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Alternde Belegschaften in Deutschland - Ruhr-Universität Bochum

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INSTITUT FÜR ARBEITSWISSENSCHAFT<br />

ZENTRALE WISSENSCHAFTLICHE EINRICHTUNG<br />

RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM<br />

BOCHUMER BEITRÄGE ZUR ARBEITSWISSENSCHAFT<br />

Nr. 23<br />

Patricia Schütte<br />

<strong>Alternde</strong> <strong>Belegschaften</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

2008


Herausgeber:<br />

Institut für Arbeitswissenschaften<br />

der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Bochum</strong><br />

Prof. Dr. M<strong>in</strong>ssen/ Dr. Kröll<br />

<strong>Universität</strong>sstraße 150, 44801 <strong>Bochum</strong>, Tel.: 0234/ 32-27730<br />

Fax: 0234/ 32-14118<br />

Patricia Schütte*<br />

<strong>Alternde</strong> <strong>Belegschaften</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

In: Institut für Arbeitswissenschaften (Hrsg.): <strong>Bochum</strong>er Beiträge zur Arbeitswissenschaft<br />

Nr.23, <strong>Bochum</strong> 2008<br />

ISSN-Nummer 1430 - 7685<br />

* Patricia Schütte<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiter<strong>in</strong> am Lehrstuhl für Arbeitsorganisation und<br />

Arbeitsgestaltung am Institut für Arbeitswissenschaft der <strong>Ruhr</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Bochum</strong><br />

Die Autoren s<strong>in</strong>d für ihre Beiträge selbst verantwortlich.<br />

Das Institut für Arbeitswissenschaft ist e<strong>in</strong>e zentrale wissenschaftliche E<strong>in</strong>richtung der <strong>Ruhr</strong>-<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bochum</strong>.<br />

© Ohne ausdrückliche Genehmigung des Herausgebers ist es nicht gestattet, Bände der<br />

Berichtsreihe oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Weg zu<br />

vervielfältigen.


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis.......................................................................................................................I<br />

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis...................................................................................III<br />

Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................... V<br />

1 E<strong>in</strong>leitung ............................................................................................................................. 1<br />

2 Kontext und H<strong>in</strong>tergrundentwicklungen zum Thema .................................................... 3<br />

2.1 Demografischer Wandel und Veränderungen <strong>in</strong> der Arbeitswelt- E<strong>in</strong> Überblick ................3<br />

2.2 <strong>Alternde</strong> <strong>Belegschaften</strong>: Potenziale älterer Arbeitnehmer.......................................................8<br />

3 Alter und Arbeit- alte und neue Altersleitbilder aus verschiedenen Pespektiven ...... 11<br />

3.1 Konzeptionelle Bestimmungen von Alter und Arbeit.............................................................11<br />

3.2 Verschiedene wissenschaftliche Ansätze zu Alterungsprozessen...........................................15<br />

3.3 Alte und neue Stereotype <strong>in</strong> der Dimension Alter- Perspektiven auf ältere Arbeitnehmer<br />

und ihre Auswirkungen ...................................................................................................................20<br />

3.4 Zwischenfazit ..............................................................................................................................27<br />

4 Situation älterer Arbeitnehmer <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> im europäischen Vergleich .............. 29<br />

4.1 Partizipation Älterer am Arbeitsmarkt ...................................................................................29<br />

4.2 Regelungen im Bereich der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer.........................................34<br />

4.3 Zwischenfazit ..............................................................................................................................41<br />

5 Ziele, Strategien und Ansätze auf europäischer Ebene ................................................. 44<br />

5.1 Ziele und Strategien aus dem Abschlussbericht zum Thema „Age<strong>in</strong>g and Employment“<br />

der europäischen Kommission ........................................................................................................44<br />

5.2 Ansatzpunkt „Work Ability“ bzw. Arbeitsfähigkeit ..............................................................46<br />

5.2.1 Def<strong>in</strong>ition der Arbeitsfähigkeit nach Juhani Ilmar<strong>in</strong>en.........................................................46<br />

5.2.2 Theoretische Konzeption: Vier Dimensionen zur Erhaltung und Entwicklung der<br />

Arbeitsfähigkeit älterer Arbeitnehmer ...........................................................................................50<br />

5.3 Zwischenfazit ..............................................................................................................................53<br />

6 Sekundäranalyse der Daten aus e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationalen Forschungsprojekt der<br />

European Foundation (EF)............................................................................................... 55<br />

6.1 Design und Gegenstand des Projektes......................................................................................55<br />

6.2 Methodisches Vorgehen- Datenerhebung und –auswertung mit SPSS.................................56<br />

6.3 Ziele und Interessen der Sekundäranalyse ..............................................................................59<br />

7 Auswertung und Interpretation der Daten..................................................................... 61<br />

7.1 Ergebnisse der Sekundäranalyse und Interpretation.............................................................61<br />

7.1.1 Überblick über den Datenbestand anhand von Häufigkeitsverteilungen..............................61<br />

7.1.2 Potenzielle Zusammenhänge und Interpretation der Daten anhand von Kreuztabellen und<br />

Chi 2 -Tests.......................................................................................................................................72<br />

7.1.3 Ländergruppenvergleich anhand von Varianzanalysen ........................................................83


7.2 Zwischenfazit der Sekundäranalyse.........................................................................................90<br />

8 Schlussfolgerungen............................................................................................................ 96<br />

9 Abstract .............................................................................................................................. 98<br />

10 Literaturverzeichnis...................................................................................................... 100<br />

11 Anhang ............................................................................................................................ 105<br />

11.1 Weitere Tabellen und Abbildungen......................................................................................105<br />

11.2 Kodebuch <strong>in</strong> Excel..................................................................................................................112<br />

11.3 Institutionenverzeichnis.........................................................................................................115<br />

II


Abbildungs- und Tabellenverzeichnis<br />

Abb. 1a: Verschiedene Quoten für die 15- bis 24-Jährigen differenziert<br />

nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006 106<br />

Abb. 1b: Verschiedene Quoten für die 25- bis 54-Jährigen differenziert<br />

nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006 107<br />

Abb. 1c:Verschiedene Quoten für die 55- bis 64-Jährigen differenziert<br />

nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006 108<br />

Abb. 1d: Verschiedene Quoten für die 15- bis 64-Jährigen differenziert<br />

nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006 109<br />

Abb. 2: Age<strong>in</strong>g and the work-matrix 47<br />

Abb. 3: Arbeitsfähigkeit bee<strong>in</strong>flussende Faktoren aus Perspektive des Individuums 49<br />

Abb. 4: Beziehung zwischen Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit und Beschäftigung 49<br />

Abb. 5: Basismodell zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit 50<br />

Abb. 6: Dimensionen von Arbeitsfähigkeit aus den Perspektiven von<br />

Humanressourcen, Arbeit und Umwelt 53<br />

Abb. 7: Fallzahlen nach Ländern <strong>in</strong> Prozent an der Stichprobengesamtheit 68<br />

Abb. 8a: Maßnahmen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent 74<br />

Abb. 8b: Maßnahmen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent 75<br />

Abb. 9a: Zielgruppen differenziert nach verschiedenen Kriterien und Ländern<br />

<strong>in</strong> Prozent 76<br />

Abb. 9b: Zielgruppen differenziert nach Alter und Ländern <strong>in</strong> Prozent 77<br />

Abb. 9c: Zielgruppen differenziert nach Geschlecht und Ländern <strong>in</strong> Prozent 78<br />

Abb. 10: Dimensionen von Arbeitsfähigkeit differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent 80<br />

Tab. 1: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten <strong>in</strong> Prozent differenziert<br />

nach Ländern, 2006 105<br />

Tab.1a: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten<br />

der 15- bis 24-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006 106<br />

Tab.1b: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten<br />

der 25- bis 54-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006 107<br />

Tab.1c: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten<br />

der 55- bis 64-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006 108<br />

Tab.1d: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten<br />

der 15- bis 64-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006 109<br />

III


Tab. 2: Beschäftigungsquoten der 55- bis 64-Jährigen nach Qualifikation <strong>in</strong> der<br />

Europäischen Union (EU15), 2004 110<br />

Tab. 3: Teilnahme an allgeme<strong>in</strong>er und beruflicher Bildung (25-64 Jahre) <strong>in</strong> Prozent,<br />

2005 110<br />

Tab. 4: Gesetzliches Rentenalter und Vorruhestandsregelungen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen<br />

EU-Staaten, 2006 111<br />

Tab. 5: Durchschnittliches Erwerbsaustrittsalter <strong>in</strong> Jahren, 2005 111<br />

Tab. 6: Kodebuch 112<br />

Tab. 7: Zuordnung der Variablen aus der Auswertung 57<br />

Tab. 8: Zuordnung der Maßnahmen zu den Dimensionen von „Work Ability“/<br />

Arbeitsfähigkeit nach Ilmar<strong>in</strong>en 57<br />

Tab. 9: Fallzahl <strong>in</strong> absoluten und relativen Zahlen 61<br />

Tab.10: Zuordnung der Fälle nach Ländern und Sektoren <strong>in</strong> Prozent 62<br />

Tab.11: Zuordnung der Fälle nach Ländern und Organisationsgröße <strong>in</strong> Prozent 62<br />

Tab.12: Maßnahmenbereiche nach Ländern <strong>in</strong> Prozent 63<br />

Tab.13: Häufigkeitstabelle zur Anzahl von Maßnahmenbereichen (ohne SO als elften<br />

Bereich) <strong>in</strong> Prozent 64<br />

Tab.14: Zielgruppen der Maßnahmen nach Ländern <strong>in</strong> Prozent 65<br />

Tab.15: Häufigkeitstabelle zur Anzahl von Zielgruppen <strong>in</strong> Prozent 65<br />

Tab.16: Zuordnung der Dimensionen von Arbeitsfähigkeit nach Ländern <strong>in</strong> Prozent 66<br />

Tab.17: Häufigkeitstabelle zur Anzahl von Dimensionen von Arbeitsfähigkeit nach<br />

Ländern <strong>in</strong> Prozent 67<br />

Tab.18: Maßnahmenbereiche zusammengefasst aus SPSS <strong>in</strong> Prozent 73<br />

IV


Abkürzungsverzeichnis<br />

A – Österreich<br />

ÄAN – ältere Arbeitnehmer<br />

ADIM – alle Dimensionen von AF<br />

AF – Arbeitsfähigkeit<br />

ANH – andere nicht handwerklich/körperlich Tätige<br />

ANUN – An-/Ungelernte<br />

AUS - Ausstiegsregelung<br />

B – Belgien<br />

BDL – Beratungsdienstleistungen<br />

Be - Beratung<br />

BF – Beschäftigungsfähigkeit<br />

B&H – Bau- und Holz<br />

BMFSFJ - Bundesm<strong>in</strong>isterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

BR – Betriebsrat<br />

Ch – Chemie<br />

D – <strong>Deutschland</strong><br />

DIM – Dimension (<strong>in</strong> Bezug auf AF)<br />

DIM1 - <strong>in</strong>dividuelle Gesundheit (Initiativen im Bereich Gesundheit/Wohlbef<strong>in</strong>den)<br />

DIM2 - Arbeits<strong>in</strong>halt und -umgebung (Initiativen <strong>in</strong> den Bereichen Ergono-<br />

mie/Arbeitsplatzgestaltung; flexible Arbeitsweisen)<br />

DIM3 – professionelle Kompetenz (Initiativen <strong>in</strong> den Bereichen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Entw., etc.; Umsetzung)<br />

DIM4 - Arbeitsorganisation und Führung (Initiativen <strong>in</strong> den Bereichen Rekrutierung; Ausstiegsre-<br />

gelung; Lohn-/Gehaltspolitik; Veränderung von E<strong>in</strong>stellungen)<br />

DK – Dänemark<br />

EAPL – Ergonomie/Arbeitsplatzgestaltung<br />

EF – European Foundation<br />

ET – Elektrotechnik<br />

E&T - Ernährungsgewerbe und Tabakverarbeitung<br />

E&U – Erziehung und Unterricht<br />

EuGH – Europäischer Gerichtshof<br />

E&W – Energie- und Wasserversorgung<br />

V


F – Frankreich<br />

FA – Flexible Arbeitsweisen<br />

FDL - F<strong>in</strong>anzdienstleistungen<br />

FAG – Facharbeiter/Gelernte<br />

FB - Fahrzeugbau<br />

FIN – F<strong>in</strong>nland<br />

FIOH – F<strong>in</strong>nish Institute of Occupational Health<br />

FKA – Führungskräfte/Angestellte<br />

Fr – Frauen<br />

GB - Großbritannien<br />

GEW – Gewerkschaft<br />

GHW – Gesundheit und Wohlbef<strong>in</strong>den<br />

GSE – Glas, Ste<strong>in</strong>e und Erden<br />

G&SW – Gesundheits- und Sozialwesen<br />

GU - Großunternehmen<br />

H - Handel<br />

HGG – Hotel- und Gaststättengewerbe<br />

I – Information<br />

IT – IT-Branche<br />

IW – Institut der deutschen Wirtschaft Köln<br />

IZA – Institut zur Zukunft der Arbeit<br />

KU - Kle<strong>in</strong>unternehmen<br />

L/F – Landwirtschaft/Fischerei<br />

LGP - Lohn- und Gehaltspolitik<br />

M – Männer<br />

MISSOC – Mutual Information Sytem on Social Protection<br />

M&M - Metallerzeugung und -verarbeitung/Masch<strong>in</strong>enbau<br />

MU – Mittelständisches Unternehmen<br />

N – Anzahl/Menge (bezogen auf die Stichprobe), absolute Häufigkeit<br />

n.b. – nicht bestimmt<br />

NL – Niederlande<br />

ÖD – öffentliche Dienstleistungen<br />

VI


OECD – Organisation for Economis Cooperation and Development<br />

OSE – Observatoire social européen<br />

PMG – Personen mit Gesundheitsproblemen<br />

P&T – Post und Telekommunikation<br />

PVD – Papier-, Verlags- und Druckgewerbe<br />

REK - Rekrutierung<br />

RI – Rohstoffgew<strong>in</strong>nende Industrien<br />

R&R – Reparatur und Re<strong>in</strong>igung<br />

S – Schweden<br />

SGB II – Sozialgesetzbuch, Zweites Buch- Grundsicherung für Arbeitssuchende<br />

SO – Sonstige<br />

SW/EA/SO – Sozialwesen/Ehrenamt/Sonstige<br />

TL – Transport und Lagerung<br />

T&L – Textil- und Ledergewerbe<br />

TWB – Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Weiterbildung, Entwicklung, etc.<br />

u.E. – unter E<strong>in</strong>schränkung<br />

UM – Umsetzung<br />

UMP – umfassendes Maßnahmenpaket<br />

V – Vere<strong>in</strong>barung<br />

VB – Verschiedene Branchen umfassend<br />

VE – Veränderung von E<strong>in</strong>stellungen<br />

Versch. Sek. – Verschiedene Sektoren umfassend<br />

V&M – Verlagswesen und Medien<br />

% - relative Häufigkeit <strong>in</strong> Prozent<br />

VII


1 E<strong>in</strong>leitung<br />

Die Auswirkungen des demografischen Wandels s<strong>in</strong>d schon seit langem ke<strong>in</strong>e schemenhaften Progno-<br />

sen mehr. Seit e<strong>in</strong>igen Jahren werfen die „drohenden“ Herausforderungen ihre Schatten voraus. Die<br />

Schrumpfung der deutschen Bevölkerung von heute über 82 Mio. auf im ungünstigsten Fall 69 Mio.<br />

Menschen im Jahre 2050 ist immer wieder Thema der Diskussionen um den demografischen Wandel.<br />

Im Zuge verschiedener Entwicklungen hat sich v.a. die „Überalterung“ der Gesellschaft aus verschie-<br />

denen Gründen als potenziell problematisch herausgestellt. Bis 2050 könnten die Anteile der Personen<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> im erwerbsfähigen Alter von 50,1 Mio. auf 35,5 Mio. s<strong>in</strong>ken, während die Gruppen ab<br />

65 Jahren von 16,5 Mio. auf 22,1 Mio. anwachsen. Dieses Phänomen der demografischen Alterung<br />

betrifft alle Länder Europas mehr oder weniger stark. Wissenschaftler aus unterschiedlichen Diszipli-<br />

nen und Ländern diskutieren seit längerer Zeit darüber. Denn <strong>in</strong> nicht allzu ferner Zukunft werden die-<br />

se Altersgruppenverschiebungen h<strong>in</strong> zu größeren Anteilen Älterer auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zentralen Sphäre der<br />

modernen Gesellschaft spürbar werden: <strong>in</strong> der Erwerbssphäre. Die Alterung des Erwerbspersonenpo-<br />

tenzials und der <strong>Belegschaften</strong> im europäischen Raum ist absehbar. Gegenwärtig müssen im H<strong>in</strong>blick<br />

darauf verstärkt Strategien entwickelt werden, die nicht nur demografische Herausforderungen auf ge-<br />

sellschaftlicher und betrieblicher Ebene bewältigen, sondern auch Potenziale älterer Arbeitnehmer als<br />

Chancen erkennen und erschließen. Daher kann es auch für Arbeitgeber <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>in</strong>teressant se<strong>in</strong><br />

zu fragen, <strong>in</strong>wiefern sie vorbereitet s<strong>in</strong>d auf den Umgang mit e<strong>in</strong>er wachsenden Gruppe älterer Mitar-<br />

beiter.<br />

Diese Arbeit mit dem Titel „<strong>Alternde</strong> <strong>Belegschaften</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>: Strategien, Optionen und Defizite<br />

im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich“ widmet sich der Frage, welche Rückschlüsse sich für <strong>Deutschland</strong> <strong>in</strong><br />

Bezug auf den Umgang mit alternden <strong>Belegschaften</strong> im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich ziehen lassen. E<strong>in</strong>e<br />

wesentliche Aufgabe wird dabei dar<strong>in</strong> bestehen, herauszuarbeiten, welche Strategien bereits vorhanden<br />

s<strong>in</strong>d, welche H<strong>in</strong>dernisse und Defizite noch zu überw<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d sowie welche Optionen sich <strong>in</strong> anderen<br />

europäischen Ländern als hilfreiche Ansatzpunkte erweisen können, sowohl auf gesellschaftlicher<br />

Ebene als auch im Betrieb. Diesbezüglich soll e<strong>in</strong>e quantitativ angelegte Sekundäranalyse der Daten<br />

aus e<strong>in</strong>em Forschungsprojekt zu „Good-Practice“-Unternehmen aus verschiedenen europäischen Län-<br />

dern Aufschluss geben über sich abzeichnende Trends <strong>in</strong> den Unternehmen. Diese können zugleich<br />

H<strong>in</strong>weise darauf se<strong>in</strong>, wo sich deutsche Unternehmen <strong>in</strong> Bezug auf das Thema im europäischen Ver-<br />

gleich verorten.<br />

Um sich diesem komplexen Feld ausführlich widmen zu können, wird im ersten Teil zunächst e<strong>in</strong> theo-<br />

retischer Rahmen gespannt. Im zweiten Kapitel wird es darum gehen, an den demografischen Wandel<br />

1


<strong>in</strong> groben Zügen heranzuführen und zu klären, welche Chancen <strong>in</strong> der verstärkten Förderung älterer<br />

Personen bzw. Arbeitnehmer überhaupt bestehen können. Das dritte Kapitel soll dann die beiden Di-<br />

mensionen „Arbeit und Alter“ verb<strong>in</strong>den. Schwerpunkt dabei werden verschiedene Perspektiven auf<br />

Alter, Altern und ältere Menschen bzw. Arbeitnehmer se<strong>in</strong>. Im vierten Kapitel wird im Anschluss dar-<br />

an die Situation älterer Personen auf dem Arbeitsmarkt dargestellt im Vergleich zu anderen europäi-<br />

schen Ländern. Anhand von Arbeitsmarktdaten und entsprechenden Rahmenbed<strong>in</strong>gungen sollen dabei<br />

auch Rückschlüsse gezogen werden auf eventuelle negative Altersbilder und daraus resultierende For-<br />

men von Diskrim<strong>in</strong>ierung. Zum Ende des ersten Teils der Abschlussarbeit wird das fünfte Kapitel dar-<br />

auf e<strong>in</strong>gehen, welche Zielrichtungen, Orientierungspunkte und Konzepte auf der europäischen Ebene<br />

vorgegeben werden zum Thema alternde <strong>Belegschaften</strong>. Im zweiten Teil der Arbeit sollen die vorheri-<br />

gen Erkenntnisse anhand e<strong>in</strong>er empirischen Untersuchung verbunden und illustriert werden. Die E<strong>in</strong>lei-<br />

tung <strong>in</strong> die Methodik dazu wird das sechste Kapitel bieten. Im Anschluss wird das siebte Kapitel die<br />

Ergebnisse der Datenerhebung und –auswertung aller angewandten Verfahren darstellen und <strong>in</strong>terpre-<br />

tieren. Die Ausführungen und Ergebnisse beider Teile der Arbeit sollen dann schließlich zu generellen<br />

Schlussfolgerungen für <strong>Deutschland</strong> und den Umgang mit alternden <strong>Belegschaften</strong> <strong>in</strong> deutschen Unter-<br />

nehmen zusammengeführt werden (8.).<br />

2


2 Kontext und H<strong>in</strong>tergrundentwicklungen zum Thema<br />

2.1 Demografischer Wandel und Veränderungen <strong>in</strong> der Arbeitswelt- E<strong>in</strong> Überblick<br />

Bevor das Thema alternde <strong>Belegschaften</strong> konkret angesprochen werden kann, muss zunächst e<strong>in</strong> gro-<br />

ber Überblick geschaffen werden über gesellschaftliche Veränderungsprozesse <strong>in</strong> verschiedenen Berei-<br />

chen. 1<br />

Der demografische Wandel wird seit längerer Zeit von vielen Wissenschaftlern aus unterschiedlichen<br />

Diszipl<strong>in</strong>en untersucht und beschrieben. U.a. <strong>in</strong> der Sozialstrukturanalyse, wird sich damit verstärkt<br />

ause<strong>in</strong>andergesetzt. Diese befasst sich im Schwerpunkt mit den e<strong>in</strong>zelnen Elementen und Teilsystemen<br />

e<strong>in</strong>er Gesellschaft sowie den Wechselwirkungen zwischen diesen und untersucht Veränderungen und<br />

deren Auswirkungen <strong>in</strong> der gesellschaftlichen Struktur (vgl. Geißler 2006:19ff). Zu jenen Verände-<br />

rungsprozessen zählt der demografische Wandel. Dessen vier wesentliche Komponenten s<strong>in</strong>d Gebur-<br />

tenrückgang bzw. seit langer Zeit stabile niedrige Geburtenraten, steigende Lebenserwartung der Be-<br />

völkerung, daraus resultierend e<strong>in</strong>e Alterung der Gesellschaft und schließlich Multiethnizität bzw. dis-<br />

kont<strong>in</strong>uierliche Migration (vgl. Geißler 2006:41; Hradil 2006:Kap.3; Kaufmann 2005:Kap.2). Von die-<br />

sen Entwicklungen s<strong>in</strong>d alle europäischen Länder mehr oder weniger stark betroffen. 2 Stellvertretend<br />

wird an dieser Stelle die deutsche Situation kurz dargestellt.<br />

Ab etwa Mitte der 1960er bis Mitte der 1970er Jahre hat sich e<strong>in</strong> starker Geburtenrückgang vollzogen,<br />

der häufig mit dem umstrittenen Begriff „Pillenknick“ umschrieben wird. 3 Weiter gefasst kann von<br />

e<strong>in</strong>em Strukturwandel im Rahmen gesellschaftlicher Modernisierung gesprochen werden. In dieser Zeit<br />

ist die Geburtenrate von 2,5 K<strong>in</strong>dern pro Frau im Jahre 1965 auf 1,4 K<strong>in</strong>der pro Frau Mitte der 1970er<br />

Jahre gesunken. Seit dieser Zeit ist die Geburtenrate auf dem Niveau 1,3 bis 1,4 K<strong>in</strong>der pro Frau kon-<br />

stant und es sterben mehr Menschen jährlich als geboren werden. Damit ist die natürliche Reprodukti-<br />

on der deutschen Bevölkerung schon länger nicht mehr gewährleistet (vgl. Geißler 2006:44ff; Hradil<br />

1 Ausführliche Ause<strong>in</strong>andersetzungen mit den Themen demografischer Wandel und Veränderungen <strong>in</strong> der Arbeitswelt<br />

sowie mit deren Ursachen und Folgen bieten verschiedene Niederschriften (vgl. Geißler 2006, Hradil 2006, Kaufmann<br />

2005, Tesch-Römer et al. 2006, etc.).<br />

2 Die <strong>in</strong> dieser Arbeit betrachteten Länder unterscheiden sich h<strong>in</strong>sichtlich des Fortschrittes des demografischen Wandels.<br />

Auf die je nationalspezifische Situation jedes e<strong>in</strong>zelnen Landes (außer <strong>Deutschland</strong>) wird <strong>in</strong> den folgenden Abschnitten<br />

nicht e<strong>in</strong>gegangen, da das e<strong>in</strong>en zu großen Raum e<strong>in</strong>nehmen würde. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass <strong>in</strong> absehbarer<br />

Zeit alle Länder direkt mit demografischen Herausforderungen konfrontiert se<strong>in</strong> werden und daher bereits für dieses<br />

Thema sensibilisiert se<strong>in</strong> sollten.<br />

3 Dieser Ausdruck alle<strong>in</strong> als Beschreibung e<strong>in</strong>es weitreichenden und tiefgreifenden Prozesses wirkt verkürzend, da lediglich<br />

e<strong>in</strong> Hauptfaktor (Entwicklung der Anti-Babypille) betont wird und weitere bspw. Faktoren e<strong>in</strong>es gesamtgesellschaftlichen<br />

Modernisierungsprozesses oder Strukturwandels vernachlässigt werden.<br />

3


2006:47ff und 64). 4 Parallel zu der niedrigen Geburtenrate hat sich die Lebenserwartung der Bevölke-<br />

rung erhöht. Aufgrund von Fortschritten <strong>in</strong> den Bereichen Mediz<strong>in</strong>, Gesundheitsvorsorge, Hygiene,<br />

Unfallverhütung und allgeme<strong>in</strong>er Wohlstandsentwicklung konnten die Säugl<strong>in</strong>gssterblichkeit deutlich<br />

reduziert und die „erwartbare Lebenszeit“ v.a. von alten und hochaltrigen Menschen gesteigert werden.<br />

Konkret bedeutet das, dass die mittlere Lebenserwartung von Frauen derzeit etwa 81 Jahre und von<br />

Männern etwa 75 Jahre beträgt. Es wird angenommen, dass sich diese bis 2050 weiter erhöhen wird<br />

(vgl. Geißler 2006:50f; Hradil 2006:43f; Thieme 2008:85f). Beide oben umrissenen Prozesse münden<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Veränderung der gesellschaftlichen Altersstruktur im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er demografischen Alterung. Das<br />

zeigt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Verschiebung der Anteile von jüngeren/mittleren (0 bis 64 Jahre) und älteren Bevöl-<br />

kerungsgruppen (65 Jahre und älter). Letztere werden bis 2050 zahlenmäßig an Bedeutung gew<strong>in</strong>nen,<br />

während die Anteile jüngerer Menschen (0 bis 20 Jahre) und derer im mittleren erwerbsfähigen Alter<br />

(zwischen 20 und 64 Jahren) an der Gesamtbevölkerung abnehmen (vgl. Geißler 2006:52ff; Hradil<br />

2006:69f; Kaufmann 2005:39ff; Statistisches Bundesamt 2006). H<strong>in</strong>sichtlich des derzeitigen Altersauf-<br />

baus der deutschen Bevölkerung wird s<strong>in</strong>nbildlich von e<strong>in</strong>er „zerzausten Wettertanne“ gesprochen. Die<br />

mittlere Altersgruppe (20 bis 64 Jahre) bildet dar<strong>in</strong> die stärkste Gruppe (50,1 Mio. oder 61% von 82,4<br />

Mio. Gesamtbevölkerung). Es handelt sich dabei um die geburtenstarken Jahrgänge aus den Zeiten des<br />

„Babybooms“ der 1960er Jahre. Ältere (ab 65 Jahren) und Jüngere (0 bis 20 Jahre) stellen ger<strong>in</strong>gere<br />

Anteile dar (erstere 15,9 Mio./19% und letztere 16,5 Mio./20%) (vgl. Statistisches Bundesamt<br />

2006:18).<br />

Als vierte wesentliche Komponente des demografischen Wandels beläuft sich die Zuwanderung nach<br />

<strong>Deutschland</strong> jährlich auf etwa 200 000 Personen. <strong>Deutschland</strong> gilt seit der Nachkriegszeit als e<strong>in</strong>es der<br />

wichtigsten E<strong>in</strong>wanderungsländer der Welt, wenngleich das lange nicht so wahrgenommen worden ist.<br />

Festzuhalten ist, dass ohne diese Zuwanderungen die Bevölkerungszahl <strong>Deutschland</strong>s bereits seit 30<br />

Jahren rückläufig wäre (vgl. Hradil 2006:50ff). 5<br />

Für die künftige Entwicklung <strong>Deutschland</strong>s werden Prognosen getroffen, die auf Konsequenzen und<br />

Herausforderungen <strong>in</strong> verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen verweisen. 6 Die mittlere Variante<br />

4 In diesem Feld weisen die europäischen Länder unterschiedliche Zahlen auf. Die Tendenz des S<strong>in</strong>kens betrifft aber fast<br />

alle.<br />

5 E<strong>in</strong>e ausführlichere Darstellung der e<strong>in</strong>zelnen Wanderungsbewegungen f<strong>in</strong>det sich auch bei Geßler (vgl. Geißler<br />

2006:56ff).<br />

6<br />

Diesen Prognosen zugrunde liegt die „mittlere Variante“ der 11. koord<strong>in</strong>ierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen<br />

Bundesamtes von 2006. Dar<strong>in</strong> wird die Bevölkerungsentwicklung <strong>Deutschland</strong>s zwischen 2005 und 2050 <strong>in</strong><br />

zwölf verschiedenen Varianten vorausberechnet. Bei der „mittleren Variante“ wird auf der Basis e<strong>in</strong>er Fertilitätsrate von<br />

1,4 K<strong>in</strong>dern pro Frau, e<strong>in</strong>em Anstieg der Lebenserwartung bei Jungen um 7,6 und bei Mädchen um 6,5 Jahre sowie ei-<br />

4


der 11. koord<strong>in</strong>ierten Bevölkerungsvorausberechnung macht deutlich, dass <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> künftig mit<br />

e<strong>in</strong>em wachsenden Geburtendefizit zu rechnen ist. Das liegt daran, dass die geburtenschwachen Jahr-<br />

gänge allmählich <strong>in</strong> das „Elternalter“ kommen, somit e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Zahl potenzieller Mütter zu weni-<br />

ger K<strong>in</strong>dern führen wird und zusätzlich die geburtenstarken Jahrgänge bis 2050 verstorben se<strong>in</strong> werden<br />

(vgl. Statistisches Bundesamt 2006:13f). 7 In langfristiger Perspektive kann der resultierende Über-<br />

schuss an Sterbefällen nicht durch Zuwanderung ausgeglichen werden, so dass die deutsche Bevölke-<br />

rung zwischen 2005 und 2050 von 82,4 Mio. auf 69 Mio. (bei e<strong>in</strong>em Wanderungssaldo von 100 000)<br />

bzw. 74 Mio. (Wanderungssaldo von 200 000) „schrumpfen“ könnte. Dabei würde sich die Altersstruk-<br />

tur <strong>in</strong> der Art verändern, dass die Bevölkerungsgruppe der 0- bis 20-jährigen bis 2030 auf 12,7 Mio.<br />

bzw. 2050 10,4 Mio., die der 20- bis 64-jährigen auf 42,4 Mio. (2030) bzw. 35,5 Mio. (2050) s<strong>in</strong>ken<br />

und die der älteren (65 Jahre und älter) auf 22,1 Mio. (2030) bzw. 22,9 Mio. Personen (2050) steigen.<br />

Das durchschnittliche Alter der Bevölkerung würde sich dann verschieben von 42 Jahren (2005) auf ca.<br />

50 Jahre bis 2050 (vgl. Statistisches Bundesamt 2006:15ff). Augenfällig für den Bereich der Arbeit<br />

daran s<strong>in</strong>d v.a. die potenzielle Schrumpfung und Alterung des Erwerbspersonenpotenzials (bzw. auch<br />

der <strong>Belegschaften</strong>) ab 2020, besonders deutlich ab 2030. Ab 2020 wird der Anteil der Erwerbspersonen<br />

zwischen 55 und 64 Jahren steigen, da die geburtenstarken Jahrgänge <strong>in</strong> das höhere Erwerbsalter rü-<br />

cken bei gleichzeitigem Rückgang der Jüngeren zwischen 25 und 30 Jahren. Dann werden mehr Perso-<br />

nen über 50 als unter 30 Jahren <strong>in</strong> Betrieben tätig se<strong>in</strong>. Das Angebot an Arbeitskräften 8 wird künftig<br />

damit aus e<strong>in</strong>em größeren Anteil Älterer bestehen, während junge (und qualifizierte) Nachwuchskräfte<br />

<strong>in</strong>sgesamt knapp werden (vgl. Ebert/Kistler 2007:51ff; Naegele 2005:14; Rump/Eilers 2005:16).<br />

Neben den dargestellten demografischen Veränderungen und Prognosen vollziehen sich technische und<br />

ökonomische Prozesse, 9 die sich auf die Arbeitswelt nachhaltig auswirken. Informations- und Kommu-<br />

nikationstechnologien durchdr<strong>in</strong>gen mittlerweile alle gesellschaftlichen Bereiche und haben e<strong>in</strong>e große<br />

Relevanz für Leben und Arbeit. Zwischenmenschliche Kommunikationsprozesse und Informationsaus-<br />

ner Zuwanderung von 100 000 bzw. 200 000 Personen pro Jahr die Fortsetzung der demografischen Entwicklung<br />

<strong>Deutschland</strong>s bis 2050 berechnet (vgl. Statistisches Bundesamt 2006:13).<br />

7 Ausführliche Darstellungen, Berechnungen und Zahlen f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Ausführung des Statistischen Bundesamtes<br />

von 2006 (vgl. Statistisches Bundesamt 2006).<br />

8 Im weiteren Verlauf der Arbeit sollen Begriffe wie Erwerbspersonen, Arbeitskräfte, Arbeitnehmer, etc. geschlechtsneutral<br />

verwendet werden. D.h., die weibliche Form wird nicht extra aufgeführt.<br />

9 Da die demografischen Entwicklungen im Mittelpunkt stehen sollen, werden die verschiedenen Wandlungsprozesse an<br />

dieser Stelle lediglich kurz angesprochen. Sie sollen allerd<strong>in</strong>gs darauf verweisen, dass Veränderungen unterschiedlicher<br />

Bereiche zusammen wirken mit dem demografischen Wandel und Konsequenzen und Herausforderungen haben können,<br />

die sich <strong>in</strong> der Arbeitswelt niederschlagen und v.a. von Bedeutung se<strong>in</strong> können für ältere Arbeitskräfte. Auf letzteres<br />

wird noch <strong>in</strong> späteren Kapiteln e<strong>in</strong>zugehen se<strong>in</strong>.<br />

5


tausch kommen kaum noch ohne entsprechende Medien aus. Alle<strong>in</strong> die Betrachtung der Ausstattung<br />

privater Haushalte mit Telefonen, Mobiltelefonen, Personalcomputern und Fernsehgeräten 2006 macht<br />

dies deutlich (vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2007:65). In der Arbeitssphäre führt der ver-<br />

breitete E<strong>in</strong>satz derartiger Technologien zu Beschleunigung von (Arbeits-) Prozessen und Verkürzung<br />

von Abläufen und Strukturen. Dies erfordert größere Flexibilität von Arbeitskräften h<strong>in</strong>sichtlich des<br />

Umgangs mit Technik und der erforderlichen Qualifikationen. Standardqualifikationen werden relati-<br />

viert durch ständige Veränderungen, u.U. sogar häufigem Wechsel von Tätigkeiten bzw. Berufen, und<br />

der Notwendigkeit des kont<strong>in</strong>uierlichen Lernens und Erlernens neuer Techniken und Arbeits<strong>in</strong>halte<br />

(vgl. Rump/Eilers 2005:14). Auf diesen Trend treffen wesentliche ökonomische Veränderungen. Das<br />

s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en Globalisierungsprozesse und zum anderen die Transformation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Wissensgesell-<br />

schaft. Internationale Verflechtungen werden dichter und führen zu erhöhter Mobilität von Märkten,<br />

Produzenten und Konsumenten. Das bedeutet für Arbeitnehmer, dass sie mit gesteigerten Ansprüchen<br />

an Mobilität und Flexibilität konfrontiert werden. Zudem erfordern komplexer werdende Arbeits- und<br />

Lernfelder Anpassungsfähigkeit auf Arbeitnehmerseite bspw. <strong>in</strong> Form von erhöhter Bereitschaft, <strong>in</strong><br />

anderen Ländern oder sogar auf anderen Kont<strong>in</strong>enten unter den Bed<strong>in</strong>gungen der Aneignung neuer<br />

Fremdsprachen und Kulturformen, Arbeitsplätze e<strong>in</strong>zunehmen sowohl für längere als auch kürzere<br />

Arbeitsperioden (vgl. Rump/Eilers 2005:14). Andererseits führen globale Verdichtungen zu e<strong>in</strong>er De-<br />

regulierung von F<strong>in</strong>anzmärkten. Die wichtigsten Akteure auf diesen Märkten s<strong>in</strong>d nicht mehr e<strong>in</strong>zelne<br />

Unternehmen, sondern <strong>in</strong>ternationale F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stitutionen und Großbanken wie die Weltbank sowie<br />

große <strong>in</strong>stitutionelle Anleger und Verwalter von Kapital z.B. Versicherungskonzerne. Mit dieser Ent-<br />

wicklung hat sich e<strong>in</strong> globaler Markt für Unternehmenskontrolle herausgebildet. Unternehmen bef<strong>in</strong>-<br />

den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em verstärkten <strong>in</strong>ternationalen Wettbewerb und e<strong>in</strong>er global verdichteten Konkurrenzsi-<br />

tuation. Damit stehen sie mehr denn je unter dem Druck, <strong>in</strong>ternational anerkannte F<strong>in</strong>anzierungs- und<br />

Managemententscheidungspr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>zuführen, um weiterh<strong>in</strong> gleichberechtigt mit anderen am<br />

Marktgeschehen partizipieren zu können. „Shareholder Value“, e<strong>in</strong>e kapitalmarktorientierte Steue-<br />

rungsform, die auf Kurzfristigkeit, Kostenreduktion und Gew<strong>in</strong>nmaximierung angelegt ist, wird viel-<br />

fach auch von deutschen Unternehmen übernommen. Das hat zur Folge, dass sich Unternehmensf<strong>in</strong>an-<br />

zierung und Eigentumsstrukturen verschieben <strong>in</strong> Richtung anonymisierter Anteilseigner, Aktien<strong>in</strong>haber<br />

und -gesellschaften, deren Interessen sich v.a. auf steigende kapitalmarktorientierte Renditen beziehen<br />

und nicht auf die konkrete Situation von Unternehmen und deren <strong>Belegschaften</strong> (vgl. Dörre<br />

2001:688ff; Hirsch-Kre<strong>in</strong>sen 2005:223 und 227f).<br />

6


Gleichzeitig im Zuge der Transformation zur Wissensgesellschaft tritt Wissen immer stärker <strong>in</strong> den<br />

Vordergrund als Ressource und Produktivkraft neben Kapital und Arbeit. Aufgrund von Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien s<strong>in</strong>d weltweite Vernetzungen und der <strong>in</strong>ternationale Transfer von<br />

Wissen über Hochleistungsdatennezte möglich. Damit werden Produktion, Vermehrung und Verfall<br />

von Wissen beschleunigt. Fragmentierung und Spezialisierung von Wissen werden wegen steigender<br />

Komplexität und Unübersichtlichkeit unumgänglich. Für Unternehmen hat das zur Folge, dass sie mehr<br />

<strong>in</strong>novative und hochwertige Produkte und Dienstleistungen <strong>in</strong> immer kürzeren Zeitspannen entwickeln<br />

müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Bedarf an Wissen- sowohl Spezialkenntnisse als auch<br />

Ganzheitlichkeit <strong>in</strong> der Bearbeitung von Aufgabenkomplexen-, Wissensarbeit und –arbeitern, die diese<br />

leisten, steigt dadurch an und erfordert von Arbeitskräften kont<strong>in</strong>uierliche Weiterqualifizierung (vgl.<br />

Degele 2002:165f; Rump/Eilers 2005:14f).<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die oben dargestellten demografischen, technischen<br />

und ökonomischen Trends sich nicht nur nebene<strong>in</strong>ander vollziehen, sondern mite<strong>in</strong>ander und dass sie<br />

sich wechselseitig bed<strong>in</strong>gen. U.a. wird das <strong>in</strong> der Arbeitssphäre deutlich. 10 Das Erwerbspotenzial wird<br />

künftig schrumpfen v.a. im Bereich der qualifizierten Erwerbstätigkeit bei gleichzeitiger Alterung von<br />

potenziellen Erwerbspersonen und <strong>Belegschaften</strong> und anhaltend hoher Arbeitslosigkeit. Aufgrund des<br />

schnellen ökonomischen Wandels und der Beschleunigung der Verbreitung, Produktion und des Ver-<br />

falls von Wissen werden immer mehr qualifizierte Arbeitskräfte notwendig. Zu erwarten s<strong>in</strong>d künftig<br />

demnach Mangelersche<strong>in</strong>ungen: Nachfrageüberhang bezüglich (hoch-)qualifizierter Arbeitskräfte, Ar-<br />

beitsplatzmangel für viele ger<strong>in</strong>g qualifizierte Arbeitskräfte, Unterf<strong>in</strong>anzierung des Sozialversiche-<br />

rungssystems aufgrund zu ger<strong>in</strong>ger Beitragsaufkommen, etc. (vgl. Hradil 2007:70ff; Thieme 2008:104;<br />

Rump/Eilers 2005:16). Daraus folgt, dass mehr Menschen lebenslang und kont<strong>in</strong>uierlich qualifiziert,<br />

höhere Erwerbsquoten von Frauen und Migranten erzielt und längere Lebensarbeitszeiten und Beschäf-<br />

tigungsfähigkeit von älteren Arbeitskräften ermöglicht werden müssen. Da sich diese Arbeit auf die<br />

letztgenannte Gruppe konzentriert, sollen im nächsten Abschnitt die Potenziale älterer Arbeitnehmer <strong>in</strong><br />

Unternehmen beschrieben werden sowie die Voraussetzungen und Bed<strong>in</strong>gungen für deren Erschlie-<br />

ßung.<br />

10 Da sich diese Arbeit im Schwerpunkt mit alternden <strong>Belegschaften</strong> befasst, werden die Auswirkungen der beschriebenen<br />

Prozesse auf die Arbeitswelt konzentriert und andere Bereiche nicht näher betrachtet.<br />

7


2.2 <strong>Alternde</strong> <strong>Belegschaften</strong>: Potenziale älterer Arbeitnehmer<br />

Um die oben angesprochenen künftigen Mangelersche<strong>in</strong>ungen an Erwerbspersonenpotenzial und v.a.<br />

an jüngeren qualifizierten Arbeitskräften, kompensieren zu können, könnten Erwerbsquoten von Frau-<br />

en, Migranten und älteren Menschen gesteigert werden. Bei allen drei Gruppen stellen sich aber spezi-<br />

fische Schwierigkeiten e<strong>in</strong>. In <strong>Deutschland</strong> stehen Frauen unter dem Entscheidungsdruck entweder e<strong>in</strong>e<br />

Doppelbelastung e<strong>in</strong>zugehen und das Vere<strong>in</strong>barkeitsproblem von Familie und Beruf selbständig zu<br />

lösen oder sich für e<strong>in</strong>es von beiden zu entscheiden. Das verh<strong>in</strong>dert die steigende Erwerbsquote von<br />

Frauen nicht, es verlangsamt sie aber. Es wird vermutlich länger dauern, bis sich Lösungsansätze dies-<br />

bezüglich positiv auf die Frauenerwerbsquote auswirken. Bezüglich der Zuwanderung von qualifizier-<br />

ten Fachkräften wird sich die Konkurrenzsituation zwischen den Ländern Europas weiter verschärfen.<br />

Da der demografische Wandel sich im gesamten europäischen Raum vollzieht, stehen alle Länder frü-<br />

her oder später vor der Situation des Arbeitskräftemangels und der Notwendigkeit, ausländische Ar-<br />

beitskräfte anzuwerben. Für <strong>Deutschland</strong> schwierig und fraglich wird u.U. werden, ob im europäischen<br />

Wettbewerb <strong>in</strong> ausreichendem Maße Personal aus anderen Ländern akquiriert werden kann. Folglich<br />

muss <strong>Deutschland</strong> verstärkt auf die Potenziale älterer Menschen setzen (vgl. BMFSFJ 2005:52). Im<br />

Fokus auf Letztere gibt es allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>ige H<strong>in</strong>dernisse, die für die Zukunft erst überwunden werden<br />

müssen, wenn sich das Arbeitskraftpotenzial Älterer optimal entfalten und es entsprechend genutzt<br />

werden soll. Um das umzusetzen, ist es zunächst e<strong>in</strong>mal notwendig, zu erkennen, dass bzw. welche<br />

Potenziale bei Älteren vorhanden s<strong>in</strong>d. Aktivität, Agilität, Gesundheit, Leistungs- und Lernfähigkeit,<br />

im Laufe des Lebens akkumulierte Erfahrungen, Wissensbestände und Kompetenzen sowie e<strong>in</strong> höheres<br />

Bildungsniveau (v.a. bei den künftig Älteren) können heute durchaus zu den <strong>in</strong>dividuell bestehenden<br />

Potenzialen Älterer gezählt werden (vgl. BMFSFJ 2005:48; Prager/Schleiter 2006:9; Tesch-Römer<br />

2006:16). Wichtig ist <strong>in</strong> diesem Kontext, dass diese so früh wie möglich gefördert werden unter der<br />

Berücksichtigung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dividuellen Verlaufs von Alterungsprozessen. Das sollte sowohl im Interesse<br />

der Individuen als auch der Gesellschaft liegen. Denn gesündere und zum Geme<strong>in</strong>wohl länger aktiv<br />

beitragende Menschen s<strong>in</strong>d weniger auf das soziale Sicherungssystem angewiesen, selbständiger und<br />

sicherlich zufriedener. Das kl<strong>in</strong>gt im ersten Moment plausibel. Dies ist aber längst nicht <strong>in</strong> der Ar-<br />

beitswelt zur Prämisse geworden. Innovations-, Lern- und Leistungsfähigkeit sowie Kreativität werden<br />

<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Vorstellungen hauptsächlich mit Jugend verbunden und nicht mit Alter. Aufgrund der<br />

verbreiteten, wenngleich wissenschaftlich schon lange nicht mehr unterstützten Defizitthese werden<br />

Alterungsprozesse v.a. mit e<strong>in</strong>em generellen Abbau von Fähigkeiten assoziiert. Manifestiert hat sich<br />

das <strong>in</strong> negativ gefärbten Altersbildern, die <strong>in</strong> der Gesellschaft, <strong>in</strong> Unternehmen und auf <strong>in</strong>dividueller<br />

8


Ebene, d.h. auch bei älteren Menschen selbst, Verbreitung gefunden haben (vgl. BMFSFJ 2005:48ff). 11<br />

Parallel zu dieser negativen Sicht auf ältere Menschen bzw. Arbeitnehmer ist <strong>in</strong> Unternehmen auf e<strong>in</strong>e<br />

jugendzentrierte Personalpolitik gesetzt worden, die die negativen gesellschaftlichen Vorstellungen von<br />

Älteren mitgeprägt hat. Sie wird oft umschrieben mit Begriffen wie „Frühverrentungs“- oder „Vorru-<br />

hestandskultur“, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „Ruhestandsbewusstse<strong>in</strong>“ oder e<strong>in</strong>er „Frühverrentungsorientierung“<br />

gefestigt hat (vgl. Naegele 2005:16; Prager/Schleiter 2006:9; Funk/Seyda 2006:15). Das hat dazu ge-<br />

führt, dass ältere v.a. ger<strong>in</strong>g qualifizierte Arbeitnehmer von Weiterbildungsmaßnahmen vor Ende des<br />

Erwerbslebens ausgeschlossen worden s<strong>in</strong>d und meistens viel früher, als das gesetzliche Rentenalter<br />

(früher 65 Jahre) vorgegeben hat, <strong>in</strong> Ruhestand gegangen s<strong>in</strong>d. Andere ältere Beschäftigte s<strong>in</strong>d im<br />

Rahmen größerer Personalabbauprozesse freigesetzt worden und häufig bis zur Rente, damit u.U. dau-<br />

erhaft, arbeitslos geblieben (Zahlen dazu siehe u.a. Bellmann/Dietz/Walwei 2006:69ff). 12 In Anbetracht<br />

des künftigen Arbeitskräftemangels ist diese Personalpolitik <strong>in</strong>adäquat geworden. Unternehmen müs-<br />

sen Voraussetzungen schaffen, dass Arbeitnehmer im Betrieb „alt werden“ können, da sie e<strong>in</strong>erseits<br />

kaum jüngere Nachwuchskräfte zur Verfügung haben werden und andererseits mit dem Berufsaustritt<br />

Älterer wertvolles Humankapital ersatzlos verlieren. Für e<strong>in</strong>e längere Erwerbstätigkeit müssen Unter-<br />

nehmen die Arbeitsfähigkeit ihrer Beschäftigten fördern. Dazu zählen Maßnahmen der Weiterbildung<br />

und lebenslanges Lernen ebenso wie Prävention im Bereich Gesundheit und Flexibilisierung des Über-<br />

gangs <strong>in</strong> den Ruhestand. Um mehr ältere Menschen <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt zu <strong>in</strong>tegrieren, müssen Unter-<br />

nehmen auch ihre E<strong>in</strong>stellungspolitik ändern. Diese Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die Beschäftigung älterer<br />

Arbeitnehmer müssen e<strong>in</strong>hergehen mit der Unterstützung von gesellschaftlichen Akteuren sowie Wei-<br />

terbildungsangeboten, etc. Außerdem ist es unerlässlich für e<strong>in</strong>e positive Entwicklung der Beschäfti-<br />

gung älterer Menschen und deren Leistungs- und Innovationsfähigkeit, mit e<strong>in</strong>em differenzierten Al-<br />

tersbild zu arbeiten. Kont<strong>in</strong>uierliche Weiterbildung, lebenslanges Lernen, alter(n)sgerechte Arbeitsges-<br />

taltung, Anreize und Motivation müssen Ziele se<strong>in</strong>, um auf Dauer Potenziale älterer Arbeitnehmer effi-<br />

zient umzusetzen (vgl. BMFSFJ 2005:49, 53f; Naegele 2005:15f).<br />

Jenem oben angesprochenen „Ruhestandsbewusstse<strong>in</strong>“, das die Nutzung der Potenziale älterer Men-<br />

schen bzw. Arbeitnehmer verh<strong>in</strong>dert, muss auf gesellschaftlicher, <strong>in</strong>dividueller und Unternehmensebe-<br />

ne entgegengewirkt werden.<br />

11 Konkrete Ausführungen zur Defizitthese und zu Altersleitbildern erfolgen <strong>in</strong> Abschnitt 3.2 bzw. 3.3.<br />

12 Auf die genauen Daten und die Situation <strong>Deutschland</strong>s wird <strong>in</strong> Kapitel 4. e<strong>in</strong>gegangen.<br />

9


Denn u.a. von den dort vorherrschenden Vorstellungen und Altersleitbildern hängt es ab, <strong>in</strong>wiefern sich<br />

Potenziale überhaupt zunächst entfalten können, um dann genutzt zu werden. 13<br />

In diesem Abschnitt hat sich e<strong>in</strong>e eher nachteilige Verb<strong>in</strong>dung von Arbeit und Alter angedeutet, die<br />

v.a. aufgrund negativer E<strong>in</strong>stellungen gegenüber älteren Personen und Arbeitnehmern zu bestehen<br />

sche<strong>in</strong>t und Potenziale Älterer eventuell verdeckt. Um diesen Umstand genauer darzulegen, wird im<br />

nächsten Kapitel auf die Verb<strong>in</strong>dung von Arbeit und Alter e<strong>in</strong>zugehen se<strong>in</strong> unter der Berücksichtigung<br />

von Altersbildern, die möglicherweise e<strong>in</strong>en starken E<strong>in</strong>fluss auf die Situation älterer Menschen haben.<br />

13 Wie es um das Verhältnis der Aspekte Arbeit und Alter im H<strong>in</strong>blick auf Alterungsprozesse und Altersleitbilder aus verschiedenen<br />

Gesichtspunkten <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> bestellt ist wird im dritten Kapitel dieser Arbeit genauer beschrieben.<br />

10


3 Alter und Arbeit- alte und neue Altersleitbilder aus verschiedenen<br />

Perspektiven<br />

3.1 Konzeptionelle Bestimmungen von Alter und Arbeit<br />

Im Rahmen der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit alternden <strong>Belegschaften</strong> spielen die Dimensionen Alter und<br />

