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Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart


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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart


<strong>Taschenatlas</strong><br />

<strong>Augenheilkunde</strong><br />

Herausgegeben von<br />

Torsten Schlote<br />

Matthias Grüb<br />

Jörg Mielke<br />

Martin Rohrbach<br />

Mit Beiträgen von<br />

Faik Gelisken<br />

Matthias Grüb<br />

Detlef Holland<br />

Jörg Mielke<br />

Martin Rohrbach<br />

Torsten Schlote<br />

Ulrike Schneider<br />

Hans-Sebastian Walter<br />

Petra Weckerle<br />

537 Abbildungen<br />

40 Tabellen<br />

Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong><br />

Stuttgart · New York<br />

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Bibliographische Information Der Deutschen<br />

Bibliothek<br />

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese<br />

Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;<br />

detaillierte bibliographische<br />

Daten sind im Internet über<br />

http://dnb.ddb.de abrufbar.<br />

Aktuelle Informationen finden Sie unter<br />

http://www.thieme.de/detailseiten/<br />

3131314818.html<br />

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist<br />

die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen.<br />

Forschung und klinische Erfahrung erweitern<br />

unsere Erkenntnisse, insbesondere<br />

was Behandlung und medikamentöse Therapie<br />

anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung<br />

oder eine Applikation erwähnt wird, darf<br />

der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren,<br />

Herausgeber und <strong>Verlag</strong> große Sorgfalt darauf<br />

verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand<br />

bei Fertigstellung des Werkes entspricht.<br />

Für Angaben über Dosierungsanweisungen und<br />

Applikationsformen kann vom <strong>Verlag</strong> jedoch<br />

keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer<br />

ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung<br />

der Beipackzettel der verwendeten Präparate<br />

und gegebenenfalls nach Konsultation<br />

eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene<br />

Empfehlung für Dosierungen oder die<br />

Beachtung von Kontraindikationen gegenüber<br />

der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche<br />

Prüfung ist besonders wichtig bei selten<br />

verwendeten Präparaten oder solchen, die neu<br />

auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung<br />

oder Applikation erfolgt auf eigene<br />

Gefahr des Benutzers. Autoren und <strong>Verlag</strong><br />

appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende<br />

Ungenauigkeiten dem <strong>Verlag</strong> mitzuteilen.<br />

IV<br />

© <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong> KG<br />

Rüdigerstraße 14<br />

D-70469 Stuttgart<br />

Telefon: +49/(0)711/8931-0<br />

Unsere Homepage: http://www.thieme.de<br />

Printed in Germany<br />

Zeichnungen: Karin Baum, Mannheim<br />

Umschlaggestaltung: <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>sgruppe<br />

Satz: OADF Electronic Publishing,<br />

D-71155 Altdorf<br />

Druck: Appl, D-86650 Wemding<br />

ISBN 3-13-131481-8 1 2 3 4 5 6<br />

Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden<br />

nicht besonders kenntlich gemacht. Aus<br />

dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also<br />

nicht geschlossen werden, dass es sich um<br />

einen freien Warennamen handele.<br />

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist<br />

urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung<br />

außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes<br />

ist ohne Zustimmung des <strong>Verlag</strong>es<br />

unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere<br />

für Vervielfältigungen, Übersetzungen,<br />

Mikroverfilmungen und die Einspeicherung<br />

und Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />

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Vorwort<br />

Die <strong>Augenheilkunde</strong> unterliegt wie andere medizinische<br />

Fachdisziplinen einer ständigen<br />

enormen Weiterentwicklung auf all ihren Teilgebieten.<br />

Die Bündelung wesentlicher Informationen<br />

ist deshalb eine immer wieder neu<br />

anstehende Aufgabe, die auf verschiedene Art<br />

und Weise und für verschiedene Zielgruppen<br />

notwendig ist. Das Fach <strong>Augenheilkunde</strong> hat<br />

seine Weiterentwicklung in den letzten Jahren<br />

zahlreichen technischen Innovationen zu verdanken.<br />

Diese können dem Patienten aber nur<br />

in vollem Umfang zugute kommen, wenn eine<br />

umfassende Kenntnis des klinischen Erscheinungsbildes<br />

von Erkrankungen besteht. Dies zu<br />

unterstützen ist das primäre Anliegen des vorliegenden<br />

<strong>Taschenatlas</strong>.<br />

Ein <strong>Taschenatlas</strong> für <strong>Augenheilkunde</strong> will und<br />

kann nicht mit ausführlichen Textbüchern konkurrieren.<br />

Das spezielle Konzept des <strong>Taschenatlas</strong><br />

hat aber die Einbindung eines gemessen<br />

am Gesamtumfang des Buches außerordentlich<br />

umfangreichen Bildmaterials erlaubt. Die aktuellen<br />

textlichen Ausführungen unterstützen<br />

dieses Bildmaterial in betont kurz gehaltener<br />

Form, wobei es das Ziel aller beteiligter Autoren<br />

war, die jeweils essenziellen Informationen<br />

zu allen wichtigen Erkrankungen des Fachgebiets<br />

einzubinden.<br />

Das Buch wendet sich an Studenten, ohne einschlägige<br />

Lehrbücher überflüssig machen zu<br />

wollen, und Assistenzärzte in der Ausbildung<br />

zum Facharzt für <strong>Augenheilkunde</strong>. Die schnelle<br />

Verfügbarkeit grundlegender Informationen<br />

gepaart mit einem umfangreichen Bildmaterial<br />

soll aber auch das Interesse von Kollegen anderer<br />

Fachdisziplinen wecken.<br />

Die Herausgeber möchten sich an dieser Stelle<br />

bei allen mitwirkenden Autoren bedanken, die<br />

es durch ihre kompetenten Beiträge erlaubt<br />

haben, die ganze Breite der klinischen <strong>Augenheilkunde</strong><br />

auf aktuellstem Stand und in komprimierter<br />

Form abzubilden. Unser besonderer<br />

Dank gilt erneut Frau Regina Hofer, Grafikerin<br />

an der Universitäts-Augenklinik Tübingen, deren<br />

grafische Darstellungen auch diesen <strong>Taschenatlas</strong><br />

erheblich bereichert haben. Des Weiteren<br />

sind wir den Mitarbeitern der Fotoabteilung<br />

der Universitäts-Augenklinik Tübingen zu großem<br />

Dank verpflichtet, da der überwiegende<br />

Teil der hochqualitativen Abbildungen ihrer Arbeit<br />

entspringt und sie uns bei der Auswahl der<br />

Abbildungen tatkräftig unterstützt haben. Dem<br />

<strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong> gebührt Dank und Anerkennung,<br />

dass er sich nicht gescheut hat, in Zeiten eingeengter<br />

wirtschaftlicher Spielräume im Markt<br />

dieses Projekt zu verwirklichen.<br />

So hoffen und wünschen wir, dass dem Leser<br />

mit diesem Atlas ein klar strukturiertes aufschlussreiches<br />

Buch an die Hand gegeben wird,<br />

welches ihn in seiner praktischen Tätigkeit<br />

zum Wohle des Patienten unterstützen möge.<br />

Tübingen,<br />

Sommer <strong>2004</strong><br />

Torsten Schlote,<br />

Matthias Grüb,<br />

Jörg Mielke,<br />

Martin Rohrbach<br />

V<br />

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Anschriften<br />

Gelisken, Faik, Dr. med.<br />

Eberhard-Karls-Universität<br />

Universitätsklinikum Tübingen<br />

<strong>Augenheilkunde</strong> I<br />

Schleichstr. 12-16<br />

72076 Tübingen<br />

Grüb, Matthias, Dr. med.<br />

Eberhard-Karls-Universität<br />

Universitätsklinikum Tübingen<br />

<strong>Augenheilkunde</strong> I<br />

Schleichstr. 12-16<br />

72076 Tübingen<br />

Holland, Detlef, Dr. med.<br />

Esmarchstr. 51<br />

24105 Kiel<br />

Mielke, Jörg<br />

Eberhard-Karls-Universität<br />

Universitätsklinikum Tübingen<br />

<strong>Augenheilkunde</strong> II<br />

Schleichstraße 12-16<br />

72076 Tübingen<br />

Schlote, Torsten, Priv.-Doz. Dr. med.<br />

Eberhard-Karls-Universität<br />

Universitätsklinikum Tübingen<br />

<strong>Augenheilkunde</strong> I<br />

Schleichstr. 12-16<br />

72076 Tübingen<br />

Schneider, Ulrike, Priv.-Doz. Dr. med.<br />

Eberhard-Karls-Universität<br />

Universitätsklinikum Tübingen<br />

<strong>Augenheilkunde</strong> I<br />

Schleichstr. 12-16<br />

72076 Tübingen<br />

Walter, Hans-Sebastian, Dr. med.<br />

Hagellocher Weg 34<br />

72070 Tübingen<br />

Weckerle, Petra, Dr. med.<br />

Eberhard-Karls-Universität<br />

Universitätsklinikum Tübingen<br />

<strong>Augenheilkunde</strong> II<br />

Schleichstr. 12-16<br />

72076 Tübingen<br />

Rohrbach, Jens Martin, Prof. Dr. med.<br />

Eberhard-Karls-Universität<br />

Universitätsklinikum Tübingen<br />

<strong>Augenheilkunde</strong> I<br />

Schleichstr. 12-16<br />

72076 Tübingen<br />

VI<br />

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Inhaltsverzeichnis<br />

1 Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

M. Grüb<br />

Augenhöhle und okuläre Adnexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

Gefäßversorgung und Augapfel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

Ziliarkörper/Iris/Pupille/Netzhaut/Sehnerv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

2 Physiologie und optisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

M. Grüb<br />

Optischer Apparat/Akkommodation/Refraktionsanomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

Sehschärfe/Rezeptoren/Gesichtsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

Adaptation/Farbensehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

3 Lider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

M. Grüb<br />

Fehlbildungen und Anomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

Dystrophien, Degenerationen und Alterungsveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27<br />

Operative Veränderungen und Trauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

4 Tränenapparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

J. Mielke<br />

Erkrankungen der Tränendrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

Tränendrüsentumore, ableitende Tränenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

5 Augenhöhle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

J. M. Rohrbach, D. Holland<br />

Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

Diagnostik/Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

Vaskuläre Veränderungen/Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47<br />

Verletzungen/Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

6 Strabismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

H.-S. Walter<br />

Untersuchungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

Nichtparetisches Schielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

Paretisches Schielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

Supranukleäre Augenbewegungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

VII<br />

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7 Bindehaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

J. M. Rohrbach<br />

Fehlbildungen/Degenerationen/Verschiedenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

Hyposphagma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

Konjunktivitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .83<br />

Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

8 Hornhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

J. Mielke<br />

Anomalien, Degenerationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

Degenerationen, Dystrophien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

Epitheliale und subepitheliale Dystrophien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />

Stromale Dystrophien, Endotheldystrophien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

Keratokonus, Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

Herpes simplex, Herpes zoster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />

Keratitis epidemica, Akantamöbenkeratitis, Pilze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101<br />

Verblitzung, Verätzung, Verbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103<br />

Verletzungen, Operative Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />

Keratoplastik, Abstoßungsreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107<br />

9 Lederhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108<br />

T. Schlote<br />

Fehlbildungen/Degenerationen/Episkleritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109<br />

Skleritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111<br />

Tumoren/Operative Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

10 Aderhaut und Regenbogenhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

T. Schlote<br />

Fehlbildungen und Anomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115<br />

Dystrophien/Vaskuläre Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117<br />

Benigne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119<br />

Maligne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

Malignes Melanom der Aderhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123<br />

Operationen/Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125<br />

Uveitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127<br />

11 Linse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134<br />

J. M. Rohrbach<br />

Fehlbildungen und Anomalien/Ablagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135<br />

Presbyopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137<br />

Katarakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139<br />

Linsenluxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149<br />

Entzündungen/Tumoren/Traumata/Linsenresorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151<br />

VIII<br />

12 Glaukom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152<br />

M. Grüb<br />

Definition/Klassifikation/Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153<br />

Primär kongenitale Glaukome, dysgenetische Glaukome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155<br />

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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart


Primäre Offenwinkelglaukome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157<br />

Sekundäre Offenwinkelglaukome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159<br />

Primäre Engwinkelglaukome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163<br />

Sekundäre Engwinkelglaukome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165<br />

Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167<br />

13 Netzhaut und Glaskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168<br />

F. Gelisken<br />

Kongenitale Anomalien und Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169<br />

Degenerationen und Alterungsveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171<br />

Netzhautablösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173<br />

Vaskuläre Erkrankungen der Netzhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179<br />

Diabetische Retinopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185<br />

14 Makula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188<br />

U. Schneider<br />

Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189<br />

Alterungsveränderungen, Degenerationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191<br />

Degenerationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193<br />

Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197<br />

Makuladystrophien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199<br />

Traumatische und postoperative Makulopathien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201<br />

15 Sehnerv und Sehbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202<br />

P. Weckerle<br />

Fehlbildungen und Anomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203<br />

Einseitige Optikusneuropathien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207<br />

Bilaterale Optikusneuropathien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209<br />

Entzündung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213<br />

Traumatische Optikusneuropathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215<br />

Tumoren/Infiltration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217<br />

Stauungspapille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219<br />

Gesichtsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221<br />

16 Medikamentöse Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222<br />

T. Schlote<br />

Lid- und Bindehautveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223<br />

Pemphigoid/Hornhautveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225<br />

Medikamentös induzierte Glaukome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227<br />

Katarakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229<br />

Netzhautveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231<br />

Optikusneuropathie/transitorische Myopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233<br />

17 Augenerkrankungen in Entwicklungsländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234<br />

J. Mielke<br />

Epidemiologie/Katarakt/Glaukom/Trachom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235<br />

Onchozerkose/Loa loa/Vitamin-A-Mangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237<br />

IX<br />

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238<br />

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />

Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart


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1 Anatomie 2<br />

2 Physiologie und optisches System 8<br />

3 Lider 14<br />

4 Tränenapparat 34<br />

5 Augenhöhle 38<br />

6 Strabismus 50<br />

7 Bindehaut 66<br />

8 Hornhaut 88<br />

9 Lederhaut 108<br />

10 Aderhaut und Regenbogenhaut 114<br />

11 Linse 134<br />

12 Glaukom 152<br />

13 Netzhaut und Glaskörper 168<br />

14 Makula 188<br />

15 Sehnerv und Sehbahn 202<br />

16 Medikamentöse Nebenwirkungen 222<br />

17 Augenerkrankungen in Entwicklungsländern 234<br />

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1 Anatomie<br />

A. Auge<br />

Zum Sehorgan gehören neben dem Augapfel<br />

(Bulbus oculi, A) die Schutzeinrichtungen des<br />

Auges (Orbita, Lider, Bindehaut und Tränenapparat)<br />

sowie der Bewegungsapparat bestehend<br />

aus den äußeren Augenmuskeln und der Tenon-<br />

Kapsel. Der N. opticus verbindet das Sinnesepithel<br />

mit dem Gehirn. Der Augapfel ist von einer<br />

bindegewebigen Hülle, der Tenon-Kapsel, umgeben<br />

und liegt im Fettgewebe der Orbita.<br />

B. Augenhöhle<br />

Am Aufbau der Augenhöhle (Orbita, B) sind das<br />

Os frontale (Dach), das Os zygomaticum (laterale<br />

Wand und Boden), das Os maxillare (Boden),<br />

das Os lacrimale und das Os ethmoidale (mediale<br />

Wand) sowie das Os palatinum und das<br />

Os sphenoidale (stumpfe Spitze) beteiligt. Öffnungen<br />

sind der Canalis opticus (N. opticus),<br />

die Fissurae orbitalis superior et inferior, die<br />

Foramina infraorbitale, ethmoidale und zygomaticoorbitale<br />

sowie der Canalis nasolacrimalis.<br />

C. Lider<br />

Die Lidspalte wird von Ober- und Unterlid (Palpebrae)<br />

begrenzt, deren Grundlage von einer<br />

derben Lidplatte (Tarsus) gebildet wird. Außen<br />

sind die Lider durch mehrschichtiges verhornendes<br />

Plattenepithel bedeckt, das am Lidrand<br />

in die Conjunctiva palpebrae übergeht. Wimpern<br />

(Ciliae) findet man in 2 bis 3 Reihen entlang<br />

des Lidrandes. In den Haarbälgen enden<br />

die holokrinen Zeis-Drüsen und die apokrinen<br />

Moll-Drüsen. Die Ausführungsgänge der größeren<br />

Meibom-Drüsen enden frei nahe dem<br />

hinteren Lidrand. Die Augenbraue (Supercilium)<br />

markiert den Oberrand der Orbita. Lidschlag<br />

und Lidschluss werden überwiegend<br />

durch den M. orbicularis oculi ausgeführt (N.<br />

facialis). Lidheberfunktion haben zusätzlich der<br />

M. levator palpebrae superior (N. oculomotorius)<br />

und die Mm. tarsalis superior et inferior<br />

(Halssympathikus). Die sensible Innervation<br />

des Oberlides erfolgt durch Verzweigungen des<br />

1. Astes des N. trigeminus (V 1 ), die des Unterlides<br />

durch Verzweigungen des 2. Astes (V 2 ).<br />

hochprismatischem Epithel. Am oberen und<br />

unteren Fornix erfolgt der Umschlag in die Conjunctiva<br />

bulbi, die der Sklera leicht verschieblich<br />

aufliegt. Sie besteht aus mehrschichtigem<br />

nicht verhornendem Plattenepithel.<br />

E. Tränenapparat (E)<br />

Über dem lateralen Augenwinkel liegt die Tränendrüse<br />

(Glandula lacrimalis), eine tubuloalveoläre<br />

Drüse, deren 6–12 Ausführungsgänge<br />

in den lateralen, oberen Fornix conjunctivae<br />

enden. Die sekretorisch-parasympathische<br />

Innervation erfolgt über den N. facialis, die<br />

sympathische Innervation über den Halssympathikus.<br />

Die Tränenflüssigkeit ist dünnflüssig<br />

und eiweißarm. Durch den Lidschlag gelangt<br />

sie zum medialen Lidwinkel und wird hier<br />

durch die Tränenpünktchen in die Tränenkanälchen<br />

(Canaliculi lacrimales) gesaugt. Diese<br />

münden in den Tränensack (Saccus lacrimalis),<br />

von wo aus der Abfluss über den Ductus nasolacrimalis<br />

in den unteren Nasengang erfolgt (E).<br />

F. Bewegungsapparat<br />

Die äußeren Augenmuskeln (4 gerade und 2<br />

schräge) liegen im Fettkörper der Orbita und<br />

dienen der Bewegung des Augapfels. Die Mm.<br />

rectus superiores, inferiores, mediales und laterales<br />

ziehen vom Anulus tendineus, einem<br />

Sehnenring, der die Spitze der Muskelpyramide<br />

bildet, über den Äquator bulbi hinaus. Mit<br />

Ausnahme des M. rectus lateralis, der vom<br />

N. abducens innerviert wird, werden sie wie<br />

auch der M. obliquus inferior vom N. oculomotorius<br />

innerviert. Der M. obliquus inferior entspringt<br />

der medialen Orbitawand. Der M. obliquus<br />

superior zieht vom Anulus tendineus<br />

zunächst zur medialen Orbitawand, wo er an<br />

der Trochlea umgeleitet wird. Die Innervation<br />

erfolgt durch den N. trochlearis.<br />

2<br />

D. Bindehaut<br />

Als Conjunctiva palpebrae bedeckt die Bindehaut<br />

die Hinterfläche von Ober- und Unterlid.<br />

Sie besteht aus 2- bis mehrschichtigem, iso- bis<br />

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A. Auge<br />

Pars plana<br />

Bindehaut<br />

Ziliarmuskel<br />

Schlemm-Kanal<br />

Hornhaut<br />

Iris<br />

Linse<br />

Glaskörper<br />

Fovea<br />

Papille<br />

vordere Augenkammer<br />

hintere Augenkammer<br />

Zonulafasern<br />

B. Orbita<br />

Os ethmoidale<br />

Os lacrimale<br />

Os nasale<br />

N. opticus<br />

Choroidea<br />

Sklera<br />

Retina<br />

Os frontale<br />

Fissura orbitalis<br />

superior<br />

Os sphenoidale<br />

Fissura orbitalis<br />

inferior<br />

Augenhöhle und okuläre Adnexe<br />

Os maxillare<br />

Os zygomaticum<br />

E. Tränenapparat<br />

Punctum lacrimale<br />

Canaliculus superior<br />

Fornix sacci lacrimalis<br />

Tränendrüse<br />

Saccus lacrimalis<br />

(eröffnet)<br />

Ausführungsgänge<br />

der Tränendrüse<br />

Plica semilunaris<br />

conjunctivae<br />

Concha media<br />

Ductus nasolacrimalis<br />

Concha inferior<br />

Punctum lacrimale<br />

Septum nasi<br />

Boden der Nasenhöhle<br />

3<br />

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1 Anatomie<br />

A. Gefäßversorgung<br />

Die A. ophthalmica zieht als Ast der A. carotis<br />

interna mit dem N. opticus in die Augenhöhle,<br />

dann weiter mit dem M. obliquus superior nach<br />

vorne, wo sie als A. dorsalis nasi und A. supratrochlearis<br />

endet. Zuvor gibt sie als Äste die A.<br />

centralis retinae, die im Sehnerv die Retina erreicht<br />

(A), die Aa. ciliares posteriores breves et<br />

longae zur Choroidea und zum Corpus ciliare,<br />

die A. lacrimalis zur Tränendrüse, die A. supraorbitalis<br />

zur Stirn und die Aa. ethmoidales anterior<br />

et posterior zu den Siebbeinzellen ab. Aus<br />

den Rr. musculares für die äußeren Augenmuskeln<br />

entspringen die Aa. ciliares anteriores, die<br />

durch die Sklera zum Corpus ciliare und der Iris<br />

ziehen. Die V. ophthalmica superior sammelt<br />

das Blut aus Bulbus, oberer Orbita, Lidern und<br />

Siebbeinzellen und mündet in den Sinus cavernosus.<br />

Die V. ophthalmica inferior entsteht<br />

am Boden der Orbita und fließt entweder in die<br />

V. ophthalmica superior oder in den Plexus pterygoideus.<br />

B. Augapfel<br />

Der Augapfel (B), Bulbus oculi, hat eine annähernd<br />

kugelige Form mit einem durchschnittlichen<br />

Durchmesser von 23 mm. Nach vorne<br />

sitzt dem Bulbus die Hornhaut auf. Am hinteren<br />

Pol verlässt der Sehnerv das Auge etwas<br />

medial der Augenachse, etwas lateral davon<br />

findet sich die Fovea centralis als Stelle des<br />

schärfsten Sehens. Der größte Querdurchmesser<br />

des Auges wird als Aequator bulbi bezeichnet.<br />

Die Wand des Auges besteht aus drei<br />

Schichten: der äußeren Augenhaut (Tunica fibrosa)<br />

mit Sklera und Kornea, der mittleren Augenhaut<br />

(Tunica vasculosa) mit Aderhaut, Ziliarkörper<br />

und Iris sowie der inneren Augenhaut<br />

(Tunica interna) mit der Netzhaut und dem retinalen<br />

Pigmentepithel. An Innenräumen unterscheidet<br />

man vordere und hintere Augenkammer<br />

sowie den Glaskörperraum. Hornhaut,<br />

Kammerwasser, Linse und Glaskörper bilden<br />

die optischen Medien des Auges. Linse, Zonulafasern<br />

und Ziliarmuskel bezeichnet man als<br />

Akkommodationsapparat.<br />

Die beim Erwachsenen weiße Sklera (Lederhaut)<br />

überdeckt als gepackte Lamellen kollagener<br />

Fasern die hinteren 5 / 6 des Auges. Am Limbus<br />

corneae geht sie in die Substantia propria<br />

corneae (Stroma) über.<br />

D. Hornhaut<br />

Die Hornhaut hat beim Erwachsenen einen<br />

Durchmesser von circa 12 mm. Die Außenseite<br />

der Kornea besteht aus mehrschichtigem unverhorntem<br />

Plattenepithel, das am Limbus corneae<br />

in das Epithel der Conjunctiva bulbi übergeht.<br />

Die Innenseite bildet die einschichtig<br />

flache Endothelzellschicht. Zwischen Epithel<br />

und Stroma findet sich die Bowman-Membran,<br />

zwischen Endothel und Stroma die Deszemet-<br />

Membran (Da). Die Brechkraft der Hornhaut beträgt<br />

in etwa 42 dpt (Db). Die zentrale Dicke<br />

liegt bei circa 500µm.<br />

E. Linse<br />

In der Hinterkammer des Auges befindet sich<br />

die horizontal etwa 10 mm durchmessende<br />

Linse. Ihre zentrale Dicke beträgt etwa 3–4 mm.<br />

Es handelt sich um eine Bikonvexlinse, deren<br />

Vorderfläche schwächer gewölbt ist, als ihre<br />

Hinterfläche. Unter der Linsenkapsel liegt die<br />

Linsenschale, die konzentrisch den Kern umgibt.<br />

F. Glaskörper<br />

Der Glaskörper, der zu 95 % aus Wasser besteht,<br />

füllt den hinter der Linse befindlichen Glaskörperraum<br />

aus. Durch Einlagerung von Hyaluronsäure,<br />

Mucopolysacchariden und Fibrillen<br />

erhält er seine gallertige Konsistenz.<br />

G. Aderhaut<br />

Den größten Teil der mittleren Augenhaut<br />

nimmt die Aderhaut oder Choroidea ein. Neben<br />

Arterien und Venen führt sie auch die etwa<br />

15–20 Nn. ciliares. Von der Netzhaut ist sie<br />

durch die 2µm dicke Bruch-Membran abgesetzt.<br />

4<br />

C. Sklera<br />

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A. Gefäßversorgung<br />

B. Augapfel<br />

Angiographie<br />

D. Hornhaut<br />

Ultrasonographie<br />

Gefäßversorgung und Augapfel<br />

a PAS-Färbung, ca. 63fache Vergrößerung<br />

b Spaltlampenfotografie<br />

5<br />

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1 Anatomie<br />

6<br />

A. Ziliarkörper<br />

Das Corpus ciliare (Ba) reicht von der Ora serrata<br />

bis zur Irisbasis und umgibt die Iris wie ein<br />

Ring. Man unterscheidet den äußeren Teil, den<br />

Orbiculus ciliaris mit feinen meridionalen Falten,<br />

von wo aus die Zonulafasern zur Linse ziehen<br />

und den inneren Teil, die Corona ciliaris.<br />

Überzogen ist der Ziliarkörper von einem zweischichtigen<br />

Epithel, das für die Bildung des<br />

Kammerwassers verantwortlich ist. Vorderund<br />

Hinterkammer enthalten zusammen etwa<br />

0,2–0,3 ml Kammerwasser, das überwiegend<br />

im Kammerwinkel abfließt. Teil des Ziliarkörpers<br />

ist weiterhin der M. ciliaris, dessen glatte<br />

Muskelzüge meridional, zirkulär und radiär<br />

angeordnet sind (N. oculomotorius/Halssympathikus).<br />

Kontraktion des Muskels führt zu<br />

Erschlaffung der Zonulafasern und durch die<br />

damit verbundene Abkugelung der Linse zur<br />

Akkommodation.<br />

B. Iris und Pupille<br />

Die Iris bildet, wie ein Blende, die Pupille. Die<br />

Regenbogenhaut besitzt auf ihrer Vorderseite<br />

kein Epithel, sodass das Irisstroma, das radiär<br />

zum Rand der Pupille angeordnet ist, offenliegt.<br />

Am Pupillenrand (Margo pupillaris) ist die Iris<br />

am dünnsten und lässt das zweischichtige,<br />

pigmentierte Epithel der Rückseite erkennen.<br />

Die Pupille wird vom M. sphincter pupillae<br />

(N. oculomotorius) umgeben, dessen Innervation<br />

zur Engstellung der Pupille (Miosis)<br />

führt. Am Margo ciliaris ist die Iris breit mit<br />

dem Ziliarkörper verbunden. Hier verlaufen die<br />

Muskelfasern des M. dilatator pupillae (Halssympathikus),<br />

dessen Kontraktion zur Pupillenerweiterung<br />

(Mydriasis) führt. Im Kammerwinkel<br />

(Iridokornealwinkel, Ba) fließt das<br />

Kammerwasser durch Spalträume des Lig. pectinatum<br />

anguli iridocornealis (Trabekelmaschenwerk,<br />

Bb) in den Schlemm-Kanal.<br />

C. Netzhaut<br />

Die Netzhaut (Retina) bildet die innere Augenhaut.<br />

Sie gliedert sich in die Pars caeca retinae<br />

und die Pars optica retinae, deren Grenze die<br />

Ora serrata bildet. Die Pars caeca besitzt kein<br />

Sinnesepithel und überzieht als zweischichtiges<br />

Epithel Ziliarkörper und Iris. Die Pars optica<br />

besteht aus 2 Blättern, dem äußeren Blatt<br />

(Stratum pigmenti) und dem inneren Blatt<br />

(Stratum cerebrale), die sich lose aufliegen und<br />

nur an der Ora serrata und am Sehnerveintritt<br />

miteinander verwachsen sind. Am Sehnerveintritt<br />

(Discus oder Papilla n. optici) vereinigen<br />

sich A. und V. centralis retinae. Lateral davon<br />

befindet sich der gelbe Fleck (Macula lutea) in<br />

dessen Zentrum die Fovea centralis, die Stelle<br />

des schärfsten Sehens liegt (Ca). Das Stratum<br />

pigmenti besteht aus einschichtigem, isoprismatischem<br />

Epithel (retinales Pigmentepithel).<br />

Die Zellen des Stratum photosensorium bilden<br />

die erste von neun weiteren Schichten des Stratum<br />

cerebrale (Cb u. c). Es handelt sich um primäre<br />

Sinnesepithelzellen. Man unterscheidet<br />

etwa 120 Millionen Stäbchen und 6–7 Millionen<br />

Zapfen. In der Fovea centralis finden sich nur<br />

Zapfen. Ebenso fehlen hier alle weiteren Schichten<br />

des Stratum cerebrale. In der inneren Körnerschicht<br />

liegen die Perikaryen der bipolaren<br />

Zellen, die das 2. Neuron des Sehnerv darstellen.<br />

Sie halten in der äußeren plexiformen Schicht<br />

synaptischen Kontakt zu den Sinneszellen und<br />

in der inneren plexiformen Schicht zu den<br />

multipolaren Ganglienzellen des Stratum ganglionare<br />

(3. Neuron), von wo die Sinneseindrücke<br />

in marklosen Nervenfasern zur Papilla n.<br />

optici geleitet werden. Horizontal- und amakrine<br />

Zellen der inneren Körnerschicht bilden<br />

durch Nebenschluss mehrerer Synapsen den<br />

Assoziationsapparat der Netzhaut.<br />

D. Sehnerv und Sehbahn<br />

Der Sehnerv (N. opticus) hat eine Länge von<br />

etwa 45 mm, wovon 2 / 3 innerhalb der Orbita<br />

verlaufen. An der Lamina cribrosa verlassen ca.<br />

1 Million Neuriten den Augapfel und werden<br />

von hier an von einer Markscheide aus Oligodenroglia<br />

sowie Dura mater und Pia mater umhüllt.<br />

Nach Durchquerung des Canalis opticus<br />

erreicht er nach etwa 10 mm in der mittleren<br />

Schädelgrube am Boden des 3. Ventrikels das<br />

Chiasma opticum. Hier kreuzen die nasalen Fasern<br />

der Retina auf die Gegenseite. Die Sehnervenfasern<br />

ziehen als Tractus opticus weiter bis<br />

zum Corpus geniculatum laterale. Die Sehstrahlung<br />

(Gratiolet) verläuft von hier durch<br />

das Crus posterius der Capsula interna zur primären<br />

optischen Sehrinde, der Area striata,<br />

Area 17.<br />

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B. Iris und Pupille<br />

Iris<br />

Vorderkammer<br />

Hornhaut<br />

Hinterkammer<br />

Schlemm-Kanal<br />

Kammerwinkel<br />

Sklera<br />

Zonulafasern<br />

Ziliarkörper<br />

Sulcus ciliaris<br />

Glaskörper<br />

Linse<br />

a Kammerwinkel<br />

C. Netzhaut<br />

b Trabekelmaschenwerk:<br />

rasterelektronenmikroskopische<br />

Aufnahme<br />

Ziliarkörper/Iris/Pupille/Netzhaut/Sehnerv<br />

a Mason-Tricolor, ca. 150fache Vergrößerung<br />

b Fundusfotografie mit Papille und Makula<br />

Membrana limitans interna<br />

Nervenfaserschicht<br />

Ganglienzellschicht<br />

innere plexiforme Schicht, amakrine Zellen<br />

c Schema<br />

innere Körnerschicht, bipolare Zellen<br />

äußere plexiforme Schicht, Horizontalzellen<br />

äußere Körnerschicht<br />

Membrana limitans externa<br />

Stäbchen und Zapfen<br />

retinales Pigmentepithel<br />

Bruch-Membran<br />

7<br />

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2 Physiologie und optisches System<br />

8<br />

A. Optischer Apparat<br />

Das in das Auge einfallende Licht durchdringt<br />

Tränenfilm, Hornhaut, Kammerwasser, Linse<br />

und Glaskörper, die man zusammenfassend als<br />

optischen Apparat des Auges bezeichnet. Vereinfachend<br />

kann man den aus mehreren Linsensystemen<br />

zusammengesetzten, optischen<br />

Apparat einem einfachen Linsensystem gleichsetzen<br />

(Aa u. b): Lichtstrahlen, die aus einem<br />

Medium (n 1 ) in ein anderes Medium (n 2 ) übertreten,<br />

werden gebrochen. Bei einer konvexen<br />

Grenzfläche treffen sich alle von einem Gegenstandspunkt<br />

(G) ausgehenden Strahlen wieder<br />

in einem Abbildungspunkt (B) jenseits der<br />

Grenzfläche. Charakteristisch für ein Linsensystem<br />

ist die Brennweite, d. h. die Entfernung<br />

des Brennpunktes (F 1 /F 2 ) von der Mittelebene<br />

des Linsensystems. Strahlen, die von einem<br />

entfernten Punkt ausgehen, können als parallel<br />

betrachtet werden und treffen sich in der<br />

Brennebene. Strahlen, die von einem nahen<br />

Punkt ausgehen, treffen nicht parallel ein und<br />

werden hinter der Brennebene abgebildet.<br />

B. Akkommodation<br />

Akkommodation bezeichnet die Fähigkeit des<br />

Auges zur Scharfeinstellung fixierter Gegenstände<br />

auf der Netzhautebene in Relation zur<br />

jeweiligen Beobachtungsentfernung. Die Akkommodation<br />

beruht v. a. auf der Umwandlungsfähigkeit<br />

der elastischen Linse von einer<br />

eher kugeligen Form mit hoher Brechkraft<br />

(Naheinstellung) in eine eher elliptische Form<br />

mit geringerer Brechkraft (Ferneinstellung). Dem<br />

passiven Streben der Linse zur Kugelform steht<br />

der Zug der Zonulafasern entgegen, die durch<br />

Kontraktion des parasympathisch innervierten<br />

Ziliarmuskels erschlaffen und damit eine Nahakkommodation<br />

ermöglichen. Bei der Naheinstellung<br />

wird diese von einer beidseitigen Konvergenzbewegung<br />

und Miosis begleitet.<br />

Unter der Brechkraft versteht man den Kehrwert<br />

der in Metern gemessenen Brennweite.<br />

Die Einheit der Brechkraft ist die Dioptrie (dpt).<br />

Das maximal fernakkommodierte Auge hat<br />

eine Brechkraft von ∼ 58,8 dpt, bei maximaler<br />

Nahakkommodation steigt diese in etwa um<br />

10–15 dpt. Diese Brechkraftzunahme bezeichnet<br />

man als Akkommodationsbreite.<br />

C. Refraktionsanomalien<br />

Infolge zunehmender Sklerosierung der Linse<br />

und der damit verbundenen Abnahme der<br />

Akkommodationskraft sinkt die Akkommodationsbreite<br />

mit zunehmendem Alter. Dieses<br />

physiologische Geschehen bezeichnet man als<br />

Presbyopie (Alterssichtigkeit, Ca). Der Nahpunkt<br />

rückt dabei zunehmend in die Ferne. Der<br />

Patient bemerkt die Abnahme der Lesefähigkeit<br />

etwa ab dem 45. Lebensjahr, wenn die Akkommodationsbreite<br />

unter 3 dpt fällt. Korrektur:<br />

Sammellinse (+ dpt).<br />

Bei der Myopie (Kurzsichtigkeit, Ca) schneiden<br />

sich die aus dem Unendlichen kommenden, parallelen<br />

Strahlen vor der Netzhautebene. Der<br />

Fernpunkt liegt in der Nähe. Ursächlich ist eine<br />

zu starke Brechkraft von Hornhaut oder Linse<br />

(Brechungsmyopie) oder eine überdurchschnittliche<br />

Länge des Augapfels (Achsenmyopie). Von<br />

der einfachen benignen Form, die nach der Pubertät<br />

in der Regel zum Stillstand kommt, ist<br />

die progressive maligne Form zu unterscheiden.<br />

Korrektur: Zerstreuungslinse (- dpt).<br />

Bei der Hyperopie (Weitsichtigkeit, Ca) wird<br />

ein in der Nähe liegender Punkt hinter der<br />

Netzhautebene abgebildet. Man unterscheidet<br />

Achsenhyperopie bei zu kurzer Bulbuslänge<br />

von Brechungshyperopie bei zu geringer Brechkraft<br />

von Hornhaut oder Linse. Eine latente<br />

Hyperopie führt dazu, dass bereits bei Fernblick<br />

akkommodiert werden muss, was zu asthenopischen<br />

Beschwerden (okulär bedingte<br />

Störungen des Allgemeinbefindens) führen<br />

kann. Korrektur: Sammellinse (+ dpt).<br />

Die Hornhautoberfläche ist oft in einer Ebene<br />

stärker gekrümmt als in der anderen. Die Folge<br />

ist ein Brechkraftunterschied in beiden Ebenen,<br />

sodass Punkte strichförmig verzogen erscheinen.<br />

Ein solcher regulärer Astigmatismus (Cb<br />

u. c) kann durch Zylindergläser korrigiert werden.<br />

Ein irregulärer Astigmatismus, z. B. als<br />

Folge einer Hornhautnarbe, kann bis zu einem<br />

bestimmten Grad mittels harter Kontaktlinsen<br />

ausgeglichen werden.<br />

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G<br />

A. Optischer Apparat<br />

a Einfaches optisches System<br />

C. Refraktionsanomalien<br />

Presbyopie<br />

Myopie<br />

∞<br />

∞<br />

∞<br />

n 1 n 2<br />

F 2<br />

G<br />

α<br />

F 1 H K<br />

B K<br />

fern<br />

(Objekt in ∞)<br />

fern<br />

b Reduziertes Auge<br />

nah<br />

nah<br />

16,7 mm<br />

B<br />

Opt. Apparat/Akkommodation/Refraktionsanomalien<br />

Hyperopie<br />

∞<br />

∞<br />

fern<br />

nah<br />

a Presbyopie/Myopie/Hyperopie<br />

b Hornhauttopographie bei sphärischer Hornhaut<br />

c Hornhauttopographie bei astigmatischer<br />

Hornhaut: Astigmatismus rectus<br />

9<br />

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2 Physiologie und optisches System<br />

