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Abgesicherte Autonomie

ZiS 8/2014

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zahlen und fakten<br />

thema finanzabkommen<br />

Der Sicherungspakt schafft Ordnung, räumt die beim Verfassungsgericht behängenden Verfahren aus, schreibt den Beitrag fest, den die<br />

beiden Länder Südtirol und Trentino zur Sanierung des Staatshaushalts zu leisten haben (bei etwa der Hälfte dessen, was derzeit einbehalten<br />

wird), bindet diesen an objektive Kriterien, legt Einzelheiten zur Leistung dieses Beitrags fest, die besser mit unserem <strong>Autonomie</strong>system<br />

zu vereinbaren sind, sichert all dies langfristig und in Form einer internationalen Absicherung durch den Einbezug der Republik Österreich.<br />

Umfang des Beitrags: Der Sicherungspakt schreibt den jährlichen Beitrag des Landes auf 476 Millionen Euro fest (413 Mio. für das<br />

Trentino, 15 Mio. für die Region, insgesamt also 904 Millionen Euro). Diese Summe errechnet sich aus einem Anteil von 0,60 Prozent an<br />

den Zinsen (nicht am Kapital), die der Staat auf seine Schulden zu bezahlen hat. Die Formel dient auch in Zukunft dazu, den Beitrag des<br />

Landes zu errechnen. Nur unter außergewöhnlichen Umständen, die dazu führen, dass der Staat die EU-Budget- und Defizitvorgaben<br />

überschreitet oder in Fällen von Naturkatastrophen kann der Beitrag um 10 Prozent angehoben werden.<br />

Sicherheit und objektive Parameter: Der Beitrag wird auf fünf Jahre festgeschrieben, danach erfolgt die Anpassung, allerdings nicht<br />

im Zuge langwieriger Verhandlungen, sondern auf der Grundlage objektiver Parameter, also mit Blick auf die Schwankungen der Zinslast<br />

des Staates. Auch die Aufteilung der Lasten auf die beiden Länder Südtirol und Trentino erfolgt auf der Grundlage objektiver Kriterien,<br />

und zwar unter Bezugnahme auf das BIP der beiden Länder. Damit endet auch die durch die staatlichen Bestimmungen ausgelöste Ungleichbehandlung<br />

der beiden Länder.<br />

Beseitigung von Verzerrungen: Die oben genannten Summen sind nicht nur auf die korrekte Aufteilung der Beiträge zurückzuführen,<br />

sondern beinhalten auch bereits die Korrektur jener Verzerrungen, die durch die Spending Review in den letzten drei Jahren entstanden<br />

sind. Im Laufe der nächsten drei Jahre entsteht effektiv ein neues Gleichgewicht, indem der Beitrag Trients erhöht und der Beitrag Bozens<br />

reduziert wird (33,5 Millionen/Jahr – Bevor man allerdings davon ausgeht, dass diese den Haushalt erhöhen, sollten erst die vom<br />

Staat ins Auge gefassten Steuersenkungen abgewartet werden).<br />

Einzelheiten zur Leistung des Beitrags: Künftig ist es das Land, das dem Staat den geschuldeten Beitrag überweist und demnach<br />

nicht mehr das Finanzministerium, das diesen Beitrag von der Summe einbehält, die dem Land aufgrund der Neun-Zehntel-Regelung<br />

zustünde. Das Land könnte auch entscheiden, seinen Beitrag dadurch abzugelten, dass auf die Bezahlung vom Staat delegierter Aufgaben<br />

verzichtet wird (400 Millionen Euro jährlich für Schule, Straßen und andere Delegierungen), oder indem man die Kosten neuer<br />