Arbeit wesentliche Rollen. Daher ist es notwendig, diese Begrifflichkeiten aus wissenschaftlicher Per-<br />

spektive näher zu bestimmen.<br />

Es bietet sich an, den Begriff der Arbeit im Kontext der Arbeits- und Industriesoziologie aufzugreifen.<br />

Denn diese befasst sich mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen, Arten und Wirkungen <strong>in</strong> Betrieben<br />

und Verwaltungen und dem wechselseitigen Wirkungsverhältnis mit Gesellschaft. Bereits im 19. Jahr-<br />

hundert ist erkannt worden, welche starke Bedeutung Arbeit für die Strukturierung der Gesellschaft<br />

hat. Im Zuge der Industrialisierung hat sich die Arbeitssoziologie entwickelt mit der Erwerbsarbeit als<br />

Gegenstandsbereich. Seit dem 20. Jahrhundert konzentriert sich dieser v.a. auf Beschäftigungsproble-<br />

me. Gegenwärtig <strong>in</strong>teressieren im Rahmen der Arbeits- und Industriesoziologie verstärkt Aspekte des<br />

Verhaltens und der E<strong>in</strong>stellungen von Arbeitnehmern sowie deren Sichtweisen im Kontext des jeweili-<br />

gen Lebensverlaufs und des spezifischen sozialen Bezugsrahmens von Erfahrungen. Denn (Erwerbs-<br />

)Arbeit wirkt auf die soziale Sphäre bzw. Aspekte wie soziale Wohlfahrt und soziale Ungleichheit und<br />

trägt entscheidend bei zur Bildung von E<strong>in</strong>kommen, zu (beruflichen) Aufstiegsprozessen, gesellschaft-<br />

lichem Wohlstand und zur Formung der gesellschaftlichen Sozialstruktur (vgl. M<strong>in</strong>ssen 2006:15, 17;<br />

Mirkl-Horke 2007:387, 391). Arbeit setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Zum ersten<br />

dient sie der (zweckmäßigen) Dase<strong>in</strong>svorsorge und sichert den Lebensunterhalt (naturale Dimension).<br />

Zum zweiten hat Arbeit e<strong>in</strong>e soziale Dimension im H<strong>in</strong>blick auf Zusammenarbeit und Arbeitsteilung<br />

von Menschen, Wechselwirkungen unter Beschäftigten und zwischen arbeits- und lebensweltlicher<br />

Sphäre. Drittens hat Arbeit e<strong>in</strong>e persönliche Bedeutung für das jeweilige Individuum (personale Di-<br />

mension). Durch verschiedene Formen von Arbeit werden Menschen <strong>in</strong> soziale Zusammenhänge e<strong>in</strong>-<br />

gebunden. 14 Weiterh<strong>in</strong> haben Arbeit und Erwerb E<strong>in</strong>fluss auf e<strong>in</strong>e objektive und subjektive Positionie-<br />

rung von Individuen <strong>in</strong> der Gesellschaft, da beide Faktoren <strong>in</strong> modernen Gesellschaften menschliche<br />

Selbst- und Fremdwahrnehmung, Bewusstse<strong>in</strong>, Habitus und Lebensstile prägen (vgl. Mirkl-Horke<br />

2007:11; Pries 2005:6ff, 15, 19). Zusammenfassend betrachtet bietet Arbeit als e<strong>in</strong> gesellschaftliches<br />

14 Mit dem Begriff Arbeit allgeme<strong>in</strong> ist nicht ausschließlich Erwerbsarbeit verbunden. Es lassen sich weitere Formen unterscheiden<br />

wie Haus-, Anerkennungs- oder Eigenarbeit. Da diese Arbeit sich mit <strong>Belegschaften</strong> beschäftigt, wird lediglich<br />

auf den arbeits- und <strong>in</strong>dustriesoziologischen Gegenstandsbereich Erwerbsarbeit näher e<strong>in</strong>gegangen. Pries befasst sich<br />

genauer mit den e<strong>in</strong>zelnen Ausprägungen (vgl. Pries 2005). Die Begriffe Arbeit und Erwerbsarbeit werden im Folgenden<br />

synonym gebraucht.<br />

11


Phänomen die Option e<strong>in</strong>er aktiven Teilhabe an Wirtschaft und Gesellschaft. V.a. <strong>in</strong> modernen gesell-<br />

schaftlichen Bezügen ist es vornehmlich die Arbeitswelt bzw. das Erwerbssystem, wodurch Lebens-<br />

welt und Privatsphäre geprägt werden. E<strong>in</strong> zunehmend wichtigerer Faktor im H<strong>in</strong>blick auf Inklusion<br />

oder Exklusion <strong>in</strong> bzw. aus Gesellschaft und Arbeitsmarkt ist Arbeitsfähigkeit 15 . Gerade im Rahmen<br />

der oben angesprochenen Veränderungsprozesse (siehe 2.1) kommt dieser aus arbeitssoziologischer<br />

Sicht größere Bedeutung zu (vgl. Mirkl-Horke 2007:261ff).<br />

Arbeit ist demnach e<strong>in</strong>e gesellschaftlich organisierte und ihrerseits strukturierende Dimension. Auf<br />

Basis der Verteilung von Arbeit <strong>in</strong>nerhalb der Gesellschaft werden Beziehungen je unterschiedlich<br />

geformt durch Macht, Kooperation, Konflikt, Herrschaft und Kontrolle. Zudem prägen diese Bezie-<br />

hungen wiederum den Stellenwert von Arbeit <strong>in</strong> ihrem sozialen Kontext. Im Rahmen e<strong>in</strong>er soziologi-<br />

schen Perspektive wird zum e<strong>in</strong>en fokussiert auf soziale Beziehungen zwischen Menschen, deren<br />

Denk- und Handlungsweisen, <strong>in</strong>nerhalb derer gearbeitet wird. Zum anderen <strong>in</strong>teressieren gesellschaft-<br />

liche Strukturen, auf denen Arbeitsverhältnisse beruhen und durch welche diesen je spezifische Gel-<br />

tung und Ansehen zugeschrieben werden. Wie bereits oben angesprochen, handelt es sich <strong>in</strong> dieser<br />

Arbeit im Kern um e<strong>in</strong> Verständnis von Arbeit im S<strong>in</strong>ne von Erwerbsarbeit, d.h., e<strong>in</strong>e auf Basis von<br />

Marktbeziehungen stattf<strong>in</strong>dende, entlohnte Tätigkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb. Aufgabe der Soziologie <strong>in</strong> die-<br />

sem Feld ist es, <strong>in</strong> modernen Gesellschaften Zusammenhänge zwischen Arten und Voraussetzungen<br />

von Arbeit sowie deren Auslegung und sozialen Gefügen und Beziehungen darzulegen und zu deuten<br />

(vgl. Mirkl-Horke 2007:12fff).<br />

Die zweite Dimension, die im Folgenden begrifflich determ<strong>in</strong>iert werden soll und die mit Arbeit im<br />

Themengebiet „alternde <strong>Belegschaften</strong>“ zusammentrifft, ist Alter. Aus historischer Sicht hat sich Alter<br />

im Zuge der Ausweitung von Pensionssystemen <strong>in</strong> der vor<strong>in</strong>dustriellen Phase zu e<strong>in</strong>em abgrenzbaren<br />

Lebensabschnitt entwickelt. Aufgrund der erweiterten f<strong>in</strong>anziellen Möglichkeiten bspw. durch Alters-<br />

versorgung, somit eigenständiger materieller Absicherung konnten ältere Generationen <strong>in</strong> eigenen<br />

Haushalten getrennt von jüngeren leben. Mit der Etablierung des Rentensystems und e<strong>in</strong>es „Austrittsal-<br />

ters“ für das Erwerbsleben s<strong>in</strong>d f<strong>in</strong>anzielle Leistungen des Staates unmittelbar verbunden worden mit<br />

Dienstdauer und Alter, womit e<strong>in</strong>e Institutionalisierung des Alters e<strong>in</strong>hergegangen ist. Damit hat sich<br />

e<strong>in</strong> Regelsystem ausgerichtet an Lebensalter und Erwerbssystem entwickelt, das sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „Nor-<br />

mallebenslauf“ manifestiert hat mit den Phasen Bildung (K<strong>in</strong>dheit und Jugend), Berufstätigkeit (junges<br />

und mittleres Erwachsenenalter) und Rente (höheres Alter). Begleitend s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Arbeits- und Sozialrecht<br />

Altersgrenzen festgelegt worden (vgl. Burzan 2002:12fff; Tesch-Römer 2006:23). Bei der begrifflichen<br />

15 Das Konzept der Arbeitsfähigkeit wird <strong>in</strong> Abschnitt 5.2 ausführlich behandelt.<br />

12


Bestimmung von Alter gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. E<strong>in</strong> Kriterium zur Abgrenzung der<br />

Lebensphase Alter ist die Komb<strong>in</strong>ation aus Rentenempfang und e<strong>in</strong>em gewissen Lebensalter. Bis <strong>in</strong> die<br />

1970er Jahre ist der Ruhestand die dom<strong>in</strong>ante Bestimmungsgröße für den Beg<strong>in</strong>n der Altersphase ge-<br />

wesen. Auch z.B. die Bevölkerungswissenschaft hat die Phase Alter auf die Zeitspanne zwischen Be-<br />

rufsaustritt (ab 65 Jahren) und Lebensende festgelegt. Dies ist heute problematisch <strong>in</strong> Anbetracht von<br />

Vorruhestandsregelungen bzw. Frühverrentungsstrategien, gleitenden Übergangsregelungen oder Ar-<br />

beitslosigkeit als (längere) Übergangsphase <strong>in</strong> den Ruhestand. Die Enquete-Kommission „Demogra-<br />

phischer Wandel“ bspw. setzt die Altersgrenze bei 60 Lebensjahren an. In der Soziologie wird die Le-<br />

bensphase an sich <strong>in</strong> verschiedene Gruppen untergliedert: ‚junge Alte‘ (60- bzw. 65- bis 70- bzw. 75-<br />

jährige), ‚Alte‘ (70 bzw.75 bis ca. 90 Jahre), Hochbetagte, Hochaltrige oder ‚ganz Alte‘ (90 bis 100<br />

Jahre) und ‚Langlebige‘ (über 100 Jahren). Andere gehen bei den ‚jungen Alten‘ von e<strong>in</strong>er Gruppe<br />

zwischen 45 und 60 Jahren und bei den Personen zwischen 60 und 75 Jahren von den ‚neuen Alten’<br />

aus. Aber diese Kategorien alle<strong>in</strong> reichen nicht aus, um den Begriff des Alters ausreichende Tren-<br />

nungsschärfe zu verleihen. Zusätzlich müssen Aspekte der Fremd- und Selbstwahrnehmung bzw. –<br />

e<strong>in</strong>stellung, biologisch-mediz<strong>in</strong>ische, soziale sowie psychologische Faktoren und der Prozess des Al-<br />

terns herangezogen werden (vgl. Backes/Clemens 2003:23; Burzan 2002:16f; Prahl/Schroeter<br />

1996:12f; Thieme 2008:36f). Zunächst gibt es vier Möglichkeiten, Alter aus unterschiedlichen Per-<br />

spektiven mit jeweils spezifischen Schwerpunkten zu betrachten. Das kalendarische oder chronologi-<br />

sche Alter als erstes, dient bspw. der Festsetzung von Altersgrenzen (s.o.). Errechnet wird es ausge-<br />

hend vom Geburtsdatum bzw. aus der Differenz zwischen Geburtsdatum und aktuellem Datum. Im<br />

Ergebnis handelt es sich dabei lediglich um e<strong>in</strong>e Zahl an Lebensjahren. Davon ausgehend kann kaum<br />

e<strong>in</strong>e Aussage getroffen werden über das <strong>in</strong>dividuelle Alter e<strong>in</strong>es jeden. Damit ist häufig die zweite Be-<br />

trachtungsweise, das biologische Alter verbunden. Dar<strong>in</strong> f<strong>in</strong>det sich die Annahme wieder, dass mit<br />

steigendem Alter körperliche Fähigkeiten und Gesundheit nachlassen. Losgelöst davon weist dieser<br />

Faktor erst e<strong>in</strong>mal auf die Beschaffenheit der Organe und Gewebe e<strong>in</strong>es Menschen h<strong>in</strong>. Der Zustand<br />

menschlicher Organe muss nicht unbed<strong>in</strong>gt durchgehend negativ korrelieren mit dem Alterungspro-<br />

zess. E<strong>in</strong>flüsse wie Schichtzugehörigkeit, Sozialpolitik, mediz<strong>in</strong>ische Versorgungsmöglichkeiten, etc.,<br />

können biologische Alterungsprozesse verlangsamen oder beschleunigen. Das psychologische Alter als<br />

dritte Bestimmungsmöglichkeit bezieht sich v.a. auf die geistige Leistungsfähigkeit. Auch <strong>in</strong> diesem<br />

Fall wird häufig e<strong>in</strong>e Verknüpfung mit dem kalendarischen Alter unterstellt, <strong>in</strong>dem mit dem voran-<br />

schreitenden Alternsprozess e<strong>in</strong>e Abnahme bzw. e<strong>in</strong> Verlust der <strong>in</strong>tellektuellen Fähigkeiten und Eigen-<br />

schaften unterstellt wird. Generalisierend kann dies allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>esfalls gelten. Wenn zugrunde ge-<br />

13


legt wird, dass Altern <strong>in</strong>dividuell stattf<strong>in</strong>det, kann der Abbauprozess lediglich als e<strong>in</strong>e von verschiede-<br />

nen Möglichkeiten des Alterns behandelt werden. Positiv kann das steigende Lebensalter auch z.B. mit<br />

anwachsendem Erfahrungs- und Fertigkeitswissen sowie Bewältigungskompetenzen <strong>in</strong> Belastungssitu-<br />

ationen zusammenwirken. Viertens kann das soziale Alter def<strong>in</strong>iert werden. Mit diesem werden Men-<br />

schen e<strong>in</strong> je spezifisches Ausmaß an gesellschaftlicher Teilhabe, soziale Rollen, Altersstereotype und<br />

Verhaltensmuster von der Gesellschaft zugeordnet. Diese Zuschreibungen werden von Individuen<br />

größtenteils <strong>in</strong> die jeweilige Selbstwahrnehmung übernommen (vgl. Franke/Wilde 2006:76ff; Thieme<br />

2008:33f).<br />

Zusätzlich zu Alter als Strukturkategorie (s.o.) muss der Prozess des Alterns berücksichtigt werden. In<br />

der Biologie steht Altern generell für e<strong>in</strong>en lebenslangen Prozess. In der Soziologie wird auf bestimmte<br />

Ebenen fokussiert. Zum e<strong>in</strong>en f<strong>in</strong>det auf der Individualebene e<strong>in</strong> stetiger Sozialisationsprozess statt.<br />

Über den gesamten Lebenslauf h<strong>in</strong>weg werden Erfahrungen und Wissen gesammelt, die sich auf Hand-<br />

lungs- und Denkweisen auswirken. Auf der Gesellschaftsebene zum anderen wandeln sich Altersbilder<br />

und Wertschätzung von alten Menschen, das Verständnis von Alterungsprozessen sowie sich neue Pa-<br />

radigmen entwickeln. In den letzten Jahren werden Wandlungstendenzen von Altersbildern z. B. dar<strong>in</strong><br />

sichtbar, dass viele, die <strong>in</strong> den Ruhestand gehen, sich selbst nicht als alt e<strong>in</strong>schätzen. Insgesamt kann<br />

ke<strong>in</strong>e klare Def<strong>in</strong>ition von Alter getroffen werden. Festgehalten werden sollte, dass Altern e<strong>in</strong> lebens-<br />

langer und <strong>in</strong>dividuell verlaufender Prozess ist, der durch verschiedene, u.U. zusammenhängende Fak-<br />

toren (psychische, soziale, gesellschaftliche, physische und biologische) bee<strong>in</strong>flusst wird, die bei jedem<br />

Individuum <strong>in</strong> unterschiedlicher Intensität zusammengesetzt s<strong>in</strong>d und wirken (vgl. Backes/Clemens<br />

2003:92f; Franke/Wilde 2006:79; Thieme 2008:36).<br />

Werden die Dimensionen Alter und Arbeit konkret bezogen auf die Gruppe älterer Arbeitnehmer, han-<br />

delt es sich demnach um Personen, die sich <strong>in</strong> der Erwerbsphase oder bereits im Übergang zur Renten-<br />

phase bef<strong>in</strong>den. Die Altersgrenze pendelt für ältere Arbeitnehmer zwischen 40 und 55 Jahren. 16 Je<br />

nachdem welche Grenze gewählt wird, bef<strong>in</strong>den sich ältere Arbeitnehmer entweder noch mitten <strong>in</strong> der<br />

Haupterwerbsphase (zwischen 25 und 49 Jahren) oder bereits <strong>in</strong> der Übergangsphase <strong>in</strong> den Ruhestand<br />

(zwischen 50 und 64 Jahren) (vgl. Ahrend/Konietzko 1995:2; Franke/Wilde 2006:80). Die Zuordnung<br />

kann variieren und wird schwieriger, wenn alle<strong>in</strong> aufgrund des chronologischen Alters entschieden<br />

wird. Für diesen Personenkreis ist Arbeit re<strong>in</strong> von der Zuordnung her zentrale Möglichkeit der aktiven<br />

16 In der Literatur werden unterschiedliche Angaben gemacht, ab wann e<strong>in</strong> Arbeitnehmer als älter wahrgenommen wird. In<br />

dieser Arbeit wird diese Altersangabe auf 45 Lebensjahre als früheste Bestimmungsgrenze festgesetzt.<br />

14


Teilhabe an der Gesellschaft und bestimmt mit allen oben dargestellten Dimensionen (naturale, soziale,<br />

personale) das Leben der dieser Gruppe Zugehörigen. Demnach können ältere Arbeitnehmer nicht der<br />

klassischen Altersphase zugerechnet werden. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Alternspro-<br />

zessen um lebenslange Vorgänge handelt, s<strong>in</strong>d ältere Arbeitnehmer durchaus betroffen von biologisch-<br />

mediz<strong>in</strong>ischen, physischen, psychologischen und sozialen Veränderungsprozessen, die sich bereits <strong>in</strong><br />

der Erwerbsphase bemerkbar machen und problematische Konsequenzen haben können, die sich <strong>in</strong><br />

Vorurteilen, Stereotypen, E<strong>in</strong>stellungen, etc. niederschlagen. Die personale Dimension von Arbeit<br />

sche<strong>in</strong>t deswegen besonders gefährdet zu se<strong>in</strong> für ältere Arbeitnehmer.<br />

Daher soll im nächsten Abschnitt der Fokus gelegt werden auf den Alternsprozess aus verschiedenen<br />

wissenschaftlichen Perspektiven, um e<strong>in</strong>en detaillierten Zugang zu der <strong>in</strong> Abschnitt 3.3 thematisierten<br />

v.a. sozialpsychologischen Stereotypenforschung zu ermöglichen.<br />

3.2 Verschiedene wissenschaftliche Ansätze zu Alterungsprozessen<br />

Mit dem Alterungsprozess beschäftigen sich u.a. Diszipl<strong>in</strong>en aus den Bereichen Biologie, Mediz<strong>in</strong>,<br />

Psychologie und Sozialwissenschaften. Der Facettenreichtum der wissenschaftlichen Ause<strong>in</strong>anderset-<br />

zung mit dem Altern macht es unumgänglich, sich auf wesentliche Forschungsrichtungen zu begren-<br />

zen.<br />

In der Biologie wird davon ausgegangen, dass Altern e<strong>in</strong> lebenslanger Prozess ist (siehe 3.1). Den ver-<br />

schiedenen Theorien <strong>in</strong> dieser Richtung ist e<strong>in</strong>e konkrete Bestimmung von Altern als biologisch deter-<br />

m<strong>in</strong>ierter Abbauprozess geme<strong>in</strong>sam. Sie def<strong>in</strong>ieren Altern als e<strong>in</strong>en Veränderungsprozess, der „zeitab-<br />

hängig, irreversibel und vorhersagbar“ verläuft und durch den sich e<strong>in</strong> Funktionsverlust aller Gewebe<br />

vollzieht, der letztendlich zum Tod führt (vgl. Danner/Schröder 1994:96). Entsprechende Ansätze s<strong>in</strong>d<br />

z.B. die Theorie der „freien Radikale“, die Reparatur-Mechanismus-Theorie, Nicht-enzymatisches<br />

„Bräunen“ und die Theorie des genetisch „programmierten Alterns“. Bei allen ist im Verlauf entspre-<br />

chender Forschungen festgestellt worden, dass ke<strong>in</strong>e der Theorien e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>deutigen Zusammenhang<br />

zwischen den jeweiligen biologischen Vorgängen und dem Prozess des Alterns herstellen kann (vgl.<br />

Danner/Schröder 1994:109-117). 17 E<strong>in</strong> Bereich, <strong>in</strong> dem Altern ebenfalls v.a. als Abbauprozess behan-<br />

delt wird, ist die Mediz<strong>in</strong> bzw. konkret die Altersmediz<strong>in</strong> oder Geriatrie. Die Charakteristika alternder<br />

Organismen <strong>in</strong> geriatrischer Perspektive beziehen sich auf verschiedene Ebenen. Sie umfassen körper-<br />

liche bzw. organische, psychische und psychosomatische Veränderungsprozesse und Entwicklungen<br />

17 Es wird auf e<strong>in</strong>e detaillierte Ausführung der e<strong>in</strong>zelnen Theorien verzichtet, da die geme<strong>in</strong>same Def<strong>in</strong>ition von Altern im<br />

S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Abbauprozesses die wesentliche Richtung der Ansätze deutlich macht (ausführlichere Darstellung der Theorien<br />

vgl. Danner/Schröder 1994:95-123).<br />

15


h<strong>in</strong>sichtlich des pathologischen Zustandes e<strong>in</strong>es Menschen. Die Resultate dieser Vorgänge s<strong>in</strong>d ab-<br />

nehmende Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, Unbeweglichkeit, Anpassungsschwierigkeiten, Mul-<br />

timorbidität, etc. (vgl. Ste<strong>in</strong>hagen-Thiessen/Gerok/Borchelt 1994:125). Der Geriatrie zugrunde liegen<br />

biologische Alterungsprozesse, d.h. strukturelle und funktionelle Veränderungen von Organen <strong>in</strong> Ab-<br />

hängigkeit von Alter. Erkenntnisse auf diesem Gebiet stammen v.a. aus älteren Longitud<strong>in</strong>alstudien der<br />

1950er und 1970er Jahre. Insgesamt ist <strong>in</strong> unterschiedlichen geriatrisch orientierten Experimenten fest-<br />

gestellt worden, dass nicht ausschließlich <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische, sondern auch extr<strong>in</strong>sische E<strong>in</strong>flüsse auf Alte-<br />

rungsprozesse wirken und dass es sich beim Altern um e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>dividuell unterschiedlich verlaufenden<br />

Prozess handelt (vgl. Ste<strong>in</strong>hagen-Thiessen/Gerok/Borchelt 1994:126fff).<br />

Auch <strong>in</strong>nerhalb der Psychologie hat es e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Vorgang des Al-<br />

terns gegeben. Die Anfänge der „systematischen Alternsforschung“ mit psychologischer Ausrichtung<br />

werden <strong>in</strong> der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg verortet. In den USA haben zu dieser<br />

Zeit viele psychologische Tests und Studien zum Altern stattgefunden. In Europa dagegen ist die Psy-<br />

chiatrie dom<strong>in</strong>ante Diszipl<strong>in</strong> gewesen, aus der Erkenntnisse zu den Prozessen des Alterns gezogen<br />

worden s<strong>in</strong>d. Daher ist es wenig verwunderlich, dass frühe Äußerungen über den „typischen Alterns-<br />

prozess“ pathologisch orientiert s<strong>in</strong>d, da sie aus der psychiatrischen Beobachtung Kranker gewonnen<br />

worden s<strong>in</strong>d. Das hatte zur Folge, dass Altern lange Zeit als e<strong>in</strong>e „pathologische Variante des Norma-<br />

len“ betrachtet worden ist und e<strong>in</strong>e negative Sichtweise auf altersabhängige Veränderungen geprägt hat<br />

im S<strong>in</strong>ne der Betonung von Abbau und Verlust von Fähigkeiten und sozialen Kontakten (vgl. Lehr<br />

2000:15fff). 18<br />

In chronologischer Reihenfolge lassen sich e<strong>in</strong>ige theoretische Entwicklungen zusammenfassend dar-<br />

stellen, die Alternsprozesse behandeln: mechanistische Defizitmodelle, Phasen- oder Verlaufstheorien,<br />

Theorien des „erfolgreichen Alterns“, Wachstumstheorien, kognitive Theorien, kulturanthropologische<br />

Theorien und multikausale Modelle. Davon können im Folgenden nicht alle Theorien ausgeführt wer-<br />

den (detailliert vgl. Lehr 2000:Kap.4). Anknüpfend an den oben dargelegten negativ akzentuierten Ver-<br />

lauf von Alternsprozessen hat sich zunächst das so genannte „Defizit-Modell“ herausgebildet. Es be-<br />

schreibt Altern als e<strong>in</strong>en Prozess des stetigen Verlustes und Abbaus von emotionalen und <strong>in</strong>tellektuel-<br />

len Fähigkeiten bzw. Funktionen. Dieser stark an die Biologie angelehnte Ansatz hat lange Zeit die<br />

wissenschaftliche Perspektive bestimmt. Heute gilt er als wissenschaftlich widerlegt. Dennoch hält sich<br />

der „Mythos“ des Alters als „Verfallsprozess“ <strong>in</strong> der öffentlich-gesellschaftlichen Sphäre sowie- und<br />

18 Die historische Betrachtung der psychologischen Alternsforschung ließe sich noch verlängern. Das würde allerd<strong>in</strong>gs zu<br />

weit weg vom Thema führen (ausführlichere Betrachtung der Historie vgl. Lehr 2000:Kap.2).<br />

16


das ist e<strong>in</strong> wesentliches Problem- <strong>in</strong> den „Köpfen“ der Bevölkerung (siehe 3.3) (vgl. Backes/Clemens<br />

2003:97f; Lehr 2000:46-52; Riley/Riley 1994:438f). Die Theorien des „erfolgreichen Alterns“ oder<br />

„successfull ag<strong>in</strong>g“ stellen e<strong>in</strong>e zweite wichtige Entwicklung dar, da sie Altern nicht mehr nur unter<br />

objektiven, sondern v.a. unter subjektiven Aspekten betrachten. Dazu zählen neben anderen die häufig<br />

aufgegriffene Aktivitätstheorie und die Disengagementstheorie. Die erstere geht davon aus, dass nur<br />

derjenige glücklich und zufrieden ist bzw. optimal altert, der aktiv ist, etwas leistet und gebraucht wird.<br />

Aktivitäten <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne beziehen sich nicht ausschließlich auf die Altersphase, sondern setzen be-<br />

reits im mittleren Erwachsenenalter an. Für e<strong>in</strong> optimales Altern sollten diese Aktivitäten so lange wie<br />

möglich beibehalten werden bzw. wenn nötig (z.B. bei Austritt aus dem Beruf) ersetzt werden durch<br />

andere. Erweitert wurde dieser Ansatz durch e<strong>in</strong> positives Selbstbild und Zufriedenheit als Grundlagen<br />

des „erfolgreichen Alterns“. Die Disengagementstheorie dagegen unterstellt, dass sich der alternde<br />

Mensch nach sozialer Isolierung und e<strong>in</strong>em Rückzug aus sozialen Kontakten sehnt. Dadurch wird er<br />

zufriedener, weil er dem Normenzwang entgehen kann und an Freiheit gew<strong>in</strong>nt (vgl. Lehr 2000:56ff;<br />

We<strong>in</strong>ert 1994:185fff). Problematisch daran ist, dass sich diese Ansätze zum e<strong>in</strong>en nicht auf alle Le-<br />

benslagen anwenden lassen, zum anderen dass wiederum <strong>in</strong>direkt Alter im Vergleich zu vorherigen<br />

Phasen nicht als eigenständig positiv akzentuierte Phase betrachtet wird.<br />

Auf dem Gebiet der subjektiv orientierten kognitiven Theorien begegnen sich Verhaltens- und Sozial-<br />

wissenschaften. Basis dieser Theorien ist, dass e<strong>in</strong> Prozess bspw. des Alterns subjektiv von Individuen<br />

wahrgenommen und <strong>in</strong>terpretiert wird, wodurch dann e<strong>in</strong>e je spezifische Reaktion auf diese Situation<br />

<strong>in</strong> unterschiedlicher Intensität und Art hervorgerufen wird. Daraus hat sich e<strong>in</strong>e Vielfalt von Ansätzen<br />

entwickelt, u.a. der des „differentiellen Alterns“. Bei der Entwicklung von kognitiven Fähigkeiten im<br />

Prozess des Alterns wird davon ausgegangen, dass Stereotype e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle spielen. Die<br />

Mehrheit jener Fähigkeiten <strong>in</strong> ihren unterschiedlichen Ausprägungen entwickelt sich ansche<strong>in</strong>end nicht<br />

<strong>in</strong> Abhängigkeit von Lebensalter und als Anzeichen für biologische Veränderungen. Stattdessen wirken<br />

auf kognitive Fähigkeiten v.a. <strong>in</strong>dividuelle und soziale Lebensbed<strong>in</strong>gungen sowie kollektive und <strong>in</strong>di-<br />

viduelle Erwartungen und Bewertungsmaßstäbe des Alternsprozesses. Abbauprozesse werden ke<strong>in</strong>es-<br />

wegs ausgeschlossen, sondern <strong>in</strong> Annahme e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dividuell spezifischen Verlaufs akzeptiert. In die-<br />

sem Zusammenhang ist das Zwei-Faktoren-Modell erwähnenswert. Es unterscheidet zwischen biolo-<br />

gisch determ<strong>in</strong>ierten Fähigkeiten wie Genauigkeit oder Orientierung <strong>in</strong> neuen Situationen (fluide Intel-<br />

ligenz), die e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en Altersabbau unterliegen, und erfahrungsbezogenen Fähigkeiten wie<br />

Wortschatz und Allgeme<strong>in</strong>wissen (kristall<strong>in</strong>e Intelligenz), die altersstabil s<strong>in</strong>d. Dieses Modell wird v.a.<br />

<strong>in</strong> Untersuchungen zur <strong>in</strong>dividuellen Leistungsfähigkeit (auch von Arbeitnehmern) herangezogen (vgl.<br />

17


Backes/Clemens 2003:98; Börsch-Supan/Düzgün/Weiss 2006:87; Lehr 2000:68f; We<strong>in</strong>ert 1994:188,<br />

191f). Die letzten anzusprechenden kulturanthropologischen Theorien beschäftigen sich mit den Aus-<br />

wirkungen kultureller Aspekte auf die Situation älterer Menschen. Der Modernitätstheorie oder <strong>in</strong> der<br />

Soziologie Modernisierungstheorie liegt die Annahme zugrunde, dass mit steigendem Grad der Moder-<br />

nisierung e<strong>in</strong>er Gesellschaft der Status ihrer älteren Bevölkerungsmitglieder umso negativer wird. Da-<br />

bei bleibt allerd<strong>in</strong>gs die kulturelle Vielfalt unberücksichtigt. Zudem gilt die Theorie als widerlegt (vgl.<br />

Kohli 1994:236; Lehr 2000:70).<br />

Als letzte bieten die Sozialwissenschaften Theorien zu Alterungsprozessen an. An erster Stelle zu nen-<br />

nen ist die Alternssoziologie, die v.a. seit Aufkommen der Diskussion um die Auswirkungen des de-<br />

mografischen Wandels, an Bedeutung gewonnen hat. Seit den 1980ern liegen Schwerpunkte auf den<br />

Themen Lebensverlaufsperspektive <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>em „Strukturwandel des Alters“ sowie „Al-<br />

ter(n) als soziales bzw. gesellschaftliches Problem“ verbunden mit dem Lebenslagenkonzept (vgl.<br />

Clemens 2000:45,56). Es geht v.a. um die Untersuchung der Bedeutung von Alter und Altern für die<br />

moderne Gesellschaft bzw. ihre Entwicklung und <strong>in</strong> umgekehrter Weise die Relevanz der gesellschaft-<br />

lichen Modernisierung für die Evolution des Alter(n)s. In dieser H<strong>in</strong>sicht wird Alter(n) u.a. als e<strong>in</strong> ge-<br />

sellschaftliches Problem behandelt im S<strong>in</strong>ne von ökonomischer Last, ungenutzten Ressourcen oder<br />

sozialpolitischen Ansätzen der Vergesellschaftung. Das „Problem Alter(n)“ stellt dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong> gesell-<br />

schaftliches Konstrukt dar. Dieses hat sich über e<strong>in</strong>e längere Zeit entwickelt, <strong>in</strong>dem es von gesell-<br />

schaftlich relevanten Individuen oder Gruppen erst als Problem deklariert worden ist, durch gesell-<br />

schaftliche und soziale Bed<strong>in</strong>gungen sowie durch <strong>in</strong>dividuelle Handlungs- und Verhaltensweisen zu<br />

e<strong>in</strong>em solchen gemacht worden ist (vgl. Backes 2000).<br />

Die Gerontologie als e<strong>in</strong>e weitere Diszipl<strong>in</strong> ist vielfach bee<strong>in</strong>flusst worden von Theorien, die aus dem<br />

biologischen oder psychologischen Bereich stammen. So ist das eher determ<strong>in</strong>istische Defizitmodell (s.<br />

o.) lange Zeit wichtig gewesen <strong>in</strong> der gerontologischen Forschung. Es ist dort mit e<strong>in</strong>em Lebenspha-<br />

senmodell unterlegt worden. Altern als defizitärer Prozess ist <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne untergliedert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

K<strong>in</strong>dheits- und Jugendphase, die sich durch ausgeprägte <strong>in</strong>tellektuelle Fähigkeiten auszeichnet; darauf<br />

folgt die Phase des jungen und mittleren Erwachsenenalters, <strong>in</strong> der im dritten Lebensjahrzehnt diese<br />

Fähigkeiten ihren Höhepunkt haben und dann <strong>in</strong> der dritten Phase (Alter) wieder abbauen. E<strong>in</strong>e zweite<br />

Variante ist die strukturfunktionalistisch geprägte Aktivitätsthese oder Ausgliederungstheorie, die älte-<br />

re Menschen basierend auf ihrer gesellschaftlichen Funktionsfähigkeit untersucht. Ausgangsvermutung<br />

ist, dass ältere Menschen aus bestimmten Bezugsruppen ausgegliedert werden, da sie e<strong>in</strong>erseits die für<br />

diese notwendigen Funktionen nicht mehr erfüllen können und ihnen andererseits Funktionslosigkeit<br />

18


zugeschrieben wird. Sie werden ausgegrenzt, erleiden e<strong>in</strong>en Rollenverlust und reagieren aufgrund von<br />

Unzufriedenheit mit dieser Situation mit Resignation und zunehmender Passivität. Bei der Disengage-<br />

mentstheorie tritt zusätzlich zu dem oben (psychologische Ansätze) beschriebenen Prozess des Rück-<br />

zuges sowie dem <strong>in</strong>dividuellen Verlangen danach <strong>in</strong> der gerontologischen Perspektive noch die gesell-<br />

schaftliche Zustimmung zu e<strong>in</strong>em Rückzug. Diese drei Theoriestränge s<strong>in</strong>d bereits wissenschaftlich<br />

widerlegt worden. Abschließend zu beschreiben ist noch die kritische Variante des symbolischen Inter-<br />

aktionismus. Diese geht davon aus, dass aufgrund von symbolischen Konstruktionsprozessen ältere<br />

Menschen marg<strong>in</strong>alisiert werden. D.h., es f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Stigmatisierung aufgrund des Alters statt und<br />

damit e<strong>in</strong>e Verfestigung von Altersstereotypen, die ältere Menschen zu e<strong>in</strong>er gesellschaftlichen Rand-<br />

gruppe werden lassen (vgl. Franke/Wilde 2006:81f; Kohli 1994:235ff).<br />

Für diese Darstellungen lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die wissenschaftlichen Ause<strong>in</strong>an-<br />

dersetzungen mit Alterungsprozessen <strong>in</strong> den verschiedenen Bereichen und Diszipl<strong>in</strong>en teilweise <strong>in</strong>e<strong>in</strong>-<br />

andergreifen, sich ergänzen oder durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Sicht weiterentwickelt und erweitert ha-<br />

ben bzw. werden. Dennoch wird <strong>in</strong> diesem Überblick deutlich, dass bis auf wenige Ausnahmen, Altern<br />

<strong>in</strong> den verschiedenen Perspektiven als e<strong>in</strong> mehr oder weniger negativ betonter Prozess ersche<strong>in</strong>t. Es ist<br />

aber das Verdienst der verschiedenen Wissenschaften, dass Altern heute wissenschaftlich als <strong>in</strong>dividu-<br />

ell verlaufender und differentieller Prozess behandelt wird, der multikausal bestimmt ist. Bis wissen-<br />

schaftliche Erkenntnis aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong> gesamtgesellschaftliches Verständnis, E<strong>in</strong>stellungen, Vorstellungen,<br />

etc. münden, ist es e<strong>in</strong> langer Weg. So kann nicht verwundern, dass trotz neuerer Ergebnisse bspw. die<br />

Defizitmodelle weiter auf gesellschaftlicher Ebene wirken und E<strong>in</strong>stellungen sowie Fremd- und<br />

Selbstwahrnehmung <strong>in</strong> Bezug auf ältere Menschen <strong>in</strong> negativer Weise prägen. Dementsprechend haben<br />

sich u.a. negative Altersbilder etabliert, die sche<strong>in</strong>bar schwer aufzubrechen und zu ersetzen s<strong>in</strong>d mit<br />

neuen Altersstereotypen. Da jene <strong>in</strong> Anbetracht des demografischen Wandels und damit e<strong>in</strong>em stei-<br />

genden Anteil Älterer offenbar H<strong>in</strong>dernisse und Diskrim<strong>in</strong>ierungspotenzial im Umgang mit diesen<br />

aufwerfen können, wird im kommenden Abschnitt e<strong>in</strong>zugehen se<strong>in</strong> auf die Ausprägungen alter und<br />

neuer Stereotype <strong>in</strong> der Dimension Alter und <strong>in</strong>wiefern sich diese im Erwerbssystem und <strong>in</strong> den Per-<br />

spektiven auf ältere Arbeitnehmer auswirken.<br />

19


3.3 Alte und neue Stereotype <strong>in</strong> der Dimension Alter- Perspektiven auf ältere Arbeitnehmer<br />

und ihre Auswirkungen<br />

Zunächst e<strong>in</strong>mal ist zu klären, was unter Stereotypen <strong>in</strong> der Wissenschaft zu verstehen ist, bevor diese<br />

angewendet werden können auf die Dimension Alter bzw. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren Schritt auf die Situation<br />

älterer Arbeitnehmer. Dafür werden Psychologie und Sozialpsychologie herangezogen.<br />

In ersterer wird die Auffassung vertreten, dass es verschiedene Ausprägungen stereotyper Systeme<br />

gibt. Darunter fallen Vorurteile, E<strong>in</strong>stellungen, Attituden, Image, Rollenschemata, etc. Sie dienen Indi-<br />

viduen zur Bewältigung ihrer komplexen Umwelt, zur Orientierung und Steuerung des Verhaltens (vgl.<br />

Bergler 1966:86, 100, 117). Um e<strong>in</strong>e Grundstruktur stereotyper Systeme zu bestimmen, bietet Bergler<br />

zehn Merkmale stereotyper Systeme an: 1. ermöglichen sie e<strong>in</strong>em Individuum die Bewältigung von<br />

objektiv unübersichtlichen Situationen; 2. s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> ähnlicher Form wiederkehrende Interpretationen<br />

der Wirklichkeit zur Vere<strong>in</strong>fachung und Entlastung des Individuums <strong>in</strong> komplexen Lagen; 3. zeichnen<br />

sich diese Systeme durch Konstanz und Stabilität bzw. Inflexibilität aus; 4. f<strong>in</strong>den durch stereotype<br />

Systeme e<strong>in</strong>e Vernachlässigung spezifischer Wesenszüge und Generalisierung von E<strong>in</strong>zelerfahrungen<br />

statt; 5. handelt es sich um übersichtliche und vielschichtige Merkmalsgruppierungen, die kollektiv<br />

geteilt werden; 6. stehen stereotype Systeme <strong>in</strong> <strong>in</strong>tegrativen Zusammenhängen mit anderen Systemen;<br />

7. repräsentieren sie den Lebensraum e<strong>in</strong>er Person bzw. Gruppe und dienen dem Individuum zur Iden-<br />

tifikation; 8. können sie sowohl auf unterschiedliche Fremdgruppen („Heterostereotypien“) als auch<br />

eigene Bezugsgruppen („Autostereotypien“) bezogen werden; 9. stellen sie Erwartungssysteme und<br />

Schablonen der Rollen für die eigene Person und andere dar; 10. prägen stereotype Systeme e<strong>in</strong>e selek-<br />

tive Wahrnehmung. D.h., es wird lediglich dasjenige wahrgenommen, welches im Wesentlichen mit<br />

den stereotypen Fakten korrespondiert (vgl. Bergler 1966:108fff).<br />

Sozialpsychologisch betrachtet werden ähnliche Merkmale zur Beschreibung von Stereotypen verwen-<br />

det wie <strong>in</strong> der Psychologie. Zudem werden die Begriffe Vorurteil, Stereotyp und Diskrim<strong>in</strong>ierung von-<br />

e<strong>in</strong>ander unterschieden. Bei ersterem handelt es sich um negative E<strong>in</strong>stellungen gegenüber bestimmten<br />

Individuen resultierend aus deren Gruppenzugehörigkeit. Stereotype s<strong>in</strong>d kognitive Bestandteile von<br />

Vorurteilen im S<strong>in</strong>ne von „Bildern“. Sie enthalten Auffassungen bezüglich der Attribute von Personen<br />

aus bestimmten Gruppen. Gegenstand von Stereotypen s<strong>in</strong>d immer soziale Gruppen. Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

bezeichnet die Benachteiligung von Individuen wegen ihrer Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er bestimmten Gruppe<br />

(vgl. Bierhoff 2006:Kap.3; Kruse/Schmitt 2005:11). Es gibt verschiedene Ansätze, die sich mit diesem<br />

Thema ause<strong>in</strong>andersetzen. Der soziokulturelle Ansatz geht davon aus, dass Gruppen aufgrund e<strong>in</strong>es<br />

bestimmten kulturellen Konsenses wahrgenommen werden. Daraus resultieren dann ethnische und na-<br />

20


tionale Stereotype sowie stereotype Subtypen bezogen auf verschiedene Teilgruppen. E<strong>in</strong> weiterer ist<br />

der psychodynamische Ansatz. Dieser nimmt an, dass Stereotype aus Konflikten hervorgehen. Danach<br />

entsprechen Stereotype Projektionsmechanismen, durch die das, was bei der eigenen Person unter-<br />

drückt, bei anderen wahrgenommen wird. In ihnen f<strong>in</strong>det gewissermaßen e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation von äuße-<br />

ren, physischen Merkmalen und stereotypen Eigenschaften statt. Sie s<strong>in</strong>d Ergebnisse von Kategorisie-<br />

rungsprozessen, die die Umwelt e<strong>in</strong>es Individuums strukturieren zum Zweck e<strong>in</strong>er schnelleren Kom-<br />

munikation und zur Vere<strong>in</strong>fachung der Realität. Dadurch werden Unterschiede zwischen Kategorien<br />

erst deutlich. Daran schließen sich Theorien an wie Theorie der sozialen Diskrim<strong>in</strong>ierung, Theorie der<br />

sozialen Identität, optimale Dist<strong>in</strong>ktionstheorie oder Soziale-Struktur-Analyse (vgl. Bierhoff<br />

2006:Kap.3; Filipp/Mayer 1999:55fff). 19 Weiter oben ist bereits angesprochen worden, dass Stereotype<br />

<strong>in</strong> hohem Maße änderungsresistent s<strong>in</strong>d. Dieser Umstand ergibt sich aus ihren Funktionen für Individu-<br />

en. 20 Durch Stereotype werden Individuen kulturell verankert und ordnen sich sozialen Gruppen zu.<br />

Zudem wird damit e<strong>in</strong>e Abgrenzung von anderen ermöglicht, die im Wettbewerb um jedwede knappen<br />

Ressourcen notwendig ersche<strong>in</strong>t. Weitere Funktionen s<strong>in</strong>d Abwehr von Angst, Selbstunsicherheit oder<br />

Gefühlen der Unterlegenheit sowie Möglichkeiten der psychologischen Neutralisierung von Misserfol-<br />

gen (Selbstschutz) und schnellere Informationsverarbeitung (vgl. Bierhoff 2006:379; Filipp/Mayer<br />

1999:59fff). Stereotype bergen auch Gefahren. Sie entsprechen ke<strong>in</strong>eswegs der Realität aufgrund ihrer<br />

„Übergeneralisierung“. Individuelle Unterschiede werden vernachlässigt, da Personen nur noch <strong>in</strong> der<br />

homogenen sozialen Gruppe gesehen werden. D.h., lediglich vornehmlich dem Stereotyp entsprechen-<br />

de Wesensmerkmale werden wahrgenommen. Es wird angenommen, dass durch negative Stereotype<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er „Self-fullfill<strong>in</strong>g prophecy“ die Leistung e<strong>in</strong>er Person gem<strong>in</strong>dert werden kann, <strong>in</strong>dem<br />

sich die Person an die (gesellschaftliche) Erwartung e<strong>in</strong>es Leistungsabbaus anpasst. E<strong>in</strong>e andere mögli-<br />

che Folge ist der Rückzug aus stereotypen Bereichen (Disengagement), wodurch Lernerfolge reduziert<br />

werden. Besonders problematisch <strong>in</strong> diesem Zusammenhang ist die enorme Änderungsresistenz von<br />

Stereotypen. Damit ist es durchaus möglich, dass Stereotype sowie ihre u.U. negativen Auswirkungen<br />

über lange Perioden erhalten bleiben, selbst wenn sie nicht der Realität entsprechen (vgl. Bierhoff<br />

2006:380f; Filipp/Mayer 1999:62fff). Strategien des Abbaus von Stereotypen werden z.B. <strong>in</strong> der Kon-<br />

takthypothese deutlich. Es wird angenommen, dass durch räumliche Distanz Stereotype erhalten blei-<br />

ben, während diese bei verstärktem Kontakt abgem<strong>in</strong>dert werden können. Das kann dadurch gel<strong>in</strong>gen,<br />

19 An dieser Stelle muss darauf verzichtet werden e<strong>in</strong>e ausführliche Darstellung der Theoriestränge vorzunehmen (ausführlicher<br />

dazu vgl. Bierhoff 2006; Filipp/Mayer 1999:66-fff, 78fff).<br />

20 Diese Funktionen unterscheiden sich je nach wissenschaftlicher Perspektive (vgl. Filipp/Mayer 1999:59fff).<br />

21


dass <strong>in</strong>dividuelle Kontakte über Gruppengrenzen h<strong>in</strong>aus verstärkt werden (Dekategorisierung), die Un-<br />

terschiedlichkeit der Gruppenzugehörigkeit <strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiveren Kontakten verdeutlicht wird und somit po-<br />

sitive Erfahrungen im Bezug auf Außengruppen möglich werden (Intergruppenmodell) oder dass durch<br />

kooperative Aufgaben Gruppengrenzen überwunden werden (Rekategorisierungsmodell) (vgl. Bierhoff<br />

2006:384). Stereotype s<strong>in</strong>d diesen wissenschaftlichen Strängen zufolge e<strong>in</strong> rationaler Mechanismus,<br />

dessen sich alle Menschen bedienen, um den Umgang mit der komplexen Wirklichkeit zu erleichtern.<br />

Jeder macht sich demnach „Bilder“ über Personen aus bestimmten Gruppen, die an e<strong>in</strong>em gesellschaft-<br />

lichen Konsens ausgerichtet s<strong>in</strong>d.<br />

Auch Altersstereotype dienen der vere<strong>in</strong>fachten Erfassung der Wirklichkeit und werden durch e<strong>in</strong>e<br />

breite gesellschaftliche Zustimmung getragen. Sie werden <strong>in</strong> vielen verschiedenen gesellschaftlichen<br />

Kontexten aufgegriffen. Sie f<strong>in</strong>den sich u.a. <strong>in</strong> Literatur, Kunst, Medien und Öffentlichkeit, politischen<br />

Reden und wissenschaftlichen Schriften, etc. wieder. Altersbilder werden hergestellt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kopplung<br />

von Lebensalter und der Antizipation daran anknüpfender Verhaltensweisen, Eigenschaften und Rol-<br />

lenerwartungen. Auch physiognomische Merkmale spielen e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Z.B. Veränderungen<br />

der Gesichtszüge durch Faltenbildung oder ergrauende Haare stellen Merkmale für ältere Menschen<br />

dar (vgl. Backes/Clemens 2003:58; Filipp/Mayer 1999:57,96f). Nicht selten werden mit dem Lebensal-<br />

ter negative Eigenschaften verbunden im Gegensatz zur Jugend, die eher positiv belegt ist. E<strong>in</strong>ige<br />

Schlagworte, die e<strong>in</strong>e durchaus negative Akzentuierung von Altersbildern bzw. das schlechte Image<br />

Älterer aufgreifen, s<strong>in</strong>d Vorstellungen von Senilität, Krankheit, Verlust bestimmter Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten, Unselbständigkeit, Inflexibilität sowie Abhängigkeit. Weniger stark betont werden positi-<br />

ve Aspekte des Alter(n)s wie Weisheit, Zuverlässigkeit, Pr<strong>in</strong>zipientreue, Lebenserfahrung usw. (vgl.<br />

Backes/Clemens 2003:60; Druyven 2005:20; Filipp/Mayer 2005:27; Filipp/Mayer 1999:11f, 66ff). In<br />

wissenschaftlichen Ause<strong>in</strong>andersetzungen mit Altersstereotypen haben von Beg<strong>in</strong>n an eher negative<br />

Aspekte wie Vorurteile und Diskrim<strong>in</strong>ierung dom<strong>in</strong>iert. E<strong>in</strong>flussreich bis <strong>in</strong> die Gegenwart <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang ist die These des „Ageism“ von Butler. Damit ist e<strong>in</strong>e Art Altenfe<strong>in</strong>dlichkeit geme<strong>in</strong>t,<br />

die sich durch Vorurteile gegenüber älteren Menschen, Alter und Altern, soziale Diskrim<strong>in</strong>ierung Älte-<br />

rer sowie der Bestätigung und dem Erhalt stereotyper Auffassungen durch politische und <strong>in</strong>stitutionelle<br />

Handhabung auszeichnet. Die wissenschaftliche Perspektive hat sich diesbezüglich verändert. Während<br />

die These von Butler eher e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige Sicht auf das Alter widerspiegelt, wird heute von e<strong>in</strong>em diffe-<br />

rentiellen Prozess des Alters und Alterns ausgegangen (vgl. Filipp/Mayer 2005:25; Kruse/Schmitt<br />

2005:12; Lehr 2000:197). Da Altersbilder allerd<strong>in</strong>gs perspektivgebunden s<strong>in</strong>d, können sie auch erhal-<br />

ten bleiben, obwohl sie wissenschaftlich nicht mehr haltbar s<strong>in</strong>d. So hat z.B. das Defizitmodell (siehe<br />

22


3.2) noch immer Auswirkungen auf (gesellschaftliche) E<strong>in</strong>stellungen gegenüber Älteren. Faktoren, die<br />

auf diese Bilder wirken s<strong>in</strong>d subjektive Vorstellungen und „Alltagstheorien“ <strong>in</strong> Abhängigkeit zur eige-<br />

nen Position und psychischer Konstitution, sozioökonomische Entwicklungen, ästhetische Ideale, ge-<br />

sellschaftliche Normen und Werte, wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Umgang damit <strong>in</strong> politischer<br />

und gesellschaftlicher Öffentlichkeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass subjektive Urteile differenzier-<br />

ter ausfallen und dar<strong>in</strong> sowohl positive als auch negative Facetten konfrontiert werden (vgl. Ba-<br />

ckes/Clemens 2003:58ff; Lehr 2000:196f; Prahl/Schroeter 1996:74fff; Saake 2006:148).<br />

Wenngleich die Studien zu diesem Thema viele unterschiedliche Ergebnisse abbilden, lassen sich <strong>in</strong><br />

der Gesellschaft und e<strong>in</strong>zelnen Teilbereichen viele (v.a. negative) Altersbilder ausmachen. 21<br />

In den Medien bspw. s<strong>in</strong>d ältere Menschen durchweg unterrepräsentiert. In K<strong>in</strong>der-, Schulbüchern und<br />

anderen Pr<strong>in</strong>tmedien, Fernsehsendungen für K<strong>in</strong>der und Erwachsene werden ältere Menschen marg<strong>in</strong>a-<br />

lisiert. Sie s<strong>in</strong>d selten die Protagonisten. Diejenigen, die <strong>in</strong> der medialen Öffentlichkeit z.B. <strong>in</strong> der Wer-<br />

bung dargestellt werden, s<strong>in</strong>d „junge“ oder „neue Alte“, belegt mit den Attributen Aktivität und Ju-<br />

gendlichkeit. Alter wird <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne nicht negativiert. Allerd<strong>in</strong>gs wird die Vielfalt des Alter(n)s<br />

unterschlagen und auf e<strong>in</strong> Bild reduziert, das <strong>in</strong> der Realität lediglich von e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>derheit repräsen-<br />

tiert wird (vgl. Backes/Clemens 2003:60f; Filipp/Mayer 1999:216ff; 220-230; Prahl/Schroeter<br />