10<br />

A. Sehschärfe<br />

Das Sehvermögen des Auges beschreibt die Gesamtleistung<br />

des Sehorgans. Hierzu gehören<br />

neben der reinen Sehschärfe auch Gesichtsfeld,<br />

Farben- und Dunkelsehen. Unter Sehschärfe<br />

(Visus) versteht man das Auflösungsvermögen<br />

des Auges mit optimal korrigierendem Glas,<br />

d. h. die Fähigkeit der Netzhaut, zwei Punkte<br />

eben noch voneinander unterscheiden zu können<br />

(Minimum separabile). Ein normalsichtiges<br />

Auge differenziert zwei Punkte gerade<br />

noch, wenn die davon ausgehenden Strahlen<br />

zueinander einen Winkel von einer Bogenminute<br />

bilden. Die Sehschärfe berechnet sich aus<br />

Ist-Entfernung durch Soll-Entfernung und damit<br />

im normalsichtigen Auge aus 1 / 1 = 1,0. Zur<br />

Visusprüfung dienen in die Ferne projizierte<br />

Optotypen (Landolt-Ringe, Blockbuchstaben,<br />

Zahlen, E-Haken, Kinderbilder) oder Sehprobentafeln<br />

für die Nähe (z. B. Birkhäuser-Tafeln).<br />

B. Rezeptoren<br />

Stäbchen und Zapfen bilden die Rezeptoren der<br />

Retina. Während sich in der Fovea centralis<br />

ausschließlich die für das farbige Sehen bei<br />

guter Beleuchtung (photopisches Sehen) verantwortlichen<br />

Zapfen befinden, nimmt deren<br />

Dichte in die Peripherie schnell ab. Die für das<br />

Dämmerungssehen (skotopisches Sehen) verantwortlichen<br />

Stäbchen haben ihre größte<br />

Dichte rings um die Fovea centralis, finden sich<br />

aber auch über die gesamte Netzhaut verteilt<br />

(Ba). Im Bereich des Sehnervkopfes fehlen die<br />

Photorezeptoren. Unter Lichteinwirkung bleicht<br />

das in den Außengliedern der Stäbchen und<br />

Zapfen befindliche Rhodopsin aus und führt<br />

durch eine Konformationsänderung am Farbstoffanteil<br />

von 11-cis- zu all-trans-Retinal (Bb)<br />

zu einer Umwandlung von Lichtenergie in elektrische<br />

Impulse. Das Rhodopsin stellt ein Chromoproteid<br />

dar und ist Bestandteil des Sehpurpurs.<br />

Es setzt sich aus dem Protein Opsin und<br />

den Vitamin-A-Abkömmlingen 11-cis- und alltrans-Retinal<br />

zusammen. Bei Wegfall der Lichteinwirkung<br />

kommt es unter Energieaufwand zur<br />

Regeneration des Rhodopsins. Voraussetzung<br />

für die Bleichung des Rhodopsins ist die Absorption<br />

des Lichts. Da das in den Stäbchen enthaltene<br />

Rhodopsin Licht des gesamten (sichtbaren)<br />

Wellenlängenbereichs absorbiert, sind<br />

mit den Stäbchen unterschiedliche Wellenlängen<br />

(Farben) nicht zu unterscheiden. Im Gegensatz<br />

hierzu absorbieren die drei Sehfarbstoffe<br />

der Zapfen nur Licht eines bestimmten Wellenlängenbereichs,<br />

was Voraussetzung für das<br />

Farbensehen ist.<br />

C. Gesichtsfeld<br />

Der Begriff Gesichtsfeld beschreibt, im Gegensatz<br />

zum Blickfeld, den Bereich des Raumes, der<br />

bei unbewegtem Auge gleichzeitig wahrgenommen<br />

wird. Unterschieden wird zwischen<br />

monokularem und binokularem Gesichtsfeld.<br />

Die Außengrenzen sind abhängig von der Adaptation<br />

sowie der Größe, Helligkeit und Farbe<br />

des Objektes und der Tatsache, ob das Objekt<br />

beweglich oder statisch ist. Die Grenzen liegen<br />

in der Regel bei 60° nasal, 70° oben, 80° unten<br />

und 90° temporal. Bestimmt wird das Gesichtsfeld<br />

mittels Perimetrie (C). Man unterscheidet<br />

zwei Formen:<br />

● Kinetische Perimetrie: Registrierung des Ortes<br />

der ersten Wahrnehmung eines Stimulus definierter<br />

Leuchtdichte, der von außen in das<br />

Gesichtsfeld hereingeführt wird.<br />

● Statische Perimetrie: Messung der minimalen<br />

Leuchtdichte, die ein Stimulus haben muss,<br />

um an einem bestimmten Ort bei definierter<br />

Hintergrundhelligkeit gerade eben erkannt zu<br />

werden.<br />

Ausfälle des Gesichtsfeldes werden als Skotome<br />

bezeichnet und können Symptom der verschiedensten<br />

Augenerkrankungen sein. Ein<br />

physiologisches „Skotom“ ist der blinde Fleck<br />

aufgrund der fehlenden Rezeptoren im Bereich<br />

des Sehnervkopfes. Im binokularen Gesichtsfeld<br />

wird der blinde Fleck von der jeweils anderen<br />

Seite kompensiert. Temporal gelegene<br />

Objekte werden auf die nasale Netzhauthälfte<br />

projiziert und umgekehrt. Objekte im oberen<br />

Gesichtsfeldbereich werden in der unteren<br />

Netzhauthälfte abgebildet, Gegenstände aus<br />

dem unteren Bereich in der oberen Netzhauthälfte.<br />

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B. Rezeptoren<br />

Rezeptordichte<br />

(1000/qmm)<br />

Rezeptordichte<br />

(1000/qmm)<br />

Empfindlichkeit (%)<br />

Visus (1)<br />

160<br />

Verteilung der Stäbchen<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

– 90 – 75 – 60 – 45 – 30 – 15 0 15 30 45 60<br />

75 90<br />

160<br />

140<br />

Verteilung der Zapfen<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

– 90 – 75 – 60 – 45 – 30 – 15 0 30 45 60 75 90<br />

100<br />

90 Empfindlichkeit im Dunkeln<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

– 90 – 75 – 60 – 45 – 30 – 15 0 15 30 45 60 75 90<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

Visus<br />

0<br />

– 90 – 75 – 60 – 45 – 30 – 15 0 30 45 60 75 90<br />

Netzhautlokalisation (Grad)<br />

a Verteilung von Stäbchen und Zapfen, Dunkelempfindlichkeit und Visus<br />

Sehschärfe/Rezeptoren/Gesichtsfeld<br />

O640 protonierte<br />

all-trans-Form<br />

CH 3 H<br />

C<br />

13<br />

C<br />

+<br />

C N<br />

H H<br />

BR570 protonierte<br />

all-trans-Form<br />

CH 3<br />

C<br />

13<br />

H<br />

C<br />

C H<br />

+<br />

H N<br />

C. Gesichtsfeld<br />

M412 deprotonierte<br />

13-cis-Form<br />

K610 protonierte<br />

13-cis-Form<br />

N520 protonierte<br />

13-cis-Form<br />

CH 3<br />

C H<br />

L550<br />

13<br />

C<br />

C<br />

H N :<br />

H + H +<br />

10°<br />

30 dB<br />

20°<br />

30°<br />

b Photozyklus des Bacteriorhodopsins (BR): Zahlen<br />

entsprechend der Wellenlänge des Absorptionsmaximums<br />

in nm<br />

11<br />

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2 Physiologie und optisches System<br />

12<br />

A. Adaptation<br />

Unter Adaptation (A) versteht man die Anpassung<br />

des Auges an verschiedene Lichtverhältnisse.<br />

Es handelt sich hierbei um einen komplexen<br />

Vorgang, der eine Änderung der<br />

Pupillenweite, einen Wechsel zwischen Stäbchen-<br />

und Zapfensehen und eine Empfindlichkeitsänderung<br />

der Netzhaut beinhaltet. Nach<br />

der Duplizitätstheorie des Sehens ist das<br />

Tages- und Farbensehen (photopisches Sehen)<br />

eine Funktion des Zapfenapparates, wohingegen<br />

das Dämmerungs- und Nachtsehen (skotopisches<br />

Sehen) vom Stäbchenapparat geleistet<br />

wird. Helladaptation bezeichnet den Übergang<br />

zum photopischen Sehen und beruht auf einer<br />

Pupillenverengung sowie dem Übergang vom<br />

Stäbchen- zum Zapfensehen mit Abbau des<br />

Rhodopsins. Die erste Phase des Übergangs (Alphaadaptation)<br />

erfolgt in etwa in 0,05 Sekunden,<br />

während die zweite Phase (Betaadaptation)<br />

6–7 Minuten andauert. Der Übergang zum<br />

skotopischen Sehen (Dunkeladaptation) verläuft<br />

wesentlich langsamer und ist in etwa nach<br />

30 Minuten abgeschlossen. Die erste Phase<br />

beinhaltet die Zapfenadaptation und endet<br />

nach etwa 7–8 Minuten mit dem Kohlrausch-<br />

Knick, dem Übergang zur Stäbchenadaptation<br />

unter Regeneration des Rhodopsins. Die Dunkeladaptation<br />

geht einher mit einer Pupillenerweiterung,<br />

einem Verlust des Farbensehens,<br />

einer Verminderung der Sehschärfe sowie<br />

einem physiologischen Zentralskotom.<br />

B. Farbensehen<br />

Das Farbensehen ist eine Funktion des Zapfenapparates.<br />

Der Wellenlängenbereich des vom<br />

Auge wahrgenommenen Lichtes liegt zwischen<br />

400 und etwa 700 nm. Entsprechend der Dreifarbentheorie<br />

nach Young-Helmholtz (Bb) werden<br />

drei Typen von Zapfen unterschieden: solche,<br />

die blau-violettes Licht, solche, die grünes<br />

Licht und solche, die gelb-rotes Licht absorbieren<br />

(trichromatisches System, Ba). Nach den<br />

Gesetzen der Farbmischung können aus diesen<br />

drei Grundfarben alle anderen Farben (inklusive<br />

weiß) gemischt werden. Das Rhodopsin der<br />

Stäbchen absorbiert Licht des gesamten sichtbaren<br />

Wellenlängenbereiches, weshalb eine<br />

Farbunterscheidung beim skotopischen Sehen<br />

nicht möglich ist.<br />

C. Zentrale Verarbeitung<br />

Der einfallende Lichtreiz führt in den Rezeptoren<br />

der Netzhaut zur Hyperpolarisation des<br />

primären Membranpotenzials. Die Höhe des<br />

Potenzials wächst mit Zunahme der Reizstärke.<br />

Ein solches sekundäres Rezeptorpotenzial löst<br />

bei Überschwelligkeit in der zugeordneten<br />

Ganglienzelle Aktionspotenziale aus, deren<br />

Frequenz sich proportional zur Höhe des Rezeptorpotenzials<br />

verhält. Durch Querverbindungen<br />

innerhalb der Retina (Horizontalzellen<br />

und amakrine Zellen) entstehen rezeptive Felder,<br />

die erregende und hemmende Einflüsse<br />

auf die Aktionspotenzialfrequenz der Ganglienzelle<br />

ausüben. Ein solches rezeptives Feld<br />

besteht aus einem runden Zentrum und einer<br />

konzentrisch angeordneten Peripherie. Fällt<br />

der Lichtimpuls auf das Zentrum steigt die Frequenz<br />

der Aktionspotenziale. Belichtung der<br />

Peripherie führt zur Abnahme der Aktionspotenzialfrequenz.<br />

Fehlt der Lichtreiz, entsteht<br />

eine Erregung im peripheren Anteil des rezeptiven<br />

Feldes. Ein solches rezeptives Feld bezeichnet<br />

man, im Gegensatz zu AUS-(OFF-)<br />

Feldern mit umgekehrter Reaktion, als EIN-<br />

(ON-)Feld. Funktion der rezeptiven Felder ist<br />

die Kontrastierung des Sinnesreizes.<br />

D. Pupillenreflex<br />

Der Pupillenreflex wird durch plötzlichen<br />

Lichteinfall in eine Pupille ausgelöst. Das Auge<br />

reagiert mit einer Miosis (direkte Reaktion).<br />

Durch die zentrale Reizverschaltung verengt<br />

sich auch die kontralaterale Pupille (konsensuelle<br />

Reaktion). Afferenz: N. opticus – Efferenz:<br />

N. oculomotorius.<br />

E. Kornealreflex<br />

Auslöser des Kornealreflexes ist die Berührung<br />

der Kornea, die reflektorisch zum Lidschluss<br />

führt. Afferenz: N. trigeminus – Efferenz: überwiegend<br />

N. facialis.<br />

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A. Adaptation<br />

Adaptationsmechanismen bei Hell- und Dunkeladaptation<br />

relative Absorption<br />

B. Farbensehen<br />

Adaptation/Farbensehen<br />

400 450 500 550 600 650 700<br />

a Absorption der unterschiedlichen Zapfentypen<br />

Wellenlänge (nm)<br />

b Additive Farbmischung: Drei-Farben-Theorie<br />

nach Young-Helmholtz<br />

c Ishihara-Tafel zur Prüfung des Farbensehens<br />

13<br />

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3 Lider<br />

14<br />

A. Fehlbildungen und Anomalien<br />

Mikroblepharon bezeichnet die vertikale Verkürzung<br />

der Lidspalte, Ankyloblepharon die<br />

horizontale Verkürzung infolge einer Verwachsung<br />

der Lidränder. Die temporale Seite wird<br />

hierbei bevorzugt. Beide Veränderungen sind<br />

häufig mit anderen Anomalien des Auges oder<br />

der Haut kombiniert (Aa u. b). Als totales Ankyloblepharon<br />

ist der Kryptophthalmus zu<br />

sehen, bei dem das Auge, meist nur durch Stirnoder<br />

Wangenhaut, vollständig überwachsen ist.<br />

Bei Kindern findet sich häufig eine parallel zum<br />

Unterlidrand verlaufende, dicke Hautfalte (Epiblepharon,<br />

Ac), die einen Astigmatismus induzieren<br />

kann oder eine sichelförmige Falte am inneren<br />

Rand des oberen Augenlids (Epikanthus,<br />

Ad), die sich vom oberen zum unteren Lid<br />

spannt und den Kanthus verdeckt. Diese auch<br />

als Mongolenfalte bezeichnete Veränderung ist<br />

gelegentlich mit einer Lidspaltenschrägstellung<br />

und Ptosis verbunden und kann ein Innenschielen<br />

vortäuschen (Pseudostrabismus). Die<br />

Hornhautreflexe sind hierbei jedoch parallel,<br />

Einstellbewegungen zeigen sich nicht. Ein Epikanthus<br />

findet sich bei ca. 30 % aller Neugeborenen<br />

und verschwindet mit dem Aufrüsten des<br />

Nasenskeletts bis zum Schulkindalter. Häufig<br />

findet sich ein Epikanthus auch beim Down-<br />

Syndrom. Telekanthus bezeichnet die vergrößerte<br />

Distanz der beiden Kanthi bei normalem<br />

Pupillenabstand. Unter Lidkolobom versteht<br />

man die uni- oder bilaterale Spaltbildung des<br />

Lides, die meist die gesamte Liddicke betrifft. Es<br />

handelt sich um eine seltene, sporadische, angeborene<br />

Ausdifferenzierungsstörung durch<br />

fehlerhaften Verschluss des Augenbechers.<br />

Polytrichosis bezeichnet das Auftreten einzelner<br />

fehlstehender Wimpern. Bei der Distichiasis<br />

ist eine zusätzliche zweite Wimpernreihe<br />

zu beobachten. Beide Erkrankungen sind seltene,<br />

angeborene Ausdifferenzierungsstörungen.<br />

Neben sporadischen Fällen sind auch autosomal-dominante<br />

Erbgänge beschrieben. Daneben<br />

findet man Wimpernfehlstellungen auch<br />

nach Traumata oder bei narbigen Dermatosen.<br />

Kombinationen mit Tarsusveränderungen, Entropium<br />

sowie Lidspaltenverengung oder -verkürzung<br />

(Blepharophimose) sind möglich. Die<br />

Klinik ist weitgehend durch die Trichiasis geprägt.<br />

Die Therapie erfolgt durch Epilation,<br />

Kryotherapie, Laserkoagulation oder chirurgisch,<br />

adjuvant mit Tränenersatzmitteln.<br />

B. Lagophthalmus<br />

Als Lagophthalmus (Hasenauge, B) bezeichnet<br />

man den unvollständigen Lidschluss mit seltenem<br />

Lidschlag. Neben mechanischen Ursachen<br />

(narbige Verkürzung der Lider, Exophthalmus)<br />

oder Bewusstlosigkeit beruht der Lagophthalmus<br />

meist auf einer Lähmung des M. orbicularis<br />

oculi bei peripherer Fazialisparese. Aufgrund<br />

der doppelseitigen Innervation ist der<br />

M. orbicularis oculi bei supranukleärer Parese<br />

nicht betroffen. 75 % der peripheren Paresen<br />

sind idiopathisch. Periphere Fazialisläsionen<br />

finden sich auch bei Entzündungen, Felsenbeinfrakturen<br />

und Tumoren. Je nach Ausmaß<br />

des Bell-Phänomens, der physiologischen Aufwärtsbewegung<br />

des Bulbus nach Innervation<br />

durch den N. oculomotorius, kann es zur Expositionskeratitis<br />

(Keratitis e lagophthalmo)<br />

kommen. Daneben zeigt sich ein, meist mildes,<br />

paralytisches Ektropium. Therapeutisch kommen<br />

Tränenersatzmittel und Uhrglasverbände,<br />

bei schweren Formen die temporäre oder permanente<br />

Tarsorraphie und die Lidwinkelplastik<br />

zum Einsatz.<br />

C. Blepharospasmus<br />

Der Blepharospasmus ist durch die unwillkürliche<br />

Kontraktion des vom N. facialis innervierten<br />

M. orbicularis oculi beidseits gekennzeichnet<br />

(C). Im Rahmen der Abwehrtrias mit<br />

Photophobie und Epiphora findet sich der Blepharospasmus<br />

bei Entzündungen und oberflächlichen<br />

Verletzungen des vorderen Augenabschnittes.<br />

Der idiopathische (essenzielle)<br />

Blepharospasmus betrifft überwiegend Frauen<br />

im mittleren Lebensalter. Die Therapie besteht<br />

aus einer Kombination aus medikamentöser<br />

und psychotherapeutischer Behandlung. Botulinumtoxin<br />

und Anticholinergika sind vorübergehend<br />

erfolgreich. Weitere Ursachen sind degenerative,<br />

hereditäre, metabolische, vaskuläre<br />

und entzündliche Hirnerkrankungen sowie<br />

Neuroleptika und Dopaminergika.<br />

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A. Fehlbildungen und Anomalien<br />

a Komplexe Gesichtsfehlbildung:<br />

laterale Gesichtsspalte<br />

b Komplexe Augenfehlbildung<br />

Fehlbildungen und Anomalien<br />

c Epiblepharon<br />

d Epikanthus<br />

B. Lagophthalmus<br />

C. Blepharospasmus<br />

Lagophthalmus bei Fazialisparese<br />

15<br />

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3 Lider<br />

A. Entropium<br />

Entropium bezeichnet die Einwärtswendung<br />

des Lides, meist des Unterlides.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Nach der Pathogenese<br />

unterscheidet man:<br />

● Entropium senile (Ab, c) durch Erschlaffung<br />

der präseptalen Anteile des M. orbicularis<br />

oculi sowie der Lidretraktoren im Alter,<br />

● Entropium cicatriceum durch Narbenzug der<br />

Bindehaut nach Verbrennung, Verätzung, Entzündung<br />

(v. a. okuläres Pemphigoid, Stevens-<br />

Johnson-Syndrom, Trachom), Trauma, Operation,<br />

● Entropium congenitum durch Hypertrophie<br />

der Randzone des M. orbicularis,<br />

● Entropium spasticum bei Blepharospasmus,<br />

häufig auch als zusätzliches spastisches Element<br />

beim Entropium senile.<br />

Epidemiologie. Die weitaus häufigste Form stellt<br />

das Altersentropium dar. Eine Geschlechtsdisposition<br />

findet sich nicht.<br />

Klinik. Die Klinik ist weitestgehend durch die<br />

entstehende Trichiasis, das Reiben der Wimpern<br />

auf Kornea und Bindehaut mit Epiphora<br />

und Fremdkörpergefühl geprägt. Bei Chronifizierung<br />

kann es hierdurch zu schweren Hornhautkomplikationen<br />

kommen.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Beim Entropium congenitum<br />

ist ein Epiblepharon abzugrenzen.<br />

Therapie. Die symptomatische Therapie der<br />

Trichiasis erfolgt mittels (Elektro-)Epilation,<br />

Kryo-, Laserkoagulation oder chirurgisch. Therapie<br />

der Wahl des Entropiums ist die chirurgische<br />

Sanierung mittels Schöpfer-Nähten,<br />

horizontaler Kürzung des Lides, Orbicularisausschneidung<br />

und/oder Anheftung der Unterlidaponeurose.<br />

Ausgeprägte Narbenentropien<br />

können den Ersatz des vernarbten Bindehautgewebes<br />

durch Schleimhauttransplantate notwendig<br />

machen. Vorübergehend werden Zügelpflaster<br />

und Tränenersatzmittel angewandt.<br />

Prognose. Die Prognose nach chirurgischem<br />

Eingriff ist gut, allerdings zeigen die verschiedenen<br />

Verfahren unterschiedlich hohe Rezidivraten.<br />

Bei Überkorrektur kann ein Ektropium<br />

resultieren.<br />

B. Ektropium<br />

Ektropium bezeichnet die Auswärtswendung<br />

des Lides, meist des Unterlides.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Nach der Pathogenese<br />

unterscheidet man:<br />

● Ectropium senile (Ba, c) durch Erschlaffung<br />

der prätarsalen Anteile des M. orbicularis oculi<br />

sowie des Lidbändchens im Alter,<br />

● Ectropium cicatriceum (Bb) durch Vernarbung<br />

und Kontraktur der Haut und des subkutanen<br />

Fettgewebes nach Tumoren, Traumata, Verbrennungen,<br />

Operationen,<br />

● Ectropium congenitum durch Hypotrophie<br />

des M. orbicularis oculi,<br />

● Ectropium spasticum bei Blepharospasmus,<br />

● Ectropium paralyticum durch Schwäche des<br />

M. orbicularis oculi bei Fazialisparese.<br />

Epidemiologie. Das Altersektropium ist die<br />

häufigste Form. Eine Geschlechtsdisposition<br />

findet sich nicht. Ein paralytisches Ektropium<br />

zeigt sich bei nahezu jeder Facialisparese, ist jedoch,<br />

falls nicht mit einer anderen Form vergesellschaftet,<br />

nur mild ausgeprägt.<br />

Klinik. Im Vordergrund der Beschwerden stehen<br />

Epiphora und Konjunktivitis. Bei Chronifizierung<br />

zeigen sich konjunktivale Hypertrophie<br />

und Keratinisierung.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Keine.<br />

Therapie. Die Therapie erfolgt chirurgisch mittels<br />

Kauterisation, medialer Bindehautplastik<br />

oder horizontaler Lidverkürzung (nach Bick,<br />

Fox oder Kuhnt-Szymanowski) beim Narbenektropium<br />

auch durch Z-Plastiken, Verschiebelappen<br />

und freie Hauttransplantate. Zusätzlich<br />

werden Tränenersatzmittel und Uhrglasverbände<br />

angewandt.<br />

Prognose. Die Prognose nach chirurgischer<br />

Intervention ist gut. Bei Überkorrektur kann ein<br />

Entropium resultieren. Probleme bereitet die<br />

Versorgung des paralytischen Ektropiums durch<br />

den begleitenden Lagophthalmus.<br />

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A. Entropium<br />

a Oberlidentropium<br />

B. Ektropium<br />

a Ectropium senile<br />

Dystrophien, Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

b Entropium senile<br />

b Ectropium cicatriceum<br />

c Entropium senile<br />

c Nasal betontes Ectropium senile<br />

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3 Lider<br />

18<br />

A. Ptosis<br />

Als Ptosis wird das krankhafte Herabhängen<br />

des Oberlides bezeichnet.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Eine Ptosis kann durch<br />

eine oder mehrere der folgenden Faktoren verursacht<br />

sein:<br />

● neurogene Störungen wie erworbene oder angeborene<br />

Okulomotoriusparese (Aa), Horner-<br />

Syndrom, Marcus-Gunn-Phänomen oder Fehlinnervationen<br />

des N. oculomotorius,<br />

● angeborene oder erworbene myogene Störungen<br />

wie Myasthenia gravis, myotone Dystrophie,<br />

okuläre Myopathie oder okulopharyngeale<br />

Muskeldystrophie,<br />

● Veränderungen der Aponeurose durch eine<br />

Störung der Kraftübertragung des intakten Levatormuskels<br />

auf das Oberlid wie bei der senilen<br />

Ptosis (Ab) oder der postoperativen Ptosis,<br />

● mechanische Störungen durch exzessives Gewicht<br />

des Oberlides (Tumoren) bzw. Vernarbung<br />

der Bindehaut.<br />

Epidemiologie. Die Ptosis stellt ein vergleichsweise<br />

häufiges Krankheitsbild dar. Die wichtigsten<br />

Ursachen sind erworbene Okulomotoriusparese,<br />

Horner-Syndrom und Myasthenia<br />

gravis. Okulomotoriusparese und Horner-Syndrom<br />

zeigen keine Alters- oder Geschlechtsdisposition.<br />

Die Myasthenia gravis betrifft typischerweise<br />

Frauen im mittleren Lebensalter.<br />

Klinik. Klinisch steht das Herabhängen eines<br />

oder beider Oberlider im Vordergrund. Je nach<br />

Pathogenese und Ausprägungsgrad der Ptosis<br />

klagen die Patienten über zusätzliche Symptome<br />

(z. B. Gesichtsfeldeinschränkungen) oder<br />

Visusminderungen.<br />

Bei Lähmung des N. oculomotorius kommt es<br />

durch Ausfall des M. levator palpebrae zur<br />

Ptosis (Ptosis paralytica). Augenbewegungsstörungen<br />

mit Diplopie (Ophthalmoplegia externa)<br />

sowie Paresen des M. sphincter pupillae<br />

und des M. ciliaris mit Pupillenstarre und Akkommodationsstörungen<br />

(Ophthalmoplegia<br />

interna) können hinzutreten. Zu den häufigsten<br />

Ursachen peripherer Läsionen des dritten Hirnnervs<br />

gehört der Diabetes mellitus. Charakteristisch<br />

sind rezidivierende ischämische Läsionen<br />

mit akuter, einseitiger, z. T. schmerzhafter<br />

Parese der vom N. oculomotorius innervierten<br />

äußeren Augenmuskeln. Nukleäre Okulomotoriusläsionen<br />

gehen in der Regel mit einer diskreten<br />

bilateralen Ptose einher, da beide Mm.<br />

levator palpebrae von einem unpaaren Kerngebiet<br />

innerviert werden.<br />

Beim Horner-Syndrom findet sich eine klassische<br />

Symptomentrias aus Ptosis, Miosis und<br />

(Pseudo-)Enophthalmus. Da bei dieser okulären<br />

Sympathikusparese lediglich der Müller-<br />

Muskel ausfällt und die Funktion des vom N.<br />

oculomotorius innervierten M. levator palpebrae<br />

nicht betroffen ist, ist die einseitige Ptosis<br />

häufig nur gering ausgeprägt.<br />

Beim Marcus-Gunn-Phänomen (Ac – f) führt<br />

eine anlagebedingte Fehlinnervation bei Kaubewegungen<br />

und Mundöffnen zu einem Anheben<br />

des ptotischen Lides.<br />

Die einfache kongenitale Ptosis ist Folge einer<br />

meist einseitigen, dominant oder rezessiv vererbten<br />

Dystrophie des M. levator palpebrae. Sie<br />

ist gekennzeichnet durch mangelhafte Kontraktion<br />

und Relaxation des Muskels. Aufgrund der<br />

Nähe der beiden Kerngebiete, zeigt sich gelegentlich<br />

auch eine Schwäche des M. rectus<br />

superior.<br />

Die Myasthenia gravis pseudoparalytica ist<br />

eine Autoimmunerkrankung und entsteht durch<br />

die Störung der neuromuskulären Reizübertragung<br />

infolge einer Blockade der Acetylcholinrezeptoren<br />

der motorischen Endplatte durch<br />

zirkulierende polyklonale Autoantikörper. Weitere<br />

Autoimmunerkrankungen treten gehäuft<br />

auf. Es fallen okuläre Symptome (Ptosis, Diplopie),<br />

gefolgt von Sprech-, Kau- und Schluckstörungen<br />

auf. Die Muskelschwäche betrifft auch<br />

die Mimik (Facies myopathica). 75 % der Patienten<br />

mit Myasthenie zeigen eine Beteiligung<br />

der Augen. In 20 % der Fälle liegt eine rein okuläre<br />

Myasthenie vor. Gehäuft manifestiert sich<br />

die Erkrankung nach psychischer Belastung<br />

und verstärkt sich im Tagesverlauf und bei Ermüdung.<br />

Die in der Regel beidseitige, asymmetrische<br />

Ptosis nimmt bei anhaltendem Aufwärtsblick<br />

zu (Simpson-Test). Nach Injektion<br />

eines Acetylcholinesterasehemmers bessert<br />

sich die Muskelschwäche (Tensilon- oder Prostigmin-Test).<br />

Bei 90 % der Patienten mit generalisierter<br />

Myasthenie und bei 50 % mit rein<br />

okulärer Myasthenie sind im Serum Autoantikörper<br />

gegen Acetylcholinrezeptoren nachweisbar.<br />

Gehäuft finden sich persistierender<br />

Thymus, Thymushyperplasie oder ein Thymom.<br />

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A. Ptosis<br />

a Ptosis congenita<br />

b Ptosis senilis<br />

Dystrophien, Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

c Marcus-Gunn-Phänomen<br />

d Marcus-Gunn-Phänomen<br />

e Marcus-Gunn-Phänomen<br />

f Marcus-Gunn-Phänomen<br />

19<br />

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3 Lider<br />

20<br />

A. Ptosis (Fortsetzung)<br />

Die myotone Dystrophie (Curschmann-Batten-<br />

Steinert-Syndrom) stellt eine autosomal dominant<br />

vererbte Myopathie mit umschriebener<br />

Muskeldystrophie, myotoner Reaktion und<br />

vielfältigen Begleitsymptomen wie Katarakt<br />

und Gonadenatrophie dar. Abgesehen von einer<br />

doppelseitigen Ptosis, Amimie und Atrophie<br />

der Mm. temporales (Facies myopathica) besteht<br />

eine Schwäche vor allem der Mm. sternocleidomastoidei,<br />

brachioradiales und peronei.<br />

Die okuläre Myopathie (Ophthalmoplegia externa<br />

chronica progressiva) ist gekennzeichnet<br />

durch eine fortschreitende Ptosis mit progressiven<br />

Augenmuskelparesen aufgrund einer<br />

Atrophie des motorischen Kerngebietes. Da die<br />

Muskelbeteiligung streng symmetrisch auftritt,<br />

finden sich auch bei fortgeschrittenen<br />

Verläufen keine Doppelbilder. Beim Kearns-<br />

Sayre-Syndrom (Ophthalmaplegia plus) finden<br />

sich neben okulärer Myopathie auch tapetoretinale<br />

Degeneration, Herzreizleitungsstörungen,<br />

Kleinwuchs und neurologische Manifestationen.<br />

Bei der autosomal-dominant vererbten okulopharyngealen<br />

Muskeldystrophie kommt es<br />

neben der Lähmung der äußeren Augenmuskeln<br />

zu Paresen pharyngealer Muskeln sowie<br />

des M. temporalis.<br />

Diagnose. Die Diagnose der Ptosis erfolgt klinisch.<br />

Zur Abgrenzung der Myasthenia gravis<br />

dient der Tensilon-Test (s. o.).<br />

Differenzialdiagnose. Pseudoptosis durch zu<br />

kleinen Bulbus (Mikrophthalmus, Phthisis<br />

bulbi) oder kontralaterale Lidretraktion, Blepharochalasis,<br />

Dermatochalasis.<br />

Therapie. Die Therapie der Ptosis unterscheidet<br />

sich abhängig von der jeweiligen Ätiologie.<br />

Kongenitale oder myogene Ptosis können bei<br />

erhaltener Restfunktion des Levators meist<br />

durch transdermale oder transkonjunktivale Levatorresektion/-faltung<br />

gebessert werden. Findet<br />

sich keine oder nur noch geringe Levatorfunktion<br />

zeigt eine Aufnähung des Tarsus an<br />

den M. frontalis mittels Schlinge meist bessere<br />

Ergebnisse. Daneben kommen tarsokonjunktivale<br />

Resektionen oder Verstärkungen der Aponeurose<br />

zum Einsatz. In der Therapie der Myasthenia<br />

gravis zeigt die Thymektomie gute<br />

Resultate. Eine immunsuppressive Langzeittherapie<br />

mit Azathioprin und Kortikosteroiden<br />

wird empfohlen. Die symptomatische Behandlung<br />

mit einem Acetylcholinesterasehemmer<br />

(Pyridostigmin) zeigt zwar meist eine rasche<br />

Besserung des Krankheitsbildes, ist jedoch für<br />

die Langzeittherapie aufgrund nachlassender<br />

Wirksamkeit nicht geeignet.<br />

Prognose. Verlauf und Prognose unterscheiden<br />

sich in Abhängigkeit der Ätiologie. Während<br />

sich beim Horner-Syndrom sowie den meisten<br />

Formen der Okulomotoriusparese keine Veränderung<br />

zeigt, findet sich bei der diabetischen<br />

Okulomotoriusparese eine günstige Prognose<br />

mit einer Rückbildung innerhalb von drei Monaten.<br />

Rezidive sind möglich. Die Myasthenia<br />

gravis zeigt einen chronisch progressiven Verlauf.<br />

B. Blepharochalasis<br />

Die beidseitige Blepharochalasis wird durch<br />

akute Lidödeme verursacht. Verdünnung und<br />

Atrophie der Haut sowie Überdehnung und Ablösung<br />

der Aponeurose führen zur Ptosis (Ba u.<br />

b). Die Funktion des M. levator palpebrae ist gewöhnlich<br />

normal, das Ausmaß der Ptosis variabel.<br />

Die Blepharochalasis zeigt sich in 60 % vor<br />

dem 20. Lebensjahr, Frauen sind häufiger betroffen.<br />

Dominante Erbgänge sind beschrieben.<br />

Die Therapie erfolgt chirurgisch.<br />

C. Dermatochalasis<br />

Die Dermatochalasis ist geprägt durch die<br />

Faltenbildung überschüssiger Oberlidhaut (Ca<br />

u. b). Bei geschwächtem Septum orbitale kann<br />

dies mit einem Prolaps des Orbitalfettes verbunden<br />

sein. Die Lidfalte ist verstrichen. Die<br />

Dermatochalasis tritt überwiegend im höheren<br />

Lebensalter auf. Die Patienten beklagen ein<br />

Schweregefühl im Bereich des Auges sowie in<br />

schwerwiegenden Fällen eine Sehbehinderung.<br />

Die Therapie erfolgt chirurgisch durch Straffung<br />

des Oberlides mit Ausschneidung der<br />

überschüssigen Haut.<br />

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a<br />

B. Blepharochalasis<br />

b<br />

Dystrophien, Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

C. Dermatochalasis<br />

a<br />

b<br />

21<br />

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3 Lider<br />

22<br />

A. Entzündungen des Lidrandes<br />

(Blepharitis marginalis)<br />

Die Blepharitis marginalis (Aa u. b) ist eine<br />

chronische Entzündung des Lidrandes. Häufig<br />

ist sie von sekundären Veränderungen der Bindehaut<br />

und Hornhaut begleitet.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Staphylokkokeninfekte<br />

und Seborrhoe stellen die wichtigsten pathogenetischen<br />

Faktoren dar. Daneben lässt<br />

sich nahezu immer eine Instabilität des Tränenfilms<br />

nachweisen.<br />

Epidemiologie. Es handelt sich um die häufigste<br />

Erkrankung des äußeren Auges. Die Blepharitis<br />

marginalis beginnt oft bereits im Kindesalter,<br />

Frauen sind häufiger betroffen.<br />

Klinik. Die Patienten klagen über eine chronische<br />

Reizung der Augen mit Brennen und Juckreiz.<br />

Mischformen aus staphylogener (Blepharitis<br />

ulcerosa) und seborrhoischer (Blepharitis<br />

squamosa) Entzündung sind typisch. Der staphylogenen<br />

Form liegt eine chronische Entzündung<br />

der Haarfollikel der Wimpern durch<br />

Staphylokokken zugrunde. Neben erweiterten<br />

Blutgefäßen (Rosetten) finden sich krustöse<br />

Schuppen am Wimpernansatz. Trichiasis, Ausfall<br />

(Madarosis) oder Weißfärbung (Poliosis)<br />

der Wimpern können hinzutreten. Im Spätstadium<br />

finden sich narbige Veränderungen des<br />

Lidrandes (Entropium, Ektropium) oder sekundäre<br />

Bindehaut- und Hornhautentzündungen.<br />

Die seborrhoische Blepharitis ist Folge einer<br />

Überproduktion der Meibom- und Zeis-Talgdrüsen.<br />

Die überschüssigen freien Fettsäuren<br />

führen zu Reizungen von Lidrand, Bindehaut<br />

und Hornhaut. Häufig finden sich weitere seborrhoische<br />

Hautveränderungen. Die Lidränder<br />

zeigen einen typischen wächsernen Glanz.<br />

Die Wimpern sind fettig und verklebt. Über den<br />

gesamten Lidrand finden sich weiche, fettige<br />

Schuppen. Entlang der Ausführungsgänge der<br />

Meibom-Drüsen zeigen sich kleine Öltropfen.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Rosacea und andere Dermatosen<br />

mit Lidbeteiligung.<br />

Therapie. Im Vordergrund der Therapie steht<br />

die Lidhygiene. Warme Kompressen sowie<br />

künstliche Tränen erleichtern häufig die Symptomatik.<br />

Bei der staphylogenen Blepharitis<br />

kommen zusätzlich antibiotische Augentropfen<br />

zur Anwendung. Schwere Sekundärkomplikationen<br />

machen gelegentlich den Einsatz von<br />

Kortikosteroiden notwendig.<br />

Prognose. Es handelt sich um eine chronische<br />

Erkrankung, deren Behandlung häufig unbefriedigend<br />

ist und die i. d. R. nicht zur Abheilung<br />

gebracht werden kann. Sekundärveränderungen<br />

sind bei der seborrhoischen Form<br />

weniger schwerwiegend als bei der staphylogenen<br />

Blepharitis.<br />

B. Allergische Entzündungen des Lides<br />

(Dermatitis allergica)<br />

Trotz der meist multifaktoriellen Genese werden<br />

Liddermatitiden und -ekzeme (Ba u. b)<br />

meist nach ihrer hauptsächlichen Pathogenese<br />

unterteilt. Der überwiegende Teil beruht auf<br />

allergischen Pathomechanismen, wobei Kontaktallergien<br />

vom Spättyp den höchsten Prozentsatz<br />

stellen. Daneben finden sich vor allem<br />

atopische und irritative Ekzeme. Das Durchschnittsalter<br />

der Patienten liegt bei 45 Jahren,<br />

Frauen sind deutlich häufiger betroffen. Allergisierend<br />

bzw. irritativ wirken neben Kosmetika,<br />

Ophthalmologika und Kontaktlinsenpflegemittel<br />

auch Substanzen, die durch Reiben der<br />

stark juckenden Lidläsionen über die Fingerkuppen<br />

verschleppt werden. Rötung und starker<br />

Juckreiz, in späteren Stadien auch Schuppung,<br />

sind typische klinische Zeichen. Der<br />

Nachweis einer Kontaktsensibilisierung erfolgt<br />

über eine Epikutantestung. Neben Allergenkarenz<br />

kommen therapeutisch Mastzellstabilisatoren,<br />

Antihistaminika, bei schweren und chronischen<br />

Verläufen auch Kortikosteroide und<br />

Cyclosporin-A, zum Einsatz. Neben der Lichenifizierung<br />

der Lidhaut finden sich bei der<br />

atopischen Dermatitis häufig typische Atopiestigmata<br />

wie gedoppelte Dennie-Morgan-<br />

Unterlidfalte, Verlust der lateralen Augenbrauen<br />

(Hertoghe-Zeichen) und Halonierung der<br />

Augen. Das Lidekzem kann die einzige Manifestation<br />

einer Atopie darstellen. Bei etwa einem<br />

Drittel der Patienten lässt sich zusätzlich eine<br />

sekundäre Kontaktallergie nachweisen. Komplizierend<br />

findet sich häufig eine Blepharitis<br />

marginalis mit deutlicher Instabilität des Tränenfilms.<br />

Eine seltene Komplikation stellt die<br />

Blepharoconjunctivitis herpetica dar.<br />

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A. Blepharitis marginalis<br />

a<br />

b<br />

Entzündungen<br />

B. Dermatitis allergica<br />

a<br />

b<br />

23<br />

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3 Lider<br />

24<br />

A. Infektiöse Entzündungen des Lides<br />

Bei lokaler Infektion nach Verletzung, Insektenstich,<br />

Hämatom oder fortgeleitet wie bei eitriger<br />

Sinusitis oder Osteomyelitis kann es zu<br />

starken Rötungen und Schwellungen des Lides<br />

(Pseudoptosis) mit Fieber sowie der Ausbildung<br />

eines Lidabszesses (Aa) oder einer Lidphlegmone<br />

(Ab) mit der Gefahr der intrazerebralen<br />

Ausbreitung kommen. Typische Erreger<br />

sind Staphylokokken und Streptokokken, selten<br />

anaerobe Keime. Mischinfektionen sind häufig.<br />

Neben der ursächlichen Abklärung besteht die<br />

Therapie aus hochdosierter Breitbandantibiotikagabe.<br />

Bei fehlender Rückbildung oder Spontanperforation<br />

erfolgt die Inzision oder breite<br />

Eröffnung mit Ausräumung von Nekrosen, Spülung<br />

und Drainage. Im Gegensatz zur Orbitaphlegmone<br />

ist die Augenbeweglichkeit stets<br />

intakt.<br />

Selten findet sich ein Liderysipel (Wundrose).<br />

Unter starkem Schmerz und meist hohem Fieber<br />

entwickelt sich ein scharf begrenztes, intensiv<br />

rot gefärbtes Erythem, das am Lid nicht<br />

unbedingt seine typische flammenzungenartige<br />

Form haben muss. Ursache ist eine Wundinfektion<br />

mit β-hämolysierenden Streptokokken.<br />

Um ein weiteres Ausbreiten zu verhindern, ist<br />

eine hochdosierte Antibiotikatherapie notwendig.<br />

Selten ist auch eine Affektion der Lider bei<br />

Lues, Anthrax, Tuberkulose, Lepra und Diphtherie<br />

beschrieben.<br />

Der Lidherpes stellt eine Infektion der Lidhaut<br />

mit dem Herpes-simplex-Virus dar (Ac). Meist<br />

handelt es sich um die Reaktivierung einer latenten<br />

Infektion, seltener um die Primärinfektion.<br />

Nach Abklingen des mütterlichen Antikörperschutzes<br />

erfolgt die Erstinfektion bereits<br />

im Kleinkindalter durch Schmier- oder Tröpfcheninfektion<br />

aus Herpesläsionen oder von gesunden<br />

Dauerausscheidern. Nur ein Prozent<br />

der Erstinfektionen verlaufen apparent, meist<br />

als Gingivostomatitis herpetica. Auch nach Ablauf<br />

der Entzündung persistieren die neurotropen<br />

Viren im Körper. Rezidive entstehen durch<br />

Irritation latent infizierter Neurone nach fiebrigen<br />

Infekten, Sonnenexposition, Menstruation,<br />

Traumata, Magen-Darm-Störungen aber<br />

auch durch immunsuppressive, hormonelle<br />

und psychische Faktoren. Unter starkem Juckreiz<br />

und Spannungsgefühl entwickeln sich typisch<br />

gruppierte Bläschen auf gerötetem<br />

Grund, die nach 8–10 Tagen narbenlos abheilen.<br />

Eine regionale Lymphknotenschwellung ist<br />

möglich. Neben Lippen und Genitale ist typischerweise<br />

die Gesichtshaut, insbesondere das<br />

Lid betroffen. Nicht selten ist die Mitbeteiligung<br />

von Bindehaut und Hornhaut. Die Therapie<br />

erfolgt symptomatisch. Antivirale Salben<br />

beschleunigen die Abheilung.<br />

Beim Zoster ophthalmicus (Gesichtsrose) handelt<br />

es sich um eine Infektion des Ganglion gasseri<br />

sowie des Versorgungsgebietes des N. ophthalmicus<br />

(V 1 ) durch das Varicella-zoster-Virus<br />

(Ad). Die Erkrankung ist Ausdruck einer Reinfektion<br />

oder häufiger Aktivierung der neurotropen<br />

Viren auch Jahre nach durchgemachter<br />

Erstinfektion. Zu Beginn treten starke neuralgiforme<br />

Schmerzen auf. Es bildet sich ein Hauterythem<br />

mit anfänglich klaren, prall gefüllten<br />

Bläschen, deren Inhalt gelblich eintrübt, austrocknet<br />

und bräunliche Borken und Narben<br />

hinterlässt. Aufgrund der nicht unerheblichen<br />

ophthalmologischen Komplikationen kommt<br />

der Erkrankung große Bedeutung zu. Die Therapie<br />

besteht aus lokaler und systemischer<br />

Gabe von Virostatika.<br />

Unter schlechten hygienischen Bedingungen<br />

können auch Filzläuse (Phthirus pubis) oder<br />

seltener Kopfläuse (Pediculus humanus capitis)<br />

die Lidkante befallen. Die Übertragung erfolgt<br />

durch direkten Kontakt. Die Läuse nisten<br />

sich auf der Lidkante zwischen den Zilien ein<br />

und legen ihre Nissen an den Haarschäften der<br />

Wimpern ab, wo sie als kleine schwarze Körnchen<br />

imponieren. Die Patienten klagen über<br />

starken Juckreiz. Häufig findet sich eine Blepharitis<br />

marginalis. Die Therapie besteht in der<br />

Entfernung von Läusen und Nissen sowie in der<br />

Gabe von Parasympathomimetika.<br />

Auch Zecken (Ae) können gelegentlich den Lidrand<br />

befallen. Sie werden mit einer Pinzette<br />

vollständig entfernt. Auch am Lid ist eine Übertragung<br />

der Borreliose oder der Frühsommer-<br />

Meningoencephalitis möglich.<br />

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A. Infektiöse Entzündungen des Lides<br />

a Lidabszess<br />

b Lidphlegmone<br />

Entzündungen<br />

c Herpes simplex<br />

d Herpes zoster<br />

e Zecke in der oberen Wimpernreihe<br />

f Fliegenlarve in der unteren Wimpernreihe<br />

25<br />

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3 Lider<br />

26<br />

A. Hordeolum<br />

Gerstenkorn (Hordeolum externum, A) bezeichnet<br />

die akute Entzündung der Zeis- oder<br />

Moll-Drüsen mit entzündlicher schmerzhafter<br />

Schwellung. Die ebenfalls schmerzhafte Entzündung<br />

der Meibom-Drüsen wird als Hordeolum<br />

internum bezeichnet.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Ursächlich liegt der<br />

