schwierig benannt wird. Ein für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS notwendiger ‚bottum<br />

up’-Prozess ist unter diesen Gegebenheiten erschwert.<br />

Vorherrschen<strong>des</strong> Bereichsdenken beeinträchtigt die verstärkt erfor<strong>der</strong>liche interdisziplinäre Zusammenar<strong>bei</strong>t.<br />

Funktionsorientierung und Spezialisierung hinterlassen ihre Spuren. Ein Zitat aus den<br />

Interviews bringt die Problematik auf den Punkt: „(…) wir haben eine Schuldkultur. Wir haben keine<br />

Kultur, die Fehler toleriert, um aus diesen Fehlern lernen zu können. Son<strong>der</strong>n wir haben eine Kultur,<br />

die auf Befehl und Gehorsam ausgerichtet ist und die bestraft. Das ist die Wahrnehmung, die ich<br />

habe. Wir haben keine Kultur die lobt, wir haben keine die positiv för<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n wir ar<strong>bei</strong>ten immer<br />

nur mit Strafe persönlich, finanziell (…) ich glaube, dass es in einer solchen Kultur nicht möglich<br />

ist ein solches [GPS] umzusetzen“ (I.12.BR). <strong>Die</strong> bewusste Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Kultur<br />

im Unternehmen wird angesichts <strong>der</strong> beschriebenen Gegebenheiten als sinnvoll erachtet.<br />

Genannte Aspekte finden in <strong>der</strong> bisherigen Gestaltung <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>sprozesses keine ausreichende<br />

Berücksichtigung. Damit bestätigt sich die These, dass die Ursachen, die die Meister hin<strong>der</strong>n an sie<br />

gestellte Anfor<strong>der</strong>ungen zu erfüllen, stärker beachtet werden sollten. Das Management for<strong>der</strong>t ein,<br />

und das Expertenteam ar<strong>bei</strong>tet mit hoher fachlicher Kompetenz an <strong>der</strong> Implementierung <strong>der</strong> Instrumente<br />

und Methoden <strong>des</strong> GPS. Das ist von großer Wichtigkeit. Ergänzt werden sollten die <strong>der</strong>zeitigen<br />

Schritte um Aktivitäten, die dazu <strong>bei</strong>tragen, die Waage, die in den vergangenen Jahren eindeutig<br />

82


in Richtung Effektivität gekippt ist, in die Richtung einer glaubwürdigen Balance zu bewegen. <strong>Die</strong><br />

<strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS verlangt die ganzheitliche Betrachtung <strong>der</strong> Prozesse. Der Mensch ist <strong>der</strong> Erfolgsfaktor<br />

für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS. Das Ziel einer kontinuierlichen Verbesserung <strong>der</strong> Prozesse<br />

ist nur zu erreichen, wenn je<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter beteiligt wird. Eine konsequente Überzeugungsar<strong>bei</strong>t<br />

durch das Management ist notwendig, um alte ‚Bedenkensmuster’ abzumil<strong>der</strong>n und langfristig eine<br />

Kultur <strong>des</strong> gemeinschaftlichen Agierens zu schaffen. Für die Herstellung von 20.000 Getrieben pro<br />

Tag braucht es im Unternehmen viele Disziplinen, die ihr Geschäft verstehen und ihre Leistung zur<br />

Erreichung <strong>des</strong> Ziels <strong>bei</strong>tragen. <strong>Die</strong> Positionen Angestellter, Fertigungsmitar<strong>bei</strong>ter o<strong>der</strong> Führungskraft<br />

sind dafür gleichermaßen bedeutsam. Früher waren hier die Verhältnisse klar geregelt. Eine<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerschaft, die zusammenhält auf <strong>der</strong> einen, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite die Angestellten und<br />

Vorgesetzten, mit denen nicht gut auszukommen ist. <strong>Die</strong>ser Geist schwebt mancherorts noch immer<br />

durch die Fabrikhallen.<br />

Das Vertrauen zwischen den operativ tätigen Mitar<strong>bei</strong>tern, den Angestellten und den Vorgesetzten<br />

muss vielerorts erst hergestellt werden. In Anbetracht <strong>der</strong> Situation keine leichte Aufgabe. <strong>Die</strong> Beschäftigen<br />

erleben zahlreiche Wi<strong>der</strong>sprüche zwischen den propagierten Werten und den Artefakten,<br />

um das Modell von Schein noch einmal aufzugreifen. <strong>Die</strong> For<strong>der</strong>ung nach kontinuierlicher Ar<strong>bei</strong>t an<br />

<strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Elemente <strong>des</strong> GPS auf <strong>der</strong> einen Seite, Fokussierung <strong>der</strong> Tagesstückzahl auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite. Glänzende Umsatzzahlen in <strong>der</strong> Presse und nicht abnehmen wollende Unruhe <strong>bei</strong> den<br />

Vorgesetzten, mit möglichst wenig Personal gute Ergebnisse zu erreichen. Wo bleibt da die Zeit zur<br />

Qualifikation, ist eine häufig gestellte Frage <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter. Propagiert wird die Partizipation <strong>der</strong><br />

Mitar<strong>bei</strong>ter, gesehen wird die steigende Ar<strong>bei</strong>tsbelastung <strong>der</strong> vergangenen Jahre. Das Wissen <strong>der</strong><br />