1996:81ff).<br />

Die Besonderheit von Altersbildern liegt dar<strong>in</strong>, dass sich mit zunehmendem Alter von Individuen die<br />

E<strong>in</strong>stellungen gegenüber Älteren positivieren und die Abgrenzung von dieser Gruppe verm<strong>in</strong>dert wird.<br />

Das Fatale an Altersstereotypen beruht auf ihren Auswirkungen. Kurzfristig und gegebenenfalls sogar<br />

langfristig können sich negative Altersstereotype niederschlagen auf die Leistungsfähigkeit und das<br />

Selbstbild von Älteren. Dabei müssen Fremd- und Selbste<strong>in</strong>schätzungen bezüglich der Situation älterer<br />

Menschen ke<strong>in</strong>esfalls übere<strong>in</strong>stimmen. Ältere Menschen passen sich der negativen Erwartungshaltung<br />

an und schreiben sich selbst Defizite und Inkompetenzen zu, wodurch schnellere körperliche wie geis-<br />

tige Abbau- und Alterungsprozesse begünstigt werden können. Sie fügen sich dem Fremdbild, verhal-<br />

ten sich „ihrem Alter (gesellschaftlich) angemessen“ und fühlen sich dementsprechend so alt, wie es<br />

die Gesellschaft von ihnen erwartet im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er sich selbst erfüllenden Prophezeiung (s.o.). Positive<br />

Stereotype bergen aber ebenfalls Risiken, <strong>in</strong>dem sie Ältere unter e<strong>in</strong>en erhöhten Erwartungsdruck stel-<br />

len sowie zu Überforderung führen können (vgl. BMFSFJ 2006:50; Filipp/Mayer 2005:28ff; Lehr<br />

2000:199ff). Um e<strong>in</strong>e differenziertere Sicht auf das Thema Alter zu fördern, hat die Altenberichts-<br />

21 In Abhängigkeit von unterschiedlichen Untersuchungsmethoden kommt e<strong>in</strong>e Vielzahl von unterschiedlichen Ergebnissen<br />

zustande, für deren Explikation e<strong>in</strong>e eigene Arbeit angemessen wäre. Daher wird nicht auf unterschiedliche Methoden<br />

e<strong>in</strong>gegangen, sondern diesbezüglich auf das Werk von Filipp und Mayer verwiesen (vgl. Filipp/Mayer 1999).<br />

23


kommission <strong>in</strong> ihrem fünften Altenbericht fünf neue Leitbilder vorgeschlagen: 1. „Alter als Motor für<br />

Innovation“, d.h., dass die Arbeitskraftpotenziale älterer Menschen besser genutzt werden müssen für<br />

den Erhalt von Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft; 2. „Recht auf lebenslanges Lernen und<br />

Pflicht zum Lebenslangen Lernen“, d.h., dass Ältere zunehmend an Fortschritten und Veränderungs-<br />

prozessen <strong>in</strong> verschiedenen Bereichen (siehe 2.1) aktiv partizipieren dürfen und müssen; 3. „Prävention<br />

<strong>in</strong> allen Phasen des Lebenslaufs“, d.h., E<strong>in</strong>führung vorbeugender Maßnahmen bezüglich gesundheitli-<br />

cher Probleme, E<strong>in</strong>schränkungen und Abbau sozialer Ungleichheit; 4. „Nachhaltigkeit und Generatio-<br />

nensolidarität, d.h., dass das Themenfeld Alter <strong>in</strong> generationenübergreifenden Kontexten bearbeitet<br />

werden muss; 5. „Mitverantwortliches Leben älterer Menschen“, d.h., Ältere müssen unterstützt wer-<br />

den <strong>in</strong> ihrem eigenen sozialen Engagement und der Verantwortung für andere (vgl. BMFSFJ<br />

2006:53ff; Kruse/Schmitt 2005:12f). Gerade aufgrund des demografischen Wandels und der demogra-<br />

fischen Alterung müssen derartige neue Perspektiven auf Alter eröffnet werden, um sich den künftigen<br />

Herausforderungen stellen zu können.<br />

Im Bereich der Erwerbsarbeit und der Situation älterer Arbeitnehmer <strong>in</strong> der hiesigen Gesellschaft s<strong>in</strong>d<br />

diese neuen Leitbilder noch nicht dom<strong>in</strong>ant. „Alte Altersbilder“, wie weiter oben beschrieben, haben<br />

weit größeren E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> der Arbeitswelt. Das liegt u.a. daran, dass Leistungsfähigkeit und Produktivi-<br />

tät <strong>in</strong> diesem Bereich zu den wichtigsten Themen für Unternehmen und Vorgesetzte gehören. E<strong>in</strong>e<br />

konkrete, wenngleich etwas ältere Auflistung der häufigsten negativen Vorurteile und E<strong>in</strong>stellungen<br />

gegenüber älteren Arbeitnehmern bieten Ahrend und Konietzko aus dem Bereich der Arbeitsmediz<strong>in</strong>:<br />

Abnehmende Arbeitsproduktivität, vermehrte Unfallhäufigkeit, höhere Krankheitsanfälligkeit, mehr<br />

Fehlzeiten, Abnahme der geistig-<strong>in</strong>tellektuellen Fähigkeiten, verm<strong>in</strong>derte Körperkräfte, Anpassungs-<br />

und Umstellungsschwierigkeiten, unzureichende Aufgeschlossenheit, nachlassende Bereitschaft zu<br />

Weiterbildung und Umschulung, Ablehnung von Neuerungen, verr<strong>in</strong>gertes Selbstvertrauen, etc. Die<br />

Liste der positiven Vorstellungen fällt dagegen um etwa die Hälfte kürzer aus. Die Gefahr der sich<br />

selbst erfüllenden Prophezeiung ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang als e<strong>in</strong> großes potenzielles Risiko für<br />

ältere Arbeitnehmer anzunehmen. Derartig viele und negative E<strong>in</strong>stellungen können entsprechende<br />

Erwartungen an jene Arbeitnehmer und deren Selbstbild prägen. E<strong>in</strong>e verm<strong>in</strong>derte Leistungsfähigkeit<br />

sollte demnach nicht überraschen (vgl. Ahrend/Konietzko 1995:19f). Lange Zeit ist diese negative Per-<br />

spektive auf ältere Arbeitnehmer unterstützt worden durch e<strong>in</strong>e jugendzentrierte Personalpolitik der<br />

Unternehmen. Aufgrund allgeme<strong>in</strong>er Arbeitsplatzknappheit s<strong>in</strong>d ältere Arbeitnehmer auch wegen Vor-<br />

urteilen und deren eigenem Interesse an e<strong>in</strong>em früheren Austritt aus dem Erwerbsleben verstärkt frei-<br />

gesetzt worden, um Platz zu machen für jüngere Arbeitskräfte. E<strong>in</strong> Rückgang der Erwerbsbeteiligung<br />

24


Älterer zwischen 55 und 64 Jahren bspw. ist schon seit längerer Zeit zu verzeichnen. Zwischen 1960<br />

und 1990 ist der Anteil dieser Altersgruppe <strong>in</strong> Beschäftigung von 94% auf 81% abgesunken. Gesetzli-<br />

che Regelungen haben ebenfalls dazu beigetragen, <strong>in</strong>dem sie die Inanspruchnahme vorzeitiger Rente<br />

ermöglicht haben („Vorruhestandsregelung“ <strong>in</strong> der „Ära Kohl“). H<strong>in</strong>tergrund dieser Bestimmungen<br />

s<strong>in</strong>d u.a. Annahmen e<strong>in</strong>er nachlassenden Produktivität im Alter sowie e<strong>in</strong>er abnehmenden körperlichen<br />

und geistigen Funktionsfähigkeit gewesen (vgl. BMFSFJ 2001:30f; Lehr 2000:205f). Zusätzlich kön-<br />

nen Formen der negativen und positiven Diskrim<strong>in</strong>ierung im Betrieb für ältere Arbeitnehmer angeführt<br />

werden, die heute zum Teil nicht mehr gültig s<strong>in</strong>d, aber lange Zeit Schwierigkeiten für diese Personen-<br />

gruppe bedeutet haben. Zu ersteren zählen Umsetzung auf Schonarbeitsplätze, ger<strong>in</strong>ge Beteiligung an<br />

Fort- und Weiterbildung, Höchstaltersgrenzen für bestimmte Tätigkeiten oder mit zunehmendem Alter<br />

ger<strong>in</strong>gere betriebliche Aufstiegsmöglichkeiten. Positive Formen der Diskrim<strong>in</strong>ierung können die Situa-<br />

tion Älterer auch erschweren bspw. bei der Wiedere<strong>in</strong>stellung. Zu diesen gehören das Senioritätspr<strong>in</strong>-<br />

zip bei der Entlohnung, Verdienstsicherung bei Umsetzung, besondere Arbeitszeitregelungen, verstärk-<br />

ter Kündigungsschutz, etc. (vgl. Ahrend/Konietzko 1995:20; Lehr 2000:208). Diskrim<strong>in</strong>ierung auf-<br />

grund des Alters kann aber auch bei Betonung des besonderen Förderbedarfs Älterer auftreten.<br />

Es hat verschiedene Umfragen gegeben, die verdeutlichen, welchen E<strong>in</strong>fluss Stereotype auf die Situati-<br />

on älterer Arbeitnehmer haben. Bei früheren Befragungen von Vorgesetzten konnte bspw. festgestellt<br />

werden, dass diese von älteren Mitarbeitern jene oben aufgelisteten negativen Eigenschaften erwartet<br />

haben. Dabei ist anzumerken, dass die Vorgesetzten ihre älteren Mitarbeiter umso positiver bewertet<br />

haben, je älter sie selbst gewesen s<strong>in</strong>d und je enger der Kontakt zu den Mitarbeitern gewesen ist. Auch<br />

die Beurteilung älterer Stellenbewerber ist schlecht ausgefallen, weil Führungskräfte z.B. oftmals<br />

nichts von den wissenschaftlichen Erkenntnissen wie z.B. der Widerlegung der Defizitthese gewusst<br />

und e<strong>in</strong>en Leistungsabfall im Alter befürchtet haben (vgl. Backes/Clemens 2003:56; Filipp/Mayer<br />

1999:179, 182ff; Lehr 2000:208ff). Neuere Studien zeigen e<strong>in</strong> (verme<strong>in</strong>tlich) anderes Bild. E<strong>in</strong>e Zu-<br />

sammenschau verschiedener Untersuchungen von 2006 zur Beschäftigung Älterer zeigt, dass Arbeit-<br />

geber mehrheitlich ke<strong>in</strong>e Unterschiede h<strong>in</strong>sichtlich der Qualifikation zwischen älteren und jüngeren<br />

Beschäftigten sehen. In Bezug auf Leistungsfähigkeit gehen sie nicht von e<strong>in</strong>er abnehmenden, sondern<br />

im Vergleich zu jüngeren von e<strong>in</strong>er andersartigen Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer aus. Eigen-<br />

schaften, die Arbeitgeber besonders schätzen an älteren Mitarbeitern s<strong>in</strong>d Erfahrung, Qualitätsbewusst-<br />

se<strong>in</strong>, Arbeitsmoral und –diszipl<strong>in</strong>, Loyalität, theoretisches Wissen sowie psychische Belastbarkeit. 58%<br />

der befragten Arbeitgeber <strong>in</strong> NRW würden Ältere bedenkenlos e<strong>in</strong>stellen. Allerd<strong>in</strong>gs haben lediglich<br />

9% tatsächlich ältere Arbeitskräfte e<strong>in</strong>gestellt. Die dabei zu Tage tretende Diskrepanz wird mit ver-<br />

25


m<strong>in</strong>derter Bewerbung älterer Arbeitssuchender begründet. Die Ursache dieses Verhaltens liegt der An-<br />

nahme nach <strong>in</strong> dem negativen Selbstbild der potenziellen älteren Arbeitnehmer und äußert sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

„vermuteten Chancenlosigkeit.“ Der Theorie entsprechend könnte genau das e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis darauf se<strong>in</strong>,<br />

dass sich Ältere bereits an die negative Erwartungshaltung ihnen gegenüber <strong>in</strong> ihrem Selbstbild ange-<br />

passt haben. Unternehmen, die sich bewusst für Jüngere entschieden haben, geben e<strong>in</strong> unpassendes<br />

Qualifikationsprofil der älteren Bewerber als Grund für die Nichte<strong>in</strong>stellung an. E<strong>in</strong>e andere Studie<br />

ermittelt bezüglich der Vorstellungen der Beschäftigten über das Rentenalter, dass viele bereits vor<br />

dem 65. Lebensjahr aus dem Berufsleben ausscheiden wollen. Personen, die e<strong>in</strong>e längere Lebensar-<br />

beitszeit anstreben, schätzen ihre Gesundheit eher positiv e<strong>in</strong>, haben meist e<strong>in</strong>e akademische Qualifika-<br />

tion und nehmen an beruflicher Weiterbildung teil (vgl. Keuken 2006). Die 2008 erschienene Studie<br />

des Adecco Institutes (ausführlicher siehe 4.1) 22 hat herausgestellt, dass deutsche Unternehmen die<br />

Relevanz des Themas demografischer Wandel erkannt haben und sich langsam <strong>in</strong> ihren betrieblichen<br />

Strategien und v.a. <strong>in</strong> der Personalpolitik auf ältere Arbeitnehmer e<strong>in</strong>stellen. Die Bereitschaft, gut aus-<br />

gebildete Arbeitnehmer über 50 Jahren e<strong>in</strong>zustellen, hat zugenommen. Arbeitgeber geben an, positive<br />

Erfahrungen mit Mitarbeitern über 50 Jahren gemacht zu haben. Sie schätzen diese als m<strong>in</strong>destens<br />

ebenso gut e<strong>in</strong> wie jüngere Mitarbeiter. Dennoch sucht die Mehrheit der Unternehmen weiterh<strong>in</strong> nach<br />

qualifizierten und v.a. jungen Arbeitskräften, wodurch das positive Ergebnis für deutsche Unternehmen<br />

durchaus relativiert wird. Lediglich 12% der E<strong>in</strong>stellungen <strong>in</strong> Großunternehmen haben Arbeitnehmer<br />

über 50 Jahren betroffen. In mittelständischen Unternehmen s<strong>in</strong>d es noch weniger gewesen (vgl. Adec-<br />

co Institut 2008:5, 19ff; Rennert 2008).<br />

Insgesamt gesehen wirken negative und positive Stereotype stark bee<strong>in</strong>flussend sowohl im H<strong>in</strong>blick<br />

auf den Umgang mit älteren Menschen allgeme<strong>in</strong> <strong>in</strong> der lebensweltlichen Sphäre als auch auf die Per-<br />

spektiven bezüglich älterer Arbeitnehmer <strong>in</strong> der Erwerbssphäre im Besonderen. Wie gezeigt werden<br />

konnte, prägen v.a. negative Altersbilder die gesellschaftlichen E<strong>in</strong>stellungen gegenüber älteren Men-<br />

schen bzw. gegenüber älteren Arbeitnehmern. Trotz e<strong>in</strong>es langsam e<strong>in</strong>setzenden Wandels <strong>in</strong> der Perso-<br />

nalpolitik der Unternehmen, bleibt die Situation älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt daher<br />

schwierig, da jüngere Arbeitskräfte nach wie vor bevorzugt werden. Negative Altersstereotype, die<br />

gesamtgesellschaftlich unterstützt werden, tragen den Darstellungen zufolge unter großer Wahrsche<strong>in</strong>-<br />

lichkeit dazu bei.<br />

22 E<strong>in</strong>schränkend ist dazu anzumerken, dass von den im Punktesystem erreichbaren 400 Punkten, <strong>Deutschland</strong> zwar den<br />

Spitzenwert mit 187 Punkten erreicht hat, aber eben damit noch nicht e<strong>in</strong>mal die Hälfte.<br />

26


3.4 Zwischenfazit<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf alternde <strong>Belegschaften</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Kapitel zunächst die Dimensionen Arbeit und<br />

Alter konzeptionell bestimmt worden. Arbeit konnte als e<strong>in</strong> wesentlicher Bereich der modernen Gesell-<br />

schaft und als zentrale Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe identifiziert werden. Sie bietet den<br />

im Erwerbssystem e<strong>in</strong>gegliederten Personen f<strong>in</strong>anzielle Mittel, soziale E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung und persönliche<br />

Orientierung bzw. Zuordnung. Mit dieser Dimension ist Alter als zweite konfrontiert und verbunden<br />

worden. Besonders deutlich ist die Verknüpfung von Alter und Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Regelsystem gewor-<br />

den, das sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „Normallebenslauf“ manifestiert hat. Bei der genaueren Def<strong>in</strong>ition von Alter<br />

eröffnet die wissenschaftliche Literatur e<strong>in</strong>e Vielfalt von Möglichkeiten bei der E<strong>in</strong>teilung von Grup-<br />

pen nach Alter. Zusätzlich werden unterschiedliche Bestimmungsweisen von Alter als Strukturkatego-<br />

rie sowie als Prozess angeboten. Insgesamt ist diese Dimension daher nicht klar bestimmt, zum<strong>in</strong>dest<br />

aber als <strong>in</strong>dividuell unterschiedlicher Zustand bzw. unterschiedlich verlaufender Prozess beschrieben<br />

worden. Übertragen auf die Gruppe der älteren Arbeitnehmer ist deutlich geworden, dass für diese Ar-<br />

beit als zentrale Möglichkeit der gesellschaftlichen Partizipation von Bedeutung se<strong>in</strong> muss, da sie u.E.<br />

noch <strong>in</strong> das Erwerbssystem <strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d. Bei der altersabhängigen Abgrenzung bewegen sich die<br />

Angaben für die Gruppe älterer Arbeitnehmer zwischen 40 und 55 Jahren. Daher musste e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deuti-<br />

ge Bestimmung ausbleiben.<br />

In e<strong>in</strong>em nächsten Schritt s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige wissenschaftliche Ansätze aus Biologie, Mediz<strong>in</strong>, Psychologie<br />

und Sozialwissenschaften zu Alterungsprozessen betrachtet worden. Insgesamt konnte gezeigt werden,<br />

dass unter diesen e<strong>in</strong>e mehr oder weniger negative Sichtweise auf Alterungsprozesse dom<strong>in</strong>iert. Die<br />

Forschung lange bestimmende Modelle wie bspw. das „Defizit-Modell“ haben dazu beigetragen, dass<br />

Altern <strong>in</strong> der Wissenschaft vorwiegend als Abbauprozess betrachtet worden ist. Wie sichtbar werden<br />

sollte, liegt das Problem v.a. aber dar<strong>in</strong>, dass sich diese Perspektive auf gesellschaftlicher Ebene <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>stellungen, Vorurteilen, Stereotypen, etc. manifestiert hat und trotz wissenschaftlicher Widerlegung<br />

weiterh<strong>in</strong> besteht. Das betrifft ältere Menschen im Allgeme<strong>in</strong>en sowie ältere Arbeitnehmer im Beson-<br />

deren.<br />

Da sich damit schon angedeutet hat, wie wichtig Altersbilder <strong>in</strong> der Beurteilung Älterer s<strong>in</strong>d, ist es<br />

s<strong>in</strong>nvoll gewesen, diese im Anschluss genauer zu betrachten. Erst e<strong>in</strong>mal s<strong>in</strong>d Stereotype psycholo-<br />

gisch und sozialpsychologisch bestimmt worden als „Bilder“, die von Individuen zur Vere<strong>in</strong>fachung<br />

der Realität und Orientierung gebildet werden. Diese Bilder s<strong>in</strong>d belegt mit bestimmten Attributen,<br />

Eigenschaften, Erwartungen usw. bezogen auf Personen aus bestimmten sozialen Gruppen. Daran an-<br />

knüpfend s<strong>in</strong>d konkrete Stereotype, d.h. Altersbilder <strong>in</strong> verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten<br />

27


analysiert worden. Das Ergebnis bildet ab, dass Alter, Altern, alte Menschen v.a. negativ akzentuiert<br />

dargestellt werden, obwohl die Wissenschaft andere neuere Erkenntnisse gesammelt hat. Gesellschaft-<br />

liche Altersbilder und E<strong>in</strong>stellungen s<strong>in</strong>d noch immer negativ gefärbt. Neue Leitbilder wie jene der<br />

Altenberichtskommission, die positive Aspekte wie Innovation, lebenslanges Lernen oder Mitverant-<br />

wortung betonen, s<strong>in</strong>d zwar bereits auf den Weg gebracht worden, aber noch nicht <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />

angekommen. (Negative) Altersstereotype konnten auch für ältere Arbeitnehmer festgestellt werden.<br />

Sie machen sich, wie angeführt worden ist, v.a. <strong>in</strong> der jeweiligen Erwerbssituation <strong>in</strong> E<strong>in</strong>stellungen von<br />

Vorgesetzten, jüngeren Kollegen, etc. bemerkbar, und können damit sowohl die Erwerbssituation er-<br />

schweren als auch das Selbstbild des Arbeitnehmers negativ bee<strong>in</strong>flussen. Positive E<strong>in</strong>stellungen sei-<br />

tens der Führungskräfte werden zwar <strong>in</strong> neueren Studien betont, haben sich aber noch nicht durchge-<br />

setzt im H<strong>in</strong>blick z.B. auf die E<strong>in</strong>stellungspolitik und –zahlen von Unternehmen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>.<br />

Es hat sich <strong>in</strong> diesem Kapitel herauskristallisiert, dass (v.a. negative) Altersstereotype auf die Situation<br />

älterer Arbeitnehmer wirken <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Da sie schwierig zu messen s<strong>in</strong>d, bleibt nur die Annahme<br />

<strong>in</strong> diese Richtung. Zum<strong>in</strong>dest kann unterstellt werden, dass v.a. <strong>in</strong> der Situation älterer Arbeitnehmer<br />

am Arbeitsmarkt, <strong>in</strong> deren Integration und Partizipation u.a. der E<strong>in</strong>fluss negativer Altersbilder sichtbar<br />

wird.<br />

28


4 Situation älterer Arbeitnehmer <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> im europäischen<br />

Vergleich<br />

4.1 Partizipation Älterer am Arbeitsmarkt<br />

Im letzten Kapitel ist darauf e<strong>in</strong>gegangen worden, dass die Situation älterer Arbeitnehmer bee<strong>in</strong>flusst<br />

wird von gesellschaftlichen E<strong>in</strong>stellungen, Vorurteilen und Stereotypen, <strong>in</strong> denen sich v.a. Vorstellun-<br />

gen über Alterungsprozesse <strong>in</strong> negativer H<strong>in</strong>sicht gefestigt haben. Inwiefern sich das möglicherweise<br />

<strong>in</strong> der Partizipation älterer Arbeitnehmer am deutschen Arbeitsmarkt im Vergleich zu anderen europäi-<br />

schen Ländern niederschlägt, soll <strong>in</strong> diesem Abschnitt untersucht werden.<br />

Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit:<br />

In <strong>Deutschland</strong> lebten im Jahre 2006 ca. 82,4 Mio. Menschen. 42,448 Mio. zählten zu den Erwerbsper-<br />

sonen, davon 39,016 Mio. zu Erwerbstätigen, darunter 26,354 Mio. sozialversicherungspflichtig Be-<br />

schäftigte, und 3,432 Mio. gehörten zu der Gruppe der Erwerbslosen. Die Erwerbslosenquote betrug<br />

damit 8,1%. Die Erwerbstätigenquote lag bei 68,9%. Die meisten davon s<strong>in</strong>d im tertiären Sektor er-<br />

werbstätig gewesen (ca. 28,3 Mio.) (vgl. Statistisches Bundesamt 2007:79f, 84f). 23 Bei der Unterglie-<br />

derung der 26,354 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Altersgruppen ergibt sich,<br />

dass 3,114 Mio. unter 20- bis 25 Jahre alt (zusammengefasst), 13,550 Mio. 25- bis 45-jährig, 6,649<br />

Mio. zwischen 45 und 55 Jahren, 2,197 Mio. 55- bis 60-jährig und 0,842 Mio. 60 Jahre und älter (zu-<br />

sammengefasst) gewesen s<strong>in</strong>d. Daran wird e<strong>in</strong> deutliches S<strong>in</strong>ken der Anzahl der sozialversicherungs-<br />

pflichtig Beschäftigten mit steigendem Alter ersichtlich. V.a. ab 55 Jahren ist e<strong>in</strong> starker Abfall zu be-<br />

merken. Von <strong>in</strong>sgesamt 4,487 Mio. Arbeitslosen im Jahre 2006 waren 0,567 Mio. Personen 55 Jahre<br />

und älter. Das entspricht e<strong>in</strong>er Arbeitslosenquote von etwa 12,35% für diese Altersgruppe. 24 Zu der<br />

Gruppe der unter 25-Jährigen (0,522 Mio. Arbeitslose) ist zunächst e<strong>in</strong>mal ke<strong>in</strong> markanter Unterschied<br />

festzustellen (vgl. Tab. 1 bzw. 1a-d und Abb. 1a-d im Anhang; Statistisches Bundesamt 2007:86, 92).<br />

Die Daten des OECD Employment Outlook von 2007 geben Aufschluss über die Arbeitsmarktsituation<br />

Älterer <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> und anderen europäischen Ländern 25 im Vergleich bezogen auf Arbeitslosen-,<br />

23 Def<strong>in</strong>itionen der Begriffe s<strong>in</strong>d nach Angaben des Statistischen Bundesamtes aufgeführt worden (vgl. Statistisches Bun-<br />

desamt 2007:77f).<br />

24 Berechnet nach der statistischen Verteilungsfunktion: Teilmenge dividiert durch Gesamtmenge (vgl. Formel bei Rohwer<br />

2006:21).<br />

25 Für den europäischen Vergleich werden jene Länder herangezogen, die <strong>in</strong> der Sekundäranalyse der Daten <strong>in</strong> Kapitel 7.<br />

untersucht werden. Diese s<strong>in</strong>d: Österreich (A), Belgien (B), Dänemark (DK), <strong>Deutschland</strong> (D), F<strong>in</strong>nland (FIN), Frankreich<br />

(F), Niederlande (NL), Schweden (S) und Großbritannien (GB).<br />

29


Beschäftigungs- und Erwerbsquoten von 2006 (vgl. Tab.1 im Anhang). 26 Bei den Erwerbs- und Be-<br />

schäftigungsquoten der Personen zwischen 55 und 64 Jahren kann sich <strong>Deutschland</strong> lediglich im unte-<br />

ren Mittelfeld positionieren mit 55,3% und 48,5%. Niederlande, Frankreich, Österreich und Belgien<br />

liegen noch dah<strong>in</strong>ter mit Werten zwischen 32,2% (B) und 49,1% (NL) bzw. bei den Beschäftigungs-<br />

quoten zwischen 30,4 % (B) und 46,9% (NL). Spitzenreiter ist mit Abstand Schweden mit e<strong>in</strong>er Er-<br />

werbsquote von 73% und e<strong>in</strong>er Beschäftigungsquote von 69,8% für diese Altersgruppe. Mit e<strong>in</strong>er Ar-<br />

beitslosenquote von 12,3% der 55- bis 64-Jährigen ist <strong>Deutschland</strong> 2006 Schlusslicht. Großbritannien<br />

hat mit 2,9% die niedrigste Arbeitslosenquote für Personen zwischen 55 und 64 Jahren. Alle übrigen<br />

Länder liegen im Bereich zwischen 3,5% und 7,2%. Damit wird sichtbar, dass die Gruppe der Personen<br />

zwischen 55 und 64 Jahren schlechter im deutschen Arbeitsmarkt <strong>in</strong>tegriert ist als <strong>in</strong> anderen europäi-<br />

schen Ländern. In der tabellarischen Übersicht zeigen sich weitere Auffälligkeiten. In e<strong>in</strong>igen Ländern<br />

mit hohen Erwerbs- und Beschäftigungs- sowie niedrigen Arbeitslosenquoten für die 55- und 64-<br />

Jährigen (GB, S, FIN) f<strong>in</strong>den sich gleichzeitig für die jüngste Altersgruppe (15 bis 24 Jahre) sehr hohe<br />

Arbeitslosen- und vergleichsweise niedrige Beschäftigungsquoten. Es wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

e<strong>in</strong>e Korrelation vermutet zwischen hoher Erwerbstätigkeit bei der Gruppe zwischen 55 und 64 Jahren<br />

und niedriger Gesamtarbeitslosigkeit bzw. e<strong>in</strong> negativer Zusammenhang für Jugenderwerbstätigkeit<br />

(15 bis 24 Jahre) und Gesamtarbeitslosigkeit. Die ermittelten Zahlen weisen <strong>in</strong> diese Richtung.<br />

<strong>Deutschland</strong> und Frankreich 27 weisen für beide Altersgruppen hohe Arbeitslosenquoten und eher mä-<br />

ßige Erwerbs- und Beschäftigungsquoten sowie die höchsten Gesamtarbeitslosenquoten unter den Ver-<br />

gleichsländern auf. Für <strong>Deutschland</strong>, Belgien und Frankreich sei darauf verwiesen, dass dort viele Älte-<br />

re häufig über lange Zeit oder sogar bis zur Rente arbeitslos s<strong>in</strong>d (vgl. Bellmann/Dietz/Walwei<br />

2006:70f; BMFSFJ 2006:64; Eichhorst 2006:27, Abb.3; Funk/Seyda 2006:21; Tab1 a-d, Abb.1a-d im<br />

Anhang).<br />

E<strong>in</strong>ige Zahlen von 2004 ermöglichen e<strong>in</strong>e detailliertere Betrachtung der Situation Älterer. Die Gruppe<br />

der 55- bis 64-jährigen kann bspw. unterteilt werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Altersgruppe von 55 bis 59 Jahren und<br />

e<strong>in</strong>e von 60 bis 64 Jahren. Für erstere (DK: 78,1%; D: 57,4%; FIN: 65,8%; NL: 58,7%; GB: 67,7%)<br />

lassen sich bei den Beschäftigungsquoten fast überall e<strong>in</strong>deutig höhere Werte ermitteln als für die 60-<br />

bis 64-jährigen (DK: 40,6%; D: 24,3%; FIN: 29%; NL: 23%; GB: 41,3%). Dabei stellt sich die Situati-<br />

26 In Tabelle 1 wird e<strong>in</strong> Gesamtüberblick geboten, der an dieser Stelle nicht <strong>in</strong> aller Ausführlichkeit beschrieben werden<br />

kann. Es wird lediglich Bezug genommen auf die Daten, die Aufschluss geben über die Lage älterer Personen (zwischen<br />

55 und 64 Jahren) am Arbeitsmarkt und gegebenenfalls über Besonderheiten der e<strong>in</strong>zelnen Länder (ausführlicher vgl.<br />

Tab.1 bzw. 1a-d und Abb. 1a-d im Anhang).<br />

27 Frankreich erreicht mit e<strong>in</strong>er Jugendarbeitslosigkeitsquote von 23,9% sogar den höchsten Wert unter den <strong>in</strong> dieser Arbeit<br />

betrachteten Ländern (vgl. Tab.1 im Anhang).<br />

30


on Älterer <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> wiederum schwieriger dar. Es wird sichtbar, dass <strong>in</strong> den aufgeführten Län-<br />

dern e<strong>in</strong> erheblicher E<strong>in</strong>schnitt h<strong>in</strong>sichtlich der Erwerbstätigkeit Älterer ab dem 60sten Lebensjahr e<strong>in</strong>-<br />

setzt (vgl. Funk/Seyda 2006:18, Tab.1). Das Potenzial der 60- bis 64-jährigen kann demnach bei wei-<br />

tem nicht ausgeschöpft se<strong>in</strong>. In e<strong>in</strong>er Sichtung der Beschäftigungsquoten der 55- bis 64-jährigen nach<br />

Qualifikation (hoch, mittel, niedrig) ergibt sich e<strong>in</strong>e genauere E<strong>in</strong>schätzung, welche Gruppen unter den<br />

Erwerbspersonen unterrepräsentiert s<strong>in</strong>d am Arbeitsmarkt (vgl. Tab.2 im Anhang). In <strong>Deutschland</strong> ha-<br />

ben über 50% der 55- bis 64-jährigen Beschäftigten e<strong>in</strong>e hohe, über 30% e<strong>in</strong>e mittlere und gerade über<br />

20% e<strong>in</strong>e niedrige Qualifikation. Das vom Europäischen Rat <strong>in</strong> Stockholm festgelegte Beschäftigungs-<br />

ziel, die Beschäftigungsquote Älterer bis 2010 auf 50% zu steigern, ist damit bislang lediglich für die<br />

hochqualifizierte Gruppe erreicht. 28 Bei den anderen Gruppen muss sich dagegen noch e<strong>in</strong>iges verän-<br />

dern. In anderen Ländern ist ebenfalls e<strong>in</strong> Abfall der Werte bei s<strong>in</strong>kender Qualifikation nachzuvollzie-<br />

hen. Dänemark, Großbritannien und Schweden weisen allerd<strong>in</strong>gs für alle Qualifikationsgruppen relativ<br />

hohe Prozentsätze auf. Belgien und Österreich dagegen erreichen die niedrigsten Werte für die jeweili-<br />

gen Gruppen. Frankreich bef<strong>in</strong>det sich auf ähnlichem Niveau wie <strong>Deutschland</strong>, während F<strong>in</strong>nland sich<br />

im oberen Mittelfeld positionieren kann. Ältere Personen mit niedrigen bzw. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Ländern mit<br />

mittleren Qualifikationen stellen demnach Problemgruppen dar, bei denen die Integration im Arbeits-<br />

markt sche<strong>in</strong>bar mit größeren Schwierigkeiten verläuft als bei der Gruppe mit hohen Qualifikationen.<br />

In e<strong>in</strong>er Betrachtung der Beschäftigungsquoten der 45- bis 54- und der 55- bis 64-jährigen nach Quali-<br />

fikation und Geschlecht für <strong>Deutschland</strong> kristallisieren sich neben ger<strong>in</strong>g qualifizierten älteren Män-<br />

nern weitere schlechter gestellte Gruppen heraus. Während Frauen zwischen 45 und 54 Jahren mit<br />

niedrigen bis hohen Qualifikationen die 50%- Marke überschreiten („Stockholmer Ziel“), erreicht 2004<br />

unter den 55- bis 64-jährigen Frauen als e<strong>in</strong>zige die Gruppe mit hohen Qualifikationen e<strong>in</strong>e Quote von<br />

knapp über 50%. Jene mit mittleren Qualifikationen kommen auf 33,8%. Die Gruppe der niedrig quali-<br />

fizierten Frauen ab 55 Jahren weist e<strong>in</strong>en Wert von gerademal 23,7% auf. Alle aufgeführten Gruppen<br />

der älteren Frauen liegen deutlich unterhalb der Werte für die Männergruppen. Das kann darauf h<strong>in</strong>-<br />

deuten, dass neben (v.a. negativen) Vorstellungen von Alter, Geschlecht und Qualifikationsniveau ei-<br />

ner Person zu e<strong>in</strong>er Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt führen (vgl. Bosch/Schief 2005:6, Abb.3;<br />

BMFSFJ 2006:62f, Abb.6; Tab.2 im Anhang).<br />

28 Auf e<strong>in</strong>ige Beschlüsse auf europäischer Ebene wird <strong>in</strong> Abschnitt 5.1 näher e<strong>in</strong>gegangen.<br />

31


E<strong>in</strong> weiterer nicht zu vernachlässigender Punkt betrifft die Verteilung der Personengruppen zwischen<br />

50 und 60 Jahren bzw. zwischen 61 bis über 70 Jahren nach Betriebsgröße. 29 In e<strong>in</strong>er Untersuchung<br />

deutscher Betriebe von 2004 zeigt sich, dass zwischen 25% und 31% der Personen im Alter von 50 bis<br />

60 Jahren <strong>in</strong> Betrieben mit bis zu 10 Beschäftigten, etwa um die 15% <strong>in</strong> jenen mit 11 bis 49 Mitarbei-<br />

tern und ca. 45% bis 53% <strong>in</strong> Betrieben mit 50 und mehr Beschäftigten tätig s<strong>in</strong>d. Für die Beschäftigten<br />

zwischen 61 bis über 70 Jahren verweisen die Zahlen darauf, dass mit steigendem Alter der Prozentsatz<br />

für die kle<strong>in</strong>sten Betriebe steigt (von ca. 33% auf 78%). Bezogen auf Betriebe ab 11 bzw. mit 50 und<br />

mehr Beschäftigten s<strong>in</strong>kt der Prozentsatz mit steigendem Alter von 15% auf 13% bzw. von 42% auf<br />

10%. Mit zunehmendem Alter der Erwerbspersonen wird es demnach umso wahrsche<strong>in</strong>licher, dass sie<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em umso kle<strong>in</strong>eren Betrieb tätig s<strong>in</strong>d. Das könnte eventuell auch e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis auf das E<strong>in</strong>stel-<br />

lungsverhalten <strong>in</strong> größeren Unternehmen geben, <strong>in</strong> denen eher e<strong>in</strong>e jugendzentrierte Personal- und E<strong>in</strong>-<br />

stellungspolitik herrscht und weniger Ältere e<strong>in</strong>gestellt werden (vgl. BMFSFJ 2006:78, 79, Abb.17).<br />

Weiterbildung:<br />

Neben den Arbeitslosen- Beschäftigungs- und Erwerbsquoten gibt die Beteiligung v.a. an berufsbezo-<br />

gener bzw. betrieblicher Weiterbildung älterer Arbeitnehmer Aufschluss über die Partizipation und<br />

Integration Älterer am bzw. im Arbeitsmarkt. Die Gesamtsituation <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Ländern h<strong>in</strong>sicht-<br />

lich allgeme<strong>in</strong>er und beruflicher Weiterbildung der Personen zwischen 25 und 64 Jahren verweist auf<br />

große Niveauunterschiede. <strong>Deutschland</strong> belegt mit e<strong>in</strong>er Weiterbildungsquote für beide Geschlechter<br />

von 8,2% unter den <strong>in</strong> dieser Arbeit <strong>in</strong>teressierenden Vergleichsländern gerademal den vorletzten Platz<br />

vor Frankreich (7,6%). Deutsche Frauen beteiligen sich, anders als <strong>in</strong> den meisten anderen Ländern<br />

(außer Belgien), etwas weniger (8%) an Weiterbildung als deutsche Männer (8,3%). Die höchsten Be-<br />

teiligungsquoten f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Schweden (34,7%), Großbritannien (29,1%) und Dänemark (27,6%). In<br />

diesen Ländern s<strong>in</strong>d Frauen stärker an Weiterbildung beteiligt als Männer (vgl. Jouhette/Romans<br />

2006:10, Tab.8; Tab.3 im Anhang). Weiterbildungsquoten 30 der 55- bis 64-Jährigen von 2004 bilden<br />

e<strong>in</strong>e äußerst schlechte Situation für <strong>Deutschland</strong> ab mit 2,4%. Schweden zum Vergleich liegt über 30%<br />

(30,1% als höchster Wert), Dänemark und F<strong>in</strong>nland immerh<strong>in</strong> über 10% (vgl. Eichhorst 2006:28,<br />

Abb.5).<br />

29 In der entsprechenden Quelle wird an dieser Stelle e<strong>in</strong>e ausführlichere Darstellung angeboten für die e<strong>in</strong>zelnen Lebensjahre<br />

ab 50 Jahren. Aufgrund der relativ ähnlichen Werten wird hier allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e Zusammenfassung vorgenommen<br />

(ausführlicher vgl. BMFSFJ 2006:79, Abb.17).<br />

30 Es handelt sich um Beteiligung an Weiterbildung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Referenzzeitraum von vier Wochen. Unter Weiterbildung<br />

fallen Aus- und Erstausbildung, ständige Weiterbildung, betriebliche Ausbildung, Lehre, Ausbildung am Arbeitsplatz,<br />

Sem<strong>in</strong>are, Fernunterricht, Abendschule und allgeme<strong>in</strong>bildende Kurse (vgl. Eichhorst 2006:28, Abb.5).<br />

32


Bei der Teilnahme an beruflicher Weiterbildung der Personengruppen zwischen 45 und 64 Jahren un-<br />

terschieden nach Qualifikation stellt sich für <strong>Deutschland</strong> wie bei den Beschäftigungsquoten e<strong>in</strong>e<br />

schwierige Situation der ger<strong>in</strong>g Qualifizierten dar. V.a. Personen mit mittleren (schulische Berufsaus-<br />

bildung, betriebliche und überbetriebliche Berufsausbildung, etc.) bis höheren Abschlüssen (Fachhoch-<br />

schulabschluss) nehmen an betrieblicher Weiterbildung teil. Jene ohne beruflichen Ausbildungsab-<br />

schluss nehmen vergleichsweise selten daran teil (vgl. Bosch 2004:4, Abb.2). Es muss dabei berück-<br />

sichtigt werden, dass weniger als die Hälfte der deutschen Betriebe (43%) <strong>in</strong> der Förderung von Wei-<br />

terbildung aktiv ist. Davon bietet lediglich e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derheit (17%) überhaupt betriebliche Maßnahmen<br />

für ältere Arbeitnehmer an. Ältere werden allerd<strong>in</strong>gs nur zu e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Prozentsatz <strong>in</strong> betriebliche<br />

Weiterbildungsaktivitäten e<strong>in</strong>bezogen sowie altersspezifische Weiterbildungsangebote e<strong>in</strong>en marg<strong>in</strong>a-<br />

len Prozentsatz an den angebotenen Maßnahmen ausmachen. Daher s<strong>in</strong>d die Chancen für Ältere auf<br />

betriebliche Weiterbildung eher als ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>zuschätzen. Dazu ist anzumerken, dass e<strong>in</strong>ige Arbeitge-<br />

ber Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer erst als Möglichkeit sehen, wenn ke<strong>in</strong>e jüngeren Arbeits-<br />

kräfte mehr vorhanden s<strong>in</strong>d, selbst wenn damit im Vornhere<strong>in</strong> eventuelle Qualifikationsdefizite Älterer<br />

ausgeglichen werden könnten. Die meisten Betriebe, die derartige Maßnahmen anbieten, s<strong>in</strong>d der öf-<br />

fentlichen Verwaltung zuzuordnen (64%). Im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich<br />

belaufen sich die Werte unterhalb von 20%. H<strong>in</strong>sichtlich der Unternehmensgröße lässt sich sagen, dass<br />

die meisten Großunternehmen (92%) und die Mehrheit der mittelständischen (71%) betriebliche Maß-<br />

nahmen für Ältere umsetzen und diese <strong>in</strong> Weiterbildung e<strong>in</strong>beziehen. Unter den Kle<strong>in</strong>unternehmen ist<br />

es weniger als die Hälfte. Das gründet wahrsche<strong>in</strong>lich auf der Tatsache, dass Groß- und teilweise mit-<br />

telständische Unternehmen mehr f<strong>in</strong>anzielle Möglichkeiten und personelle Kapazitäten haben zur Rea-<br />

lisierung von Weiterbildungsangeboten (vgl. Bellmann/Kistler/Wahse 2007:3, Abb.4, 4, Tab.1;<br />

Funk/Seyda 2006:46). Es gibt aber durchaus positive Trends, wie die Adecco-Studie von 2008 auf-<br />

zeigt. Deutsche Unternehmen (v.a. Großunternehmen aus der Industrie) haben sich demnach <strong>in</strong>tensiver<br />

als andere europäische Länder auf demografische Herausforderungen e<strong>in</strong>gestellt. Altersstrukturanaly-<br />

sen der <strong>Belegschaften</strong> bspw. gehören zu viel genutzten Instrumentarien <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Dennoch bleibt<br />

die Personalplanung eher kurzfristig (Personalbedarf wird ungefähr 1,3 Jahre im Voraus geplant). Kar-<br />

rieremanagement, lebenslanges Lernen, Wissensmanagement, Gesundheitsmanagement und Altersviel-<br />

falt 31 werden <strong>in</strong> deutschen Unternehmen wahrgenommen, wenngleich nicht <strong>in</strong> allen Bereichen entspre-<br />

chend stark durch neue Initiativen unterstützt (vgl. Adecco Institut 2008).<br />

31 Dabei handelt es sich um fünf Handlungsfelder des „Demografischen Fitness-Index“ (vgl. Adecco 2008).<br />

33


Zusammenfassend beschrieben partizipieren ältere Menschen (zwischen 55 und 64 Jahren) <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ge-<br />

rem Maße am Arbeitsmarkt als andere Altersgruppen. Das bezieht sich auf alle betrachteten Länder. Es<br />

ergeben sich allerd<strong>in</strong>gs wesentliche Niveauunterschiede v.a. bei den Beschäftigungs- und Weiterbil-<br />

dungsquoten. E<strong>in</strong> relativ hohes Niveau erreichen bspw. Ältere <strong>in</strong> Schweden, Dänemark und Großbri-<br />

tannien. In <strong>Deutschland</strong> dagegen s<strong>in</strong>d die Werte eher niedrig. Die Integration Älterer <strong>in</strong> den Arbeits-<br />

markt gemessen an deren Arbeitslosenquoten, ist für <strong>Deutschland</strong> ebenfalls schlechter zu beurteilen im<br />

Vergleich zu e<strong>in</strong>igen anderen Ländern. Dass e<strong>in</strong>e Benachteiligung von Personen aufgrund des Alters<br />

und eher negativen E<strong>in</strong>stellungen gegenüber dieser Gruppe eventuell <strong>in</strong> Form von Altersdiskrim<strong>in</strong>ie-<br />

rung stattf<strong>in</strong>det, kann bei der Betrachtung der Situation Älterer auf dem Arbeitsmarkt (v.a. <strong>in</strong> Deutsch-<br />

land) nicht ausgeschlossen werden. Die Gruppen Älterer, die e<strong>in</strong>en besonders schwierigen Stand ha-<br />

ben, s<strong>in</strong>d mittel bis niedrig qualifizierte Männer und bezogen auf alle Qualifikationsniveaus Frauen.<br />

Wenngleich <strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>en größeren Nachholbedarf vermuten lässt, bleibt letztendlich <strong>in</strong> allen<br />

Ländern e<strong>in</strong>iges zu tun, um die Situation Älterer weiterh<strong>in</strong> zu verbessern.<br />

Inwiefern dieser Umstand mit <strong>in</strong>stitutionellen und gesetzlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Länder im Bereich der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zusammenhängt, soll im nächsten Ab-<br />

schnitt geklärt werden.<br />

4.2 Regelungen im Bereich der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

Beschäftigung älterer Arbeitnehmer, deren Lebensarbeitszeit, Austritt aus dem Erwerbsleben, etc. wer-<br />

den durch gesetzliche und tarifliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen reguliert. Diese können e<strong>in</strong>en starken E<strong>in</strong>-<br />

fluss auf die Länge der Lebensarbeitszeit haben, <strong>in</strong>dem sie Anreize für vorzeitiges Ausscheiden aus der<br />

Erwerbstätigkeit oder deren Fortsetzen bieten. Sie können e<strong>in</strong>e Erklärungsmöglichkeit dafür darstellen,<br />

warum Ältere auf hohem oder niedrigerem Niveau am Arbeitsmarkt partizipieren. Für die Situation<br />

älterer Arbeitsloser und deren Optionen auf Wiedere<strong>in</strong>stellung geben Maßnahmen der Arbeitsmarktpo-<br />

litik H<strong>in</strong>weise.<br />

Gesetzliche und tarifliche Regelungen bee<strong>in</strong>flussen die Situation Älterer auf dem Arbeitsmarkt h<strong>in</strong>-<br />

sichtlich Weiterbeschäftigung, Neue<strong>in</strong>stellung oder vorzeitigem Austritt aus dem Erwerbsleben. Dazu<br />

zählen z.B. sogenannte „Senioritätsregelungen“ <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es erweiterten bzw. gestaffelten Kündi-<br />

gungsschutzes für ältere Arbeitnehmer. Dieser äußert sich <strong>in</strong> längeren Kündigungsfristen mit zuneh-<br />

mender Betriebszugehörigkeit e<strong>in</strong>er Person. Positive Effekte resultieren daraus v.a. für Ältere, die sich<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Beschäftigung bef<strong>in</strong>den und gewissermaßen sicher vor e<strong>in</strong>er Kündigung s<strong>in</strong>d, da ansonsten mit<br />

hohen Entlassungskosten seitens des Arbeitgebers zu rechnen wäre. Jene allerd<strong>in</strong>gs, die e<strong>in</strong>e Beschäfti-<br />

34


gung anstreben, stellen damit eventuell e<strong>in</strong> Risiko für Arbeitgeber dar und werden u.U. seltener e<strong>in</strong>ge-<br />

stellt. Senioritätsentlohnungen, die mit voranschreitendem Alter e<strong>in</strong>en Anstieg der Entlohnung vorse-<br />

hen, werden hauptsächlich im öffentlichen Dienst angewendet. In anderen Branchen bestehen Rege-<br />

lungen z.B. der Entgeltsicherung bei Umsetzung älterer Arbeitnehmer (über 50 Jahren) auf e<strong>in</strong>en ande-<br />

ren Arbeitsplatz sowie Abgruppierungsschutz, die als implizite Senioritätsentlohnung verstanden wer-<br />

den können. Sie dämpfen die E<strong>in</strong>stellungschancen Älterer, weil diese dadurch zu „unnötigen Kosten-<br />

verursachern“ für Unternehmen werden. Um diesem Problem auszuweichen, s<strong>in</strong>d mit den Hartz-IV-<br />

Reformen von 2003 die Möglichkeit der befristeten E<strong>in</strong>stellung von Arbeitnehmern ab 52 Jahren sowie<br />

die Option auf Ausschluss aus dem Kündigungsschutz e<strong>in</strong>geführt worden. Während ersteres kaum<br />

Anwendung f<strong>in</strong>det aufgrund des ger<strong>in</strong>gen Bekanntheitsgrades, musste letztere Regelung 2005 korri-<br />

giert werden, da sie laut des Europäischen Gerichtshofes europarechtswidrig gewesen ist (vgl. BMFSFJ<br />

2006:86; Eichhorst 2006:6ff; Funk/Seyda 2006:28f, 37f). Dar<strong>in</strong> besteht e<strong>in</strong>e gewisse Wahrsche<strong>in</strong>lich-<br />

keit, dass derartige Regelungen Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung begünstigen können, obwohl die Intention des<br />

Gesetzgebers gegenteilig gewesen ist.<br />

Weitere wesentliche Regelungen für Ältere beziehen sich auf den Rentene<strong>in</strong>tritt. In <strong>Deutschland</strong> hat<br />

das gesetzlich festgelegte Rentenalter lange Zeit bei 65 Jahren für beide Geschlechter gelegen (vgl.<br />

Tab.4 im Anhang). 32 Dass diese Grenze lange nicht von allen erreicht worden ist und wird, zeigt sich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em durchschnittlichen Erwerbsaustrittsalter von 61,3 Jahren. E<strong>in</strong> möglicher Grund dafür liegt <strong>in</strong><br />

dem Umstand, dass <strong>Deutschland</strong> zu denjenigen Ländern gehört, die <strong>in</strong> wirtschaftlich schwierigen Zei-<br />

ten e<strong>in</strong>e ausgeprägte Frühverrentungspolitik verfolgt und breit angelegte Vorruhestandsprogramme<br />

e<strong>in</strong>geführt haben sowohl auf staatlicher als auch auf betrieblicher Ebene. Frühverrentung ist lange von<br />

allen beteiligten Akteuren wie Gewerkschaften, Betriebsräten, Arbeitgebern, Arbeitnehmern, etc. als<br />

„sozialverträglicher Personalabbau“ akzeptiert worden. Ältere sollten Arbeitsplätze „freimachen“ für<br />

jüngere Arbeitskräfte. Damit hat sich e<strong>in</strong> gesellschaftlich getragenes „Ruhestandsbewusstse<strong>in</strong>“ verbrei-<br />

tet, wodurch Optionen des vorzeitigen Rentene<strong>in</strong>trittes populär geworden s<strong>in</strong>d. Zudem s<strong>in</strong>d dadurch<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich verschiedene Ausprägungen von Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung v.a. <strong>in</strong> Großunternehmen be-<br />

günstigt worden wie altersselektive Personale<strong>in</strong>stellungs- und Rekrutierungspolitik, ger<strong>in</strong>ge E<strong>in</strong>bezie-<br />

hung Älterer <strong>in</strong> betriebliche Fort- und Weiterbildung, alterssegmentierte Aufgabenzuweisung, etc., die<br />

die Möglichkeiten Älterer auf dem Arbeitsmarkt und im Betrieb e<strong>in</strong>schränken (vgl. Bell-<br />

32 Diese Grenze wird sich <strong>in</strong> den kommenden Jahren für alle auf 67 Jahre erhöhen. Da bisher allerd<strong>in</strong>gs noch ke<strong>in</strong>e Ergebnisse<br />

über die E<strong>in</strong>flüsse dieser Verschiebung bestehen, kann darüber an dieser Stelle ke<strong>in</strong>e Aussage getroffen werden.<br />

35


mann/Lutz/Walwei 2006:71f; BMFSFJ 2006:78ff; Bosch 2004:4f). Darüber h<strong>in</strong>aus kann genau solch<br />

e<strong>in</strong> Bewusstse<strong>in</strong> negative Altersbilder konservieren.<br />