Follikulitis oder Abszessbildung der oberflächlich<br />

an der Haarbälgen der Wimpern lokalisierten<br />

Zeis- oder Moll-Drüsen bzw. der im<br />

Tarsus liegenden Meibom-Drüsen ein Staphylokokkeninfekt<br />

zugrunde.<br />

Epidemiologie. Eine Alters- oder Geschlechtsdisposition<br />

findet sich nicht.<br />

Klinik. Es zeigt sich eine lokalisierte entzündliche<br />

Schwellung des Lidrandes. Nicht selten<br />

findet man mehrere Hordeola nebeneinander.<br />

Das Allgemeinbefinden kann beeinträchtigt<br />

sein. Häufig ist auch die Schwellung präaurikulärer<br />

Lymphknoten sowie Fieber. Lidabszess<br />

und Orbitaphlegmone sind selten.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch. Bei<br />

wiederholtem Auftreten muss ein Diabetes<br />

mellitus ausgeschlossen werden.<br />

Differenzialdiagnose. Blepharitis marginalis,<br />

Chalazion.<br />

Therapie. Trockene Wärme (Rotlicht), desinfizierende<br />

und antibiotische Lokaltherapie beschleunigen<br />

die Einschmelzung. Bei fehlender<br />

Spontanheilung kann eine Stichinzision notwendig<br />

werden.<br />

Prognose. Gutartig, gelegentlich rezidivierend.<br />

B. Chalazion<br />

Ein Chalazion (Hagelkorn, Ba) ist das Ergebnis<br />

einer meist idiopathischen Obstruktion des<br />

Ausführungsganges einer Meibom-Drüse mit<br />

sekundärer lipogranulomatöser Entzündung<br />

(Bb).<br />

Epidemiologie. Eine Alters- oder Geschlechtsdisposition<br />

findet sich nicht. Das Hagelkorn<br />

tritt gehäuft bei seborrhoischer Dermatitis, Rosacea<br />

und Diabetes mellitus auf.<br />

Klinik. Es findet sich eine blasse, runde, derbe<br />

Läsion des Lides. Bei sekundärer, bakterieller<br />

Infektion ist diese schwer von einem Hordeolum<br />

internum zu unterscheiden. Durch Druck<br />

auf den Bulbus kann ein Astigmatismus mit Visusminderung<br />

induziert werden.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Hordeolum, pyogenes<br />

Granulom (Bc), Talgdrüsenkarzinom.<br />

Therapie. Die Zysten können inzidiert und<br />

durch Kurettage entfernt werden. Steroidinjektion<br />

kann die Remission initiieren.<br />

Prognose. Gutartig, gelegentlich rezidivierend.<br />

C. Molluscum contagiosum<br />

Bei den meist zahlreich vorkommenden Dellwarzen<br />

(Molluscum contagiosum, C) handelt es<br />

sich um virusbedingte Papeln mit zentraler<br />

Delle.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Erreger sind DNA-<br />

Viren der Pockengruppe. Die Übertragung<br />

erfolgt durch direkten Kontakt, durch Autoinokulation,<br />

perinatal sowie durch Sexualkontakt.<br />

Die Inkubationszeit schwankt zwischen<br />

1 Woche und 6 Monaten.<br />

Epidemiologie. Vermehrt treten Dellwarzen<br />

bei Kindern und immunsupprimmierten Patienten<br />

auf. Eine Geschlechtsdisposition zeigt<br />

sich nicht.<br />

Klinik. Meist finden sich zahlreiche, stecknadelkopf-<br />

bis erbsgroße, hautfarbene Papeln mit<br />

eingedelltem Zentrum. Auf Druck entleert sich<br />

eine käsige, kontagiöse Masse. Bei Lidrandnähe<br />

lässt sich nicht selten eine Begleitkonjunktivitis<br />

beobachten.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Verruca vulgaris, Milium,<br />

Keratoakanthom, Granulom, Chalazion, Basaliom.<br />

Therapie. Dellwarzen werden inzidiert und<br />

mittels Kurettage oder Exzision entfernt.<br />

Prognose. Gutartig, rezidivierend. Noch nach<br />

Jahren sind Spontanremissionen möglich.<br />

D. Verruca vulgaris<br />

Gelegentlich finden sich am Lid gewöhnliche<br />

Warzen (D). Diese erbsgroßen, halbkugeligen,<br />

harten Knötchen mit stacheliger Oberfläche<br />

sind das Resultat einer Infektion mit Viren der<br />

Papillomavirusgruppe. Die Inkubationszeit beträgt<br />

6 Wochen – 20 Monate. Zum Teil treten sie<br />

in Gruppen auch als Pinsel- oder Fadenwarzen<br />

(Verrucae filiformes) auf. Als therapeutische<br />

Optionen stehen die Abtragung mit dem scharfen<br />

Löffel, Kryotherapie und Elektrokoagulation<br />

zur Verfügung.<br />

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A. Hordeolum<br />

C. Molluscum contagiosum<br />

B. Chalazion<br />

D. Verruca vulgaris<br />

a<br />

Tumoren<br />

b Histologischer Schnitt, ca. 40fach: Lymphozyten,<br />

Epitheloidzellen und Fremdkörperriesenzellen<br />

c Pyogenes Granulom<br />

27<br />

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3 Lider<br />

28<br />

A. Dermoidzyste<br />

Bei der Dermoidzyste (A) handelt es sich um<br />

ein benignes, reifes Teratom.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Zyste entsteht anlagebedingt<br />

durch Versprengung epidermaler<br />

Gewebsanteile in die Tiefe.<br />

Epidemiologie. Die Manifestation reicht von<br />

Geburt bis zum frühen Erwachsenenalter. Eine<br />

Geschlechtsdisposition findet sich nicht.<br />

Klinik. Meist entwickelt sich im temporal oberen<br />

Lidbereich ein ca. 1 cm großer, prallelastischer<br />

Tumor von variabler Verschieblichkeit.<br />

Intraorbitale Lokalisation ist möglich.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Tumoren der Tränendrüse,<br />

Mukozele, Hämangiom, Lymphangiom,<br />

entzündliche Prozesse.<br />

Therapie. Therapie der Wahl stellt die chirurgische<br />

Exzision dar. Größenabhängig ist auch<br />

die Beobachtung möglich.<br />

Prognose. Gutartig, nicht rezidivierend, kein<br />

malignes Transformationsrisiko bekannt.<br />

B. Kapilläres Hämangiom<br />

Das kapilläre Hämangiom (B) stellt eine gutartige<br />

Neubildung der Blutgefäße dar.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Unbekannt.<br />

Epidemiologie. Es findet sich eine Bevorzugung<br />

des weiblichen Geschlechts.<br />

Klinik. Zu beobachten ist eine meist oberflächlich<br />

am Oberlid gelegene, hellrote bis purpurfarbene<br />

Läsion von ca. 1 cm und schwammiger<br />

Konsistenz.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Kavernöses Hämangiom,<br />

Nävus flammeus, Lymphangiom.<br />

Therapie. Therapeutisch kommen Steroidinduktion<br />

der Spontanregression sowie Laserund<br />

Kryokoagulation in Frage.<br />

Prognose. Gutartig, nicht rezidivierend. Regression<br />

mit kompletter Remission in bis zu<br />

90 % in den ersten Lebensjahren.<br />

C. Xanthelasma<br />

Xanthelasmen (C) sind flache, gelbliche Tumoren<br />

des medialen Lidspaltenbereichs, die durch<br />

Cholesterinablagerungen in Makrophagen entstehen.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Ca. 50 % der betroffenen<br />

Patienten leiden an einer Hypercholesterinämie,<br />

im Übrigen handelt es sich um eine lokale<br />

Fettstoffwechselstörung.<br />

Epidemiologie. Die Erkrankung betrifft häufiger<br />

Frauen im höheren Lebensalter.<br />

Klinik. Es finden sich bilaterale, gelblich flache<br />

Plaques im medialen Lidwinkel.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Keine.<br />

Therapie. Neben der Behandlung der Grunderkrankung<br />

steht, aus kosmetischen Gründen, die<br />

chirurgische Exzision oder Laserablation im<br />

Vordergrund.<br />

Prognose. Gutartig, rezidivierend.<br />

D. Keratoakanthom<br />

Das Keratoakanthom (D) stellt einen kugeligen,<br />

epithelialen Tumor dar.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Unbekannt.<br />

Epidemiologie. Der Tumor tritt überwiegend<br />

im höheren Lebensalter auf. Eine Geschlechtsdisposition<br />

findet sich nicht.<br />

Klinik. Innerhalb weniger Wochen entwickelt<br />

sich ein 0,5–1 cm durchmessender, breitbasiger<br />

Tumor mit zentralem Hornkrater, der sich nach<br />

wenigen Wochen unter Hinterlassung einer flachen<br />

Narbe zurückbildet.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Plattenepithelkarzinom,<br />

Basaliom, Verruca vulgaris, aktinische Keratose.<br />

Therapie. Aufgrund der z. T. schwierigen Abgrenzung<br />

zum Plattenepithelkarzinom wird<br />

die chirurgische Exzision mit histologischer<br />

Aufarbeitung empfohlen.<br />

Prognose. Gutartig, nicht rezidivierend, kein<br />

malignes Transformationsrisiko bekannt.<br />

E. Sonstige<br />

Neben den beschriebenen Tumoren finden sich<br />

an gutartigen Läsionen des Lides seborrhoische<br />

und aktinische Keratosen, Nävi (Ea), kongenitale<br />

Hämangiome, Lymphangiome, Fibrome<br />

und Neurofibrome sowie Epidermiszysten.<br />

Eine Sonderstellung nimmt das Cornu cutaneum<br />

(Hauthorn, Eb) ein. Es handelt sich hierbei<br />

um gelblich-braune Auswüchse der Haut<br />

unterschiedlicher Histogenese, die aufgrund<br />

ihres malignen Transformationsrisikos exzidiert<br />

werden.<br />

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A. Dermoidzyste B. Kapilläres Hämangiom<br />

C. Xanthelasma D. Keratoakanthom<br />

Tumoren<br />

E. Sonstige<br />

a Nävus<br />

b Cornu cutaneum<br />

29<br />

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3 Lider<br />

30<br />

A. Basaliom<br />

Das Basaliom ist ein semimaligner Tumor der<br />

Haut, ausgehend von den epidermalen Basalzellen<br />

und den Zellen der äußeren Haarwurzelscheiden.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Ätiologie ist nicht<br />

endgültig geklärt. Chronischer Lichtexposition<br />

kommt Bedeutung zu. Präkanzerosen sind nicht<br />

bekannt.<br />

Epidemiologie. Der Tumor tritt typischerweise<br />

im höheren Lebensalter auf und macht 90 % der<br />

malignen und 20 % aller Lidtumoren aus. Eine<br />

Geschlechtsdisposition findet sich nicht.<br />

Klinik. Nach dem Wachstumsverhalten werden<br />

verschiedene Formen unterschieden:<br />

● nodulärer (solider) Typ (Aa): 75 %, langsam<br />

wachsender, nicht druckschmerzhafter Knoten,<br />

zentral ulzerierend (Ab), perlmuttartiger<br />

Schimmer, Teleangiektasien,<br />

● pigmentierter Typ (Ac): 10 %,<br />

● sklerosierender (Morphaea-)Typ (Ad),<br />

● superfizieller Typ.<br />

Mischformen sind häufig. Bevorzugte Lokalisation<br />

ist das mediale Unterlid. Der Tumor wächst<br />

infiltrativ und destruierend.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch und<br />

histologisch.<br />

Differenzialdiagnose. Andere maligne Tumoren<br />

des Lides, Keratoakanthom, seborrhoische<br />

Keratose, Verruca vulgaris.<br />

Therapie. Therapie der Wahl stellt die chirurgische<br />

Exzision mit anschließender plastischer<br />

Deckung dar. Daneben werden gelegentlich<br />

auch Kryo- und Strahlentherapie mit guten Ergebnissen<br />

eingesetzt.<br />

Prognose. Rezidive treten in 5–15 % auf. Metastasierung<br />

bei 0,1 %.<br />

B. Plattenepithelkarzinom<br />

Das Plattenepithelkarzinom (B) ist ein schnell<br />

wachsender und metastasierender Tumor epithelialen<br />

Ursprungs.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Ätiologie ist nicht<br />

abschließend geklärt. Eine Disposition besteht<br />

bei Lichtexposition. Entstehung aus Präkanzerosen<br />

sowie de-novo ist bekannt.<br />

Epidemiologie. Es findet sich eine Bevorzugung<br />

des männlichen Geschlechts sowie des<br />

höheren Lebensalters. Der Tumor macht fast<br />

10 % der malignen und 2 % aller Lidtumoren aus.<br />

Klinik. Über Monate entwickelt sich eine flache,<br />

erythematöse Läsion mit Krusten und Ulzeration,<br />

die sich später knotig, papillomatös<br />

oder zystisch umwandelt.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch und<br />

histologisch.<br />

Differenzialdiagnose. Keratoakanthom, andere<br />

maligne Tumoren und Präkanzerosen des<br />

Lides.<br />

Therapie. Therapie der Wahl ist die histologisch<br />

kontrollierte Exzision.<br />

Prognose. Rezidive treten in 10–20 % auf. Metastasierung<br />

bei 1–21 %, Letalität 10–15 %.<br />

C. Talgdrüsenkarzinom<br />

Talgdrüsenkarzinome (C) sind schnell wachsende<br />

und metastasierende Tumoren, die überwiegend<br />

von den Meibom- und Zeis-Drüsen<br />

ausgehen.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Ätiologie ist unbekannt.<br />

Epidemiologie. Talgdrüsenkarzinome treten<br />

bevorzugt im höheren Lebensalter auf. Frauen<br />

scheinen gering häufiger betroffen. Der Tumor<br />

macht 0,2–0,7 % aller und etwa 1 % der malignen<br />

Lidtumoren aus.<br />

Klinik. Der überwiegend am Oberlid lokalisierte<br />

Tumor zeigt sich zu Beginn chalazionähnlich<br />

als fester, nicht schmerzhafter Tumor. Späte<br />

Ulzeration ist möglich. Häufig findet sich ein<br />

Zilienverlust.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch und<br />

histologisch.<br />

Differenzialdiagnose. Chalazion, andere maligne<br />

Tumoren und Präkanzerosen des Lides.<br />

Therapie. Die chirurgische Exzsion steht im<br />

Vordergrund.<br />

Prognose. Rezidive finden sich in 10–40 %, lymphogene<br />

Metastasierung in 17–28 %. Die Letalität<br />

beträgt 5–15 %.<br />

Neben den beschriebenen Tumoren finden sich<br />

an seltenen bösartigen Läsionen des Lides maligne<br />

Melanome, Merkelzellkarzinome, Kaposi-<br />

Sarkome, Chondrosarkome sowie Metastasen.<br />

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A. Basaliom<br />

a Nodulärer Typ<br />

b Basaliom, stark ulzerierend<br />

Tumoren<br />

c Pigmentierter Typ<br />

d Morphaea-Typ: mediales Unterlid und innerer Lidwinkel<br />

B. Plattenepithelkarzinom C. Talgdrüsenkarzinom<br />

31<br />

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3 Lider<br />

32<br />

A. Operative Veränderungen<br />

Häufige unerwünschte operative Folge ist die<br />

Ausbildung eines Narbenkeloids. Es handelt<br />

sich hierbei um eine derbe, platte oder strangförmige,<br />

manchmal juckende Bindegewebswucherung,<br />

die sich bei individueller und ethnischer<br />

Disposition Wochen bis Monate nach<br />

dem Eingriff im Bereich der Operationsnarbe<br />

entwickelt. Im Gegensatz zu hypertrophen<br />

Narben ist die Ausdehnung auch auf primär unbeschädigte<br />

Haut möglich. Die Therapie besteht<br />

aus der intraläsionalen Injektion von<br />

Glukokortikoiden, Röntgenbestrahlung, einem<br />

Druckverband sowie der evtl. chirurgischen<br />

Revision bei Narbenkontrakturen.<br />

Im Verlauf der postoperativen Wundheilung<br />

können Lidfehlstellungen entstehen, die z. T.<br />

Revisionsoperationen notwendig machen. Hierzu<br />

zählen in erster Linie Ektropium, Entropium<br />

und Ptosis.<br />

B. Trauma<br />

Lidtraumen sind häufige Verletzungen. Ca. 3 / 4<br />

der Patienten sind männlichen Geschlechts.<br />

Das Durchschnittsalter liegt zwischen dem 30.<br />

und 60. Lebensjahr. Bei mehr als der Hälfte der<br />

Verletzungen handelt es sich um stumpfe Traumata<br />

durch Stürze, Gewalttätigkeiten (Ba), Verkehrsunfälle,<br />

Arbeit und Sport (Bb). Ansonsten<br />

sind neben Schnitt- und Bissverletzungen<br />

(Bc – e) insbesondere Verätzungen und Verbrennungen<br />

(Bf) häufig. Bei etwa der Hälfte<br />

aller Lidtraumata zeigt sich auch eine mehr<br />

oder minder stark ausgeprägte Bulbusverletzung,<br />

die von oberflächlichen Läsionen bis zu<br />

schwersten Bulbuspenetrationen und -berstungen<br />

reichen kann. Schwere, ausgedehnte<br />

und multiple Schnittverletzungen des Gesichtsbereiches<br />

nach Verkehrsunfällen sind<br />

durch die Anschnallpflicht im Auto und die Einführung<br />

splitterfreien Glases selten geworden.<br />

Nicht selten finden sich Lidverletzungen im<br />

Rahmen umfassender Schädel- und Gesichtsverletzungen<br />

oder kombiniert mit anderen Organverletzungen<br />

beim Polytrauma. Aufgrund<br />

der kollateralen Durchblutung und der lockeren<br />

Struktur des Lidbindegewebes entwickeln<br />

sich schnell Blutungen und Lidödeme, die sich<br />

auch auf die primär nicht betroffene Seite ausbreiten<br />

können. Frakturen der Orbita, des<br />

Mittelgesichtes sowie der Schädelbasis sollten<br />

ausgeschlossen werden. Abhängig von Tiefe<br />

und Ausdehnung der Lidverletzung unterscheidet<br />

man Schürfwunden, Kontusionen, Lazerationen,<br />

Avulsionen und Stichwunden. Bei<br />

durchgreifenden Defekten am Oberlid ist nicht<br />

selten der M. levator palpebrae mitbetroffen,<br />

was zu einer posttraumatischen Ptosis führen<br />

kann. Bei Lidverletzungen im medialen Lidwinkel<br />

kommt es häufig zu Läsionen der<br />

abführenden Tränenwege. Insbesondere die<br />

Durchtrennung des Lidbändchens spielt aufgrund<br />

der posttraumatischen Lidfehlstellungen<br />

eine wichtige Rolle. Die Infektionsgefahr nach<br />

Lidverletzungen ist als gering einzustufen. Bei<br />

der Behandlung von Lidtraumen wird zwischen<br />

Primärversorgung und evtl. notwendiger Spätkorrektur<br />

unterschieden. Ziel der Erstversorgung<br />

ist die Wiederherstellung anatomischer<br />

Verhältnisse und regelrechter Funktion. Die<br />

Versorgung der Lidverletzung richtet sich nach<br />

dem Ausmaß der Schädigung und reicht von<br />

einfachen Einzelknopfnähten und Lidkantennähten<br />

bis hin zu großflächigen Verschiebeplastiken.<br />

Durch Narbenbildung können im<br />

Verlauf der Wundheilung Fehlstellungen der<br />

Lider auftreten, die erneute Revisionsoperationen<br />

notwendig machen. Die häufigsten posttraumatischen<br />

Fehlstellungen sind Ektropium,<br />

Lidretraktion, Entropium mit Trichiasis, Fehlstellung<br />

der Lidwinkel und Ptosis.<br />

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B. Trauma<br />

a Lidhämatom durch Faustschlag<br />

b Lidhämatom durch Squashball<br />

Operative Veränderungen und Trauma<br />

c Schweres Lidtrauma mit Lidkantenabriss und<br />

Substanzdefekt<br />

d Multiple Schnittverletzungen (Windschutzscheibenverletzung)<br />

e Hundebissverletzung<br />

f Schmauchverletzung<br />

33<br />

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4 Tränenapparat<br />

34<br />

A. Angeborene Veränderungen der<br />

Tränendrüse<br />

Völliges Fehlen der Tränendrüse (Aplasie), <strong>Verlag</strong>erung<br />

(Ektopie), Tränendrüsenzysten (Dakryops,<br />

A) oder Tränendrüsenfisteln sind selten.<br />

B. Trockenes Auge: Sicca-Syndrom<br />

Komplexe qualitative und quantitative Störungen<br />

der Bildung und Oberflächenhaftung des<br />

Tränenfilms.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Multifaktoriell durch<br />

ophthalmologische und allgemeine Erkrankungen<br />

sowie durch exogene Faktoren verursacht<br />

(Tab. 1).<br />

Epidemiologie. Sehr häufig. Beschwerden bei<br />

ca. 22 % der Frauen und 10 % der Männer zwischen<br />

55–60 Jahren. Zeichen einer Keratoconjunctivitis<br />

sicca bei 20 % der Frauen und 15 % der<br />

Männer zwischen 45–54 Jahre.<br />

Klinik. Trockenheit, Druckgefühl, Schmerzen,<br />

Brennen, Kratzen, Fremdkörpergefühl, Lichtscheu,<br />

Lidschwellung. Hornhautstippung, korneale<br />

Epithelfilamente, lidkantenparallele, konjunktivale<br />

Falten (LIPCOF), Tränenmeniskus<br />

unregelmäßig und/oder reduziert < 0,2 mm.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch und<br />

mithilfe von Tests, u. a. Schirmer-I-Test < 10 mm/<br />

5 min, Basalsekretionstest nach Jones < 10 mm/<br />

5 min, Tränenfilmaufrisszeit < 10 s.<br />

Differenzialdiagnose. Infektion, Asthenopie.<br />

Therapie. Tränenersatzmittel, Uhrglasverband,<br />

Seitenschutzbrille, Punctum plug. Behandlung<br />

der Grunderkrankung. Reduktion exogener<br />

Faktoren (Rauch, Staub, Nachtarbeit etc.).<br />

Prognose. Selten erhebliche Beschwerden. Vermehrt<br />

bakterielle Superinfektion.<br />

C. Akute Dakryoadenitis<br />

Plötzliche, einseitige, entzündliche, druckschmerzhafte<br />

Schwellung der Tränendrüse.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Tab. 2.<br />

Epidemiologie. Meist Frauen mittleren Alters.<br />

Klinik. Rötung, Schwellung, Druckschmerz des<br />

lateralen Oberliddrittels (Paragraphenform<br />

des Oberlides, C), Bindehautchemose, tastbare<br />

präaurikuläre Lymphknoten, Fieber, allgemeines<br />

Krankheitsgefühl, Leukozytose.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch.<br />

Differenzialdiagnose. Lid-/Orbitaphlegmone,<br />

Hordeolum, Lidabszess, Sinusitis, Erysipel.<br />

Therapie. Antibiotische Therapie. Inzision und<br />

Drainage.<br />

Prognose. Krankheitsverlauf über 8–10 Tage.<br />

D. Chronische Dakryoadenitis<br />

Schmerzlose, ein- oder beidseitige, gering entzündliche<br />

Schwellung der Tränendrüse.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Folge einer akuten<br />

Dakryoadenitis, granulomatöse Entzündungen<br />

(Tab. 3).<br />

Epidemiologie. Meist Männer über 40 Jahre.<br />

Klinik. Schmerzlose Schwellung des lateralen<br />

Oberlids.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch. Weitere<br />

Untersuchungen erfolgen je nach Grunderkrankung.<br />

Biopsie.<br />

Differenzialdiagnose. Tumoren, Dermoid, Osteomyelitis,<br />

systemische Erkrankungen.<br />

Therapie. Behandlung der Grunderkrankung.<br />

Prognose. Je nach Grunderkrankung.<br />

E. Pleomorphes Adenom (benigner<br />

Mischtumor)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Unbekannt. Gutartiger<br />

Tumor epi- und myoepithelialer Zellen.<br />

Epidemiologie. Häufigster epithelialer Tumor<br />

der Tränendrüse (50 %). Altersgipfel 4.–5. Lebensjahrzehnt.<br />

Das Verhältnis Männer zu Frauen<br />

beträgt 1,5–2:1.<br />

Klinik. Schmerzloser, langsam wachsender<br />

Tumor. Visusminderungen und Doppelbilder<br />

werden nicht angegeben. Verdrängung des Bulbus<br />

nach nasal unten.<br />

Diagnose. Die CT zeigt einen scharf begrenzten<br />

Tumor. Knochenatrophie möglich. In der<br />

NMR stellt sich der Tumor im T1-Bild hypointens,<br />

im T2-Bild hyperintens dar. Bulbusverformung<br />

möglich.<br />

Differenzialdiagnose. Adenoid-zystisches Karzinom.<br />

Therapie. Vollständige Exzision einschließlich<br />

der Pseudokapsel. Die inzisionale Biopsie führt<br />

zu einer hohen Rezidivrate.<br />

Prognose. 5-Jahres-Überlebensrate von 99 %.<br />

Rezidive nach unvollständiger Exzision, dann<br />

auch maligne Transformation möglich.<br />

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A. Angeborene Veränderungen der<br />

Tränendrüse<br />

Tränendrüsenzyste<br />

C. Akute Dakryoadenitis<br />

Paragraphenform des Oberlides<br />

Tab. 2 Ätiologie/Pathogenese der<br />

Dacryoadenitis acuta<br />

• bakteriell<br />

– Staphylokokken<br />

– Streptokokken<br />

– Gonokokken<br />

• viral<br />

– Mumps<br />

–Masern<br />

– Scharlach<br />

– Mononukleose<br />

– Herpes zoster<br />

B. Sicca-Syndrom<br />

Tab.1 Ursachen des Sicca-Syndroms<br />

• Allgemeinerkrankungen<br />

– Diabetes mellitus<br />

– Schilddrüsenerkrankungen: Hypothyreose,<br />

endokrine Orbitopathie, Hashimoto-Thyreoiditis<br />

– Sjögren-Syndrom, rheumatoide Arthritis, SLE<br />

(systemischer Lupus erythematodes), Wegener-Granulomatose,<br />

systemische Sklerodermie<br />

– Hauterkrankungen: Neurodermitis, Acne rosacea,<br />

Allergien<br />

–Schwangerschaft<br />

• äußere Einflüsse<br />

– Rauch, trockene Heizluft, Klimaanlagen<br />

– Nachtarbeit<br />

– Kontaktlinsen<br />

– Kosmetika<br />

• Medikamente<br />

–Analgetika<br />

– Antiarrhythmika<br />

– Antihistaminika<br />

– Antihypertensiva<br />

– Hormone<br />

– Lipidsenker<br />

– Psychopharmaka<br />

– synthetische Retinoide<br />

– Virustatika<br />

– Zytostatika<br />

• Erkrankungen des Auges<br />

– systemische, infektiöse, tumoröse oder operative<br />

Veränderung der Tränendrüse<br />

– Veränderungen der Bindehaut: Trachom,<br />

Pemphigoid, Allergien, Operationen, Stevens-<br />

Johnson-Syndrom, Verbrennung, Verätzung,<br />

Bestrahlung<br />

– Veränderungen der Hornhaut: Dystrophien,<br />

Zustand nach KPL (Keratoplastik)<br />

– Lidfehlstellungen, Lidschlussdefizit, Blepharitis<br />

Erkrankungen der Tränendrüse<br />

D. Chronische Dakryoadenitis E. Pleomorphes Adenom<br />

Tab. 3 Ätiologie/Pathogenese der<br />

Dacryoadenitis chronica<br />

• nicht ausgeheilte akute Dakryoadenitis<br />

• chronische Konjunktivitis<br />

• Tuberkulose<br />

• Syphilis<br />

•Lepra<br />

• Sarkoidose<br />

• Aktinomyzeten<br />

• Nokardiose<br />

•Trachom<br />

35<br />

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4 Tränenapparat<br />

36<br />

A. Adenoid-zystisches Karzinom<br />

Ätiologie/Pathogenese. Nicht bekannt.<br />

Epidemiologie. Häufigster maligner, zweithäufigster<br />

epithelialer Tränendrüsentumor (25–<br />

30 %). Altersgipfel bei Frauen um 40 Jahre.<br />

Klinik. Rasch wachsend. Schmerzen bei neuraler<br />

oder ossärer Tumorinfiltration.<br />

Diagnose. In der CT rundliche, schlecht abgrenzbare<br />

Raumforderung mit irregulärer Oberfläche<br />

und Knochendestruktionen. Die NMR<br />

zeigt zystische iso- oder hyperintense Veränderungen<br />

im T1-Bild.<br />

Differenzialdiagnose. Tab. 1.<br />

Therapie. Radikale Resektion. Bestrahlung.<br />

Prognose. 5-Jahres-Überlebensrate von 21 %.<br />

Rezidive und Metastasierung in die Lunge. Die<br />

Prognose ist vom histologischen Befund abhängig.<br />

B. Erkrankungen der ableitenden Tränenwege<br />

Leitbild aller Erkrankungen der ableitenden<br />

Tränenwege ist die Epiphora. Epiphora unmittelbar<br />

postnatal beruht auf Atresien oder<br />

Stenosen der Tränenwege, insbesondere der<br />

Hasner-Klappe. Entzündungszeichen weisen<br />

auf Infektionen hin, die akut oder chronisch<br />

verlaufen können und als Kanalikulitis oder Dakryozystitis<br />

imponieren. Seltenere Ursache der<br />

Epiphora sind Tumoren.<br />

Malignitätsverdächtige Zeichen sind:<br />

● Resistenzentwicklung oberhalb des medialen<br />

Lidbändchens,<br />

● Teleangiektasien über einer Tränensackschwellung,<br />

● blutige Absonderung, Nasenbluten, blutiger<br />

Reflux nach Tränenwegspülung.<br />

C. Akute Dakryozystitis<br />

Ätiologie/Pathogenese. Partielle oder vollständige<br />

infrasakkale Tränenwegstenose mit Entzündung<br />

durch Infektionen, Tumoren, Fremdkörper,<br />

nach Trauma oder durch granulomatöse<br />

Erkrankungen.<br />

Epidemiologie. Erwachsene zwischen 50–60.<br />

Klinik. Epiphora, akute, einseitige schmerzhafte<br />

Entzündung des Tränensackes, Eiteraustritt<br />

aus dem Tränenpünktchen, Fieber, allgemeines<br />

Krankheitsgefühl, Schmerz strahlt in die Stirnund<br />

Zahnregion aus.<br />

Diagnose. Wird klinisch gestellt. Abstrich mit<br />

Antibiogramm.<br />

Differenzialdiagnose. Orbitaphlegmone, Entzündung<br />

der Nasennebenhöhlen, Erysipel.<br />

Therapie. Konservativ: Tab. 2. Zur Entlastung<br />

Vereisung, dann Stichinzision. Später häufig<br />

Dakryozystorhinostomie nötig.<br />

Prognose. Spontane Entleerung des Eiters in<br />

die Ethmoidalzellen, den Konjunktivalsack und<br />

die Nase möglich. Dabei kann es zu einer Chemose,<br />

zu Lidödemen und zu einem Erysipel<br />

kommen, seltener zur Ausbildung einer Orbitaphlegmone.<br />

D. Chronische Dakryozystitis<br />

Ätiologie/Pathogenese. Kongenitale oder idiopathische<br />

Obstruktionen des Ductus nasolacrimalis<br />

z. B. durch eine nicht ausgeheilte akute<br />

Dakryozystitis, Dakryolithen, Fremdkörper, Tumoren,<br />

Erkrankungen der Umgebung (Sinusitis,<br />

Tumoren), Trauma.<br />

Epidemiologie. Siehe akute Dakryozystitis.<br />

Klinik. Epiphora, Entzündungszeichen fehlen,<br />

bei Druck auf den Tränensack entleeren sich<br />

große Mengen schleimig-eitrigen Sekrets.<br />

Diagnose. Abstrich, Tränenwegsondierung.<br />

Differenzialdiagnose. Keine.<br />

Therapie. Tab. 2, Dakryozystorhinostomie.<br />

E. Traumatologie der Tränenwege<br />

Diese Verletzungen treten häufig zusammen<br />

mit Lid- und Gesichtsverletzungen auf, insbesondere<br />

bei Verletzungen des nasalen Lidwinkels.<br />

Betroffen sind in 70 % die Canaliculi, seltener<br />

der Tränensack (20 %) und der Ductus<br />

nasolacrimalis (10 %). Durch eine gründliche<br />

Inspektion unter dem Operationsmikroskop<br />

und Spülung mit Methylenblau oder Fluoreszein<br />

kann der Defekt und der Canaliculus lokalisiert<br />

werden. Bei Verdacht auf Frakturen oder<br />

Fremdkörper ist eine Röntgenaufnahme der<br />

Orbita in zwei Ebenen oder eine CT indiziert.<br />

Therapeutisch ist die frühstmögliche Rekonstruktion<br />

mit Silastikschlauchintubation der<br />

Tränenwege anzustreben. Die Prognose hängt<br />

vom Ausmaß der Verletzung ab. Lidfehlstellungen<br />

und Stenosen des Tränenwegssystems sind<br />

möglich.<br />

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A. Adenoid-zystisches Karzinom B. Erkrankungen der ableitenden<br />

Tränenwege<br />

Tab. 1 Differenzialdiagnosen der Tumoren im<br />

temporal oberen Orbitaquadranten<br />

• benigne<br />

– Dakryops<br />

– alle Formen der Dakryoadenitis<br />

– pleomorphes Adenom<br />

– Dermoidzyste<br />

– benigner lymphoider Tränendrüsentumor<br />

– eosinophiles Granulom<br />

– aneurysmatische Knochenzyste<br />

– Cholesteringranulom<br />

• maligne<br />

– adenoid-zystisches Karzinom<br />

– pleomorphes Adenokarzinom<br />

– mukoepidermoides Karzinom<br />

– Plattenepithelkarzinom<br />

– Onkozytom<br />

– malignes Lymphom<br />

–Metastasen<br />

Verschluss des oberen und<br />

unteren Tränenröhrchens<br />

Verschluss des Canalicus<br />

communis<br />

postsakkaler Verschluss<br />

beim Übergang in die Nase<br />

Stenosen in den ableitenden Tränenwegen<br />

D. Chronische Dakryozystitis<br />

Tränendrüsentumore, Ableitende Tränenwege<br />

C. Akute Dakryozystitis<br />

Tab. 2 Therapie der akuten Kanalikulitis/<br />

Dakryozystitis<br />

Tränenwegstenose durch Papillome<br />

E. Traumatologie der Tränenwege<br />

• bakteriell<br />

– lokal: Gentamicin AT 5 x d, Gentamicin AS<br />

z. N. für insgesamt 14 d; desinfizierende Umschläge<br />

mit Rivanol-Lösung 1 : 1000; zum Abschwellen<br />

Xylometazolin AT 3 x d<br />

– systemisch: z. B. Dicloxacillin p. o. für insgesamt<br />

10 – 14 d<br />

– Aktinomyzeten: Tetrazyklin AS 3 x d<br />

• Chlamydien<br />

– lokal: Tetrazyklin, Ofloxacin, Erythromycin AS<br />

3 x d für 6 Wochen<br />

– systemisch: Tetrazyklin, Erythromycin, Doxyzyklin<br />

oder Sulfamethoxazol p. o. für 3 Wochen<br />

Tränenwegabriss<br />

•Pilze<br />

–z. B. Natamycin AS 1 – 2 stdl.<br />

•Viren<br />

– Varicella zoster: Aciclovir Tbl. 5 x 800 mg für<br />

7 d, Aciclovir AS 5 x d 3 d über das Abheilen<br />

hinaus<br />

Dacryocystitis acuta bei persistierender Hasner-<br />

Membran<br />

37<br />

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5 Augenhöhle<br />

38<br />

A. Symptomatik orbitaler Erkrankungen<br />

Die Augenhöhle (Orbita) besitzt enge topographische<br />

Beziehungen zu den Nasennebenhöhlen<br />

und ist über den Canalis opticus und die Fissura<br />

orbitalis superior mit dem Schädelinneren<br />

verbunden. Primär orbitale Prozesse können<br />

sich daher in die Nasennebenhöhlen und die<br />

Chiasmaregion ausdehnen, umgekehrt können<br />

auch primär in diesen Regionen entstehende<br />

Prozesse sekundär die Augenhöhle erfassen.<br />

Ebenso ist eine Expansion primär intraokularer<br />

Erkrankungen in die Augenhöhle wie auch primär<br />

intraorbitaler Prozesse in den Bulbus möglich.<br />

Die pyramidenförmige Augenhöhle ist nach<br />

vorn durch den Bulbus und das Septum orbitale<br />

abgeschlossen, ansonsten knöchern begrenzt.<br />

Die wesentlichen Erkrankungen der<br />

Augenhöhle, nämlich Entzündungen, Tumoren<br />

und verletzungsbedingte Blutungen gehen in<br />

der Regel mit einer Volumenvermehrung und<br />

einer Druckerhöhung in der Augenhöhle einher.<br />

Die orbitale Symptomatik erklärt sich deshalb<br />

zumeist durch <strong>Verlag</strong>erung und/oder Kompression<br />

orbitaler Strukturen und des Bulbus.<br />

Symptome orbitaler Erkrankungen sind:<br />

● Der Exophthalmus (Aa – c), das Hervortreten<br />

des Auges (Protrusio bulbi, Proptosis), ist das<br />

Hauptsymptom einer orbitalen Raumforderung.<br />

Im Muskeltrichter gelegene (intrakonale)<br />

Raumforderungen wie z. B. Optikusgliom<br />

und -scheidenmeningeom führen zu einer<br />

Protrusion nach achsial-vorne. Eine extrakonale<br />

Volumenvermehrung führt hingegen<br />

meist zu einer <strong>Verlag</strong>erung des Auges in die<br />

vom pathologischen Prozess entgegengesetzte<br />

Richtung. In der Regel lässt sich der Exophthalmus<br />

gut bei Beobachtung von der Seite erkennen.<br />

Die Messung erfolgt mit dem<br />

Exophthalmometer nach Hertel, mit dem der<br />

Abstand des vorderen Hornhautpoles vom<br />

seitlichen Rand der knöchernen Augenhöhle<br />

bestimmt wird, wobei es vor allem auf den<br />

Seitenvergleich ankommt. Ein stark vergrößertes<br />

Auge wie z. B. bei hoher Myopie oder<br />

Hydrophthalmus sowie ein Enophthalmus der<br />

Gegenseite können einen Exophthalmus vortäuschen<br />

(„Pseudo-Exophthalmus“).<br />

● Der Enophthalmus (s. S. 47, Ac), das Zurücksinken<br />

des Auges, ist Ausdruck eines Volumenmangels<br />

in der Augenhöhle. Im Alter ist<br />

dieser durch einen Schwund des orbitalen<br />

Fettkörpers bedingt. Ursache des einseitigen<br />

Enophthalmus ist meist eine Fraktur orbitaler<br />

Knochen (vor allem Orbitaboden und Siebbeinzellen)<br />

mit <strong>Verlag</strong>erung orbitalen Gewebes.<br />

Auch mit einer Gewebsschrumpfung<br />

einhergehende Prozesse wie z. B. manche Metastasen<br />

von Brustkarzinomen können einen<br />

Enophthalmus hervorrufen. Der Enophthalmus<br />

beim Horner-Syndrom ist meist nur diskret.<br />

Aufgrund des fehlenden Widerlagers<br />

steht das Oberlid bei Enophthalmus oft tiefer.<br />

Die Messung des Enophthalmus erfolgt ebenfalls<br />

mit dem Exophthalmometer nach Hertel.<br />

Eine Verkleinerung des Auges wie beim anlagebedingten<br />

Mikrophthalmus oder der Phthisis<br />

bulbi kann einen Enophthalmus vortäuschen.<br />

● Ein Motilitätsdefizit (Strabismus, Ac) wird<br />

dadurch verursacht, dass raumfordernde und<br />

destruktive Prozesse der Augenhöhle oft die<br />

Augapfelbeweglichkeit durch direkte Beeinträchtigung<br />

der Augenmuskeln (mechanische<br />

Parese) oder Läsion der motorischen<br />

Nerven (neurogene Parese) vermindern. Bei<br />

seitendifferenter Verminderung der Bulbusmotilität<br />

resultieren Schielstellung und<br />

meist Doppelbildwahrnehmung. Ausmaß des<br />

Motilitätsdefizites und Schielwinkel werden<br />

mit strabologischen Methoden bestimmt.<br />

● Eine Expositionskeratitis und u. U. ein Hornhautgeschwür<br />

kann sich bei Exophthalmus<br />

entwickeln, da der Lidschlag und die Befeuchtung<br />

der Augenoberfläche dabei eingeschränkt<br />

sind.<br />

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A. Symptomatik orbitaler Erkrankungen<br />

a Exophthalmus rechts bei Optikusgliom; Retraktion des Oberlides (Pupille medikamentös erweitert)<br />