Beschäftigten wird letztlich zu Rationalisierungszwecken genutzt. „(…) aus Rationalisierungsbetroffenen<br />

sollen Rationalisierungsträger werden (…)“ (Minssen 1999, S. 143f). Propagiert wird auch die<br />

Bedeutung <strong>des</strong> Wir-Gefühls unabhängig <strong>der</strong> Position. In <strong>der</strong> Presse häufen sich parallel Schlagzeilen<br />

von zahlreichen Bereicherungsaffären.<br />

Auch durch das hoch gelobte ‚Vorbild’ Toyota wird <strong>bei</strong> den Beschäftigten Sorge ausgelöst, die nicht<br />

unerwähnt bleiben sollte. In <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Toyota findet man, neben zahlreichen Lobeshymnen<br />

und Darstellungen <strong>der</strong> Inhalte <strong>des</strong> TPS, auch Beiträge, in denen von ‚Management by<br />

Stress’ die Rede ist. <strong>Die</strong> Ar<strong>bei</strong>ter stehen ständig unter Spannung. <strong>Die</strong> ständige Verbesserung <strong>der</strong><br />

Prozesse verlangt die gleichzeitige Bedienung mehrerer Maschinen, <strong>der</strong>en Taktzahl bis an die Grenzen<br />

<strong>des</strong> menschlich Bewältigbaren hoch gesetzt wird. Vom Management als ‚Ausschalten <strong>der</strong> zeitlichen<br />

Verschwendung’ bezeichnet, wird versucht, die gleiche Ar<strong>bei</strong>t mit weniger Personal zu bewältigen,<br />

was für die Ar<strong>bei</strong>ter zu höherer Ar<strong>bei</strong>tsbelastung führt. <strong>Die</strong> betriebsinternen Ressourcen sollen<br />

ausgeschöpft werden (vgl. Becker 2006, S. 336). Obwohl die Beschäftigten wissen, dass die Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> Verbesserung besteht, dürfte das Wissen um diese Bedingungen <strong>bei</strong> Toyota Skepsis<br />

auslösen.<br />

<strong>Die</strong>se exemplarisch aufgeführten Ambivalenzen erschweren den <strong>der</strong>zeitigen <strong>Umsetzung</strong>sprozess und<br />

lösen Wi<strong>der</strong>stand <strong>bei</strong> den Beschäftigten aus. Mit diesem Wi<strong>der</strong>stand sind die Meister in zweifacher<br />

83


Hinsicht konfrontiert. Sie erleben selbst Wi<strong>der</strong>sprüche und müssen sich mit den Wi<strong>der</strong>ständen <strong>der</strong><br />

Beschäftigten auseinan<strong>der</strong>setzen.<br />

Stärkere Beteiligung, Nutzung <strong>des</strong> Wissens aller Mitar<strong>bei</strong>ter zur kontinuierlichen Verbesserung <strong>der</strong><br />

Prozesse und Kooperation werden immer wie<strong>der</strong> betont. <strong>Die</strong> Beteiligung erfahrener, qualifizierter<br />

Fachar<strong>bei</strong>ter kann für Mitar<strong>bei</strong>ter und Unternehmen positive Auswirkungen haben. Für die Beschäftigten<br />

besteht die Möglichkeit, Vorschläge einzubringen und an <strong>der</strong> Optimierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsabläufe<br />

mit zu ar<strong>bei</strong>ten. Also neue Möglichkeiten für alle Akteure, die Abkehr von eingefahren Strukturen<br />

inklusive? Stärkere Beteiligung, <strong>der</strong> Beitrag zur kontinuierlichen Verbesserung o<strong>der</strong> mehr Kooperation<br />

bringen auch ‚Nebeneffekte’ mit sich. Mehr Kooperation wird häufig als Gewinn für alle dargestellt.<br />

Es sollte allerdings auch beachtet werden, dass mehr Kooperation mehr Abstimmung bedarf.<br />

Im kooperativen Umgang werden Konflikte eher angesprochen und offen ausgetragen, die früher per<br />

Machtwort vom Tisch gefegt wurden (vgl. Doppler u. a.2002, S. 33f). <strong>Die</strong>se im Sinne einer konstruktiven<br />

Lösung zu klären, ist ein Bereich, in dem zukünftig eine weitere Entwicklung stattfinden<br />

muss. Eine Optimierung <strong>der</strong> Prozesse <strong>bei</strong>nhaltet die Optimierung <strong>der</strong> Kommunikationsprozesse.<br />

Kommunikation wird mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS zum selbstverständlichen Teil <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t, Konflikte<br />

sind Normalität, die kontinuierliche Verbesserung zieht, konsequent zu Ende gedacht, die Bereitschaft<br />

zu kontinuierlicher Verän<strong>der</strong>ung nach sich. Dem steht das Festhalten an alten, lieb gewonnenen<br />

Abläufen und Beziehungen entgegen. Das Feststellen von Problemen reicht nicht aus. Konsequent<br />

lösungsorientiertes Denken <strong>bei</strong> allen Beschäftigten im Unternehmen ist es, welches für die<br />

<strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS als Kernkompetenz anzusehen ist. Hier ist ein Umdenken <strong>bei</strong> allen Beschäftigen<br />

erfor<strong>der</strong>lich. <strong>Die</strong> Menschen müssen es als ihre Aufgabe verstehen, auf <strong>der</strong> ‚ewigen Baustelle’ zu<br />

ar<strong>bei</strong>ten. <strong>Die</strong> Ar<strong>bei</strong>t im Unternehmen ist somit nicht ausnahmsweise o<strong>der</strong> für einen bestimmten Zeitraum<br />

von Verän<strong>der</strong>ungen betroffen. Das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung impliziert, dass<br />

Verän<strong>der</strong>ungen ein erstrebenswerter und absolut normaler Teil <strong>der</strong> Beschäftigung sind, welcher fortan<br />

zum Ar<strong>bei</strong>tsalltag gehört.<br />

In den beschriebenen Gestaltungsempfehlungen werden die hier aufgeführten Punkte berücksichtigt.<br />

Der erste Schritt ist die Beschreibung einer Vision durch das Management. Damit sollte, für jeden<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter nachvollziehbar, <strong>der</strong> Zustand beschrieben werden, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS<br />

erreicht werden soll. Ein kooperativer Umgang aller Beschäftigten kann ein Aspekt <strong>der</strong> Vision sein.<br />

Mit dem Wissen um den ‚Wunschzustand’ kann, beginnend mit einer Selbstbeurteilung <strong>der</strong> Unternehmenskultur,<br />

kontinuierlich an <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Kommunikation gear<strong>bei</strong>tet werden. <strong>Die</strong>se<br />

Entscheidung sollte mit Bedacht getroffen werden. Mit dem Aussprechen dieser Entscheidung werden<br />

Erwartungen <strong>bei</strong> den Beschäftigten geweckt, die es in Folge zu beachten gilt. Hier müssen alle<br />

Beschäftigten im Unternehmen umdenken; auch o<strong>der</strong> vor allem die Führungskräfte. Eine klare Positionierung<br />

<strong>des</strong> Managements ist notwendig, um vorhandene Skepsis Stück für Stück aufzulösen. <strong>Die</strong><br />

Gestaltungsempfehlungen <strong>bei</strong>nhalten durchgängig die Ziele, Klarheit und Transparenz, eine stärkere<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Beschäftigten und die kontinuierliche Verbesserung <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t bzw.<br />

Kommunikation, vertikal wie horizontal, zu erreichen.<br />

84


In einer Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem „Phänomen Toyota“ (Becker 2006) stellt Becker deutlich heraus,<br />

dass es nicht ausreicht die Methoden <strong>des</strong> TPS zu implementieren. Der Unterschied zwischen<br />

Toyota und den deutschen Automobilherstellern ist auch o<strong>der</strong> vor allem in <strong>der</strong> Unternehmenskultur<br />

zu sehen. <strong>Die</strong> Rückbesinnung auf eine Führung durch Disziplin und Vorbild, die Einbindung <strong>der</strong><br />

Mitar<strong>bei</strong>ter in für sie relevante Entscheidungsprozesse, die Schaffung einer Kultur gegenseitigen<br />

Vertrauens und die Rückkehr zu einer gelebten Solidargemeinschaft sind ethische Notwendigkeiten<br />

für die erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS (vgl. Becker 2006, S. 401ff).<br />

<strong>Die</strong> Identifikation <strong>der</strong> Beschäftigten mit dem Unternehmen krankt. <strong>Die</strong> Unternehmen müssen glaubhaft<br />

signalisieren, dass sie Verantwortung für ihre Mitar<strong>bei</strong>ter und auch gesellschaftliche Verantwortung<br />

übernehmen. Das bedeutet, dass Mitar<strong>bei</strong>terinteressen vom Management berücksichtigt werden,<br />

ohne dass zermürbende Kämpfe mit <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmervertretung geführt werden müssen. Gesellschaftliche<br />

und soziale Verantwortung zeigt sich in <strong>der</strong> Sicherung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplätze, in <strong>der</strong> Gestaltung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsbedingungen, in <strong>der</strong> Investition in Aus- und Weiterbildung, aber auch in <strong>der</strong> Entwicklung<br />

innovativer Produkte. <strong>Die</strong> Beachtung umweltrelevanter Fragen <strong>bei</strong>spielsweise, ist gesellschaftsfähig<br />

geworden. Und auch hier ist Toyota auf dem Vormarsch.<br />

<strong>Die</strong> Beschäftigten müssen die Überzeugung zurück gewinnen, in einem innovativen und erfolgreichen<br />

Unternehmen zu ar<strong>bei</strong>ten. Es gilt zu vermitteln, dass es die Mitar<strong>bei</strong>ter sind die diesen Erfolg<br />

ermöglichen. Ein Meister <strong>der</strong> sich selbst über Unternehmensentscheidungen ärgert, wird sich schwer<br />

tun ein positives Vorbild <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter zu sein.<br />

In Folge <strong>der</strong> Pressemitteilungen in den vergangenen Tagen hat sich die Dringlichkeit <strong>der</strong> Prozessoptimierung<br />

für das Unternehmen sicherlich weiter erhöht. Toyota hat es nach gut 50 Jahren geschafft<br />

sich in punkto Absatzzahlen gleichauf mit GM, an die Weltspitze zu setzen. GM war seit 1931 die<br />