E<strong>in</strong>e Regelung, die diese Entwicklungen stützt, ist das Altersteilzeitgesetz von 1996. Es ermöglicht<br />

älteren Arbeitnehmern Arbeitszeitverkürzungen z.B. <strong>in</strong> schweren körperlichen Tätigkeiten als gleitende<br />

Übergänge <strong>in</strong> den Ruhestand zu wählen. In <strong>Deutschland</strong> wird Altersteilzeit v.a. <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Block-<br />

modells zum vorzeitigen Austritt genutzt und damit zu e<strong>in</strong>em abrupten Ausstieg aus dem Erwerbsleben<br />

vergleichbar mit e<strong>in</strong>er Frühverrentung. In Schweden dagegen wird „echte“ Altersteilzeit mit Wochen-<br />

arbeitszeitverkürzungen umgesetzt. E<strong>in</strong>e Blockzeit ist dort nicht möglich. E<strong>in</strong> anderes „Gesetz zum<br />

gleitenden Übergang <strong>in</strong> den Ruhestand“ hat Personen die Chance eröffnet, ab 58 Jahren bis zum frü-<br />

hestmöglichen Rentene<strong>in</strong>tritt ohne Arbeitssuche Arbeitslosengeld zu erhalten. Durch derartige Instru-<br />

mente werden Frühverrentung bzw. Vorruhestand erleichtert und unterstützt (vgl. BMFSFJ 2006:74,<br />

85; Eichhorst 2006:11; Funk/Seyda 2006:28, 39). Desweiteren können bestimmte Personengruppen<br />

(Frauen, Arbeitslose, Personen <strong>in</strong> Altersteilzeit und Schwerbeh<strong>in</strong>derte) unter gewissen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

(bestimmtes Geburtsjahr, Versicherungszeit, Alter) vor dem 65. Lebensjahr (frühestens mit 63 Jahren)<br />

aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Dass dadurch z.B. Frauen den Arbeitsmarkt früher verlassen kön-<br />

nen, trägt vermutlich dazu bei, dass die Beschäftigungsquoten der Frauen zwischen 55 und 64 Jahren<br />

für fast alle Qualifikationsgruppen unterhalb der 50%-Grenze liegen (siehe 4.1). Diese Altersgrenzen<br />

sollen bis 2009 nach oben verschoben werden auf 65 Jahre. Abschlagszahlungen bei Frührente und<br />

Erwerbsm<strong>in</strong>derungsrente sowie abschlagsfreie Renten ab 65 Jahren (ausgenommen schwerbeh<strong>in</strong>derte<br />

Personen) sollen Anreize setzen für e<strong>in</strong>en längeren Verbleib im Erwerbsleben. Durch derartige Verän-<br />

derungen wird e<strong>in</strong> vorzeitiger Austritt wahrsche<strong>in</strong>lich für e<strong>in</strong>en Teil der Erwerbspersonen unattraktiver.<br />

V.a. diejenigen, die mit niedrigen Rentenzahlungen rechnen, können sich Abschläge nicht leisten. An-<br />

dere mit hohen Renten werden wahrsche<strong>in</strong>lich weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> Vorruhestand gehen und Abschläge <strong>in</strong> Kauf<br />

nehmen. Insgesamt bleiben e<strong>in</strong>ige Optionen e<strong>in</strong>es erleichterten vorzeitigen Rentene<strong>in</strong>trittes noch erhal-<br />

ten. Das merklich dichte Regelnetz <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>in</strong> Bezug auf die Beschäftigung Älterer stellt e<strong>in</strong><br />

Hemmnis für deren Beschäftigungschancen dar und verkompliziert die Situation Älterer auf dem Ar-<br />

beitsmarkt (vgl. BMFSFJ 2006:84, 87; Eichhorst 2006:12; Funk/Seyda 2006:31f; Tab.4 im Anhang).<br />

E<strong>in</strong> weiteres zu betonendes Problem bezieht sich auf E<strong>in</strong>stellungen gegenüber Älteren. Das lange legi-<br />

timierte Pr<strong>in</strong>zip der Frühverrentung u.a. hat wahrsche<strong>in</strong>lich den gesellschaftlichen Konsens verfestigt,<br />

dass sich Personen ab Erreichen e<strong>in</strong>es bestimmten Alters vom Arbeitsmarkt zurückziehen sollten. Al-<br />

tersbildern, die v.a. negative Aspekte des Alter(n)s betonen wie bspw. Abbauprozesse h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

36


Leistungs- und Lernfähigkeit, ist damit eventuell e<strong>in</strong> reichhaltiger „Nährboden“ bereitet worden. Dar-<br />

aus resultierende Formen von Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung s<strong>in</strong>d somit schwer aufzubrechen.<br />

Zu den „Vorruhestandsländern“ zählen auch Frankreich, Österreich, Belgien und die Niederlande.<br />

Frühverrentungsstrategien <strong>in</strong> diesen Ländern haben zu niedrigen Beschäftigungsquoten v.a. bei Män-<br />

nern über 55 Jahren mit ger<strong>in</strong>gen bis mittleren Qualifikationen geführt. Großbritannien und die skandi-<br />

navischen Länder gehören nicht dazu und haben lediglich leichte Rückgänge der Beschäftigungsquoten<br />

verzeichnet (vgl. Bosch 2004:4f). In Österreich und Belgien liegt das gesetzliche Rentenalter der Män-<br />

ner bei 65 Jahren, für Frauen bei 60 (A) bzw. 64 Jahren (B). In Österreich ist unter Schwierigkeiten<br />

versucht worden e<strong>in</strong> flexibles Rentensystem e<strong>in</strong>zurichten. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d gleichzeitig Frühverren-<br />

tungsoptionen bestehen geblieben. Belgien hat e<strong>in</strong>en „Generation Pact“ entworfen, durch den die Be-<br />

schäftigung älterer und jüngerer Personen gefördert werden sollte. Dieser be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>e Senkung der<br />

Steuern auf Arbeit sowie e<strong>in</strong>e Verstärkung des sozialen Sicherungssystems. Der Ansatz konnte aller-<br />

d<strong>in</strong>gs noch nicht realisiert werden und reicht vermutlich nicht weit genug um die Zielvorgaben der Eu-<br />

ropäischen Kommission zu erfüllen (z.B. „Stockholm-„ und „Barcelona-Ziel“, siehe 5.1). Frühverren-<br />

tungsoptionen s<strong>in</strong>d weiterh<strong>in</strong> vorhanden v.a. <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Art der Tätigkeit (z.B. Schwerar-<br />

beit). Frankreich weist mit e<strong>in</strong>em gesetzlichen Rentenalter von 60 Jahren für beide Geschlechter das<br />

niedrigste unter den Vergleichsländern auf. E<strong>in</strong> flexibles Rentensystem besteht seit den 1980ern, ist<br />

aber bisher nicht erfolgreich gewesen. In allen drei Ländern bestehen weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ige Möglichkeiten<br />

e<strong>in</strong>es frühen Austrittes aus dem Erwerbsleben deutlich unterhalb des 60. Lebensjahres. Das ist wahr-<br />

sche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong> Grund für die niedrigen Erwerbs- und Beschäftigungsquoten Älterer <strong>in</strong> diesen Ländern<br />

sowie e<strong>in</strong> niedriges durchschnittliches Erwerbsaustrittsalter (A: 59,8; B: 60,6; F: 58,8 Jahre). Die Nie-<br />

derlande konnten <strong>in</strong> den letzten Jahren Anreize zur Frühverrentung reduzieren und die Beschäftigungs-<br />

quote Älterer erhöhen, <strong>in</strong>dem Vorruhestandsregelungen abgeschafft worden s<strong>in</strong>d und e<strong>in</strong> „Mehr-<br />

Säulen-Rentenmodell“ sowie niedrigere Rentenzahlungen e<strong>in</strong>geführt worden s<strong>in</strong>d. Das gesetzliche<br />

Rentenalter für beide Geschlechter liegt bei 65 Jahren, das durchschnittliche Rentenaustrittsalter bei<br />

61,5 Jahren. Die trotzdem relativ niedrigen Beschäftigungsquoten Älterer im Vergleich zu bspw.<br />

Schweden können eventuell dadurch begründet werden, dass die Niederlande erst begonnen haben,<br />

e<strong>in</strong>e positive Wende e<strong>in</strong>zuleiten und zu anderen Ländern aufzuschließen. In den skand<strong>in</strong>avischen Län-<br />

dern (DK, FIN, S) und Großbritannien bestehen ebenfalls „Mehr-Säulen-Rentenmodelle“ mit flexiblen<br />

Rentenhöhen abhängig vom Alter (zwischen 65 und 67 Jahren bzw. zwischen 63 und 68 Jahren) sowie<br />

Abschlagszahlungen bei vorzeitigem Rentene<strong>in</strong>tritt. Dänemark hat außerdem die Bezugsvoraussetzun-<br />

gen für e<strong>in</strong>e Erwerbsm<strong>in</strong>derungsrente verschärft. Vorher genannte Länder haben wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong>sge-<br />

37


samt größere Anreize geschaffen für Ältere, länger im Erwerbsleben zu verbleiben. Dadurch lassen<br />

sich die hohen bzw. für F<strong>in</strong>nland stark steigenden Beschäftigungsquoten Älterer erklären. In Schwe-<br />

den, Dänemark und Großbritannien bestehen im eigentlichen S<strong>in</strong>ne ke<strong>in</strong>e Vorruhestandsregelungen<br />

mehr. Stattdessen gibt es bspw. Zuschläge bei e<strong>in</strong>em späteren Rentene<strong>in</strong>tritt (als mit 65 bzw. 60 Jah-<br />

ren) (vgl. European Foundation 2006:Kap.1; Funk/Seyda 2006:16; Gramke/Heimer 2006; Tab.4 und 5<br />

im Anhang). 33 Die Vermutung liegt nahe, dass sich v.a. <strong>in</strong> den zuletzt genannten Ländern ke<strong>in</strong> „Vorru-<br />

hestandsbewusstse<strong>in</strong>“ etablieren konnte und sich damit auch ke<strong>in</strong>e ähnlich starken Ausprägungen von<br />

Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung sowie entsprechende negative Altersleitbilder manifestiert haben wie <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong>.<br />

Neben den oben dargestellten Regelungen geben arbeitsmarktpolitische Maßnahmen <strong>in</strong> Bezug auf älte-<br />

re Personen Aufschluss über deren Integration <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt. Für die Gruppe der Älteren <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> werden allgeme<strong>in</strong>e und altersspezifische Maßnahmen angeboten. Zu ersteren gehören<br />

bspw. Bildungsgutsche<strong>in</strong>e, Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmaßnahmen sowie Möglichkeiten der Eignungsfeststellung. Diese<br />

können zusammengefasst werden als Förder<strong>in</strong>strumente der beruflichen Fort- und Weiterbildung. Der-<br />

artige Angebote werden kaum genutzt, da sich vielfach der Gedanke sowohl bei Arbeitgebern als auch<br />

bei Arbeitnehmern hält, dass sich ab e<strong>in</strong>em bestimmten Alter Fort- und Weiterbildung „nicht mehr<br />

lohnen“. Dah<strong>in</strong>ter stehen die Vermutungen, dass die Produktivität mit dem Alter zum Teil aufgrund<br />

mangelnder Qualifizierung abnimmt sowie die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>es baldigen Austrittes älterer<br />

Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben steigt (vgl. Eichhorst 2006:13; Funk/Seyda 2006:46). Des Weite-<br />

ren gibt es f<strong>in</strong>anzielle Instrumente, durch die Beschäftigung Älterer gefördert werden soll, wie Lohn-<br />

kosten- und E<strong>in</strong>gliederungszuschüsse für Arbeitgeber, die Ältere beschäftigen. Schließlich zählen zu<br />

den allgeme<strong>in</strong>en Maßnahmen Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen (ABM und<br />

SAM) sowie die Förderung von selbständigen Tätigkeiten („Ich-AG“, 2006 abgeschafft), die aber v.a.<br />

dazu geeignet s<strong>in</strong>d, Arbeitslosigkeit zu verdecken. E<strong>in</strong>gliederungszuschüsse und die letztgenannten<br />

Maßnahmen gehören zu den am meisten genutzten Angeboten. Erstere können zwar die Chancen auf<br />

Beschäftigung vergrößern, können sich aber auch negativ auswirken. Es ist möglich, dass Arbeitgeber<br />

weniger bereit s<strong>in</strong>d, Ältere ohne Zuschüsse e<strong>in</strong>zustellen oder aber dass sich Vorbehalte wegen e<strong>in</strong>es<br />

besonderen Förderbedarfs aufgrund des Alters entwickeln können. E<strong>in</strong>kommenszusatzleistungen als<br />

Instrumente e<strong>in</strong>er passiven Arbeitsmarktpolitik wie Zahlung des Arbeitslosengeldes bis zur Rente<br />

(mittlerweile maximal 18 Monate) werden weitaus häufiger <strong>in</strong> Anspruch genommen und leisten wahr-<br />

33 Es gibt sicherlich weitere Regelungen, die an dieser Stelle genannt werden könnten. Aus Gründen mangelnder Kapazitäten<br />

dieser Abschlussarbeit wird auf weitere Angaben verzichtet (ausführlicher z.B. siehe Gramke/Heimer 2006).<br />

38


sche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>en Beitrag zu Langzeitarbeitslosigkeit und Inaktivität der Betroffenen. Zudem besteht die<br />

Möglichkeit, dass die Bereitschaft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern <strong>in</strong> Humankapital zu <strong>in</strong>vestie-<br />

ren s<strong>in</strong>kt, je mehr Transferleistungen für e<strong>in</strong>en vorzeitigen Austritt aus dem Erwerbsleben verfügbar<br />

s<strong>in</strong>d. Wie bei Weiterbildungsmaßnahmen (siehe 4.1) s<strong>in</strong>kt mit zunehmendem Alter die Beteiligung an<br />

arbeitsmarktbezogenen Maßnahmen. Häufig setzen sie zu spät an, wenn bereits die Arbeitslosigkeit<br />

e<strong>in</strong>gesetzt hat oder bestimmte Altersgrenzen überschritten worden s<strong>in</strong>d (vgl. BMFSFJ 2006:85f; Eich-<br />

horst 2006:6, 13ff, 18).<br />

Von den altersspezifischen Maßnahmen s<strong>in</strong>d die wichtigsten e<strong>in</strong>hergegangen mit den Hartz-IV-<br />

Reformen von 2003. Dazu zählen Entgeltsicherung für Arbeitnehmer über 50 Jahren, e<strong>in</strong> Beitragsbo-<br />

nus für Arbeitgeber bei E<strong>in</strong>stellung von Arbeitslosen über 55 Jahren, Förderung der Weiterbildung von<br />

Personen über 50 Jahren <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>unternehmen und Zusatzjobs („E<strong>in</strong>-Euro-Jobs“) für Langzeitarbeitslo-<br />

se. Erstere Instrumente werden kaum genutzt, da sie <strong>in</strong> den Arbeitsagenturen wenig bekannt s<strong>in</strong>d. Zu-<br />

satzjobs werden zwar häufig umgesetzt, führen wahrsche<strong>in</strong>lich aber lediglich zu begrenzten Integrati-<br />

onsmöglichkeiten Älterer. V.a. neuere Maßnahmen bleiben eher unbekannt, weil Arbeitsagenturen da-<br />

h<strong>in</strong>gehend ke<strong>in</strong>e Beratungs-, Vermittlungs- und Aktivierungsstrategien anbieten. Ältere werden weni-<br />

ger als „Betreuungskunden“ behandelt und gefördert. Stattdessen bestehen mehr Anreize für Träger des<br />

SGB II, ältere Personen mit Hilfe von Frühverrentungsoptionen an das Rentensystem abzugeben. Ne-<br />

gative Auswirkungen altersspezifischer Maßnahmen an sich können sich seitens der Arbeitgeber ge-<br />

genüber Älteren <strong>in</strong> Vorbehalten (s<strong>in</strong>kende Produktivität mit zunehmendem Alter) und Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

äußern (vgl. Eichhorst 2006:14fff).<br />

In anderen Ländern werden ebenfalls Maßnahmen angeboten. Belgien und Österreich wenden eher<br />

schwache arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und hauptsächlich passive arbeitsmarktpolitische Instru-<br />

mente an. Es handelt sich dabei v.a. um f<strong>in</strong>anzielle Unterstützungsleistungen. Dänemark h<strong>in</strong>gegen be-<br />

dient sich bspw. e<strong>in</strong>es „Flexicurity“-Ansatzes zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit. Dieser<br />

be<strong>in</strong>haltet allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>en m<strong>in</strong>imalen Kündigungsschutz für Ältere. Arbeitgeber s<strong>in</strong>d daher wahr-<br />

sche<strong>in</strong>lich stärker bereit, ältere Personen e<strong>in</strong>zustellen, da die Möglichkeiten z.B. von „Senioritätsrege-<br />

lungen“ gar nicht bestehen. Zusätzlich gilt die sogenannte „Flex-allowance“, durch die Menschen mit<br />

e<strong>in</strong>geschränkter Erwerbsfähigkeit <strong>in</strong> an deren Potenzial angepasste Arbeitsplätze e<strong>in</strong>gesetzt werden<br />

sollen. Arbeitgeber erhalten für die Schaffung solcher Arbeitsplätze entsprechende Zuschüsse. Diese<br />

Maßnahme wird allerd<strong>in</strong>gs bislang selten genutzt. Seit Mitte der 1990er s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Unternehmen<br />

„Senior policies“ bspw. <strong>in</strong> Form von Qualifizierungsmaßnahmen e<strong>in</strong>geführt worden, die sich an ältere<br />

Arbeitnehmer richten. Des Weiteren ist z.B. die Altershöchstgrenze für betriebliche Weiterbildung auf<br />

39


64 Jahre angehoben worden. Anzumerken ist, dass der dänische Arbeitsmarkt im Vergleich zum deut-<br />

schen weniger reguliert ist und daher schneller und leichter Veränderungen <strong>in</strong> diesem Bereich zulässt.<br />

Die Bemühungen Dänemarks s<strong>in</strong>d stark orientiert an e<strong>in</strong>er wachsenden Beschäftigungsquote Älterer<br />

sowie an der Erhöhung des durchschnittlichen Rentenalters. Das wird unterstützt durch breite öffentli-<br />

che Debatten um den demografischen Wandel und se<strong>in</strong>e Folgen mit dem Ziel, E<strong>in</strong>stellungen gegenüber<br />

Älteren zu verbessern. F<strong>in</strong>nland hat diese Themen ebenfalls <strong>in</strong> öffentliche Debatten e<strong>in</strong>gebunden und<br />

schon relativ früh verschiedene Projekte und Programme wie das „Nationalprogramm für ältere Er-<br />

werbstätige“ (1998-2002) <strong>in</strong>s Leben gerufen, die z.T. noch bis 2009 laufen werden. An diesen Pro-<br />

grammen und Projekten s<strong>in</strong>d viele verschiedene Akteure wie M<strong>in</strong>isterien und Sozialpartner beteiligt.<br />

Dadurch konnten Unternehmen für diese Herausforderungen sensibilisiert werden mit dem Erfolg, dass<br />

sie sich verstärkt für die Erwerbstätigkeit Älterer engagieren. F<strong>in</strong>nland gilt <strong>in</strong> Europa als Vorreiter h<strong>in</strong>-<br />

sichtlich der allgeme<strong>in</strong> getroffenen Maßnahmen <strong>in</strong> Reaktion auf den demografischen Wandel, v.a. <strong>in</strong><br />

den Bereichen Arbeitsfähigkeit und lebenslanges Lernen. Z.B. durch E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er Erwerbsrente<br />

und Abschaffung der „unemployment pension pipel<strong>in</strong>e“ (Arbeitslosenrente) konnten dort Anreize für<br />

e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben geschaffen werden. Es handelt sich dabei eher um aktivierend wirkende<br />

arbeitsmarktpolitische Instrumente. Auch Großbritannien versucht u.a. durch verstärkte öffentliche<br />

Aufmerksamkeit auf demografische Veränderungen und deren Konsequenzen zu sensibilisieren und<br />

Barrieren für Ältere aufgrund von Diskrim<strong>in</strong>ierung, Vorurteilen oder negativen Überzeugungen abzu-<br />

bauen. Die Sozialleistungen für benachteiligte Personen s<strong>in</strong>d bspw. reformiert worden („A New Deal<br />

for Welfare. Empower<strong>in</strong>g People to work“), d.h., dass bessere Unterstützungsleistungen für Arbeitslose<br />

über 50 Jahren und stärkere E<strong>in</strong>beziehung <strong>in</strong> Fördermaßnahmen umgesetzt worden s<strong>in</strong>d. Insgesamt<br />

zielen die Instrumente ab auf höhere Beteiligung Älterer an Weiterbildung, Unterstützung v.a. von<br />

verm<strong>in</strong>dert erwerbsfähigen Personen und Arbeitslosen bei der Stellensuche, bei Umschulungsmaßnah-<br />

men oder erleichterter Re<strong>in</strong>tegration <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt. In den Niederlanden s<strong>in</strong>d Arbeitslose über<br />

57,5 Jahren seit 2004 dazu verpflichtet, aktiv Arbeit zu suchen. Außerdem haben sich mittlerweile In-<br />

strumente zur Zertifizierung von Kompetenzen und v.a. <strong>in</strong> Großunternehmen berufliche Qualifizie-<br />

rungsmaßnahmen etabliert. 2006 ist auch e<strong>in</strong> Gesetz gegen Diskrim<strong>in</strong>ierung aufgrund des Alters erlas-<br />

sen worden, welches dazu beitragen soll, dass Ältere häufiger e<strong>in</strong>gestellt oder bei Aufstiegsmöglichkei-<br />

ten nicht übergangen werden. Die Niederlande bemühen sich auch durch altersbezogene Projekte und<br />

kollektive Regelungen mit unterschiedlichen Akteuren, Ältere stärker <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />

Selbst wenn sich diese Bemühungen noch nicht derart positiv <strong>in</strong> den Arbeitsmarktzahlen für Ältere<br />

widerspiegeln, kann für die Zukunft erwartet werden, dass sich die Situation Älterer auf dem nieder-<br />

40


ländischen Arbeitsmarkt weiterh<strong>in</strong> verbessern wird. In Schweden mit der höchsten Beschäftigungsquo-<br />

te von Personen zwischen 55 und 64 Jahren bestehen neben e<strong>in</strong>em „Mehr-Säulen-Rentenmodell“ <strong>in</strong>di-<br />

viduelle F<strong>in</strong>anzierungspläne zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit. Es s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>igungsstellen für ge-<br />

zielte Arbeitsvermittlung nach e<strong>in</strong>er Kündigung e<strong>in</strong>gerichtet worden, um ältere Beschäftigte leichter <strong>in</strong><br />

den Arbeitsmarkt zu re<strong>in</strong>tegrieren. Auch <strong>in</strong> Schweden ist der Arbeitsmarkt bezogen auf die Beschäfti-<br />

gung weniger stark reguliert als <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, wodurch die Chancen auf Beschäftigung dieser Grup-<br />

pe wahrsche<strong>in</strong>lich größer s<strong>in</strong>d. Hervorzuheben ist außerdem, dass Schweden davon absieht, Strategien<br />

zu entwerfen, die auf spezielle Personengruppen abzielen. E<strong>in</strong>ige der betrachteten Länder (A, F, D, NL,<br />

GB) versuchen gegen Diskrim<strong>in</strong>ierung aufgrund des Alters verstärkt mit Hilfe von Gesetzen vorzuge-<br />

hen oder durch kollektive Regelungen zwischen Akteuren aus verschiedenen Bereichen und <strong>in</strong>dem sie<br />

sich mit diesem Thema an e<strong>in</strong>e breite Öffentlichkeit wenden. Österreich, Frankreich und <strong>Deutschland</strong><br />

s<strong>in</strong>d dabei weniger erfolgreich als die Niederlande oder Großbritannien, da sie eher isolierte statt mit<br />

unterschiedlichen Akteuren koord<strong>in</strong>ierte Ansätze hervorbr<strong>in</strong>gen (vgl. European Foundation<br />

2006:Kap.1; Gramke/Heimer 2006).<br />

Insgesamt s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> allen aufgeführten Ländern der demografische Wandel und daraus erwachsende Her-<br />

ausforderungen <strong>in</strong> Bezug auf ältere Personen erkannt worden. Maßnahmen und Regelungen s<strong>in</strong>d um-<br />

gestellt bzw. reformiert oder abgeschafft worden, um Chancen der Integration Älterer <strong>in</strong> den Arbeits-<br />

markt zu steigern und Voraussetzungen für e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben zu schaffen. E<strong>in</strong>ige Länder s<strong>in</strong>d<br />

dabei erfolgreicher als andere, weil sie ganzheitliche Konzepte und Ansätze angebracht haben, an de-<br />

nen sämtliche wichtige Akteure aus Politik und Wirtschaft teilhaben und zusammenarbeiten. Vielfach<br />

wird das verbunden mit e<strong>in</strong>er Sensibilisierung der gesellschaftlichen Öffentlichkeit für dieses Thema.<br />

4.3 Zwischenfazit<br />

In den oberen Abschnitten ist auf die Situation älterer Personen (v.a. zwischen 55 und 64 Jahren) auf<br />

dem Arbeitsmarkt e<strong>in</strong>gegangen worden. H<strong>in</strong>sichtlich deren Partizipation und Integration s<strong>in</strong>d dazu Be-<br />

schäftigungs-, Arbeitslosen- und Weiterbildungsquoten betrachtet worden sowie die gesetzlichen und<br />

tariflichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sowohl für <strong>Deutschland</strong> als<br />

auch für andere <strong>in</strong> dieser Arbeit <strong>in</strong>teressierende europäische Länder (A, B, DK, F, FIN, NL, S, GB).<br />

Die Beschäftigungsquote <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> für die 55- bis 64-Jährigen liegt auf mittlerem Niveau, noch<br />

unterhalb der 50%-Marke der „Stockholm-Zielvorgabe“. V.a. niedrig qualifizierte ältere Männer und<br />

Frauen mit niedrigen bis mittleren Qualifikationen gehören zu den Problemgruppen und s<strong>in</strong>d am Ar-<br />

beitsmarkt unterrepräsentiert. Wie sich herausgestellt hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass v.a.<br />

41


Vorurteile und negative Altersbilder starken E<strong>in</strong>fluss auf die Lage Älterer am deutschen Arbeitsmarkt<br />

haben. Österreich, Belgien, Frankreich und die Niederlande weisen noch niedrigere Beschäftigungs-<br />

quoten auf. Aber v.a. die Niederlande haben <strong>in</strong> den vergangenen Jahren e<strong>in</strong>en starken Anfang gemacht,<br />

die skand<strong>in</strong>avischen Länder und Großbritannien mit ihren relativ hohen Beschäftigungsquoten für alle<br />

Älteren e<strong>in</strong>zuholen. In fast allen Ländern ist e<strong>in</strong> deutlicher Abfall der Beschäftigungsquote ab 60 Jah-<br />

ren festzustellen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass das Potenzial Älterer, auch <strong>in</strong> Ländern<br />

mit hohen Beschäftigungsquoten dieser Personengruppen, noch längst nicht ausgeschöpft ist und z.T.<br />

weiterh<strong>in</strong> Barrieren für ältere Personen <strong>in</strong> Form von Diskrim<strong>in</strong>ierung, Vorurteilen, negativen E<strong>in</strong>stel-<br />

lungen, etc. bestehen.<br />

In Bezug auf die Arbeitslosenquote erreicht <strong>Deutschland</strong> mit Abstand die höchste für die Gruppe der<br />

55- bis 64-Jährigen im Vergleich zu den anderen Ländern. Daraus lässt sich ableiten, dass ältere Perso-<br />

nen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> am schlechtesten <strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt. Die niedrigen Weiterbil-<br />

dungsquoten (allgeme<strong>in</strong>e und berufliche Weiterbildung) Älterer für <strong>Deutschland</strong> verweisen ebenfalls<br />

auf e<strong>in</strong>e schwierige Situation. V.a. niedrig qualifizierte Ältere beteiligen sich vergleichsweise selten an<br />

betrieblicher Weiterbildung. Zudem engagiert sich weniger als die Hälfte der deutschen Unternehmen,<br />

darunter hauptsächlich Großunternehmen, <strong>in</strong> der aktiven Förderung von Weiterbildung. Maßnahmen<br />

auch für Ältere werden kaum angeboten. Insgesamt liegt die Vermutung nahe, dass Ältere <strong>in</strong> Deutsch-<br />

land lediglich ger<strong>in</strong>ge Chancen auf Weiterbildung haben. E<strong>in</strong> potenzieller Grund dafür s<strong>in</strong>d noch im-<br />

mer verbreitete (negative) Vorstellungen von Alter(n), die e<strong>in</strong>e derartige Förderung Älterer als nicht<br />

lohnenswert ersche<strong>in</strong>en lassen. Erfolgreicher <strong>in</strong> der Weiterbildung Älterer s<strong>in</strong>d die skand<strong>in</strong>avischen<br />

Länder und Großbritannien. Das spiegelt sich <strong>in</strong> den vergleichsweise hohen Beteiligungsquoten (auch<br />

von Frauen) wider.<br />

Der Vergleich e<strong>in</strong>zelner Länder h<strong>in</strong>sichtlich gesetzlicher und tariflicher Rahmenbed<strong>in</strong>gungen sowie<br />

arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Ländern Unterschiede <strong>in</strong> der Dichte des Regelungs-<br />

netzes gezeigt und dessen Auswirkungen auf die Situation Älterer am Arbeitsmarkt verdeutlicht.<br />

<strong>Deutschland</strong> hat e<strong>in</strong>en stark regulierten Arbeitsmarkt. Daraus resultieren Barrieren für die Weiterbe-<br />

schäftigung und Neue<strong>in</strong>stellung Älterer. Wie ersichtlich geworden ist, liegt das v.a. <strong>in</strong> der langjährigen<br />

Ausrichtung aller beteiligten Ebenen und Akteure auf Frühverrentung unterstützt durch e<strong>in</strong>en breiten<br />

gesellschaftlichen Konsens dah<strong>in</strong>ter. Für die gegenwärtige Situation Älterer haben daraus Probleme <strong>in</strong><br />

Form von Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong> Unternehmen resultiert, gegen die bisher kaum Maßnahmen ergrif-<br />

fen worden s<strong>in</strong>d. Trotz aller Reformen der letzten Zeit haben sich Frühverrentungsoptionen sowie e<strong>in</strong><br />

verbreitetes „Vorruhestandsbewusstse<strong>in</strong>“ der beteiligten Akteure <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> gehalten. Die haupt-<br />

42


sächliche Schwierigkeit <strong>in</strong> den Bemühungen <strong>Deutschland</strong>s, das Erwerbsleben zu verlängern und Früh-<br />

verrentung zu reduzieren, liegt <strong>in</strong> dem Umstand, dass Konzepte <strong>in</strong> diesem Kontext von e<strong>in</strong>zelnen Ak-<br />

teuren auf verschiedenen Ebenen und isoliert umgesetzt werden. Es ist außerdem fraglich, ob bspw.<br />

Unternehmen sich vermehrt dazu bereit erklären, Bed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben zu schaf-<br />

fen, wenn auf gesetzlicher Ebene nach wie vor Frühverrentungsoptionen vorhanden und negative E<strong>in</strong>-<br />

stellungen gegenüber Alter(n) verbreitet s<strong>in</strong>d. Mit verschiedenen Akteuren koord<strong>in</strong>ierte Ansätze s<strong>in</strong>d<br />

bisher kaum zustande gekommen. Ähnliches gilt für Österreich, Belgien und Frankreich. Die skandi-<br />

navischen Länder, Großbritannien und mittlerweile auch die Niederlande bieten dagegen Gesamtpakete<br />

an Reformen und Veränderungen an, die auf alle Ebenen abzielen. Es handelt sich dabei um ganzheitli-<br />

che Konzepte, die die gesellschaftliche Öffentlichkeit sensibilisieren sollen sowie M<strong>in</strong>isterien, Ge-<br />

werkschaften, Arbeitgeberverbände und Betroffene <strong>in</strong> deren Umsetzung e<strong>in</strong>beziehen. Gleichzeitig be-<br />

stehen <strong>in</strong> diesen Ländern kaum noch Frühverrentungsoptionen. E<strong>in</strong> klares Ziel ist die Förderung von<br />

Aktivität und Integration älterer Personen sowie e<strong>in</strong>e positivere Sicht auf diese Gruppen. Positive Er-<br />

gebnisse spiegeln sich bereits <strong>in</strong> den Zahlen wieder. <strong>Deutschland</strong> dagegen ist noch weit davon entfernt,<br />

da weiterh<strong>in</strong> durch die gängigen arbeitsmarktpolitischen Instrumente eher Passivität älterer Personen<br />

gefördert wird.<br />

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Ältere <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Ländern e<strong>in</strong>en besseren <strong>in</strong> anderen e<strong>in</strong>en schlech-<br />

teren Stand haben h<strong>in</strong>sichtlich Partizipation an bzw. Integration <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitlich<br />

positiv zu beurteilende Situation Älterer <strong>in</strong> Europa ist demnach noch nicht erreicht. Überall s<strong>in</strong>d noch<br />

Spielräume vorhanden, das Potenzial Älterer besser zu fördern, auszuschöpfen und negative Sichtwei-<br />

sen auf ältere Personen abzubauen, als dies bisher geschehen ist.<br />

43


5 Ziele, Strategien und Ansätze auf europäischer Ebene<br />

5.1 Ziele und Strategien aus dem Abschlussbericht zum Thema „Age<strong>in</strong>g and<br />

Employment“ der europäischen Kommission<br />

Die Situation älterer Personen auf den Arbeitsmärkten der europäischen Länder vor dem H<strong>in</strong>tergrund<br />

des demografischen Wandels ist ke<strong>in</strong> ausschließlich nationales Thema. Die Europäische Kommission<br />

und der Europäische Rat beschäftigen sich seit e<strong>in</strong>igen Jahren damit und haben die daraus resultieren-<br />

den Herausforderungen erkannt. Im Rahmen der Förderung von Innovativität und Wettbewerbsfähig-<br />

keit der Europäischen Union, deren Richtl<strong>in</strong>ien auf der Tagung <strong>in</strong> Lissabon im Jahre 2000 entwickelt<br />

worden s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den folgenden Jahren wichtige Zielstrategien im H<strong>in</strong>blick auf ältere Menschen<br />

beschlossen worden. Die an dieser Stelle wichtigsten Zielmarken betreffen die Beschäftigung älterer<br />

Menschen und das Rentene<strong>in</strong>trittsalter. 2001 hat der Europäische Rat <strong>in</strong> Stockholm das Ziel der Erhö-<br />

hung der Beschäftigungsquoten von älteren Frauen und Männern (55 bis 64 Jahre) auf 50% bis 2010<br />

(Europäischer Rat Stockholm 2001) beschlossen. 2002 ist <strong>in</strong> Barcelona daran angeknüpft worden mit<br />

dem Ziel, das durchschnittliche Rentene<strong>in</strong>trittsalter bis 2010 um fünf Jahre zu erhöhen (vgl.<br />

, Recherche am 29.05.2008; European Commission<br />

2006:1). 34 Beide Ziele s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> die Europäische Beschäftigungsstrategie „neue und bessere<br />

Arbeitsplätze zu schaffen“. Damit werden e<strong>in</strong>e gleichstarke Partizipation aller Arbeitnehmergruppen<br />

am Arbeitsmarkt sowie die Reduzierung von Ungleichheit (auch <strong>in</strong> Bezug auf Alter) angestrebt. Das<br />

be<strong>in</strong>haltet „aktives Altern“ u.a. durch e<strong>in</strong>e verstärkte Partizipation Älterer am Arbeitsmarkt und die<br />

Förderung e<strong>in</strong>es längeren Erwerbslebens. Ersteres soll unterstützt werden durch Schaffung angemesse-<br />

ner Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen, e<strong>in</strong>e Verbesserung des Gesundheitsstandes und entsprechende Anreize für e<strong>in</strong><br />

längeres Erwerbsleben und gegen vorzeitige Austritte im Rahmen von Frühverrentungsoptionen. E<strong>in</strong>e<br />

Verlängerung des Erwerbslebens wird dabei <strong>in</strong> Relation gesehen mit der Modernisierung von sozialen<br />

Sicherungssystemen. Derartige Strategien bzw. Zielsetzungen und Veränderungen der Arbeitsmarktbe-<br />

d<strong>in</strong>gungen sollen außerdem Unternehmen bestärken, „altersfreundliche“ und „altersneutrale“ Arbeits-<br />

weisen e<strong>in</strong>zuführen und weiterzuentwickeln (vgl. European Commission 2006:1f).<br />

Die Europäische Kommission hat <strong>in</strong> ihrem Abschlussbericht von 2006 Strategien formuliert, die dazu<br />

beitragen sollen, demografische Herausforderungen im H<strong>in</strong>blick auf ältere Arbeitnehmer annehmen<br />

und erfolgreich meistern zu können. Dazu zählen u.a. das Konzept der Arbeitsfähigkeit und lebenslan-<br />

34 Die Beschlüsse des Europäischen Rates <strong>in</strong> Lissabon, Stockholm und Barcelona werden an dieser Stelle auf die für diese<br />

Arbeit <strong>in</strong>teressierenden Sachverhalte bezüglich älterer Personen bzw. Arbeitnehmer e<strong>in</strong>geschränkt dargestellt, da e<strong>in</strong>e<br />

ausführliche Bearbeitung den Rahmen der Arbeit sprengen und über das Thema zu weit h<strong>in</strong>aus führen würde.<br />

44


ges Lernen. 35 Arbeitsfähigkeit ist e<strong>in</strong> zentrales Thema <strong>in</strong> Bezug auf die Förderung e<strong>in</strong>es längeren Er-<br />

werbslebens, den Erhalt älterer Arbeitnehmer <strong>in</strong> Unternehmen und deren Weiterentwicklungsmöglich-<br />

keiten im Arbeitsleben (dazu ausführlicher siehe 5.2). Mit der Etablierung dieses Konzeptes sollen ne-<br />

ben den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben außerdem subjektive Faktoren positiv be-<br />

e<strong>in</strong>flusst werden wie das E<strong>in</strong>stellungsverhalten von Arbeitgebern oder die Motivation von Arbeitneh-<br />

mern, länger zu arbeiten. Es geht <strong>in</strong>sgesamt darum, nicht nur Humanressourcen für die Arbeit, sondern<br />

auch die Arbeit für Arbeitnehmer zu verbessern. Die Verantwortung für den Erhalt von Arbeitsfähig-<br />

keit muss somit auf Seiten der Arbeitgeber und Führungskräfte sowie der Arbeitnehmer <strong>in</strong> Kooperation<br />

getragen werden (vgl. European Commission 2006:85, 87).<br />

Im Bereich des lebenslangen Lernens werden seit langem Defizite seitens der Partizipation älterer Ar-<br />

beitnehmer an entsprechenden Maßnahmen verzeichnet. Im Arbeitsleben kann das zu Produktivitäts-<br />

e<strong>in</strong>bußen und der Entwertung von Humankapital führen, womit die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit steigt, weit vor<br />

Erreichen des gesetzlichen Rentene<strong>in</strong>trittsalters aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu müssen. Diese<br />

Situation gründet sich u.a. auf vorverurteilenden und diskrim<strong>in</strong>ierenden Annahmen, dass sich mit stei-<br />

gendem Alter von Arbeitnehmern Investitionen <strong>in</strong> deren Humankapital nicht mehr lohnen. Zusätzlich<br />

nehmen viele ältere Menschen e<strong>in</strong>e Abwehrhaltung gegenüber Weiterbildungs- bzw. Lernmaßnahmen<br />

e<strong>in</strong>. Die Europäische Kommission dagegen geht davon aus, dass gerade aufgrund der gegenwärtigen<br />

Entwicklung h<strong>in</strong> zu schnelleren Innovationsprozessen und beschleunigtem Wissensverfall, Investitio-<br />

nen <strong>in</strong> das Humankapital aller Arbeitnehmergruppen ertragreich se<strong>in</strong> können und dass ältere Menschen<br />

für die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens sensibilisiert werden müssen. Die Beteiligung an kon-<br />

t<strong>in</strong>uierlichen Lernprozessen bzw. Weiterbildungsmaßnahmen wird dabei <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Bil-<br />

dungsgrad gesehen. Gerade im H<strong>in</strong>blick auf ältere Arbeitnehmer muss das berücksichtigt werden, da <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>igen europäischen Ländern e<strong>in</strong> größerer Anteil dieser Gruppe oft weniger gut ausgebildet ist als<br />

jüngere.<br />

Die Europäische Kommission hebt für das Feld des lebenslangen Lernens hervor, dass der Arbeitsplatz<br />

als Lernort auch bezogen auf <strong>in</strong>formelles Lernen immer wichtiger wird. Zudem können kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Lernprozesse der Inflexibilität von Arbeitnehmern vorbeugen. Insbesondere ältere Arbeitnehmer, die<br />

am Arbeitsplatz auf breite Wissensbestände, Erfahrungswissen und positive E<strong>in</strong>stellungen gegenüber<br />

der Arbeit zurückgreifen können, sollen künftig verstärkt gefördert werden, um weniger erfahrenen<br />

35 Der Bereich des lebenslangen Lernens stellt e<strong>in</strong> umfassendes Gebiet dar, das im weiteren Verlauf nicht ausführlich behandelt<br />

werden kann. Daher wird lediglich e<strong>in</strong>e kurze Beschreibung des Themas vorgenommen (ausführlicher dazu vgl.<br />

European Commission 2006:Kap.8). Im H<strong>in</strong>blick auf den empirischen Teil, wird im Folgenden v.a. auf das Konzept der<br />

Arbeitsfähigkeit e<strong>in</strong>gegangen (siehe 5.2).<br />

45


Arbeitnehmern helfen zu können. Ebenso können jüngere dazu befähigt werden, ihr relativ aktuelles<br />

theoretisches Wissen den älteren Arbeitnehmern zu vermitteln. Die damit e<strong>in</strong>hergehende Strategie lässt<br />

sich als Wissenstransfer zwischen verschiedenen Altersgruppen bzw. Generationen erfassen. Alters-<br />

gemischte Arbeitsgruppen im Betrieb s<strong>in</strong>d gut geeignet, e<strong>in</strong>en Wissensaustausch zwischen älteren und<br />

jüngeren Arbeitnehmern zu unterstützen (vgl. European Commission 2006:102, 104, 113fff).<br />

Das Konzept der Arbeitsfähigkeit und lebenslanges Lernen s<strong>in</strong>d Möglichkeiten, die Herausforderungen<br />

des demografischen Wandels <strong>in</strong> den europäischen Ländern erfolgreich zu bewältigen. Da ersteres Kon-<br />

zept viele verschiedene Bereiche und Dimensionen des Arbeitslebens, u.a. Aspekte des lebenslangen<br />

Lernens, umfasst und außerdem Bezug nimmt auf Themen wie Vorurteile, E<strong>in</strong>stellungen bzw. Vorstel-<br />

lungen und Diskrim<strong>in</strong>ierung h<strong>in</strong>sichtlich des Alters, wird dieses im folgenden Kapitel ausführlich be-<br />

schrieben.<br />

5.2 Ansatzpunkt „Work Ability“ bzw. Arbeitsfähigkeit<br />

5.2.1 Def<strong>in</strong>ition der Arbeitsfähigkeit nach Juhani Ilmar<strong>in</strong>en<br />

In Anbetracht der demografischen Verschiebungen der Altersgruppen unter den Arbeitnehmern h<strong>in</strong> zu<br />

künftig eher älteren <strong>Belegschaften</strong> hat der f<strong>in</strong>nische Wissenschaftler Juhani Ilmar<strong>in</strong>en aus dem Bereich<br />

der Arbeitsmediz<strong>in</strong> schon vor längerer Zeit dafür plädiert, e<strong>in</strong>e aktive Entwicklung von Arbeitsbed<strong>in</strong>-<br />

gungen anzustreben, die alle Altersgruppen berücksichtigt. Um die Situation im Zuge der Alterung von<br />

<strong>Belegschaften</strong> allgeme<strong>in</strong> transparent und handhabbar für verschiedene Länder mit unterschiedlich star-<br />

ker Ausprägung der demografischen Entwicklungen zu machen, hat er e<strong>in</strong>e Matrix erstellt. Diese bildet<br />

die Beziehung zwischen Alterung und Arbeitsleben sowie daraus resultierende Probleme, Lösungen<br />

und Ziele aus den Perspektiven des <strong>in</strong>dividuellen Arbeitnehmers, des Unternehmens bzw. der Organi-<br />

sation und der Gesellschaft ab. Dar<strong>in</strong> wird deutlich, dass die Verantwortung für den Erhalt und die<br />

Entwicklung von Arbeitsfähigkeit von Akteuren unterschiedlicher Ebenen getragen und <strong>in</strong> Zusammen-<br />

arbeit umgesetzt werden muss (vgl. Abb.2; Ilmar<strong>in</strong>en 1999:13). Es wird sichtbar, dass viele Ansatz-<br />

möglichkeiten vorhanden s<strong>in</strong>d zur Lösung von Problemen älterer Arbeitnehmer <strong>in</strong>nerhalb des Arbeits-<br />

lebens. Jegliche Maßnahmen beziehen sich auf den <strong>in</strong>dividuellen Arbeitnehmer, Unternehmen und<br />

Gesellschaft im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Netzwerkes, dessen Komponenten sich gegenseitig bee<strong>in</strong>flussen. Die we-<br />

sentlichen H<strong>in</strong>dernisse bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen sieht Ilmar<strong>in</strong>en u.a. auf der Un-<br />

ternehmensebene <strong>in</strong> vorurteilsbehafteten, oft negativen E<strong>in</strong>stellungen gegenüber Älteren und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

knapp bemessenen Zeitraum, <strong>in</strong>nerhalb dessen sich Verbesserungen seitens der Arbeitnehmer e<strong>in</strong>stel-<br />

len müssen. Probleme resultieren se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach v.a. daraus, dass sich Humanressourcen und<br />

46


Arbeitsanforderungen <strong>in</strong> unterschiedlicher Richtung entwickeln. Erstere verändern sich <strong>in</strong>dividuell und<br />

können variieren, da es sich dabei um e<strong>in</strong>en natürlichen Prozess handelt, der mit steigendem Alter e<strong>in</strong>-<br />

hergeht. Arbeitsanforderungen h<strong>in</strong>gegen folgen diesem Prozess nicht, sondern verändern sich bspw.<br />

angepasst an Marktanforderungen <strong>in</strong> negativer Weise für (ältere und alternde) Arbeitnehmer. D.h., die<br />

bisherige Tätigkeit wird u.U. belastender, da Erholungsphasen unwahrsche<strong>in</strong>licher werden, bestimmte<br />

Symptome gehäuft auftreten, die <strong>in</strong> krankheitsbed<strong>in</strong>gten Absentismus münden können und die Arbeits-<br />

fähigkeit letztlich senken. Lösungen für derartige Probleme müssen sowohl an Arbeitsanforderungen<br />

und –bed<strong>in</strong>gungen ansetzen als auch am Individuum selbst. Es gibt zwei Ansatzmöglichkeiten dafür.<br />

Erstens kann das Arbeitspensum entsprechend angepasst werden und zweitens können <strong>in</strong>dividuelle<br />

Fähigkeiten gestärkt werden (vgl. Abb.2; Ilmar<strong>in</strong>en 1999:13, 183ff).<br />

Abbildung 2: Age<strong>in</strong>g and the work-matrix; Quelle: Ilmar<strong>in</strong>en 1999<br />

In e<strong>in</strong>er f<strong>in</strong>nischen Langzeitstudie s<strong>in</strong>d Faktoren erforscht worden, die Arbeitsfähigkeit von Arbeit-<br />

nehmern zwischen 47 und 58 Jahren verbessern oder schwächen können. Zu den wichtigsten positiv<br />

wirkenden Faktoren zählen positive E<strong>in</strong>stellungen von Vorgesetzten, Reduktion von sich wiederholen-<br />

den Bewegungen und Zunahme physischer Aktivitäten. Faktoren, die Arbeitsfähigkeit verschlechtern,<br />

s<strong>in</strong>d v.a. e<strong>in</strong>geschränkte Möglichkeiten, Anerkennung und Respekt am Arbeitsplatz zu erhalten, ger<strong>in</strong>-<br />

gere physische Aktivitäten, gehäuft stehend zu verrichtende Tätigkeiten am Arbeitsplatz und Unzufrie-<br />

denheit mit dem Arbeitsumfeld (vgl. Ilmar<strong>in</strong>en 1999:188). Ilmar<strong>in</strong>en hat dazu das Konzept der Arbeits-<br />

47


fähigkeit entwickelt, dass auf <strong>in</strong>dividueller Ebene ansetzt und e<strong>in</strong>ige Komponenten der oben angespro-<br />

chenen Matrix be<strong>in</strong>haltet. Dazu ist zu betonen, dass es sich nicht um „Employability“ bzw. Beschäfti-<br />

gungsfähigkeit handelt wie Rump und Eilers es benennen (vgl. Rump/Eilers 2005), sondern um das<br />

Grundkonzept „Work Ability“ bzw. Arbeitsfähigkeit. Die Begriffe werden bei Ilmar<strong>in</strong>en nicht syn-<br />

onym verwendet, wie an späterer Stelle noch zu sehen ist.<br />

Das Basismodell soll v.a. e<strong>in</strong>en Ansatzpunkt für Maßnahmen zur Verbesserung und zum Erhalt von<br />

Arbeitsfähigkeit darstellen. Se<strong>in</strong>er Def<strong>in</strong>ition zufolge bezieht sich Arbeitsfähigkeit sowohl auf <strong>in</strong>divi-<br />

duelle als auch Beschäftigungsfaktoren, die wesentlich s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong>e Person, um im Arbeitsleben zu-<br />

rechtzukommen. Arbeitsfähigkeit ist das Ergebnis der aufe<strong>in</strong>ander wirkenden Faktoren, <strong>in</strong>dividuelle<br />

Ressourcen und Arbeit (vgl. Ilmar<strong>in</strong>en 1999:46). Individuelle Ressourcen e<strong>in</strong>er Person s<strong>in</strong>d Gesund-<br />

heit, funktionelle Fähigkeiten, Bildung und Wissen bzw. (praktische) Erfahrungen. Diese werden be-<br />

e<strong>in</strong>flusst durch persönliche Werte, E<strong>in</strong>stellungen, Motivation und Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Indi-<br />

viduelle Ressourcen werden von e<strong>in</strong>er Person bei der Arbeit umgesetzt. Auf das Resultat wirken Ar-<br />

beitsgeme<strong>in</strong>schaft und –umfeld sowie die physischen und mentalen Arbeitsanforderungen. Das Modell<br />

der Arbeitsfähigkeit verweist darauf, dass die Arbeit an sich sowie Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft und –umfeld<br />

starken E<strong>in</strong>fluss darauf haben, wie gut oder schlecht e<strong>in</strong> Arbeitnehmer die eigenen Ressourcen nutzen<br />

kann. Das bedeutet, dass gute Anlagen bzw. Ressourcen zu e<strong>in</strong>er gut ausgeprägten Arbeitsfähigkeit<br />

führen unter der Bed<strong>in</strong>gung, dass Arbeits<strong>in</strong>halt, -geme<strong>in</strong>schaft und -umfeld die Voraussetzungen dafür<br />

bereitstellen. Im Umkehrschluss können e<strong>in</strong>e gut funktionierende Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft und e<strong>in</strong> entspre-<br />

chendes Arbeitsumfeld schwach ausgeprägte Ressourcen aber nicht vollständig ausgleichen. Arbeitsfä-<br />

higkeit wird von Ilmar<strong>in</strong>en als e<strong>in</strong> dynamischer Prozess erfasst, der sich durch se<strong>in</strong>e Komponenten im<br />

Verlauf des Lebens immer verändert. Gleichzeitig ist dieser gekoppelt an die umgebende Gesellschaft,<br />

das Unternehmen und die sozialen Netzwerke e<strong>in</strong>es Individuums bspw. die Familie (vgl. Abb.3; Ilma-<br />

r<strong>in</strong>en 1999:46f).<br />

48


Abbildung 3: Arbeitsfähigkeit bee<strong>in</strong>flussende Faktoren aus Perspektive des Individuums; Quelle: Ilmar<strong>in</strong>en 1999<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus stellt Arbeitsfähigkeit die Grundlage der Beschäftigungsfähigkeit e<strong>in</strong>es Individuums<br />

dar. Letztere kann gefördert werden durch Unterstützungs- und Servicesysteme, Arbeits- und Renten-<br />

gesetzgebung, gesellschaftlich verbreitete Werte und E<strong>in</strong>stellungen. Darunter fällt bspw. auch die Prä-<br />

vention von Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung. Zusammengenommen stellen nach Ilmar<strong>in</strong>en erst Arbeits- und Be-<br />

schäftigungsfähigkeit zusammen e<strong>in</strong>en Prozess dar, der zu Beschäftigung führt (vgl. Abb.4; Ilmar<strong>in</strong>en<br />

1999:46f).<br />

Abbildung 4: Beziehung zwischen Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit und Beschäftigung;<br />