Symptomatik<br />

c Entzündlicher Augenhöhlentumor rechts mit<br />

Exophthalmus und erweiterten episkleralen<br />

Gefäßen; massive Einschränkung der Augapfelbeweglichkeit<br />

bei Blick nach rechts<br />

b Exophthalmus bei seitlicher Betrachtung<br />

39<br />

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5 Augenhöhle<br />

40<br />

A. Symptomatik orbitaler Erkrankungen<br />

(Fortsetzung)<br />

Weitere Symptome orbitaler Erkrankungen:<br />

● Zu Störungen der visuellen Funktion kann es<br />

kommen, wenn eine orbitale Raumforderung<br />

den N. opticus direkt oder indirekt durch die<br />

Erhöhung des Drucks in der Augenhöhle<br />

komprimiert und so zu einem Gesichtsfeldoder<br />

Sehschärfenverlust führt. Läsionen des<br />

Sehnervs mit visuellem Funktionsverlust entstehen<br />

darüber hinaus nicht selten durch Verletzungen<br />

oder orbitale Infektionen. Bei zentraler<br />

Hornhauttrübung im Rahmen einer<br />

Expositionskeratitis resultiert ebenfalls eine<br />

Minderung des Visus.<br />

● Die Schwellung des Sehnervkopfes (Papillenödem)<br />

ist ein häufiger, wenngleich eher unspezifischer<br />

Befund bei orbitalen Prozessen.<br />

Im Gegensatz zur Stauungspapille bei intrakraniellem<br />

Überdruck geht das Papillenödem<br />

bei Prozessen der Augenhöhle oft schon frühzeitig<br />

mit einem Funktionsabfall einher.<br />

● Eine länger bestehende Sehnervkompression<br />

führt zu einem Verlust von Ganglienzellaxonen<br />

sowie Gefäßen im Sehnervkopfbereich<br />

(Optikusatrophie, Aa). Als Folge hellt sich die<br />

Papille auf.<br />

● Durch chronische Sehnervkompression (z. B.<br />

bei langsam fortschreitenden Sehnervtumoren)<br />

bilden sich mitunter Anastomosen zwischen<br />

den Gefäßen auf der Papille und jenen<br />

der peripapillären Aderhaut (optikoziliare<br />

Shuntgefäße, Aa).<br />

● Eine Kompression des Bulbus von hinten kann<br />

eine Fältelung der Aderhaut hervorrufen (Aderhautfalten,<br />

Ab). Diese meist recht parallel<br />

angeordneten Aderhautfalten sind funduskopisch<br />

sichtbar, kommen aber noch besser<br />

angiographisch zur Darstellung. Sie reduzieren<br />

die visuelle Funktion eher wenig.<br />

● Seltener indentieren orbitale Tumoren den<br />

Bulbus (Bulbusindentation), so dass das Bild<br />

eines intraokularen Tumors entstehen kann.<br />

● Veränderungen der Lider, wie die Retraktion<br />

des Oberlides sind typisch für die endokrine<br />

Orbitopathie, kommen aber auch bei allen Formen<br />

des fortgeschrittenen Exophthalmus vor.<br />

Schwellungen der Tränendrüse verleihen dem<br />

Oberlid oft die Form eines liegenden Paragraphenzeichens<br />

(Ac).<br />

● Orbitale Erkrankungen gehen häufig mit Veränderungen<br />

an der Bindehaut einher. Entzündungen<br />

der Augenhöhle rufen meist, tumoröse<br />

Prozesse gelegentlich eine Rötung<br />

(Injektion) und Schwellung (Chemose) der<br />

Bindehaut hervor. Carotis-Sinus-cavernosus-<br />

Fisteln sind aufgrund des erhöhten orbitalen<br />

Venendrucks durch eine Erweiterung konjunktivaler<br />

und episkleraler Gefäße gekennzeichnet.<br />

● Zu einer Augendruckerhöhung kann es kommen,<br />

da das Kammerwasser in die orbitalen<br />

Venen drainiert wird. Deren Kompression<br />

führt u. U. zu einem Rückstau des Kammerwassers<br />

und so zu einer Erhöhung des Augendruckes.<br />

Eine venöse, orbitale Abflussstörung<br />

mit okulärer Hypertension ist typisch für<br />

Carotis-Sinus-cavernosus-Fisteln. Bei der<br />

endokrinen Orbitopathie kann es zu einer<br />

blickrichtungsabhängigen Druckerhöhung<br />

kommen („Pseudo-Glaukom“).<br />

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A. Symptomatik orbitaler Erkrankungen (Fortsetzung)<br />

a Temporale Aufhellung des Sehnervs (Optikusatrophie) und Shuntgefäße bei Optikusgliom<br />

Symptomatik (Fortsetzung)<br />

b Weitgehend parallel verlaufende Aderhautfalten bei Orbitametastase<br />

c Entzündung der Tränendrüse (Dakryoadenitis) links mit typischer Paragraphenform<br />

41<br />

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5 Augenhöhle<br />

42<br />

A. Diagnostik orbitaler Prozesse<br />

Die Diagnostik beginnt stets mit der Anamneseerhebung<br />

und der klinischen Untersuchung.<br />

In Abhängigkeit hiervon kommen bildgebende<br />

Verfahren zum Einsatz.<br />

Anamnese. Die genaue Erhebung der Vorgeschichte<br />

liefert oft wertvolle diagnostische<br />

Hinweise. Gefragt wird nach Entwicklung (akut<br />

oder langsam), Dauer und Art der Beschwerden,<br />

Schmerzhaftigkeit (Entzündungen meist<br />

schmerzhaft, Tumoren meist nicht schmerzhaft)<br />

und einer vorausgegangenen Verletzung.<br />

Klinische Untersuchung. Die klinische Untersuchung<br />

umfasst neben dem Aspekt im Auflicht<br />

sowie an der Spaltlampe vor allem die Messung<br />

des Exophthalmus mit dem Exophthalmometer<br />

nach Hertel. Anterior gelegene Prozesse sollten,<br />

sofern möglich, zur Bestimmung der Konsistenz<br />

palpiert werden. Ein beim Tasten knisterndes<br />

Luftemphysem ist fast beweisend für<br />

eine Fraktur der Ethmoidalzellen.<br />

Funktionsprüfung. Zur Funktionsdiagnostik<br />

bei Erkrankungen der Augenhöhle gehören als<br />

einfache Tests die Bestimmung von Sehschärfe,<br />

Stellung und Beweglichkeit der Augen sowie<br />

die Überprüfung der Pupillenafferenz (Swinging-Flashlight-Test).<br />

Meist ist auch eine Gesichtsfelduntersuchung<br />

(Perimetrie) nötig. Eine<br />

Sensibilitätsstörung im Ausbreitungsgebiet des<br />

N. infraorbitalis deutet bei entsprechender<br />

Anamnese auf eine Orbitabodenfraktur hin.<br />

Ausnahmsweise sind aufwändigere Diagnoseverfahren<br />

wie z. B. die Ableitung der visuell<br />

evozierten Potenziale (VEP) erforderlich.<br />

Bildgebende Verfahren (Aa – f). Im Bereich der<br />

vorderen Orbita gelegene Prozesse sind gut der<br />

Echographie zugänglich. Es können damit u. a.<br />

Dickenbestimmungen von äußeren Augenmuskeln,<br />

Sehnervscheiden und Sklera vorgenommen,<br />

Ausdehnung und Konsistenz von Tumoren<br />

bestimmt sowie Fremdkörper dargestellt<br />

werden. Mittels Computertomographie (CT) und<br />

Magnetresonanztomographie (MRT) lassen sich<br />

auch Veränderungen an der Orbitaspitze darstellen,<br />

wobei oft schon eine Artdiagnose möglich<br />

ist. Als Faustregel gilt, dass sich orbitale<br />

Weichteilprozesse besser im MRT, primäre<br />

oder sekundäre Veränderungen der orbitalen<br />

Knochen dagegen besser im CT darstellen. Die<br />

Durchblutungsverhältnisse in der Augenhöhle<br />

(z. B. bei Carotis-Sinus-cavernosus-Fistel) können<br />

mittels Farbduplex-Doppler-Sonographie<br />

überprüft werden. In bestimmten Fällen kann<br />

eine Angiographie indiziert sein.<br />

Biopsie. Kann ein orbitaler Prozess aufgrund<br />

der klinischen und bildgebenden Diagnostik<br />

nicht eingeordnet werden, sollte zumindest bei<br />

progredientem und malignitätsverdächtigem<br />

Befund eine Gewebsprobe durch Feinnadeloder<br />

exzisionale Biopsie entnommen werden.<br />

Bei Verdacht auf einen Mischtumor der Tränendrüse<br />

(pleomorphes Adenom) sollte die gesamte<br />

Tränendrüse entfernt werden, da hier<br />

eine inzisionale Biopsie mit einer erhöhten<br />

Rezidivgefahr einhergeht.<br />

B. Fehlbildungen<br />

Fehlbildungen der Augenhöhle sind abgesehen<br />

von den Dermoidzysten relativ selten. Bei Neurofibromatose<br />

finden sich mitunter Defekte des<br />

Os sphenoidale. Ist die Entwicklung der knöchernen<br />

Orbita gestört, können Hirnhaut oder<br />

Hirngewebe in die Augenhöhle prolabieren<br />

(Meningozele oder Enzephalomeningozele).<br />

Beim Morbus Crouzon (Dysostosis craniofacialis)<br />

findet sich eine enge, flache Orbita, sodass<br />

die Augen hervortreten. Durch Optikuskompression<br />

kann es zu Papillenödem und Optikusatrophie<br />

kommen. Orbitale Veränderungen<br />

sind auch Teil von mandibulofazialen Dysplasien<br />

wie dem Goldenhar-, Rubinstein-Taybioder<br />

Hallermann-Streiff-Syndrom.<br />

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A. Diagnostik orbitaler Prozesse<br />

a CT bei endokriner Orbitopathie; deutliche Verdickung<br />

der horizontalen Augenmuskeln beidseits<br />

b CT eines retrobulbären, kavernösen Hämangioms<br />

links<br />

Diagnostik/Fehlbildungen<br />

c MRT eines Optikusscheidenmeningeoms im<br />

Bereich der Orbitaspitze rechts<br />

d CT eines Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) im<br />

Bereich der Orbitaspitze links<br />

e MRT eines Tränendrüsentumors links<br />

f MRT einer deutlich erweiterten orbitalen Vene<br />

(Orbitavarize) links, Exophthalmus<br />

43<br />

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5 Augenhöhle<br />

44<br />

A. Vaskuläre Veränderungen<br />

Carotis-Sinus-cavernosus-Fisteln sind durch<br />

einen pathologischen Shunt zwischen arteriellem<br />

und venösem System gekennzeichnet.<br />

Dieser entsteht bei älteren Menschen meist<br />

spontan, bei Jüngeren überwiegend durch<br />

Schädeltraumen. Die starke Erhöhung des orbitalen<br />

Venendrucks führt zum Rückstau des<br />

venösen Blutes (u. U. mit Flussumkehr) und<br />

Kammerwassers. Typischerweise finden sich<br />

deshalb erweiterte Gefäße sowie eine Erhöhung<br />

des Augendrucks. Der Patient nimmt oft<br />

ein pulssynchrones Geräusch wahr, das auch<br />

vom Arzt mit dem Stethoskop auf der Schläfe<br />

gehört werden kann. Typisch ist auch ein pulssynchroner<br />

Exophthalmus. Die Therapie richtet<br />

sich nach dem Ausmaß der Erkrankung. Kleinere<br />

Fisteln verschließen sich häufig spontan.<br />

Fisteln, die das Sehvermögen oder sogar das<br />

Leben bedrohen, werden vom Neuroradiologen<br />

über einen Katheter verschlossen.<br />

Orbitale Varizen (s. S. 43, Af) entstehen in der<br />

Regel ohne erkennbare Ursache. Die Patienten<br />

bemerken einen Exophthalmus, der bei Valsalva-Manövern<br />

oder Kopftieflage zunimmt. Eine<br />

Therapie ist meist nicht erforderlich.<br />

B. Entzündungen<br />

Orbitaphlegmone (orbitale Zellulitis, Ba u. b).<br />

Hierbei handelt es sich um eine bakterielle Infektion,<br />

welche meist von den Nasennebenhöhlen<br />

in die Augenhöhle übergeht, seltener<br />

nach einer offenen Verletzung oder als Folge<br />

eines Furunkels im Gesicht auftritt. Häufigste<br />

Keime sind Staphylokokken, Streptokokken<br />

und Hämophilus-Arten. Das klinische Bild ist<br />

durch ein schweres allgemeines Krankheitsgefühl,<br />

Exophthalmus, Motilitätsdefizit sowie<br />

meist erhebliche Lid- und Bindehautschwellungen<br />

charakterisiert. Neben einem bleibenden<br />

Funktionsverlust durch Schädigung des<br />

Sehnervs droht vor allem eine u. U. zum Tode<br />

führende Sinus-cavernosus-Thrombose. Die<br />

Therapie besteht in einer unverzüglichen Breitspektrum-Antibiose<br />

sowie einer Sanierung der<br />

Nasennebenhöhlen. Subperiostale Abszesse<br />

der Orbita müssen in der Regel drainiert werden.<br />

Pilzinfektionen der Orbita (Aspergillus, Mucor)<br />

verlaufen weniger foudroyant als bakterielle<br />

Infektionen, sind aber eher noch gefährlicher<br />

und undankbarer zu therapieren. Betroffen<br />

sind fast ausschließlich Menschen mit einem<br />

kompromittiertem Immunsystem.<br />

Pseudotumor orbitae (Bc). Diese wahrscheinlich<br />

immunologisch bedingte, akute Entzündung<br />

orbitaler Strukturen betrifft oft die<br />

Muskeln (Myositis). Die stark schmerzhafte, in<br />

der Regel einseitige Erkrankung spricht sehr<br />

schnell und gut auf langfristig eingenommene<br />

Kortikosteroide an. Rezidive und variable Verläufe<br />

sind nicht ungewöhnlich.<br />

Vaskulitiden wie der Morbus Wegener oder die<br />

Panarteriitis nodosa können mit einer Augenhöhlenbeteiligung<br />

einhergehen.<br />

Endokrine Orbitopathie (Bd; s. S. 43, Aa). Diese<br />

Augenhöhlen-Entzündung ist meist mit einer<br />

Autoimmunhyperthyreose assoziiert. Die klassische<br />

Symptomtrias von Exophthalmus, Struma<br />

und Tachykardie (Merseburger Trias) wurde<br />

von Karl von Basedow beschrieben, weshalb die<br />

Erkrankung auch als Morbus Basedow bekannt<br />

ist. Sie ist bei Frauen sehr viel häufiger als bei<br />

Männern und beginnt akut oder subakut. Unbehandelt<br />

kommt es zur spontanen (Teil-)Remission<br />

oder zum Übergang in ein Narben-Stadium.<br />

Symptome sind der meist beidseitige<br />

Exophthalmus, die Retraktion v. a. der Oberlider<br />

sowie Ödeme von Lidern und Bindehaut.<br />

Die häufigsten Lidzeichen tragen die Namen<br />

ihrer Beschreiber von Graefe (Zurückbleiben<br />

des Oberlides bei Blicksenkung), Dalrymple<br />

(Sichtbarkeit der Sklera am oberen Hornhautrand)<br />

und Stellwag (Herabsetzung der Lidschlagfrequenz).<br />

Motilitätsdefizit und Strabismus<br />

kommen oft, Expositionskeratitis und<br />

Optikuskompression nur bei schweren Verläufen<br />

hinzu. Bei Blickhebung kommt es durch<br />

Druck der verdickten Muskeln auf den Bulbus<br />

oft zum Anstieg des Augendrucks („Pseudo-<br />

Glaukom“). Therapeutisch muss zuerst die<br />

Schilddrüsenfunktion normalisiert werden. Die<br />

Entzündung wird mit Kortikosteroiden behandelt.<br />

Unter Umständen ist eine Immunsuppression<br />

durchzuführen. Bei drohendem Funktionsverlust<br />

durch Optikuskompression muss<br />

zur Entlastung des Sehnervs eine Fettresektion<br />

oder Öffnung von Nasennebenhöhlen vorgenommen<br />

werden. Kosmetische Korrekturen erfolgen<br />

im entzündungsfreien Zustand.<br />

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B. Entzündungen<br />

a Orbitaphlegmone, massive Schwellung und Rötung<br />

des Oberlides<br />

c Myositis links; Schwellung und Rötung von Oberund<br />

Unterlid<br />

b Orbitaphlegmone, massive Schwellung der Bindehaut<br />

mit Unterblutung; Exophthalmus, Einschränkung<br />

der Bulbusbeweglichkeit<br />

d Endokrine Orbitopathie mit besonders links ausgeprägtem<br />

Exophthalmus; hier Retraktion des Oberlides<br />

mit Sichtbarkeit der Sklera am oberen Hornhautrand<br />

(Dalrymple-Zeichen)<br />

Vaskuläre Veränderungen/Entzündungen<br />

45<br />

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5 Augenhöhle<br />

46<br />

A. Tumoren<br />

Das Spektrum orbitaler Tumoren ist bei Kindern<br />

ein deutlich anderes als bei Erwachsenen,<br />

wobei in jedem Lebensalter gut- und bösartige<br />

Neubildungen vorkommen (Tab. 1). Der häufigste<br />

maligne Augenhöhlentumor im Kindesalter<br />

ist das Rhabdomyosarkom (Aa), welches<br />

durch ein schnelles Wachstum und einen oft<br />

entzündlichen Aspekt gekennzeichnet ist. Eine<br />

Probebiopsie sichert die Diagnose. Nach adäquater<br />

Therapie, welche in einer Chemo- und<br />

Strahlentherapie besteht, sind die Heilungschancen<br />

sehr günstig.<br />

Die einem in die Tiefe verlagerten Hautkeim<br />

entsprechenden gutartigen Dermoidzysten<br />

sind bevorzugt am temporal oberen Augenhöhleneingang<br />

lokalisiert. Nicht selten bestehen<br />

Gewebsstränge von der Zyste zu knöchernen<br />

Strukturen. Dermoidzysten sind von einem<br />

mehrschichtigen, verhornenden Plattenepithel<br />

gesäumt und von Keratinmassen, u. U. mit Haaren,<br />

ausgefüllt. Im Bereich der Zystenwand finden<br />

sich Hautanhangsgebilde (Haare und Talgdrüsen)<br />

sowie nicht selten entzündliche<br />

Infiltrate. Die vollständige chirurgische Exzision<br />

wird meist vor der Einschulung vorgenommen.<br />

Hämangiome (Ab) und Lymphangiome<br />

der Augenhöhle werden bei Kindern meist<br />

erst dann operiert, wenn eine Gefahr für die visuelle<br />

Funktion durch eine Amblyopie (z. B.<br />

durch tumorbedingte Ptosis) oder eine Optikuskompression<br />

besteht. Die gelegentlich im<br />

Rahmen einer Neurofibromatose auftretenden<br />

Optikusgliome (s. S. 39, Aa; s. S. 41, Aa) und Optikusscheidenmeningeome<br />

(s. S. 43, Ac) rufen<br />

trotz ihrer biologischen Gutartigkeit sehr häufig<br />

erhebliche Funktionsverluste hervor. Eine<br />

chirurgische Exzision führt meist zur Verschlechterung<br />

der Funktion auf der betroffenen<br />

Seite, kann aber indiziert sein, um ein Wachstum<br />

des Tumors in das Chiasma und auf die<br />

Gegenseite zu verhindern. Die Tumoren des<br />

Sehnervs können mit guten Erfolgen bestrahlt<br />

werden.<br />

Im Erwachsenenalter stellen Non-Hodgkin-<br />

Lymphome (NHL, s. S. 43, Ad), adenoid-zystische<br />

Tränendrüsenkarzinome, die durch Infiltration<br />

der Nerven oft mit starken Schmerzen<br />

einhergehen, und maligne fibröse Histiozytome<br />

die häufigsten primären, bösartigen<br />

Tumoren dar.<br />

Häufiger als die primären Malignome sind aber<br />

Metastasen (Ac und S. 41, Ab) von Mamma-,<br />

Bronchial-, Prostata- und gastrointestinalen<br />

Karzinomen sowie von kutanen Melanomen,<br />

außerdem die orbitale Invasion durch Karzinome<br />

der Nasennebenhöhlen, des Tränensackes<br />

und vor allem durch Malignome der Lider und<br />

der Bindehaut (Basaliom, Plattenepithelkarzinom,<br />

konjunktivales Melanom). Sowohl bei<br />

Kindern (Retinoblastom) wie auch bei Erwachsenen<br />

(malignes Aderhautmelanom) können<br />

primär intraokulare Tumoren die Lederhaut<br />

perforieren und durch intraorbitales Wachstum<br />

einen Augenhöhlentumor vortäuschen.<br />

Aus dem Schädelinneren wachsen gelegentlich<br />

(Keilbein-) Meningeome in die Augenhöhle vor.<br />

Aussackungen der Nasennebenhöhlenschleimhaut<br />

(Mukozele) in die Augenhöhle hinein können<br />

als Augenhöhlentumor imponieren.<br />

Die Therapie der malignen Augenhöhlentumoren<br />

des Erwachsenen besteht je nach Art und<br />

Ausdehnung der Neoplasie in der Bestrahlung,<br />

der chirurgischen Exzision oder der Exenteratio<br />

orbitae, bei welcher der gesamte Augenhöhleninhalt<br />

samt Bulbus und Periost entfernt<br />

wird (Ad). Gutartige Tumoren der Augenhöhle<br />

können bei normaler Funktion und ausbleibender<br />

Progredienz beobachtet werden.<br />

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A. Tumoren<br />

a Rhabdomyosarkom der linken Orbita mit erheblichem<br />

Tieferstand des Auges; leichte entzündlich<br />

wirkende Schwellung von Ober- und Unterlid<br />

b Kryoextraktion eines nasal oberhalb des Bulbus<br />

gelegenen orbitalen Hämangioms<br />

c Enophthalmus rechts bei orbitaler Metastase eines<br />

Mammakarzinoms<br />

d Versorgung eines Gesichtsdefektes nach Exenteratio<br />

orbitae durch Epithese<br />

Tumoren<br />

Tab. 1 Orbitale Tumoren im Kindes- und Erwachsenenalter<br />

Kindesalter<br />

Erwachsenenalter<br />

benigne<br />

Dermoidzyste, Hämangiom<br />

(kapillar), Lymphangiom,<br />

Optikusgliom, juveniles Xanthogranulom<br />

(JXG), eosinophiles<br />

Granulom (selten),<br />

Langerhans-Zell-Histiozytose,<br />

Orbitateratom (sehr selten),<br />

andere<br />

Pseudotumor orbitae, Hämangiom (kavernös), fibröses<br />

Histiozytom, Fibrom, Neurinom, Neurofibrom, Dermoidzyste,<br />

pleomorphes Adenom der Tränendrüse, Optikusscheidenmeningeom,<br />

Optikusgliom, fibröse Dysplasie,<br />

Osteom, Hämangioperizytom, intrakranielles Meningeom<br />

mit Orbitainvasion, andere<br />

maligne,<br />

primär<br />

Rhabdomyosarkom, Neuroblastom<br />

Non-Hodgkin-Lymphom (NHL), adenoid-zystisches Karzinom<br />

der Tränendrüse, malignes fibröses Histiozytom,<br />

Rhabdomyosarkom (sehr selten), malignes Melanom<br />

(sehr selten)<br />

maligne,<br />

sekundär<br />

Retinoblastom mit Orbitainvasion,<br />

leukämische Infiltrate,<br />

Metastasen (eher selten)<br />

Tumoren der Lider und der Bindehaut mit Orbitainvasion<br />

(Basaliom, Melanom, Plattenepithelkarzinom), malignes<br />

Aderhautmelanom mit Orbitainvasion, Malignome der<br />

Nasennebenhöhlen mit Orbitainvasion, Plasmozytom (selten),<br />

leukämische Infiltrate (selten), Tränensackkarzinom<br />

mit Orbitainvasion (sehr selten)<br />

47<br />

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5 Augenhöhle<br />

48<br />

A. Verletzungen<br />

Stumpfe Gewalteinwirkungen auf das Auge,<br />

z. B. durch kleinere Bälle oder einen Faustschlag,<br />

führen zu einer kurzzeitigen, erheblichen<br />

Kompression der orbitalen Weichteile.<br />

Als Folge der intraorbitalen Druckerhöhung<br />

kommt es nicht selten zum Bruch der dünnen<br />

orbitalen Knochen im Bereich der Lamina papyracea<br />

und vor allem des Augenhöhlenbodens<br />

(„Blow-out-Fraktur“, Aa u. b). Orbitabodenfrakturen<br />

gehen häufig mit einer Sensibilitätsstörung<br />

im Ausbreitungsgebiet des N. infraorbitalis<br />

einher. Ist Gewebe in den Wundspalt<br />

inkarzeriert, finden sich oft Enophthalmus und<br />

Motilitätsdefizit. Typisch für Frakturen im Bereich<br />

der Ethmoidalzellen ist ein Luftemphysem,<br />

welches sich meist durch einen charakteristischen<br />

Palpationsbefund im Bereich der<br />

Lider auszeichnet. Frakturen der Augenhöhle<br />

ohne wesentliche Knochendehiszenz, Enophthalmus<br />

und Motilitätsdefizit müssen nicht unbedingt<br />

operiert werden. Es empfiehlt sich aber<br />

eine systemische Antibiose und ein Schneuzverbot,<br />

um ein Eindringen von Bakterien aus<br />

den (nicht keimfreien) Nasennebenhöhlen in<br />

die Augenhöhle zu verhindern. Mit einem stärkeren<br />

Gewebsprolaps einhergehende Frakturen<br />

des Orbitabodens werden operativ, meist<br />

durch Einlegen einer Platte, versorgt.<br />

Traumatische Hämatome der Augenhöhle müssen<br />

operativ entlastet werden, wenn eine wesentliche<br />

Kompression des Sehnervs anzunehmen<br />

ist (Prüfung der Pupillenafferenz!).<br />

Zumeist besteht in diesen Fällen eine massiv<br />

erhöhte Lidspannung. Im Rahmen von Schädel-<br />

Hirn-Traumata kommt es nicht selten zu<br />

Mittelgesichtsfrakturen. Verläuft die Bruchlinie<br />

wie bei den LeFort-II- und LeFort-III-Frakturen<br />

durch den Canalis opticus besteht die Gefahr<br />

einer Schädigung des im Kanal fixierten Sehnervs<br />

durch Knochensplitter oder eine Überdehnung<br />

(traumatische Optikusneuropathie).<br />

Eine Überdehnung des Sehnervs kann jedoch<br />

auch ohne Fraktur im Bereich des Canalis<br />

opticus stattfinden. Die Entscheidung für eine<br />

Therapie ist schwierig, da weder hochdosierte<br />

Kortikosteroide noch die operative Entdachung<br />

des Sehnervkanals überzeugende Ergebnisse<br />

geliefert haben.<br />

Spitze Verletzungen der Orbita (Pfählungsverletzungen,<br />

Ac) werden in ihrem Ausmaß oft<br />

unterschätzt. Selbst bei kleiner äußerlicher<br />

Wunde kann eine erhebliche Sehnervläsion<br />

vorliegen. Stets ist auch an die Einsprengung<br />

eines Fremdkörpers in die Augenhöhle und<br />

eine Bulbuspenetration zu denken. Je nach<br />

Situation ist eine operative Wundversorgung<br />

erforderlich. Insbesondere organische Fremdkörper<br />

sollten entfernt werden, da sie sonst<br />

meist eine starke Entzündungsreaktion hervorrufen.<br />

Fremdkörper aus bestimmten Metallen,<br />

Glas oder Porzellan können u. U. in der<br />

Augenhöhle belassen werden, da sie normalerweise<br />

keine wesentliche Gewebereaktion hervorrufen.<br />

B. Systematik<br />

Eine systematische Gliederung aller orbitalen<br />

Erkrankungen zeigt das Flussdiagramm auf der<br />

rechten Seite (B).<br />

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A. Verletzungen<br />

a Lidhämatom und Hyposphagma bei Orbitabodenfraktur<br />

links<br />

b CT einer Fraktur von Orbitaboden und medialer<br />

Orbitawand rechts; Verschattung von Kieferhöhle<br />

und Ethmoidalzellen durch Einblutung<br />

B. Systematik<br />

Orbitaerkrankungen<br />

c Orbitale Pfählungsverletzung durch Ast, der bis in<br />

den Bereich des Sinus cavernosus vorgedrungen<br />

war und den Sehnerv durchtrennt hatte<br />

Verletzungen/Systematik<br />

Pseudoexophthalmus<br />

Exophthalmus<br />

Enophthalmus<br />

hohe Myopie ipsilateral,<br />

hohe Hyperopie kontralateral,<br />

Lidretraktion, Paresen,<br />

Dyskranien<br />

akut<br />

subakut bis<br />

langsam<br />

progredient<br />

Horner-Syndrom, Orbitabodenfraktur,<br />

Fettatrophie,<br />

Mikrophthalmus, Metastase<br />

bei Mammakarzinom,<br />

Dyskranien<br />

entzündlich<br />

vaskulär<br />

traumatisch<br />

entzündlich<br />

Tumor<br />

Phlegmone,<br />

Abszess,<br />

Dakryoadenitis<br />

arteriovenöse<br />

Fistel,<br />

Varizen,<br />

Blutung<br />

Hämatom,<br />

Luftemphysem<br />

bei<br />

Wandfraktur<br />

endokrine<br />

Orbitopathie,<br />

entzündlicher<br />

Pseudotumor<br />

maligne<br />

Rhabdomyosarkom,<br />

Fibrosarkom,<br />

Karzinom<br />

(häufig aus NNH),<br />

Gliom, Lymphome,<br />

Metastasen<br />

benigne<br />

Dermoide,<br />

Tränendrüsenadenom,<br />

Häm-,<br />

Lymphangiom,<br />

Meningeom,<br />

Neurinom,<br />

Mukozele<br />

49<br />

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6 Strabismus<br />

50<br />

A. Definition<br />

Bei Vorliegen von Augenstellungsfehlern wird<br />

von Schielen (Strabismus, Heterotropie) gesprochen.<br />

Diagnostisch spielen neben der Augenstellung<br />

insbesondere die Sehschärfe, Refraktion,<br />

Fixation, Motilität und Stereopsis eine<br />

Rolle.<br />

B. Sehschärfetests<br />

Bei Kindern sind Sehschärfetest ab frühestens<br />

dem 2. Lebensjahr möglich. Vorher kann der<br />

bevorzugte Gebrauch eines Auges und eine<br />

reduzierte Sehschärfe des anderen durch Abdecken<br />

eines Auges getestet werden. Bei Okklusion<br />

des besser sehenden Auges (Okklusionstest)<br />

tritt eine Abwehrreaktion auf.<br />

Weitere Methoden zur Beurteilung der Sehschärfe<br />

bei Kleinkindern sind das Vorhalten<br />

eines 10 cm/m Vertikalprismas, das Auslösen<br />

des optokinetischen Nystagmus (OKN) und<br />

der Preferential-Looking-Test mit Streifenmusterkarten<br />

nach Teller. Bei Kindern ab dem<br />

2. Lebensjahr können Kinderbilder nach Löhlein<br />

oder der LH-Test (Lea-Hyvärinen-Test) genutzt<br />

werden. Die Nahsehschärfe wird mit<br />

Landolt-Ringen in 30 cm Prüfabstand getestet.<br />

Die Prüfung der Sehschärfe in der Nähe und<br />

Ferne ist ein zentraler Bestandteil der Untersuchung,<br />

weil sie Hinweise auf eine Amblyopie<br />

erlaubt und eventuell weitere Untersuchungen<br />

zum Ausschluss einer organischen Ursache für<br />

die Herabsetzung der Sehschärfe nach sich<br />

zieht. Dabei gilt die Amblyopie als Ausschlussdiagnose.<br />

Sie ist definiert als die Sehschwäche<br />

eines sonst normal aufgebauten Auges (B).<br />

C. Prüfung der Augenstellung<br />

Eine orientierende Prüfung der Augenstellung<br />

kann anhand des Hornhautreflexes erfolgen<br />

(Hirschberg-Test, Ca). Eine genaue Beurteilung<br />

ermöglicht der einseitige Abdecktest und der<br />

alternierende Abdeck- und Aufdecktest (ohne<br />

und mit Prismen), bei welchem der Patient ein<br />

Sehobjekt in einem definierten Abstand fixiert.<br />

Beim einseitigen Abdecktest deckt der Untersucher<br />

mit der Abdeckscheibe das vermutlich<br />

fixierende Auge ab und beobachtet die Bewegung<br />

des anderen Auges (Cb). Zeigt sich eine<br />

Einstellbewegung, liegt ein manifestes Schielen<br />

(Heterotropie) vor. Keine Einstellbewegung<br />

wird beobachtet, wenn entweder kein Schielen<br />

(Orthotropie) vorliegt oder wenn das schielende<br />

Auge abgedeckt wurde. Einstellbewegungen<br />

beim alternierenden Abdecktest weisen<br />

auf ein latentes Schielen (Heterophorie)<br />

hin. Macht das zuletzt abgedeckte Auge beim<br />

Aufdecktest, also unter beidäugigem Sehen,<br />

eine langsame Fusionsbewegung, spricht dies<br />

für gutes Fusionsvermögen. Bei Vorhalten der<br />

Prismenstärke, die dem objektiven Schielwinkel<br />

entspricht, erfolgt keine Einstellbewegung<br />

mehr. Die Spitze des Prismas zeigt dabei in die<br />

Schielrichtung. Schlechte Mitarbeit (mangelnde<br />

Fixation) und exzentrische Fixation (s. u.)<br />

limitieren die Beurteilung des einseitigen Abdecktestes.<br />

D. Prüfung der Fixation<br />

Nur bei fovealer (= zentraler) Fixation ist die<br />

bestmögliche Sehschärfe zu erreichen. Wird<br />

dagegen eine andere Netzhautstelle zur Fixation<br />

benutzt (exzentrische Fixation), sinkt die<br />

Sehschärfe in Abhängigkeit zum Abstand zur<br />

Fovea ab (D). Die Fixation ist ein monokularer<br />

Vorgang, sodass auch beim Vorliegen eines<br />

Schielens eine zentrale Fixation bestehen kann.<br />

Nur unter binokularen Bedingungen wird diese<br />

dann mit einem Auge aufgegeben und es resultiert<br />

eine anormale Netzhautkorrespondenz<br />

(ARK). Zentrale Fixation und ARK schließen sich<br />

somit nicht aus. Die Prüfung der Fixation erfolgt<br />

immer monokular. Es kann z. B. die Lage<br />

des Hornhautreflexbildes beurteilt werden.<br />

Besser erfolgt die Fixationsprüfung mit einem<br />

Visuskop. Dies ist ein Ophthalmoskop mit einer<br />

1° großen Prüfmarke, die auf der Makula des<br />

Patienten abgebildet wird. Der Patient soll<br />

diese Prüfmarke fixieren und der Untersucher<br />

kann dann die Lage der Prüfmarke auf der Netzhaut<br />

beurteilen. Neben der Lage der Fixationsstelle<br />

wird auch die Art der Fixation, z. B. ruhig,<br />

unstetig oder nystagmisch, beurteilt.<br />

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B. Sehschärfentest<br />

Einteilung der funktionellen<br />

Amblyopieformen<br />

Strabismus?<br />

ja<br />

nein<br />

nein<br />

Refraktionsfehler?<br />

Strabismus-<br />

Amblyopie<br />

Amblyopie bei<br />

Nystagmus?<br />

Amblyopie als Ausschlussdiagnose<br />

C. Prüfung der Augenstellung<br />

ametropische<br />

Amblyopie<br />

Amblyopie bei<br />

Anisometropie<br />

Amblyopie bei<br />

Astigmatismus<br />

Untersuchungsmethoden<br />

a Hornhautreflexbilder<br />

D. Prüfung der Fixation<br />

foveolär<br />

parafoveolär<br />

paramakulär<br />

parapapillär<br />

51<br />

Fixationsstellen<br />

b Einseitiger Abdecktest<br />

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6 Strabismus<br />

A. Prüfung der Netzhautkorrespondenz<br />

Für die Untersuchung des Binokularsehens ist<br />

die Prüfung auf normale oder anormale Netzhautkorrespondenz<br />

(NRK oder ARK) wichtig<br />

(Aa). Am häufigsten wird der Bagolini-Streifengläsertest<br />

(Lichtschweiftest) eingesetzt.<br />

Durch eingeritzte feine, parallele Streifen im<br />

Glas wird aufgrund der Lichtstreuung bei Betrachten<br />

eines Fixierlichtes ein Lichtstrich<br />

wahrgenommen, der senkrecht zu den Ritzen<br />

des Glases steht. Bei 90° versetzt angeordneten<br />

Ritzen in beiden Gläsern (z. B. rechts 135° und<br />

links 45°) nimmt der Patient im Normalfall ein<br />

Lichtkreuz wahr mit dem Fixierlicht an der<br />

Kreuzungsstelle. Die Fusion wird bei diesem<br />

Test nur geringfügig beeinträchtig, da durch die<br />

Gläser die Umgebung weiterhin gesehen wird.<br />

Der Patient soll schildern, wie er die Lichtstriche<br />

und die Lichtquelle wahrnimmt (Ab). Mit<br />

dem Lichtschweiftest nach Bagolini wird Simultansehen<br />

abgefragt und bei guter Mitarbeit<br />

kann die Netzhautkorrespondenz geprüft werden.<br />

Ein weiterer Test zur Korrespondenzprüfung<br />

ist das Hering-Nachbild, welches bei zentraler<br />

Fixation angewendet werden kann. Mit<br />

einem Blitzgerät wird in jedes Auge ein unterschiedliches<br />

Bild (z. B. ein Quer- und ein Längsbalken)<br />

auf die Fixierstelle eingeblitzt. Der Patient<br />

schildert dann die Anordnung der beiden<br />

Nachbilder zueinander, die jeweils die Richtung<br />

der Fovea jedes Auges wiedergeben. Wird<br />

die Lage der Nachbilder an derselben Stelle angegeben<br />

(z. B. mittig angeordnetes Kreuz), dann<br />

haben beide Foveae dieselbe Raumempfindung,<br />

unabhängig von der Augenstellung. Es<br />

besteht somit normale Netzhautkorrespondenz<br />

(NRK). Liegen die Nachbilder an unterschiedlichen<br />

Stellen, dann besteht anomale<br />

Netzhautkorrespondenz (ARK).<br />

Test benötigt keine Brille und ist daher schon<br />

bei Kleinkindern als Screening-Test zum Ausschluss<br />

eines Schielens anwendbar.<br />

C. Schielwinkelmessung<br />

Mit dem Dunkelrotglas-Test kann bei entsprechender<br />

Mitarbeit der subjektive Schielwinkel<br />

gemessen werden. Durch Vorhalten<br />

eines Dunkelrotglases vor ein Auge wird die<br />

Fusion (Verschmelzen beider Seheindrücke zu<br />

einem Bild) aufgehoben. Mit beiden Augen<br />

werden somit unterschiedliche Bilder wahrgenommen,<br />

deren Lage zueinander dann abgefragt<br />

wird. Verlässliche Aussagen werden nur<br />

bei normaler Netzhautkorrespondenz (NRK)<br />

und zentraler Fixation erhalten. Der Patient<br />

fixiert eine Lichtquelle, die sich in der Mitte<br />

einer Tangententafel oder an der Tangentenwand<br />

nach Harms befindet. Bei Abdecken eines<br />

Auges mit dem Dunkelrotglas nimmt der<br />

Patient nun mit dem abgedeckten Auge nur<br />

noch einen roten Lichtpunkt wahr. Über das<br />

Gehirn lokalisiert er den roten Lichtpunkt auf<br />

die korrespondierende Netzhautstelle des anderen<br />

Auges, d. h. auf deren Fovea. Bei normaler<br />

Augenstellung kann nun abwechselnd der<br />

rote Lichtpunkt und das gelbe Fixierlicht wahrgenommen<br />

werden (Konfusion). Im Falle einer<br />

manifesten oder latenten Schielabweichung<br />

wird der rote Lichtpunkt nicht im Zentrum der<br />

Tangententafel lokalisiert. Der Patient kann<br />

durch Angabe des Ortes, wo er den roten Lichtpunkt<br />

wahrnimmt, den subjektiven Schielwinkel<br />

festlegen. Wird statt eines Fixierlichtes ein<br />

Lichtstrich verwendet, dessen Achslage eingestellt<br />

werden kann, kann auch die Verrollung<br />

der Augen zueinander (Zyklotropie) gemessen<br />

werden.<br />

52<br />

B. Prüfung des Binokularsehens<br />

Beim Binokularsehen werden Simultansehen,<br />

Fusion und Stereosehen unterschieden. Werden<br />

querdisparate Bilder beiden Augen unter<br />

Farb- oder Polarisationstrennung angeboten,<br />

können diese Bilder bei vorhandenem Stereosehen<br />

zu einem Bildeindruck mit Tiefenwahrnehmung<br />

verschmolzen werden. Durch Abstufung<br />

der Querdisparation kann die Stereopsis<br />

quantifiziert werden. Gebräuchliche Stereosehtests<br />

als Bildvorlagen sind der Lang-Stereotest,<br />

der Titmus-Test und der TNO-Test. Der Lang-<br />

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A. Prüfung der Netzhautkorrespondenz<br />