Aufgaben übernimmt (etwa der Gerichtsämter oder Steueragenturen).<br />

Ausschluss weiterer Zahlungen: Der im Sicherungspakt vereinbarte Beitrag bringt mit sich, dass das Land von allen weiteren Maßnahmen<br />

zur Sanierung des Staatshaushalts ausgenommen bleibt. Das bedeutet, dass es keine weiteren Möglichkeiten für den Staat<br />

gibt, die beiden Länder zu weiteren Zahlungen zu zwingen: weder über den Stabilitätspakt, noch über Sondersteuern:<br />

a) Überwindung des Stabilitätspakts: Der Stabilitätspakt wird in Kürze durch die Methode des Haushaltssaldos ersetzt, während<br />

aber andere Regionen eventuelle Haushaltsüberschüsse an solche mit einem Defizit abtreten müssen, sind Südtirol und das Trentino<br />

von dieser Pflicht befreit. Das bedeutet, dass beide Länder zwar einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen müssen, über eventuelle<br />

Überschüsse dürfen sie allerdings frei verfügen. Ist der im Pakt vereinbarte Beitrag also einmal geleistet, verbleiben alle weiteren<br />

Einnahmen aus Steuern und außersteuerlichen Quellen uneingeschränkt in den Ländern.<br />

b) Rücklagen für die Staatskasse: Durch die Neufassung der Regelung der Rücklagen (riserve all’erario; Sondersteuern) dürfen solche<br />

nicht mehr mit dem Verweis auf den Ausgleich des Staatshaushalts vorgeschrieben werden. Das heißt, dass der Staat Einnahmen aus<br />

Sondersteuern oder Sondererhöhungen bestehender Steuern nur für spezifische Zwecke binden darf, also etwa nach Naturkatastrophen<br />

oder anderen außergewöhnlichen Ereignissen. Demnach müssen auch alle bisher entgegen dieser Regelung einbehaltenen Einnahmen<br />

aus Sondersteuern rückerstattet werden, und zwar in Jahresraten von 20 Millionen Euro ab 2019.<br />

Weitere Inhalte des Sicherungspakts:<br />

Akzise auf Heizöl: Es werden Methoden zur Berechnung des Anteils erarbeitet, der laut Mailänder Vertrag dem Land auf die Abgaben<br />

auf Heizöl zusteht, bisher aber nicht ausgezahlt worden ist. Rückwirkend auf das Jahr 2010 wird mit Einnahmen des Landes in<br />

Höhe von rund 30 Millionen Euro jährlich gerechnet.<br />

Steuerguthaben: Es wird die Möglichkeit eingeführt, Beiträge an Private und Unternehmen nicht mehr auszuzahlen, sondern in<br />

Form eines Steuerguthabens gutzuschreiben.<br />

Einbeziehung der Republik Österreich: Im Sicherungspakt verpflichtet sich die italienische Regierung, die Einigung über die neuen<br />

Finanzbeziehungen zwischen Bozen und Rom der Republik Österreich zu übermitteln, und zwar mit einem ausdrücklichen Verweis<br />

auf die Streitbeilegungserklärung von 1992, die wiederum das Einvernehmen in allen Fragen der Umsetzung der <strong>Autonomie</strong> vorsieht.<br />

Die schrittweise Umsetzung des Pakts<br />

Der Sicherungspakt schreibt demnach einen weit niedrigeren Beitrag zur Sanierung des Staatshaushalts fest als jenen, den die Länder<br />

bisher mit Einbehalten, Sondersteuern und Stabilitätspakt geleistet haben. Allerdings laufen diese Vereinbarungen den mehrjährigen<br />

Haushaltsplanungen des Staates entgegen, weshalb die einzelnen Maßnahmen des Sicherungspakts schrittweise umgesetzt werden,<br />

wie sich aus beiliegendem Schaubild ersehen lässt.<br />

Es handelt sich um einen Zeitplan, der auch die Bedürfnisse des Südtiroler Haushalts berücksichtigt. Zwischen 2018 und 2019 entfallen<br />

einige Altlasten, die sich somit durch die Einführung des neuen Systems und mit den genannten Verbesserungen ausgleichen werden.<br />

6 ZiS – Oktober 2014

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