Quelle: Ilmar<strong>in</strong>en 1999<br />

Das Konzept der Arbeitsfähigkeit umfasst verschiedene Dimensionen <strong>in</strong> der Verb<strong>in</strong>dung von Indivi-<br />

duum und Arbeit, auf die im nächsten Abschnitt e<strong>in</strong>gegangen wird.<br />

49


5.2.2 Theoretische Konzeption: Vier Dimensionen zur Erhaltung und Entwicklung der Arbeitsfähigkeit<br />

älterer Arbeitnehmer<br />

Das Basismodell der Arbeitsfähigkeit be<strong>in</strong>haltet vier Interaktionsl<strong>in</strong>ien. Zwei davon betreffen den Be-<br />

reich der Arbeit (Arbeits<strong>in</strong>halt, -umfeld, –geme<strong>in</strong>schaft und -organisation), die anderen beziehen sich<br />

auf das Individuum (gesundheitliche Situation, funktionelle Ressourcen und Entwicklung von professi-<br />

onellen Kompetenzen, Wissen sowie Erfahrungen). Die vier Dimensionen, die das Modell umfasst,<br />

s<strong>in</strong>d zu benennen als: Arbeitsumfeld, Arbeitsorganisation und Führung, Individuum bzw. <strong>in</strong>dividuelle<br />

Gesundheit und professionelle Kompetenz (vgl. Abb.5; Ilmar<strong>in</strong>en 1999:190f).<br />

Abbildung 5: Basismodell zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit; Quelle: Ilmar<strong>in</strong>en 1999<br />

Als erster Bereich ist das Arbeitsumfeld mit den dazugehörigen Komponenten Ergonomie, Hygiene<br />

und Sicherheit am Arbeitsplatz anzusprechen. Um die Arbeitsfähigkeit <strong>in</strong> diesem Feld zu verbessern,<br />

wird empfohlen, ergonomische Risikofaktoren zu m<strong>in</strong>imieren. Dazu zählen hohe physische Arbeitsan-<br />

forderungen, bei denen z.B. Muskelkraft, Heben und Tragen, repetitive Tätigkeiten, etc. e<strong>in</strong>gefordert<br />

werden und/oder e<strong>in</strong>e schlechte Haltung bzw. Arbeitsposition e<strong>in</strong>genommen werden muss. Weitere zu<br />

m<strong>in</strong>imierende Risikofaktoren beziehen sich auf anstrengende und gefährliche Arbeitsumfelder, die z.B.<br />

verschmutzt und nass s<strong>in</strong>d, hohe Unfallrisiken bergen und/oder extreme klimatische Bed<strong>in</strong>gungen<br />

be<strong>in</strong>halten. All diese Faktoren wirken negativ auf die Arbeitsfähigkeit e<strong>in</strong>es Arbeitnehmers. Daher soll-<br />

50


ten ergonomische Verbesserungen im H<strong>in</strong>blick auf Alter(n) v.a. auf e<strong>in</strong> reduziertes Arbeitspensum,<br />

m<strong>in</strong>imierte Unfallrisiken und weniger Tätigkeiten <strong>in</strong> belastenden Arbeitsumfeldern abzielen, wenn die<br />

Arbeitsfähigkeit erhalten oder verbessert werden soll. Davon können alle Altersgruppen <strong>in</strong>nerhalb ei-<br />

nes Unternehmens profitieren. Gerade bei älteren Arbeitnehmern wird sogar von e<strong>in</strong>em direkten (posi-<br />

tiven) Effekt auf die Arbeitsfähigkeit <strong>in</strong> diesem Zusammenhang ausgegangen. Derartige Maßnahmen<br />

am Arbeitsplatz müssen altersbed<strong>in</strong>gte Veränderungen berücksichtigen und spätestens, wenn diese<br />

sichtbar werden, e<strong>in</strong>setzen. Darunter fallen auch entsprechend angepasste Arbeitspausen und Erho-<br />

lungsphasen bzw. e<strong>in</strong> mit dem Alter steigendes Bedürfnis danach und Sicherheit am Arbeitsplatz (v.a.<br />

bezogen auf Unfallrisiken), um der Schwächung der Arbeitsfähigkeit vorzubeugen (vgl. Ilmar<strong>in</strong>en<br />

1999:192f, 197ff).<br />

Das zweite Feld des Modells umfasst Arbeitsorganisation und Führung sowie die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft.<br />

Konkret wird das v.a. auf Entwicklungsthemen und psychosoziale Managementthemen bezogen. Risi-<br />

kofaktoren (s.o.) s<strong>in</strong>d eng verbunden mit dieser Dimension. Schlecht organisierte Arbeit bedeutet eben-<br />

falls e<strong>in</strong> Risiko im H<strong>in</strong>blick auf Arbeitsfähigkeit. Zu den wichtigsten Faktoren <strong>in</strong> diesem Kontext gehö-<br />

ren Unklarheit über Rollen im H<strong>in</strong>blick auf Verantwortlichkeiten, Angst vor Versagen und Fehlern,<br />

Mangel an E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten, Spielräumen, an professioneller Entwicklung, an Anerkennung und<br />

Respekt. Dar<strong>in</strong> werden viele Ansatzmöglichkeiten zur Verbesserung sichtbar. V.a. Vorgesetzte tragen<br />

die Verantwortung und haben die Möglichkeiten, Maßnahmen e<strong>in</strong>zuleiten und älteren Mitarbeitern<br />

größere Spielräume, mehr Eigenverantwortung, Anerkennung und Respekt e<strong>in</strong>zuräumen oder die Ar-<br />

beit entsprechend der Bedürfnisse von älteren Arbeitnehmern anzupassen. Anerkennung und Respekt<br />

am Arbeitsplatz s<strong>in</strong>d für Arbeitnehmer aller Altersgruppen die wichtigsten Faktoren im H<strong>in</strong>blick auf<br />

Arbeitsmotivation, Zufriedenheit und letztlich Arbeitsfähigkeit. Des Weiteren stehen die Arbeit von<br />

Vorgesetzten und Führungsaufgaben <strong>in</strong> Bezug auf Alter im Zentrum dieses Feldes. Bei ersteren wird<br />

als besonders wichtig angesehen, dass Vorgesetzte ke<strong>in</strong>e stereotypen E<strong>in</strong>stellungen gegenüber Älteren<br />

haben, Wille zu Kooperation mit diesen zeigen (z.B. <strong>in</strong> Arbeitsgruppen), die Fähigkeit zu <strong>in</strong>dividueller<br />

Arbeitsplanung mitbr<strong>in</strong>gen und kommunikationsfähig s<strong>in</strong>d. Zudem müssen Arbeitsstunden oder<br />

Schichtarbeit sowie das Arbeitspensum altersgemäß geplant werden. D.h., es sollten e<strong>in</strong> reduziertes<br />

Arbeitspensum oder flexible Arbeitszeitarrangements umgesetzt werden (vgl. Ilmar<strong>in</strong>en 1999:200fff).<br />

Das dritte Feld des Modells der Arbeitsfähigkeit thematisiert das Individuum, dessen funktionelle Fä-<br />

higkeiten und die gesundheitliche Situation. Da v.a. bei vielen Arbeitnehmern über 55 Jahren chroni-<br />

sche Krankheiten diagnostiziert werden, wird es als notwendig erachtet, für diese Gruppe Effekte von<br />

Krankheit auf die Arbeit zu reduzieren. Dabei spielen die betriebliche Gesundheitsversorgung als Sys-<br />

51


tem zur Reduzierung von Krankheiten und die Berücksichtigung e<strong>in</strong>er besseren Integration von Ar-<br />

beitsregeln und -methoden wesentliche Rollen im Arbeitsleben. Durch e<strong>in</strong>e Anpassung von Ar-<br />

beitsaufgaben und –methoden an Fähigkeiten älterer Arbeitnehmer können negative Effekte von chro-<br />

nischen Krankheiten verr<strong>in</strong>gert werden. Wichtige Bed<strong>in</strong>gungen zur Förderung von Gesundheit liegen<br />

u.a. im Vorfeld <strong>in</strong> Informationen über gesundheitsförderliche Verhaltens- und Lebensweisen (physi-<br />

sche Aktivitäten, Nichtrauchen, ke<strong>in</strong> übermäßiger Alkoholgenuss und gesunde Ernährung). Hauptsäch-<br />

lich ist es aber abhängig von der Eigenverantwortlichkeit e<strong>in</strong>er Person und der Unterstützung durch das<br />

Umfeld, wie damit umgegangen wird. Im H<strong>in</strong>blick darauf wird davon ausgegangen, dass je mehr In-<br />

formationen zum Thema Gesundheit vorhanden s<strong>in</strong>d, Eigenverantwortlichkeit umso stärker zunimmt.<br />

Zusätzlich müssen psychische und soziale Fähigkeiten e<strong>in</strong>er Person gestärkt werden mit Hilfe von<br />

Maßnahmen, die auf verschiedenen Ebenen (Individuum, direkte Netzwerke, Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft und<br />

Führungsebene) ansetzen (vgl. Ilmar<strong>in</strong>en 1999:209ff, 214fff).<br />

Die letzte Dimension von Arbeitsfähigkeit ist die professionelle Kompetenz. Darunter fallen Weiterbil-<br />

dung bzw. Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und Entwicklung. Maßnahmen <strong>in</strong> diesem Bereich sollten auf e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />

des Bildungsniveaus und die Unterstützung älterer Arbeitnehmer bei Lernprozessen abzielen. Das kann<br />

v.a. erreicht werden durch entsprechend angepasste Konzepte seitens der Vorgesetzten, Lehrer und<br />

Kollegen sowie v.a. deren E<strong>in</strong>stellungen gegenüber Älteren und <strong>in</strong> der Berücksichtigung, dass ältere<br />

anders lernen als jüngere Menschen. Das bedeutet bspw., dass Erlerntes durch Übungen gefestigt wird<br />

(„learn<strong>in</strong>g by do<strong>in</strong>g“) und Lernen als aktiver Prozess stattf<strong>in</strong>den muss. Zusätzlich sollten <strong>in</strong> Unterneh-<br />

men kont<strong>in</strong>uierlich Analysen von Arbeitsmethoden, Arbeit und deren Zuordnung durchgeführt werden,<br />

um gegebenenfalls rechtzeitig Anpassungsmaßnahmen e<strong>in</strong>zuleiten (vgl. Ilmar<strong>in</strong>en 1999:219fff). 36<br />

36 Ilmar<strong>in</strong>en gibt für alle Dimensionen Empfehlungen ab (<strong>in</strong>sgesamt 28), die der Verbesserung von Arbeitsfähigkeit dienen<br />

sollen (vgl. Ilmar<strong>in</strong>en 1999:192-222).<br />

52


Abbildung 6: Dimensionen von Arbeitsfähigkeit aus den Perspektiven von Humanressourcen, Arbeit und Umwelt; Quelle:<br />

Ilmar<strong>in</strong>en 2006<br />

Diese vier Dimensionen bieten nach Ilmar<strong>in</strong>en Ansatzpunkte zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit<br />

(vgl. Abb.6). Er geht sogar noch weiter und folgert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Basismodell, dass von e<strong>in</strong>er guten Ar-<br />

beitsfähigkeit und Gesundheit positive Effekte für die Produktivität e<strong>in</strong>es Arbeitnehmers und Arbeits-<br />

qualität, Lebensqualität und Wohlbef<strong>in</strong>den ausgehen, die dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rentenfähigkeit und produkti-<br />

ves, erfolgreiches und bedeutungsvolles „drittes Alter“ münden können (vgl. Abb.5).<br />

Dieses Konzept bietet ebenfalls Anknüpfungspunkte für den empirischen Teil dieser Abschlussarbeit<br />

wie weiter unten noch gezeigt wird.<br />

5.3 Zwischenfazit<br />

In den Abschnitten des fünften Kapitels ist darauf e<strong>in</strong>gegangen worden, <strong>in</strong>wiefern demografische Ver-<br />

änderungen speziell im H<strong>in</strong>blick auf alternde <strong>Belegschaften</strong> auf europäischer Ebene behandelt werden<br />

und welche Ziele und Maßnahmen dabei hervorgehoben werden können. Festzuhalten ist, dass die<br />

wichtigsten Ziele bezogen auf ältere Arbeitnehmer 2001 und 2002 bei den Treffen des Europäischen<br />

Rates <strong>in</strong> Stockholm und Barcelona beschlossen worden s<strong>in</strong>d. Bis 2010 sollen demnach die Beschäfti-<br />

gungsquote älterer Frauen und Männer auf 50% gesteigert sowie das durchschnittliche Rentene<strong>in</strong>tritts-<br />

alter um fünf Jahre erhöht werden. Dah<strong>in</strong>ter stehen <strong>in</strong> Anbetracht der Bewältigung demografischer<br />

53


Herausforderungen die Vorstellungen, e<strong>in</strong>e Verlängerung des Erwerbslebens durch verbesserte und<br />

angepasste Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen zu erreichen sowie die Partizipation aller Altersgruppen am Arbeits-<br />

markt zu erhöhen (v.a. älterer Arbeitnehmer) und „aktives Altern“ zu fördern. Zusätzlich s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige<br />

Ausführungen der Europäischen Kommission aus dem Abschlussbericht von 2006 angesprochen wor-<br />

den. Diese weisen ähnliche Tendenzen h<strong>in</strong>sichtlich der Zielsetzungen auf. Das wird u.a. dar<strong>in</strong> ersicht-<br />

lich, dass Maßnahmen vorgeschlagen werden, die Arbeitsfähigkeit und lebenslanges Lernen fördern<br />

sollen. V.a. auf Ersteres ist <strong>in</strong> diesem Kapitel näher e<strong>in</strong>gegangen worden. Das Konzept bzw. Modell<br />

der Arbeitsfähigkeit des f<strong>in</strong>nischen Wissenschaftlers Juhani Ilmar<strong>in</strong>en ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

hervorgehoben worden, da es verschiedene Dimensionen, Ebenen und Akteure e<strong>in</strong>bezieht. Es behan-<br />

delt die Bereiche <strong>in</strong>dividuelle Gesundheit, professionelle Kompetenzen, Arbeitsorganisation und Füh-<br />

rung sowie das Arbeitsumfeld und verweist auf Ansatzmöglichkeiten für Maßnahmen zur Verbesse-<br />

rung und Entwicklung von Arbeitsfähigkeit durch das Zusammenspiel von <strong>in</strong>dividuellen Arbeitneh-<br />

mern, Unternehmen bzw. Organisation und Gesellschaft. Darüber h<strong>in</strong>aus weist das Modell darauf h<strong>in</strong>,<br />

dass e<strong>in</strong>e gute Arbeitsfähigkeit nicht nur zu e<strong>in</strong>em längeren, produktiveren und qualitativ höherwerti-<br />

gen Erwerbsleben führen, sondern auch positiven E<strong>in</strong>fluss auf das Privatleben und die Zeit nach der<br />

Erwerbsphase haben kann. Gesellschaftliche E<strong>in</strong>stellungen und Vorstellungen, Vorurteile und Diskri-<br />

m<strong>in</strong>ierung bezogen auf ältere Arbeitnehmer f<strong>in</strong>den dabei ebenfalls Berücksichtigung. Das Modell bie-<br />

tet <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e breite Spanne an Möglichkeiten, das Erwerbsleben älterer Arbeitnehmer mit Hilfe<br />

von Maßnahmen <strong>in</strong> bestimmten Bereichen positiv zu bee<strong>in</strong>flussen und damit Herausforderungen des<br />

demografischen Wandels <strong>in</strong> Bezug auf alternde <strong>Belegschaften</strong> und Nachwuchskräftemangel anzuge-<br />

hen.<br />

Bevor im folgenden Teil überprüft werden kann, wie weit die europäischen Mitgliedsstaaten, v.a.<br />

<strong>Deutschland</strong> bereits h<strong>in</strong>sichtlich der Zielsetzungen bis 2010 vorangekommen s<strong>in</strong>d bezüglich entspre-<br />

chender Veränderungen von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen, wird zunächst das Projekt, auf dessen Daten sich der<br />

empirische Teil der Arbeit bezieht, beschrieben.<br />

54


6 Sekundäranalyse der Daten aus e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationalen Forschungsprojekt<br />

der European Foundation (EF)<br />

6.1 Design und Gegenstand des Projektes<br />

Im Jahr 2004 ist seitens des Vorstandes der EF e<strong>in</strong> Arbeitsprogramm für die Jahre 2005 bis 2008 auf-<br />

gestellt worden. Dieses verweist auf Möglichkeiten und Herausforderungen für die Mitgliedsstaaten<br />

der Europäischen Union nach der Erweiterung. Das Programm ist angelehnt an die Lissabon-Strategie<br />

von 2000 (siehe 5.1), die europäische Wirtschaft zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>novativen, dynamischen und wettbewerbs-<br />

fähigen Wirtschaft zu machen. Die Schwerpunkte liegen dabei auf Beschäftigung, Produktivität und<br />

sozialer Sicherheit. In dem Vier-Jahres-Programm wird unter Berücksichtigung der vorhandenen Wis-<br />

sensbasis nach neuen Trends und Entwicklungen <strong>in</strong>nerhalb und außerhalb der EU geforscht. Neben<br />

vielen Studien zu unterschiedlichen Themen, werden auch alternde <strong>Belegschaften</strong> <strong>in</strong> europäischen Mit-<br />

gliedsstaaten untersucht im H<strong>in</strong>blick auf den Erhalt älterer Arbeitnehmer im Erwerbsleben. Dazu s<strong>in</strong>d<br />

200 Fälle <strong>in</strong> den Jahren 2005 bis 2007 qualitativ erhoben und ausgewertet worden. Die Zusammenstel-<br />

lung bezieht sich auf „Good-Practice“-Unternehmen 37 <strong>in</strong> den Bereichen „Altersmanagement“ und Ver-<br />

besserung von Arbeitsplatzchancen sowie Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen für ältere Arbeitnehmer. Es handelt sich<br />

um Kurzfallstudien von Unternehmen und Organisationen der 27 EU-Mitgliedsstaaten, die Informatio-<br />

nen enthalten zu verschiedenen Kategorien: Land, Sektor bzw. Branche, Organisationstyp, Art und<br />

Akteure des sozialen Dialogs, e<strong>in</strong>geführte Maßnahmen/Initiativen sowie deren Zielgruppen <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Belegschaft e<strong>in</strong>es Unternehmens. Die Fallstudien bilden ab, wie Unternehmen mit alternden Beleg-<br />

schaften und damit e<strong>in</strong>hergehenden Herausforderungen umgehen und welche Ergebnisse bisher mit<br />

den Initiativen erzielt worden s<strong>in</strong>d (vgl. , Recherche am<br />

30.04.2008). In den Kurzfallstudien wird sowohl auf den H<strong>in</strong>tergrund und die Ursprünge <strong>in</strong> Form von<br />

bestimmten Initiativen e<strong>in</strong>gegangen als auch auf die daraus resultierenden aktuellen Maßnahmen<br />

selbst, die die Unternehmen zu „Good-Practice“-Beispielen machen. Die Sekundärstatistik wird aller-<br />

d<strong>in</strong>gs lediglich letztere, also „aktuelle“ Aktivitäten aufgreifen und quantitativ auswerten und nicht auf<br />

die Ursprünge e<strong>in</strong>gehen.<br />

Der Fokus auf alternde <strong>Belegschaften</strong> und den Umgang mit älteren Arbeitnehmern <strong>in</strong> Unternehmen <strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>ternationaler Perspektive bietet H<strong>in</strong>weise darauf, wo sich deutsche verglichen mit anderen Unter-<br />

37 Es wird nicht genau def<strong>in</strong>iert, was e<strong>in</strong> Unternehmen oder e<strong>in</strong>e Organisation zu e<strong>in</strong>em „Good-Practice“-Beispiel macht.<br />

Daher wird im weiteren Vorgehen davon ausgegangen, dass es sich dabei um Fälle handelt, die im H<strong>in</strong>blick auf ältere<br />

Arbeitnehmer bestimmte Maßnahmen oder Programme e<strong>in</strong>geführt haben mit dem Ziel, e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben zu<br />

ermöglichen, H<strong>in</strong>dernisse für ältere Arbeitnehmer wie negative E<strong>in</strong>stellungen abzubauen oder Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen anzupassen.<br />

55


nehmen <strong>in</strong> Europa verorten lassen <strong>in</strong> Zeiten des demografischen Wandels. Daher wird diese, <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie qualitative, Auswertung von Daten im folgenden Teil als Sekundärstatistik die Grundlage bilden<br />

für e<strong>in</strong>e quantitative Datenerhebung und –auswertung mit dem Statistikprogramm SPSS.<br />

6.2 Methodisches Vorgehen- Datenerhebung und –auswertung mit SPSS 38<br />

Die primär qualitativ erhobenen Daten aus den Fallstudien der Euopean Foundation stellen die Basis<br />

für e<strong>in</strong>e quantitative Erhebung und Auswertung mit dem Statistikprogramm SPSS dar. Da die Daten<br />

bereits erhoben worden s<strong>in</strong>d, handelt es sich <strong>in</strong> diesem Zusammenhang um die Erstellung und Auswer-<br />

tung e<strong>in</strong>er Sekundärstatistik bzw. um e<strong>in</strong>e Sekundäranalyse. Zum e<strong>in</strong>en soll damit e<strong>in</strong> zusammenhän-<br />

gender Überblick geschaffen werden über Verteilungen der erhobenen Daten (s.o.), zum anderen sollen<br />

potenzielle Zusammenhänge zwischen Variablen untersucht werden sowie ob zwischen bestimmten<br />

Variablengruppen Unterschiede bestehen (vgl. Voß 2006:7). SPSS bietet für e<strong>in</strong>e solche quantitative<br />

Datenerhebung und -auswertung entsprechend umfassende Berechnungsmöglichkeiten. 39 Die ange-<br />

wandten Methoden stammen aus der uni- und bivariaten Statistik.<br />

Diese Untersuchung stellt den Versuch dar, qualitative und quantitative Methoden und damit zwei Per-<br />

spektiven auf e<strong>in</strong>en vorhandenen Datensatz zu verb<strong>in</strong>den. Bei dem hiesigen Vorgehen bedeutet es, dass<br />

e<strong>in</strong> bereits qualitativ erhobener Datenpool, e<strong>in</strong>e Primärstatistik bestehend aus Kurzfallstudien, zum Teil<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e quantitative Auswertung im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es nachträglich konstruierten standardisierten Fragebo-<br />

gens überführt wird (vgl. Kodebuch, Tab.6 im Anhang). Zugunsten e<strong>in</strong>es neuen, quantitativen Blick-<br />

w<strong>in</strong>kels auf die Daten wird dabei <strong>in</strong> Kauf genommen, dass es zu Informationsverlusten kommen kann.<br />

Für die Untersuchung s<strong>in</strong>d aus den 200 zur Verfügung stehenden Fällen der 27 EU-Mitgliedsstaaten<br />

106 Fälle aus neun Ländern ausgewählt worden (<strong>Deutschland</strong>, Österreich, Belgien, Dänemark, F<strong>in</strong>n-<br />

land, Frankreich, die Niederlande, Schweden und Großbritannien). 40 Die <strong>in</strong>teressierenden Informatio-<br />

nen aus den Kurzfallstudien ermöglichen mit Hilfe der E<strong>in</strong>gabe- bzw. Suchmaske auf der Internetseite<br />

der European Foundation sowie der Indizes der jeweiligen Fälle die Bildung von Variablen und deren<br />

Ausprägungen (vgl. , Recherche am 30.04.2008). Die für die Aus-<br />

wertung wesentlichen Variablen können <strong>in</strong> unabhängige und abhängige aufgeteilt werden (vgl. Tab. 7).<br />

38 Die methodische Vorgehensweise richtet sich nach Empfehlungen aus verschiedenen Niederschriften zur Datenerhebung<br />

und –auswertung mit Hilfe des Statistikprogrammes SPSS, Version 14.0 (vgl. Brosius 2006:Kap.5; Voß 2006:Kap.2).<br />

39 Da die Stichprobe lediglich 106 Fälle umfasst, s<strong>in</strong>d multivariate Methoden zur Anwendung nicht geeignet. Diese werden<br />

bei größeren Grundgesamtheiten verwendet.<br />

40 Es handelt sich dabei nur bed<strong>in</strong>gt um e<strong>in</strong>e (Zufalls-)Stichprobe, da die Fälle nicht zufällig, sondern nach Ländern (neun<br />

der alten 15 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union) ausgewählt worden s<strong>in</strong>d. Daher werden Datenerhebung und –<br />

auswertung nur e<strong>in</strong>geschränkt repräsentativen Charakter haben.<br />

56


Unabhängige<br />

Variable Kategorien<br />

Land<br />

Unternehmensgröße<br />

Österreich (A), Belgien (B), Dänemark (DK), <strong>Deutschland</strong> (D), F<strong>in</strong>nland (FIN),<br />

Frankreich (F), Niederlande (NL), Schweden (S), Großbritannien (GB)<br />

Kle<strong>in</strong>- (KU), Mittelstand- (MU), Großunternehmen (GU)<br />

Abhängige<br />

Variable Kategorien<br />

Maßnahmen<br />

Zielgruppen<br />

Gesundheit/Wohlbef<strong>in</strong>den (GHW), Ergonomie/Arbeitsplatzgestaltung (EAPL), flexible Arbeitsweisen (FA),<br />

Rekrutierung (REK), Ausstiegsregelung (AUS), Lohn-/Gehaltspolitik (LGP), Veränderung von<br />

E<strong>in</strong>stellungen (VE), Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Weiterbildung, Entwicklung, etc. (TWB), Umsetzung (UM),<br />

umfassende Maßnahmenpakete (UP)<br />

alle Altersgruppen (ALLE), Ältere Arbeitnehmer (ÄAN), Männer (M), Frauen (Fr), andere nicht handwerklich/körperlich<br />

Tätige (ANH), Personen mit Gesundheitsproblemen (PMG), Führungskräfte/Angestellte (FKA), Facharbeiter/Gelernte<br />

(FAG), An-/Ungelernte (ANUN)<br />

Anzahl Maßnahmen 0-11 (alle) Maßnahmen<br />

Anzahl Zielgruppen 0-7 (alle) Zielgruppen<br />

Anzahl Dimensionen<br />

der Arbeitsfähigkeit 0-4 (alle) Dimensionen<br />

Tabelle 7: Zuordnung der Variablen aus der Auswertung 41 ; Quelle: European Foundation 2005-2007; eigene Darstellung<br />

Außerdem wird das Konzept der Arbeitsfähigkeit von Ilmar<strong>in</strong>en (siehe Abschnitt 5.2) aufgeteilt <strong>in</strong> sei-<br />

nen vier Dimensionen ergänzend untersucht, <strong>in</strong>dem die <strong>in</strong> den untersuchten Unternehmen aktuell e<strong>in</strong>-<br />

geführten Maßnahmen den vier Feldern der Arbeitsfähigkeit zugeordnet werden (vgl. Tab.8).<br />

DIM1=<br />

Das Individuum<br />

(Funktionelle Leistungs-<br />

fähigkeit, Gesundheit)<br />

Initiativen im Bereich<br />

Gesundheit/Wohlbef<strong>in</strong>den<br />

DIM2=<br />

Arbeitsumgebung und<br />

-gestaltung (Ergonomie,<br />

Hygiene, Sicherheit)<br />

Initiativen <strong>in</strong> den<br />

Bereichen Ergonomie/Arbeitsplatzgestaltung;<br />

flexible<br />

Arbeitsweisen<br />

DIM3=<br />

Arbeitsorganisation und<br />

Führung (Entwicklung-,<br />

Psychosoziale- und<br />

Managementthemen)<br />

Initiativen <strong>in</strong> den Bereichen<br />

Rekrutierung; Ausstiegs-<br />

regelung; Lohn-/<br />

Gehaltspolitik; Veränderung<br />

von E<strong>in</strong>stellungen<br />

57<br />

DIM4=<br />

Fachliche/<br />

professionelle<br />

Kompetenz<br />

Initiativen <strong>in</strong> den<br />

Bereichen<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g,<br />

Weiterbildung,<br />

Entwicklung, etc.;<br />

Umsetzung<br />

ADIM=<br />

Arbeitsfähigkeit (AF)<br />

komplett<br />

(alle vier Dimensionen)<br />

Umfassende Programme<br />

und Maßnahmenpakete<br />

Tabelle 8: Zuordnung der Maßnahmen zu den Dimensionen von "Work Ability"/Arbeitsfähigkeit nach Ilmar<strong>in</strong>en (s. Abschnitt<br />

5.2)<br />

Bezogen auf das methodische Vorgehen s<strong>in</strong>d mehrere Schritte der Datenvorbereitung und Datene<strong>in</strong>ga-<br />

be <strong>in</strong> bzw. –auswertung mit dem Programm SPSS zu beschreiben. Zunächst s<strong>in</strong>d aus den Fallstudien<br />

41 Branche, Rechtsform des Unternehmens sowie Art und Akteure des sozialen Dialogs werden als Variablen im weiteren<br />

Verlauf nicht herangezogen, da <strong>in</strong> diesem Kontext ke<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvollen Ergebnisse möglich gewesen wären.


die für diese Arbeit thematisch <strong>in</strong>teressierenden Kategorien herausgearbeitet worden (s.o.). Indem die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Kurzfallstudien nachträglich als standardisierte Fragebögen konstruiert bzw. kodiert worden<br />

s<strong>in</strong>d, konnten e<strong>in</strong>zelne Kategorien nachvollzogen und für die spätere Auswertung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kodebuch<br />

übernommen werden (vgl. Kodebuch, Tab.6 im Anhang). 42 Zusätzlich s<strong>in</strong>d die Bereiche der Arbeitsfä-<br />

higkeit (vier Dimensionen) aufgenommen worden, <strong>in</strong>dem die jeweiligen Maßnahmenbereiche den Di-<br />

mensionen zugeordnet worden s<strong>in</strong>d. Die meisten Variablen s<strong>in</strong>d nom<strong>in</strong>alskaliert mit verschiedenen<br />

Ausprägungen und diskret. Ersteres bedeutet, dass die entsprechenden Werte lediglich Etiketten bzw.<br />

Namen s<strong>in</strong>d, die <strong>in</strong> diesem Kontext Unterscheidungen ermöglichen zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Fällen<br />

(bzw. Unternehmen oder Organisationen). Diskret s<strong>in</strong>d diese Variablen, da sie nur bestimmte streng<br />

vone<strong>in</strong>ander getrennte Werte annehmen können und Zwischenwerte unmöglich s<strong>in</strong>d. Bei der Anzahl<br />

der Dimensionen, der Maßnahmenbereiche und der Zielgruppen h<strong>in</strong>gegen handelt es sich um metrisch<br />

skalierte und stetige Variablen, da Abstände zwischen zwei Werten berechnet werden können und da<br />

sie jeden Wert und Zwischenwert annehmen könnten. Merkmalsträger <strong>in</strong> diesem Fall s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zel-<br />

nen Unternehmen oder Organisationen (vgl. Voß 2006:7f).<br />

Dann ist e<strong>in</strong>e Datenmatrix <strong>in</strong> Excel angelegt und <strong>in</strong> das Programm SPSS übertragen worden (vgl. Da-<br />

tenmatrix <strong>in</strong> SPSS auf beiliegender CD). Dar<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d alle Daten der 106 Fälle enthalten. Jede Zeile rep-<br />

räsentiert e<strong>in</strong>en Fall (Organisation) der Stichprobe. In den Spalten s<strong>in</strong>d die aufgenommenen Variablen<br />

abgebildet. In den Kreuzungsbereichen von Zeilen und Spalten (Zellen) stehen die Angaben der jewei-<br />

ligen Organisationen. Sie stellen Werte bzw. Daten der Sekundärstatistik dar, die anhand verschiedener<br />

Meßverfahren ausgewertet und anschließend <strong>in</strong>terpretiert werden können.<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>er quantitativen Datenauswertung sollen zunächst Methoden der deskriptiven Statistik,<br />

d.h. Häufigkeitsverteilungen (absolute bzw. relative) berechnet und tabellarisch dargestellt werden. Das<br />

dient dazu, e<strong>in</strong>en zusammenfassenden Überblick über die Merkmalswerte und deren Ausprägungen<br />

bezogen auf die e<strong>in</strong>zelnen Fälle zu schaffen. Um die Perspektive zu erweitern, werden zudem Metho-<br />

den herangezogen, die statistische Zusammenhänge zwischen zwei Variablen erfassen können. Darun-<br />

ter fallen Auswertungen mit Hilfe von Kreuztabellen und Chi 2 -Tests. Schließlich s<strong>in</strong>d Varianzanalysen<br />

mit dem Allgeme<strong>in</strong>en L<strong>in</strong>earen Modell (univariat) aus der Inferenzstatistik vorgenommen worden für<br />

Ländergruppenvergleiche. Sie können Aufschluss darüber geben, warum der Datenbestand (bezogen<br />

auf Häufigkeitsverteilungen) e<strong>in</strong> bestimmtes Aussehen hat. Zugleich kann dann e<strong>in</strong>e Interpretation der<br />

42 Zusätzlich hilfreich ist dabei gewesen, dass jede e<strong>in</strong>zelne Fallstudie im Internet mit e<strong>in</strong>er Art Index abgebildet wird, der<br />

die e<strong>in</strong>zelnen Kategorien aufführt. Dieser bildet die Kriterien ab, nach denen mittels der Such- bzw. E<strong>in</strong>gabemaske nach<br />

speziellen Fällen gesucht werden kann. Dennoch ist es notwendig gewesen, Fälle e<strong>in</strong>zeln durchzugehen, da nicht alle<br />

Aspekte im Index vollständig erfasst worden s<strong>in</strong>d.<br />

58


Daten <strong>in</strong> Bezug auf das Thema dieser Arbeit vorgenommen werden (vgl. Brosius 2006:Kap.17,<br />

Kap.26; Voß 2006).<br />

6.3 Ziele und Interessen der Sekundäranalyse<br />

Die Sekundäranalyse mit Hilfe des Statistikprogrammes SPSS verfolgt drei verschiedene Zielrichtun-<br />

gen im H<strong>in</strong>blick auf das Thema dieser Arbeit. Zuerst soll es darum gehen, e<strong>in</strong>en Überblick zu schaffen<br />

<strong>in</strong> Ergänzung zu den bereits vorhandenen qualitativen Kurzfallstudien der European Foundation. E<strong>in</strong><br />

Schwerpunkt wird darauf liegen, deutsche Unternehmen und Organisationen mit anderen aus dem eu-<br />

ropäischen Umfeld bezogen auf Maßnahmentypen, Zielgruppen und Dimensionen von Arbeitsfähigkeit<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en vergleichenden Zusammenhang zu setzen. Die quantitativen Daten können dah<strong>in</strong>gehend im<br />

Gegensatz zu den qualitativen eventuell mehr Transparenz schaffen und e<strong>in</strong>e stärkere Hervorhebung<br />

von Unterschieden ermöglichen. Außerdem erlauben sie e<strong>in</strong>e kritische Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der<br />

Situation deutscher Unternehmen und deren Umgang mit ihren <strong>Belegschaften</strong> dadurch, dass Deutsch-<br />

land nicht für sich genommen, sondern im direkten Vergleich zu anderen Ländern betrachtet werden<br />

kann.<br />

Die zweite Zielrichtung be<strong>in</strong>haltet das Konzept der Arbeitsfähigkeit von Ilmar<strong>in</strong>en. Da es sich dabei<br />

um e<strong>in</strong>en Ansatz handelt, um u.a. auf betrieblicher Ebene den demografischen Herausforderungen (be-<br />

zogen auf e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben, ältere Arbeitnehmer und aktives Altern) begegnen zu können,<br />

ersche<strong>in</strong>t die Überprüfung der praktischen Umsetzung <strong>in</strong> den „Good-Practice“-Unternehmen der Stich-<br />

probe s<strong>in</strong>nvoll. Diesbezüglich bieten sich Anknüpfungspunkte <strong>in</strong> den unterschiedlichen Maßnahmenbe-<br />

reichen der Fallstudien, die sich den Dimensionen des Konzeptes zuordnen lassen (vgl. Tab.; Kode-<br />

buch Tab.6 im Anhang). Damit ergibt sich die Möglichkeit, für <strong>Deutschland</strong> und im Vergleich zu den<br />

anderen europäischen Ländern, zu untersuchen, wie umfassend diese Maßnahmen tatsächlich Arbeits-<br />

fähigkeit abdecken sowie ob und <strong>in</strong> welchen Dimensionen sich Defizite abzeichnen.<br />

Die dritte Zielrichtung bezieht sich auf die (eher negativen) Altersbilder und E<strong>in</strong>stellungen gegenüber<br />

Alter(n) und Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung. In den vorangehenden Kapiteln ist immer wieder darauf e<strong>in</strong>gegan-<br />

gen worden, dass diese gesellschaftlich verbreiteten Dispositionen starken (v.a. negativen) E<strong>in</strong>fluss<br />

haben auf die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer, deren Integration <strong>in</strong> und Partizipation am Arbeits-<br />

markt sowie Chancen auf e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben. Unter den <strong>in</strong> der Sekundärstatistik aufgeführten<br />

Maßnahmenbereichen f<strong>in</strong>det sich die Kategorie „Veränderung von E<strong>in</strong>stellungen“, die eventuell dar-<br />

über Aufschluss geben kann, wie häufig Maßnahmen <strong>in</strong> dieser Richtung <strong>in</strong> der Stichprobe umgesetzt<br />

werden. Des Weiteren können die Zielgruppen Aufschluss geben, ob die untersuchten Unternehmen<br />

59


eher altersneutrale und damit u.U. weniger diskrim<strong>in</strong>ierende (s. o.) oder altersspezifische Maßnahmen<br />

wählen. Dabei kann sich herausstellen, ob und <strong>in</strong> welchem Ausmaß die deutschen verglichen mit ande-<br />

ren europäischen Unternehmen im H<strong>in</strong>blick auf dieses Themengebiet bereits reagiert haben.<br />

Diese drei dargestellten Zielrichtungen der Sekundäranalyse sollen H<strong>in</strong>weise darauf geben, wo sich<br />

deutsche im Vergleich mit anderen europäischen Unternehmen im H<strong>in</strong>blick auf alternde <strong>Belegschaften</strong><br />

und diesbezüglichen Strategien, Optionen und Defiziten auf betrieblicher Ebene verorten lassen. Daher<br />

lautet die generelle Hypothese, unter der alle drei Zielrichtungen zusammengefasst werden können,<br />

dass zwischen deutschen und den anderen betrachteten europäischen Unternehmen erhebliche Unter-<br />

schiede bestehen bezüglich der e<strong>in</strong>gesetzten Maßnahmen, der angesprochenen Zielgruppen und der<br />

erfassten Bereiche von Arbeitsfähigkeit.<br />

Inwiefern diese These verifiziert oder falsifiziert werden kann und welche Unterschiede sich <strong>in</strong> Bezug<br />

auf die drei Untersuchungszielrichtungen ergeben bzw. wie das für <strong>Deutschland</strong> im Vergleich mit an-<br />

deren europäischen Unternehmen <strong>in</strong>terpretiert werden kann, soll daher im siebten Kapitel überprüft<br />

werden.<br />

60


7 Auswertung und Interpretation der Daten<br />

7.1 Ergebnisse der Sekundäranalyse und Interpretation<br />

7.1.1 Überblick über den Datenbestand anhand von Häufigkeitsverteilungen<br />

In e<strong>in</strong>em ersten Schritt s<strong>in</strong>d Häufigkeitstabellen sowohl für die Stichprobengesamtheit (n=106) als auch<br />

für die e<strong>in</strong>zelnen Länder (D, A, B, DK, FIN, F, NL, S, GB) erstellt worden, um e<strong>in</strong>en Überblick über<br />

die zu analysierenden Daten zu schaffen und e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck von dem Aussehen des Datenbestandes zu<br />

vermitteln. Die e<strong>in</strong>zelnen Variablen bzw. Kategorien orientieren sich an den Indizes der European<br />

Foundation. Folgend werden die Verteilungen, die sich auf die Stichprobengesamtheit beziehen, be-<br />

schrieben. Danach werden die Verteilungen für <strong>Deutschland</strong> im Besonderen betrachtet und schließlich<br />

die wesentlichen Ergebnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Vergleich mit den anderen Ländern gesetzt.<br />

Auswertung der Häufigkeitstabellen 43 bezogen auf die gesamte Stichprobe:<br />

Die Stichprobengesamtheit setzt sich zusammen aus 106 Fällen aus neun Ländern der Europäischen<br />

Union. Diese entsprechen Unternehmen oder Organisationen, die sich durch e<strong>in</strong>ige Merkmale bestim-<br />

men lassen (vgl. Tab.9). 44<br />

Land Fallzahl (n) <strong>in</strong> % an der gesamten Stichprobe<br />

D 21 19,8<br />

A 9 8,5<br />

B 9 8,5<br />

DK 13 12,3<br />

FIN 7 6,6<br />

F 8 7,5<br />

NL 15 14,3<br />

S 4 3,8<br />

GB 20 18,9<br />

Gesamt 106 100<br />

Tabelle 9: Fallzahl nach Ländern <strong>in</strong> absoluten und relativen Zahlen; Quelle: European Foundation 2005-2007; eigene Berechnungen<br />

Die Unternehmen bzw. Organisationen s<strong>in</strong>d hauptsächlich dem sekundären und tertiären Sektor zuzu-<br />

ordnen (43,4% und 50,9%) (vgl. Tab.10).<br />

43 Die Tabellen s<strong>in</strong>d mit Excel erstellt worden und setzen sich zusammen aus Häufigkeitsberechnungen für alle e<strong>in</strong>zelnen<br />

Länder und die gesamte Stichprobe mit SPSS.<br />

44 Aufgrund der Schwierigkeiten der Auswertung der Branchenergebnisse wegen der jeweiligen ger<strong>in</strong>gen Fallzahlen, s<strong>in</strong>d<br />

die Branchen unter den Sektoren zusammengefasst worden (vgl. Tab.6 Kodebuch im Anhang).<br />

61


Land Sektor (<strong>in</strong> %)<br />

primär sekundär tertiär Verschiedene Sektoren Gesamt<br />

D 0 61,9 28,6 9,5 100<br />

A 0 44,4 55,6 0 100<br />

B 0 55,6 44,4 0 100<br />

DK 0 15,4 84,6 0 100<br />

FIN 0 71,4 14,3 14,3 100<br />

F 0 50 37,5 12, 5 100<br />

NL 6,7 40 53,3 0 100<br />

S 0 50 50 0 100<br />

GB 0 25 70 5 100<br />

Gesamt (im Verhältnis zu<br />

n=106) 0,9 43,4 50,9 4,7 99,9<br />

Tabelle 10: Zuordnung der Fälle nach Ländern und Sektoren <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation 2005-2007; eigene<br />

Berechnungen<br />

9,4 % der Unternehmen haben unter 100 Mitarbeiter und gehören zu der Kategorie Kle<strong>in</strong>unternehmen<br />

(KU). Mittelständische Unternehmen (MU, 100-499 Mitarbeiter) machen e<strong>in</strong>en Anteil von 19,8% aus.<br />

Die meisten Fälle mit 70,8% zählen zu den Großunternehmen (GU) mit 500 und mehr Mitarbeitern<br />

(vgl. Tab.11).<br />

Land Organisationsgröße (<strong>in</strong> %)<br />

Kle<strong>in</strong>unternehmen Mittelstandunternehmen Großunternehmen Gesamt<br />

D 9,5 14,3 76,2 100<br />

A 0 11,1 88,9 100<br />

B 33,3 33,3 33,3 99,9<br />

DK 15,4 23,1 61,5 100<br />

FIN 0 42,9 57,1 100<br />

F 0 25 75 100<br />

NL 6,7 20 73,3 100<br />

S 0 0 100 100<br />

GB 10 15 75 100<br />

Gesamt<br />

(im Verhältnis zu n=106) 9,4 19,8 70,8 100<br />

Tabelle 11: Zuordnung der Fälle nach Ländern und Organisationsgröße <strong>in</strong> Prozent ; Quelle: European Foundation 2005-<br />

2007; eigene Berechnungen<br />

Nachdem auf die Zusammensetzung der Stichprobe e<strong>in</strong>gegangen worden ist, geht es im nächsten<br />

Schritt darum, zu beschreiben, auf welche Maßnahmenbereiche sich die Aktivitäten der Unternehmen<br />

beziehen, welche Zielgruppen angesprochen und wie viele Dimensionen der Arbeitsfähigkeit erfasst<br />

werden.<br />

62


Bei der Betrachtung der Maßnahmenbereiche bietet es sich an, die Verteilung der Maßnahmen <strong>in</strong> ab-<br />

steigender Höhe der Anteilswerte aufzuführen. Die meisten Unternehmen bzw. Organisationen haben<br />

mit ihren Aktivitäten v.a. an den Bereichen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Weiterbildung und Entwicklung, etc. (TWB)<br />

(50,9%) wie Fortbildungskurse und flexible Arbeitsweisen (FA) (43,3%), z.B. <strong>in</strong>dividuelle Schichtplä-<br />

ne, angesetzt. Mit etwas Abstand folgen darauf Maßnahmen im Bereich Gesundheit und Wohlbef<strong>in</strong>den<br />

(GHW) (28,7%), bspw. Gesundheitszirkel. 21,7% der Unternehmen haben umfassende Maßnahmenpa-<br />

kete (UMP) e<strong>in</strong>geführt, mit denen gleichzeitig verschiedene Felder erfasst werden (z.B. SICK AG:<br />

Gesundheit, Weiterbildung, Personalpolitik allgeme<strong>in</strong> und Veränderung des Arbeits<strong>in</strong>haltes, etc.). Un-<br />

ter 20% bleiben die Anteile der Unternehmen, die <strong>in</strong> die folgenden Maßnahmen <strong>in</strong>vestiert haben: Ver-<br />

änderung von E<strong>in</strong>stellungen (VE) (18,9%) wie Sensibilisierungsaktivitäten zum Abbau von negativen<br />

E<strong>in</strong>stellungen gegenüber älteren Mitarbeitern; Ergonomie und Arbeitsplatzgestaltung (EAPL) (17,9%)<br />

z.B. durch erhöhte Selbstbestimmung bei der Entwicklung von Arbeitsstationen; Rekrutierung (REK)<br />

(15,1%) bspw. verstärkte E<strong>in</strong>stellung Älterer; Ausstiegspolitik (AUS) (12,3%); Umsetzung (UM)<br />

(11,3%) (jegliche Formen von „job rotation“). Lohn- und gehaltspolitische (LGP) Veränderungen wie<br />

Formen von „Senioritätsentlohnung“ bleiben unter e<strong>in</strong>em Anteil von 10% (vgl. Tab.12). 45<br />

Land Maßnahmenbereiche (<strong>in</strong>%) (aufgrund von Mehrfachnennungen <strong>in</strong> den Fallstudien ergeben sich u.U. mehr als 100%)<br />

Um-<br />

fassende<br />

Maß-<br />

nahmen-<br />

pakete<br />

(UMP)<br />

Verän-<br />

derung<br />

von<br />

E<strong>in</strong>stel-<br />

lungen<br />

(VE)<br />

Ergonomie/<br />

Arbeits-<br />

platzge-<br />

staltung<br />

(EAPL)<br />

Ausstiegsregelung<br />

(AUS)<br />

Flexible<br />

Arbeits-<br />

weisen<br />

(FA)<br />

63<br />

Gesundheit/<br />

Wohlbe-<br />

f<strong>in</strong>den<br />

(GHW)<br />

Rekru-<br />

tierung<br />

(REK)<br />

Umsetzung<br />

(UM)<br />

Weiter-<br />

bildung/<br />

Entwick-<br />

lung<br />

(TWB)<br />

Lohn-/<br />

Gehalts-<br />

politik<br />

(LPG)<br />

D 28,6 9,5 23,8 4,8 19 33,3 19 14,3 61,9 0 4,8<br />

A 33,3 11,1 22,2 11,1 55,6 22,2 11,1 11,1 44,4 11,1 0<br />

B 0 0 0 22,2 44,4 11,1 11,1 11,1 33,3 0 0<br />

DK 7,7 30,8 0 15,4 61,5 23,1 15,4 0 38,5 15,4 15,4<br />

FIN 28,6 42,9 57,1 0 57,1 71,4 0 14,3 42,9 14,3 0<br />

F 37,5 12,5 25 25 12,5 12,5 25 12,5 62,5 0 0<br />

NL 6,7 20 33,3 20 80 33,3 13,3 26,7 66,7 6,7 0<br />

S 0 0 0 0 75 0 0 0 25 0 0<br />

Sonstige<br />

(SO)<br />

GB 35 30 5 10 25 30 20 5 50 5 5<br />

Gesamt<br />

(im Verhältnis<br />

zu n=106) 21,7 18,9 17,9 12,3 43,3 28,3 15,1 11,3 50,9 5,7 4,7<br />

Tabelle 12: Maßnahmenbereiche nach Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation 2005-2007; eigene Berechnungen<br />

45 Da es sich <strong>in</strong> dieser Arbeit um e<strong>in</strong>e quantitative Erhebung und Auswertung von Daten handelt, werden die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Maßnahmen nicht genauer beschrieben (detaillierter vgl. , Recherche am<br />

30.04.2008).