a Normale (links) und anormale<br />

(rechts) Netzhautkorrespondenz<br />

RA LA RA LA<br />

Normalbefund<br />

Suppression LA<br />

Fixierpunktskotom<br />

RA<br />

b Ergebnisse beim Bagolini-Test<br />

horizontale<br />

Diplopie<br />

vertikale<br />

Diplopie<br />

Normalbefund<br />

Untersuchungsmethoden<br />

C. Schielwinkelmessung<br />

53<br />

Dunkelrotglas-Test an der Harms-Wand<br />

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6 Strabismus<br />

54<br />

A. Prüfung der Motilität<br />

Häufig geht ein Schielen mit einer Motilitätsstörung<br />

der Augen einher. Als orientierender<br />

Test wird die Lage der Augen zueinander bei<br />

langsamen Folgebewegungen (Prüfung der Augenmotilität<br />

nach Führungsbewegungen) in<br />

den neun diagnostisch wichtigen Blickrichtungen<br />

überprüft (Aa). In den Endpositionen dieser<br />

neun jeweiligen Blickrichtungen können<br />

mithilfe der Lage der Hornhautreflexbilder und<br />

mit dem Abdecktest (Ab) eine Schielabweichung<br />

und eine Änderung des Schielwinkels in<br />

verschiedenen Blickpositionen (Inkomitanz)<br />

geprüft werden. Bei gleichem Schielwinkel in<br />

den verschiedenen Blickrichtungen spricht<br />

man von Komitanz. Mit dem einseitigen und alternierenden<br />

Prismenabdecktest und dem<br />

Dunkelrotglastest (s. o.) kann der Schielwinkel<br />

in den verschiedenen Blickrichtungen quantifiziert<br />

werden.<br />

Weitere Untersuchungsmethoden, die zur Abklärung<br />

supranukleärer Augenbewegungsstörungen<br />

eingesetzt werden, sind die Prüfung der<br />

Blickzielbewegungen (Sakkaden), die Prüfung<br />

der Folgebewegung und des optokinetischen<br />

Nystagmus sowie die Prüfung des vestibulookulären<br />

Reflexes (VOR). Sakkaden sind rasche<br />

Augenbewegungen, mit denen die Fovea schnell<br />

auf bestimmte Sehobjekte ausgerichtet wird.<br />

Das notwendige Innervationsmuster wird in<br />

der Formatio reticularis des Hirnstammes generiert.<br />

Es werden dem Patienten zwei Blickziele<br />

(z. B. die Enden eines ca. 15 cm langen<br />

Stabes) in ca. 50 cm Abstand dargeboten. Der<br />

Patient soll nun abwechselnd möglichst rasch<br />

auf Kommando die Enden des Stabes fixieren.<br />

Sakkaden können verlangsamt oder ungenau,<br />

d. h. zu kurz (hypometrisch) oder zu lang (hypermetrisch)<br />

sein. Pathologische Veränderungen<br />

werden bei Lähmungen der Augenmuskeln<br />

oder bei Erkrankungen, die die supranukleäre<br />

Augenbewegungssteuerung betreffen, gefunden.<br />

Langsame Folgebewegungen der Augen<br />

dienen dazu, bewegte Sehobjekte kontinuierlich<br />

foveal abzubilden und somit ständig scharf<br />

zu erkennen. Der optokinetische Nystagmus<br />

wird ausgelöst, wenn ein Streifenmuster vor<br />

den Augen des Patienten bewegt wird. Auch das<br />

Beobachten der Landschaft beim Blick aus dem<br />

Fenster eines fahrenden Zuges löst den optokinetischen<br />

Nystagmus aus. Die langsame Phase<br />

des Nystagmus dient zum Nachführen der<br />

Augen und damit der scharfen Abbildung, während<br />

die schnelle Phase die Augen wieder in die<br />

Startposition bringt.<br />

B. Klassifikation<br />

Unterscheidungsmerkmale für verschiedene<br />

Augenstellungsfehler werden nach Art der<br />

Schielform (Innenschielen, Außenschielen, Höhenschielen),<br />

nach der Ursache (paretisch,<br />

nichtparetisch, sekundär, konsekutiv), nach<br />

dem Ausmaß (manifest, latent), nach der Lokalisation<br />

(einseitig, alternierend), nach dem<br />

zeitlichen Auftreten (dauernd, intermittierend)<br />

und nach der Größe des Schielwinkels in verschiedenen<br />

Blickpositionen (komitant, inkomitant)<br />

getroffen. Die häufigste Unterteilung<br />

ist die in paretisches und nichtparetisches<br />

Schielen. Des Weiteren werden Begleitbefunde<br />

wie Amblyopie, Kopfzwangshaltung und Nystagmus<br />

zur Beschreibung benutzt. Von manifestem<br />

Schielen wird gesprochen, wenn ständig<br />

ein Schielen vorliegt. Latentes Schielen tritt<br />

nur unter bestimmten Untersuchungsbedingungen<br />

auf und liegt bei normalen beidäugigen<br />

Sehbedingungen nicht vor. Intermittierendes<br />

Schielen liegt dann vor, wenn nur zeitweilig ein<br />

Schielen auftritt.<br />

Beim nichtparetischen Schielen ist die Funktion<br />

der Augenmuskeln nicht eingeschränkt,<br />

sodass der Schielwinkel in allen Blickrichtungen<br />

etwa gleich groß ist (Strabismus concomitans,<br />

Begleitschielen). Ursache ist wahrscheinlich<br />

eine fehlende oder verzögerte<br />

Entwicklung von Nervenzellen im Gehirn, die<br />

beidäugiges Sehen steuern. Es resultiert eine<br />

dauerhafte Störung des Binokularsehens. Um<br />

Doppelbildwahrnehmung zu unterdrücken,<br />

werden vom kindlichen Gehirn Anpassungsmechanismen<br />

wie die Suppression eines Bildeindruckes<br />

und Ausbildung einer anormalen<br />

Netzhautkorrespondenz benutzt.<br />

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A. Prüfung der Motilität<br />

a Neun diagnostische Blickrichtungen<br />

ja<br />

einseitiger<br />

Abdecktest<br />

Einstellbewegung?<br />

nein<br />

Untersuchungsmethoden<br />

Heterotropie<br />

Orthotropie<br />

wechselseitiger<br />

Abdecktest<br />

Einstellbewegung?<br />

ja<br />

nein<br />

Heterophorie<br />

Orthophorie<br />

b Prüfung der Augenstellung mit dem einseitigen und dem wechselseitigen Abdecktest<br />

55<br />

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6 Strabismus<br />

56<br />

A. Frühkindliches Einwärtsschielen<br />

Das Einwärtsschielen tritt innerhalb der ersten<br />

6 Lebensmonate auf und ist die häufigste<br />

Schielform. Der Schielwinkel ist häufig in der<br />

Ferne und Nähe annähernd gleich groß und<br />

blickrichtungsunabhängig. Ein Konvergenzexzess<br />

besteht, wenn der Schielwinkel in der<br />

Nähe deutlich größer ist als bei Blick in die<br />

Ferne. Kann der Nahwinkel durch Plusgläser im<br />

Sinne einer zusätzlichen Nahaddition ausgeglichen<br />

werden, wird dies als akkommodativer<br />

Konvergenzexzess bezeichnet (Aa, b) Meist<br />

liegt eine Hyperopie vor und bei einseitigem<br />

Schielen auch eine Amblyopie. Zusätzlich entwickelt<br />

sich ein latenter Nystagmus und es<br />

wird ein Höhenschielen (Sursoadduktion<br />

und/oder dissoziiertes Höhenschielen) beobachtet.<br />

Als Therapie erfolgt die Verordnung<br />

einer Brille, wenn eine Weit- und Stabsichtigkeit<br />

größeren Ausmaßes vorliegen. Ansonsten<br />

ist bei einseitigem Schielen eine Okklusion des<br />

fixierenden Auges indiziert. Nach Erreichen<br />

einer guten Sehschärfe kann eine Augenmuskeloperation<br />

zur Verbesserung der Augenstellung<br />

erfolgen. Auch bei frühzeitig begonnener<br />

Behandlung ist eine normale beidäugige Zusammenarbeit<br />

(hochwertige Stereopsis) nicht<br />

zu erreichen. Ziel der Behandlung ist eine beidseits<br />

gute Sehschärfe und eine unauffällige Augenstellung.<br />

B. Normosensorisches Spätschielen<br />

Als normosensorisches Spätschielen wird ein<br />

Einwärtsschielen bezeichnet, dass typischerweise<br />

erst zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr<br />

auftritt. Der Schielwinkel ist eher kleiner als<br />

beim frühkindlichen Schielen. Die Kinder können<br />

Doppelbildwahrnehmung angeben oder<br />

ein Auge zukneifen. Das Schielen kann anfangs<br />

intermittierend sein. Es besteht eine normale<br />

Netzhautkorrespondenz. Bei Vorliegen eines Refraktionsfehlers,<br />

i. d. R. handelt es sich dabei um<br />

eine Hyperopie, erfolgt therapeutisch zunächst<br />

eine Brillenverordnung. Besteht das Einwärtsschielen<br />

trotz Brille sollte möglichst rasch eine<br />

Augenmuskeloperation durchgeführt werden,<br />

um Amblyopie und ein Verlust des beidäugigen<br />

Sehens (Stereopsis) zu verhindern. Die Prognose<br />

beim normosensorischen Spätschielen ist<br />

bei rechtzeitiger Operation gut, da von einer<br />

normalen beidäugigen Zusammenarbeit vor<br />

dem Schielbeginn ausgegangen werden kann.<br />

C. Mikrostrabismus<br />

Mikrostrabismus bezeichnet ein Einwärtsschielen<br />

mit einem Schielwinkel unter 5°. Der<br />

kosmetisch nicht auffällige Schielwinkel erschwert<br />

das Entdecken der Augenfehlstellung<br />

und begünstigt die Ausbildung einer Amblyopie.<br />

Häufig wird das Schielen erst bei der Einschulungsuntersuchung<br />

durch fehlende Stereopsis<br />

entdeckt. Es besteht eine anormale<br />

Netzhautkorrespondenz und häufig eine exzentrische<br />

Fixation des abweichenden Auges.<br />

Somit wird auch regelmäßig eine Amblyopie<br />

beobachtet. Die Therapie besteht in einer Okklusion<br />

des besser sehenden Auges, um die Amblyopie<br />

zu behandeln. Normales beidäugiges<br />

Sehen ist auch bei erfolgreicher Amblyopietherapie<br />

nicht zu erreichen. Wird der Mikrostrabismus<br />

erst im 6. oder 7. Lebensjahr entdeckt,<br />

ist meist trotz intensiver Okklusion keine<br />

normale Sehschärfe auf dem abweichenden<br />

Auge zu erreichen.<br />

D. Intermittierendes Auswärtsschielen<br />

Intermittierendes Auswärtsschielen (D) ist weniger<br />

häufig als das Einwärtsschielen. Beim<br />

zeitweisen Auswärtsschielen wird das Abweichen<br />

des Auges vom Patienten meist nicht<br />

bemerkt. Bei Müdigkeit und schlechtem Allgemeinzustand<br />

wird das intermittierende Auswärtsschielen<br />

häufiger. Der Schielbeginn liegt<br />

meist im 2.–3. Lebensjahr, eine Amblyopie ist<br />

selten. Eine Schieloperation kann erfolgen,<br />

wenn das Schielen häufig und auffällig ist, ein<br />

vollständiges Beseitigen des Auswärtsschielen<br />

wird selten erreicht, Rezidive eines erneuten<br />

auffälligen Auswärtsschielen können auftreten.<br />

E. Konsekutives Auswärtsschielen<br />

Ein früher bestehendes Einwärtsschielen ist<br />

spontan oder nach einer Schieloperation in ein<br />

Auswärtsschielen übergegangen. Ein beidäugiges<br />

Sehen besteht nicht. Bei auffälligem Schielen<br />

kann mit einer Augenmuskeloperation die<br />

Augenstellung gebessert werden.<br />

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A. Frühkindliches Einwärtsschielen<br />

a Strabismus convergens mit Konvergenzexzess (Blick durch Brillenfernteil)<br />

Nichtparetisches Schielen<br />

b Strabismus convergens mit Konvergenzexzess (Blick durch Brillennahteil)<br />

D. Intermittierendes Auswärtsschielen<br />

57<br />

Strabismus divergens intermittens<br />

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6 Strabismus<br />

58<br />

A. Sekundäres Auswärtsschielen<br />

Das Auswärtsschielen tritt nach länger andauernder<br />

Sehbehinderung eines Auges auf. Der<br />

Schielwinkel nimmt langsam über Jahre zu.<br />

Durch eine Augenmuskeloperation kann die<br />

Augenstellung gebessert werden.<br />

B. Assoziierte Schielformen<br />

Diese Schielformen können in Begleitung einer<br />

horizontalen Augenfehlstellung, meist beim<br />

frühkindlichen Einwärtsschielen vorkommen.<br />

Bei der A- oder V-Inkomitanz (Ba) beschreiben<br />

die Spurlinien beider Augen beim Auf- und Abblick<br />

ein A oder ein V, d. h. der horizontale<br />

Schielwinkel ändert sich bei Auf- und Abblick.<br />

Eine Störung des Gleichgewichtes der Zugkräfte<br />

der schrägen Augenmuskeln (z. B. Unterfunktion<br />

des M. obliquus inferior bei der A-Inkomitanz)<br />

verursacht diese Inkomitanz. Beim<br />

dissoziierten Höhenschielen (Bb, c) weicht das<br />

Auge, das nicht fixiert, nach oben ab. Wechselt<br />

die Fixation, dann wechselt auch das Höhenschielen<br />

auf das andere Auge.<br />

Als Strabismus sursoadductorius (Bd) wird ein<br />

Höherstand des adduzierenden Auges bei Seitblick<br />

bezeichnet. Diese Schielform ist häufig<br />

mit einer V-Inkomitanz assoziiert und es besteht<br />

meist eine Überfunktion des M. obliquus<br />

inferior. Ein einseitiger Strabismus sursoadductorius<br />

kann auch Zeichen einer Trochlearisparese<br />

sein.<br />

C. Latentes Schielen<br />

Beim Unterbrechen der Fusion, z. B. beim wechselseitigen<br />

Abdecktest, kann bei ca. 80 % der<br />

Bevölkerung eine Einstellbewegung des aufgedeckten<br />

Auges beobachtet werden. Es zeigt sich<br />

eine horizontale oder seltener eine vertikale<br />

Abweichung, die als Heterophorie, z. B. Esophorie<br />

beim latenten Einwärtsschielen beschrieben<br />

wird. Besteht wieder beidäugiges<br />

Sehen, wird die Phorie durch die Fusion ausgeglichen.<br />

Einen Krankheitswert bekommt eine<br />

Heterophorie erst, wenn bei Fusionsanstrengung<br />

asthenopische Beschwerden auftreten<br />

oder die Abweichung nicht mehr fusioniert<br />

werden kann. Besonders bei körperlicher oder<br />

seelischer Belastung und unter Medikamenten-<br />

oder Alkoholeinfluss kann eine Heterophorie<br />

dekompensieren. Die Therapie umfasst<br />

als erstes das Korrigieren einer Refraktionsanomalie.<br />

Bestehen die Symptome weiter, kann<br />

durch Prismenverordnung die Heterophorie<br />

gebessert werden. Schielwinkel über 6° werden<br />

durch eine Augenmuskeloperation korrigiert.<br />

D. Lähmungsschielen<br />

Das Lähmungsschielen ist eine Augenmuskelfunktionsstörung<br />

im Sinne einer Parese oder<br />

einer Paralyse (vollständige Lähmung). Die<br />

Ursache ist entweder in der Orbita, im Sinus<br />

cavernosus, in der hinteren Schädelgrube oder<br />

im supratentoriellen Bereich lokalisiert. Sind<br />

mehrere Hirnnerven betroffen, handelt es sich<br />

meist um eine Läsion im Sinus cavernosus oder<br />

in der Fissura orbitalis superior. Beim Lähmungsschielen<br />

ist der Schielwinkel und der Abstand<br />

der Doppelbilder blickrichtungsabhängig<br />

(Inkomitanz) mit dem größten Schielwinkel<br />

beim Blick in die Zugrichtung des betroffenen<br />

Augenmuskels. Bei Fixation mit dem gesunden<br />

Auge ist der Schielwinkel kleiner (primärer<br />

Schielwinkel) als bei Fixation mit dem betroffenen<br />

Auge (sekundärer Schielwinkel). Neben<br />

der Augenfehlstellung und der Motilitätsstörung<br />

wird häufig eine Kopfzwangshaltung zur<br />

Minimierung der Doppelbilder eingenommen.<br />

Der Kopf wird in Richtung der Hauptfunktion<br />

des paretischen Muskels gedreht. Das paretische<br />

Schielen ist bei Erwachsenen häufiger<br />

als bei Kindern. Als wichtigste Ursache sind<br />

Durchblutungsstörung, Schädelhirntrauma, Kompression<br />

durch Raumforderung und Entzündung<br />

nennen. Differenzialdiagnostisch kommen<br />

angeborene Augenbewegungsstörungen<br />

und Muskelerkrankungen in Betracht. Da sich<br />

Paresen wieder zurückbilden können, ist zunächst<br />

eine konservative Therapie angezeigt.<br />

Störende Doppelbilder werden durch Abdecken<br />

mit Mattfolie oder durch Prismen beseitigt.<br />

Eine Operation wird bei konstantem Befund<br />

(meist nach 1 Jahr) durchgeführt. Ziel der Operation<br />

ist ein möglichst großes Blickfeld mit<br />

binokularem Einfachsehen ohne Kopfzwangshaltung.<br />

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B. Assoziierte Schielformen<br />

a A-Phänomen<br />

Nichtparetetisches/Paretetisches Schielen<br />

b Dissoziiertes Höhenschielen, Rechtsfixation<br />

c Dissoziiertes Höhenschielen, Linksfixation<br />

59<br />

d Strabismus sursoadductorius<br />

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6 Strabismus<br />

A. Abduzensparese<br />

Die teilweise oder komplette Lähmung des M.<br />

rectus lateralis führt zu einem inkomitanten<br />

Einwärtsschielen (Aa). Bei Erwachsenen tritt<br />

die Parese häufig bei zerebralen Durchblutungsstörungen<br />

im Rahmen von Diabetes mellitus<br />

und arterieller Hypertonie auf. Schädelhirntrauma<br />

mit Zerrung des 6. Hirnnervs und<br />

Raumforderung im Verlauf des Nervs sowie<br />

Entzündungen und indirekte Läsion bei erhöhtem<br />

Liquordruck sind weitere Ursachen. Bei<br />

Kindern ist eine Abduzensparese häufiger<br />

durch eine intrazerebrale Raumforderung verursacht.<br />

Trauma, Entzündungen und selten<br />

Pseudoinfektionen nach Impfung sind weitere<br />

Ursachen. Klinisches Symptom sind plötzlich<br />

auftretende Doppelbilder, die Bilder stehen<br />

nebeneinander. Wenn die Parese sehr gering<br />

ausgeprägt ist, wird häufig nur über unscharfes<br />

Sehen geklagt. Der Abstand der Doppelbilder<br />

ist in der Ferne größer als in der Nähe und<br />

am größten bei Blick zur betroffenen Seite.<br />

Manchmal erfolgt eine Kopfwendung zur Seite<br />

des betroffenen Auges. Die Abduktionssakkade<br />

ist deutlich verlangsamt. Weitere neurologische<br />

Symptome (ipsilaterale Fazialisparese,<br />

ipsilaterale Gefühlsstörungen im Trigeminus-<br />

Versorgungsgebiet und/oder kontralaterale<br />

Hemiparese) sind Zeichen einer Läsion des<br />

Abduzenskernbereichs im Hirnstamm. Differenzialdiagnostisch<br />

ist gerade bei Kindern das<br />

Retraktionssyndrom (Stilling-Türk-Duane, Ab)<br />

zu beachten. Es handelt sich dabei um eine kongenitale<br />

Augenbewegungsstörung mit einem<br />

variantenreichen klinischen Erscheinungsbild.<br />

Ursache ist die Hypoplasie des Abduzenskerns<br />

und Einsprossung von Okulomotoriusfasern in<br />

den M. rectus lateralis. Am häufigsten ist dabei<br />

die Abduktion eingeschränkt, aber auch die<br />

Adduktion kann eingeschränkt sein. Durch die<br />

Koinnervation des M. rectus lateralis und des<br />

M. rectus medialis kommt es bei Adduktion zu<br />

einer Bulbusretraktion mit Lidspaltenverengung.<br />

Die Störung ist meist einseitig, es wird<br />

eine Kopfzwangshaltung eingenommen.<br />

Doppelbilder ist bei Senkung in Adduktion (z. B.<br />

beim Lesen, Treppensteigen) besonders groß.<br />

Es wird eine kompensatorische Kopfzwangshaltung<br />

eingenommen: Kopfneigung zur Seite<br />

des gesunden Auges, Gesichtswendung zur betroffenen<br />

Seite und Kinnsenkung. Das betroffene<br />

Auge steht bei Adduktion über dem Gesunden<br />

(Sursoadduktion), der Höherstand und<br />

auch die Exzyklotropie wird bei Blicksenkung<br />

größer (B). Die zusätzlich auftretende konvergente<br />

Abweichung wird bei Abblick größer (V-<br />

Inkomitanz), weil die abduzierende Wirkung<br />

des M. obliquus superior fehlt. Diagnostisch<br />

wichtig ist das Bielschowsky-Phänomen: bei<br />

Kopfneigung zur betroffenen Seite nimmt der<br />

Höherstand des paretischen Auges zu, bei Kopfneigung<br />

zur gesunden Seite ab.<br />

Bei beidseitiger Trochlearislähmung ist meist<br />

keine Schielstellung erkennbar, der Patient<br />

nimmt aber verkippte Doppelbilder wegen der<br />

Exzyklotropie wahr. Die Auswärtsrollung ist<br />

bei Abblick stärker als bei der einseitigen Parese<br />

(meist > 10°). Auch die V-Inkomitanz ist bei<br />

der beidseitigen Lähmung größer als bei der<br />

Einseitigen. Differenzialdiagnostisch ist die<br />

Trochlearisparese vom Strabismus sursoadductorius,<br />

einer angeborenen Störung, abzugrenzen.<br />

Auch hier besteht ein Höherstand des<br />

betroffenen Auges bei Adduktion, aber keine<br />

Winkelzunahme bei Abblick.<br />

60<br />

B. Trochlearisparese<br />

Entsprechend der Hauptwirkung des M. obliquus<br />

superior (Einwärtsrollung, Senkung bei<br />

Adduktion) treten bei der einseitigen Trochlearisparese<br />

vertikal-schräg stehend Doppelbilder<br />

mit Bildverrollung auf. Der Abstand der<br />

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A. Abduzenzparese<br />

a Abduzenzparese links<br />

Paretisches Schielen<br />

b Retraktionssyndrom links<br />

B. Trochlearisparese<br />

61<br />

Trochlearisparese rechts<br />

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6 Strabismus<br />

62<br />

A. Okulomotoriusparese<br />

Die vollständige Okulomotoriusparese (Aa)<br />

führt zu einer Ptosis, einer Abduktionsstellung<br />

mit starker Einschränkung der Adduktion, der<br />

Hebung und der Senkung. Die Pupille ist erweitert,<br />

die Pupillenlichtreaktion eingeschränkt<br />

bis aufgehoben, die Akkommodation ist gelähmt<br />

(Ab). Ist die Pupille und die Akkommodation<br />

nicht betroffen, spricht man von einer<br />

äußeren Okulomotoriusparese. Diese wird<br />

häufig bei Durchblutungsstörungen beobachtet.<br />

Eine Pupillenbeteiligung tritt auf, wenn der<br />

Okulomotorius komprimiert wird. Selten ist<br />

nur ein einzelner Okulomotoriusast betroffen.<br />

Insbesondere nach einer traumatischen Okulomotoriusparese<br />

kann es zu Fehlregenerationen<br />

kommen. Es gelangen dann z. B. Nervenfasern<br />

vom M. rectus medialis zum M. levator palpebrae.<br />

Bei Adduktion kommt es dann zur Oberlidanhebung.<br />

Bei Pupillenbeteiligung (Mydriasis)<br />

oder fehlender Rückbildungstendenz sollte<br />

eine Schädel-CT oder MRT durchgeführt werden.<br />

Je nach Ausmaß der betroffenen Augenmuskeln<br />

ist eine Therapie mit Prismen und<br />

nach Ablauf eines Heilungszeitraumes von<br />

9–12 Monaten Augenmuskeloperationen zu erwägen.<br />

Differenzialdiagnosen: Myasthenie,<br />

chronisch progressive externe Ophthalmoplegie<br />

(CPEO), endokrine Orbitopathie, Pseudotumor<br />

orbitae.<br />

B. Komplexes paretisches Schielen<br />

Hierunter sind Erkrankungen zusammengefasst,<br />

die mit paretischem Schielen einhergehen.<br />

Als Orbitaspitzensyndrom werden verschiedene<br />

Erkrankungen in der Orbitaspitze<br />

zusammengefasst, die zur Lähmung aller Augenmuskelnerven<br />

und des 1. Astes des Trigeminusnervs<br />

führen. Wichtige Ursachen sind<br />

arteriovenöse Fisteln, Sinusvenenthrombose,<br />

entzündliche Orbitaerkrankungen (Phlegmone,<br />

Mukormykose und Tolosa-Hunt-Syndrom)<br />

sowie Tumore. Häufig wird bei orbitaler Läsion<br />

ein Exophthalmus beobachtet. Die Myasthenia<br />

gravis zeigt häufig eine Erstmanifestation am<br />

Auge: es wird bei den überwiegend älteren Patienten<br />

eine Ptosis und wechselhafte Doppelbildwahrnehmung<br />

beobachtet. Die Beschwerden<br />

sind tageszeitlich variabel, häufig wird die<br />

Muskelschwäche zum Abend hin stärker. Beschwerden<br />

beim Sprechen, Schlucken und Atmen<br />

sind Zeichen einer generalisierten Beteiligung.<br />

Durch i. v. Gabe von Edrophoniumchlorid<br />

(z. B. Tensilon) wird die Muskelfunktion kurzfristig<br />

gebessert. Die chronisch progressive externe<br />

Ophthalmoplegie (CPEO) ist eine Mitochondriopathie.<br />

Es kommt zu einer langsam<br />

fortschreitenden Schwäche aller Augenmuskeln<br />

mit variabel ausgeprägten Motilitätsstörungen<br />

und entsprechenden Doppelbildern<br />

und im weiteren Verlauf zur Mitbeteiligung der<br />

Extremitätenmuskulatur. Häufig wird eine<br />

beidseitige Ptosis mit stark eingeschränkter Levatorfunktion<br />

beobachtet. Zusätzlich besteht<br />

eine Schwäche der mimischen Gesichtsmuskulatur,<br />

besonders des M. orbicularis oculi. Eine<br />

Sonderform ist das Kearns-Sayre-Syndrom.<br />

Neben der Muskelschwäche zeigen sich Fundusveränderungen<br />

wie bei der Retinitis pigmentosa<br />

sowie Herzreizleitungsstörungen,<br />

Hörstörungen und mentale Retardierung. Eine<br />

ursächliche Behandlung bei CPEO ist nicht<br />

möglich.<br />

C. Mechanische Störungen<br />

Bei Orbitafrakturen können Strukturen der Augenhöhle<br />

im Frakturspalt eingeklemmt werden<br />

und somit zu einer mechanischen Bewegungsstörung<br />

führen. Am häufigsten findet man dies<br />

bei der Orbitabodenfraktur. Die Hebung und<br />

Senkung ist dann eingeschränkt. Häufig besteht<br />

durch Läsion des N. infraorbitalis auch<br />

eine Sensibilitätsstörung im Bereich der Wange<br />

und der Oberlippe. Beim Brown-Syndrom liegt<br />

eine Verdickung der Obliquus-superior-Sehne<br />

und/oder der Trochlea zugrunde, die das Gleiten<br />

der Sehne durch die Trochlea behindert (C).<br />

Die Funktion des M. obliquus inferior wird ab<br />

einer bestimmten Blickexkusion durch das<br />

Festsitzen der Obliquus-superior-Sehne in der<br />

Trochlea gestört. Ursache sind angeborene<br />

Veränderungen der Muskelsehne oder der<br />

Trochlea, bzw. erworbene Veränderungen nach<br />

Trauma, Operation und rheumatischen Entzündungen.<br />

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A. Okulomotoriusparese<br />

a Ptosis bei kompletter Okulomotoriusparese<br />

Paretisches Schielen<br />

b Komplette Okulomotoriusparese bei hochgehaltenem Lid, Divergenz und Mydriasis<br />

C. Mechanische Störungen<br />

63<br />

Brown-Syndrom links<br />

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6 Strabismus<br />

64<br />

A. Supranukleäre Augenbewegungsstörungen<br />

Hierunter werden Störungen der koordinierten<br />

Augenbewegung verstanden, die durch<br />

Läsionen der den Augenmuskelkernen vorgelagerten<br />

neuronalen Strukturen bzw. der Bahnen,<br />

die die Augenmuskelkerne miteinander<br />

verbinden, verursacht sind (Aa). Blicklähmungen<br />

sind Bewegungsstörungen beider Augen<br />

durch Schädigung der Strukturen, die die konjugierten<br />

Augenbewegungen steuern. Wegen<br />

der Nähe zu den Hirnnervenkernen III, IV und<br />

VI sind Blicklähmungen häufig mit einem<br />

Lähmungsschielen kombiniert. Eine horizontale<br />

Blicklähmung kann durch eine pontine<br />

Läsion im Abduzenskern oder in der paramedianen<br />

pontinen retikulären Formation (PPRF)<br />

verursacht sein. Bei Läsion des Abduzenskerns<br />

sind alle Arten konjugierter Augenbewegungen<br />

zur Seite der Läsion gestört. Bei<br />

einem Schaden der PPRF fallen nur die raschen<br />

ipsilateral gerichteten Augenbewegungen<br />

aus, während Folgebewegungen und der<br />

vestibulookuläre Reflex erhalten bleiben. Bei<br />

akuten Läsionen der PPRF werden zusätzlich<br />

eine tonische Blickdeviation und ein Spontannystagmus<br />

zur Gegenseite beobachtet. Eine<br />

Läsion in der Capsula interna kann eine Blicklähmung<br />

verursachen, die in der Regel nach 2<br />

Wochen wieder verschwindet. Der Blick ist zur<br />

Gegenseite der Läsion gelähmt und es tritt<br />

eine tonische Blickdeviation zur Seite der Läsion<br />

auf. Vertikale Blicklähmungen können<br />

unter dem Parinaud-Syndrom zusammengefasst<br />

werden. Die isolierte Lähmung des Aufblicks<br />

wird häufig durch einen Pinealis-Tumor<br />

verursacht, der zu einer Unterbrechung der<br />

Fasern führt, die in der Commissura posterior<br />

im Mittelhirn kreuzen. Die sehr selten auftretende<br />

isolierte Lähmung des Abblicks entsteht<br />

durch eine beidseitige Läsion des riMLF (rostraler<br />

interstitieller Kern des medialen longitudinalen<br />

Faszikulus) durch einen Verschluss<br />

der Arteria thalamo-subthalamica posterior.<br />

Beim Parinaud-Syndrom tritt häufig bei Aufblick<br />

ein konvergierender Nystagmus auf. Zusätzlich<br />

wird beim Parinaud-Syndrom eine reflektorische<br />

Pupillenstarre beschrieben. Die<br />

Lichtreaktion fehlt bei erhaltender Naheinstellungsreaktion.<br />

Als Cogan-Syndrom wird eine kongenitale<br />

okulomotorische Apraxie bezeichnet, bei der<br />

der Patient horizontale Sakkaden willkürlich<br />

nicht in Gang bringen kann.<br />

Als internukleäre Ophthalmoplegie (INO) wird<br />

eine pränukleäre Lähmung des M. rectus medialis<br />

bezeichnet. Das betroffene Auge kann bei<br />

Blickwendung nicht adduziert werden, wohl<br />

aber durch Naheinstellungskonvergenz. Die<br />

Adduktionssakkade ist bei der INO deutlich<br />

verlangsamt. Häufig findet sich ein Blickrichtungsnystagmus<br />

zur Gegenseite der Läsion.<br />

Ursache für die INO ist eine Läsion der erregenden<br />

internukleären Neurone, die vom Abduzenskern<br />

ausgehen, auf die andere Seite<br />

kreuzen und im medialen longitudinalen Faszikulus<br />

(MLF) aufsteigen und den Subnucleus<br />

des M. rectus medialis erreichen. Da im MLF<br />

auch Fasern liegen, die für vertikale Augenbewegungen<br />

zuständig sind, kann gelegentlich<br />

mit einer INO auch ein Vertikalschielen (Skew<br />

Deviation) auftreten. Des Weiteren kann mit<br />

dem MLF auch die benachbarte, ipsilaterale<br />

PPRF oder der Abduzenskern geschädigt sein.<br />

Dadurch kommt es zum Eineinhalbsyndrom:<br />

Am ipsilateralen Auge ist die horizontale Beweglichkeit<br />

vollständig aufgehoben (keine Adduktion<br />

und Abduktion), am kontralateralen<br />

Auge ist nur die Adduktion gelähmt. Eine häufige<br />

Ursache für die INO ist die multiple Sklerose.<br />

Differenzialdiagnose: Myasthenie.<br />

Eine Schädigung der gravizeptiven Bahnen<br />

(vom Otolithenapparat zu den Augenmuskeln<br />

und zur Halsmuskulatur sowie zur Hirnrinde)<br />

führt zur Ocular-Tilt-Reaction. Dabei werden<br />

folgende vier Veränderungen beobachtet:<br />

Kippung der subjektiven visuellen Vertikalen,<br />

Rotation beider Augen um die Blicklinie (Zykloduktion),<br />

vertikale Schielstellung und Kopfneigung<br />

zu einer Schulter (Skew Deviation).<br />

Alle vier Komponenten zeigen eine Kippung in<br />

die gleiche Richtung (Ab – d) Bei Läsion im Bereich<br />

des unteren Hirnstammes (Medulla oblongata,<br />

untere Brücke) zeigt sich eine Kippung<br />

zur selben Seite, bei Schädigung des oberen<br />

Hirnstammes zur Gegenseite.<br />

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A. Supranukleäre Augenbewegungsstörungen<br />

M. rectus lateralis<br />

M. rectus superior<br />

M. rectus medialis<br />

M. obliquus superior<br />

M. obliquus inferior<br />

N. trochlearis<br />

M. rectus inferior<br />

N. abducens<br />

N. oculomotorius<br />

riMLF<br />

III<br />

IV<br />

PPRF<br />

VI<br />

VII<br />

b Ocular Tilt<br />

c Fundus rechtes Auge: Inzyklorotation<br />

Supranukleäre Augenbewegungsstörungen<br />

a Innervation der äußeren Augenmuskeln<br />

d Fundus linkes Auge: Exzyklorotation<br />

65<br />

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7 Bindehaut<br />

66<br />

A. Fehlbildungen<br />

Mikrophthalmus (= verkleinertes Auge) und<br />

Kryptophthalmus (= durch fehlende Lidspalte<br />

in der Tiefe verborgenes, meist mikrophthalmisches<br />

Auge) sind mit einem oft massiv verkleinerten<br />

Bindehautsack assoziiert, der die<br />

Anpassung eines künstlichen Auges erheblich<br />

erschwert und plastische Maßnahmen erforderlich<br />

machen kann. Angeborene Tumoren<br />

(Choristome) der Bindehaut sind das limbale<br />

Dermoid und das temporal oben gelegene Lipodermoid<br />

(A). Beide können mit einem Goldenhar-Syndrom<br />

verbunden sein. Das Lipodermoid<br />

sollte wenn überhaupt nur sehr vorsichtig<br />

chirurgisch angegangen werden, da eine Verletzung<br />

der Tränendrüsenausführungsgänge<br />

und damit ein „trockenes Auge“ droht.<br />

B. Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

Aussackungen (Aneurysmen), segmentale Verdickungen<br />

(Varikositäten), Erweiterungen (Angiektasien)<br />

und eine vermehrte Schlängelung<br />

(Tortuositas) der bulbären Bindehautgefäße<br />

sind nicht selten (Ba). Sie werden mit zunehmendem<br />

Alter häufiger und sind deshalb am<br />

ehesten degenerativer Natur. Sie besitzen im<br />

Allgemeinen keinen Krankheitswert, können<br />

aber mit systemischen Gefäßveränderungen<br />

korreliert sein. Gelegentlich zeigen sich Gefäßveränderungen<br />

der Bindehaut über Melanomen<br />

der Aderhaut und des Ziliarkörpers oder<br />

nach Bestrahlung. Mit zunehmendem Lebensalter<br />

findet sich eine Rarefizierung der limbalen<br />

Gefäßarkaden.<br />

Die Pinguecula (Lidspaltenfleck, Bb) stellt eine<br />

mit zunehmendem Lebensalter sehr häufig<br />

werdende, wahrscheinlich durch chronische<br />

UV-Lichtexposition hervorgerufene Degeneration<br />

des konjunktivalen Bindegewebes dar. Die<br />

leicht prominente, weißliche oder gelbliche,<br />

meist dreieckförmige Veränderung liegt typischerweise<br />

im nasalen, etwas seltener im temporalen<br />

Lidspaltenbereich am Limbus. Mitunter<br />

kommt es zur Keratinisierung des Epithels über<br />

der Pinguecula (Leukoplakie), Kalkeinlagerungen<br />

oder einer begleitenden Entzündung („Pingueculitis“)<br />

durch die permanente mechanische<br />

Alteration. Im Falle von Beschwerden besteht<br />

die Therapie in der chirurgischen Exzision.<br />

Das Pterygium (Flügelfell, Bc u. d) ist ebenfalls<br />

eine durch UV-Licht induzierte Degeneration<br />

des konjunktivalen Bindegewebes. Es ist vor<br />

allem im höheren Lebensalter relativ häufig,<br />

aber deutlich seltener als die Pinguecula. Übergänge<br />

von einer Pinguecula in ein Pterygium<br />

sind häufig. Das im Gegensatz zum Lidspaltenfleck<br />

sehr gut vaskularisierte Flügelfell hat<br />

meist einen größeren konjunktivalen Anteil<br />

(Schwanz), ist klinisch aber v. a. durch die Hornhautbeteiligung<br />

bedeutsam, weshalb die Therapie<br />

dort besprochen wird. Weder Pinguecula<br />

noch Pterygium neigen zur malignen Entartung.<br />

Weißliche Kalkablagerungen im Bereich der<br />

tarsalen Konjunktiva (Kalkinfarkte) werden mit<br />

zunehmendem Lebensalter häufiger. Sie besitzen<br />

meist keinen Krankheitswert und müssen<br />

daher nur wenn ein Fremdkörpergefühl besteht<br />

(durch Stichinzision) entfernt werden. Insbesondere<br />

bei älteren und übergewichtigen Menschen<br />

kommt es mitunter zu einem Vorfall von<br />

orbitalem Fett (Be) unter die temporal obere<br />

Bindehaut, sodass der Eindruck eines Tumors<br />

entsteht. Ursächlich wird eine Erschlaffung des<br />

Septum orbitale angenommen. Im Gegensatz<br />

zum Lipodermoid lässt sich das Fett mit einem<br />

Tupfer o. Ä. in die Augenhöhle reponieren, bei<br />

Druck auf den vorderen Hornhautpol nimmt<br />

der Fettgewebsprolaps meist an Größe zu. Eine<br />

chirurgische Verkleinerung durch Fettresektion<br />

oder -koagulation ist nur in Ausnahmefällen<br />

erforderlich und muss die Schonung der<br />

Tränendrüsenausführungsgänge berücksichtigen.<br />

C. Verschiedenes<br />

Gelbliche Verfärbungen der Bindehaut sind im<br />

Rahmen eines Ikterus zu beobachten, während<br />

bräunliche Verfärbungen z. B. bei Nebennierenrindeninsuffizienz<br />

(Morbus Addison), Alkaptonurie<br />

(Ochronose) oder Einnahme bestimmter<br />

Medikamente vorkommen. Arbeiten in der Silberverarbeitung<br />

können zu einer gräulichen<br />

Bindehaut (Argyrose) führen, auch die systemische<br />

oder lokale Exposition gegenüber Eisen<br />

(Siderosis), Gold (Chrysiasis), Kupfer (Chalcosis)<br />

oder Arsen führen selten zu konjunktivalen<br />

Verfärbungen.<br />

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A. Fehlbildungen<br />

B. Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

Lipodermoid im temporalen Lidspaltenbereich<br />

b Pinguecula im Bereich der nasalen Lidspalte<br />

a Konjunktivale Gefäßanomalien<br />

c Pterygium<br />

Fehlbildungen/Degenerationen/Verschiedenes<br />

e Prolaps von orbitalem Fett im Bereich der temporal<br />

oberen Bindehaut<br />

d Histologie des Pterygiums (EvG-Färbung); man<br />

erkennt schwarze Fasern, die durch UV-Licht veränderten<br />

Kollagenfasern entsprechen (elastoide Degeneration)<br />

67<br />

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7 Bindehaut<br />

68<br />

A. Verschiedenes (Fortsetzung)<br />

Die Zirkulation der Erythrozyten in den Gefäßen<br />

der Bindehaut kann an der Spaltlampe beobachtet<br />

werden. Eine Verlangsamung der<br />

Strömung („Sludging“) ist mitunter bei Erkrankungen,<br />

die mit einer erhöhten Viskosität des<br />

Blutes (z. B. Plasmozytom, Morbus Waldenström,<br />

Kryoglobulinämie) oder einer verminderten<br />

Verformbarkeit der roten Blutzellen<br />

(z. B. Sichelzellanämie) einhergehen, erkennbar.<br />

Mit Chemosis wird die ödematöse Schwellung<br />

der Bindehaut bezeichnet. Sie tritt vorwiegend<br />

im Rahmen von Bindehautentzündungen auf,<br />

kann sich aber auch separat manifestieren, z. B.<br />

durch eine orbitale Abflussstörung (A) oder bestimmte<br />

Medikamente. Die flüchtige Bindehautchemose<br />

dürfte, obwohl sich ein auslösendes<br />

Agens oft nicht finden lässt, zumeist<br />

allergischer Natur sein.<br />

Die Austrocknung (Xerose) der Bindehaut ist<br />

durch eine stumpfe, wenig oder gar nicht glänzende<br />

konjunktivale Oberfläche gekennzeichnet.<br />

Das morphologische Korrelat besteht in<br />

einer (beginnenden) Verhornung der Epithelzellen.<br />

Die Xerose entwickelt sich üblicherweise<br />

als Folge einer langfristigen Exposition<br />

(Lagophthalmus) oder eines erheblichen Tränenmangels.<br />

Vitamin-A-Mangel führt selten<br />

aber typischerweise zu einer Xerose, welche oft<br />

im Lidspaltenbereich akzentuiert ist (Bitot-<br />

Fleck).<br />

B. Hyposphagma (subkonjunktivale<br />

Blutung)<br />

Hyposphagma (Ba, b) ist eine Blutung in das<br />

subkonjunktivale Bindegewebe hinein.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Das Hyposphagma resultiert<br />