Nummer eins in <strong>der</strong> Fahrzeugfertigung (vgl. Hillebrand 2008, o. A.). Zuletzt wurde Ford von den<br />

Japanern überholt. Ford kündigt zurzeit Entlassungen von 13.000 Beschäftigen an. Damit bleibt<br />

Toyota weiterhin Vorbild <strong>der</strong> westlichen Automobilproduzenten (vgl. Spiegel online, 2008).<br />

<strong>Die</strong> neuesten Entwicklungen im untersuchten Unternehmen, die lei<strong>der</strong> erst <strong>bei</strong>m Schreiben <strong>des</strong><br />

Schlusswortes in diese Ar<strong>bei</strong>t einfließen können, sehen eine stärkere Berücksichtigung <strong>der</strong> unternehmenskulturellen<br />

Aspekte für die weitere Gestaltung <strong>des</strong> <strong>Umsetzung</strong>sprozesses vor. Es wurde ein<br />

Team gegründet, welches gemeinsam mit dem jetzigen Expertenteam die weitere <strong>Umsetzung</strong> entsprechend<br />

gestalten soll. <strong>Die</strong> Überlegungen was getan werden muss, um die Beschäftigten stärker für<br />

das GPS zu gewinnen, haben damit in <strong>der</strong> Fabrik Einzug gehalten.<br />

Es wird also weiter gear<strong>bei</strong>tet auf <strong>der</strong> ‚ewigen Baustelle’ zur Schaffung einer schlanken, flexiblen<br />

und intelligenten Organisation. <strong>Die</strong> Inhalte <strong>der</strong> Gestaltungsempfehlungen, die auf den Erkenntnissen<br />

<strong>der</strong> Untersuchung aufbauen, können vielleicht einen Beitrag dazu leisten, dass zukünftig ein Teil<br />

<strong>des</strong>sen ‚wirkt’, was im Rahmen dieser Ar<strong>bei</strong>t als anzustrebende Wirklichkeit beschrieben wurde.<br />

85


Abstract<br />

Mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> Ganzheitlichen Produktionssystems (GPS) wird <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Dezentralisierung<br />

einer vormals bürokratisch-zentralisierten Planung und Steuerung <strong>der</strong> Prozesse im Unternehmen<br />

weiter fortgesetzt. Damit wird die seit den 1990er Jahren begonnene <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Lean Production-Methoden<br />

fortgeführt. <strong>Die</strong> Einführung dieser Methoden, die in <strong>der</strong> Vergangenheit häufig<br />

unabhängig voneinan<strong>der</strong> erfolgte, soll nunmehr mit einem <strong>ganzheitlichen</strong> Blick auf alle Prozesse<br />

systematisch vorgenommen werden.<br />

<strong>Die</strong> Meister nehmen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS eine Schlüsselposition ein. Gilt es, die Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

<strong>der</strong> Produktion für das GPS zu gewinnen, ist er ein wichtiger Ansprechpartner und Experte vor Ort.<br />

Seine <strong>Rolle</strong> hat sich verän<strong>der</strong>t. War es vormals seine Aufgabe, die Mitar<strong>bei</strong>ter anzuweisen und <strong>der</strong>en<br />

Ar<strong>bei</strong>t zu kontrollieren, werden heute an<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an ihn gestellt. <strong>Die</strong> Möglichkeit diesen<br />

gerecht zu werden, ist abhängig von den Kompetenzen <strong>des</strong> <strong>Meisters</strong>, aber min<strong>des</strong>tens ebenso bedingt<br />

durch die Gegebenheiten im Unternehmen.<br />

Welche <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Meister <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS einnimmt und welche Probleme sich aus den<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation ergeben, klärt die Untersuchung in einem Unternehmen <strong>der</strong><br />

Automobilindustrie. Auf Grundlage <strong>der</strong> Untersuchungsergebnisse werden Gestaltungsempfehlungen<br />

für den weiteren <strong>Umsetzung</strong>sprozess beschrieben.<br />

86


The course of de-centralizing the formerly bureaucratic-centralist planning and supervising of processes<br />

is <strong>bei</strong>ng continued through the implementation of a Holistic Production System (HPS). Thus,<br />

the implementation of lean-production methods, begun in the 1990s, is <strong>bei</strong>ng continued. The introduction<br />

of these methods, which in the past were often implemented independently of each other,<br />

henceforth shall take place with a holistic view on all processes.<br />

The masters play a key role in the implementation of the HPS. On the shop floor, they are the crucial<br />

experts needed to win over workers for the production of the HPS. The masters’ role has changed.<br />

If previously it used to be the masters’ task to direct the workers and to control their work, nowadays<br />

other demands are <strong>bei</strong>ng made on them. The ability to meet these demands depends on their competencies<br />

and, possibly to an even larger extent, on the conditions prevailing in the company.<br />

By examining a company in the automotive industry, this investigation illuminates which role the<br />

masters occupy in the implementation of the HPS and which problems arise from the restructuring of<br />

work organization patterns. On the basis of the results of this investigation recommendations for the<br />

shaping of the future implementation process will be stated.<br />

87


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März 2006, Dortmund, S. 449-453<br />