Aus den Kurzfallstudien wird ersichtlich, dass e<strong>in</strong>ige der Unternehmen mehrere Maßnahmen teilweise<br />

<strong>in</strong> verschiedenen Bereichen e<strong>in</strong>geführt haben. Daher ist <strong>in</strong> den Häufigkeitsverteilungen auch e<strong>in</strong> Au-<br />

genmerk auf die Anzahl der gleichzeitig umgesetzten Maßnahmen gelegt worden. In Tabelle 13 wird<br />

sichtbar, dass 82% e<strong>in</strong>en bis drei der zehn Maßnahmenbereiche gleichzeitig erfassen. Davon machen<br />

Unternehmen, die e<strong>in</strong>en Maßnahmenbereich aufgreifen, den größten Anteil mit 46,2% aus. Vier bis<br />

sechs Bereiche werden jeweils von unter 10% der Unternehmen abgedeckt. Lediglich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall aus<br />

Österreich ist angegeben worden, dass alle zehn Maßnahmenbereiche erfasst werden (vgl. Tab. 13).<br />

Land Anzahl Maßnahmenbereiche <strong>in</strong> % (ohne die Kategorie SO ergeben sich u.U. weniger als 100%<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Gesamt<br />

D 38,1 28,6 19 4,8 9,5 0 0 0 0 0 100<br />

A 66,7 11,1 11,1 0 0 0 0 0 0 11,1 100<br />

B 66,7 33,3 0 0 0 0 0 0 0 0 100<br />

DK 53,8 0 30,8 15,4 0 0 0 0 0 0 100<br />

FIN 42,8 0 14,3 0 14,3 28,6 0 0 0 0 100<br />

F 37,5 12, 5 37,5 12, 5 0 0 0 0 0 0 75<br />

NL 13,3 20 26,7 26,7 13,3 0 0 0 0 0 100<br />

S 100 0 0 0 0 0 0 0 0 0 100<br />

GB 50 15 20 10 5 0 0 0 0 0 100<br />

Gesamt (im<br />

Verhältnis zu<br />

n=106) 46,2 16 19,8 9,4 5,7 1,9 0 0 0 0,9 99,9<br />

Tabelle 13: Häufigkeitstabelle zur Anzahl von Maßnahmenbereichen (ohne SO als elften Bereich) <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European<br />

Foundation 2005-2007; eigene Berechnungen<br />

Die Zielgruppen, die durch die verschiedenen Aktivitäten der Unternehmen angesprochen werden, las-<br />

sen sich anhand verschiedener Kriterien unterscheiden: Alter, Geschlecht, Tätigkeitsbereich, Stellung<br />

im Unternehmen und gesundheitliche Situation. H<strong>in</strong>sichtlich des Alters lässt sich aus Tabelle 9b ent-<br />

nehmen, dass die Mehrheit der Fälle mit altersneutralen Maßnahmen arbeitet und sich an alle Alters-<br />

gruppen wendet (65,1%). 34,9% richten sich an ältere Arbeitnehmergruppen (ÄAN). Differenziert<br />

nach Geschlecht zeigt sich, dass Männer (M) (25,5%) wie Frauen (Fr) (28,3%) von wenigen Unter-<br />

nehmen als spezielle Zielgruppen erfasst werden. In e<strong>in</strong>er größeren Anzahl von Fällen werden dagegen<br />

bestimmte Gruppen nach Stellung im Unternehmen von den Maßnahmen angesprochen. Mehr als 50%<br />

der Unternehmen beziehen ihre Maßnahmen auf Führungskräfte und Angestellte (FKA) (50,9%).<br />

Facharbeiter (bzw. Gelernte) (FAG) werden als Zielgruppen weniger häufig erfasst (35,8%). Auf die<br />

Gruppe der an- und ungelernten Arbeitnehmer (ANUN) zielen Maßnahmen <strong>in</strong> 28,3% der Fälle ab.<br />

Nicht handwerklich Tätige (ANH) s<strong>in</strong>d für 29,2% der Unternehmen Zielgruppe von Initiativen. Perso-<br />

nen mit Gesundheitsproblemen (PMG) werden von den wenigsten Unternehmen angesprochen (18,9%)<br />

(vgl. Tab.14).<br />

64


Land Zielgruppen (<strong>in</strong> %) (aufgrund von Mehrfachnennungen <strong>in</strong> den Fallstudien ergeben sich u.U. mehr als 100%)<br />

alle<br />

Ältere<br />

Arbeit-<br />

nehmer<br />

(ÄAN)<br />

Männer<br />

(M)<br />

Frauen<br />

(Fr)<br />

Andere<br />

nicht<br />

hand-<br />

werklich<br />

Tätige<br />

(ANH)<br />

Personen mit<br />

Gesundheits-<br />

problemen (PMG)<br />

65<br />

Führungskräfte/<br />

Angestellte (FKA)<br />

Fach-<br />

arbeiter<br />

(FAG)<br />

An-/<br />

Ungelernte<br />

(ANUN)<br />

nicht<br />

beantwortet<br />

(n.b.)<br />

D 61,9 38,1 38,1 28,6 19 33,3 47,6 52,4 47,6 0<br />

A 88,9 11,1 22,2 22,2 33,3 11,1 88,9 33,3 22,2 0<br />

B 33,3 66,7 0 0 22,2 0 33,3 33,3 11,1 0<br />

DK 15,4 84,6 30,8 38,5 38,5 23,1 61,5 38,5 46,2 0<br />

FIN 100 0 100 100 57,1 100 85,7 85,7 14,3 0<br />

F 62,5 37,5 0 12,5 37,5 0 62,5 50 37,5 0<br />

NL 80 20 6,7 6,7 0 0 26,7 20 33,3 33,3<br />

S 0 100 75 75 25 0 50 25 25 0<br />

GB 95 5 10 25 45 10 40 10 5 0<br />

Gesamt (im<br />

Verhältnis<br />

zu n=106) 65,1 34,9 25,5 28,3 29,2 18,9 50,9 35,8 28,3 4,7<br />

Tabelle 14: Zielgruppen der Maßnahmen nach Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation 2005-2007; eigene Berechnungen<br />

Auch die Anzahl der jeweils erfassten Zielgruppen lässt sich ähnlich wie die Maßnahmenbereiche dar-<br />

stellen. Von sieben möglichen wird <strong>in</strong> 62% der Fälle e<strong>in</strong>e bis höchstens zwei Zielgruppen von den<br />

Maßnahmen angesprochen. Der größte Anteil davon (47,2%) bezieht sich lediglich auf e<strong>in</strong>e Zielgrup-<br />

pe. Die Unternehmen, die ihre Maßnahmen auf drei bis sieben Zielgruppen beziehen, machen jeweils<br />

Anteile unter 10% aus. Mit Abstand am seltensten werden fünf bis sieben Zielgruppen gleichzeitig<br />

angesprochen (vgl. Tabelle 15).<br />

Land Anzahl Zielgruppen <strong>in</strong> % (u.U. ergeben sich weniger als 100% aufgrund der Auslassung der Kategorie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen)<br />

1 2 3 4 5 6 7 Gesamt<br />

D 33,3 28,6 9,5 14,3 0 9,5 4,8 100<br />

A 66,7 11,1 0 0 0 11,1 11,1 100<br />

B 100 0 0 0 0 0 0 100<br />

DK 30,7 15,4 23,1 23,1 0 0 7,7 100<br />

FIN 0 0 0 0 71,4 14,3 14,3 100<br />

F 37,5 37,5 12, 5 12, 5 0 0 0 75<br />

NL 40 26,7 0 0 0 0 0 66,7<br />

S 25 0 50 25 0 0 0 100<br />

GB 70 25 0 5 0 0 0 100<br />

Gesamt (im<br />

Verhältnis zu<br />

n=106) 47,2 19,8 7,5 8,5 4,7 3,8 3,8 95,3<br />

Tabelle 15: Häufigkeitstabelle zur Anzahl von Zielgruppen <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation 2005-2007; eigene<br />

Berechnungen


Im H<strong>in</strong>blick auf Arbeitsfähigkeit nach dem Konzept von Ilmar<strong>in</strong>en (siehe Abschnitt 5.2) ist weiter<br />

oben darauf e<strong>in</strong>gegangen worden, dass darunter vier Dimensionen fallen, an denen Maßnahmen anset-<br />

zen können, um Arbeitsfähigkeit zu stärken und zu fördern. Insofern kann es aufschlussreich se<strong>in</strong>, zu<br />

überprüfen, welche, wie viele Dimensionen bzw. ob sogar alle Dimensionen von den Unternehmen<br />

durch deren Aktivitäten abgedeckt werden. Das kann hilfreich se<strong>in</strong>, um Rückschlüsse zu ziehen, <strong>in</strong>wie-<br />

fern das Thema Arbeitsfähigkeit bereits als relevant angesehen wird. Die meisten Unternehmen decken<br />

mit ihren Maßnahmen die Dimensionen Arbeits<strong>in</strong>halt und –umgebung (DIM2) 46 sowie professionelle<br />

Kompetenz (DIM3) ab (74,4% bzw. 69,7%). Das passt zu den Ergebnissen bezüglich der größten An-<br />

teile der Unternehmen bei den Maßnahmenbereichen TWB und FA. Die Dimension Arbeitsorganisati-<br />

on und Führung (DIM4) wird immerh<strong>in</strong> von 50% der Unternehmen erfasst, während die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Gesundheit (DIM1) von dem ger<strong>in</strong>gsten Anteil (41,4%) abgedeckt wird. Lediglich 20,7% der Fälle<br />

schaffen es mit Hilfe der e<strong>in</strong>geführten Maßnahmen, alle Dimensionen (ADIM) zu tangieren (vgl.<br />

Tab.16).<br />

Land Dimensionen von Arbeitsfähigkeit (<strong>in</strong> %) (aufgrund von Mehrfachnennungen <strong>in</strong> den Fallstudien ergeben sich u.U. mehr als 100%)<br />

DIM1 (Gesundheit/<br />

Wohlbef<strong>in</strong>den)<br />

DIM2 (Ergonomie/Arbeitsplatzgestaltung,<br />

Flexible<br />

Arbeitsweisen)<br />

DIM3<br />

(Weiterbildung/<br />

Entwicklung,<br />

Umsetzung)<br />

66<br />

DIM4<br />

(Rekrutierung,<br />

Ausstiegsregelung,<br />

Lohn-/Gehaltspolitik,<br />

Veränderung von<br />

E<strong>in</strong>stellungen) ADIM (alle Bereiche)<br />

D 52,4 57,1 95,2 57,1 28,6<br />

A 44,4 77,6 66,7 33,3 33,3<br />

B 11,1 44,4 33,3 33,3 0<br />

DK 38,5 92,3 61,5 53,8 15,4<br />

FIN 85,7 85,7 57,1 42,9 42,9<br />

F 12,5 62,5 87,5 75 12,5<br />

NL 40 93,3 80 40 20<br />

S 0 75 25 0 0<br />

GB 50 80 65 65 20<br />

Gesamt<br />

(im Verhältnis<br />

zu n=106) 41,4 74,4 69,7 50 20,7<br />

Tabelle 16: Zuordnung der Dimensionen von Arbeitsfähigkeit nach Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation<br />

2005-2007; eigene Berechnungen<br />

Der Gesamtüberblick bildet ab, dass sich die Verteilungen im H<strong>in</strong>blick auf die vier Dimensionen von<br />

Arbeitsfähigkeit relativ ausgeglichen darstellen. Der Anteil der Unternehmen, die nur e<strong>in</strong>e Dimension<br />

erfassen, liegt mit 32,1% etwas höher als die Anteile derjenigen, die zwei bis vier Dimensionen (zwi-<br />

46 Die jeweiligen genaueren Angaben zu den e<strong>in</strong>zelnen Dimensionen und welche Maßnahmen darunter zu zählen s<strong>in</strong>d,<br />

lassen sich dem Abkürzungsverzeichnis und dem Kodebuch (vgl. Anhang Tab.6) entnehmen.


schen 20,8% und 26,3%) erreichen (vgl. Tab.17). Im Folgenden werden die deutschen Fälle detailliert<br />

dargestellt und im Anschluss daran anhand der wesentlichen Ergebnisse der Häufigkeitsverteilungen<br />

mit den anderen Ländergruppen verglichen.<br />

Land Anzahl Dimensionen <strong>in</strong> % (aufgrund der Kategorie SO ergeben sich u.U. weniger als 100%)<br />

1 2 3 4 (alle) Gesamt<br />

D 19 28,6 23,8 28,6 100<br />

A 44,4 22,2 0 33,3 99,9<br />

B 77,6 22,2 0 0 99,8<br />

DK 30,7 7,7 46,2 15,4 100<br />

FIN 28,6 14,3 14,3 42,8 100<br />

F 25 25 37,5 12, 5 100<br />

NL 20 26,7 33,3 20 100<br />

S 100 0 0 0 100<br />

GB 20 20 40 20 100<br />

Gesamt (im<br />

Verhältnis zu<br />

n=106) 32,1 20,8 26,3 20,8 100<br />

Tabelle 17: Häufigkeitstabelle zur Anzahl von Dimensionen von Arbeitsfähigkeit nach Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European<br />

Foundation 2005-2007; eigene Berechnungen<br />

Der Gesamtüberblick bildet ab, dass sich die Verteilungen im H<strong>in</strong>blick auf die vier Dimensionen von<br />

Arbeitsfähigkeit relativ ausgeglichen darstellen. Der Anteil der Unternehmen, die nur e<strong>in</strong>e Dimension<br />

erfassen, liegt mit 32,1% etwas höher als die Anteile derjenigen, die zwei bis vier Dimensionen (zwi-<br />

schen 20,8% und 26,3%) erreichen (vgl. Tab.10b, gelb markiert). Im Folgenden werden die deutschen<br />

Fälle detailliert dargestellt und im Anschluss daran anhand der wesentlichen Ergebnisse der Häufig-<br />

keitsverteilungen mit den anderen Ländergruppen verglichen.<br />

67


Auswertung der Ergebnisse für <strong>Deutschland</strong>: 47<br />

20,0%<br />

15,0%<br />

Percent<br />

10,0%<br />

5,0%<br />

0,0%<br />

D<br />

A<br />

Abbildung 7: Fallzahlen nach Ländern <strong>in</strong> Prozent an der Stichprobengesamtheit; Quelle: European Foundation 2005-2007;<br />

eigene Berechnungen<br />

Aus <strong>Deutschland</strong> stammt die höchste Fallzahl <strong>in</strong> der Stichprobe. Von 106 Fällen handelt es sich bei 21<br />

um deutsche Unternehmen (19,8%) (vgl. Abb.7; Tab.9). Mehr als die Hälfte (61,9% 48 ) davon werden<br />

dem sekundären und 28,6% dem tertiären Sektor zugeordnet. Von den deutschen Fällen zählen 9,5%<br />

zu den KU, 14,3% zu den MU und der größte Teil, 76,2% zu den GU (vgl. Tab.10-11).<br />

In Bezug auf die jeweiligen erfassten Maßnahmenbereiche lässt sich für <strong>Deutschland</strong> festhalten, dass<br />

über 60% der Unternehmen <strong>in</strong> TWB <strong>in</strong>vestieren. Der zweitgrößte Anteil mit 33,3% hat Maßnahmen im<br />

Bereich GHW e<strong>in</strong>geführt. 28,6% der deutschen Unternehmen haben UMP und 23,8% Maßnahmen der<br />

EAPL umgesetzt. Unterhalb der 20%-Grenze liegen die Anteile der Unternehmen, die <strong>in</strong> den Bereichen<br />

FA, REK und UM aktiv geworden s<strong>in</strong>d. Mit Abstand die wenigsten der deutschen Unternehmen haben<br />

sich mit den Maßnahmenbereichen VE und AUS befasst (vgl. Tab.12). Bezüglich der Anzahl der<br />

gleichzeitig erfassten Maßnahmenbereiche wird sichtbar, dass die meisten deutschen Unternehmen e<strong>in</strong><br />

bis zwei von zehn möglichen Feldern tangieren (38,1% und 28,6%). Drei bis höchstens fünf Maßnah-<br />

menbereiche werden noch von über 30% abgedeckt (vgl. Tab.13.)<br />

B<br />

DK<br />

Land<br />

FIN<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der Zielgruppen tendieren deutsche Unternehmen mit e<strong>in</strong>em Anteil von 61,9% zu alters-<br />

neutralen und weniger zu altersspezifischen Maßnahmen (38,1%). Bei den nach Stellung differenzier-<br />

47 Die Gruppe der deutschen Unternehmen wird als e<strong>in</strong>zige ausführlich beschrieben, da es <strong>in</strong> dieser Arbeit v.a. darum geht,<br />

herauszustellen, wie sich <strong>Deutschland</strong> im europäischen Vergleich e<strong>in</strong>ordnen lässt. Für die anderen acht Länder werden<br />

jeweils die wesentlichen Ergebnisse dargestellt und <strong>in</strong>terpretiert. Für e<strong>in</strong>e genauere Betrachtung sei auf die Tabellen 9-18<br />

verwiesen.<br />

48 Die relativen Häufigkeiten zu den Ländern beziehen sich nicht auf die gesamte Stichprobe, sondern auf die e<strong>in</strong>zelne<br />

Fallzahl (z.B. Anzahl der KU dividiert durch die Anzahl deutscher Fälle <strong>in</strong>sgesamt).<br />

68<br />

F<br />

NL<br />

__<br />

S<br />

GB n


ten Zielgruppen s<strong>in</strong>d FAG die e<strong>in</strong>zigen, die von über 50% der Unternehmen angesprochen werden,<br />

gefolgt von FKA und ANUN mit jeweils 47,6%. Immerh<strong>in</strong> über 30% der Unternehmen zielen mit ih-<br />

ren Maßnahmen auf PMG ab. Im Geschlechtsgruppenvergleich zeigt sich, dass Männer von e<strong>in</strong>em<br />

größeren Anteil der Unternehmen als Zielgruppe formuliert werden als Frauen (38,1% zu 28,6%) (vgl.<br />

Tab.14). In der Betrachtung der gleichzeitig erfassten Zielgruppen setzen die meisten deutschen Unter-<br />

nehmen auf e<strong>in</strong> bis zwei Zielgruppen (33,3% und 28,6%). Es f<strong>in</strong>den sich aber auch e<strong>in</strong>ige, die drei,<br />

vier, sechs oder sogar alle sieben Zielgruppen gleichzeitig mit ihren Maßnahmen ansprechen (vgl.<br />

Tab.15).<br />

Bei den Dimensionen von AF zeigt sich für <strong>Deutschland</strong>, dass sich alle bis auf e<strong>in</strong> Unternehmen auf<br />

DIM3 konzentrieren. Die übrigen Dimensionen (DIM1, 2 und 4) werden von ähnlich großen Anteilen<br />

der Unternehmen (über 50%) abgedeckt. Alle Dimensionen werden von fast 30% der Unternehmen<br />

erreicht (vgl. Tab.16). E<strong>in</strong> ähnliches anteilsmäßig ausgeglichenes Bild ergibt sich bei der Verteilung<br />

der Anzahlen von gleichzeitig erfassten Dimensionen (jeweils um 25%). Die wenigsten Unternehmen<br />

(19%) tangieren dabei mit ihren Maßnahmen lediglich e<strong>in</strong>e Dimension (vgl. Tab.17). Als nächstes<br />

können die Häufigkeiten für die deutschen Fälle mit den Verteilungen der „Good-Practice“-Beispiele<br />

aus anderen Ländern verglichen werden.<br />

Vergleich der wesentlichen Ergebnisse mit den anderen Ländern:<br />

Zu den wesentlichen Ergebnissen zählen v.a. jene Verteilungen, die sich auf Maßnahmenbereiche,<br />

Zielgruppen und Dimensionen von AF beziehen. Im Vergleich der Länder muss Berücksichtigung f<strong>in</strong>-<br />

den, dass je Land unterschiedlich hohe Fallzahlen eigegangen s<strong>in</strong>d (A= 9; B= 9; DK= 13; FIN= 7; F=<br />

8; NL= 15; S= 4; GB= 20; vgl. Abb.7 und Tab.7a) und die relativen Häufigkeiten daher im Verhältnis<br />

darauf und nicht auf die gesamte Stichprobenzahl berechnet worden s<strong>in</strong>d. Ansonsten hätten diejenigen<br />

Länder wie z.B. Schweden (S) durchweg schlechter als jene Länder mit höheren Fallzahlen abgeschnit-<br />

ten.<br />

Im Ländervergleich zeigt sich, dass sich der Anteil der deutschen Unternehmen, der UMP etabliert hat,<br />

im Mittelfeld gleichauf mit den f<strong>in</strong>nischen Unternehmen bewegt. F, GB und A- <strong>in</strong> absteigender Rei-<br />

henfolge- weisen jeweils höhere Anteile <strong>in</strong> diesem Bereich auf. Allerd<strong>in</strong>gs liegen alle Werte nah bei-<br />

e<strong>in</strong>ander und bleiben weit unterhalb der 50%-Grenze. DK, NL, B und S weisen wenige bis gar ke<strong>in</strong>e<br />

Unternehmen auf, die UMP e<strong>in</strong>geführt haben. Größere Unterschiede ergeben sich im Bereich VE. Der<br />

mit Abstand größte Anteil der Unternehmen, die an diesem Bereich ansetzen, stammt aus F<strong>in</strong>nland<br />

(42,9%), gefolgt von DK und GB mit um 30%. Niederländische Unternehmen erreichen für den Be-<br />

69


eich VE e<strong>in</strong>en Anteil von 20%. Deutlicher abgeschlagen s<strong>in</strong>d die Anteile der französischen und öster-<br />

reichischen Unternehmen <strong>in</strong> diesem Maßnahmenbereich. Die deutschen Unternehmen können diese<br />

Anteilswerte noch unterbieten mit dem zweitniedrigsten Wert <strong>in</strong> der Stichprobe nach S und B, die je-<br />

weils gar ke<strong>in</strong>e Unternehmen aufweisen, die diesen Bereich aufgreifen. Im Bereich EAPL unterschei-<br />

det sich der Anteil der deutschen Unternehmen kaum von den Unternehmen aus A, F, und NL. Alle<br />

f<strong>in</strong>den sich zwischen 20% und 35% e<strong>in</strong>. B, DK, S und GB liegen weit darunter mit 0% bis 5%. Ledig-<br />

lich FIN erreicht e<strong>in</strong>en Anteilswert von über 55% und ist damit Spitzenreiter im Bereich EAPL. An<br />

AUS setzen <strong>in</strong>sgesamt wenige Unternehmen mit ihren Initiativen an. Die höchsten Anteilswerte weisen<br />

dabei die französischen und niederländischen Unternehmen auf, während deutsche den zweitniedrigs-<br />

ten Wert beanspruchen. FA als Ansatzpunkt stellen den zweithäufigsten Maßnahmenbereich dar. Die<br />

Mehrheit der Fälle aus den meisten Ländern verzeichnet Anteilswerte über 50% <strong>in</strong> diesem Bereich.<br />

Deutsche Unternehmen allerd<strong>in</strong>gs gehören nicht zu diesen. Sie machen nach den Fällen aus F den ge-<br />

r<strong>in</strong>gsten Anteil aus, weit unterhalb von 50% (vgl. Tab.12).<br />

Im Bereich GHW erreichen die deutschen Unternehmen der Stichprobe den zweithöchsten Wert mit<br />

NL zusammen- allerd<strong>in</strong>gs deutlich unter 50%. Der größte Anteil derjenigen, die <strong>in</strong> GHW <strong>in</strong>vestieren,<br />

stammt aus FIN. REK ist neben AUS e<strong>in</strong> ebenfalls eher selten erfasstes Feld. Der höchste Anteil f<strong>in</strong>det<br />

sich noch bei den französischen Unternehmen, gefolgt von den britischen und deutschen Fällen (alle<br />

drei mit weit weniger als 50%). Alle anderen bewegen sich <strong>in</strong> den Anteilen unter 15%. Ebenso <strong>in</strong>sge-<br />

samt ger<strong>in</strong>ge Anteile werden <strong>in</strong> den Bereichen UM und LGP abgebildet. In letzteren Bereich <strong>in</strong>vestie-<br />

ren <strong>in</strong>sgesamt von allen Unternehmen am wenigsten. Die deutschen Fälle unterscheiden sich dabei<br />

kaum von den anderen (vgl. Tab.12).<br />

E<strong>in</strong> weiterer Vergleichspunkt s<strong>in</strong>d die Zielgruppen, an die sich die e<strong>in</strong>zelnen Maßnahmen richten.<br />

Auch dabei lassen sich Unterschiede zu den deutschen Fällen erkennen. Differenziert nach Alter zeigt<br />

sich, dass deutsche Unternehmen von den Anteilswerten ausgehend zu denjenigen zählen, die mehr-<br />

heitlich auf eher altersneutrale Maßnahmen setzen (A, FIN, F, NL und GB). Allerd<strong>in</strong>gs erreichen sie<br />

ebenso wie die französischen Unternehmen <strong>in</strong> dieser Gruppe ke<strong>in</strong>en deutlich hohen Wert. Im Länder-<br />

vergleich wird so sichtbar, dass D e<strong>in</strong>en noch verhältnismäßig hohen Unternehmensanteil aufweist, der<br />

altersspezifisch agiert. S, DK und B weisen mehrheitlich Unternehmen auf, die ihre Maßnahmen alters-<br />

spezifisch ausrichten (vgl. Tab.14). In der Unterscheidung der Zielgruppen nach Geschlecht wird zu-<br />

nächst für die gesamte Stichprobe sichtbar, dass die Anteilswerte <strong>in</strong>sgesamt relativ niedrig s<strong>in</strong>d. Ge-<br />

schlechtsspezifische Maßnahmen werden von der M<strong>in</strong>derheit der Unternehmen angegeben. Die Fälle,<br />

die geschlechtsspezifische Maßnahmen anbieten, s<strong>in</strong>d anteilsmäßig bezüglich männlicher und weibli-<br />

70


cher Zielgruppen entweder gleich stark vertreten (A, B, NL und S) oder richten sich etwas häufiger an<br />

Frauen. Die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zigen, die zu 100% beide Geschlechter als Zielgrup-<br />

pen angeführt haben. Die deutschen Unternehmen fallen als e<strong>in</strong>zige e<strong>in</strong> wenig aus diesem Trend. Es<br />

gibt ger<strong>in</strong>gfügig mehr deutsche Unternehmen, die Maßnahmen für M angegeben haben, als jene, die Fr<br />

als Zielgruppe gewählt haben (vgl. Tab.14). Bei den übrigen Zielgruppen zeigt sich, dass jeweils die<br />

meisten Unternehmen FKA als Zielgruppe angegeben haben. Den zweithöchsten Anteil machen <strong>in</strong> den<br />

meisten Fällen Unternehmen aus, die FAG ansprechen. In D und FIN ist das etwas anders. Deutsche<br />

Unternehmen, die FAG als Zielgruppe erfasst haben, f<strong>in</strong>den sich zu e<strong>in</strong>em etwas höheren Anteil als<br />

jene, die FAK angegeben haben. In FIN wird auf beide Gruppen von gleich vielen Unternehmen abge-<br />

zielt. Die Gruppe der eher niedriger Qualifizierten (ANUN) wird dagegen von weniger Unternehmen<br />

als Zielgruppe angesehen. Für die deutschen Fälle stellt sich das anders dar, da die Gruppe der ANUN<br />

von gleich vielen Unternehmen angesprochen wird wie FKA. Die deutschen Fälle verzeichnen im Ver-<br />

gleich mit den anderen Ländern sogar den Spitzenwert für diese Zielgruppe. Allerd<strong>in</strong>gs darf <strong>in</strong>sgesamt<br />

nicht unberücksichtigt bleiben, dass dieser Anteilswert ke<strong>in</strong>e 50% ausmacht. PMG s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt am<br />

seltensten Zielgruppe von Maßnahmen. Die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zigen, die zu 100%<br />

Maßnahmen an diese Gruppe richten (vgl. Tab.14).<br />

Der letzte Aspekt, der <strong>in</strong> den Häufigkeitsverteilungen im Ländervergleich relevant ist, s<strong>in</strong>d die Vertei-<br />

lungen der Unternehmen auf die Dimensionen von AF. Die deutschen Unternehmen besetzen mit ihren<br />

Aktivitäten am häufigsten DIM3 und erreichen dar<strong>in</strong> sogar den Spitzenwert. Die meisten Fälle der an-<br />

deren Länder machen nicht ganz so hohe Anteile aus. In den drei übrigen Dimensionen liegen die An-<br />

teile der deutschen Fälle immerh<strong>in</strong> über 50%. In DIM1 erreicht D damit den zweithöchsten Wert nach<br />

FIN. H<strong>in</strong>sichtlich DIM2 verweist der Anteil der deutschen Unternehmen im Vergleich zu den anderen<br />

Ländern auf deutlich weniger Initiative v.a. <strong>in</strong> Bezug auf die deutlich ger<strong>in</strong>geren Anteile im Bereich<br />

FA. Maßnahmen, die <strong>in</strong> diese Dimension fallen, werden v.a. <strong>in</strong> niederländischen, dänischen und f<strong>in</strong>ni-<br />

schen Unternehmen umgesetzt. In der gesamten Stichprobe weist diese Dimension die höchsten An-<br />

teilswerte auf. DIM4 ist dagegen weniger häufig erfasst. Die deutschen Fälle schneiden dabei relativ<br />

gut ab. Sie machen zwar nicht den höchsten Anteil aus, aber e<strong>in</strong>en höheren als die meisten anderen<br />

Länder (vgl. Tab.16). ADIM erreichen <strong>in</strong> der gesamten Stichprobe die wenigsten Unternehmen. Die<br />

deutschen Unternehmen machen im Vergleich zu anderen Fällen aus B, S, F, DK, NL oder GB e<strong>in</strong>en<br />

relativ hohen Anteil aus. Nur für die österreichischen und f<strong>in</strong>nischen Unternehmen fallen die Anteile<br />

noch höher aus. FIN hält den Spitzenwert bei der Erfassung aller Dimensionen von Arbeitsfähigkeit.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs bleibt der Anteilswert unterhalb von 50% (vgl. Tab.16). Nach diesem Überblick über die<br />

71


Stichprobe im Allgeme<strong>in</strong>en, über die deutschen Unternehmen im Besonderen und nach e<strong>in</strong>em Ver-<br />

gleich letzterer mit den anderen Unternehmen der Stichprobe anhand von e<strong>in</strong>fachen Häufigkeitsvertei-<br />

lungen, wird im nächsten Schritt mit Hilfe von Kreuztabellen und Chi 2 -Tests e<strong>in</strong> tiefergehender Blick<br />

<strong>in</strong> die Stichprobe getätigt und für die wesentlichen signifikanten Ergebnisse e<strong>in</strong>e Interpretation vorge-<br />

nommen.<br />

7.1.2 Potenzielle Zusammenhänge und Interpretation der Daten anhand von Kreuztabellen und<br />

Chi 2 -Tests<br />

Bevor im weiteren Verlauf auf tiefergehende Ergebnisse der Datenerhebung e<strong>in</strong>gegangen werden kann,<br />

müssen zunächst die Möglichkeiten und Funktionen von Kreuztabellen und Chi 2 -Tests <strong>in</strong> dem hiesigen<br />

Kontext erläutert werden.<br />

E<strong>in</strong>e Kreuztabelle ist dazu geeignet, e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Häufigkeitsverteilung zweier Variablen abzubil-<br />

den. D.h., es können Fallgruppen betrachtet werden, die im Unterschied zu vorherigen e<strong>in</strong>fachen Häu-<br />

figkeitsberechnungen (Verteilung e<strong>in</strong>er Variablen) durch die Komb<strong>in</strong>ation zweier Variablen def<strong>in</strong>iert<br />

werden bspw. GU mit Frauen als Zielgruppe. Zudem kann untersucht werden, ob e<strong>in</strong> Zusammenhang<br />

zwischen den Variablen besteht oder nicht. Es wird damit gemessen, ob die unabhängige e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die abhängige Variable hat. Dafür ist es notwendig, zusätzlich e<strong>in</strong>en Chi 2 -Test durchzuführen, mit<br />

Hilfe dessen die Null-Hypothese, die davon ausgeht, dass e<strong>in</strong>e Unabhängigkeit zwischen zwei Variab-<br />

len besteht, entweder bestätigt oder zurückgewiesen werden kann. Der Chi 2 -Test gibt damit H<strong>in</strong>weise<br />

auf die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Zusammenhangs auch im H<strong>in</strong>blick auf die Grundgesamtheit. Der so<br />

genannte „Signifikanzwert“, der dabei ausgerechnet wird, gibt die Irrtumswahrsche<strong>in</strong>lichkeit <strong>in</strong> Bezug<br />

auf den Zusammenhang an. Für die durchgeführten Berechnungen ist der Signifikanzwert im Vornher-<br />

e<strong>in</strong> auf α= 0,05 festgelegt worden. D.h., die Werte, die unterhalb dieses Wertes liegen, s<strong>in</strong>d auf e<strong>in</strong>em<br />

5%-Niveau signifikant und die Null-Hypothese muss zurückgewiesen werden. Je kle<strong>in</strong>er also der Sig-<br />

nifikanzwert ist, desto größer ist die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass e<strong>in</strong> Zusammenhang vorliegt- auch <strong>in</strong> der<br />

Grundgesamtheit (vgl. Brosius 2006:Kap.17). Nach dieser E<strong>in</strong>führung kann auf die konkrete Datener-<br />

hebung für die zugrunde liegende Stichprobe mittels dieser Instrumente e<strong>in</strong>gegangen werden. Der Fo-<br />

kus wird dabei auf dem Vergleich der deutschen Fälle mit denen der anderen acht Länder liegen.<br />

In den Kreuztabellen s<strong>in</strong>d jeweils als unabhängige Variablen Land, Sektor, Rechtsform, Unterneh-<br />

mensgröße, vorhandener sozialer Dialog, Akteure und Formen des sozialen Dialoges und die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Maßnahmenbereiche, Zielgruppen und Dimensionen von AF als abhängige Variablen gewählt worden.<br />

Die e<strong>in</strong>zige unabhängige Variable, die <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit den abhängigen mehrheitlich signifikante<br />

72


is tendenziell signifikante Ergebnisse bzw. Zusammenhänge aufweist ist „Land“ 49 . Nicht signifikant<br />

s<strong>in</strong>d die Komb<strong>in</strong>ationen der Variablen Land mit: UMP, VE, AUS, GHW, REK, UM, TWB, LGP,<br />

ANH, FKA, DIM2, DIM4, ADIM. Das bedeutet, dass ke<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen diesen Variablen<br />

angenommen werden kann und daher auch mögliche Interpretationen und Rückschlüsse auf national-<br />

spezifische Gründe fraglich s<strong>in</strong>d und daher ausbleiben müssen.<br />

Die tendenziell bzw. e<strong>in</strong>deutig signifikanten Ergebnisse werden unterteilt nach Maßnahmenbereichen,<br />

Zielgruppen und Dimensionen von Arbeitsfähigkeit im Folgenden <strong>in</strong>terpretiert.<br />

Tendenziell signifikant ist der Zusammenhang der Variablen Land und e<strong>in</strong> oder mehrere Maßnahmen-<br />

bereiche 50 (α=0,047). Das deutet auf e<strong>in</strong>e gewisse Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass das jeweilige Land e<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>fluss darauf hat, ob e<strong>in</strong> oder mehrere Maßnahmenebereiche <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Fällen umgesetzt wer-<br />

den. Den Spitzenwert bei gleichzeitig umgesetzten Maßnahmenbereichen erreichen die niederländi-<br />

schen Unternehmen mit 86,7% (vgl. Tab.18).<br />

Land Maßnahmenbereiche <strong>in</strong> %<br />

e<strong>in</strong> Bereich mehrere Gesamt<br />

D 38,1 61,9 100<br />

A 66,7 33,3 100<br />

B 66,7 33,3 100<br />

DK 50 50 100<br />

FIN 42,9 57,1 100<br />

F 37,5 62,5 100<br />

NL 13,3 86,7 100<br />

S 100 0 100<br />

GB 55 45 100<br />

Gesamt (im Verhältnis zu n=106) 46,7 53,3 100<br />

Tabelle 18: Maßnahmenbereiche zusammengefasst aus SPSS <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation 2005-2007; eigene<br />

Berechnungen<br />

Das könnte den Schluss zulassen, dass <strong>in</strong> diesem Land versucht wird, auf möglichst breiter Ebene Ver-<br />

besserungen h<strong>in</strong>sichtlich der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen für Arbeitnehmer herbeizuführen. E<strong>in</strong> Grund könnte<br />

49 Für die Variablen Sektor, Rechtsform, Unternehmensgröße, <strong>in</strong>formell, Betriebsrat, Gewerkschaft, vorhandener sozialer<br />

Dialog und die verschiedenen Formen des sozialen Dialoges haben sich <strong>in</strong> den Berechnungen kaum bis gar ke<strong>in</strong>e signifikanten<br />

Werte ergeben. Für e<strong>in</strong>ige dieser Variablen gilt, dass sie ke<strong>in</strong>e ausreichende Fallzahl erreichen, um sie weitergehend<br />

zu bearbeiten. Zudem würde das ohneh<strong>in</strong> die Kapazitäten der Arbeit bei weitem übersteigen. Daher entfallen diese<br />

Variablen aus der weiteren Betrachtung der Stichprobe. Sämtliche Berechnungen (Häufigkeitstabellen, Kreuztabellen<br />

und Varianzanalysen mit SPSS) s<strong>in</strong>d ausschließlich <strong>in</strong> digitaler Form zu f<strong>in</strong>den, da es sich dabei um e<strong>in</strong>e große Menge<br />

handelt.<br />

50 Für die Berechnung mittels der Kreuztabellen s<strong>in</strong>d die Anzahlen der Maßnahmenbereiche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e kategoriale Variable<br />

zusammengefasst worden, die sich aufteilt <strong>in</strong> die Ausprägungen „e<strong>in</strong> Maßnahmenbereich“ und „mehrere Maßnahmenbereiche“<br />

(vgl. Tab.18).<br />

73


se<strong>in</strong>, dass die Niederlande noch e<strong>in</strong>iges nachzuholen haben, um Defizite durch die lange gängige Früh-<br />

verrentung zu kompensieren (siehe 4.2). Die Anteile der französischen, deutschen und f<strong>in</strong>nischen Un-<br />

ternehmen weisen ebenfalls <strong>in</strong> diese Richtung, wenn auch mit niedrigeren Anteilen, und lassen vermu-<br />

ten, dass <strong>in</strong> F und D e<strong>in</strong> breitgefächerter Ansatz als erfolgsversprechend angesehen wird. Für FIN gilt<br />

dies im Besonderen bspw. im H<strong>in</strong>blick auf deren Programme und das umfassende Konzept der Arbeits-<br />

fähigkeit von Ilmar<strong>in</strong>en (vgl. 5.2), die im Zusammenhang mit der f<strong>in</strong>nischen Situation betont werden<br />

(siehe 4.2). In Bezug darauf verwundert höchstens e<strong>in</strong> derart „niedriger“ Anteil von unter 60%. Für die<br />

anderen Unternehmen zeigt sich ke<strong>in</strong>e ausgeprägte Orientierung an mehreren Maßnahmenbereichen.<br />

E<strong>in</strong>e mögliche Ursache dafür s<strong>in</strong>d f<strong>in</strong>anzielle Aufwendungen, die natürlich bei steigender Maßnah-<br />

menzahl zunehmen und hohe Kosten <strong>in</strong> diesen Bereichen wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> Zeiten e<strong>in</strong>es ausgeprägten<br />

globalen Marktes und Wettbewerbes nicht tragbar s<strong>in</strong>d, da der Nutzen dieser Maßnahmen u.U. nicht<br />

sofort <strong>in</strong> sichtbare und produktive Ergebnisse umzusetzen ist (vgl. Tab.18). Genauer aufgeschlüsselt<br />

werden kann die Anzahl der Maßnahmenbereiche im H<strong>in</strong>blick auf Signifikanzen und Zusammenhänge<br />

erst im nächsten Abschnitt mittels des Allgeme<strong>in</strong>en L<strong>in</strong>earen Modells.<br />

E<strong>in</strong> weiteres tendenziell signifikantes Ergebnis hat die Komb<strong>in</strong>ation von Land mit der Variable EAPL<br />

gezeigt (α=0,017). Insgesamt gehört diese Maßnahme zu den seltener umgesetzten, außer <strong>in</strong> FIN. Auch<br />

die deutschen Fälle s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Bereich unterrepräsentiert. Das deutet daraufh<strong>in</strong>, dass zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong><br />

FIN verglichen mit den deutschen Unternehmen mehr Möglichkeiten ausgeschöpft werden bei der An-<br />

passung von Arbeitsplatz, -<strong>in</strong>halt und –umgebung an die Bedürfnisse von Arbeitnehmern (vgl.<br />

Abb.8a).<br />

Abbildung 8a: Maßnahmen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation 2005-2007; eigene Berechnungen<br />

74


E<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang besteht für die Komb<strong>in</strong>ation Land und FA (α=0,003). In der gesam-<br />

ten Stichprobe erreicht dieser Maßnahmenbereich die zweithöchsten Anteilswerte. Diese könnten ge-<br />

deutet werden als Versuche, z.B. für ältere Mitarbeiter und/oder Mitarbeiter mit Familie bessere Ar-<br />

beitsbed<strong>in</strong>gungen zu schaffen für e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben oder e<strong>in</strong>e bessere Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf<br />

und Familie. Die niederländischen und schwedischen Unternehmen s<strong>in</strong>d diesbezüglich Spitzenreiter.<br />

V.a. S ist beispielhaft <strong>in</strong> der Umsetzung „echter“ Altersteilzeit (siehe 4.2). In NL können die Werte<br />

eventuell darauf zurückgeführt werden, dass e<strong>in</strong> Aufholprozess begonnen hat, um bspw. zu den skan-<br />

d<strong>in</strong>avischen Ländern h<strong>in</strong>sichtlich der Beschäftigungsquoten aufzuschließen (siehe 4.1). Darauf folgen<br />

mit e<strong>in</strong>igem Abstand, aber Anteilswerten über 50% DK, FIN und A. Die deutschen Unternehmen wei-<br />

sen nach den Fällen aus F den zweitniedrigsten Wert auf. Das könnte damit zusammenhängen, dass<br />

Formen von FA wie z.B. Altersteilzeit bislang nicht die gewünschten Resultate erbracht haben und<br />

dass Neuerungen diesbezüglich schwierig umzusetzen s<strong>in</strong>d aufgrund des stark regulierten Arbeitsmark-<br />

tes, was auf andere Länder wie die skand<strong>in</strong>avischen Staaten nicht zutrifft (siehe 4.2) (vgl. Abb.8b).<br />

Abbildung 8b: Maßnahmen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation 2005-2007; eigene Berechnungen<br />

In Bezug auf die Zielgruppen f<strong>in</strong>den sich mehr– sogar unter den drei Kategorien am häufigsten- signi-<br />

fikante Ergebnisse <strong>in</strong> der Komb<strong>in</strong>ation mit Land. 51 Land hat e<strong>in</strong>en tendenziell signifikanten E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die Wahl der Zielgruppe FAG (α=0,035). Am häufigsten wird diese Zielgruppe von den f<strong>in</strong>nischen<br />

und den deutschen Unternehmen angesprochen. In diesen Fällen könnte e<strong>in</strong> Zusammenhang bestehen<br />

mit deren Zusammensetzung. Sowohl die deutschen als auch die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen <strong>in</strong> der Stich-<br />

51 NL fallen bei den Zielgruppen M, Fr, ANH, PMG, FAK, FAG und ANUN raus, weil <strong>in</strong> fünf Fällen ke<strong>in</strong>e Angaben gemacht<br />

worden s<strong>in</strong>d und nur zehn Fälle e<strong>in</strong>gegangen s<strong>in</strong>d. Damit würde die Auswertung ansonsten verfälscht.<br />

75


probe werden zu e<strong>in</strong>er gewissen Mehrheit dem sekundären Sektor zugeordnet. Vornehmlich <strong>in</strong> diesem<br />

Sektor f<strong>in</strong>den sich wahrsche<strong>in</strong>lich überhaupt FAG. Für die belgischen Unternehmen gilt oben genann-<br />

tes zwar auch, aber diese zielen vergleichsweise selten auf FAG ab. Dort kann dieser Zusammenhang<br />

demnach nicht angenommen werden. In allen übrigen Fällen, die mehrheitlich aus dem tertiären Sektor<br />

stammen, werden die FAG vermutlich nicht als Zielgruppe wahrgenommen, da es dort zu wenige von<br />

ihnen gibt (vgl. Abb.9a).<br />

Prozent<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Zielg ruppen nac h vers c hiedenen K riterien<br />

D A B DK F IN F NL S G B G es amt<br />

ANH % 19 33,3 22,2 38,5 57,1 37,5 0 25 45 29,2<br />

P MG % 33,3 11,1 0 23,1 100 0 0 0 10 18,9<br />

F K A % 47,6 88,9 33,3 61,5 85,7 62,5 26,7 50 40 50,9<br />

F A G % 52,4 33,3 33,3 38,5 85,7 50 20 25 10 35,8<br />

ANUN % 47,6 22,2 11,1 46,2 14,3 37,5 33,3 25 5 28,3<br />

Abbildung 9a: Zielgruppen differenziert nach verschiedenen Kriterien und Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European<br />

Foundation 2005-2007; eigene Berechnungen<br />

E<strong>in</strong>e weitere tendenziell von Land bee<strong>in</strong>flusste Variable stellt ANUN dar (α=0,050). Für diese Ziel-<br />

gruppe weisen die deutschen Unternehmen den größten Anteil auf. Allerd<strong>in</strong>gs bleibt dieser unterhalb<br />

von 50%. E<strong>in</strong>en ähnlichen Wert erreichen noch die dänischen Fälle. Bei allen anderen s<strong>in</strong>d ANUN als<br />

Zielgruppe deutlich unterrepräsentiert. In der Gesamttendenz schlägt sich das dar<strong>in</strong> nieder, dass sich <strong>in</strong><br />

über 70% der Fälle der Stichprobe Maßnahmen nicht an diese Gruppe richten. Im H<strong>in</strong>blick auf Ab-<br />

schnitt 4.1 und die Feststellung, dass ger<strong>in</strong>g qualifizierte Arbeitskräfte- und zu diesen können ANUN<br />

gezählt werden- zu den Problemgruppen auf dem Arbeitsmarkt gehören, ist es erstaunlich, dass die<br />

„Good-Practice“-Unternehmen gerade diese so selten direkt als Zielgruppe von Maßnahmen benennen.<br />

Für alle kann demnach geltend gemacht werden, dass durchaus noch nicht alle Förderungsmöglichkei-<br />

ten der ANUN ausgeschöpft worden se<strong>in</strong> können. Zugespitzt formuliert könnte dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gefahr der<br />

Vernachlässigung dieser Gruppe anzunehmen se<strong>in</strong>, die ohneh<strong>in</strong> bislang weniger gefördert worden ist<br />

(vgl. Abb.9a).<br />

76


Bei der Komb<strong>in</strong>ation der Variablen Land und Zielgruppen nach Alter mit den Ausprägungen alle und<br />

ÄAN ergibt sich e<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang (α=0,000). Die jeweilige Mehrheit der Fallgruppen<br />

greift auf altersneutrale Initiativen zurück. Das könnte positiv gedeutet werden als verstärkter Versuch,<br />

Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung zu vermeiden, dadurch, dass die Gruppe der Älteren nicht als besonders förde-<br />

rungsbedürftig dargestellt wird. Denn genau dieser Umstand könnte zu der Annahme führen, dass mit<br />

dem Alter Defizite wachsen (siehe Abschnitt 3.3). Für die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen (zu 100%) oder die<br />

Fälle aus A, NL und GB ist das besonders deutlich, während die französischen und die deutschen Un-<br />

ternehmen gerade knapp über 60% <strong>in</strong> ihren Anteilswerten bezogen auf alle Altersgruppen erreichen.<br />

Für letztere Ländergruppen ist unter diesen der Anteil der Unternehmen, die altersspezifische Maß-<br />

nahmen etabliert haben, verhältnismäßig hoch verglichen mit den f<strong>in</strong>nischen oder britischen Fällen.<br />

Damit könnte vermutlich noch e<strong>in</strong> gewisses Potenzial an Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong> deutschen und fran-<br />

zösischen Unternehmen vorhanden se<strong>in</strong>, das z.B. <strong>in</strong> f<strong>in</strong>nischen oder britischen aus relativ diskrim<strong>in</strong>ie-<br />

rungssensiblen nationalen Kontexten weitgehend e<strong>in</strong>geschränkt werden konnte (vgl. Abb.9b).<br />

P roz ent<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Zielg ruppen nac h Alter<br />

D A B DK F IN F NL S G B G es amt<br />

alle % 61,9 88,9 33,3 15,4 100 62,5 80 0 95 65,1<br />

ÄAN % 38,1 11,1 66,7 84,6 0 37,5 20 100 5 34,9<br />

Abbildung 9b: Zielgruppen differenziert nach Alter und Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation 2005-2007;<br />

eigene Berechnungen<br />

V.a. <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland hängt das wahrsche<strong>in</strong>lich damit zusammen, dass schon lange gegen Altersdiskrim<strong>in</strong>ie-<br />

rung vorgegangen wird mit Hilfe von nationalen Programmen und öffentlichen Debatten um dieses<br />

Thema. Dazu kann auch der E<strong>in</strong>satz altersneutraler Ansätze gezählt werden. Aber auch GB versucht,<br />

seit nicht ganz so langer Zeit, verstärkt aktiv gegen Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung vorzugehen (siehe Kapitel<br />

4.) (vgl. Abb.9b).<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der nach Geschlecht differenzierten Zielgruppen ergibt sich sowohl für M als auch für Fr<br />

e<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang mit der Variablen Land (jeweils α=0,000). Dazu ist zu beachten, dass<br />

77


die Anteilswerte der gesamten Stichprobe <strong>in</strong>sgesamt für beide Geschlechter als Zielgruppen niedrig<br />

s<strong>in</strong>d. Das könnte darauf h<strong>in</strong>deuten, dass <strong>in</strong> der Tendenz eher geschlechtsneutrale Maßnahmen umge-<br />

setzt werden und ke<strong>in</strong>es der Geschlechter benachteiligt wird. Für e<strong>in</strong>ige verteilen sich die Anteile auf<br />

beide Zielgruppen gleich niedrig. Die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen stellen dabei die Ausnahme dar, da sie<br />

beide Gruppen zu 100% avisieren. Bei den übrigen werden Frauen etwas häufiger als Zielgruppe e<strong>in</strong>-<br />

gesetzt. Der Unterschied ist aber ger<strong>in</strong>g. Die deutschen Unternehmen weisen e<strong>in</strong> wenig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere<br />

Richtung. Von diesen werden tendenziell häufiger Männer durch die Maßnahmen angesprochen. Das<br />

lässt die Annahmen zu, dass sich entweder weniger Frauen als Ansprechpartner unter den entsprechen-<br />

den <strong>Belegschaften</strong> bef<strong>in</strong>den als <strong>in</strong> den Unternehmen der anderen Länder oder aber dass sich <strong>in</strong> Bezug<br />

auf Geschlechtsneutralität e<strong>in</strong> eventuelles Defizit andeutet. Das deckt sich tendenziell z.B. mit den un-<br />

ter Abschnitt 4.1 beschriebenen ger<strong>in</strong>geren Beteiligungsquoten der Frauen <strong>in</strong> der Weiterbildung (vgl.<br />

Tab.18).<br />

P roz ent<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Zielg ruppen nac h Ges c hlec ht<br />

D A B DK F IN F NL S G B G es amt<br />

M % 38,1 22,2 0 30,8 100 0 6,7 75 10 25,5<br />

F % 28,6 22,2 0 38,5 100 12,5 6,7 75 25 28,3<br />

Abbildung 9c: Zielgruppen differenziert nach Geschlecht und Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation 2005-2007;<br />

eigene Berechnungen<br />

Die letzte Zielgruppe, die mit Land e<strong>in</strong>en signifikanten Zusammenhang aufweist, s<strong>in</strong>d PMG (α=0,000).<br />

In der gesamten Stichprobe f<strong>in</strong>den sich für diese Zielgruppe die ger<strong>in</strong>gsten Anteilswerte. Dies deutet<br />

nicht unbed<strong>in</strong>gt auf e<strong>in</strong>e große Sensibilität <strong>in</strong> diesem Kontext h<strong>in</strong>. Die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen s<strong>in</strong>d<br />

(wie zuvor) die e<strong>in</strong>zigen, die PMG zu 100% als Zielgruppe e<strong>in</strong>setzen. Dar<strong>in</strong> könnte sich e<strong>in</strong>e ausge-<br />

prägte Orientierung an der Gesundheit von Arbeitnehmern widerspiegeln nicht nur im präventiven S<strong>in</strong>-<br />

ne, sondern auch bei Auftreten gesundheitlicher Probleme. Mit großem Abstand dah<strong>in</strong>ter folgen die<br />

deutschen Fälle mit e<strong>in</strong>em Anteil von knapp über 30%. In allen anderen Ländergruppen s<strong>in</strong>d PMG als<br />

Zielgruppe deutlich unterrepräsentiert. Das könnte damit begründet werden, dass die Unternehmen<br />

78


ereits vor Beg<strong>in</strong>n der Untersuchung viele Möglichkeiten für diese Zielgruppe ausgeschöpft haben. In<br />

e<strong>in</strong>igen Kurzfallstudien wird von den ursprünglichen Maßnahmen und Situationen berichtet, aus denen<br />

heraus sich neue Möglichkeiten für weitere Maßnahmen ergeben haben. Häufig werden dabei vorheri-<br />

ge Aktivitäten bezüglich Gesundheit beschrieben. Da nur die aktuellen Maßnahmen <strong>in</strong> dieser Arbeit<br />

analysiert werden, fallen ursprüngliche Aktivitäten, aus denen die neuen u.U. erwachsen s<strong>in</strong>d, heraus.<br />

Es muss an dieser Stelle demnach ke<strong>in</strong> Defizit bestehen. (vgl. ,<br />

Recherche am 30.04.2008). Für die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen kann demnach aber nicht gelten, dass be-<br />

reits <strong>in</strong> vorherigen Initiativen die Möglichkeiten für den Bereich Gesundheit und für PMG ausge-<br />

schöpft worden s<strong>in</strong>d. Positiv <strong>in</strong>terpretiert könnte davon ausgegangen werden, dass <strong>in</strong> diesem Bereich<br />

und für diese Zielgruppe trotz e<strong>in</strong>iger Maßnahmen noch Weiterentwicklungspotenzial gesehen wird<br />

(vgl. Abb.9a).<br />

Für die Dimensionen von AF schließlich lassen sich tendenziell signifikante Zusammenhänge zwi-<br />

schen Land und DIM1 und DIM3 ausmachen (α=0,037 und α=0,014). Für DIM1 s<strong>in</strong>d wiederum die<br />

f<strong>in</strong>nischen Unternehmen von ihren Anteil her Spitzenreiter. Das lässt sich ähnlich wie bei Zielgruppe<br />

PMG begründen mit e<strong>in</strong>er ausgeprägten Orientierung an Gesundheit. Die Häufigkeiten der f<strong>in</strong>nischen<br />

Fälle für GHW (vgl. Abb.8b) stärken diese Vermutung. Die anderen Fälle, auch aus D, zeigen anhand<br />

der Anteilswerte e<strong>in</strong> deutlich ger<strong>in</strong>geres „Interesse“ an dieser Dimension, was ebenfalls schon bei<br />

PMG erläutert worden ist. Für DIM3 sieht das anders aus. Diese Dimension wird von dem zweithöchs-<br />

ten Anteil der Fälle <strong>in</strong>sgesamt abgedeckt. Erfreulich daran ist, dass die deutschen Unternehmen am<br />

häufigsten Maßnahmen, die DIM3 zuzuordnen s<strong>in</strong>d, umgesetzt haben. Ähnlich hohe Werte erreichen<br />

französische und niederländische Unternehmen (vgl. Abb.10).<br />

79


Abbildung 10: Dimensionen von Arbeitsfähigkeit differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent; Quelle: European Foundation<br />

2005-2007; eigene Berechnungen<br />

Die anderen aus A, DK, GB und FIN weisen zwar ger<strong>in</strong>gere Anteile auf, aber alle bleiben oberhalb von<br />

50%. Das deckt sich tendenziell auch mit den Häufigkeiten für TWB. Demnach könnte daraus ge-<br />

schlossen werden, dass lebenslanges Lernen zu e<strong>in</strong>em wichtigen Thema geworden und der diesbezüg-<br />

liche Aufholbedarf erkannt worden ist. Im Fokus auf Wissensgesellschaft und die daran geknüpften<br />

Anpassungsanforderungen (siehe 2.1) ist das notwendig, um im <strong>in</strong>ternationalen Wettbewerb weiterh<strong>in</strong><br />

bestehen zu können. B und S fallen aus dieser Tendenz. Sie decken jeweils <strong>in</strong> der Mehrheit der Fälle<br />

diese Dimension nicht ab, was eventuell für B auf größere Defizite h<strong>in</strong>deuten könnte (siehe Kapitel 4.).<br />

Aufgrund von nur vier schwedischen Fällen wird das an dieser Stelle nicht weiter vertieft (vgl.<br />

Abb.10).<br />

Die Berechnungen für die Variable Land <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ationen mit anderen haben e<strong>in</strong>e Schwachstelle er-<br />

geben. Für Kreuztabellen ist es notwendig für e<strong>in</strong>e gewisse Aussagefähigkeit und Repräsentativität,<br />

dass nicht mehr als 20% der Zellen unter dem Wert fünf liegen. Da die gesamte Stichprobe mit 106<br />