aus einer Ruptur oder anderweitigen<br />

Eröffnung eines konjunktivalen oder episkleralen<br />

Gefäßes. Meist ist keine Ursache eruierbar<br />

(idiopathisches Hyposphagma). Manchmal<br />

wird ein vorausgehendes Valsalva-Manöver (z. B.<br />

Husten, Pressen oder Erbrechen) angegeben.<br />

Weitere Ursachen des Hyposphagmas umfassen<br />

die arterielle Hypertonie und die Verminderung<br />

der Blutgerinnungsfähigkeit, z. B. durch<br />

gerinnungshemmende Medikamente oder im<br />

Rahmen einer Leukämie. Darüber hinaus kommen<br />

allgemeine, mit Fieber einhergehende Infektionen,<br />

ein Vitamin-C-Mangel (Skorbut),<br />

eine stumpfe oder spitze Augenverletzung, eine<br />

Operation am Auge und eine (virale) Konjunktivitis<br />

in Betracht.<br />

Epidemiologie. Das Hyposphagma besitzt insgesamt<br />

eine große Häufigkeit. Die traumatischen<br />

Bindehautunterblutungen sind öfter im<br />

jüngeren Lebensalter, die idiopathischen dagegen<br />

im höheren Lebensalter zu beobachten.<br />

Klinik. Aufgrund des zarten Aufbaus der Bindehaut<br />

kann sich schon wenig Blut diffus im subkonjunktivalen<br />

Bindegewebe ausbreiten und<br />

eine diffuse Rötung hervorrufen, die meist von<br />

gleichmäßiger Intensität ist und die Blutgefäße<br />

verdeckt. Die untere Bindehaut ist häufiger betroffen<br />

als die obere. Das Hyposphagma ist nur<br />

wenig prominent. Massive Blutungen mit erheblicher<br />

Auftreibung der Bindehaut kommen<br />

aber insbesondere im Rahmen von gedeckten<br />

Bulbusrupturen und schweren Orbitaverletzungen<br />

vor. Das Hyposphagma entwickelt sich<br />

akut und hat für betroffene Patienten meist ein<br />

bedrohlich wirkendes Erscheinungsbild. Es ist<br />

für sich aber völlig harmlos. Sofern keine assoziierten<br />

(traumatischen) Veränderungen des<br />

Auges vorliegen ist die Sehschärfe unverändert,<br />

da es sich um ein rein extraokulares Geschehen<br />

handelt. Schmerzen bestehen nicht.<br />

Diagnostik. Die Diagnose ergibt sich aus dem<br />

typischen klinischen Bild, u. U. hilft auch die<br />

Anamnese weiter. Bei Angabe eines Traumas<br />

sind assoziierte Läsionen des Bulbus oder der<br />

Orbita auszuschließen. Bei erstmaligem Auftreten<br />

eines idiopathischen Hyposphagmas<br />

sind in der Regel keine weiteren diagnostischen<br />

Maßnahmen erforderlich. Im Wiederholungsfalle<br />

sollten allerdings eine arterielle Hypertonie<br />

und eine Blutgerinnungsstörung ausgeschlossen<br />

werden.<br />

Therapie. Das Hyposphagma erfordert in aller<br />

Regel keine Behandlung. Extreme Formen, welche<br />

zu einer Benetzungsstörung der Hornhaut<br />

führen, können ausnahmsweise eine Inzision<br />

der Konjunktiva mit Ablassung der Blutung erforderlich<br />

machen.<br />

Prognose. Innerhalb einiger Tage kommt es zur<br />

spontanen Resorption der Blutung, wobei selten<br />

eine leichte Pigmentierung zurückbleibt.<br />

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A. Verschiedenes<br />

Chemose (Schwellung) der Bindehaut<br />

mit massiver Gefäßerweiterung<br />

bei orbitaler Abflussstörung (Carotis-<br />

Sinus-cavernosus-Fistel)<br />

B. Hyposphagma<br />

a Unterblutung der Bindehaut (Hyposphagma)<br />

nach Augapfelprellung<br />

Verschiedenes/Hyposphagma<br />

b Hyposphagma bei viraler Konjunktivitis<br />

(Keratoconjunctivitis epidemica)<br />

69<br />

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7 Bindehaut<br />

70<br />

A. Konjunktivitis<br />

Die Konjunktivitis ist durch eine auf die Bindehaut<br />

beschränkte, infektiöse oder nicht-infektiöse<br />

Entzündung definiert. Da die Konjunktiva<br />

an den Lidkanten in die Epidermis und am Limbus<br />

in das Hornhautepithel übergeht, sind<br />

diese Strukturen nicht selten zusammen mit<br />

der Bindehaut betroffen (Blepharokonjunktivitis<br />

bzw. Keratokonjunktivitis).<br />

Auch für die Konjunktivitis gelten im Prinzip<br />

die klassischen Phänomene der Entzündungslehre,<br />

nämlich Calor, Rubor, Tumor, Dolor und<br />

Functio laesa, wobei aber dem Rubor („rotes<br />

Auge“, Aa) die weitaus größte Bedeutung zukommt.<br />

Die Abgrenzung der „echten“ Entzündung<br />

von der konjunktivalen Hyperämie (Ab)<br />

ist allerdings oft schwierig und z. T. etwas willkürlich.<br />

Formal kann man zwischen der primären<br />

Konjunktivitis und der sekundären Bindehautreizung,<br />

z. B. durch intraokulare Prozesse<br />

differenzieren. Die verschiedenen Formen der<br />

Konjunktivitis unterscheiden sich bezüglich<br />

der Ätiologie, des klinischen Bildes, des Verlaufs<br />

und der Therapie z. T. erheblich voneinander.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Bindehaut ist wie<br />

die Hornhaut in starkem Maße Umwelteinflüssen<br />

ausgesetzt. Durch den Lidschlag, den<br />

Tränenfluss, die gute Durchblutung, reichlich<br />

vorhandene, ortsständige Immunzellen und<br />

antibakterielle Substanzen (z. B. Immunglobuline,<br />

Interferone und Lysozym des Tränenfilms)<br />

besteht eine natürliche Abwehr gegen Infektionen.<br />

Die vielfältigen Ursachen der Konjunktivitis<br />

sind in Tab. 1 (S. 72f) zusammengefasst.<br />

Die konjunktivale Oberfläche ist nicht steril.<br />

Vielmehr finden sich hier auch normalerweise<br />

zahlreiche Keime (Standortflora), die üblicherweise<br />

nicht pathogen sind. Unter bestimmten<br />

Bedingungen kann aber fast jedes Bakterium<br />

eine Konjunktivitis hervorrufen. Förderliche<br />

Faktoren sind v. a. eine Insuffizienz des Tränenfilms<br />

(Sicca-Syndrom) und des Lidschlages<br />

sowie Kontaktlinsen, also Faktoren, welche die<br />

natürliche mechanische oder immunologische<br />

Abwehr beeinträchtigen. Die viralen (wie auch<br />

die bakteriellen) Bindehautentzündungen sind<br />

vorwiegend Schmierinfektionen, d. h. dass die<br />

Keime z. B. durch kontaminierte Finger, Handtücher,<br />

ophthalmologische Geräte oder engen<br />

Körperkontakt an das Auge gelangen.<br />

Bei den allergischen Konjunktivitiden vom Typ<br />

I (Soforttyp) handelt es sich insbesondere um<br />

Allergien auf Pollen, Gräser und Tierhaare während<br />

jene vom verzögertem Typ zumeist Reaktionen<br />

auf chronische Allergene wie Augentropfen,<br />

Kosmetika, Hausstaubmilben oder<br />

auch Kontaktlinsen darstellen. Die den Allergien<br />

nahe stehenden atopischen Erkrankungen<br />

(Ac) beruhen wahrscheinlich auf einer Hyperreagibilität<br />

des Immunsystems. Häufig besteht<br />

eine Assoziation mit einer Neurodermitis oder<br />

einem Asthma bronchiale.<br />

Die Ursachen des sehr weit verbreiteten, chronisch<br />

verlaufenden „trockenen Auges“ (Sicca-<br />

Syndrom bzw. Keratoconjunctivitis sicca) sind<br />

nur unzulänglich bekannt. Vieles spricht für<br />

hormonelle Störungen (Androgenmangel oder<br />

Überschuss weiblicher Geschlechtshormone).<br />

Die Involution der Tränendrüsen, aber auch<br />

entzündliche Phänomene spielen wahrscheinlich<br />

bei älteren Patienten die größte Rolle. Bei<br />

Kindern und jüngeren Erwachsenen entwickelt<br />

sich das „trockene Auge“ nicht selten als postentzündliches<br />

Geschehen, z. B. nach einer Virusinfektion.<br />

Typisch sind Tränenmangelzustände<br />

im Rahmen von Kollagenosen. Praktisch<br />

obligat kommen sie beim Sjögren-Syndrom<br />

vor.<br />

Eine Conjunctivitis sicca kann aber auch bei<br />

ausreichender Tränenproduktion entstehen,<br />

wenn die Qualität des Tränenfilms durch einen<br />

Muzin-(Becherzellverlust) oder Lipidmangel<br />

(Abflussstörung der Meibom-Drüsen, z. B. bei<br />

Lidrandentzündung im Rahmen einer Rosacea)<br />

vermindert ist.<br />

Nicht wenige Patienten mit „trockenem Auge“<br />

geben eine intensive Arbeit am PC an. Das gebannte<br />

Schauen auf den Monitor unterdrückt<br />

den normalen Blinkreflex und damit die normale<br />

Verteilung des Tränenfilms, was dann zu<br />

einem Sicca-Syndrom führen kann. Eine Beeinträchtigung<br />

des Tränenfilms ist auch durch bestimmte,<br />

örtlich oder systemisch angewendete<br />

Medikamente möglich.<br />

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A. Konjunktivitis<br />

a „Rotes Auge“ als typisches Zeichen<br />

der Konjunktivitis; diffuse Erweiterung<br />

der Bindehautgefäße (konjunktivale<br />

Injektion)<br />

b Nichtentzündliche Erweiterung<br />

der Bindehautgefäße (Hyperämie)<br />

bei orbitaler Abflussstörung (Carotis-Sinus-cavernosus-Fistel);<br />

im<br />

Gegensatz zur entzündlichen Rötung<br />

ist die Gefäßerweiterung<br />

stärker ausgeprägt, dafür aber auf<br />

weniger Gefäße beschränkt<br />

Konjunktivitis<br />

c Atopische Konjunktivitis mit Verdickung<br />

der Lidkante und Rötung<br />

der Lidhaut<br />

71<br />

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Tab. 1 Ursachen und Therapie der Konjunktivitis<br />

Ursache<br />

Therapie<br />

Bakterien<br />

● Staphylococcus aureus<br />

Staphylococcus epidermidis<br />

Streptococcus pneumoniae<br />

Haemophilus influenzae<br />

● adstringierende, antiseptische oder antibiotische<br />

AT (Aminoglykoside oder<br />

Gyrasehemmer); Sanierung von Lidkanten<br />

und Tränenwegen<br />

● Neisseria gonorrhoeae<br />

(Gonoblennorrhoe)<br />

● Chlamydia trachomatis<br />

Serotyp A-C (Trachom)<br />

Chlamydia trachomatis<br />

Serotyp D-K („Schwimmbadkonjunktivitis“)<br />

● lokale und systemische Antibiose<br />

(Penicillin), Schutz des noch nicht betroffenen<br />

Partnerauges<br />

● Tetrazyklin- (nicht bei Kindern) oder<br />

Eythromycin-AT, evtl. systemische und<br />

Partnertherapie<br />

● andere<br />

7 Bindehaut<br />

Viren<br />

● Herpes-simplex-Virus (HSV)<br />

Varicella-zoster-Virus (VZV)<br />

● Adenovirus Typ 8 und 19<br />

(Keratoconjunktivitis<br />

epidemica)<br />

● nur ausnahmsweise Virustatika, meist<br />

spontane Heilung<br />

● symptomatische Maßnahmen<br />

(Tränenersatzmittel), Verhinderung der<br />

Ausbreitung (Hygiene)<br />

● lidkantennahes Molluscum<br />

contagiosum<br />

● Masern-, Röteln- und Mumps-Virus<br />

● Exzision des Molluscum contagiosum<br />

● keine erforderlich<br />

● andere<br />

Pilze<br />

Parasiten<br />

Allergien und<br />

atopische<br />

Erkrankungen<br />

● vor allem Candida albicans<br />

(bei Immunsuppression)<br />

● z. B. Onchozerkose oder<br />

Loa loa<br />

● antimykotische AT<br />

● antiparasitäre Medikamente, operative<br />

Entfernung subkonjunktivaler Würmer<br />

● Allergenkarenz; lokale Mastzellstabilisatoren,<br />

Antihistaminika, Antiphlogistika<br />

(Kortikosteroide), in bestimmten Fällen<br />

Cyclosporin-AT, Tränenersatzmittel, ausnahmsweise<br />

systemische Immunsuppression<br />

72<br />

kontaktlinseninduzierte<br />

Riesenpapillen-<br />

Konjunktivitis<br />

● Kontaktlinsenkarenz<br />

AT = Augentropfen<br />

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Ursache<br />

Tränenfilminsuffizienz<br />

(Sicca-Syndrom)<br />

Therapie<br />

● Tränenersatzmittel, Cyclosporin-AT,<br />

Sanierung der Lidkanten; in schweren<br />

Fällen Verschluss der Tränenpünktchen,<br />

zukünftig evtl. lokale Hormontherapie<br />

(Androgene)<br />

immunologische<br />

Erkrankungen<br />

Vaskulitiden<br />

Stoffwechselstörungen<br />

● okuläres Pemphigoid<br />

paraneoplastisches<br />

Pemphigoid<br />

endokrine Orbitopathie<br />

Graft-versus-Host-Reaktion<br />

nach Knochenmarktransplantation<br />

Stevens-Johnson-Syndrom<br />

● Wegener-Granulomatose<br />

primär chronische Polyarthritis<br />

Kawasaki-Syndrom<br />

● Gicht<br />

Plasminogenmangel<br />

(Conjunctivitis lignosa)<br />

● systemische Immunsuppression, Tränenersatzmittel<br />

(ohne Konservierungsstoffe),<br />

ausnahmsweise operative Maßnahmen,<br />

Absetzen auslösender Medikamente<br />

● Behandlung der Grundkrankheit, am<br />

Auge symptomatische Maßnahmen<br />

● Behandlung der Grundkrankheit, am<br />

Auge symptomatische Maßnahmen<br />

Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

mechanische<br />

Wirkungen<br />

● Fremdkörper<br />

Differenzierungsstörung des<br />

Limbusepithels (superiore<br />

Limbuskeratokonjunktivitis)<br />

Trichiasis (Entropium)<br />

● (operative) Beseitigung der Ursache,<br />

Bindehautresektion bei superiorer<br />

Limbuskeratokonjunktivitis<br />

chemisch-toxische<br />

und thermische<br />

Einwirkungen<br />

● Verätzungen<br />

Verbrennungen<br />

● akut Verdünnung des auslösenden<br />

Agens bzw. Kühlung;<br />

Behandlung und Prophylaxe von<br />

Sekundärkomplikationen<br />

Reaktion auf<br />

Medikamente<br />

● Stevens-Johnson-Syndrom<br />

Lyell-Syndrom<br />

toxische Konjunktivitis z. B.<br />

auf Aspirin oder Antibiotika<br />

● Vermeidung des auslösenden<br />

Medikamentes; Therapie und Prophylaxe<br />

von Sekundärkomplikationen<br />

(z. B. Verhinderung von Verwachsungen<br />

(Symblephara)<br />

Exposition<br />

● fehlender Lidschluss<br />

(Lagophthalmus)<br />

Lidfehlstellung (Ektropium)<br />

● Tränenersatzmittel; operative Verkleinerung<br />

der Lidspalte, operative Korrektur<br />

der Lidfehlstellung<br />

Asthenopie<br />

● latente Hyperopie<br />

● Heterophorie<br />

● optischer Ausgleich<br />

● Prismengläser, Schieloperation<br />

73<br />

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7 Bindehaut<br />

74<br />

A. Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

Epidemiologie. Die Konjunktivitis ist die häufigste<br />

Erkrankung der Augen überhaupt. Dennoch<br />

liegen kaum schlüssige Daten zur Epidemiologie<br />

vor. Als gesichert kann gelten, dass die<br />

Häufigkeit der Bindehautentzündung in den<br />

Praxen niedergelassener Augenärztinnen und<br />

Augenärzte sehr viel größer ist als an Augenkliniken.<br />

Etwa 10 % aller Neugeborenen entwickeln<br />

aus verschiedenen Gründen eine Konjunktivitis<br />

(Tab. 1). Für die gigantopapilläre<br />

Konjunktivitis wurde geschätzt, dass etwa<br />

1–3 % aller Kontaktlinsenträger hiervon betroffen<br />

sind.<br />

Bindehautentzündungen kommen in allen Lebensaltersstufen<br />

vor. Bestimmte Formen finden<br />

sich allerdings häufiger in bestimmten Altersgruppen.<br />

So ist die Keratoconjunctivitis<br />

vernalis vor allem eine Erkrankung von Kindern<br />

während atopische Keratokonjunktivitis und<br />

die allergischen Bindehautentzündungen typischerweise<br />

Erkrankungen der Jugendlichen und<br />

des frühen Erwachsenenalters sind. Die vernarbenden<br />

Bindehautentzündungen stellen Erkrankungen<br />

des höheren Lebensalters dar.<br />

Die Konjunktivitis betrifft beide Geschlechter<br />

mit ungefähr gleicher Häufigkeit. Die chemisch<br />

oder mechanisch bedingten Bindehautentzündungen<br />

sowie die Keratoconjunctivitis vernalis<br />

sind beim männlichen Geschlecht deutlich<br />

häufiger, während die Conjunctivitis sicca weit<br />

überwiegend beim weiblichen Geschlecht auftritt.<br />

Klinik. Die Konjunktivitis entwickelt sich mit<br />

Ausnahme der verletzungsbedingten Formen<br />

meist bilateral, wobei der Ausprägungsgrad<br />

jedoch oft asymmetrisch ist. Typisch für die<br />

Keratoconjunctivitis epidemica ist, dass das<br />

zweite Auge - durch zwischenzeitliche Antikörperbildung<br />

- üblicherweise deutlich weniger<br />

betroffen ist als das erste.<br />

Symptome und Befunde bei Konjunktivitis:<br />

● Fremdkörpergefühl („Gefühl wie Sand in den<br />

Augen“).<br />

● „Rotes Auge“ (s. S. 71, Aa). Normalerweise ist<br />

das Auge weiß, weil die konjunktivalen und<br />

episkleralen Gefäße vor dem weißen Hintergrund<br />

der Sklera nicht oder kaum sichtbar<br />

sind. Erst durch die Erweiterung der epibulbären<br />

Gefäße wird aus dem weißen ein „rotes<br />

Auge“. Die (historische) Unterscheidung zwischen<br />

der (oberflächlicheren) konjunktivalen<br />

Injektion und der (tieferen und mehr limbusbetonten)<br />

ziliaren Injektion ist im klinischen<br />

Alltag oft nicht hilfreich, da meist Mischbilder<br />

bestehen.<br />

Bei einer Konjunktivitis ist meist die gesamte<br />

Bindehaut gerötet. Toxische Bindehautreizungen<br />

bevorzugen die unteren Bindehautanteile.<br />

Die obere limbale Keratokonjunktivitis<br />

(Aa) ist, wie der Name sagt, auf den oberen<br />

Hornhautrand beschränkt. Bei der Conjunctivitis<br />

sicca und der durch Chlamydien bedingten<br />

Bindehautentzündung ist die Rötung häufig<br />

nur gering oder gar nicht ausgeprägt.<br />

● Tränenträufeln (Epiphora). Das Tränenträufeln<br />

ist Ausdruck einer reflektorisch gesteigerten<br />

Tränenproduktion, seltener einer (schwellungsbedingten)<br />

Abflussstörung. Es findet sich<br />

typischerweise bei Affektionen der Hornhaut,<br />

kann aber auch bei der Konjunktivitis, insbesondere<br />

der Keratoconjunctivitis epidemica<br />

auftreten.<br />

● Absonderung (Sekretion) aus dem Bindehautsack.<br />

Dieser Ausfluss ist bei bakterieller<br />

Konjunktivitis meist gelblich und rahmigeitrig<br />

(Ab), während er bei viraler Bindehautentzündung<br />

in der Regel wässrig und klar ist.<br />

Bei der allergischen und atopischen Konjunktivitis<br />

sowie der durch Chlamydien bedingten<br />

Bindehautentzündung sind die Absonderungen<br />

meist zähflüssig und schleimig (Ac).<br />

● Verklebung der Lider. Diese findet sich zumeist<br />

morgens, da der bei Konjunktivitis<br />

verstärkt gebildete Schleim und/oder der Ausfluss<br />

in der Nacht eintrocknen. Die Verklebung<br />

der Lider ist recht typisch für bakterielle Bindehautentzündungen.<br />

● Juckreiz. Die meisten Formen der Konjunktivitis<br />

jucken nicht. Juckreiz ist aber typisch für<br />

die allergischen und atopischen Bindehautentzündungen,<br />

zu denen auch die kontaktlinseninduzierte<br />

Riesenpapillen-Konjunktivitis<br />

zu rechnen ist. Auch die parasitären Bindehautentzündungen<br />

gehen meist mit einem<br />

kräftigen Juckreiz einher.<br />

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A. Konjunktivitis<br />

a Obere Limbuskeratokonjunktivitis; Rötung der oberen<br />

Bindehaut mit weißlicher Epithelveränderung<br />

am Limbus<br />

b Eitrige Sekretion als Hinweis auf eine bakterielle<br />

Konjunktivitis<br />

Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

c Allergische Konjunktivitis mit Sekretion von zähem<br />

Schleim<br />

Tab. 1 Ursachen, Manifestationszeitpunkt und Häufigkeit der Neugeborenenkonjunktivitis<br />

Erkrankung/Ursache<br />

Zeitpunkt der Manifestation<br />

Häufigkeit<br />

toxische Reizung durch Credé-<br />

Prophylaxe (1 % Silbernitrat)<br />

wenige Stunden nach<br />

Tropfenapplikation<br />

selten geworden, da heute meist<br />

antibiotische Prophylaxe<br />

Gonoblennorrhö/intrapartale<br />

Infektion mit Neisseria gonorrhoeae<br />

1 – 4 Tage post partum<br />

durch Prophylaxe sehr selten geworden<br />

sonstige intrapartale Infektion mit<br />

Bakterien (z. B. Streptococcus<br />

pneumoniae, Haemophilus<br />

influenzae, Staphylokokken,<br />

Pseudomonas aeruginosa u. a.)<br />

4 – 6 Tage post partum<br />

nicht selten<br />

intrapartale Infektion mit<br />

Herpes-simplex-Virus (HSV)<br />

5 – 7 Tage post partum<br />

nicht selten<br />

intrapartale Infektion mit<br />

Chlamydia trachomatis<br />

4 – 15 (meist 7 – 10) Tage<br />

post partum<br />

häufigste Ursache der Konjunktivitis<br />

des Neugeborenen<br />

75<br />

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7 Bindehaut<br />

76<br />

A. Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

Klinik (Fortsetzung). Weitere Symptome und<br />

Befunde:<br />

● Schmerzen. Bindehautentzündungen sind<br />

meist nur wenig oder gar nicht schmerzhaft.<br />

Schmerzen werden v. a. angegeben, wenn die<br />

Hornhaut mitbeteiligt ist, wie bei der Keratoconjunctivitis<br />

epidemica und, trotz oft eher<br />

diskretem klinischem Befund, der Conjunctivitis<br />

sicca.<br />

● Lichtscheu (Photophobie). Die Photophobie<br />

ist kein typisches Symptom für die meisten<br />

Konjunktivitiden, kommt aber oft bei der<br />

Keratoconjunctivitis epidemica vor.<br />

● Schwellung der Bindehaut (Chemosis). Diese<br />

ist vor allem bei der adenoviralen Keratoconjunctivitis<br />

epidemica zu beobachten, aber<br />

auch recht typisch für die allergische und parasitäre<br />

Konjunktivitis. Auch im Rahmen einer<br />

floriden endokrinen Orbitopathie ist sehr häufig<br />

eine Chemose der Bindehaut zu finden.<br />

● Unterblutung der Bindehaut (Hyposphagma).<br />

Diese entwickelt sich bevorzugt bei viralen<br />

Konjunktivitiden, v. a. der Keratoconjunctivitis<br />

epidemica, seltener bei bakteriellen Bindehautentzündungen.<br />

● Follikelbildung (Aa). Vor allem virale und<br />

durch Chlamydien bedingte, aber auch medikamenteninduzierte<br />

Bindehautentzündungen<br />

führen zur Ausbildung von an der Spaltlampe<br />

sichtbaren Knötchen (Follikeln). Sie entsprechen<br />

Ansammlungen von Lymphozyten und<br />

treten bevorzugt im Bereich der Fornices auf<br />

(follikuläre Konjunktivitis). Sehr große, kornartige<br />

Follikel und die Einschleppung nach<br />

Westeuropa als Folge der nordafrikanischen<br />

Expedition Napoleons I. Ende des 18. Jahrhunderts<br />

haben dem Trachom auch den Namen<br />

„ägyptische Körnerkrankheit“ eingebracht.<br />

Aufgrund ihres funktionell noch eingeschränkten<br />

Immunsystems entwickeln Säuglinge<br />

keine follikuläre Konjunktivitis.<br />

● Papillenbildung (Ab). Im Bereich der Lider ist<br />

die Bindehaut durch Bindegewebsstränge mit<br />

dem Tarsus relativ fest fixiert. Die tarsale Bindehaut<br />

kann deshalb im Vergleich zur bulbären<br />

Konjunktiva nur sehr wenig anschwellen.<br />

Im Falle einer Schwellung kommt es durch die<br />

fixierenden Bindegewebsstränge zu Einziehungen,<br />

sodass sich u. U. „Warzen“ (Papillen)<br />

entwickeln, die in ihrem Zentrum ein Gefäß<br />

aufweisen (papilläre Konjunktivitis). Diese Papillen<br />

sind meist klein, können aber v. a. bei<br />

der Keratoconjunctivitis vernalis und der<br />

allergischen Reaktion auf hauptsächlich, aber<br />

nicht ausschließlich weiche Kontaktlinsen<br />

(gigantopapilläre Konjunktivitis Spring-Allansmith)<br />

sehr groß werden und ein pflastersteinartiges<br />

Muster erzeugen.<br />

● Membranbildung (Ac). Es können echte Membranen<br />

von Pseudomembranen abgegrenzt<br />

werden. Erstere führen bei Entfernung zur<br />

Blutung, Letztere nicht. Klassischerweise führte<br />

die heute praktisch nicht mehr vorkommende<br />

Diphtherie zu echten konjunktivalen<br />

Membranen. Membranen können aber genauso<br />

wie Pseudomembranen auch bei anderen<br />

bakteriellen und viralen Bindehautentzündungen<br />

vorkommen ([pseudo-] membranöse<br />

Konjunktivitis). Pseudomembranen<br />

finden sich des Weiteren bei allergischen oder<br />

toxischen (medikamenteninduzierten) Bindehautentzündungen.<br />

Eine besondere Form der<br />

Membranbildung findet sich bei der Conjunctivitis<br />

lignosa („holzartige Konjunktivitis“), bei<br />

der die konjunktivalen Auflagerungen meist<br />

eine derbe Konsistenz haben (Ad).<br />

● Betonte Rötung und Schwellung von Karunkel<br />

und Plica semilunaris (Ae). Diese ist besonders<br />

charakteristisch für die Keratoconjunctivitis<br />

epidemica, wird aber auch oft bei<br />

florider endokriner Orbitopathie beobachtet.<br />

● Verwachsungen (Symblephara, Af). Verwachsungen<br />

von tarsaler und bulbärer Bindehaut<br />

sind im Bereich des unteren Bindehautsackes<br />

häufiger als im oberen. Sie finden sich<br />

praktisch obligat bei chronisch vernarbender<br />

Bindehautentzündung (okuläres und medikamenteninduziertes<br />

Pemphigoid) und fortgeschrittenem<br />

Trachom, häufiger bei atopischer<br />

Konjunktivitis, gelegentlich auch nach<br />

(pseudo-) membranöser Konjunktivitis unterschiedlicher<br />

Ursache sowie trockenem<br />

Auge. Sklerodermie und Ichthyosis gehen häufig<br />

mit Bindehautverwachsungen einher. Bei<br />

stärkerer Ausprägung der Symblephara<br />

kommt es zur Herabsetzung der Augapfelbeweglichkeit.<br />

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A. Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

a Follikuläre Konjunktivitis<br />

b Papilläre Konjunktivitis; typische „Pflastersteine“<br />

im Bereich der tarsalen Bindehaut bei Keratoconjunctivitis<br />

vernalis<br />

Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

c Membranbildung bei Keratoconjunctivitis epidemica<br />

d Dicke, „holzartige“ Membranen bei Keratoconjunctivitis<br />

lignosa (Plasminogenmangel)<br />

e Betonte Rötung der Karunkel bei Keratoconjunctivitis<br />

epidemica<br />

f Symblepharon (Verwachsung von bulbärer und<br />

tarsaler Bindehaut) bei atopischer Keratokonjunktivitis<br />

77<br />

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7 Bindehaut<br />

78<br />

A. Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

Klinik (Fortsetzung). Weitere Symptome und<br />

Befunde:<br />

● Lidkantenparallele konjunktivale Falten<br />

(LIPCOF). Sie sind als deutlicher Hinweis auf<br />

eine Conjunctivitis sicca zu werten.<br />

● Lidveränderungen. Nicht wenige Bindehautentzündungen<br />

führen zu einer begleitenden<br />

Rötung und Schwellung der Lider. Letztere ist<br />

typisch für die Keratoconjunctivitis epidemica<br />

und insbesondere die Gonokokkeninfektion<br />

des Bindehautsackes (Gonoblennorhoe).<br />

Durch die Schwellung kann der Eindruck eines<br />

herabhängenden Oberlides bestehen (Pseudoptosis).<br />

Chronische allergische Bindehautentzündungen<br />

sind nicht selten mit einer Rötung<br />

und Schuppung der periorbitalen Lidhaut<br />

(allergisches Kontaktekzem bzw. atopische<br />

Dermatitis) vergesellschaftet.<br />

● Assoziierte Hornhautveränderungen. Im<br />

Rahmen der Keratoconjunctivitis epidemica<br />

kommt es meist 5–15 Tage nach der akuten<br />

Manifestation zu oberflächlichen, rundlichen<br />

Trübungen der Hornhaut (Aa). Diese sog.<br />

Nummuli sind Ausdruck einer Antigen-Antikörper-Reaktion<br />

und deuten darauf hin, dass<br />

keine oder nur noch eine geringe Ansteckungsgefahr<br />

besteht. Periphere subepitheliale<br />

Hornhautinfiltrate und ein oberflächliches Gefäßwachstum<br />

in die periphere Hornhaut hinein<br />

(Pannus) finden sich mitunter im Rahmen<br />

einer Chlamydien-Konjunktivitis. Die Keratoconjunctivitis<br />

vernalis und die atopische Keratokonjunktivitis<br />

gehen in ihrer tarsal-papillären<br />

Form gelegentlich mit schildartigen<br />

Hornhauttrübungen und in ihrer limbalen<br />

Form mit weißlichen Trübungen am Hornhautrand<br />

einher. Diese sog. Trantas-Flecken<br />

(Ab) können selten auch bei der (kontaktlinsenassoziierten)<br />

Riesenpapillen-Konjunktivitis<br />

beobachtet werden. Bei manchen ausgeprägten<br />

Formen des „trockenen Auges“ finden<br />

sich Schleimfäden auf der Hornhaut (Keratitis<br />

filiformis). Die chronische Rosaceakonjunktivitis<br />

ist oft mit einer peripheren Hornhautvaskularisation<br />

vergesellschaftet. Chronischvernarbende<br />

Bindehautentzündungen wie das<br />

okuläre Pemphigoid oder die lineare IgA-Dermatose<br />

(Ac) führen häufig zu einer erheblichen<br />

Gefäßeinsprossung und einer diffusen<br />

kornealen Trübung. Neisseria gonorrhoeae ist<br />

außerordentlich gefährlich, weil er die intakte<br />

Hornhaut leicht penetrieren, in das Augeninnere<br />

eindringen und zur Hornhautperforation<br />

führen kann. Erblindungen waren deshalb<br />

bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sehr häufig.<br />

● Schwellung der regionären Lymphknoten.<br />

Die Lymphgefäße der Bindehaut werden in die<br />

präaurikulären und die submandibulären<br />

Lymphknoten drainiert. Eine Schwellung der<br />

Lymphknoten ist typisch für die Keratoconjunctivitis<br />

epidemica, kommt aber z. T. auch<br />

bei chlamydienbedingter und manchen anderen<br />

bakteriellen Bindehautentzündungen vor.<br />

Als okuloglanduläres Syndrom nach Parinaud<br />

wird eine ätiologisch inhomogene, meist aber<br />

bakterielle und granulomatöse, einseitige<br />

Konjunktivitis mit assoziierter Schwellung der<br />

regionären Lymphknoten bezeichnet.<br />

● Allgemeine Symptome. Die Keratoconjunctivitis<br />

epidemica geht gelegentlich mit allgemeinen<br />

(grippalen) Beschwerden einher,<br />

während die Bindehautentzündungen anderer<br />

Ätiologie nur ausnahmsweise mit einer über<br />

das Auge hinausgehenden Symptomatik vergesellschaftet<br />

sind.<br />

● Intraokulare Veränderungen. Eine reine Konjunktivitis<br />

ist praktisch nie mit einer intraokularen<br />

Entzündung, einer Entrundung der<br />

Pupille oder einer Veränderung des Augendrucks<br />

assoziiert. Eine Ausnahme bilden die<br />

chronisch-vernarbenden Bindehautentzündungen,<br />

bei denen es durch Verlegung der<br />

episkleralen Venen zum Glaukom kommen<br />

kann. Ausnahmsweise finden sich bei der<br />

Keratoconjunctivitis epidemica entzündliche<br />

Beschläge des Hornhautendothels. Die Sehschärfe<br />

wird durch eine Konjunktivitis gewöhnlich<br />

nicht oder wenn überhaupt nur<br />

geringgradig (durch die Epiphora) herabgesetzt,<br />

es sei denn, dass sich sekundäre Hornhautkomplikationen<br />

entwickelt haben. Visusminderung,<br />

Entrundung der Pupille oder<br />

Erhöhung des Augendrucks in Kombination<br />

mit einem „roten Auge“ sprechen insgesamt<br />

eher gegen die Diagnose einer primären Konjunktivitis.<br />

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A. Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

a Rundliche, oberflächliche Hornhauttrübungen<br />

(Nummuli) bei Keratoconjunctivitis<br />

epidemica<br />

b Weißliche Infiltrate (Trantas-Flecken)<br />

bei Keratoconjunctivitis<br />

vernalis<br />

Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

c Hornhauttrübungen im Rahmen<br />

einer chronisch-vernarbenden Bindehautentzündung<br />

(lineare IgA-<br />

Dermatose)<br />

79<br />

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7 Bindehaut<br />

80<br />

A. Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

Diagnostik. Die Diagnostik beginnt mit der Anamnese.<br />

Aufschlüsse über die Ursache bietet<br />

der Verlauf (akut/chronisch). Auch die Jahreszeit<br />

gibt Hinweise auf die Genese der Konjunktivitis.<br />

So wird die allergische Rhinoconjunctivitis<br />

im Frühjahr zur Pollenflugzeit manifest<br />

während die Keratoconjunctivitis vernalis bevorzugt<br />

im Frühjahr bis zum Herbst („Frühjahrskatarrh“)<br />

exazerbiert. Herbst und Winter<br />

sind die Prädilektionszeiten für die Keratoconjunctivitis<br />

epidemica. Bekannte Allergien wie<br />

Heuschnupfen oder Asthma bronchiale deuten<br />

auf eine allergische oder atopische und bestimmte<br />

Tätigkeiten auf eine möglicherweise<br />

fremdkörperinduzierte Konjunktivitis hin. Die<br />

gigantopapilläre Konjunktivitis entwickelt sich<br />

meist ca. 10 Monate nach dem Beginn des<br />

Kontaktlinsentragens. Ging ein Schwimmbadbesuch<br />

voraus könnte es sich um eine chlamydienbedingte<br />

Konjunktivitis („Schwimmbadkonjunktivitis“)<br />

handeln. Sind bestimmte<br />

Systemerkrankungen wie z. B. eine rheumatoide<br />

Arthritis, ein Sjögren-Syndrom, eine Wegener-Granulomatose,<br />

ein Kawasaki-Syndrom<br />

oder eine Graft-versus-Host-Reaktion (GvHR)<br />

bekannt, ist eine Konjunktivitis hierdurch erklärbar.<br />

Allerdings geht die Konjunktivitis nicht<br />

selten den systemischen Manifestationen voraus.<br />

Bei den infektiösen Bindehautentzündungen<br />

ist der Zeitpunkt der Inokulation oft unbekannt.<br />

Eine Ausnahme bildet hier die sehr<br />

ansteckende Keratoconjunctivitis epidemica,<br />

welche eine Inkubationszeit von etwa 5–10<br />

Tagen hat. Anamnestisch sind deshalb oft Verwandte<br />

oder Bekannte mit einem „roten Auge“<br />

oder auch ein Augenarztbesuch (Ansteckung<br />

von einem anderen Patienten oder eine Augendruckmessung<br />

mit einem kontaminierten<br />

Messköpfchen) eruierbar. Bei den bakteriellen<br />

Bindehautentzündungen erkrankt das zweite<br />

Auge meist 2–3 Tage nach dem ersten. Die<br />

Konjunktivitis des Neugeborenen hat verschiedene<br />

Ursachen, die nach dem Zeitpunkt ihres<br />

Auftretens vermutet werden können (s. S. 75,<br />

Tab. 1).<br />

Die Diagnose „Konjunktivitis“ ergibt sich nach<br />

der Anamnese aus der Symptomatik und dem<br />

klinischen (spaltlampenmikroskopischen) Bild.<br />

Hierdurch kann oft schon eine ätiologische Einordnung<br />

der Bindehautentzündung vorgenommen<br />

werden. Stets sollte der gesamte Bindehautsack<br />

inspiziert werden (einfaches, ggf.<br />

doppeltes Ektropionieren). Weiterführende<br />

Untersuchungen umfassen:<br />

● Abstrich zur mikrobiologischen Untersuchung<br />

(Ausstrich oder Bakterienkultur).<br />

● Abstrich zum molekulargenetischen Erregernachweis<br />

(Bakterien oder Viren) durch Polymerase-Kettenreaktion<br />

(PCR).<br />

● Ausstrich eines oberflächlichen Bindehautabradates.<br />

Neben konjunktivalen Epithelzellen<br />

finden sich bei bakterieller und mykotischer<br />

Konjunktivitis v. a. neutrophile Granulozyten,<br />

bei viraler Konjunktivitis vor allem Lymphozyten<br />

und bei Chlamydieninfektion ein<br />

Mischbild von Neutrophilen und Lymphozyten<br />

sowie u. U. intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen<br />

in den Epithelzellen. Bei<br />

allergischer, atopischer und Riesenpapillen-<br />

Konjunktivitis sind meist eosinophile, z. T.<br />

auch basophile Granulozyten anzutreffen.<br />

● Messung der Tränensekretion mittels Fließpapierstreifen<br />

(Schirmer-Test I, II) und Überprüfung<br />

der Tränenqualität durch Bestimmung<br />

der Tränenfilmaufrisszeit.<br />

● Eine morphologische Diagnostik durch Impressionszytologie<br />

oder Bindehautbiopsie<br />

wird v. a. zur Diagnosesicherung bei vernarbenden<br />

Bindehautentzündungen (okuläres<br />

Pemphigoid) oder zum Ausschluss eines eine<br />

Konjunktivitis imitierenden, diffusen (pagetoiden)<br />

Tumors durchgeführt. Bei massivem<br />

Sicca-Syndrom und Vitamin-A-Mangel ist oft<br />

eine Keratinisierung des Epithels erkennbar.<br />

● Allergologische Testung.<br />

● Bestimmung von Auto-Antikörpern, z .B. bei<br />

Verdacht auf Morbus Wegener, Lupus erythematodes,<br />

Sjögren-Syndrom.<br />

● Konsiliarische Untersuchungen. Bei Verdacht<br />

auf eine Konjunktivitis im Rahmen einer Systemerkrankung<br />

ist u. U. ein (internistisches)<br />

Konsil erforderlich. Das Sjögren-Syndrom<br />

wird in der Regel mittels einer Mundschleimhautbiopsie<br />

gesichert. Chronisch-vernarbende<br />

Bindehautentzündungen wie das okuläre<br />

Pemphigoid, atopische Erkrankungen und<br />

manche Allergien erfordern die Zusammenarbeit<br />

mit einem Dermatologen.<br />

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Differenzialdiagnosen. Das Leitsymptom „rotes<br />