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Domsch, M.: Führung von Mitar<strong>bei</strong>tern. Handbuch für erfolgreiches Personalmanagement.<br />

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Reinhold, G. (Hrsg.) (2000): Soziologie-Lexikon. (4. Auflage), Oldenburg<br />

Rosenstiel von, L. (2003): Führung. Grundlagen <strong>der</strong> Führung. In: von Rosenstiel, L., Regnet, E.,<br />

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(5. Auflage), Stuttgart, S. 3-25<br />

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Wildemann, H. (2004): <strong>Die</strong> Kunst <strong>der</strong> Beharrlichkeit. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />

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(3.Auflage), Kriftel, Neuwied<br />

93


Interne Dokumente<br />

(zur Dokumentenanalyse verwandte Unterlagen)<br />

Aufgaben <strong>der</strong> Meister: Auflistung <strong>der</strong> Meistertätigkeiten im Zuge <strong>der</strong> Neuorientierung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t,<br />

2006<br />

Analyse <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t: Ergebnisbericht einer qualitativen Befragung, 2004<br />

Beschreibung <strong>der</strong> Meisterentwicklung: vorgenommen durch die Personalabteilung, 2004<br />

Betriebsvereinbarung zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t, 1995<br />

Handreichung für Meister ‚Der neue Meister im Unternehmen’, 1992<br />

Konzeption Gruppenar<strong>bei</strong>t: Entscheidungsgrundlage zur standardisierten Gruppenar<strong>bei</strong>t, Stand 2005<br />

Meisterbild: Beschreibung <strong>der</strong> Meistertätigkeit im Rahmen <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t, 1992<br />

Prozessbeschreibung: Präsentationsunterlage <strong>des</strong> Expertenteams zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> GPS, Stand<br />

2007<br />

Stellenbeschreibung <strong>der</strong> Meister im Unternehmen<br />

Schulungsunterlage 1: Teilnehmerunterlage für die Durchführung von 3P-Workshops,<br />

Stand 2007<br />

Schulungsunterlage 2: Teilnehmerunterlage für einen Workshop zur Neuorientierung,<br />

Stand 2007<br />

Unternehmensdarstellung im Intranet (Abruf August 2007)<br />

Vorgesetztenleitfaden: Leitfaden für Meister zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t, 1997<br />

Workshopdokumentation 1: Workshop zur Ist-Analyse und Weiterentwicklung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t,<br />

2005<br />

Workshopdokumentation 2: Workshop zur Neuorientierung <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t, 2006<br />

Workshopdokumentation 3: Workshop zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> neuen Gruppenar<strong>bei</strong>t, 2007<br />

94


Glossar<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplatzorganisation<br />

Zum Element <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplatzorganisation zählt die 5S-Methode. Durch diese Methode soll eine größere<br />

Übersicht am Ar<strong>bei</strong>tsplatz geschaffen werden, um damit schnellere Ar<strong>bei</strong>tsabläufe und eine erhöhte Sicherheit<br />

zu erreichen. <strong>Die</strong> Methodenbezeichnung kommt aus dem japanischen. Dort stehen die 5S für:<br />

Seiri: Ein Gefühl dafür bekommen, welche Werkzeuge am Ar<strong>bei</strong>tsplatz benötigt werden und welche<br />

entfernt werden können<br />

Selton: Effektives Platzieren von Maschinen, Werkzeugen und Material, so dass je<strong>des</strong> Teil schnell zu<br />

finden ist<br />

Seison: <strong>Die</strong> regelmäßige und gründliche Reinigung <strong>des</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplatzes, <strong>der</strong> Maschinen und <strong>der</strong><br />

Umgebung<br />

Seiketsu: Meint die Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Sauberkeit.<br />

Shitsuke: <strong>Die</strong> Selbstdisziplin je<strong>des</strong> Mitar<strong>bei</strong>ters zur Einhaltung dieser Richtlinien (vgl. Oeljenbruns<br />

2000, S. 61f).<br />

Im Deutschen werden die Punkte in ihrer Reihenfolge auch mit Aussortieren, Aufräumen, Reinigen, Standardisieren<br />

und Selbstdisziplin beschrieben (vgl. Winnes 2002, S. 54).<br />

Gruppenar<strong>bei</strong>t<br />

Unter dem Begriff <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t gibt es zahlreiche unterschiedliche Konzepte. Auf langfristige Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

angelegt sind teilautonome Gruppen, Fertigungsteams, Fertigungsinseln u. a.(vgl. Antoni 2000, S.<br />

27).In Deutschland ist mit dem Konzept <strong>der</strong> Gruppenar<strong>bei</strong>t in <strong>der</strong> Regel die teilautonome Gruppenar<strong>bei</strong>t gemeint.<br />

<strong>Die</strong>ses wurde in den 1970er Jahren im Rahmen <strong>der</strong> Humanisierungsbewegung bekannt. Damals standen<br />

Ansprüche zur Demokratisierung und <strong>der</strong> menschlicheren Gestaltung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tswelt im Vor<strong>der</strong>grund. <strong>Die</strong><br />