Fällen, die sich dann auf e<strong>in</strong>zelne Länder aufteilen, nicht allzu groß ist, kann das eben Erwähnte nicht<br />

gewährleistet werden. Um dennoch mit den Ergebnissen arbeiten zu können, ist die Variable Land mit<br />

neun Ausprägungen zur Variable Landcode mit drei Ausprägungen umgeformt worden. Der Aus-<br />

gangspunkt dieser neuen E<strong>in</strong>teilung s<strong>in</strong>d die Wohlfahrtsregimes nach Esp<strong>in</strong>g-Andersen (vgl. Esp<strong>in</strong>g-<br />

Andersen 1990). Die Aufteilung der Länder <strong>in</strong> Landcode sieht wie folgt aus:<br />

80


konservative Wohlfahrtsregimes (D, A, B, F), sozialdemokratische Wohlfahrtsregimes (DK, FIN, NL,<br />

S) und liberale Wohlfahrtsregimes (GB) (vgl. Kodebuch, Tab.6 im Anhang). 52 Damit sollen die oben<br />

ausgewerteten signifikanten Ergebnisse e<strong>in</strong>erseits überprüft und aussagefähiger gemacht, andererseits<br />

durch e<strong>in</strong>e neue Perspektive angereichert werden. 53<br />

In der Untersuchung der Komb<strong>in</strong>ationen von Landcode mit Maßnahmenbereich (e<strong>in</strong>en oder verschie-<br />

dene) sowie mit EAPL ergibt sich ke<strong>in</strong> tendenziell signifikanter Zusammenhang mehr, der bei den e<strong>in</strong>-<br />

zelnen Ländergruppen noch vorhanden gewesen ist (s.o.). D.h., dass nach der Bündelung der Länder zu<br />

konservativen, sozialdemokratischen und liberalen Wohlfahrtsregimes ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluss auszumachen ist<br />

auf den E<strong>in</strong>satz von Maßnahmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em oder mehreren Bereichen sowie auf die E<strong>in</strong>führung von Ak-<br />

tivitäten im Bereich EAPL. Daher können die oben getroffenen Interpretationen nicht bekräftigt wer-<br />

den.<br />

Die Komb<strong>in</strong>ation der Wohlfahrtsregimes (Landcode) mit FA zeigt ke<strong>in</strong>e Veränderung (siehe oben). Es<br />

besteht auch <strong>in</strong> dieser Berechnung e<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang (α=0,000). Damit werden die obi-<br />

gen Annahmen zu den e<strong>in</strong>zelnen Ländern unterstützt. Die eher dem sozialdemokratischen Wohlfahrts-<br />

regime zuzuordnenden Länder wie z.B. S oder NL s<strong>in</strong>d demnach am stärksten bestrebt, Spielräume für<br />

Arbeitnehmer durch Ansätze der Flexibilität zu schaffen. Die eher konservativen und liberalen Wohl-<br />

fahrtsstaaten setzen <strong>in</strong> der M<strong>in</strong>derheit der Fälle auf Flexibilität. Zum<strong>in</strong>dest bei ersteren wie D kann das<br />

auf die stark staatlich regulierten Arbeitsmärkte zurückgeführt werden (siehe 4.2).<br />

Auf e<strong>in</strong>en Zusammenhang, der bislang noch nicht ermittelt werden konnte, weisen die Berechnungen<br />

zu Landcode und VE. Das Ergebnis ist <strong>in</strong> der Tendenz signifikant (α=0,048). Die Fälle aus dem libera-<br />

len Wohlfahrtsstaat GB schneiden dabei am besten ab mit e<strong>in</strong>em Anteilswert von 30%. Die Unterneh-<br />

men aus den sozialdemokratischen Staaten, die Maßnahmen der VE e<strong>in</strong>geführt haben, erreichen im-<br />

merh<strong>in</strong> über 20%. Auf f<strong>in</strong>nische und britische Unternehmen bzw. deren nationalspezifische Kontexte<br />

ist bereits weiter oben e<strong>in</strong>gegangen worden. Für die dänischen Unternehmen gilt auch, dass sich <strong>in</strong> den<br />

letzten Jahren e<strong>in</strong>iges auf nationaler Ebene im H<strong>in</strong>blick auf das Thema Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung getan<br />

hat. Niederländische Unternehmen s<strong>in</strong>d zum<strong>in</strong>dest auf dem Weg, den skand<strong>in</strong>avischen Ländern <strong>in</strong> die-<br />

se Richtung zu folgen (siehe 4.2). Abgeschlagen mit unter 10% s<strong>in</strong>d die Fälle aus den konservativen<br />

Wohlfahrtsstaaten. Gerade F und A, die zu letzterer Gruppe mit lange ausgeprägter Frühverrentungs-<br />

kultur gehören, verzeichnen bislang ke<strong>in</strong>e allzu großen Erfolge <strong>in</strong> der Bekämpfung von Altersdiskrimi-<br />

52 Die Wohlfahrtsregimes dienen lediglich als e<strong>in</strong>e weitere E<strong>in</strong>teilungsmöglichkeit. Daher werden diese nicht <strong>in</strong>haltlich<br />

beschrieben (ausführlich vgl. Esp<strong>in</strong>g-Andersen 1990).<br />

53 Im Vergleich unveränderte nicht signifikante Ergebnisse werden nicht näher betrachtet.<br />

81


nierung, was durchaus e<strong>in</strong>e Ursache für ihre niedrigen Anteile darstellen könnte. Die Sensibilisierung<br />

h<strong>in</strong>sichtlich dieses Themas sche<strong>in</strong>t dort noch nicht stark ausgeprägt zu se<strong>in</strong> (siehe 4.2). E<strong>in</strong> Aufholbe-<br />

darf ist ebenfalls für deutsche Unternehmen <strong>in</strong> diesem Bereich anzunehmen, da auch D zu den konser-<br />

vativen Wohlfahrtsstaaten zählt. Insgesamt gehört der Maßnahmenbereich aber zu denjenigen, die <strong>in</strong><br />

allen Ländergruppen seltener abgedeckt werden. E<strong>in</strong>e Ursache dafür kann dar<strong>in</strong> liegen, dass viele Un-<br />

ternehmen die Konsequenzen des demografischen Wandels im H<strong>in</strong>blick auf Alterung des Erwerbsper-<br />

sonenpotenzials sowie Mangel an Nachwuchskräften noch nicht als Problem für sich erkannt haben.<br />

D.h., dass bisher u.U. nicht unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der entsprechenden Integration<br />

Älterer <strong>in</strong> den betrieblichen Kontext, Anpassung von Arbeits<strong>in</strong>halten für e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben,<br />

etc. stattgefunden hat, da bspw. noch ausreichend Nachwuchskräfte vorhanden s<strong>in</strong>d. Somit könnten für<br />

die Unternehmen Formen von Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung, negative, stereotype E<strong>in</strong>stellungen gegenüber<br />

Älteren oder Vorurteile eventuell noch gar nicht problematisch se<strong>in</strong>, soweit diese überhaupt erkannt<br />

werden. Für die gesamte Stichprobe kann festgehalten werden, dass <strong>in</strong> diesem Bereich durchaus noch<br />

Kapazitäten vorhanden s<strong>in</strong>d, die bislang offenbar nicht ausgeschöpft worden s<strong>in</strong>d.<br />

Bei den Zielgruppen hat sich durch die neuen Berechnungen auch etwas <strong>in</strong> den signifikanten Zusam-<br />

menhängen verändert. Zwischen Landcode und PMG kann ke<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang mehr<br />

festgestellt werden. Die obigen Aussagen bleiben demnach als mögliche Erklärungen unbestätigt. Die<br />

Relationen zwischen Landcode und den Zielgruppen differenziert nach Alter und Geschlecht (alle,<br />

ÄAN (α=0,006); M, (α=0,012); Fr (α=0,022)) sowie mit FAG (α=0,017) und ANUN (α=0,024) er-<br />

sche<strong>in</strong>en im Ergebnis teilweise abgeschwächt als tendenziell signifikant. Das wird allerd<strong>in</strong>gs trotzdem<br />

als Bekräftigung der obigen Aussagen zu den Ländern verstanden. In den Ergebnissen für Zielgruppen<br />

nach Alter zeigt sich, dass mit Abstand der größte Anteil der Unternehmen aus dem liberalen Wohl-<br />

fahrtsstaat GB zielgruppenneutral arbeitet, während die anderen e<strong>in</strong>e weniger e<strong>in</strong>deutige Mehrheit mit<br />

Maßnahmen für alle Altersgruppen darstellen.<br />

In den Zusammenhängen zwischen den Wohlfahrtsregimes mit den Dimensionen von AF haben sich<br />

ebenfalls Verschiebungen vollzogen im Vergleich zur Variablen Land. Für DIM1 und DIM3 können<br />

ke<strong>in</strong>e signifikanten Zusammenhänge festgestellt werden mit den Wohlfahrtsstaaten. Die Auswertungen<br />

weiter oben können höchstens für die Fälle aus FIN und D gelten und werden durch die neuen Ergeb-<br />

nisse nicht bekräftigt. E<strong>in</strong> neuer signifikanter Zusammenhang ergibt sich allerd<strong>in</strong>gs für die Komb<strong>in</strong>ati-<br />

on von DIM2 und Landcode (α=0,005). In der gesamten Stichprobe wird diese Dimension von den<br />

meisten Unternehmen abgedeckt. Die Fälle aus den sozialdemokratischen Ländern zeigen sich dabei<br />

am engagiertesten, gefolgt von den liberalen. Die konservativen Fälle erreichen zwar immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

82


Anteil von über 50%, schneiden damit aber am schlechtesten ab. Die zugehörigen Unternehmen setzen<br />

<strong>in</strong> den wenigsten Fällen Maßnahmen e<strong>in</strong>, die an der Veränderung von Arbeits<strong>in</strong>halt und –umgebung<br />

ansetzen. Insgesamt kann <strong>in</strong> positiver H<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong>terpretiert werden, dass die Mehrheit der Unterneh-<br />

men erkannt hat, dass Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen, z.B. Arbeitszeitregelungen, Arbeits<strong>in</strong>halte, Ausgestaltung<br />

des Arbeitsplatzes, etc. sich verändern und stärker anpassen müssen an die Bedürfnisse der Arbeitneh-<br />

mer für e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben.<br />

Nach diesen Auswertungen, die ausschließlich kategoriale Variablen e<strong>in</strong>bezogen haben, können im<br />

nächsten Abschnitt ergänzend die metrischen, Anzahl der gleichzeitig erfassten Maßnahmenbereiche,<br />

Zielgruppen und Dimensionen von Arbeitsfähigkeit, <strong>in</strong> Gruppenvergleichen untersucht werden. Das<br />

wird Aufschluss darüber geben können, wie viel mengenmäßig <strong>in</strong> den Ländergruppen umgesetzt wor-<br />

den ist bzw. <strong>in</strong>wiefern signifikante Unterschiede zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Gruppenausprägungen kons-<br />

tatiert werden können. Zu diesem Zweck wird auf Varianzanalysen mit Hilfe des Allgeme<strong>in</strong>en L<strong>in</strong>ea-<br />

ren Modells (Univariat) zurückgegriffen.<br />

7.1.3 Ländergruppenvergleich anhand von Varianzanalysen<br />

Das Allgeme<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>eare Modell ermöglicht es, den E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er unabhängigen Variablen auf die Mit-<br />

telwerte e<strong>in</strong>er abhängigen (metrischen) Variablen <strong>in</strong> sogenannten Varianzanalysen zu berechnen. Da-<br />

mit können zum e<strong>in</strong>en Zusammenhänge zwischen Variablen und zum anderen Unterschiede zwischen<br />

Fallgruppen ermittelt und auf ihre Signifikanz überprüft werden. Das Signifikanzniveau liegt wie im<br />

vorherigen Abschnitt bei 5% bzw. 0,05. Werte, die darunter liegen, stehen für e<strong>in</strong>e gewisse Wahr-<br />

sche<strong>in</strong>lichkeit, dass es sich statistisch gesehen bei den ermittelten Unterschieden nicht um e<strong>in</strong>en Zufall<br />

handelt (vgl. Brosius 2006:Kap.26). Im Folgenden werden die Auswertungen der Varianzanalysen vor-<br />

genommen zur Unterscheidung der Ländergruppen (Land als unabhängige Variable) im H<strong>in</strong>blick auf<br />

die Anzahl gleichzeitig erfasster Maßnahmenbereiche, Zielgruppen und Dimensionen von AF (jeweili-<br />

ge Anzahl als abhängige metrische Variable). Die Ergebnisse, die auf e<strong>in</strong>em 5%-Niveau signifikant<br />

s<strong>in</strong>d, werden im Folgenden dargestellt und ausgewertet. Dabei wird, wie schon <strong>in</strong> den anderen Auswer-<br />

tungen, auf die Ergebnisse, die die deutschen Fälle betreffen, fokussiert.<br />

Die Varianzanalyse von Ländergruppen <strong>in</strong> Bezug auf die Anzahl der Maßnahmenbereiche ergibt ke<strong>in</strong>e<br />

Signifikanz und dementsprechend ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutigen Unterschiede. Die Abbildung zeigt, dass die f<strong>in</strong>ni-<br />

schen und niederländischen Fälle durchschnittlich drei Maßnahmenbereiche gleichzeitig abdecken. Die<br />

Ländergruppen D, A, DK, F und GB erreichen Mittelwerte zwischen 2 und 2,5. Abgeschlagen s<strong>in</strong>d die<br />

belgischen und schwedischen Unternehmen, die im Durchschnitt e<strong>in</strong>en Maßnahmenbereich aufgegrif-<br />

83


fen haben. Insgesamt wird sichtbar, dass alle Ländergruppen weit von der breitflächigen Umsetzung<br />

von Maßnahmen entfernt s<strong>in</strong>d.<br />

Die Komb<strong>in</strong>ation der Variablen Land und Anzahl der Dimensionen von AF ergibt e<strong>in</strong>e tendenzielle<br />

Signifikanz, allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländergruppen.<br />

In der graphischen Darstellung zeigt sich, dass die Ländergruppen D, FIN und GB im Mittelwert mehr<br />

als 2,5 der vier Dimensionen von Arbeitsfähigkeit abdecken. A, DK, F und NL erfassen im Durch-<br />

schnitt ger<strong>in</strong>gfügig weniger als 2,5. B und S kommen auf etwas über e<strong>in</strong>e Dimension.<br />

Die Analyse der Variablen Land und Anzahl Zielgruppen ergibt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Signifikanz (α=0,000).<br />

Es bestehen demnach Unterschiede zwischen den Ländergruppen, die statistisch nicht als zufällig e<strong>in</strong>-<br />

gestuft werden können. Die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen unterscheiden sich h<strong>in</strong>sichtlich der Anzahl von<br />

gleichzeitig angesprochenen Zielgruppen signifikant von allen außer den schwedischen Fällen. Im Ver-<br />

gleich zu den belgischen, niederländischen und britischen Unternehmen sogar e<strong>in</strong>deutig (mit α=0,000).<br />

In der Abbildung wird deutlich, dass die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen mit durchschnittlich ungefähr fünf<br />

Zielgruppen, circa doppelt so viele Personengruppen angeben wie die deutschen, dänischen, österrei-<br />

chischen, französischen und schwedischen Fälle. Die Unternehmen aus B, NL und GB setzen an deut-<br />

lich weniger Zielgruppen an (durchschnittlich e<strong>in</strong>e) und verweisen damit auf mögliche Defizite im<br />

Umgang mit e<strong>in</strong>er heterogenen Mitarbeitergruppe. Das spricht dafür, dass die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen<br />

versuchen, mit den Maßnahmen jeweils den größtmöglichen Teil der <strong>Belegschaften</strong> e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den und<br />

ke<strong>in</strong>e Gruppe zu vernachlässigen. Denkbar wäre zudem, dass sie fortschrittlich se<strong>in</strong> könnten im Um-<br />

gang mit der Heterogenität ihrer <strong>Belegschaften</strong>. Bei den anderen Ländergruppen trifft das nicht <strong>in</strong> die-<br />

sem Ausmaß zu. Um e<strong>in</strong>en verfe<strong>in</strong>erten E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Unterschiede zu ermöglichen, ist die Variable<br />

Land differenziert untersucht worden nach den Ausprägungen von Unternehmensgröße (KU, MU,<br />

GU), und Sektor (sekundär und tertiär). 54<br />

Bei der ersten Analyse der GU nach Land <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit Maßnahmenbereichen ergibt sich ke<strong>in</strong><br />

signifikanter Zusammenhang. Es lassen sich dennoch tendenziell signifikante Unterschiede zwischen<br />

e<strong>in</strong>igen Ländergruppen darstellen. Diese beziehen sich allerd<strong>in</strong>gs nicht auf die deutschen Fälle. Ten-<br />

denziell signifikante Unterschiede ergeben sich zwischen den Fallgruppen aus S, NL und FIN. Die f<strong>in</strong>-<br />

nischen GU haben Initiativen <strong>in</strong> den meisten verschiedenen Bereichen gestartet. Sie verzeichnen e<strong>in</strong>en<br />

Mittelwert von über 3,5, während die niederländischen drei und die schwedischen GU durchschnittlich<br />

54 Da die Ausprägungen primärer Sektor und verschiedene Sektoren umfassend vergleichsweise niedrige Fallzahlen (unter<br />

zehn) aufweisen, ersche<strong>in</strong>t es wenig s<strong>in</strong>nvoll an dieser Stelle Unterschiede diesbezüglich zu untersuchen. Rechtsform<br />

konnte nicht h<strong>in</strong>zugezogen werden, da die Fallzahlen e<strong>in</strong>zelner Ausprägungen zu kle<strong>in</strong> gewesen s<strong>in</strong>d für die Berechnungen.<br />

Die länderspezifische Betrachtung nach sozialem Dialog, beteiligten Akteuren und Formen ist aus Gründen mangelnder<br />

Kapazität dieser Arbeit und Schwierigkeiten <strong>in</strong> der Vergleichbarkeit ausgelassen worden.<br />

84


e<strong>in</strong>en Maßnahmenbereich bearbeiten, vergleichbar mit der belgischen Gruppe. Die f<strong>in</strong>nischen Fälle<br />

können als jene ausgezeichnet werden, die auf der breitesten Ebene Veränderungen von Arbeitsbed<strong>in</strong>-<br />

gungen anstreben und an den meisten Maßnahmenbereichen ansetzen. Die deutschen GU befassen sich<br />

im Durchschnitt mit zwei Maßnahmenbereichen gleichzeitig, ähnlich wie die britischen, französischen<br />

und dänischen Fälle. Die österreichischen Fälle zeigen e<strong>in</strong>en etwas höheren Mittelwert von 2,5. Insge-<br />

samt sprechen diese Ergebnisse aber dafür, dass ke<strong>in</strong>e Ländergruppe e<strong>in</strong> besonders großes Spektrum an<br />

Maßnahmen gleichzeitig aufgreift, um umfassende Veränderungen von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen herbeizu-<br />

führen. Dabei können umfangreiche Kosten bei umso mehr Aktivitäten e<strong>in</strong>e Rolle spielen (siehe auch<br />

7.1.2). Die länderspezifische Analyse der GU im Zusammenhang mit der Anzahl der Dimensionen von<br />

Arbeitsfähigkeit zeigt ke<strong>in</strong> signifikantes Ergebnis. Es lassen sich aber tendenziell signifikante Unter-<br />

schiede benennen zwischen den schwedischen Fällen und den deutschen, dänischen, französischen,<br />

niederländischen und britischen GU. Die Grafik bildet ab, dass die schwedischen (wie die belgischen)<br />

GU im Durchschnitt lediglich e<strong>in</strong>e Dimension von Arbeitsfähigkeit erfassen, während die anderen ge-<br />

nannten mehr als doppelt so viele durchschnittlich abdecken. Auch die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen errei-<br />

chen im Mittelwert 2,5 Dimensionen von Arbeitsfähigkeit. Demnach sche<strong>in</strong>t das Thema Arbeitsfähig-<br />

keit noch nicht gänzlich Priorität zu haben. Für die belgischen und schwedischen Fälle gilt das umso<br />

mehr. Das lässt den Schluss zu, dass <strong>in</strong> den meisten Fällen der unterschiedlichen Länder Maßnahmen<br />

bislang eher <strong>in</strong> fragmentierter Form denn als umfassende Programme e<strong>in</strong>geführt worden s<strong>in</strong>d. Ganz-<br />

heitliche Pakete, die verschiedene Ebenen und Dimensionen gleichzeitig angehen, um zu e<strong>in</strong>er Verbes-<br />

serung von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen und zu größeren Chancen auf e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben beizutragen,<br />

lassen überall noch auf sich warten.<br />

Der Zusammenhang der GU <strong>in</strong> länderspezifischer Betrachtung mit Zielgruppen ist signifikant<br />

(α=0,000). Tendenziell signifikant s<strong>in</strong>d dabei die Unterschiede zwischen den deutschen Fällen und<br />

denen aus B, FIN, NL und GB. Die meisten Unterschiede mit den höchsten Signifikanzwerten zeigen<br />

sich für die f<strong>in</strong>nischen GU im Vergleich zu allen anderen Ländergruppen. In der Abbildung wird das<br />

<strong>in</strong>sofern widergespiegelt, dass die deutschen GU durchschnittlich doppelt so viele Zielgruppen gleich-<br />

zeitig mit ihren Maßnahmen ansprechen wie die belgischen, niederländischen und britischen. Im Ver-<br />

gleich mit der f<strong>in</strong>nischen Gruppe, die durchschnittlich ungefähr fünf Zielgruppen e<strong>in</strong>setzt, zielen die<br />

Maßnahmen der deutschen GU auf weniger mit lediglich drei Gruppen. Das lässt darauf schließen, dass<br />

die deutschen Fälle unter denen der konservativen Wohlfahrtsstaaten (A, B, F) immerh<strong>in</strong> für mehr Ar-<br />

beitnehmergruppen unter den <strong>Belegschaften</strong> Maßnahmen e<strong>in</strong>richten. Im H<strong>in</strong>blick auf die f<strong>in</strong>nischen<br />

85


GU mit e<strong>in</strong>em deutlich größeren Zielgruppenspektrum aber könnte das darauf h<strong>in</strong>weisen, dass <strong>in</strong> deut-<br />

schen GU tendenziell mehr Gruppen unberücksichtigt bleiben.<br />

In der Analyse der MU unterschieden nach Ländern im H<strong>in</strong>blick auf die Anzahl der Dimensionen von<br />

AF, Zielgruppen und Maßnahmenbereiche fällt die Ländergruppe S aus der Betrachtung, da diese aus-<br />

schließlich GU <strong>in</strong> die Stichprobe e<strong>in</strong>gebracht hat. Die Untersuchung der MU im H<strong>in</strong>blick auf die An-<br />

zahl der Maßnahmenbereiche ergibt ke<strong>in</strong>en signifikanten Zusammenhang und ke<strong>in</strong>e signifikanten Un-<br />

terschiede zwischen den Ländergruppen. Die grafische Darstellung weist darauf h<strong>in</strong>, dass mit durch-<br />

schnittlich vier Maßnahmenbereichen die niederländischen und mit drei die deutschen MU die meisten<br />

Bereiche gleichzeitig angehen. Zum<strong>in</strong>dest für letztere bestätigt sich dar<strong>in</strong> im H<strong>in</strong>blick auf die Dimensi-<br />

onen von Arbeitsfähigkeit, dass sie mit ihren Aktivitäten unterschiedliche Ebenen und Themen aufgrei-<br />

fen, um Veränderungen von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>zuleiten. Für die niederländischen bedeutet das im<br />

Rückblick auf die Untersuchung der Dimensionen, dass sie mit mehreren Maßnahmen eher im gleichen<br />

Bereich ansetzen und weniger <strong>in</strong> verschiedenen. Die f<strong>in</strong>nischen, französischen und britischen MU set-<br />

zen ihre Aktivitäten durchschnittlich <strong>in</strong> zwei Bereichen an, während die Ländergruppen A, B und DK<br />

im Mittelwert 1 bis 1,5 Maßnahmenbereiche angehen. Insgesamt kann ke<strong>in</strong>e der Ländergruppen als<br />

herausragend aufgefasst werden, wenn berücksichtigt wird, dass von allen nicht e<strong>in</strong>mal die Hälfte der<br />

zehn möglichen Maßnahmenfelder angegangen wird. Für alle bestehen noch Möglichkeiten, Arbeits-<br />

bed<strong>in</strong>gungen zu verbessern und die Arbeitsfähigkeit der eigenen Arbeitnehmer zu fördern.<br />

Für die Komb<strong>in</strong>ation der Variablen MU nach Ländern mit der Anzahl an Dimensionen von AF ergibt<br />

sich ke<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang. Tendenziell signifikante Unterschiede bestehen aber zwischen<br />

den deutschen und den belgischen sowie zwischen letzteren und den f<strong>in</strong>nischen mittelständischen Un-<br />

ternehmen. Die deutschen und f<strong>in</strong>nischen MU decken im Durchschnitt drei der Dimensionen von AF<br />

und damit mehr als doppelt so viele wie die belgischen Fälle. Bei den MU aus den übrigen Ländern,<br />

außer den österreichischen mit durchschnittlich e<strong>in</strong>er Dimension, zeigt sich, dass sie e<strong>in</strong>en Mittelwert<br />

zwischen 2 und 2,5 und damit im Durchschnitt immerh<strong>in</strong> zwei bis drei der Dimensionen von AF mit<br />

ihren Maßnahmen umfassen. Für die deutschen MU lässt das den Schluss zu, dass sie den f<strong>in</strong>nischen<br />

MU h<strong>in</strong>sichtlich des Themas Arbeitsfähigkeit nicht nachstehen. Ob die Maßnahmen bewusst mit dem<br />

Ziel, Arbeitsfähigkeit zu erhalten und zu fördern derart breitflächig ansetzen, muss an dieser Stelle of-<br />

fen bleiben. In den meisten anderen Fällen zeigen sich aber ebenfalls Ansätze <strong>in</strong> die Richtung, wenn<br />

auch nicht derartig ausgeprägt (vgl. 3.Varianzanalyse MU Land).<br />

Die Varianzanalyse von MU differenziert nach Ländern und der Anzahl der Zielgruppen ergibt e<strong>in</strong>en<br />

tendenziell signifikanten Zusammenhang (α=0,044). Die f<strong>in</strong>nischen MU unterscheiden sich von fast<br />

86


allen Ländergruppen tendenziell signifikant. In der Grafik zeigt sich, dass die Fälle aus FIN durch-<br />

schnittlich mit ungefähr fünf Zielgruppen die meisten Arbeitnehmergruppen gleichzeitig erfassen. Die<br />

dänischen MU liegen mit vier Gruppen direkt dah<strong>in</strong>ter. Abgeschlagen zwischen e<strong>in</strong> und zwei Zielgrup-<br />

pen liegen unter den übrigen Ländergruppen die deutschen MU. Wie bei den obigen Auswertungen<br />

zeigt sich auch <strong>in</strong> dieser, dass FIN wahrsche<strong>in</strong>lich stärker auf Ansätze wert legt, die die Heterogenität<br />

der Arbeitnehmergruppen berücksichtigen, und damit mehr Arbeitnehmer <strong>in</strong>nerhalb der <strong>Belegschaften</strong><br />

ansprechen können als die anderen Ländergruppen.<br />

Um die Betrachtung der Ländergruppen differenziert nach den Unternehmensgruppen zu komplettie-<br />

ren, werden schließlich noch die KU untersucht. Lediglich fünf Ländergruppen enthalten Daten für<br />

diese: D, B, DK, NL und GB. Für die Beziehung zwischen den Variablen KU und Anzahl der Maß-<br />

nahmenbereiche kann ke<strong>in</strong>e Signifikanz gefunden werden. Ebenso wenig bestehen signifikante Unter-<br />

schiede zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Ländergruppen. Alle bieten e<strong>in</strong> bis zwei Maßnahmenbereiche gleich-<br />

zeitig an. Die deutschen und belgischen KU tendieren dabei eher zu e<strong>in</strong>em, die dänischen, niederländi-<br />

schen und britischen eher zu zwei Bereichen. Bei zehn möglichen Maßnahmenbereichen wird demnach<br />

<strong>in</strong> KU an relativ wenigen angesetzt. E<strong>in</strong>e Begründung dafür könnten durchaus die ger<strong>in</strong>ger ausgepräg-<br />

ten f<strong>in</strong>anziellen und personellen Spielräume von KU se<strong>in</strong>, die kaum Möglichkeiten bieten, auf breiter<br />

Ebene umfassende Veränderungen von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen anzugehen.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Berechnung bezieht sich auf die KU im H<strong>in</strong>blick auf Dimensionen von Arbeitsfähigkeit.<br />

Es konnte zwar ke<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang festgestellt werden, aber tendenziell signifikante<br />

Unterschiede zwischen britischen und allen anderen KU. In grafischer Form stellt sich das so dar, dass<br />

die britischen KU im Durchschnitt drei Dimensionen abdecken können, während die anderen lediglich<br />

e<strong>in</strong>e erfassen. Damit erreichen die britischen KU e<strong>in</strong>en mit den GU vergleichbaren Wert, während die<br />

übrigen KU eher weniger für die Arbeitsfähigkeit ihrer <strong>Belegschaften</strong> machen als die GU aus diesen<br />

Ländergruppen.<br />

In Komb<strong>in</strong>ation mit Anzahl der Zielgruppen weisen die KU ke<strong>in</strong>en signifikanten Zusammenhang auf.<br />

Tendenziell signifikante Unterschiede ergeben sich allerd<strong>in</strong>gs zwischen den deutschen KU und denen<br />

aus B, NL und GB. Die deutschen Fälle sprechen im Durchschnitt ungefähr zwei Zielgruppen an und<br />

damit doppelt so viele wie die belgischen, niederländischen und britischen KU. Die dänischen errei-<br />

chen e<strong>in</strong>en Mittelwert von 1,5. Für die Ländergruppen B, NL und GB entspricht das dem allgeme<strong>in</strong>en<br />

Trend. Sie sprechen auch <strong>in</strong> den GU und MU durchschnittlich nicht mehr Zielgruppen an. Deutlichere,<br />

aber nicht unbed<strong>in</strong>gt gravierende Unterschiede zeigen sich dabei für die deutschen Fälle zwischen KU<br />

und GU. Da <strong>in</strong>sgesamt ke<strong>in</strong>e signifikanten Zusammenhänge zwischen Organisationsgröße und Anzahl<br />

87


an Dimensionen von Arbeitsfähigkeit, Zielgruppen und Maßnahmenbereich festgestellt werden konnte,<br />

kann die Begründung für etwaige Unterschiede nicht an der Größe der Unternehmen festgemacht wer-<br />

den.<br />

E<strong>in</strong>e letzte Verfe<strong>in</strong>erung der Untersuchung kann anhand des sekundären und tertiären Sektors, denen<br />

sich die Fälle <strong>in</strong> der Mehrheit zuordnen lassen, differenziert nach Ländergruppen vorgenommen wer-<br />

den. Bei der Varianzanalyse <strong>in</strong> Bezug auf Anzahl der Maßnahmenbereiche ergibt sich ke<strong>in</strong> signifikan-<br />

ter Zusammenhang mit den Unternehmen des sekundären Sektors. Signifikante Unterschiede zwischen<br />

Unternehmen nach Ländergruppen können ebenfalls nicht festgestellt werden. Alle Ländergruppen<br />

bleiben mit bis zu höchstens vier unterhalb der Hälfte von zehn möglichen Maßnahmenbereichen und<br />

setzen damit eher nicht auf umfassende Veränderungsansätze h<strong>in</strong>sichtlich der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen von<br />

Arbeitnehmern.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die Dimensionen lässt sich für die Fälle des sekundären Sektors e<strong>in</strong>e tendenzielle Sig-<br />

nifikanz nachweisen (α=0,044). Zwischen den deutschen Unternehmen und den schwedischen und bel-<br />

gischen Fällen lässt sich e<strong>in</strong> tendenziell signifikanter Unterschied nachweisen. Im Vergleich zu den<br />

schwedischen und belgischen Unternehmen werden <strong>in</strong> den deutschen Fällen mit durchschnittlich zwei<br />

bis drei Dimensionen von Arbeitsfähigkeit ungefähr doppelt so viele erfasst. Spitzenreiter <strong>in</strong>sgesamt<br />

s<strong>in</strong>d die britischen Unternehmen <strong>in</strong> diesem Sektor, die im Durchschnitt auf 3,5 kommen. Die übrigen<br />

Ländergruppen bewegen sich zwischen zwei und drei Dimensionen. Die deutschen Industrieunterneh-<br />

men setzen demnach wahrsche<strong>in</strong>lich im Grunde auf die Arbeitsfähigkeit ihrer Mitarbeiter. Ke<strong>in</strong>e Län-<br />

dergruppe, noch nicht e<strong>in</strong>mal FIN, entfaltet aber das vollständige Konzept der Arbeitsfähigkeit (vgl.<br />

5.2). Das könnte e<strong>in</strong> Zeichen dafür se<strong>in</strong>, dass sich dieses Konzept noch nicht <strong>in</strong> der Praxis, zum<strong>in</strong>dest<br />

im sekundären Sektor, durchgesetzt hat.<br />

E<strong>in</strong> tendenziell signifikanter Zusammenhang ergibt sich auch für die Unternehmen des sekundären<br />

Sektors <strong>in</strong> Bezug auf die Zielgruppen (α=0,007). Die deutschen Fälle unterscheiden sich dabei tenden-<br />

ziell signifikant von den belgischen und f<strong>in</strong>nischen Unternehmen. D, B und FIN s<strong>in</strong>d jene Ländergrup-<br />

pen, die mehr Fälle aus dem sekundären als dem tertiären Sektor <strong>in</strong> die Stichprobe e<strong>in</strong>gebracht haben.<br />

Die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen unterscheiden sich <strong>in</strong>sgesamt sogar von allen außer den österreichischen<br />

und dänischen Fällen. Konkret bedeutet das, wie weiter oben deutlich gemacht worden ist, dass die<br />

f<strong>in</strong>nischen Unternehmen mehr Arbeitnehmergruppen <strong>in</strong> den <strong>Belegschaften</strong> ansprechen als alle anderen<br />

Ländergruppen. Die deutschen Unternehmen kommen auf weniger, aber immerh<strong>in</strong> durchschnittlich<br />

drei Zielgruppen, während die Mehrheit der übrigen Länder (auch B) durchschnittlich e<strong>in</strong>e Zielgruppe<br />

88


avisiert. In Abgrenzung zum sekundären Sektor kann abschließend der tertiäre Sektor betrachtet wer-<br />

den.<br />

E<strong>in</strong> tendenziell signifikanter Zusammenhang besteht mit der Anzahl der Maßnahmenbereiche <strong>in</strong> den<br />

Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor (α=0,016). Die meisten <strong>in</strong> der Tendenz signifikanten Un-<br />

terschiede f<strong>in</strong>den sich zwischen den f<strong>in</strong>nischen Unternehmen und denen aus den anderen Ländergrup-<br />

pen, u.a. D. FIN ist bei der Anzahl der Maßnahmenbereiche mit durchschnittlich sechs gleichzeitig<br />

erfassten Spitzenreiter. Damit setzen die f<strong>in</strong>nischen Dienstleistungsunternehmen mit ihren Initiativen<br />

an mehr als doppelt so vielen Bereichen an wie die anderen Ländergruppen.<br />

D gruppiert sich mit ungefähr zwei Maßnahmenbereichen im Durchschnitt im Mittelfeld e<strong>in</strong> mit DK, F,<br />

NL und GB. Die Ländergruppen A, B und S <strong>in</strong>vestieren mit ihren Aktivitäten <strong>in</strong> die wenigsten Maß-<br />

nahmenfelder. Die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen s<strong>in</strong>d Vorreiter im H<strong>in</strong>blick auf das Thema Arbeitsfähig-<br />

keit, da sich ihre Aktivitäten auf e<strong>in</strong>e höhere Zahl von Maßnahmenbereichen verteilen und damit<br />

gleichzeitig <strong>in</strong> verschiedenen Gebieten Veränderungen von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen umgesetzt werden<br />

können. U.a. haben die deutschen Unternehmen im Dienstleistungssektor noch e<strong>in</strong>en weiten Weg vor<br />

sich, um zu den Spitzenreitern aus FIN aufzuschließen.<br />

Zwischen den Unternehmen des tertiären Sektors und der Anzahl der Dimensionen von Arbeitsfähig-<br />

keit besteht ke<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang. Dennoch lassen sich tendenziell signifikante Unter-<br />

schiede zwischen den f<strong>in</strong>nischen Unternehmen und denen aus B und S feststellen. Zu den Fällen aus D<br />

können ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede dargestellt werden. In dieser Perspektive erreichen die f<strong>in</strong>ni-<br />

schen Dienstleistungsunternehmen alle Dimensionen von Arbeitsfähigkeit als e<strong>in</strong>zige. Die anderen<br />

erreichen Mittelwerte zwischen 1 (S, B) und 2,5 (D, A, DK, F, NL und GB). Da das Konzept der Ar-<br />

beitsfähigkeit <strong>in</strong> f<strong>in</strong>nischer Regie entstanden ist (vgl. 5.2), kann es an dieser Stelle wenig verwundern,<br />

dass die f<strong>in</strong>nischen Fälle die e<strong>in</strong>zigen s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> denen dieser Ansatz zur vollen Entfaltung kommt, wäh-<br />

rend die anderen eher <strong>in</strong> fragmentierter Form arbeiten.<br />

E<strong>in</strong> tendenziell signifikanter Zusammenhang lässt sich auch zwischen diesem Sektor<br />

und der Anzahl der Zielgruppen festhalten (α=0,001). Die deutschen Unternehmen im Dienstleistungs-<br />

bereich unterscheiden sich tendenziell signifikant von den Ländergruppen B, FIN und GB. Noch aus-<br />

geprägter zeigen die f<strong>in</strong>nischen Fälle signifikante Unterschiede zu den Fällen aus A, B, F, und GB. In<br />

der grafischen Darstellung bildet sich dass <strong>in</strong>sofern ab, dass die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen, wie zuvor<br />

schon an mehreren Stellen deutlich geworden ist, mit Abstand die meisten Zielgruppen ansprechen.<br />

Die deutschen Unternehmen zielen mit ihren Maßnahmen dagegen im Durchschnitt nur auf halb so<br />

viele Gruppen ab. Im Vergleich aber zu B (mit durchschnittlich e<strong>in</strong>er Zielgruppe) auf doppelt so viele.<br />

89


Die deutschen Unternehmen veranlassen verglichen mit FIN <strong>in</strong> diesem Fall noch nicht genug, um Ar-<br />

beitsbed<strong>in</strong>gungen an möglichst viele Arbeitnehmergruppen anzupassen. Insgesamt unternehmen sie<br />

aber mehr als e<strong>in</strong>ige andere Länder z.B. A, B oder F.<br />

All diese Ergebnisse aus den statistischen Verfahren werden im anschließenden Abschnitt v.a. <strong>in</strong> Be-<br />

zug auf die deutschen „Good-Practice“-Unternehmen im europäischen Vergleich noch e<strong>in</strong>mal im We-<br />

sentlichen zusammengefasst.<br />

7.2 Zwischenfazit der Sekundäranalyse<br />

In den letzten Abschnitten s<strong>in</strong>d die Ergebnisse der statistischen Berechnungen mit SPSS dargelegt wor-<br />

den. Zunächst konnte mit Hilfe von e<strong>in</strong>fachen Häufigkeitsverteilungen e<strong>in</strong> Überblick über die Zusam-<br />

mensetzung der untersuchten Stichprobe geschaffen werden. Danach ist konkret auf die Häufigkeiten<br />

der deutschen Fälle e<strong>in</strong>gegangen worden, die dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en direkten Vergleich mit den Verteilungen<br />

für die anderen Ländergruppen gesetzt worden s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> besonderes Augenmerk lag dabei auf den Er-<br />

gebnissen im H<strong>in</strong>blick auf die von den Unternehmen erfassten Maßnahmenbereiche, Zielgruppen und<br />

Dimensionen von Arbeitsfähigkeit.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der meisten Maßnahmenbereiche unterscheiden sich die deutschen Fälle <strong>in</strong> ihren Anteils-<br />

werten kaum von denen der anderen Ländergruppen. Im Bereich Veränderung von E<strong>in</strong>stellungen wei-<br />

sen die deutschen Unternehmen den zweitniedrigsten Anteil auf, während die f<strong>in</strong>nischen Fälle mit<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> diesem Feld Spitzenreiter s<strong>in</strong>d. Für Maßnahmen bezüglich flexibler Arbeitsweisen stellt<br />

sich das für die deutschen Unternehmen ähnlich dar, während dagegen <strong>in</strong>sgesamt die meisten Fälle aus<br />

den anderen Ländern <strong>in</strong> diesen Bereich <strong>in</strong>vestieren. Lediglich <strong>in</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Weiterbildung, Entwicklung,<br />

etc. setzt die Mehrheit der deutschen Fälle Maßnahmen um. Dabei liegt <strong>Deutschland</strong> im Trend. Wie<br />

gezeigt werden konnte handelt es sich bei diesem Maßnahmenbereich um den meist implementierten<br />

für die gesamte Stichprobe.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die Verteilung der Zielgruppen konnte für <strong>Deutschland</strong> herausgestellt werden, dass<br />

wie <strong>in</strong> mehr als der Hälfte der Unternehmen der Stichprobe v.a. alle Altersgruppen mit den Maßnah-<br />

men angesprochen werden. Im Vergleich zu den Ländergruppen mit den höchsten Anteilen z.B. F<strong>in</strong>n-<br />

land mit 100%, ist die altersneutrale Zielgruppenorientierung der deutschen Fälle allerd<strong>in</strong>gs nicht so<br />

stark. Der Anteil mit Initiativen ausschließlich für ältere Arbeitnehmer ist noch verhältnismäßig hoch,<br />

wenn auch nicht die Mehrheit wie <strong>in</strong> Belgien, Dänemark oder Schweden. Für die Zielgruppen differen-<br />

ziert nach Geschlecht hat sich <strong>in</strong>sgesamt ergeben, dass die Anteilswerte aller Ländergruppen unter 50%<br />

liegen (ausgenommen F<strong>in</strong>nland). Der e<strong>in</strong>zige marg<strong>in</strong>ale Unterschied, der zwischen den deutschen und<br />

90


den anderen Fällen festgestellt werden konnte, besteht dar<strong>in</strong>, dass die Fälle aus <strong>Deutschland</strong> als e<strong>in</strong>zige<br />

zu e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gfügig höheren Anteil Männer als Frauen ansprechen. In der Zielgruppenverteilung nach<br />

Stellung im Unternehmen konnte abgebildet werden, dass die meisten Fälle aus den verschiedenen<br />

Ländern Führungskräfte und Angestellte avisieren und vergleichsweise seltener An- und Ungelernte<br />

benennen, während die deutschen <strong>in</strong> der Mehrheit Facharbeiter (Gelernte) auswählen und zu ähnlich<br />

hohen, gleichen Anteilen Führungskräfte und Angestellte sowie An- und Ungelernte. Bei letzterer<br />

Zielgruppe erreichen die deutschen Unternehmen <strong>in</strong> der gesamten Stichprobe sogar den Spitzenwert.<br />

Für die übrigen Zielgruppen ergeben sich kaum Unterschiede h<strong>in</strong>sichtlich der Verteilungen. In Bezug<br />

auf die Dimensionen von Arbeitsfähigkeit hat sich <strong>Deutschland</strong> als Spitzenreiter <strong>in</strong> der Dimension um<br />

das Thema professionelle Kompetenz (DIM3) herausgestellt. In den anderen erreichen die deutschen<br />

Fälle Werte über 50% und bewegen sich damit <strong>in</strong>sgesamt im Mittelfeld mit anderen Ländern. Alle vier<br />

Dimensionen werden zwar nicht von der Mehrheit der deutschen Fälle erfasst, aber ihr Anteilswert<br />

liegt höher als die Anteilswerte der meisten anderen Ländergruppen. Bereits <strong>in</strong> den Ergebnissen der<br />

Häufigkeitsverteilungen hat sich angedeutet, dass die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Katego-<br />

rien als Spitzenreiter hervorheben lassen h<strong>in</strong>sichtlich der Anteilswerte.<br />

Im Anschluss an die e<strong>in</strong>fachen Häufigkeiten s<strong>in</strong>d mit Hilfe von Kreuztabellen und Chi 2 -Tests diese<br />

Ergebnisse vertieft untersucht worden auf Zusammenhänge zwischen bestimmten Variablen. Zusätz-<br />

lich s<strong>in</strong>d die Ergebnisse überprüft worden durch die gleichen Berechnungen mit der E<strong>in</strong>gruppierung<br />

der Länder <strong>in</strong> Wohlfahrtsregimes. Zu den meisten Maßnahmenbereichen konnten ke<strong>in</strong>e signifikanten<br />

Zusammenhänge nachgewiesen werden. Damit stimmen auch die Berechnungen zur Überprüfung<br />

größtenteils übere<strong>in</strong>. In den tendenziell signifikanten Ergebnissen dazu hat sich gezeigt, dass sich die<br />

deutschen Unternehmen <strong>in</strong> der Mehrheit mit mehreren gleichzeitig erfassten Maßnahmenbereichen den<br />

anderen Ländergruppen gleichstellen lassen. Für Maßnahmen im Bereich Ergonomie und Arbeitsplatz-<br />

gestaltung hat sich ähnliches herausgestellt. Außer den f<strong>in</strong>nischen Unternehmen setzen die anderen,<br />

u.a. die deutschen Fälle, zu niedrigen Anteilen auf dieses Feld. Die Fälle aus F<strong>in</strong>nland weisen <strong>in</strong> die-<br />

sem Bereich das größte Engagement auf. Diese Ergebnisse haben der Überprüfung aber nicht stand-<br />

gehalten. Flexible Arbeitsweisen konnten <strong>in</strong>sgesamt als der zweithäufigste Maßnahmenbereich nach<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Weiterbildung, Entwicklung, etc. identifiziert werden. Dabei erreichen die niederländischen<br />

und schwedischen Unternehmen Spitzenwerte, während die deutschen Fälle mehrheitlich nicht <strong>in</strong> die-<br />

sem Feld mit Maßnahmen ansetzen. Dah<strong>in</strong>ter ist vermutet worden, dass gerade dieser Bereich für die<br />

deutschen Unternehmen unattraktiv als Ansatzpunkt für Maßnahmen ist, weil zu viele Regulierungen<br />

bestehen und bisherige Formen wie Altersteilzeit nicht die gewünschten Erfolge gebracht haben. Die-<br />

91


ses Ergebnis konnte <strong>in</strong> der Überprüfung bestätigt werden. E<strong>in</strong> neues Ergebnis, das sich erst durch die<br />

E<strong>in</strong>teilung <strong>in</strong> Wohlfahrtsregimes herauskristallisiert hat, bezieht sich auf die Veränderung von E<strong>in</strong>stel-<br />

lungen. V.a. die Unternehmen des liberalen Wohlfahrtsstaates Großbritannien engagieren sich <strong>in</strong> die-<br />

sem Feld am meisten. Die Unternehmen aus den konservativen Wohlfahrtsstaaten, zu denen Deutsch-<br />

land zählt, weisen den ger<strong>in</strong>gsten Anteil auf. Da die Anteilswerte <strong>in</strong>sgesamt niedrig s<strong>in</strong>d, zeugt das für<br />

alle Wohlfahrtsstaaten bzw. -regimes wahrsche<strong>in</strong>lich von e<strong>in</strong>em Defizit z.B. <strong>in</strong> der Sensibilisierung<br />

gegenüber Diskrim<strong>in</strong>ierung, Vorurteilen und negativ wirkenden Stereotypen.<br />

Für die Zielgruppen ergeben sich <strong>in</strong>sgesamt mehr signifikante Zusammenhänge, die fast alle auch <strong>in</strong>-<br />

nerhalb der Überprüfung Übere<strong>in</strong>stimmung gefunden haben. In der Differenzierung nach Alter hat sich<br />

ergeben, dass die meisten Fälle auf altersneutrale Maßnahmen setzen. Mehr als die Hälfte der deut-<br />

schen Unternehmen konnte ebenfalls darunter gefasst werden, aber im H<strong>in</strong>blick auf Ländergruppen mit<br />

weitaus höheren Anteilswerten wie F<strong>in</strong>nland oder Großbritannien, könnte die Vermutung aufgestellt<br />

werden, dass noch Potenziale der Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong> deutschen Unternehmen aufgrund des nati-<br />

onalen Kontextes vorhanden s<strong>in</strong>d. Das korrespondiert auch mit dem niedrigen Anteil im Maßnahmen-<br />

bereich Veränderung von E<strong>in</strong>stellungen. Dass z.B. die Unternehmen der skand<strong>in</strong>avischen Länder und<br />

Großbritannien stärker altersneutral agieren, ist mit e<strong>in</strong>em größeren nationalen Engagement zur Sensi-<br />

bilisierung der Öffentlichkeit <strong>in</strong> diesen Ländern begründet worden. Die zumeist niedrigen Anteile der<br />

Unternehmen, die Männer und/oder Frauen als Zielgruppen e<strong>in</strong>setzen, s<strong>in</strong>d gedeutet worden als ge-<br />

schlechtsneutrale Ausrichtung der Unternehmen. Bei den deutschen Unternehmen, die als e<strong>in</strong>zige ge-<br />

r<strong>in</strong>gfügig häufiger Männer als Frauen ansprechen, ist im Rückblick auf vorherige Aussagen angenom-<br />

men worden, dass sich u.U. e<strong>in</strong> Defizit h<strong>in</strong>sichtlich der Geschlechtsneutralität andeuten könnte. Die<br />

f<strong>in</strong>nischen Unternehmen haben sich dagegen mit jeweiligen Anteilswerten von 100% positiv aus den<br />

Ländergruppen hervorgehoben. Im H<strong>in</strong>blick auf Facharbeiter und An- und Ungelernte als Zielgruppen<br />

haben sich ebenfalls tendenziell signifikante Zusammenhänge ergeben. Beide werden im Vergleich mit<br />

den anderen Ländergruppen häufig von den deutschen Unternehmen berücksichtigt. Das ist <strong>in</strong>sofern<br />

positiv gewertet worden, als Versuch v.a. letztere, die auch als Problemgruppe z.B. im Bereich der<br />

Weiterbildung wahrgenommen werden, verstärkt <strong>in</strong> betriebliche Maßnahmen e<strong>in</strong>zubeziehen. Insgesamt<br />

gesehen zählen <strong>in</strong> der Mehrheit der Fälle aller Ländergruppen v.a. die An- und Ungelernten aber nicht<br />

zu den bevorzugten Zielgruppen. Deswegen ist davon ausgegangen worden, dass diese ohneh<strong>in</strong> wenig<br />

geförderte Gruppe weiterh<strong>in</strong> eher vernachlässigt wird.<br />

Die Zusammenhänge, die zwischen den Dimensionen von Arbeitsfähigkeit und den Ländergruppen <strong>in</strong><br />

der ersten Berechnung festgestellt worden s<strong>in</strong>d, haben h<strong>in</strong>sichtlich der Dimension <strong>in</strong>dividuelle Ge-<br />

92


sundheit F<strong>in</strong>nland als Spitzenreiter, gefolgt von den deutschen Unternehmen verzeichnet. Für die Di-<br />

mension der professionellen Kompetenz haben sich die deutschen als diejenigen Fälle herausstellen<br />

lassen, die am häufigsten diese Dimension mit ihren Maßnahmen abdecken. Diese ist allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong>sge-<br />

samt relativ häufig auch von anderen Ländergruppen erfasst worden. In der Überprüfung konnten diese<br />

Ergebnisse allerd<strong>in</strong>gs nicht bestätigt werden. Stattdessen ist e<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang zu der<br />

Dimension Arbeits<strong>in</strong>halt und –umgebung festgestellt worden. Diese ist von den Fällen der gesamten<br />

Stichprobe die am häufigsten abgedeckte Dimension. Es ist deshalb angenommen worden, dass die<br />

meisten Unternehmen <strong>in</strong> diesem Feld s<strong>in</strong>nvolle Ansatzpunkte sehen, Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen für Arbeit-<br />

nehmer zu verbessern und e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben zu ermöglichen. V.a. die sozialdemokratischen<br />

Länder befassen sich mit Maßnahmen, die diese Dimension tangieren. Am seltensten, aber immer noch<br />

mit e<strong>in</strong>em Anteil über 50%, engagieren sich die Unternehmen aus den konservativen Wohlfahrtsstaa-<br />

ten.<br />

In e<strong>in</strong>em letzten Schritt s<strong>in</strong>d Varianzanalysen vorgenommen worden mit dem Ziel, Ländergruppen zu<br />

vergleichen und Unterschiede darzustellen. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Unternehmen<br />

der Stichprobe, darunter auch die deutschen Fälle, lediglich e<strong>in</strong> bis drei Maßnahmenbereiche gleichzei-<br />

tig aufgreifen. Das ist dah<strong>in</strong>gehend <strong>in</strong>terpretiert worden, dass die meisten Unternehmen die Verände-<br />

rungen von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen nicht auf breiter Ebene e<strong>in</strong>leiten, sondern eher vere<strong>in</strong>zelt. In der Erfas-<br />

sung der Dimensionen von Arbeitsfähigkeit haben sich die f<strong>in</strong>nischen und britischen Unternehmen<br />

durchschnittlich mit zwei bis drei Dimensionen als Spitzenreiter hervorgehoben. Alle anderen Länder-<br />

gruppen, auch die Fälle aus <strong>Deutschland</strong>, decken durchschnittlich weniger ab. Die Anzahl der Ziel-<br />

gruppen hat erkennen lassen, dass die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen e<strong>in</strong>deutig die meisten ansprechen. In<br />

diesem Zusammenhang ist vermutet worden, dass das für e<strong>in</strong>en ausgeprägten Umgang mit der Hetero-<br />

genität ihrer <strong>Belegschaften</strong> spricht. Im Vergleich zu den deutschen Fällen sprechen sie doppelt so viele<br />