Auge“ ist nicht beweisend für eine Konjunktivitis.<br />

Differenzialdiagnostisch müssen deshalb<br />

alle Erkrankungen in Betracht gezogen werden,<br />

die mit einer (sekundären) Rötung der Bindehaut<br />

einhergehen können. Hierzu gehören insbesondere<br />

die Keratitis, die anteriore Uveitis<br />

(Iritis bzw. Iridozyklitis) sowie das akute<br />

Winkelblockglaukom. Es sollte aber auch an<br />

vorausgegangene Operationen, die immunologische<br />

Hornhauttransplantatreaktion, neovaskuläre<br />

Erkrankungen, orbitale Abflussstörungen<br />

(z. B. Carotis-Sinus-cavernosus-Fisteln)<br />

oder Tumoren gedacht werden. Die Konjunktivitis<br />

ist oftmals nur schwierig von der in der<br />

Regel einseitigen und symptomarmen Episkleritis<br />

abzugrenzen. Letztere ist üblicherweise<br />

weniger diffus sondern mehr umschrieben<br />

ausgeprägt und geht mit einer Erweiterung<br />

tieferer Gefäße einher. Die Unterscheidung gelingt<br />

oft durch die manuelle Verschiebung der<br />

Bindehaut gegenüber der Lederhaut (sind die<br />

erweiterten Gefäße gut verschieblich liegen sie<br />

eher in der Konjunktiva als in der Episklera)<br />

oder die lokale Applikation eines Sympathomimetikums,<br />

das zu einer Konstriktion der oberflächlichen<br />

(konjunktivalen), weniger aber der<br />

tieferen (episkleralen) Gefäße führt.<br />

Auch die Hyperämie der Bindehaut, wie sie z. B.<br />

im Rahmen eines chronischen Alkoholismus,<br />

bei bestimmten Stoffwechselstörungen oder<br />

nach langfristiger Anwendung verschiedener<br />

Medikamente auftreten kann, ist klinisch von<br />

einer Konjunktivitis häufig nur sehr unsicher<br />

abgrenzbar.<br />

Therapie. Die Behandlung orientiert sich an der<br />

(vermuteten) Ursache der Konjunktivitis (s. S.<br />

72f, Tab. 1). Die Mehrzahl der Bindehautentzündungen<br />

heilt ohne Therapie folgenlos ab. Da<br />

zudem nur selten Komplikationen durch die<br />

Konjunktivitis auftreten, besteht meist eher die<br />

Gefahr einer Über- als einer Untertherapie. Generell<br />

gilt, dass wegen ihrer Nebenwirkungen<br />

lokale Antibiotika (Gefahr der Resistenz- und<br />

Allergieentwicklung, Kosten) und Kortikosteroide<br />

(Gefahr der Induktion oder Exazerbation<br />

einer herpetischen, bakteriellen oder mykotischen<br />

Infektion, Glaukom- und Kataraktentstehung<br />

bei längerfristigem Gebrauch) nur gezielt<br />

angewendet werden sollten. In vielen Fällen<br />

sind symptomatische Maßnahmen (Säuberung<br />

des Bindehautsackes und der Lidkanten) mit<br />

Leitungswasser ausreichend. „Hausmittel“ wie<br />

Kamillenlösungen sind zu vermeiden, da diese<br />

die konjunktivale Reizung eher verstärken als<br />

verbessern. Antiseptische oder adstringierende<br />

Augentropfen verkürzen oder lindern oft die<br />

Symptome, letztere durch Verengung der Gefäße<br />

(„Weißmacher“). Bei der bakteriellen<br />

Konjunktivitis ist eine Kontrolle der Kornea erforderlich,<br />

damit eine eventuelle Geschwürsbildung<br />

rechtzeitig erkannt wird. Die Anlage<br />

eines Verbandes erhöht die Temperatur am<br />

Auge und fördert damit u. U. das Bakterienwachstum.<br />

Prognose. Die Prognose der meisten Bindehautentzündungen<br />

ist im Allgemeinen sehr<br />

gut. Zumeist kommt es zu einer vollständigen<br />

Abheilung innerhalb weniger Tage. Die Keratoconjunctivitis<br />

epidemica kann allerdings mehrere<br />

Wochen oder sogar Monate lang durch die<br />

nummulären Hornhautinfiltrate oder ein „trockenes<br />

Auge“ Beschwerden bereiten. Funktionsverluste<br />

durch Hornhautkomplikationen<br />

kommen insbesondere bei den chronischen<br />

Verlaufsformen wie atopischer Konjunktivitis,<br />

Keratoconjunctivitis vernalis und vor allem den<br />

vernarbenden Bindehautentzündungen vor. Da<br />

eine infektiöse (bakterielle oder virale) Konjunktivitis<br />

nicht zu einer dauerhaften Immunität<br />

führt sind Rezidive möglich. Wiederholte<br />

Schübe sind charakteristisch für die Bindehautentzündungen<br />

aus dem allergischen und<br />

atopischen Formenkreis. Das Sicca-Syndrom<br />

bildet sich gelegentlich, insbesondere wenn es<br />

postinfektiöser Natur ist, spontan zurück. Sehr<br />

oft bleibt es aber dauerhaft bestehen.<br />

Besondere Vorsicht ist bei den bakteriellen<br />

Bindehautentzündungen des Neugeborenen angezeigt,<br />

da aufgrund der physiologischen immunologischen<br />

Inkompetenz systemische Komplikationen<br />

wie Sepsis, Orbitaphlegmone oder<br />

Meningitis möglich sind.<br />

Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

81<br />

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7 Bindehaut<br />

82<br />

A. Tumoren<br />

An der Bindehaut kommen zahlreiche gut- und<br />

bösartige Tumoren vor. Die Bandbreite ist aber<br />

deutlich geringer als z. B. an den Lidern. Die<br />

konjunktivalen Neubildungen sind weit überwiegend<br />

epithelialen und melanozytären Ursprungs.<br />

Darüber hinaus gibt es deutlich seltener<br />

lymphatische, vaskuläre, neurogene,<br />

myogene und metastatische Neubildungen.<br />

Nicht wenige Tumoren der Bindehaut sind degenerativer<br />

oder reaktiver Natur. Manche sind<br />

angeborene Hamartome (= Tumoren aus ortsständigen<br />

Zellen) oder Choristome (= Tumoren<br />

mit normalerweise nicht am Ort vorkommenden<br />

Anteilen). Insgesamt ist die bulbäre Bindehaut<br />

deutlich häufiger von Tumoren betroffen<br />

als die tarsale. Die meisten Bindehautneubildungen<br />

werden durch ihre Sichtbarkeit auffällig.<br />

Auf die Hornhaut wachsende Tumoren können<br />

durch einen induzierten Astigmatismus<br />

oder eine Veränderung des Tränenfilms zu<br />

einer Visusminderung führen. Sehr große Neoplasien<br />

beeinträchtigen u. U. die Bulbusmotilität.<br />

Mitunter verlegen Tumoren der tarsalen<br />

Bindehaut die Tränenpünktchen, sodass es zur<br />

Epiphora kommt.<br />

Benigne Tumoren. Plattenepithelpapillome<br />

haben oft eine blumenkohlartige Oberfläche<br />

(Aa). Typisch sind zahlreiche Gefäßsprossungen<br />

innerhalb des subepithelialen Bindegewebes.<br />

Die Tumoren sind breitbasig (sessil) oder<br />

schmalbasig (gestielt). Vor allem bei jüngeren<br />

Menschen sind sie nicht selten durch humane<br />

Papillomviren (HPV) hervorgerufen. Die epitheliale<br />

Dysplasie und das als Präkanzerose zu<br />

wertende Carcinoma in situ sind, da intraepithelial<br />

gelegen, meist nur wenig prominent. Oft<br />

findet sich als Ausdruck einer oberflächlichen<br />

Verhornung eine weißliche Färbung, die als<br />

Leukoplakie (Ab) bezeichnet wird (eine Leukoplakie<br />

spricht eher für Gutartigkeit, kann aber<br />

auch im Rahmen maligner epithelialer Prozesse<br />

auftreten).<br />

Der häufigste melanozytäre Bindehauttumor<br />

ist der Nävus (Ac). Dieser wird als (angeborenes)<br />

Hamartom aufgefasst und entsteht durch<br />

eine Proliferation von Melanozyten im Bereich<br />

des basalen Epithels (junktionaler Nävus).<br />

Durch „Abtropfen“ und „Reifung“ der Melanozyten<br />

nimmt der Nävus im weiteren Verlauf<br />

auch das subepitheliale Bindegewebe ein<br />

(Compoundnävus, schließlich subepithelialer<br />

Nävus). Die oft nur leicht pigmentierten Bindehautnävi<br />

finden sich bei Kindern und Jugendlichen<br />

im Bereich der bulbären Konjunktiva.<br />

In Zeiten einer hormonellen Umstellung<br />

(z. B. Pubertät) können sich diese Nävi vergrößern<br />

und farblich verändern. Neu im höheren<br />

Lebensalter oder an der tarsalen Bindehaut sich<br />

entwickelnde Nävi sind meist maligne Melanome!<br />

Spaltlampenmikroskopisch und histologisch<br />

imponieren innerhalb der Nävi oft kleine<br />

Zysten (Ad).<br />

Im höheren Lebensalter finden sich mitunter<br />

flächenhafte Pigmentierungen, die als erworbene<br />

epitheliale Melanose bezeichnet werden<br />

(Ae). Histologisch lässt sich dabei ein gutartiger<br />

von einem zur malignen Entartung neigenden<br />

Typ (= Prämelanom) abgrenzen. Die kongenitalen<br />

Bindehautchoristome (limbales Dermoid<br />

und Lipodermoid) sowie die auf einer Degeneration<br />

des konjunktivalen Bindegewebes beruhenden<br />

tumorartigen Veränderungen (Pinguecula<br />

und Pterygium) wurden bereits erwähnt.<br />

Bindehautzysten sind in der Regel durchleuchtbar.<br />

Reaktive Tumoren sind das Fremdkörpergranulom<br />

(z. B. als Reaktion auf in der<br />

Augenmuskelchirurgie verwendetes Fadenmaterial,<br />

Af) und das pyogene Granulom (Ag).<br />

Letzteres entspricht histologisch einem gefäßreichen<br />

Granulationsgewebe, was dem oft<br />

schnell wachsenden Tumor eine rötliche Farbe<br />

verleiht. Pyogene Granulome entwickeln sich<br />

meist nach einer Operation oder einer (Bagatell-)Verletzung.<br />

Häufiger treten sie im Rahmen<br />

eines Chalazions auf. Lymphangiome zeigen<br />

durch Einblutung oft kleine Blutspiegel. Fibrome,<br />

Neurofibrome, Neurinome, Lipome, Leiomyome,<br />

Hämangiome und benigne lymphatische<br />

Tumoren stellen an der Bindehaut<br />

Raritäten dar.<br />

Die Karunkel ist morphologisch anders aufgebaut<br />

als die Konjunktiva. Nur hier finden sich<br />

Hautanhangsgebilde wie Haare und Talgdrüsen.<br />

Dieses erklärt, warum das Tumorspektrum<br />

an der Karunkel etwas von dem der übrigen<br />

Bindehaut differiert. So kommt das wahrscheinlich<br />

durch eine Degeneration von Drüsenzellen<br />

entstehende, meist rötliche oder<br />

bräunliche Onkozytom (Ah) praktisch nur an<br />

der Karunkel vor.<br />

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A. Tumoren<br />

a Papillom der Bindehaut<br />

b Leukoplakie („weißer Fleck“) der Bindehaut<br />

c Unpigmentierter Nävus der Bindehaut mit fokaler<br />

Pigmentierung; angedeutet erkennt man die typischen,<br />

klaren Zysten<br />

d Histologie eines exzidierten Bindehautnävus<br />

Tumoren<br />

e Primär erworbene epitheliale Melanose der Bindehaut<br />

f Fremdkörpergranulom<br />

83<br />

g Pyogenes Granulom der Bindehaut<br />

h Onkozytom der Karunkel<br />

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7 Bindehaut<br />

84<br />

A. Tumoren (Fortsetzung)<br />

Maligne Tumoren. Bösartige Tumoren sind an<br />

der Bindehaut selten. Das konjunktivale Plattenepithelkarzinom,<br />

das sich aus einem Papillom<br />

oder einer epithelialen Dysplasie entwickeln<br />

kann, betrifft das höhere Lebensalter und hat<br />

meist einen glasigen, gelatinösen Aspekt (Aa).<br />

Es kann, insbesondere in der sog. mukoepidermoiden<br />

Variante die Sklera entlang präformierter<br />

Kanäle (Emissarien) penetrieren und in<br />

das Augeninnere eindringen.<br />

Maligne Melanome der Bindehaut (Ab) entstehen<br />

vorwiegend aus einer erworbenen epithelialen<br />

Melanose, seltener aus normaler Konjunktiva<br />

(de novo) oder aus einem Nävus. Diese<br />

meist weniger schwärzlichen sondern eher<br />

bräunlichen Tumoren liegen bevorzugt in der<br />

bulbären Bindehaut. Betroffen sind Menschen<br />

im mittleren und höheren Lebensalter. Maligne<br />

Bindehautmelanome im Kindesalter sind<br />

belegt, stellen aber ausgesprochene Raritäten<br />

dar. Das maligne Non-Hodgkin-Lymphom<br />

(NHL) der Bindehaut (Ac) besitzt meist eine<br />

charakteristische, lachsgelbe Farbe. Es gehört<br />

zu den sog. MALT-Lymphomen (MALT = Mucosa<br />

Associated Lymphoid Tissue), die durch eine<br />

oft jahrelange Persistenz ohne wesentliche Progredienz<br />

gekennzeichnet sind. Im Rahmen von<br />

AIDS kommt das Kaposi-Sarkom an der Bindehaut<br />

vor.<br />

Maligne Neoplasien der Lider wie das Basaliom,<br />

das Plattenepithelkarzinom und das Talgdrüsenkarzinom<br />

können die Bindehaut durch<br />

Wachstum per continuitatem erfassen. Primär<br />

intraokulare Tumoren wie vor allem das maligne<br />

Aderhautmelanom durchwachsen mitunter<br />

die Sklera und imponieren dann u. U. als<br />

konjunktivale Tumoren (Ad). Metastasen augenferner<br />

Tumoren in der Bindehaut sind sehr ungewöhnlich,<br />

aber möglich (Ae). Primärtumoren<br />

sind insbesondere das Bronchialkarzinom, das<br />

Mammakarzinom und das maligne kutane Melanom.<br />

Diagnostik. Die Diagnose ergibt sich zumeist<br />

aus dem klinischen Bild, der Anamnese<br />

(Wachstumsgeschwindigkeit) und, da das Tumorspektrum<br />

in den verschiedenen Lebensaltersstufen<br />

unterschiedlich ist, aus dem Alter<br />

des Patienten. Mittels Durchleuchtung (Diaphanoskopie)<br />

und hoch auflösendem Ultraschall<br />

(sog. Ultraschallbiomikroskopie) kann<br />

zwischen einer soliden und einer zystischen<br />

Neubildung unterschieden werden. Im Zweifelsfalle<br />

sollte eine an der Bindehaut recht einfach<br />

durchzuführende Biopsie vorgenommen<br />

werden, um eine histologische Tumordiagnose<br />

herbeizuführen.<br />

Differenzialdiagnosen. Die Differenzialdiagnostik<br />

umfasst insbesondere entzündliche Veränderungen.<br />

So kann z. B. eine noduläre Skleritis<br />

als Bindehauttumor imponieren. Umgekehrt<br />

kann es aber auch sein, dass ein Tumor wie z. B.<br />

ein diffus (pagetoid) im Bindehautepithel<br />

wachsendes Talgdrüsenkarzinom wie eine Entzündung<br />

aussieht („Maskerade-Syndrom“).<br />

Auch in die Konjunktiva eingesprengte und sekundär<br />

eingekapselte Fremdkörper können gelegentlich<br />

einen Tumor vortäuschen.<br />

Bei malignen, metastasierungsfähigen Bindehauttumoren<br />

wie dem Plattenepithelkarzinom<br />

und insbesondere dem malignen Melanom<br />

sollte die palpatorische und evtl. echographische<br />

Untersuchung der regionären, präaurikulär<br />

und submandibulär gelegenen Lymphknoten<br />

nicht unterlassen werden. Vor allem das<br />

Bindehautmelanom und das konjunktivale NHL<br />

erfordern ein internistisches Staging, um eine<br />

systemische Manifestation auszuschließen.<br />

Therapie. Tumoren ohne Malignitätsverdacht<br />

können beobachtet werden („Watchful Waiting“).<br />

Zur Verlaufskontrolle ist dabei eine<br />

photographische Dokumentation hilfreich. Störende<br />

und malignitätsverdächtige Tumoren<br />

sollten vollständig exzidiert werden (exzisionale<br />

Biopsie). Dieses kann in der Regel relativ<br />

unproblematisch in örtlicher Anästhesie geschehen.<br />

Ausnahmsweise wird aus großen Tumoren<br />

nur ein Stückchen entnommen (inzisionale<br />

Biopsie), um zunächst eine Diagnose zu<br />

erhalten.<br />

Beim Plattenepithelkarzinom und beim malignen<br />

Melanom muss etwas gesundes Gewebe<br />

aus dem Randbereich des Tumors mit entfernt<br />

werden, um evtl. verbliebene Tumorzellen mit<br />

zu beseitigen.<br />

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A. Tumoren (Fortsetzung)<br />

a Plattenepithelkarzinom der Bindehaut<br />

b Malignes Melanom der Bindehaut, entstanden<br />

aus einer primär erworbenen Melanose<br />

Tumoren (Fortsetzung)<br />

c Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) der Bindehaut mit<br />

typischem, lachsfarbenem Aspekt<br />

d Malignes Melanom der Aderhaut, durch die Sklera<br />

nach außen gewachsen; täuscht primäres Bindehautmelanom<br />

vor<br />

e Konjunktivale Metastase eines Plattenepithelkarzinoms<br />

85<br />

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7 Bindehaut<br />

86<br />

A. Tumoren (Fortsetzung)<br />

Therapie (Fortsetzung). Mitunter kann auch<br />

eine adjuvante Kältetherapie (Kryotherapie)<br />

oder eine Nachbestrahlung erforderlich sein.<br />

Abgesehen vom NHL der Bindehaut hat die<br />

Strahlentherapie in der primären Behandlung<br />

von Bindehautneubildungen keinen Stellenwert.<br />

Innerhalb des Epithels gelegene Veränderungen,<br />

die in einen invasiven Tumor übergehen<br />

können (z. B. Carcinoma in situ und<br />

primär erworbene epitheliale Melanose) sind<br />

einer Tropfentherapie mit dem Zytostatikum<br />

Mitomycin C (0,02 %) zugänglich.<br />

Der nach der Tumorexzision verbleibende Bindehautdefekt<br />

verschließt sich meist spontan.<br />

Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu<br />

einer Verklebung von bulbärer und tarsaler Bindehaut<br />

(Symblepharonbildung) kommt. Hierzu<br />

muss der Bindehautsack u. U. wiederholt ausgestrichen<br />

oder eine sog. Illig-Schale eingelegt<br />

werden. Sehr große Bindehautdefekte erfordern<br />

plastisch-rekonstruktive Maßnahmen in<br />

Form einer Mundschleimhautplastik, Amnionmembrantransplantation<br />

oder einer Bindehauttransplantation<br />

vom Partnerauge.<br />

Bei malignen Bindehauttumoren, welche in die<br />

Augenhöhle eingedrungen sind, muss meist der<br />

gesamte Augenhöhleninhalt entfernt werden<br />

(Exenteratio orbitae). Sowohl das Plattenepithelkarzinom<br />

wie auch das maligne Melanom<br />

der Bindehaut metastasieren üblicherweise zunächst<br />

lymphogen. Deshalb kann eine operative<br />

Ausräumung der regionären Lymphknoten (Neck<br />

Dissection) noch kurativ sein. Im Stadium der<br />

hämatogenen Fernmetastasierung, welche insbesondere<br />

beim Bindehautmelanom zu befürchten<br />

ist, können alle derzeit verfügbaren Therapien<br />

bestenfalls die Lebenserwartung etwas<br />

erhöhen, jedoch keine Heilung herbeiführen.<br />

Prognose. Die Prognose der Bindehauttumoren<br />

ist im Allgemeinen sehr gut. Rezidive sind aber<br />

bei den malignen Neubildungen und selbst<br />

beim biologisch gutartigen Pterygium häufig.<br />

Tödliche Verläufe sind beim Plattenepithelkarzinom<br />

sehr selten. Hingegen beträgt die Letalität<br />

beim konjunktivalen NHL etwa 5–10 % und<br />

beim Bindehautmelanom sogar etwa 20–30 %,<br />

wobei die Prognose hier vor allem von der Lokalisation<br />

und der Dicke des Tumors abhängt.<br />

Bei den sehr ungewöhnlichen Metastasen der<br />

Bindehaut beträgt die Überlebenszeit meist nur<br />

einige Monate.<br />

B. Verletzungen<br />

Die vorwiegend Kinder und jüngere Männer<br />

betreffenden Verletzungen der Bindehaut sind<br />

sehr häufig. Sie umfassen das Hyposphagma,<br />

oberflächliche Abrasionen, Fremdkörpereinsprengungen<br />

und Rissbildungen.<br />

Fremdkörper werden im Rahmen der Berufstätigkeit<br />

oder von Freizeitbeschäftigungen in die<br />

Bindehaut eingesprengt. Sie bestehen zumeist<br />

aus Metall, Glas (zerbrochene Brille), Sand oder<br />

organischem Material (Holz, Insekten). Ihre<br />

Entfernung aus dem unteren Bindehautsack<br />

mittels Wattetupfer oder Pinzette ist in der<br />

Regel unproblematisch. Liegen sie im oberen<br />

Bindehautsack, sind oft ein einfaches oder doppeltes<br />

Ektropionieren des Oberlides und gelegentlich<br />

eine Spülung des Bindehautsackes zu<br />

ihrer Beseitigung erforderlich (Ba u. b). Kratzer<br />

auf der Hornhaut liefern oft einen indirekten<br />

Hinweis auf einen vorhandenen subtarsalen<br />

Fremdkörper. Ausnahmsweise werden nicht<br />

entfernte Fremdkörper in die Bindehaut bzw.<br />

das subkonjunktivale Bindegewebe inkorporiert<br />

(Bc – f).<br />

Risse der Bindehaut entstehen durch spitze,<br />

weniger durch stumpfe Verletzungen (Bg).<br />

Kleinere Risse bedürfen keiner Therapie. Größere<br />

Risse werden, vor allem wenn das tiefer<br />

gelegene Tenon-Bindegewebe mitbetroffen ist,<br />

meist genäht. Traumatische Substanzdefekte<br />

der Bindehaut kommen nur sehr selten vor. Die<br />

klinisch sehr bedeutsamen Verätzungen (Bh)<br />

werden im Kapitel „Hornhaut“ besprochen.<br />

Durch Frakturen der Nasennebenhöhlen kann<br />

es zur Luftansammlung (Emphysem) unter der<br />

Bindehaut kommen.<br />

Abgesehen von den mitunter deletären Verätzungen<br />

hinterlassen Bindehautverletzungen<br />

nur sehr selten bleibende funktionelle Schäden.<br />

Insbesondere bei Rissen und massiver Unterblutung<br />

der Bindehaut sollte aber daran gedacht<br />

werden, dass eine Mitbeteiligung des<br />

Bulbus z. B. in Form einer Lederhautperforation<br />

oder eines intraokularen Fremdkörpers vorliegen<br />

könnte. Im Zweifelsfalle sind deshalb zumindest<br />

eine Inspektion der Lederhaut und<br />

eine Funduskopie bei erweiterter Pupille angezeigt.<br />

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B. Verletzungen<br />

a Subtarsaler Fremdkörper nach einfachem Ektropionieren<br />

c In die Bindehaut eingesprengter (subkonjunktivaler)<br />

Fremdkörper<br />

b Oberflächliche Ablagerung von Lack auf der Bindehaut<br />

d Schwarzpulver-Einsprengung in die Bindehaut<br />

Tumoren (Fortsetzung)/Verletzungen<br />

e Schwarzpulver-Einsprengung in die Bindehaut,<br />

Histologie nach Bindehautexzision<br />

f In den oberen Tarsus eingewachsene, „vergessene“<br />

Kontaktlinse<br />

g Riss der Bindehaut mit beginnender Infektion, Verletzung<br />

durch Pfote einer Katze<br />

h Milde Verätzung der Bindehaut mit Gefäßabbrüchen<br />

87<br />

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8 Hornhaut<br />

88<br />

A. Fehlbildungen und Anomalien<br />

Ein völliges Fehlen der Kornea ist ein sehr seltenes<br />

Krankheitsbild und geht i. d. R. mit weiteren<br />

Fehlbildungen des Auges einher. Bei der<br />

Mikrokornea beträgt der Hornhautdurchmesser<br />

bei Erwachsenen < 10 mm. Bei der Megalokornea<br />

liegt der Hornhautdurchmesser > 13 mm.<br />

Mikrokornea und Megalokornea können mit<br />

systemischen Fehlbildungen und Allgemeinerkrankungen<br />

vergesellschaftet sein. Tumoren<br />

der Hornhaut sind eine Rarität und finden sich<br />

oft nur sekundär bei Bindehauttumoren. Häufigster<br />

Tumor der Kornea ist das limbal gelegene<br />

epibulbäre Dermoid. Der Tumor tritt als Teil<br />

des Goldenhar-Syndroms (fazioaurikulovertebrales<br />

Syndrom) auf (A). Es handelt sich dabei<br />

um eine nicht erbliche, embryogenetische Fehlbildung<br />

der Strukturen des ersten Kiemenbogens<br />

unbekannter Genese. Etwa 2 / 3 sind männlichen<br />

Geschlechts. Die Häufigkeit liegt bei<br />

1 : 3000 Geburten. Die einseitige Fehlbildung<br />

geht mit Beteiligung des Gesicht-Halsbereiches<br />

einher. Zusätzliche Befunde sind Augenkolobome,<br />

die Hypoplasie der Ohrmuschel, präaurikuläre<br />

Anhängsel, Strabismus und Wirbelfehlbildungen.<br />

Bei Amblyopiegefahr, Astigmatismus<br />

oder Expositionskeratitis sollte das limbale<br />

Dermoid exzidiert werden. Angeborene Hornhautveränderungen,<br />

die mit einem Glaukom<br />

einhergehen, werden im Kapitel 12 behandelt.<br />

B. Hornhautdegenerationen<br />

Hornhautdegenerationen sind nichthereditäre,<br />

sekundäre, progressive Veränderungen im Zusammenhang<br />

mit dem Alter, Augen- und Allgemeinerkrankungen.<br />

C. Altersabhängige Degenerationen<br />

Altersabhängige Degenerationen sind nicht<br />

therapiebedürftig. Der Arcus lipoides (C) ist bei<br />

fast allen Menschen über 80 Jahren festzustellen,<br />

bei jungen Menschen muss an eine Fettstoffwechselstörung<br />

gedacht werden. Klinisch<br />

zeigt sich eine beidseitige, ringförmige, weißliche,<br />

periphere, stromale Trübung mit klarem<br />

Zwischenraum zum Limbus. Beim Vogt-Limbusgürtel<br />

handelt es sich um halbmondförmige,<br />

weißliche, limbal gelegene Trübungen im<br />

Lidspaltenbereich. Krokodilchagrin sind grauweiße,<br />

polygonale Trübungen im anterioren<br />

oder posterioren Stroma, die durch klare<br />

Zwischenräume getrennt sind. Peripher gelegene<br />

Kollagenbildungen der Endothelzellen<br />

werden als Hasall-Henle-Körperchen bezeichnet,<br />

zentral gelegene als Cornea guttata. Sie<br />

kann die erste Stufe einer Fuchs-Endotheldystrophie<br />

sein.<br />

D. Zentrale Degenerationen<br />

Eine Lipidkeratopathie tritt nach Hornhauttraumata,<br />

Herpes-simplex- oder Herpes-zoster-<br />

Keratitiden auf (sekundäre Form) und zeigt<br />

homogene, großflächige, gelb-weiße, vaskularisierte<br />

Stromaeinlagerungen. Die primäre Form<br />

ist avaskulär. Die Bandkeratopathie (Da) entsteht<br />

durch Calciumeinlagerungen im Lidspaltenbereich<br />

in Höhe der Bowman-Schicht in Assoziation<br />

mit chronischen Augenerkrankungen<br />

(z. B. chronischer Iridozyklitis, Phthisis oder<br />

Hyperkalzämien). Therapeutisch ist die EDTA-<br />

Touchierung mit Abrasio möglich. Die noduläre<br />

Salzmann-Degeneration (Db) tritt nach<br />

chronischer Keratitis auf. Klinisch zeigen sich<br />

asymptomatische, zirkuläre, subepitheliale,<br />

weißliche, stromale Knoten der mittleren Hornhautperipherie.<br />

E. Periphere Degenerationen<br />

Bei der staphylokokkeninduzierten Keratitis<br />

marginalis (Ea) zeigen sich subepitheliale Infiltrate<br />

in der 2-, 4-, 8- und 10-Uhr-Position, die<br />

durch einen klaren Spalt vom Limbus getrennt<br />

sind. Eine Behandlung mit lokalen Steroiden<br />

spricht gut an. Die Terrien-Randdegeneration<br />

(Eb) ist eine progressive, beidseitige, oben beginnende,<br />

asymmetrisch verlaufende, meist<br />

asymptomatische Verdünnung des Hornhautstromas<br />

unklarer Genese und betrifft in 75 %<br />

Männer. In 15 % der Fälle ist eine Perforation<br />

möglich. Das Mooren-Ulkus ist ein Autoimmunprozess,<br />

der bei älteren Patienten zu unilateralen,<br />

schmerzhaften Infiltrationen am<br />

Limbus führt, die sich zirkulär und nach zentral<br />

ausdehnen. Typischerweise zeigt sich eine<br />

aufgeworfene Epithellippe. Dellen sind harmlose,<br />

runde Veränderungen bei Benetzungsstörungen.<br />

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A. Fehlbildungen und Anomalien<br />

C. Altersabhängige Degenerationen<br />

Epidermoid beim Goldenhar-Syndrom<br />

D. Zentrale Degenerationen<br />

Arcus lipoides<br />

Anomalien, Degenerationen<br />

a Bandkeratopathie<br />

b Salzmann-Degeneration<br />

E. Periphere Degenerationen<br />

a Keratitis marginalis<br />

b Terrien-Randdegeneration<br />

89<br />

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8 Hornhaut<br />

A. Degenerationen bei Systemerkrankungen<br />

Bei 5 % der überwiegend weiblichen Patienten<br />

zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr treten im<br />

Rahmen einer Rosacea (Aa) eine epitheliale Keratitis,<br />

Entzündungen und Vaskularisationen<br />

der unteren Limbusregion mit subepithelialen<br />

Infiltraten und Hornhautverdünnungen auf.<br />

Dermatologische Zeichen sind Papeln, Pustel,<br />

Teleangiektasien und hypertrophe Talgdrüsen.<br />

Die Behandlung erfolgt lokal mit Steroiden und<br />

systemisch mit Tetrazyklinen. Im Rahmen von<br />

Kollagenosen können Keratitiden auftreten.<br />

Bei der rheumatoiden Arthritis (Ab) zeigen<br />

sich periphere Hornhautveränderungen wie<br />

die sklerosierende Keratitis, limbale Hornhautulzerationen<br />

und -verdünnungen, die typischerweise<br />

bei „ausgebranntem“ Gelenkbefund<br />

auftreten und einer systemischen Immunsuppression<br />

bedürfen.<br />

B. Pigmentierungen und Einlagerungen<br />

Epitheliale, lineare Eisenablagerungen finden<br />

sich altersbedingt als Hudson-Stähli-Linie horizontal<br />

im unteren Hornhautdrittel, zirkulär<br />

um die Basis verlaufend beim Keratokonus<br />

(Fleischerring), als braune, vertikale Linie vor<br />

einem Pterygiumkopf (Stocker-Linie) oder direkt<br />

einem Filterkissen vorgelagert (Ferry-<br />

Linie). Ein zirkulärer, peripher gelegener,<br />

goldbrauner Hornhautring auf Höhe der Descemet-Membran<br />

(Kayser-Fleischer-Ring, Ba)<br />

ist pathognomonisch für Kupfereinlagerungen<br />

bei Morbus Wilson. Hornhauttrübungen durch<br />

Dermatan, Keratan, Heparan und Keratansulfat<br />

finden sich bei jungen Patienten in unterschiedlich<br />

starker Ausprägung im Rahmen der<br />

Mukopolysaccharidosen. Die Therapie mit<br />

Chloroquin und Amiodaron kann, wie auch<br />

beim Morbus Fabry, zu wirbelförmigen Einlagerungen<br />

(Cornea verticillata) führen. Hornhautkristalle<br />

entstehen durch Goldtherapie<br />

(Chrysiasis), bei Zystinose (Bb) und bei monoklonalen<br />

Gammopathien.<br />

Augentropfen. Die Erkrankung bildet sich spontan<br />

zurück. Rezidivierende Hornhauterosionen<br />

treten als eigenständiges Krankheitsbild<br />

z. B. nach oberflächlichen Hornhauttraumata<br />

auf. Klinisch imponieren plötzliche, einseitige<br />

Schmerzen, Blepharospasmus, Photophobie<br />

und Epiphora. Spaltlampenmikroskopisch<br />

zeigt sich ein reizfreier Hornhautepitheldefekt.<br />

Therapeutisch werden Tränenersatzmittel und<br />

Verbandskontaktlinsen eingesetzt, evtl. auch<br />

eine phototherapeutische Keratektomie, Hornhautstichelung<br />

oder Epithelabrasio.<br />

D. Neurogene Degenerationen<br />

Erkrankungen des N. trigeminus führen zu<br />

einer Anästhesie des Hornhautepithels mit<br />

Ausbildung einer Keratitis neuroparalytica.<br />

Klinisch zeigt sich primär eine Keratitis punctata<br />

sowie die langsame Ausbildung eines<br />

Hornhautödems. Die Keratitis e lagophthalmo<br />

(D) ist eine Expositionskeratitis durch unzureichenden<br />

Lidschluss bei Fazialisparese.<br />

E. Hornhautdystrophien<br />

Bei den Hornhautdystrophien handelt es sich<br />

um bilaterale, symmetrische, progressive Störungen<br />

der Zellfunktion und -morphologie. Sie<br />

werden meist dominant vererbt und beginnen<br />

im Jugendalter. Ihre Einteilung erfolgt nach der<br />

bevorzugten Hornhautschicht in epitheliale,<br />

Bowman-Membran-, stromale und endotheliale<br />

Dystrophien oder nach dem heute meist bekannten<br />

Genlokus der Störung. Klinisch im<br />

Vordergrund stehen Blendungsempfindlichkeit<br />

und Visusminderung. Bei den epithelialen Dystrophien<br />

treten rezidivierende schmerzhafte<br />

Erosiones auf. Therapeutisch werden diese<br />

Dystrophien mit Tränenersatzmitteln und therapeutischen<br />

Kontaktlinsen behandelt. Bei zunehmendem<br />

Visusverlust besteht bei allen<br />

Dystrophien die Indikation zu einer lamellierenden<br />

oder perforierenden Keratoplastik.<br />

90<br />

C. Thygeson-Keratitis und rezidivierende<br />

Hornhauterosionen<br />

Die Thygeson-Keratitis (C) zeigt bilaterale,<br />

oberflächliche, schneeflockenartige, anfärbbare,<br />

epitheliale Trübungen unklarer Genese. Die<br />

langwierige Therapie erfolgt mit lokalen Steroiden,<br />

Tränenersatzmitteln oder Cyclosporin-A-<br />

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A. Degenerationen bei Systemerkrankungen<br />

a Hautbefund bei Rosacea<br />

B. Pigmentierungen und Einlagerungen<br />

b Keratitis bei rheumatoider Arthritis<br />

Degenerationen, Dystrophien<br />

a Kayser-Fleischer-Ring<br />

b Zystinose<br />

C. Thygeson-Keratitis und rezidivierende<br />

Hornhauterosionen<br />

D. Neurogene Degenerationen<br />

Thygeson-Keratitis<br />

Keratitis e lagophthalmo<br />

91<br />

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8 Hornhaut<br />

A. Meesmann-Dystrophie<br />

Ätiologie/Pathogenese. Mutationen des Keratingens<br />

3 und 12 auf Chromosom 12q13 und<br />

17q12 führen zu winzigen 10–50µm großen<br />

keratingefüllten Mikrozysten.<br />

Klinik. Bilaterale, multiple, weißliche, transparente,<br />

feinste epitheliale Bläschen mit scharfer<br />

Grenze zum unbeteiligten Epithel. Der Visus<br />

bleibt lange erhalten. Erosiones.<br />

Differenzialdiagnose. Mikrozystische Dystrophie,<br />

band- oder wirbelförmige Dystrophie.<br />

Prognose. Langsamer Verlauf. Rasches Rezidiv<br />

nach chirurgischen Maßnahmen.<br />

B. Mikrozystische Epitheldystrophie<br />

(Cogan, Map-Dot-Fingerprint-Dystrophie)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Verdickung der Basalmembran.<br />

PAS-positive Zysten wandern von<br />

der Basalmembran zur Oberfläche.<br />

Epidemiologie. Frauen > Männer.<br />

Klinik. Vier verschiedene epitheliale Trübungsformen<br />

sind beschrieben (Landkarten, Sprenkel,<br />

Fingerabdruck, Bläschen). Das klinische<br />

Bild ist veränderlich. Meist ist der Befund<br />

asymptomatisch. Astigmatismus, Hornhauterosiones,<br />

Verschwommensehen und Fremdkörpergefühl<br />

treten auf (Ba, b).<br />

Differenzialdiagnose. Meesmann-Dystrophie,<br />

band- oder wirbelförmige Dystrophie.<br />

Therapie. Phototherapeutische Keratektomie.<br />

Prognose. Rezidive.<br />

C. Wabenförmige Dystrophie (Thiel-<br />

Behnke)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Mutation des Keratoepithelingens<br />

auf Chromosom 5q31 oder auf<br />

Chromosom 10q23–24. Dystrophie der Bowman-Membran.<br />

Klinik. Im Frühstadium diffuse subepitheliale<br />

Trübung, später Honigwaben- oder Fischnetzmuster.<br />

Trübungsfreie Zone ca. 1 mm zum Limbus.<br />

Rezidivierende schmerzhafte Erosiones im<br />

Kindesalter. Visusminderung im Erwachsenenalter.<br />

Differenzialdiagnose. Reis-Bücklers-Dystrophie.<br />

Prognose. Rezidive im Transplantat innerhalb<br />

von 5 Jahren.<br />

D. Reis-Bücklers-Dystrophie (granuläre<br />

Hornhautdystrophie Typ III)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Mutation des Keratoepithelingens<br />

auf Chromosom 5q31, die zu subepithelialen<br />

hyalinen Ablagerungen und Zerstörung<br />

der Bowman-Schicht führt.<br />

Epidemiologie. Sehr selten. Im 2. Lebensjahrzehnt<br />

Vollbild der Erkrankung.<br />

Klinik. Dichte, grau-weiße, scharf begrenzte,<br />

subepitheliale, landkartenartige Trübungen mit<br />

Aufhellungen und Verdichtungen. „Mondlandschaft“.<br />

Peripherie frei. Schmerzhafte Erosionen<br />

im Kindesalter, die im Alter sistieren. Starke<br />

Visusminderung.<br />

Differenzialdiagnose. Wabenförmige Dystrophie.<br />

Prognose. Rezidive im Transplantat nach 5 Jahren,<br />

meist oberhalb der Bowman-Membran.<br />

E. Granuläre (bröckelige) Dystrophie Typ I<br />

(Groenouw I)<br />

Epidemiologie. Häufigste Form der granulären<br />

Dystrophien.<br />

Klinik. Kleine (< 300µm), grau-weiße, scharf<br />

begrenzte Granula fächerförmig unter dem<br />

Epithel, im sonst klaren Stroma. Der Limbus<br />

bleibt frei. Photophobien, Erosionen bei 50 %<br />

der Erwachsenen, Visusminderung. Kann lange<br />

asymptomatisch verlaufen (Ea, b).<br />

Differenzialdiagnose. Reis-Bücklers-Dystrophie.<br />

Prognose. Rezidive im Transplantat nach 1–2<br />

Jahren. Sie liegen dann zwischen Epithel und<br />

Bowman-Membran.<br />

F. Gittrige Dystrophie Typ I<br />

Ätiologie/Pathogenese. 5 verschiedene Mutationen<br />

des Keratoepithelingens auf Chromosom<br />

5q31 sind bekannt. Es lagert sich pathologisches<br />

Keratoepithelin subepithelial und im<br />

vorderen Stroma ein.<br />

Epidemiologie. Manifestation im 1. Jahrzehnt.<br />

Klinik. Irreguläre, feine, semitransparente, radiäre<br />

Linien, die Gittermuster bilden. Daneben<br />

Punkt- und diffuse Trübungen. Der Patient beklagt<br />

rezidivierende Erosionen. Das Ausbilden<br />

eines Astigmatismus sowie Visusminderung<br />

möglich. Variable Ausprägung.<br />

Prognose. Stets Rezidive im Transplantat.<br />

92<br />

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A. Meesmann-Dystrophie B. Mikrozystische Epitheldystrophie<br />

