Alternde Belegschaften in Deutschland - Ruhr-Universität Bochum
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3 Alter und Arbeit- alte und neue Altersleitbilder aus verschiedenen<br />
Perspektiven<br />
3.1 Konzeptionelle Bestimmungen von Alter und Arbeit<br />
Im Rahmen der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit alternden <strong>Belegschaften</strong> spielen die Dimensionen Alter und<br />
Arbeit wesentliche Rollen. Daher ist es notwendig, diese Begrifflichkeiten aus wissenschaftlicher Per-<br />
spektive näher zu bestimmen.<br />
Es bietet sich an, den Begriff der Arbeit im Kontext der Arbeits- und Industriesoziologie aufzugreifen.<br />
Denn diese befasst sich mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen, Arten und Wirkungen <strong>in</strong> Betrieben<br />
und Verwaltungen und dem wechselseitigen Wirkungsverhältnis mit Gesellschaft. Bereits im 19. Jahr-<br />
hundert ist erkannt worden, welche starke Bedeutung Arbeit für die Strukturierung der Gesellschaft<br />
hat. Im Zuge der Industrialisierung hat sich die Arbeitssoziologie entwickelt mit der Erwerbsarbeit als<br />
Gegenstandsbereich. Seit dem 20. Jahrhundert konzentriert sich dieser v.a. auf Beschäftigungsproble-<br />
me. Gegenwärtig <strong>in</strong>teressieren im Rahmen der Arbeits- und Industriesoziologie verstärkt Aspekte des<br />
Verhaltens und der E<strong>in</strong>stellungen von Arbeitnehmern sowie deren Sichtweisen im Kontext des jeweili-<br />
gen Lebensverlaufs und des spezifischen sozialen Bezugsrahmens von Erfahrungen. Denn (Erwerbs-<br />
)Arbeit wirkt auf die soziale Sphäre bzw. Aspekte wie soziale Wohlfahrt und soziale Ungleichheit und<br />
trägt entscheidend bei zur Bildung von E<strong>in</strong>kommen, zu (beruflichen) Aufstiegsprozessen, gesellschaft-<br />
lichem Wohlstand und zur Formung der gesellschaftlichen Sozialstruktur (vgl. M<strong>in</strong>ssen 2006:15, 17;<br />
Mirkl-Horke 2007:387, 391). Arbeit setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Zum ersten<br />
dient sie der (zweckmäßigen) Dase<strong>in</strong>svorsorge und sichert den Lebensunterhalt (naturale Dimension).<br />
Zum zweiten hat Arbeit e<strong>in</strong>e soziale Dimension im H<strong>in</strong>blick auf Zusammenarbeit und Arbeitsteilung<br />
von Menschen, Wechselwirkungen unter Beschäftigten und zwischen arbeits- und lebensweltlicher<br />
Sphäre. Drittens hat Arbeit e<strong>in</strong>e persönliche Bedeutung für das jeweilige Individuum (personale Di-<br />
mension). Durch verschiedene Formen von Arbeit werden Menschen <strong>in</strong> soziale Zusammenhänge e<strong>in</strong>-<br />
gebunden. 14 Weiterh<strong>in</strong> haben Arbeit und Erwerb E<strong>in</strong>fluss auf e<strong>in</strong>e objektive und subjektive Positionie-<br />
rung von Individuen <strong>in</strong> der Gesellschaft, da beide Faktoren <strong>in</strong> modernen Gesellschaften menschliche<br />
Selbst- und Fremdwahrnehmung, Bewusstse<strong>in</strong>, Habitus und Lebensstile prägen (vgl. Mirkl-Horke<br />
2007:11; Pries 2005:6ff, 15, 19). Zusammenfassend betrachtet bietet Arbeit als e<strong>in</strong> gesellschaftliches<br />
14 Mit dem Begriff Arbeit allgeme<strong>in</strong> ist nicht ausschließlich Erwerbsarbeit verbunden. Es lassen sich weitere Formen unterscheiden<br />
wie Haus-, Anerkennungs- oder Eigenarbeit. Da diese Arbeit sich mit <strong>Belegschaften</strong> beschäftigt, wird lediglich<br />
auf den arbeits- und <strong>in</strong>dustriesoziologischen Gegenstandsbereich Erwerbsarbeit näher e<strong>in</strong>gegangen. Pries befasst sich<br />
genauer mit den e<strong>in</strong>zelnen Ausprägungen (vgl. Pries 2005). Die Begriffe Arbeit und Erwerbsarbeit werden im Folgenden<br />
synonym gebraucht.<br />
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