Zielsetzung hat sich in den 1990er Jahren verschoben. Seither wird durch diese Art <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t eine<br />

deutliche Produktivitätssteigerung angestrebt (ebd. S. 40f).<br />

<strong>Die</strong> Gruppe als dezentrale Einheit ist für die Bear<strong>bei</strong>tung <strong>eines</strong> Produkts, Teilprodukts o<strong>der</strong> <strong>eines</strong> gesamten<br />

Prozesses zuständig. Zu diesem gehörende Planungs-, Entscheidungs- und Prüfaufgaben werden <strong>der</strong> Gruppe<br />

übertragen. Durch Rotation <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplätze soll, vor allem <strong>bei</strong> kurzen Ar<strong>bei</strong>tszyklen einseitiger Belastung<br />

vorgebeugt werden (Job Rotation). Durch das Erlernen verschiedener Prozesstätigkeiten soll eine höhere<br />

Einsatzflexibilität erreicht werden (Job Enlargement). Unter Job Enrichment wird die Anreicherung <strong>der</strong> Tätigkeit<br />

durch Verantwortungsdelegation verstanden. Auch die Zusammenar<strong>bei</strong>t mit den tangierenden Bereichen<br />

wie Planung, Instandhaltung, Qualitätssicherung o<strong>der</strong> Materialwirtschaft wird verstärkt. Indirekte Tätigkeiten<br />

werden auf alle Gruppenmitglie<strong>der</strong> verteilt, wodurch die Beteiligung <strong>der</strong> Gruppe an <strong>der</strong> Optimierung <strong>der</strong> Abläufe<br />

an Bedeutung gewinnt. Bezogen auf die Gesamtzahl <strong>der</strong> Tätigkeiten, die ein Mitar<strong>bei</strong>ter ausführen kann,<br />

findet so eine Erweiterung <strong>der</strong> zu erledigenden Aufgaben statt (vgl. Oeljenbruns 2000, S. 52ff).<br />

Der Gruppensprecher hat i. d. R. eine Koordinations- und Kommunikationsfunktion. Um dies gewährleisten<br />

zu können erfolgt eine teilweise Freistellung von direkten Tätigkeiten. <strong>Die</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter werden stärker an <strong>der</strong><br />

Planung, <strong>der</strong> Vorbereitung und <strong>der</strong> Optimierung <strong>des</strong> Produktionsprozesses beteiligt, womit das fachliche Wissen<br />

<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter besser genutzt werden soll.<br />

Mit den Gruppen sollen einheitlich und durchgängig Zielvereinbarungen geschlossen werden. Ausgehend von<br />

den übergeordneten Zielen werden die Ziele auf die Gruppenebene herunter gebrochen. <strong>Die</strong> Ziele werden mit<br />

Maßnahmen zur Zielerreichung hinterlegt. <strong>Die</strong> Führungskräfte unterstützen die Gruppe und übernehmen die<br />

Verantwortung für die Zielerreichung, die laufende Optimierung und betreuen Verbesserungsprozesse (vgl.<br />

Gryglewski 2000, S. 187ff).<br />

95


Logistik<br />

Im Element Logistik werden relevante Methoden <strong>des</strong> internen und externen Materialflusses beschrieben:<br />

Just in time ist ein Prinzip, was die bedarfsgerechte Produktion ermöglicht. Es soll nur das produziert werden,<br />

was tatsächlich gebraucht wird und das nicht nur in <strong>der</strong> richtigen Menge, son<strong>der</strong>n auch zur richtigen Zeit und<br />

in <strong>der</strong> richtigen Qualität (vgl. Dickmann 2006, S. 14f). „Just in Time bedeutet, dass in einem Fließverfahren,<br />

die richtigen Teile, die zur Montage benötigt werden, zur rechten Zeit und nur in <strong>der</strong> benötigten Menge am<br />

Fließband ankommen.“ (Ohno 1993, S. 30).<br />

Pull-Produktion Das Pull-System ist ein Anfor<strong>der</strong>ungssystem. <strong>Die</strong> Pullsteuerung ist dadurch gekennzeichnet,<br />

dass die vorgelagerte Stelle nur entsprechend <strong>der</strong> Kundennachfrage ar<strong>bei</strong>tet. <strong>Die</strong> Materialentnahme stellt den<br />

Auftrag zur Nachproduktion für die vorgelagerten Fertigungsabschnitte dar. Angestoßen wird die Produktion<br />

durch die Weitergabe <strong>der</strong> Kanban-Karte (vgl. Scholtz u. a.2003, S. 58).<br />

Kanban (zu Deutsch Zeichenbrett) ist eine Methode, um ein Pull-System zu betreiben. Ein Kanban ist eine<br />

bedruckte Karte, die Informationen zu den Teilen, <strong>der</strong> Produktion, den Lieferanten und <strong>der</strong> Transportmenge<br />

enthält. Wenn die Teile <strong>bei</strong>spielsweise in <strong>der</strong> Montage verbraucht sind, wird die Karte an den vorgelagerten<br />

Bereich weitergegeben. <strong>Die</strong>ser stellt dann genau so viele Teile her, wie verbraucht wurden. <strong>Die</strong> Kanban- Karte<br />

kann damit als automatischer Fertigungsauftrag angesehen werden (vgl. Becker 2006, S. 294).<br />