Zielgruppen an.<br />

Um die Untersuchung der Ländergruppen zu verfe<strong>in</strong>ern, s<strong>in</strong>d die Fälle zuletzt noch differenziert nach<br />

Unternehmensgruppen (Kle<strong>in</strong>unternehmen, Mittelstandunternehmen und Großunternehmen) und der<br />

Sektorenzugehörigkeit (sekundärer und tertiärer Sektor) analysiert worden. Dafür kann zusammenfas-<br />

send festgehalten werden, dass die Ergebnisse sich nicht grundsätzlich von den vorherigen Berechnun-<br />

gen unterscheiden. V.a. die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen konnten sich vornehmlich als Spitzenreiter h<strong>in</strong>-<br />

sichtlich der Anzahl von Maßnahmenbereichen, Zielgruppen und Dimensionen von Arbeitsfähigkeit<br />

hervorheben.<br />

93


Für die deutschen „Good-Practice“-Unternehmen konnte <strong>in</strong>sgesamt gezeigt werden, dass sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

(wenigen) Bereichen „Vorreitern“ wie den f<strong>in</strong>nischen Unternehmen nicht nachstehen. Die meisten Er-<br />

gebnisse müssen allerd<strong>in</strong>gs dah<strong>in</strong>gehend <strong>in</strong>terpretiert werden, dass <strong>in</strong> den deutschen Unternehmen<br />

längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden s<strong>in</strong>d, um die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen für Arbeitneh-<br />

mer im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben zu verändern. Die deutschen Unternehmen können sich<br />

mit diesen Ergebnissen aber immerh<strong>in</strong> im Mittelfeld positionieren und andere Ländergruppen h<strong>in</strong>ter<br />

sich lassen. Das ist tendenziell als positiv zu beurteilen.<br />

Die Auswertung der Sekundäranalyse spricht dafür, dass die deutschen Unternehmen dieser Stichprobe<br />

e<strong>in</strong>e gute Richtung e<strong>in</strong>geschlagen haben. Das kann den Ergebnissen zufolge aber erst e<strong>in</strong>en Anfang<br />

darstellen, da die deutschen Unternehmen noch lange nicht alle Möglichkeiten der Verbesserung von<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen v.a. für ältere Arbeitnehmer ausgeschöpft haben. Darauf deutet zum<strong>in</strong>dest der<br />

Vergleich mit e<strong>in</strong>er Ländergruppe wie F<strong>in</strong>nland. Es ist ersichtlich geworden, dass der Bereich Weiter-<br />

bildung, der <strong>in</strong> anderen Abschnitten als Problemfeld im H<strong>in</strong>blick auf Integration bestimmter Arbeit-<br />

nehmergruppen dargestellt worden ist, <strong>in</strong> der Mehrheit der untersuchten Fälle durchaus als Ansatz-<br />

punkt gesehen wird für e<strong>in</strong>e Verbesserung von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen. Dah<strong>in</strong>ter steht die Vermutung,<br />

dass diese Unternehmen lebenslanges Lernen als e<strong>in</strong>en wichtigen Themenbereich erkannt haben. E<strong>in</strong><br />

weiterer hervorzuhebender Aspekt betrifft die Zielgruppen. Mehr als die Hälfte der Fälle zeichnet sich<br />

durch e<strong>in</strong>e altersneutrale Zielgruppenorientierung aus. Das lässt sich als e<strong>in</strong> Versuch der M<strong>in</strong>imierung<br />

des Diskrim<strong>in</strong>ierungspotenzials <strong>in</strong> Bezug auf Alter erkennen. Ähnliches könnte vermutet werden h<strong>in</strong>ter<br />

den niedrigen Anteilen der Unternehmen, die sich konkret auf nach Geschlecht differenzierte Arbeit-<br />

nehmergruppen beziehen. Es lässt sich ke<strong>in</strong>e deutlich ausgeprägte Benachteiligung von Frauen ausma-<br />

chen. Positiv ist für die deutschen „Good-Practice“-Unternehmen zudem zu beurteilen, dass ke<strong>in</strong>e Be-<br />

nachteiligung der eher ger<strong>in</strong>ger qualifizierten Arbeitnehmer stattf<strong>in</strong>det, sondern diese <strong>in</strong> gleich starkem<br />

Ausmaß als Zielgruppen benannt worden s<strong>in</strong>d wie mittel bis höher qualifizierte. Auch das Thema Ar-<br />

beitsfähigkeit sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen der Unternehmen allmählich Beachtung zu f<strong>in</strong>den, wenn auch noch <strong>in</strong><br />

der M<strong>in</strong>derheit der deutschen Fälle. Dennoch kann das alles lange nicht ausreichen, um den Herausfor-<br />

derungen des demografischen Wandels im Bezug auf Alterungsprozesse der <strong>Belegschaften</strong> Herr zu<br />

werden. Die deutschen Unternehmen haben wenig e<strong>in</strong>geleitet, um negative E<strong>in</strong>stellungen gegenüber<br />

älteren Arbeitnehmern aufzubrechen und Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong>nerhalb der <strong>Belegschaften</strong> zu redu-<br />

zieren. Ebensolche Defizite lassen sich auch für flexiblere Arbeitsweisen oder Ergonomie und Arbeits-<br />

platzgestaltung bezeichnen. Maßnahmen <strong>in</strong> diesen Feldern haben bei weitem ke<strong>in</strong>e Priorität, obwohl<br />

sie sich anbieten würden, um älteren Arbeitnehmern e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben zu ermöglichen. Ande-<br />

94


e Bereiche wie Lohn- und Gehaltspolitik oder Ausstiegsregelungen v.a. für ältere Arbeitnehmer s<strong>in</strong>d<br />

offenbar ke<strong>in</strong>e attraktiven Ansatzpunkte für die deutschen Unternehmen, um Anreize zu setzen, dass<br />

diese nicht vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Das Thema Arbeitsfähigkeit lässt ebenfalls<br />

noch Lücken sichtbar werden. Ganzheitliche Veränderungen von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen, die an mehreren<br />

Dimensionen von Arbeit und verschiedenen Ebenen im Betrieb ansetzen, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Mehrheit der<br />

deutschen Fälle nicht zu erkennen. Stattdessen dom<strong>in</strong>ieren eher fragmentierte Ansätze, die sich auf<br />

e<strong>in</strong>zelne Bereiche beziehen. In den f<strong>in</strong>nischen Unternehmen deutet sich an, dass gerade e<strong>in</strong> umfassen-<br />

der Ansatz Schlüssel für die erfolgreiche Bewältigung der demografischen Herausforderungen se<strong>in</strong><br />

könnte. Deutlich wird das v.a. daran, dass sie mit Abstand die meisten Arbeitnehmergruppen <strong>in</strong> be-<br />

triebliche Veränderungsprozesse e<strong>in</strong>beziehen. Auch <strong>in</strong> der Wahl der Maßnahmenbereiche wird das im<br />

Ansatz ersichtlich. Die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen arbeiten diesbezüglich facettenreicher und schaffen es<br />

am ehesten, Arbeitsfähigkeit <strong>in</strong> ihren Betrieben (v.a. des tertiären Sektors) zu fördern. Gerade <strong>in</strong> Berei-<br />

chen, die durchaus das Thema Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung und negative E<strong>in</strong>stellungen gegenüber Älteren<br />

berühren, reagieren die f<strong>in</strong>nischen Unternehmen zudem offenbar sensibler als die meisten anderen<br />

Ländergruppen. Die f<strong>in</strong>nischen Fälle zeichnen sich eher als die anderen Gruppen der Stichprobe als<br />

Vorreiter und „Good-Practice“-Unternehmen aus bei der Veränderung von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen und<br />

könnten auch für die deutschen Unternehmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Themen Ansatzmöglichkeiten aufzeigen.<br />

Diese Ergebnisse können wie die Erläuterungen der vorherigen Kapitel im Anschluss <strong>in</strong> e<strong>in</strong> generelles<br />

Fazit für <strong>Deutschland</strong> bzw. konkret den Umgang mit alternden <strong>Belegschaften</strong> <strong>in</strong> deutschen Unterneh-<br />

men e<strong>in</strong>fließen.<br />

95


8 Schlussfolgerungen<br />

In der E<strong>in</strong>leitung dieser Arbeit ist die Frage gestellt worden, welche Rückschlüsse sich <strong>in</strong> Bezug auf<br />

Strategien, Optionen und Defizite für <strong>Deutschland</strong> im Umgang mit alternden <strong>Belegschaften</strong> im <strong>in</strong>terna-<br />

tionalen Vergleich ziehen lassen. Die Antwort darauf ergibt sich aus der Zusammenführung und Abbil-<br />

dung der Erkenntnisse des theoretischen und empirischen Teils. In Ersterem konnte v.a. dargestellt<br />

werden, dass auf gesellschaftlicher Ebene besonders <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> Barrieren für die volle Entfaltung<br />

des Potenzials älterer Menschen bzw. konkret älterer Arbeitnehmer aufgrund negativer Altersbilder<br />

und daraus resultierender Formen von Diskrim<strong>in</strong>ierung bestehen. E<strong>in</strong>ige wissenschaftliche Ansätze zu<br />

Alterungsprozessen, lange Zeit jugendzentrierte Personalpolitik <strong>in</strong> deutschen Unternehmen sowie staat-<br />

liche und <strong>in</strong>stitutionell regulierte und geförderte Frühverrentungsoptionen haben dafür den „Nährbo-<br />

den“ bereitet. Das kann zum<strong>in</strong>dest aus den Arbeitsmarktdaten und entsprechenden Regelungen, die<br />

zum Teil noch immer Gültigkeit haben, geschlossen werden. In Frankreich, Österreich und Belgien<br />

stellt sich die Situation ähnlich dar. Die skand<strong>in</strong>avischen Staaten, Großbritannien und die Niederlande<br />

dagegen zeigen, dass es auch anders funktionieren kann. Sie haben längst Vorkehrungen getroffen und<br />

Maßnahmen e<strong>in</strong>geleitet im H<strong>in</strong>blick auf alternde <strong>Belegschaften</strong>, um entsprechende Arbeitnehmergrup-<br />

pen zu fördern und aktiv an der gesellschaftlichen Entwicklung partizipieren zu lassen. Frühverren-<br />

tungsoptionen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesen Ländern radikal reduziert oder abgeschafft worden. Gleichzeitig wird dort<br />

auf breiter öffentlicher Ebene für das Thema Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung sensibilisiert. Beschlüsse und wis-<br />

senschaftliche Ansätze auf europäischer Ebene haben diesbezüglich bereits Orientierungspunkte und<br />

Zielvere<strong>in</strong>barungen vorgegeben, die ganz Europa zusammen mit se<strong>in</strong>en älteren Arbeitnehmern im wirt-<br />

schaftlichen Geschehen nach vorne br<strong>in</strong>gen sollen.<br />

Die Trends, die sich aus den Ergebnissen der empirischen Untersuchung ableiten lassen, deuten darauf,<br />

dass die deutschen „Good-Practcie“-Unternehmen mit ihren Bemühungen, Veränderungen von Ar-<br />

beitsbed<strong>in</strong>gungen an den Bedürfnissen älterer Arbeitnehmer auszurichten, <strong>in</strong> die richtige Richtung wei-<br />

sen. Fort- und Weiterbildung sowie lebenslanges Lernen s<strong>in</strong>d zu den wichtigsten Ansatzpunkten von<br />

Maßnahmen geworden. Ansätze altersneutraler Zielgruppenausrichtung sowie der Erhaltung und För-<br />

derung von Arbeitsfähigkeit von Arbeitnehmern für e<strong>in</strong> längeres Erwerbsleben s<strong>in</strong>d durchaus zu erken-<br />

nen und stärker ausgeprägt als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen anderen Ländern. Dass aber noch Spielräume vorhanden s<strong>in</strong>d<br />

und nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft se<strong>in</strong> können <strong>in</strong> deutschen Unternehmen, macht v.a. der Ver-<br />

gleich mit f<strong>in</strong>nischen Unternehmen deutlich. Dort sche<strong>in</strong>en die Potenziale älterer Arbeitnehmer besser<br />

genutzt zu werden, während sie <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> teilweise brachliegen. Ganzheitliche Maßnahmen und<br />

breite Zielgruppenorientierung zeichnen f<strong>in</strong>nische Betriebe aus und rechtfertigen die Bezeichnung als<br />

96


Vorreiter und Vorbilder h<strong>in</strong>sichtlich des Umgangs mit ihren (alternden) <strong>Belegschaften</strong>. Diese aber<br />

teilweise auch andere skand<strong>in</strong>avische, britische oder niederländische Unternehmen können den deut-<br />

schen hilfreiche Ansatzpunkte für eigene Maßnahmen bieten, die demografiesensibel s<strong>in</strong>d und Diskri-<br />

m<strong>in</strong>ierungspotenzial für ältere Arbeitnehmergruppen reduzieren.<br />

Insgesamt kann festgehalten werden, dass der demografische Wandel, v.a. die Alterung der Bevölke-<br />

rung und damit auch des Erwerbspotenzials gesellschaftliche Akteure <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> vor „ungeahnte“<br />

Probleme stellen. E<strong>in</strong>es dieser Probleme besteht dar<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> naher Zukunft Arbeitskräfte-, Fachkräf-<br />

te- und Nachwuchsmangel „drohen“, die Unternehmen, Organisationen und soziale Sicherungssysteme<br />

heute unter Handlungsdruck setzen. Es wird mehr als deutlich, dass die Herausforderungen v.a. e<strong>in</strong>es<br />

wachsenden älteren Erwerbspersonenpotenzials bewältigt und zu e<strong>in</strong>em Vorteil gewendet werden müs-<br />

sen, <strong>in</strong>dem <strong>in</strong> der Erwerbssphäre u.a. ältere Menschen, deren Wissen, Erfahrungen und „Können“ zur<br />

vollen Entfaltung ihres Potenzials gefördert werden. So e<strong>in</strong>fach sche<strong>in</strong>t es allerd<strong>in</strong>gs nicht zu se<strong>in</strong>.<br />

Große, v.a. unsichtbare H<strong>in</strong>dernisse <strong>in</strong> Form von negativen Altersbildern s<strong>in</strong>d „<strong>in</strong> den Köpfen“ der<br />

Gesellschaftsmitglieder konserviert worden und <strong>in</strong> der gegenwärtigen Situation nur schwer aufzubre-<br />

chen. Sie beh<strong>in</strong>dern die Entwicklung des Humankapitals älterer Arbeitnehmer, da sie bis <strong>in</strong> die Er-<br />

werbssphäre h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> wirken. Bevor deutsche Unternehmen also positiven Beispielen aus anderen Län-<br />

dern folgen können, müssen zunächst harte Strukturen und Vorstellungen gegenüber Älteren <strong>in</strong> den<br />

Köpfen der Gesellschaft aufgebrochen werden. Bis dah<strong>in</strong>, so zeichnet es sich ab, ist es für <strong>Deutschland</strong><br />

noch e<strong>in</strong> langer Weg und es s<strong>in</strong>d noch viele Veränderungen sowohl auf gesellschaftlicher und politi-<br />

scher als auch auf betrieblicher Ebene e<strong>in</strong>zuleiten.<br />

97


9 Abstract<br />

Der demografische Wandel <strong>in</strong> ganz Europa und somit auch <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> ist seit langem e<strong>in</strong> domi-<br />

nantes Thema <strong>in</strong> wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten. Besonders die Alterung der Bevölke-<br />

rung steht dabei im Fokus, da sie mittel- oder langfristig zu eventuell komplexen Herausforderungen<br />

führen könnte <strong>in</strong> allen gesellschaftlichen Teilbereichen.<br />

Auch Erwerbspersonenpotenzial bzw. <strong>Belegschaften</strong> altern. Das zeigt sich e<strong>in</strong>erseits dar<strong>in</strong>, dass es<br />

künftig zu e<strong>in</strong>em Nachwuchsmangel an jungen Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt kommen könnte<br />

und andererseits dar<strong>in</strong>, dass Unternehmen mit wachsenden Anteilen älterer Mitarbeiter konfrontiert<br />

se<strong>in</strong> werden, worauf die bislang vornehmlich jugendorientierten Personal- und E<strong>in</strong>stellungspolitik nicht<br />

adäquat reagieren kann. Im Rahmen der europäischen Politik wird zudem gefordert, dass ältere Arbeit-<br />

nehmer sowie deren Potenziale gefördert und stärker <strong>in</strong> Arbeitsmarkt und Unternehmen <strong>in</strong>tegriert wer-<br />

den, als dies bisher geschehen ist.<br />

Diese Arbeit untersucht die Situation älterer Arbeitnehmer am deutschen Arbeitsmarkt und fragt da-<br />

nach, welche Strategien, Optionen und Defizite im Umgang mit alternden <strong>Belegschaften</strong> bestehen und<br />

wo sich deutsche Unternehmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em europäischen Vergleich verorten lassen. Die Ergebnisse e<strong>in</strong>er<br />

Analyse von Projektdaten der European Foundation zu e<strong>in</strong>em ähnlichen Forschungsthema geben Ant-<br />

worten auf die genannten Fragen und lassen vermuten, dass die Situation alternder <strong>Belegschaften</strong> <strong>in</strong><br />

deutschen Unternehmen zwar verbesserungsfähig ist, aber gleichzeitig auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Ansätzen bereits<br />

positive sowie förderliche Tendenzen und Möglichkeiten vorhanden s<strong>in</strong>d.<br />

98


Issues concern<strong>in</strong>g demographic changes <strong>in</strong> Europe and consequently also <strong>in</strong> Germany dom<strong>in</strong>ate scien-<br />

tific and public debates s<strong>in</strong>ce a longer period of time. Thereby the focal po<strong>in</strong>t is the age<strong>in</strong>g population<br />

because it could result <strong>in</strong> potential complex challenges <strong>in</strong> all of the social subareas <strong>in</strong> the medium or<br />

long term.<br />

L<strong>in</strong>ked with that process are the age<strong>in</strong>g of labor force potential and accord<strong>in</strong>gly an age<strong>in</strong>g workforce at<br />

the same time. That could arise <strong>in</strong> future on the one hand with<strong>in</strong> skill shortages concern<strong>in</strong>g young and<br />

qualified employees <strong>in</strong> the labor market and on the other hand with<strong>in</strong> an <strong>in</strong>cl<strong>in</strong><strong>in</strong>g portion of elderly<br />

employees with<strong>in</strong> enterprises for which personal and employment policies particularly orientated on<br />

youth up to now could probably not work adequately. In l<strong>in</strong>e with the European policy has been postu-<br />

lated that elderly employees and their potentials should be promoted and even <strong>in</strong>tegrated <strong>in</strong> the labor<br />

market <strong>in</strong> a stronger extent as has been done, yet.<br />

This <strong>in</strong>vestigation analyzes the situation of elderly employees at the German labor market and asks for<br />

strategies, options and deficits concern<strong>in</strong>g the handl<strong>in</strong>g of an age<strong>in</strong>g workforce as well as where Ger-<br />

man enterprises could be located regard<strong>in</strong>g an European comparison. The results of an analysis of pro-<br />

ject data about a similar issue owned by the European Foundation give answers to the mentioned ques-<br />

tions and lead to the suggestions that the situation of an age<strong>in</strong>g workforce <strong>in</strong> Germany is improvable.<br />

But at the same time concern<strong>in</strong>g some approaches positive as well as conducive tendencies and possi-<br />

bilities become visible.<br />

99


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104


11 Anhang<br />

11.1 Weitere Tabellen und Abbildungen<br />

Land Verschiedene Quoten 15-64 15-24 25-54 55-64<br />

Beide Geschlechter<br />

nach Altersgruppen für<br />

das Jahr 2006 <strong>in</strong> Prozent<br />

Österreich<br />

Arbeitslosenquote<br />

4,8 9,1 4,1 3,5<br />

(A)<br />

Beschäftigungsquote<br />

70,2 54 83,5 35,5<br />

Erwerbsquote<br />

73,7 59,4 87,1 36,8<br />

Belgien<br />

Arbeitslosenquote<br />

8,4 18,9 7,5 5,4<br />

(B)<br />

Beschäftigungsquote<br />

60,4 26,2 78,2 30,4<br />

Erwerbsquote<br />

65,9 32,3 84,5 32,2<br />

Dänemark<br />

Arbeitslosenquote<br />

4 7,6 3,3 3,7<br />

(DK)<br />

Beschäftigungsquote<br />

76,9 63,7 85,5 60,9<br />

Erwerbsquote<br />

80,1 69 88,4 63,2<br />

F<strong>in</strong>nland<br />

Arbeitslosenquote<br />

7,8 18,8 6,1 6,7<br />

(FIN)<br />

Beschäftigungsquote<br />

68,9 40,6 82,5 54,5<br />

Erwerbsquote<br />

74,7 50,1 87,8 58,4<br />

Frankreich<br />

Arbeitslosenquote<br />

9,8 23,9 8,6 7,2<br />

(F)<br />

Beschäftigungsquote<br />

62,3 25,3 80 40,5<br />

Erwerbsquote<br />

69,1 33,2 87,4 43,6<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

Arbeitslosenquote<br />

10,4 13,5 9,5 12,3<br />

(D)<br />

Beschäftigungsquote<br />

67,2 43,9 78,8 48,5<br />

Erwerbsquote<br />

75 50,7 87,1 55,3<br />

Niederlande<br />

Arbeitslosenquote<br />

4,4 7,6 3,6 4,4<br />

(NL)<br />

Beschäftigungsquote<br />

72,4 63,9 82 46,9<br />

Erwerbsquote<br />

75,7 69,2 85,1 49,1<br />

Schweden<br />

Arbeitslosenquote<br />

7,1 21,3 5,3 4,4<br />

(S)<br />

Beschäftigungsquote<br />

74,5 44 84,7 69,8<br />

Erwerbsquote<br />

80,2 56 89,4 73<br />

Großbritannien<br />

Arbeitslosenquote<br />

5,4 13,9 4,1 2,9<br />

(GB)<br />

Beschäftigungsquote<br />

72,5 57,3 81,2 57,4<br />

Erwerbsquote<br />

76,7 66,6 84,6 59,1<br />

Tab.1: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006;<br />

Quelle: OECD 2007; eigene Zusammenstellung<br />

105


Ta<br />

Land Verschiedene Quoten<br />

Arbeitslosenquote Beschäftigungsquote Erwerbsquote<br />

A 9,1 54 59,4<br />

B 18,9 26,2 32,3<br />

DK 7,6 63,7 69<br />

FIN 18,8 40,6 50,1<br />

F 23,9 25,3 33,2<br />

D 13,5 43,9 50,7<br />

NL 7,6 63,9 69,2<br />

S 21,3 44 56<br />

GB 13,9 57,3 66,6<br />

Tab.1a: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten der 15- bis 24-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent,<br />

2006;<br />

Quelle: OECD 2007; eigene Zusammenstellung<br />

Abbildung 1a: Verschiedene Quoten für die 15- bis 24-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006; Quelle: OECD<br />

2007; eigene Zusammenstellung<br />

106


Tab<br />

Land Verschiedene Quoten<br />

Arbeitslosenquote Beschäftigungsquote Erwerbsquote<br />

A 4,1 83,5 87,1<br />

B 7,5 78,2 84,5<br />

DK 3,3 85,5 88,4<br />

FIN 6,1 82,5 87,8<br />

F 8,6 80 87,4<br />

D 9,5 78,8 87,1<br />

NL 3,6 82 85,1<br />

S 5,3 84,7 89,4<br />

GB 4,1 81,2 84,6<br />

Tab.1b: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten der 25- bis 54-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent,<br />

2006;<br />

Quelle: OECD 2007; eigene Zusammenstellung<br />

Abbildung 1b: Verschiedene Quoten für die 25- bis 54-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006; Quelle: OECD<br />

2007; eigene Zusammenstellung<br />

107


Land Verschiedene Quoten<br />

Arbeitslosenquote Beschäftigungsquote Erwerbsquote<br />

A 3,5 35,5 36,8<br />

B 5,4 30,4 32,2<br />

DK 3,7 60,9 63,2<br />

FIN 6,7 54,5 58,4<br />

F 7,2 40,5 43,6<br />

D 12,3 48,5 55,3<br />

NL 4,4 46,9 49,1<br />

S 4,4 69,8 73<br />

GB 2,9 57,4 59,1<br />

Tab.1c: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten der 55- bis 64-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent,<br />

2006<br />

Quelle: OECD 2007; eigene Zusammenstellung<br />

Abbildung 1c:Verschiedene Quoten für die 55- bis 64-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006; Quelle: OECD<br />

2007; eigene Zusammenstellung<br />

108


T<br />

Land Verschiedene Quoten<br />

Arbeitslosenquote Beschäftigungsquote Erwerbsquote<br />

A 4,8 70,2 73,7<br />

B 8,4 60,4 65,9<br />

DK 4 76,9 80,1<br />

FIN 7,8 68,9 74,7<br />

F 9,8 62,3 69,1<br />

D 10,4 67,2 75<br />

NL 4,4 72,4 75,7<br />

S 7,1 74,5 80,2<br />

GB 5,4 72,5 76,7<br />

Tab.1d: Arbeitslosen-, Beschäftigungs- und Erwerbsquoten der 15- bis 64-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent,<br />

2006;<br />

Quelle: OECD 2007; eigene Zusammenstellung<br />

Abbildung 1d: Verschiedene Quoten für die 15- bis 64-Jährigen differenziert nach Ländern <strong>in</strong> Prozent, 2006; Quelle: OECD<br />

2007; eigene Zusammenstellung<br />

109


Länder Prozentwerte bzgl. Hoher Qualifikation<br />

A, B zw. 40% und 50%<br />

D, F zw. 50% und 60%<br />

FIN zw. 60% und 70%<br />

DK, S, GB zw. 70% und 80"<br />

Prozentwerte bzgl. Mittlerer Qualifikation<br />

A unter 30%<br />

B, D,F zw. 30% und 40%<br />

FIN zw. 50% und 60%<br />

DK,S zw. 60% und 70%<br />

GB über 70%<br />

Prozentwerte bzgl. Niedriger Qualifikation<br />

A unter 20%<br />

B, D zw. 20% und 30%<br />

F zw. 30% und 40%<br />

FIN, DK zw. 40% und 50%<br />

GB zw. 50% und 60%<br />

S über 60%<br />

Tabelle 2: Beschäftigungsquoten der 55- bis 64-Jährigen nach Qualifikation <strong>in</strong> der Europäischen Union (EU15), 2004;<br />

Quelle: Schief 2004. Datenbasis: Europäische Arbeitskräftestichprobe 2002; eigene Zusammenstellung<br />

Land Insgesamt Männer Frauen<br />

A 13,8 13,1 14,5<br />

B 10 10,3 9,7<br />

DK 27,6 24,2 31<br />

FIN 24,8 21,1 28,6<br />

F 7,6 7,4 7,9<br />

D 8,2 8,3 8<br />

NL 16,6 16,6 16,7<br />

S 34,7 29,9 39,7<br />

GB 29,1 24,2 33,9<br />

Tabelle 3: Teilnahme an allgeme<strong>in</strong>er und beruflicher Bildung (25 - 64 Jahre) <strong>in</strong> Prozent, 2005;<br />

Quelle: Eurostat, Euro-Indikatoren 2006:10; eigene Zusammenstellung<br />

110


Land Gesetzliches Rentenalter <strong>in</strong> Jahren Vorruhestandsregelungen<br />

A Männer: 65; Frauen: 60<br />

(zw. 2024 und 2033 Erhöhung auf 65)<br />

B Männer: 65 (Ausnahmen: Bergleute im Tagebau und<br />

Seeleute: 60; unter Tage Beschäftigte: 55 bzw. nach<br />

m<strong>in</strong>d. 25 Arbeitsjahren; Flugpersonal: 55 oder<br />

nach 30 Jahren im Cockpit bzw. 34 Jahren <strong>in</strong> der Kab<strong>in</strong>e);<br />

Frauen: 64 (ab 2009 Anhebung auf 65 Jahre)<br />

DK Volksrente: 65 bzw. 67 (Vollendung des 60. Lebensjahres<br />

vor dem 01.07.1999); E<strong>in</strong>kommensabhängige Zusatzrente:<br />

67 (Bei Vollendung des 60. Lebensjahres nach dem<br />

01.07.1999 Möglichkeit der Zusatzrente ab 65 Jahren; bei<br />

früherem E<strong>in</strong>trittsalter anteilige Kürzung der Rente)<br />

FIN Volksrente: 65; E<strong>in</strong>kommensbezogene Zusatzrente:<br />

63 bis 68 (flexibel nach eigener Wahl)<br />

111<br />

Männer: 62; Frauen: 57 ; diverse Sonderregelungen:<br />

Korridorpension, Schwerarbeiterpension,<br />

Ausnahmebestimmungen für langjährig Versicherte, etc.<br />

anhand e<strong>in</strong>es nach dem Geburtsjahrgang<br />

ausgerichteten Staffelsystems<br />

60 bei m<strong>in</strong>d. 35-jähriger Erwerbstätigkeit;<br />

viele sektorale Abkommen bspw. für Schwerarbeiter<br />

je nach Umständen zwischen 50 und 58 Jahren<br />

Volksrente: Vorruhestand nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />

wie Invalidität möglich; Zusatzrente: zwischen 65 und 67<br />

62, Jahrgänge bis 1944: 60<br />

F 60 56 ( Bei Erwerbstätigkeit ab 14 Jahren);<br />

55 bei schwerer Beh<strong>in</strong>derung und zusätzlich weiteren<br />

Voraussetzungen (Versicherungsdauer und Beitragszeiten)<br />

D 65; Bergleute nach 25 Jahren unter Tage: 60 Diverse E<strong>in</strong>trittsdaten nach Personenkreisen:<br />

Frauen: 63 (alle 2 Mon. stufenweise Anhebung um<br />

e<strong>in</strong>en Mon. auf 65); Arbeitslose/Altersteilzeit: 64 u. 6 Mon.<br />

(ebenfalls stufenweise Anhebung auf 65); Schwerbeh<strong>in</strong>derte:<br />

62 u. 6 Mon. (alle 2 Mon. stufenweise Anhebung um e<strong>in</strong>en Mon.<br />

auf 63 Jahre); Bei besonderen Bed<strong>in</strong>gungen: Frauen:<br />

vor 1952 geboren und m<strong>in</strong>d. 25 Jahre Versicherungszeit (nach<br />

dem 40. Lebensjahr mehr als 10 Jahre Pflichtbeiträge); Arbeitslose/Altersteilzeit:<br />

vor 1946 geboren mit 15 Jahren<br />

Versicherungszeit (m<strong>in</strong>d. 8 Jahre <strong>in</strong> den letzten 10 Jahren),<br />

Arbeitslosigkeit vor Rentenbeg<strong>in</strong>n und m<strong>in</strong>d. 52 Wochen<br />

nach 58,8 Jahren erwerbslos bzw. m<strong>in</strong>d. 24 Mon. <strong>in</strong> Altersteilzeit<br />

NL 65 Ke<strong>in</strong>e<br />

S 65 Ke<strong>in</strong>e<br />

GB Männer: 65; Frauen: 60<br />

(zw. 2010 und 2020 Erhöhung auf 65)<br />

Ke<strong>in</strong>e<br />

Tabelle 4: Gesetzliches Rentenalter und Vorruhestandsregelungen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen EU-Staaten, 2006<br />

Quellen: Europanorama; Europa-Kontakt, MISSOC, Observatoire social européen; eigene Zusammenstellung<br />

Land Durchschnittliches Erwerbsaustrittsalter<br />

A 59,8<br />

B 60,6<br />

DK 60,9<br />

FIN 61,7<br />

F 58,8<br />

D 61,3<br />

NL 61,5<br />

S 63,7<br />

GB 62,6<br />

Tabelle 5: Durchschnittliches Erwerbsaustrittsalter <strong>in</strong> Jahren, 2005<br />

Quelle: European Foundation 2007:40. Datenbasis: Eurostat, Struktur<strong>in</strong>dikatoren


11.2 Kodebuch <strong>in</strong> Excel<br />

Variable Name Werte Kode<br />

Fallnummer NR 001 - 106 siehe Werte<br />

Land V01 <strong>Deutschland</strong> (D) 1<br />

112<br />

Österreich (A) 2<br />

Belgien (B) 3<br />

Dänemark (DK) 4<br />

F<strong>in</strong>nland (FIN) 5<br />

Frankreich (F) 6<br />

Niederlande (NL) 7<br />

Schweden (S) 8<br />

Großbritannien (GB) 9<br />

Sektor V02 primär (L/F) 1<br />

sekundär (Ch, B&H, ET, E&W, RI, E&T, GSE,<br />

M&M, FB, PVD, T&L)<br />

tertiär (H, BDL, E&U, FDL, G&SW, HGG, IT,<br />

R&R, P&T, ÖD, V&M, TL)<br />

verschiedene Sektoren umfassend (Versch. Sek.) 4<br />

Branche V03 Landwirtschaft/Fischerei (L/F) 1<br />

Chemie (Ch) 2<br />

Bau- und Holzgewerbe (B&H) 3<br />

Elektrotechnik (ET) 4<br />

Energie- und Wasserversorgung (E&W) 5<br />

rohstoffgew<strong>in</strong>nende Industrien (RI) 6<br />

Ernährungsgewerbe und Tabakverarbeitung (E&T) 7<br />

Glasgewerbe, Ste<strong>in</strong>e und Erden (GSE) 8<br />

Metallerzeugung und -verarbeitung/Masch<strong>in</strong>enbau (M&M) 9<br />

Fahrzeugbau (FB) 10<br />

Papier-, Verlags- und Druckgewerbe (PVD) 11<br />

Textil- und Ledergewerbe (T&L) 12<br />

Handel (H) 13<br />

Beratungsdienstleistungen (BDL) 14<br />

Erziehung und Unterricht (E&U) 15<br />

F<strong>in</strong>anzdienstleistungen/Kredit<strong>in</strong>stitute (FDL) 16<br />

Gesundheits- und Sozialwesen (G&SW) 17<br />

Hotel- und Gaststättengewerbe (HGG) 18<br />

IT-Branche (IT) 19<br />

Reparatur und Re<strong>in</strong>igung (R&R) 20<br />

Post und Telekommunikation (P&T) 21<br />

öffentliche Dienstleistungen (ÖD) 22<br />

Verlagswesen und Medien (V&M) 23<br />

Transport und Lagerung (TL) 24<br />

verschiedene Branchen umfassend (VB) 25<br />

Rechtsform V04 öffentlich (öff.) 1<br />

2<br />

3


113<br />

privat (priv.) 2<br />

Sozialwesen/Ehrenamt/Sonstige (SW/EA/SO) 3<br />

nicht angegeben (na) 99<br />

Organisationsgröße V05 Kle<strong>in</strong>unternehmen (KU (1-99)) 1<br />

Mittelständische Unternehmen (MU (100-499)) 2<br />

Großunternehmen (GU (500+)) 3<br />

Sozialer Dialog V06 Ja 1<br />

Ne<strong>in</strong> 0<br />

<strong>in</strong>formell V07 Ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

mit Betriebsrat (BR) V08 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

mit Gewerkschaft (GEW) V09 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Form des sozialen Dialoges V10 Vere<strong>in</strong>barung (V) 1<br />

Beratung (Be) 2<br />

Information (I) 3<br />

Ke<strong>in</strong> spezieller Typ 4<br />

Maßnahmenbereich V11 e<strong>in</strong>er 1<br />

verschiedene Bereiche umfassend 2<br />

nicht bestimmt 99<br />

umfassendes Maßnahmenpaket (UMP) V12 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Veränderung von E<strong>in</strong>stellungen (VE) V13 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Ergonomie/Arbeitsplatzgestaltung (EAPL) V14 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Ausstiegsregelung (AUS) V15 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

flexible Arbeitsweisen (FA) V16 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Gesundheit und Wohlbef<strong>in</strong>den (GHW) V17 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Rekrutierung (REK) V18 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Umsetzung (UM) V19 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Weiterbildung, Entwicklung, etc. (TWB) V20 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Lohn- und Gehaltspolitik (LGP) V21 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

sonstige (SO) V22 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Zielgruppe V23 alle Altersgruppen (alle) 1<br />

ältere Arbeitnehmer (ÄAN) 2<br />

Männer (M) V24 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

nicht bestimmt (n.b.) 99


Frauen (Fr) V25 ja 1<br />

114<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

nicht bestimmt 99<br />

andere nicht handwerklich/körperlich Tätige (ANH) V26 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

nicht bestimmt 99<br />

Personen mit Gesundheitsproblemen (PMG) V27 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

nicht bestimmt 99<br />

Führungskräfte/Angestellte (FKA) V28 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

nicht bestimmt 99<br />

Facharbeiter/Gelernte (FAG) V29 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

nicht bestimmt 99<br />

An-/Ungelernte (ANUN) V30 ja 1<br />

Bereiche AF<br />

<strong>in</strong>dividuelle Gesundheit (Initiativen im Bereich Gesundheit/Wohlbef<strong>in</strong>den)<br />

(DIM1)<br />

Arbeitsumgebung und -gestaltung (Initiativen <strong>in</strong> den Bereichen<br />

Ergonomie/Arbeitsplatzgestaltung; flexible Arbeitsweisen) (DIM2)<br />

Fachliche/professionelle Kompetenz (Initiativen <strong>in</strong> den Bereichen<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Entw., etc.; Umsetzung) (DIM3)<br />

Arbeitsorganisation und Führung (Initiativen <strong>in</strong> den Bereichen Rekrutierung;<br />

Ausstiegsregelung; Lohn-/Gehaltspolitik;<br />

Veränderung von E<strong>in</strong>stellungen) (DIM4)<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

nicht bestimmt 99<br />

V31 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

V32 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

V33 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

V34 ja 1<br />

ne<strong>in</strong> 0<br />

Arbeitsfähigkeit (AF) komplett (alle vier Dimensionen) (ADIM) V35 ja 1<br />

nei 0<br />

Anzahl Dimensionen V36 0-4 siehe Werte<br />

Anzahl Zielgruppen V37 0-7, 99 (nicht bestimmt) siehe Werte<br />

Anzahl Maßnahmenbereiche V38 0-11 siehe Werte<br />

Landcode V39 Konservative Wohlfahrtsregimes (D, A, B, F) 1<br />

Tabelle 6: Kodebuch<br />

Sozialdemokratische Wohlfahrtsregimes (DK, FIN, NL, S) 2<br />

Liberale Wohlfahrtsregimes (GB) 3


11.3 Institutionenverzeichnis<br />

Adecco Institut: Das Adecco Institut ist e<strong>in</strong> Forschungszentrum. Es befasst sich im Schwerpunkt mit<br />

den Themen Führung <strong>in</strong> der Erwerbsarbeit und <strong>in</strong>wiefern sich Arbeit auf Individuen, Regionen und<br />

Organisationen auswirken kann. Das Adecco Institut hat als Aufgabe, Diskussionen zwischen sämtli-<br />

chen Beteiligten, d.h. Regierungen, Wissenschaftler, Arbeitgeber, Gewerkschaften oder Arbeitnehmer,<br />

zu vere<strong>in</strong>fachen unter den Hauptthemen Arbeit und Wirkungen der Arbeit auf Gesellschaft. Sowohl<br />

über Primär- und Sekundäruntersuchungen als auch über Denkansätze, Konferenzen und Veranstaltun-<br />

gen versucht das Institut e<strong>in</strong>e zukunftsorientierte und auf Fakten basierende Perspektive zu fördern auf<br />

<strong>in</strong>novative Ansätze, die Organisationen und Regionen dabei helfen können Beschäftigungsfähigkeit,<br />

Produktivität und Arbeitnehmerzufriedenheit zu steigern (, Re-<br />

cherche am 13.07.2008).<br />

Altenberichtskommission: Die Altenberichtskommission setzt sich zusammen aus Wissenschaftlern<br />

unterschiedlicher Diszipl<strong>in</strong>en. Die fünfte Altenberichtskommission stand unter der Leitung von Prof.<br />

Dr. Andreas Kruse und ist vom BMFSFJ e<strong>in</strong>berufen worden zur Untersuchung der Aktivitäten Älterer<br />

auf gesellschaftlicher und politischer Ebene. Der dabei entstandene „Fünfte Altenbericht“ der Bundes-<br />

regierung unter dem Thema "Potenziale des Alters <strong>in</strong> Wirtschaft und Gesellschaft- Der Beitrag älterer<br />

Menschen zum Zusammenhalt der Generationen" ist am 30.08.2005 Ursula von der Leyen übergeben<br />

worden und enthält (Handlungs-)Empfehlungen zu Fragen rund um das Thema Alter<br />

(, Recherche am<br />

18.07.2008).<br />

Bundesm<strong>in</strong>isterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ): Das BMFSFJ ist e<strong>in</strong>s<br />

von 14 M<strong>in</strong>isterien der Bundesregierung der Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong>. Die derzeit amtierende Mi-<br />

nister<strong>in</strong> ist Ursula von der Leyen. Im H<strong>in</strong>blick auf Ältere erfüllt das Bundesm<strong>in</strong>isterium verschiedene<br />

Aufgaben und setzt damit an verschiedenen Bereichen an. Dazu gehören z.B. Projekte zur Selbständig-<br />

keit Älterer und zu qualitätsvollen Hilfen und Pflege; Verbesserungen von gesetzlichen Regelungen,<br />

die Ältere <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Form betreffen; Forschungsvorhaben im Bereich des demografischen Wan-<br />

dels; Unterstützung der europäischen und <strong>in</strong>ternationalen Zusammenarbeit auf Regierungsebene; etc.<br />

(, Recherche am<br />

13.07.2008).<br />

115


Europäischer Gerichtshof (EuGH): Der EuGH ist e<strong>in</strong> bedeutendes Organ der EU. Er setzt sich zu-<br />

sammen aus 27 Richtern und 8 Generalanwälten, die von den Mitgliedsstaaten <strong>in</strong> gegenseitigem E<strong>in</strong>-<br />

verständnis für sechs Jahre bestellt werden. Mit den Mitgliedsstaaten zusammen ist der EuGH zustän-<br />

dig für die e<strong>in</strong>heitliche Anwendung des Geme<strong>in</strong>schaftsrechts. Dafür kann er sich verschiedener Verfah-<br />

rensarten bedienen (vgl. , 13.07.08).<br />

European Commission/Europäische Kommission: Die Europäische Kommission ist das Exekutivor-<br />

gan der EU und dafür zuständig, Beschlüsse des Parlaments und des Rates umzusetzen. Sie ist unab-<br />

hängig von den nationalen Regierungen tätig und zeichnet sich aus durch die Vertretung und Wahrung<br />

der Interessen der gesamten Europäischen Union. Die Europäische Kommission ist <strong>in</strong> den 1950er Jah-<br />

ren entstanden wie Parlament und Rat. Ihre Aufgaben s<strong>in</strong>d: Vorschläge zu entwickeln für neue Rechts-<br />

vorschriften für den europäischen Raum, die dann dem Parlament und dem Rat vorgelegt werden; Um-<br />

setzung der EU-Politik und Verwaltung der Mittel; Kontrolle der E<strong>in</strong>haltung des europäischen Rechts<br />

mit dem Gerichtshof; Vertretung der EU auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene<br />

(, Recherche am 13.07.2008).<br />

European Council/Europäischer Rat: Das bedeutendste Entscheidungsorgan der EU auf politischer<br />

Ebene ist der Europäische Rat. Er ist <strong>in</strong> den 1950ern e<strong>in</strong>gerichtet worden, hält die Legislativgewalt und<br />

trifft geme<strong>in</strong>sam mit dem Parlament Entscheidungen. Innerhalb dessen beraten sich die M<strong>in</strong>ister der<br />

Mitgliedsstaaten. In Abhängigkeit von den Themen auf der Tagesordnung kann jedes Mitgliedsland<br />

e<strong>in</strong>en verantwortlichen Vertreter des entsprechenden Bereiches schicken. Jeder Mitgliedsstaat übt im<br />

Wechsel die Präsidentschaft aus für jeweils sechs Monate. Die Aufgaben des Rates s<strong>in</strong>d: Koord<strong>in</strong>ation<br />

der allgeme<strong>in</strong>en Wirtschaftspolitiken der Mitgliedsstaaten; Festlegung der geme<strong>in</strong>samen Außen- und<br />

Sicherheitspolitik basierend auf den vom Rat bestimmten Richtl<strong>in</strong>ien; Beschließung <strong>in</strong>ternationaler<br />

Abkommen; Koord<strong>in</strong>ationsrolle im Bezug auf die Aktivitäten der Mitgliedsstaaten und Umsetzung von<br />

Maßnahmen im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit; Hausaltsbehörde (zusam-<br />

men mit dem Parlament) (,<br />

Recherche am 13.07.2008).<br />

European Foundation for the Improvement of Liv<strong>in</strong>g and Work<strong>in</strong>g Conditions (EF)/ Europäi-<br />

sche Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen: Die „European Foundation“<br />

(EF) ist e<strong>in</strong> Organ der Europäischen Union, das 1975 e<strong>in</strong>gesetzt worden ist durch den Europäischen<br />

116


Rat (Ratsbeschluss (ECC) No. 1365/75 am 26. Mai 1975). Damit sollte e<strong>in</strong> Beitrag geleistet werden zu<br />

Planung und Gestaltung besserer Lebens- und Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen. Die EF stellt e<strong>in</strong>e Plattform dar, die<br />

Informationen, Ratschläge und Fachwissen zu Lebens- und Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen, <strong>in</strong>dustriellen Bezie-<br />

hungen und Umgang mit Veränderungen auf europäischer Ebene für im Bereich der EU-Sozialpolitik<br />

wirkende Akteure bereithält. Dah<strong>in</strong>ter stehen umfassende Informationen, Forschung und Analyse so-<br />

wie E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> „Good Practice“-Beispiele <strong>in</strong> verschiedenen Feldern. Beschäftigung und Arbeitsbe-<br />

d<strong>in</strong>gungen, „work-life-balance“, Industrielle Beziehungen und Partnerschaften sowie sozialer Zusam-<br />

menhalt s<strong>in</strong>d die Hauptthemen der Stiftung. Arbeitgeber, Gewerkschaften, Regierungen und Verant-<br />

wortliche im Bereich der EU-Politik s<strong>in</strong>d die avisierten Zielgruppen der Plattform. Die Aufgaben der<br />

EF bestehen hauptsächlich <strong>in</strong> der Überwachung von Veränderungen und Entwicklung von Verständnis<br />

für diese, Forschung und Erforschung von Lösungsmöglichkeiten sowie Kommunikation und Aus-<br />

tausch von Ideen und Erfahrungen zwischen verschiedenen Akteuren.<br />

(, Recherche am13.07.2008).<br />

Europäische Union (EU): Die EU ist e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft bestehend aus mittlerweile 27 demokrati-<br />

schen, europäischen Ländern, die e<strong>in</strong>e wirtschaftliche und politische Partnerschaft e<strong>in</strong>gegangen s<strong>in</strong>d.<br />

Ihre Ziele be<strong>in</strong>halten v.a. Frieden, Wohlstand, Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit. Die bedeutends-<br />

ten Organe der EU s<strong>in</strong>d das Europäische Parlament (Vertretung der Bürger Europas), der Europäische<br />

Rat (Vertretung der nationalen Regierungen) und die Europäische Kommission (Vertreter<strong>in</strong> der ge-<br />

me<strong>in</strong>samen Interessen der EU) (, Recherche am<br />

18.07.2008).<br />

EU 15/EU 27: EU 15 ist die Bezeichnung der alten Zusammensetzung der Europäischen Union bis<br />

2003 bestehend aus den 15 Mitgliedsstaaten: Belgien, Dänemark, <strong>Deutschland</strong>, F<strong>in</strong>nland, Frankreich,<br />

Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien, Ver-<br />

e<strong>in</strong>igtes Königreich. Mittlerweile besteht die Europäische Union aus 27 Mitgliedsstaaten. In den letzten<br />

Jahren dazugekommen s<strong>in</strong>d: Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei,<br />

Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern (, Recherche am 18.07.2008; , Recherche am 18.07.2008).<br />

117


F<strong>in</strong>nish Institute of Occupational Health (FIOH): Das FIOH ist e<strong>in</strong>e Forschungse<strong>in</strong>richtung und<br />

spezielle Organisation im Bereich der Arbeitsmediz<strong>in</strong> und –sicherheit (Arbeitsschutz) <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland. Zu-<br />

sammen mit se<strong>in</strong>en Klienten versucht das FIOH Lösungsansätze zu f<strong>in</strong>den zur Förderung des Arbeits-<br />

schutzes (, Recherche am 13.07.2008).<br />

Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW): Das IW ist e<strong>in</strong> privates Wirtschaftsforschungs<strong>in</strong>stitut<br />

mit Sitz <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Das Ziel dieser E<strong>in</strong>richtung ist es zu <strong>in</strong>formieren und das Verständnis wirt-<br />

schaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse <strong>in</strong> Politik und Öffentlichkeit zu fördern. Diesbezüglich<br />

werden Fakten analysiert, Trends aufgezeigt und Zusammenhänge dargestellt<br />

(, Recherche am15.07.2008).<br />

Institut für Arbeit und Technik (IAT): Das IAT ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternational arbeitendes Institut der Fach-<br />

hochschule Gelsenkirchen. Es untersucht und gestaltet Veränderungsprozesse mit <strong>in</strong> Wirtschaft, Politik<br />

und Gesellschaft (, Recherche am 15.07.2008).<br />

Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA): Das IZA befasst sich mit Arbeitsmarktforschung auf nationa-<br />

ler und <strong>in</strong>ternationaler Ebene. Es ist e<strong>in</strong> privates, unabhängiges Wirtschaftsforschungs<strong>in</strong>stitut und Stel-<br />

le der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis. An se<strong>in</strong>en Forschungsvorhaben be-<br />

teiligt das IZA namhafte Ökonomen und partizipiert selbst aktiv an <strong>in</strong>ternationalen Forschungsnetz-<br />

werken (, Recherche am 15.07.2008).<br />

M<strong>in</strong>istry of Labour, Hels<strong>in</strong>ki: Die Arbeitsverwaltung Hels<strong>in</strong>kis fördert Arbeitsmarktleistungen, die<br />

Entwicklung von Arbeitsorganisationen, Beschäftigung und die Integration von E<strong>in</strong>wanderern<br />

(, Recherche am 15.07.2008).<br />

M<strong>in</strong>istry of Social Affairs and Health, Hels<strong>in</strong>ki: Das M<strong>in</strong>isterium für Sozialordnung und Gesundheit<br />

mit Sitz <strong>in</strong> Hels<strong>in</strong>ki unterstützt die Entwicklung der Bevölkerung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gesunden Umwelt, guter Ge-<br />

sundheit und funktionellen Kapazitäten, angemessenem E<strong>in</strong>kommen und sozialer Sicherung <strong>in</strong> ver-<br />

schiedenen Lebenssituationen. Es steuert und leitet die Entwicklung und Politik <strong>in</strong> den Bereichen der<br />

sozialen Sicherung, des sozialen Wohlstandes und Gesundheitsversorgung. Das M<strong>in</strong>isterium ist zu-<br />

ständig für Leitl<strong>in</strong>ien der Sozial- und Gesundheitspolitik und bereitet Gesetzesvorschläge sowie wich-<br />

tige Reformen vor, bemüht sich um deren Implementierung und ist beteiligt an wesentlichen Verb<strong>in</strong>-<br />

118


dungen zu politischen Entscheidungsprozessen<br />

(, Recherche am 15.07.2008).<br />

Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD): Unter der OECD s<strong>in</strong>d 30<br />

Länder der ganzen Welt vere<strong>in</strong>igt, die zu Demokratie und Marktwirtschaft stehen. Ihre Ziele s<strong>in</strong>d: För-<br />

derung e<strong>in</strong>es nachhaltigen Wirtschaftswachstums; Steigerung der Beschäftigung; des Lebensstandards;<br />

Sicherung f<strong>in</strong>anzieller Stabilität; Förderung der Entwicklung anderer Länder; Beitrag zum Wachstum<br />

des Welthandels. Zudem arbeitet diese Organisation mit mehr als 100 Ländern und Volkswirtschaften<br />

zusammen (, Re-<br />

cherche am 15.07.2008).<br />

Statistisches Bundesamt: Das Statistische Bundesamt ist e<strong>in</strong>e Behörde auf Bundesebene mit 2780<br />

Beschäftigten <strong>in</strong> Wiesbaden, Bonn und Berl<strong>in</strong>. Deren Aufgaben bestehen <strong>in</strong> der Erhebung, Sammlung,<br />

Aufbereitung, Darstellung und Analyse statistischer Informationen<br />

(, Recherche am 15.07.2008).<br />

119

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