Fließfertigung <strong>Die</strong> Fertigung soll fließen. Je<strong>des</strong> Teil wird unmittelbar nach seiner Bear<strong>bei</strong>tung an die nächste<br />

Station weitergegeben und dort in <strong>der</strong> Reihenfolge <strong>des</strong> Eintreffens weiter bear<strong>bei</strong>tet (First in First Out). Es<br />

sollen möglichst keine Teile zwischen den Ar<strong>bei</strong>tsschritten gepuffert werden (vgl. Scholtz u. a.2003, S. 58f).<br />

Taktfertigung Um dieses 'Fließen' zu ermöglichen werden die Produktionsschritte zeitlich aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt.<br />

Da<strong>bei</strong> wird allen Ar<strong>bei</strong>tsstationen die gleiche Ar<strong>bei</strong>tszeit zugeordnet. Werden Pull-Produktion und die<br />

Fließfertigung konsequent umgesetzt, wird <strong>der</strong> Takt durch die Engpassstation vorgegeben. Der Fluss wird auf<br />

die Kundennachfrage abgestimmt, so dass die gesamte Produktion nach Kundentakt fertigt (vgl., ebd. S. 59).<br />

Produktionsnivellierung und -glättung hat die gleichmäßige Auslastung <strong>der</strong> Kapazitäten zum Ziel. Es geht<br />

nicht um die möglichst schnelle Abar<strong>bei</strong>tung einer Quote, son<strong>der</strong>n vielmehr um die gleichmäßige Auslastung<br />

<strong>der</strong> Maschinen, was ebenso einen gleichmäßigen Einsatz <strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter nach sich zieht. <strong>Die</strong> Produktmengen<br />

und Varianten werden gleichmäßig verteilt (Modell-Mix-Fertigung), was eine Minimierung <strong>der</strong> Rüstzeiten<br />

und eine flexible Materialversorgung nach sich zieht (vgl. Becker 2006, S. 304).<br />

Qualität<br />

Dem Element Qualität lassen sich zahlreiche Methoden und Werkzeuge zuordnen. Es wird eine Auswahl dargestellt.<br />

Alle Methoden sind darauf ausgerichtet, Fehler möglichst schnell zu erkennen und ihre Ursache abzustellen.<br />

Jikoda (japanisch) Das Fertigungssystem kann sich <strong>bei</strong> auftretenden Fehlern selbstständig abschalten. Zusätzlich<br />

hat je<strong>der</strong> Mitar<strong>bei</strong>ter die Möglichkeit per 'Reißleine' Hilfe zur Beseitigung <strong>des</strong> Fehlers anzufor<strong>der</strong>n. <strong>Die</strong>se<br />

manuelle wie automatische Möglichkeit den Produktionsprozess <strong>bei</strong> auftretenden Fehlern zu beeinflussen wird<br />

auch als autonome Autonomation bezeichnet (vgl. Becker 2006, S. 313).<br />

Poka Yoke (japanisch) kann übersetzt werden mit <strong>der</strong> „Nutzung von narrensicheren Einrichtungen“ (Becker<br />

2006, S. 314) – fast alle Maschinen werden mit Prüfgeräten ausgestattet, die die Maschinen <strong>bei</strong> falschem Einsatz<br />

automatisch stoppen. Außerdem ertönen akustische Signale, wenn <strong>bei</strong>spielsweise nach falschem Material<br />

gegriffen wird (vgl. ebd.).<br />

Qualitätszirkel zur Lösung von Problemen. <strong>Die</strong> Problemlösung erfolgt in kleinen Gruppen nach dem Ablauf<br />

<strong>des</strong> PDCA- Zyklus (plan, do, check, act). Der konkreten Zielsetzung und Problemanalyse folgt die Suche nach<br />

sinnvollen Lösungen. <strong>Die</strong> Lösung wird mit <strong>der</strong> Zielformulierung verglichen. Ist die richtige Lösung gefunden,<br />

wird sie als neuer Standard definiert (vgl. Winnes 2002, S. 49).<br />

Fünf Warum Um <strong>der</strong> Ursache <strong>eines</strong> Fehlers auf den Grund zu kommen wird sich <strong>der</strong> Methode <strong>der</strong> „Fünf Warums“<br />

bedient. Durch fünfmaliges Nachfragen sollen nicht die Symptome son<strong>der</strong>n die Ursachen <strong>des</strong> Problems<br />

gefunden werden (vgl. Spath 2003, S. 221).<br />

96


Standardisierung<br />

Standardisierung soll <strong>bei</strong> komplexen Ar<strong>bei</strong>tsprozessen zur Reduktion <strong>der</strong> Komplexität <strong>bei</strong>tragen, den Prozess<br />

transparent und damit nachvollziehbar und vergleichbar machen. <strong>Die</strong>s wird durch eine möglichst konkrete<br />

Beschreibung <strong>der</strong> Hauptschritte <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsabläufe erreicht (vgl. Springer, Meyer 2006, S. 44ff). Im direkten<br />

Vergleich <strong>der</strong> Handhabung von Ar<strong>bei</strong>tsabläufen wird die zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Aufnahme beste Verfahrensweise<br />

als Standard beschrieben. „Flexible Standardisierung meint, von einer allgemein anerkannten und bekannten<br />

Situation aus, nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen“ (Barthel, Korge 2002, S. 35). Mit dem Ziel kontinuierlicher<br />

Verbesserung werden die Standards fortlaufend angepasst (vgl. Buch 2006, S. 55).<br />

Zur Dokumentation dienen Standardar<strong>bei</strong>tsblätter (Werkzeug) aus denen <strong>der</strong> Ablauf sowie benötigte Zeiten<br />

für den jeweiligen Ar<strong>bei</strong>tsschritt hervorgehen.<br />

<strong>Die</strong> Standardisierung bildet in allen untersuchten Werken die Grundlage zur Organisation <strong>der</strong> Produktionsprozesse.<br />

<strong>Die</strong>s geht aus einer Untersuchung von sechs Brownfield-Werken <strong>der</strong> Automobilindustrie hervor (vgl.<br />

Barthel, Korge 2002, S. 35).<br />

Verbesserungsprozesse<br />

Das Ziel <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>eines</strong> GPS ist die Erreichung einer kontinuierlichen Verbesserung aller Prozesse.<br />

Probleme werden vor Ort in Augenschein genommen. Es werden Lösungen erar<strong>bei</strong>tet und getestet. Sind die<br />

Verbesserungen sinnvoll werden sie im gesamten Unternehmen als Standard übernommen (vgl. Becker 2006,<br />

S. 131f).<br />

<strong>Die</strong> Prozesse in <strong>der</strong> Produktion werden durch die Beseitigung von Verschwendung verbessert. Verschwendung<br />

kann in sieben verschiedenen Bereichen festmacht werden: 1. Überproduktion, 2. Bestände, 3. unnötige<br />

Bewegungen, 4. Transport, 5. Wartezeiten, 6. Verschwendung im Herstellungsprozess und 7. <strong>bei</strong> Ar<strong>bei</strong>tsfehlern<br />

(vgl. Spath 2003, S. 218).<br />

Methodisch dienen KVP-Workshops, als in <strong>der</strong> Regel drei- bis fünftägige Workshops unter Beteiligung betroffener<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter und Experten für die jeweilige Problemstellung zur Lösung von Problemen. In <strong>der</strong> ersten<br />

Phase dieser Workshops werden Schwerpunkte für die Untersuchung festgelegt. Das ausgewählte Thema wird<br />

mithilfe vorhandener Daten über Kosten, Qualitätslage u. a. beschrieben. In Folge wird je<strong>der</strong> Teilschritt <strong>des</strong><br />

untersuchten Prozesses in Frage gestellt. <strong>Die</strong> Suche nach Lösungen erfolgt im nächsten Schritt. Alle Lösungsvorschläge<br />

werden gesammelt, bewertet und auf ihre Machbarkeit überprüft. Praktikable Lösungen werden<br />

vor einer größeren Gruppe präsentiert und in die Praxis umgesetzt (vgl. Winnes 2002, S. 58f).<br />

Verbesserungen können also durch die Verän<strong>der</strong>ung bestehen<strong>der</strong> Strukturen, in kleinen wie in großen Schritten<br />

erreicht werden. Eine weitere Möglichkeit <strong>der</strong> Verbesserung liegt in <strong>der</strong> Durchführung vorbeugen<strong>der</strong><br />

Maßnahmen. Dazu zählt die Methode <strong>des</strong> Total Produktive Maintenance (TPM). TPM richtet sich auf die<br />

technische Ausrüstung und zielt darauf ab, die ständige Verfügbarkeit von Maschinen, Werkzeugen und Anlagen<br />

zu gewährleisten. <strong>Die</strong>s wird durch die Durchführung von Wartungs- und Pflegeaufgaben, wie Reinigung,<br />

Wartung, Inspektion und kleinere Instandhaltungsaufgaben, die direkt von den Fertigungsmitar<strong>bei</strong>tern übernommen<br />

werden, umgesetzt (vgl. Oeljenbruns 2000, S. 63f).<br />

Visualisierung<br />

Visualisierung meint die Darstellung aller Informationen, die für die Selbststeuerung <strong>der</strong> Gruppen relevant<br />

sind (vgl. Oeljenbruns 2000, S. 49f). An Stellwänden werden zum Beispiel Anwesenheitszeiten und Urlaubsplanung,<br />

aktuelle Qualitäts- o<strong>der</strong> Produktivitätskennzahlen ausgehängt. Elektronische Tafeln (Andon Boards)<br />

an <strong>der</strong> Hallendecke informieren über die aktuelle Produktivität o<strong>der</strong> auftauchende Probleme. Durch die Sichtbarmachung<br />

aller den Produktionsprozess betreffenden Daten soll Transparenz über die Ziele und <strong>der</strong>en Erreichung<br />

geschaffen werden. Über die Abbildung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsabläufe (vgl. Standardisierung) werden Abweichungen<br />

von den aktuellen Standards sichtbar.<br />

Eine weitere Methode <strong>der</strong> Visualisierung ist die deutliche Kennzeichnung von Plätzen für Werkzeuge o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Objekte, wie Maschinen und Behälter u. a. (vgl. Winnes 2002, S. 38f).<br />

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