E. Granuläre Dystrophie Typ I<br />

a Cogan-Dot-Dystrophie<br />

Epitheliale und subepitheliale Dystrophien<br />

a Granuläre Dystrophie, Frühform<br />

b Cogan-Fingerprint-Dystrophie<br />

F. Gittrige Dystrophie Typ I<br />

b Granuläre Dystrophie, Spätform<br />

Gittrige Dystrophie<br />

93<br />

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8 Hornhaut<br />

94<br />

A. Makuläre Dystrophie<br />

Ätiologie/Pathogenese. Vermutet wird eine<br />

Mutation auf dem Chromosom 16q22. Autosomal-rezessiver<br />

Erbgang. Störung der Keratansulfatsynthese.<br />

Klinik. Bilaterale, fleckige Hornhauttrübung<br />

mit Beteiligung mehrerer Hornhautschichten<br />

und des Limbus. Diffuse Trübungen und Pseudoguttae.<br />

Im Vollbild zeigt sich eine komplette<br />

Stromatrübung. Befunde treten zwischen dem<br />

5. und 10. Lebensjahr auf. Visusminderung<br />

schon im jungen Lebensalter.<br />

Prognose. Rezidive im Transplantat erst nach<br />

Jahren.<br />

B. Zentrale kristalline Dystrophie Schnyder<br />

Ätiologie/Pathogenese. Unklar. Genlokus<br />

1p34.1–p36. Reizfreie Einlagerung von Cholesterin<br />

und Phospholipiden in der Basalmembran,<br />

Bowman-Schicht und Stroma.<br />

Epidemiologie. Sehr selten.<br />

Klinik. Bilaterale, kristalline, polychromatische,<br />

korneale Einlagerungen im anterioren Stroma,<br />

nachfolgend zentrale scheibenförmige Trübungen.<br />

Arcus lipoides. Assoziation mit Fettstoffwechselstörungen<br />

nicht sicher.<br />

Differenzialdiagnose. Lecitin-Cholesterin-Acetyltransferase-Mangel,<br />

Fish-Eye-Disease, Tangier-Erkrankung.<br />

Therapie. Sehr selten perforierende Keratoplastik<br />

notwendig.<br />

Prognose. Insgesamt gut.<br />

C. Cornea guttata/Fuchs-Endotheldystrophie<br />

Ätiologie/Pathogenese. Angenommen wird<br />

eine autosomal-dominante Erkrankung der<br />

Pumpfunktion der Endothelzellen, reduzierte<br />

Endothelzelldichte.<br />

Epidemiologie. Frauen sind viermal häufiger<br />

betroffen als Männer. Beginn der Erkrankung<br />

ab dem 40. Lebensjahr.<br />

Klinik. Warzenförmige Descemetverdickungen.<br />

Im regredienten Licht zeigt sich der Aspekt<br />

einer „gehämmerten“ Hornhautrückfläche. Je<br />

nach Stadium Visusminderung, Lichtscheu,<br />

Schmerzen bei platzenden Bläschen. Oftmals<br />

Besserung der Beschwerden im Tagesverlauf<br />

aufgrund der physiologischen Verdunstung.<br />

Verlauf in 4 Stadien:<br />

1. Cornea guttata,<br />

2. Epithel- und Stromaödem (C),<br />

3. bullöse Keratopathie,<br />

4. Vaskularisation, Vernarbung, Superinfektion.<br />

Differenzialdiagnose. Im Stadium 1 Hassall-<br />

Henle-Warzen.<br />

D. Kongenitale hereditäre Endotheldystrophie<br />

(CHED)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Mutation im perizentrischen<br />

Bereich des Chromosoms 20p11.2–<br />

q11.2.<br />

Klinik. Tritt im Kindesalter auf. Bilaterale weißliche<br />

Hornhauttrübung, keine Vaskularisationen<br />

oder Entzündungszeichen. Banddegeneration<br />

und Pannusbildung. Dünne, defekte<br />

Descemet-Membran mit fehlenden Endothelzellen,<br />

Hornhautödem und Visusverlust. Die<br />

dominante Form (CHED I) zeigt bei Geburt eine<br />

klare Hornhaut, die rezessive Form (CHED II)<br />

frühzeitige Hornhauttrübungen.<br />

Differenzialdiagnose. Posteriore polymorphe<br />

Dystrophie Schlichting.<br />

E. Posteriore polymorphe Dystrophie<br />

Schlichting<br />

Ätiologie/Pathogenese. Mutation im perizentromerischen<br />

Bereich des Chromosoms 20. Es<br />

wird vermutet, dass es sich um einen unterschiedlichen<br />

Phänotyp der kongenitalen hereditären<br />

Endotheldystrophie handelt.<br />

Klinik. Umschriebene, bilaterale Veränderungen,<br />

die biomikroskopisch in 3 Formen unterteilt<br />

werden: vesikuläre, geographische und<br />

kurvilineare Trübung im Endothel. Die Descemet-Membran<br />

ist verdickt, evtl. grau getrübt.<br />

Meist symptomloser Zufallsbefund. Bei schwerem<br />

Endothelbefall Hornhautdekompensation,<br />

dann auch häufige Assoziation zu Glaukom<br />

oder Kammerwinkelanomalien.<br />

Differenzialdiagnose. Kongenitale hereditäre<br />

Endotheldystrophie.<br />

Therapie. Fast nie therapiebedürftig.<br />

Prognose. Gut. Die Erkrankung kann im Transplantat<br />

rezidivieren. Spontanremissionen möglich.<br />

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A. Makuläre Dystrophie B. Zentrale kristalline Dystrophie<br />

Schnyder<br />

Stromale Dystrophien, Endotheldystrophien<br />

C. Cornea guttata / Fuchs-Endotheldystrophie<br />

E. Posteriore polymorphe Dystrophie<br />

Schlichting<br />

95<br />

Fuchs-Endotheldystrophie<br />

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8 Hornhaut<br />

96<br />

A. Keratokonus<br />

Ätiologie/Pathogenese. Dystrophie mit Defektbildung<br />

des Kollagens der Bowman-Schicht<br />

und zentraler Hornhautverdünnung.<br />

Epidemiologie. Die Erkrankung tritt familiär<br />

gehäuft auf und kann mit Neurodermitis, Morbus<br />

Down, Turner-Syndrom, Marfan-Syndrom<br />

und Ehlers-Danlos-Syndrom assoziiert sein.<br />

Klinik. Es zeigt sich eine bilaterale, asymmetrisch<br />

ausgeprägte, spitzkegelige Kontur der<br />

Hornhautoberfläche (Aa), vertikale Linien im<br />

Stroma (Vogt-Linien). Einrisse der Descemetmembran<br />

können zur plötzlichen Hornhautdekompensation<br />

führen („akuter Keratokonus“,<br />

Ab). Schubweise treten Visusminderung und<br />

Refraktionsänderungen mit Ausbildung eines<br />

myopen irregulären Astigmatismus auf. Spaltlampenmikroskopisch<br />

findet sich um die Basis<br />

des Keratokonus ein Hämosiderinring (Fleischer-Ring).<br />

Diagnose. Die Vorwölbung zeigt sich im Seitblick<br />

oder von oben (Munson-Zeichen, Ac). Zur<br />

Diagnosestellung und Verlaufskontrolle dient<br />

die Hornhauttopographie (Ad). Eine Einteilung<br />

erfolgt in geringgradig (< 48 dpt), mittelgradig<br />

(- 54 dpt) und schwer (> 54 dpt).<br />

Differenzialdiagnose. Megalokornea, Buphthalmus.<br />

Therapie. Anpassung formstabiler Kontaktlinsen.<br />

Ist der Astigmatisausgleich nicht mehr<br />

möglich, ist bei zunehmender Visusminderung<br />

eine perforierende Keratoplastik indiziert.<br />

Prognose. Die Erkrankung schreitet voran,<br />

kommt aber in 2 / 3 der Fälle zum Stillstand. Ein<br />

Rezidiv der Erkrankung nach perforierender<br />

Keratoplastik wird diskutiert.<br />

B. Weitere ektatische Dystrophien<br />

Beim Keratogloglobus (B) handelt es sich um<br />

eine schwere, schon bei der Geburt auftretende<br />

Erkrankung. Es kommt dabei zu einer Verdünnung<br />

der gesamten Hornhaut, die peripher<br />

am stärksten ausgeprägt ist. Es besteht die Gefahr<br />

der Rupturierung. Die Hornhautrückfläche<br />

wölbt sich dabei kegelförmig. Bei der seltenen<br />

pelluziden marginalen Degeneration verdünnt<br />

sich ein parazentral, inferior gelegenes Hornhautareal.<br />

Die darüberliegende Hornhaut wölbt<br />

sich vor.<br />

C. Infektionen der Hornhaut<br />

Infektionen durch Viren, Bakterien, Pilze und<br />

Protozoen sind die häuftigste Form der Keratitis.<br />

Mechanische, toxische, radiologische,<br />

degenerative, dystrophische, neurotrophische<br />

Keratitiden sind dagegen seltener. Narben entstehen<br />

bei ulzerierenden Keratitiden, wenn die<br />

Bowman-Schicht zerstört wird. Rein epitheliale<br />

Keratitiden heilen narbenlos ab. Bei nichtulzerierenden<br />

Prozessen und intaktem Epithel<br />

entstehen Narben durch Neovaskularisationen,<br />

Rückgang von Kollagenfasern oder durch Endotheldekompensation.<br />

D. Bakterielle Keratitis<br />

Ätiologie/Pathogenese. Staphylococcus aureus,<br />

Staphylococcus epidermidis, Streptococcus<br />

pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa,<br />

Moraxella.<br />

Epidemiologie. Besonders gefährdet sind Kontaktlinsenträger<br />

oder Patienten mit Erkrankungen<br />

der Hornhautoberfläche (Zustand nach<br />

Trauma, Sicca, Lidfehlstellungen etc.).<br />

Klinik. Schmerzen, Photophobie, Epiphora, Blepharospasmus,<br />

mukopurulentes Sekret, Hornhautulkus<br />

(D), Hornhautinfiltrat, Visusminderung,<br />

Hypopyon. Obwohl das klinische Bild nicht<br />

erregertypisch ist, zeigen Staphylokokken- und<br />

Streptokokkusinfektionen häufig dichte, ovale,<br />

gelb-weiße Trübungen. Pseudomonasinfektionen<br />

führen zu scharf begrenzten, rasch fortschreitenden<br />

Ulzerationen.<br />

Diagnose. Klinisches Bild, Bindehautabstrich<br />

mit Antibiogramm, Abkratzpräparat.<br />

Differenzialdiagnose. Keratitis anderer Genese.<br />

Therapie. Therapie nach Antibiogramm. Nicht<br />

länger als 10 d, da ansonsten kein Epithelschluss<br />

erfolgt. In schweren Fällen ist die Herstellung<br />

hochkonzentrierter Antibiotika zur topischen/subkonjunktivalen<br />

Applikation nötig.<br />

Bei drohender Perforation Keratoplastik à chaud.<br />

Bei einer Begleitiritis sollte ein Mydriatikum<br />

appliziert werden.<br />

Prognose. Bei Pseudomonas aeruginosa ist<br />

innerhalb von 48 h eine Perforation möglich. Je<br />

nach Defektgröße und -lage sind Visusminderung,<br />

Narbe und Astigmatismus möglich.<br />

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A. Keratokonus<br />

a Keratokonus<br />

b Akuter Keratokonus<br />

Keratokonus, Infektionen<br />

c Munson-Zeichen<br />

d Hornhauttopographie des Keratokonus<br />

B. Weitere ektatische Dystrophien<br />

D. Bakterielle Keratitis<br />

97<br />

Keratoglobus<br />

Bakterielles Hornhautulkus<br />

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8 Hornhaut<br />

98<br />

A. Herpes-simplex-Keratitis<br />

Ätiologie/Pathogenese. Herpes-simplex-Virus<br />

(HSV) Typ 1. Lokale Rezidive treten z. B. bei Allgemeininfekten,<br />

Fieber, Sonnenexposition, Immunsuppression<br />

und Menstruation auf.<br />

Epidemiologie. Sehr häufige Infektion. Die Primärinfektion<br />

tritt ab dem 6. Lebensmonat auf.<br />

Durchseuchung der Bevölkerung bei 90 %.<br />

Klinik. Die Primärinfektion verläuft am Auge<br />

wie eine unilaterale follikuläre Konjunktivitis<br />

mit Schwellung der präaurikulären Lymphknoten.<br />

Es finden sich an den Lidern und der periorbitalen<br />

Haut schnell verkrustende Hautbläschen.<br />

Eine Keratitis ist grundsätzlich ein Rezidiv. Eine<br />

HSV-Infektion kann als epitheliale, endotheliale<br />

oder stromale Keratitis imponieren. Das typische<br />

Bild ist eine Keratitis dendritica oder<br />

geographica (Aa). Die Hornhautsensibilität ist<br />

herabgesetzt. Selten führt die Erkrankung zur<br />

nekrotischen Stromainfiltration mit Descemetfalten,<br />

Ödem und Entzündungen des vorderen<br />

Augenabschnittes mit Sekundärglaukom (Ab).<br />

Hauptsächlich bei immunsupprimierten Patienten<br />

kann eine Retinitis auftreten (s. Kapitel<br />

13). Unter der disziformen Keratitis (Keratitis<br />

metaherpetica, Endotheliitis, Ac) werden<br />

Immunkomplexreaktionen zusammengefasst,<br />

die nicht direkt viral bedingt sind (Hornhautödeme,<br />

Descemetfalten, Infiltrationen).<br />

Diagnose. Klinisches Bild, Ästhesiometrie, Fluoreszeinanfärbung,<br />

Druckmessung.<br />

Differenzialdiagnose. Rotes Auge, Keratitis anderer<br />

Ursache.<br />

Therapie. Aciclovir AS 5 × d, Atropin 1 % 2 × d<br />

Dauer: 3 Tage über Abheilung hinaus. Partielle<br />

Wischabrasio bei rein epithelialer Beteiligung.<br />

Bei der Keratitis disciformis lokale Behandlung,<br />

bei gleichzeitiger Keratouveitis oder inflammatorischem<br />

Sekundärglaukom Aciclovir 800 mg<br />

5 × d für 3 Wochen. Empfohlen wird eine systemische<br />

Therape über einen Zeitraum von bis<br />

zu 12 Monaten. Steroide sollten nur nach Epithelschluss<br />

und nur kurzzeitig gegeben werden.<br />

Sie reduzieren die Narbenbildung bei<br />

stromaler Keratitis. Eine perforierende Keratoplastik<br />

sollte nur unter Aciclovir-Abdeckung<br />

durchgeführt werden, wenn zuvor 6–12 Monate<br />

Rezidivfreiheit bestand.<br />

Prognose. Die Primärinfektion ist oft selbstlimitierend.<br />

Rezidive heilen ebenfalls nach 2–3<br />

Wochen spontan ab. Die antivirale Therapie<br />

verkürzt die Erkrankungsdauer.<br />

B. Herpes-zoster-Keratitis<br />

Ätiologie/Pathogenese. Ursache der Erkrankung<br />

ist das humane Herpesvirus Typ 3. Es verursacht<br />

sowohl die Windpockenerkrankung als<br />

auch den Zoster. Durch die Virämie bei Windpocken<br />

persistieren einige Viren im Ganglion.<br />

Ausgehend vom Ganglion gasseri kommt es zu<br />

einer endogenen Reinfektion im Bereich des N.<br />

trigeminus.<br />

Epidemiologie. Die Erkrankung kann in jedem<br />

Alter auftreten, meist sind aber ältere Menschen<br />

und immunsupprimierte Patienten betroffen.<br />

Eine Gürtelrose tritt etwa bei 20 % der<br />

Bevölkerung auf, 15–20 % davon mit Augenbeteiligung.<br />

Klinik. Plötzlicher, sehr schmerzhafter Erkrankungsbeginn<br />

meist vor dem sichtbaren<br />

Exanthem. Alle Äste des Trigeminus können<br />

betroffen sein. Häufige Mitbeteiligung der<br />

Konjunktiva. Es sind aber auch Mitbeteiligung<br />

der Lider, Hornhaut, Sklera, Uvea und Retina<br />

möglich. Korneale Erkrankungen manifestieren<br />

sich primär als eine Keratitis punctata oder<br />

durch dendritische Läsionen. Es können korneale<br />

Reaktionen wie bei der Herpes-simplex-<br />

Keratitis aufttreten. Auch Nummuli erscheinen<br />

in 1 / 3 der Fälle ungefähr 10 Tage nach Erkrankungsbeginn.<br />

Eine disziforme Keratitis entsteht<br />

3 Wochen nach Erkrankungsbeginn. Die<br />

Hornhautsensibilität ist aufgehoben.<br />

Diagnose. Klinisches Bild, Tonometrie, Motilitätsprüfung.<br />

Differenzialdiagnose. Herpes-simplex-Keratitis,<br />

Konjunktivitis.<br />

Therapie. Oral Aciclovir oder alternativ Valaciclovir<br />

bzw. Famciclovir.<br />

Prognose. Bei Narbenbildung sind Lidfehlstellungen<br />

möglich. Einige Patienten leiden unter<br />

chronischen, schweren Schmerzzuständen.<br />

Nicht selten entwickelt sich im weiteren Verlauf<br />

eine Lipidkeratopathie.<br />

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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart


A. Herpes-simplex-Keratitis<br />

a Keratitis dendritica und Keratitis geographica<br />

b Hornhautulkus bei Herpes simplex<br />

Herpes simplex, Herpes zoster<br />

B. Herpes-zoster-Keratitis<br />

c Keratitis metaherpetica<br />

Lipidkeratopathie bei Herpes zoster<br />

99<br />

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8 Hornhaut<br />

100<br />

A. Keratoconjunctivitis epidemica<br />

Ätiologie/Pathogenese. Infektion mit hochinfektiösen<br />

Adenoviren Typ 8 und 19. Übertragungsweg:<br />

Hand-Auge.<br />

Epidemiologie. Keine Alters- oder Geschlechtsdisposition.<br />

Klinik. Rascher unilateraler Beginn mit Epiphora,<br />

follikulärer Konjunktivitis, Plica- und<br />

Karunkelschwellung, Chemose, Epiphora, Blepharospasmus,<br />

verklebten Augen, Lymphknotenschwellung.<br />

Innerhalb kurzer Zeit ist auch<br />

das zweite Auge betroffen. An der Hornhaut<br />

zeigt sich typischerweise folgender Verlauf:<br />

● diffuse epitheliale Keratitis,<br />

● Keratitis punctata,<br />

● Stromatrübungen,<br />

● Nummuli (A) mit Visusminderung und Photophobie.<br />

Diagnose. Klinisches Bild. Schnelltestung.<br />

Differenzialdiagnose. Herpes-simplex-Keratokonjunktivitis,<br />

Keratitis superficialis Thygeson,<br />

Chlamydieninfektion, Molluscum contagiosum.<br />

Therapie. Weitere Ausbreitung unbedingt<br />

durch Händewaschen und Desinfektion vermeiden.<br />

Tränenersatzmittel. Antibiotische Augentropfen<br />

nur bei Superinfektion.<br />

Prognose. Die Inkubationszeit beträgt 8–9 Tage.<br />

Die Patienten sind noch 14 Tage nach Beginn<br />

der Erkrankung infektiös. Die Konjunktivitis<br />

besteht für etwa zwei Wochen. Es dauert Monate<br />

bis die Erkrankung abheilt, wobei eine<br />

Persistenz der Hornhautinfiltrate über Jahre<br />

möglich ist.<br />

B. Akanthamöben-Keratitis<br />

Ätiologie/Pathogenese. Bei Akanthamöben<br />

handelt es sich um ubiquitär vorhandene Protozoen.<br />

Es existiert ein bewegungsfähiger, sich<br />

replizierender Trophozoit sowie eine ruhende<br />

Zyste. Vor allem die zystische Form ist sehr resistent<br />

und kann in Schwimmbädern, heißem<br />

Wasser aber auch in Eis überleben.<br />

Epidemiologie. Häufig betroffen sind Träger<br />

weicher Kontaktlinsen oder Patienten nach<br />

Hornhauttrauma.<br />

Klinik. Blendungsempfindlichkeit, Visusreduktion,<br />

starke Schmerzen. Rezidivierende, fluoreszeinpositive<br />

Epitheldefekte, multilokuläre<br />

Stromainfiltrate (Ringinfiltrate). Die Infiltrate<br />

liegen dendriticaartig, jedoch subepithelial.<br />

Diffuse anteriore Skleritis oder Uveitis.<br />

Diagnose. Abstrich. Abkratzpräparat. Anzüchtung<br />

auf mit E. coli angereichertem Agar. Doppelwandige<br />

polygonale Zysten in der HE- oder<br />

PAS-Färbung. Kontaktlinsen mituntersuchen.<br />

Differenzialdiagnose. Die Erkrankung ist leicht<br />

mit einer Herpes-simplex-Keratitis oder mit<br />

einer Pilzkeratitis zu verwechseln.<br />

Therapie. Intensive lokale Antibiotika oder Biguanide.<br />

Prognose. Protrahierter Verlauf mit Remissionen<br />

und Rezidiven.<br />

C. Pilzkeratitis<br />

Ätiologie/Pathogenese. Eine Pilzkeratitis tritt<br />

nach okulären Traumen durch das Einbringen<br />

von pflanzlichen Materialien in das Auge auf.<br />

Es handelt sich meist um Aspergillus fusarium<br />

und Cephalosporium-Arten. Pilzinfektionen bei<br />

geschwächten oder immunsupprimierten Patienten<br />

werden dagegen eher durch Candida<br />

und andere Hefen ausgelöst.<br />

Epidemiologie. Es handelt sich um seltene Erkrankungen.<br />

Klinik. Das klinische Erscheinungsbild ähnelt<br />

der bakteriellen Keratitis. Es zeigt sich ein grauweißes<br />

Infiltrat mit feinen Ausläufern im Stroma<br />

(Satellitenläsionen, Ca, b). Häufig findet<br />

sich ein Hypopyon. Unter der Gabe von Steroiden<br />

verschlechtert sich das Krankheitsbild.<br />

Diagnose. Wegweisend ist die Anamnese. Bei<br />

Nichtansprechen einer antibiotischen Therapie<br />

sollte an eine Pilzkeratitis gedacht werden. Die<br />

Hornhautsensibilität ist herabgesetzt. Histologische<br />

Untersuchungen können an einem Abkratzpräparat<br />

vom Ulkusrand erfolgen.<br />

Differenzialdiagnose. Bakterielle Keratitis.<br />

Therapie. Lokale Gabe von Natamycin AS.<br />

Eventuell auf alternative Präparate ausweichen.<br />

Bei Vorderkammerreiz Mydriatika. Gelegentlich<br />

ist eine systemische Therapie mit<br />

Ketoconazol indiziert.<br />

Prognose. Meist langsamer Heilungsverlauf. In<br />

manchen Fällen muss eine perforierende Keratoplastik<br />

durchgeführt werden.<br />

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A. Keratoconjunctivitis epidemica<br />

B. Akanthamöben-Keratitis<br />

Nummuli<br />

Keratitis epidemica, Akantamöbenkeratitis, Pilze<br />

C. Pilzkeratitis<br />

101<br />

a<br />

b<br />

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8 Hornhaut<br />

102<br />

A. Hornhauttrauma<br />

Eine Einteilung kann über die Art der einwirkenden<br />

Noxe in mechanische, elektromagnetische,<br />

thermische oder chemische Traumen<br />

erfolgen. Am häufigsten finden sich Hornhautfremdkörper<br />

und traumatische Hornhauterosionen/-abrasionen.<br />

Die Therapie und Prognose<br />

orientiert sich am Ausmaß des Traumas.<br />

Penetrierende und perforierende Verletzungen<br />

verlangen eine gründliche Untersuchung und<br />

primär eine chirurgische Versorgung.<br />

B. Keratopathia photoelectrica<br />

(Verblitzung)<br />

Hierbei handelt es sich um eine Schädigung<br />

durch UV-Strahlen z. B. beim Schweißen oder bei<br />

Hochgebirgsaufenthalt. Bei den Patienten tritt<br />

nach einer Latenz von 6–8 Stunden eine schmerzhafte<br />

Visusminderung, Blepharospasmus, Epiphora<br />

und Fremdkörpergefühl auf. Klinisch sieht<br />

man eine ein- oder beidseitige Keratitis punctata<br />

superficialis (B) im Lidspaltenbereich. Je<br />

nach Anamnese muss differenzialdiagnostsich<br />

an einen Hornhautfremdkörper gedacht werden.<br />

Therapeutisch helfen Tränenersatzmittel<br />

und Gentamicin AT 3 × d. Trotz des dramatischen<br />

klinischen Bildes („Sonnenbrand auf dem<br />

Auge“) handelt es sich um eine harmlose oberflächliche<br />

Verletzung, die folgenlos abheilt.<br />

C. Verätzungen/Verbrennungen<br />

Ätiologie/Pathogenese. Verletzung durch Lauge,<br />

Säure oder Hitze (Ca, b). Der Schweregrad der<br />

Verletzung hängt vom Agens, dessen Konzentration<br />

und der Expositiondauer ab. Laugenverätzungen<br />

erzeugen größere Schäden als Säureverätzungen.<br />

Die durch eine Säureverätzung<br />

hervorgerufene Koagulationsnekrose verhindert<br />

das weitere Eindringen der Säure. Die Kolliquationsnekrose<br />

der Laugenverätzung führt<br />

zu einer raschen Penetration der Lauge in den<br />

vorderen Augenabschnitt.<br />

Epidemiologie. Häufiger Arbeitsunfall. 7–10 %<br />

aller Augenverletzungen. Ein großer Teil der Patienten<br />

sind junge berufstätige Männer zwischen<br />

dem 20.–40. Lebensjahr. Das Verhältnis<br />

der Säure- zu Laugenverätzung beträgt ca. 1: 2<br />

bis 1 : 3.<br />

Klinik. Die akute Phase geht zunächst mit einer<br />

unterschiedlich ausgeprägten Visusminderung,<br />

Schmerzen, Epiphora und Blepharospasmus<br />

einher.<br />

Klinisch kann das Ausmaß der Verätzung in vier<br />

Stadien (nach Reim) eingeteilt werden:<br />

I. Erosio corneae, klare Hornhaut, Hyperämie,<br />

intaktes Randschlingennetz.<br />

II. Erosio corneae, geringe Hornhauttrübung,<br />

Ischämie der Limbusregion > 1 / 3 der Zirkumferenz,<br />

Chemose (Cc).<br />

III. Erosio corneae, Hornhauttrübung, Ischämie<br />

der Limbusregion > 1 / 2 der Zirkumferenz, Ulkusbildung,<br />

Pannusbildung, stromale Neovaskularisationen,<br />

Narbenbildung (Cd).<br />

IV. Erosio corneae, Ischämie der Limbusregion<br />

> 3 / 4 der Zirkumferenz, Nekrosen, Ulzera, Symblephara,<br />

Narben, Lidfehlstellungen, Sekundärglaukom,<br />

Katarakt, Hypotonien, Phthisis bulbi.<br />

Diagnose. Erfolgt über die Anamnese. Die Stadieneinteilung<br />

orientiert sich am klinischen<br />

Bild. Intraokulare Strukturen des vorderen<br />

Augenabschnittes können mitbetroffen sein<br />

und mit Linsentrübungen und der Ausbildung<br />

eines Sekundärglaukoms einhergehen.<br />

Therapie. Sofortiges Spülen des Auges ist die<br />

wichtigste Erstmaßnahme.<br />

Prognose. Die Prognose der Erkrankung hängt<br />

entscheidend davon ab, wie rasch gespült<br />

wurde. Vom Ausmaß der geschädigten limbalen<br />

Stammzellen hängt die Regeneration des<br />

kornealen Epithels ab. Bei einer Schädigung<br />

des Limbus von mehr als die Hälfte der Zirkumferenz<br />

findet keine Epithelialisierung<br />

durch die Stammzellen statt. Es wächst vielmehr<br />

konjunktivales Gewebe über den Defekt.<br />

D. Sekundenkleberverletzungen<br />

(Cyanoacrylat)<br />

Der ins Auge gelangte Sekundenkleber verhärtet<br />

auf der Hornhaut und fällt ab (D). Die entstandene<br />

Hornhauterosio wird mit Tränenersatzmitteln<br />

und lokalen Antibiotika behandelt.<br />

Der Befund heilt in der Regel folgenlos ab.<br />

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B. Keratopathia photoelectrica<br />

D. Sekundenkleberverletzung<br />

Keratitis punctata superficialis (Anfärbung mit<br />

Fluorescein)<br />

C. Verätzungen/Verbrennungen<br />

Verblitzung, Verätzung, Verbrennung<br />

a Z.n. Verbrennung durch heißes Aluminium: Konjunktivalisierung<br />

der Hornhautoberfläche<br />

b Säureverätzung mit Hornhauterosio unten<br />

c Laugenverätzung Stadium II<br />

d Laugenverätzung Stadium III<br />

103<br />

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8 Hornhaut<br />

104<br />

A. Oberflächliche/ penetrierende/<br />

perforierende Verletzungen<br />

Ätiologie/Pathogenese. Das Verletzungsmuster<br />

kann sehr vielfältig sein und reicht vom<br />

oberflächlichen Epithelverlust, der Erosio, über<br />

lamelläre Verletzungen und Fremdkörpereinsprengungen<br />

(Aa – c) bis zu perforierenden Verletzungen<br />

mit Beteiligung der inneren Strukturen<br />

des Auges oder sogar zum Organverlust.<br />

Epidemiologie. Die Verletzungen treten meist<br />

im Zusammenhang mit Arbeits- oder Freizeitaktivitäten<br />

auf. Überwiegend betroffen sind<br />

Männer zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr.<br />

Hornhautfremdkörper sind die häufigsten<br />

okulären Verletzungen überhaupt. Der größte<br />

Anteil der Hornhautfremdkörper besteht aus<br />

Metall. Nur ca. 5 % sind organischer Natur.<br />

Klinik. Meist Schmerzen, Epiphora, Blepharospasmus,<br />

Konjunktivitis, Oberlidschwellung,<br />

Visusminderung. Die Beschwerden können aber<br />

z. T. auch sehr gering ausgeprägt und die Sehschärfe<br />

voll erhalten sein. Bei Vorliegen eines<br />

Hyphämas und Anstieg des Intraoklardruckes<br />

färbt sich der stromale Anteil der Hornhaut<br />

nach 48 Stunden an. Ursache der Hämatokornea<br />

(Ad) ist das Hämoglobin und andere Abbauprodukte<br />

der Erythrozyten.<br />

Diagnose. Sie erfolgt über die Anamnese und<br />

über die gründliche Untersuchung mit Ektropionieren,<br />

Anfärben der Hornhaut, Inspektion<br />

der Wunde mit dem Operationsmikroskop, ggf.<br />

Röntgen der Orbita in zwei Ebenen oder CT.<br />

Therapie. Operative Entfernung des Fremdkörpers<br />

und Wundverschluss. Lokale oder systemische<br />

Antibiotika. Falls nötig zweiter Eingriff<br />

bei Verletzungen von intraokularen Strukturen.<br />

Prognose. Abhängig von der Verletzungsart.<br />

B. Hornhautveränderungen nach<br />

Operationen<br />

Korneale Veränderungen im Rahmen der Phakoemulsifikation<br />

sind Descemetfalten, Descemetolysen<br />

und „Snail Tracks“. Verletzungen des<br />

Endothels können zur Endotheldekompensation<br />

mit Ausbildung einer bullösen Keratopathie<br />

führen. Es besteht dann die Indikation für<br />

eine perforierende Keratoplastik.<br />

Die Silikonölkeratopathie tritt im Rahmen der<br />

vitreoretinalen Chirurgie auf, wenn über längere<br />

Zeit Kontakt zwischen Silikonöl und Hornhautendothel<br />

besteht. Die Keratopathie entwickelt<br />

sich innerhalb von Monaten und geht<br />

meistens mit einem Sekundärglaukom einher.<br />

Klinisch imponiert eine zunehmende dichte<br />

weißliche, stromale Eintrübung der Hornhaut.<br />

C. Hornhautveränderungen nach<br />

refraktiven Eingriffen<br />

Hornhautrefraktive Eingriffe zur Korrektur von<br />

Fehlsichtigkeiten führen, je nach Verfahren, zu<br />

typischen Hornhautveränderungen.<br />

Bei der radiären Keratotomie (Ca) wird die<br />

Hornhaut in 80–90 % ihrer Dicke radiär eingeschnitten.<br />

Dieses Verfahren wurde zur Korrektur<br />

der Myopie eingeführt, ist aber zwischenzeitlich<br />

von laserrefraktiven Methoden<br />

abgelöst worden. Die photorefraktive Keratektomie<br />

(PRK) trägt mit dem Excimerlaser oberflächliche<br />

Hornhautschichten ab und führt bei<br />

einer Abflachung der zentralen Hornhaut zum<br />

Myopieausgleich oder beim Aufsteilen der<br />

Hornhautwölbung zum Hyperopieausgleich.<br />

Eine mögliche Nebenwirkung kann hierbei die<br />

Ausbildung einer zentralen Hornhautnarbe<br />

(Haze, Cb) sein. Bei der Laser-in-situ-Keratomileusis<br />

(LASIK) wird eine ca. 130µm große<br />

Hornhautlamelle (Flap) abgehoben. Mit dem<br />

Excimerlaser wird die darunterliegende Hornhaut<br />

abgeflacht und der Flap zurückgeklappt.<br />

Ein Flapverlust, Eintrüben oder Dislokation des<br />

Flap, Einwachsen von Epithel oder eine infektiöse<br />

Keratitis sind seltene unerwünschte Folgen<br />

des Eingriffs. Die LASEK kombiniert die Erfahrungen<br />

beider o. g. Verfahren. Es wird dabei<br />

ein sogenannter Epithelflap abgehoben und<br />

unter diesem eine Excimerlaserablation durchgeführt.<br />

Das Epithel wird dann wieder repositioniert.<br />

Alle Verfahren führen dazu, dass der<br />

Augeninnendruck falsch niedrig gemessen und<br />

die spätere Berechnung einer Kunstlinse beeinflusst<br />

wird.<br />

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A. Oberflächliche/penetrierende/perforierende Verletzungen<br />

a Schmauchverletzung<br />

b Rosthof durch eisenhaltigen Fremdkörper<br />

Verletzungen, operative Veränderungen<br />

c Lamelläre Verletzung durch Glassplitter<br />

d Hämatokornea<br />

C. Hornhautveränderungen nach refraktiven Eingriffen<br />

a Radiäre Keratotomie<br />

b Haze nach photorefraktiver Keratektomie<br />

105<br />

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8 Hornhaut<br />

106<br />

A. Keratoplastik<br />

Bei der perforierenden Keratoplastik werden<br />

alle Hornhautschichten von einem Spender auf<br />

einen Empfänger transplantiert, bei der lamellären<br />

Keratoplastik wird das tiefe Stroma, die<br />

Descemetmembran und das Endothel beim<br />

Empfänger belassen.<br />

Die häufigste Indikation zur perforierenden Keratoplastik<br />

sind die bullöse Keratopathie, der<br />

Keratokonus, Hornhautdystrophien, Hornhautnarben,<br />

die nach infektiösen Keratitiden oder<br />

durch Traumata entstanden sind, und Rekeratoplastiken.<br />

Das kreisförmige Transplantat<br />

wird in ein entsprechend groß trepaniertes<br />

Empfängerbett typischerweise mit zwei fortlaufenden<br />

Kreuznähten eingepasst (Aa).<br />

Bei einer tektonischen Keratoplastik (Ab) steht<br />

nicht die Wiederherstellung der visuellen<br />

Funktion im Vordergrund, sie dient vielmehr<br />

dem Bulbuserhalt. Alternativ kann eine drohende<br />

Perforation durch eine Amnionmembran<br />

gedeckt werden. Unter der Keratoplastik à<br />

chaud versteht man die notfallmäßig durchgeführte<br />

Keratoplastik. Da die Hornhaut ein bradytrophes,<br />

avaskuläres Gewebe ist, besteht<br />

eine besondere immunologische Situation. Vor<br />

einer Transplantation muss nicht, wie bei anderen<br />

Organen, auf eine strenge Kompatibilität<br />

der Gewebe geachtet werden. Dennoch sollte<br />

bei Risikokeratoplastiken eine HLA-Typisierung<br />

erfolgen.<br />

Um ein Transplantatversagen zu vermeiden,<br />

muss die Indikation zur Keratoplastik streng<br />

gestellt werden. Kontraindikationen sind Lidfehlstellungen,<br />

Benetzungsstörungen, Glaukom<br />

und mangelnde Compliance.<br />

B. Komplikationen der Keratoplastik<br />

Immunologische Transplantatreaktionen können<br />

auch Jahre nach der Operation auftreten.<br />

Die Abstoßungsreaktionen werden nach ihrer<br />

Lage im Hornhautgewebe eingeteilt. Die epitheliale<br />

Abstoßungreaktion verläuft als leicht<br />

erhabene, anfärbbare Linie zytotoxischer Lymphozyten<br />

vom Transplantatrand nach zentral<br />

(epitheliale Khodadoust-Linie). Diese Form der<br />

Immunreaktion ist in der Regel wenig bedrohlich.<br />

Subepitheliale Veränderungen treten oft<br />

Monate nach der Transplantation auf. Sie imponieren<br />

als unregelmäßig auf das Transplantat<br />

begrenzte Nummuli und unterscheiden sich<br />

differenzialdiagnostisch von einer Keratoconjunctivitis<br />

epidemica dadurch, dass das Auge<br />

ansonsten völlig reizfrei ist. Oft handelt es sich<br />

um einen Zufallsbefund, der reversibel ist, sofern<br />

nicht tiefere Hornhautschichten beteiligt<br />

sind. Bei stromalen Veränderungen kann es zu<br />

oberflächlichen Transplantateinschmelzungen<br />

kommen, in 1–2 % tritt eine akute Stromanekrose<br />

auf. Es handelt sich dabei um eine alle<br />

Hornhautschichten betreffende, dichte, weißliche<br />

Infiltration durch Leukozyten, Lymphozyten<br />

und Plasmazellen. Differenzialdiagnostisch<br />

ist an ein erregerbedingtes Hornhautulkus zu<br />

denken. Endotheliale Veränderungen zeigen<br />

klinisch ein heterogenes Bild. Wie am Epithel<br />

kann sich bei der fokal-progressiven Endothelreaktion<br />

eine vom Rand des Transplantates<br />

nach zentral laufende Linie zytotoxischer Lymphozyten<br />

zeigen. Diese sog. endotheliale Khodadoust-Linie<br />

wandert unterschiedlich schnell<br />

und trennt das von Lymphozyten zerstörte<br />

Endothel vom noch intakten Transplantat (Ba).<br />

Bei der diffusen Immunreaktion finden sich am<br />

Endothel disseminierte Präzipitate. Die endothelialen<br />

Immunreaktionen führen zu einem<br />

Hornhautödem. Daneben können nichtimmunologische<br />

Ursachen zu einem Transplantatversagen<br />

(Bb) führen. Hierzu zählen Stufen und<br />

Wundheilungsstörungen am Transplantatrand,<br />

Benetzungsstörungen, Infektionen (Bc), medikamentös-toxische<br />

Schäden, Epitheleinsprossung<br />

und Rezidive der Grunderkrankung. Letztere<br />

sind für die Herpes-simplex-Keratitis (Bd),<br />

den Keratokonus und für die Hornhautdystrophien<br />

beschrieben worden. Auch operative<br />

Eingriffe können eine Abstoßungsreaktion triggern.<br />

Die Therapie orientiert sich an der transplantatschädigenden<br />

Ursache und umfasst Tränenersatzmittel,<br />

Kontaktlinsen, Antibiotika,<br />

Virustatika oder Immunsuppressiva bzw. die<br />

Re-Keratoplastik. Dabei ist vor Einleiten der<br />

Therapie die Epitheltoxizität einzelner Wirkstoffe<br />

zu berücksichtigen.<br />

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A. Keratoplastik<br />

a Fortlaufende Kreuznaht bei Keratoplastik<br />

B. Komplikationen der Keratoplastik<br />

b Eingetrübte tektonische Keratoplastik<br />

Keratoplastik, Abstoßungsreaktionen<br />

a Endotheliale Khodadoust-Linie<br />

b Transplantatversagen<br />

c Fadeninfektion<br />

d Herpes-simplex-Rezidiv auf Transplantat<br />

107<br />

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9 Lederhaut<br />

108<br />

A. Fehlbildungen und Anomalien<br />

Eine blaue Lederhaut (Sklera) kann als isolierte,<br />

autosomal-dominant oder rezessiv vererbte<br />

Fehlbildung auftreten. In Zusammenhang mit<br />

anderen okulären Erkrankungen ist sie beim<br />

Keratokonus und Keratoglobus zu beobachten,<br />

daneben aber Teilaspekt verschiedener hereditärer<br />

Systemerkrankungen wie der Osteogenesis<br />

imperfecta (Typ 1–4), dem Ehlers-Danlos-Syndrom,<br />

Marfan-Syndrom und Turner-<br />

Syndrom. Die normale, fetale Durchsichtigkeit<br />

der Lederhaut bleibt erhalten.<br />

Die Alkaptonurie (Ochronose) basiert auf<br />

einem autosomal-rezessiv vererbten Defekt<br />

des Enzyms Homogentisinoxidase und führt zu<br />

Homogentisinsäureablagerungen v. a. in Knorpel<br />

und anderem gefäßarmem Bindegewebe.<br />

Sichtbar werden fleckige schwarze Ablagerungen<br />

in Bindehaut, Kornea und Sklera bei etwa<br />

70 % der Patienten.<br />

Sklerektasien und Sklerastaphylome können<br />

als isoliert-kongenitale Fehlbildungen auftreten.<br />

Während Sklerektasien reine Ausbuchtungen<br />

der Sklera darstellen, sind Sklerastaphylome<br />

lokale Ausbuchtungen, die von uvealem/<br />

retinalem Gewebe ausgekleidet sind.<br />

B. Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

Eine altersbedingte Skleraatrophie mit leicht<br />

bläulichem Durchscheinen von uvealem Gewebe<br />

ist bei vielen Menschen im hohen Alter zu<br />

beobachten und nicht von Krankheitswert.<br />

Hierzu zählen senile, hyaline Skleraplaques<br />

(Ba), die als längsovale Veränderungen vor den<br />

Ansätzen der geraden Augenmuskeln im Lidspaltenbereich<br />

sichtbar werden und das Resultat<br />

von lokalen Kalkeinlagerungen sind. Eine<br />

Therapie ist nicht nötig.<br />

Ursachen einer erworbenen Sklerektasie oder<br />

eines Staphyloms sind das kongenitale Glaukom/Buphthalmus,<br />

Verletzung, Skleritis, Uveitis,<br />

degenerative Myopie oder chirurgische Eingriffe.<br />

Die exzessiv fortschreitende, degenerative<br />

Myopie führt zu hinteren umschriebenen<br />

Sklerektasien oder einem Staphyloma posticum<br />

(Bb). Dieses ist eine scharf begrenzte Aussackung<br />

des gesamten hinteren Poles, die mit<br />

einer massiven Aderhaut-Netzhaut-Atrophie<br />

einhergeht.<br />

C. Episkleritis<br />

Die Episkleritis ist eine Entzündung der Episklera,<br />

einem lockeren, stark vaskularisierten<br />

Bindegewebe unmittelbar an der Oberfläche<br />

der Lederhaut. Es wird eine diffuse (Ca) von<br />

einer nodulären Form (Cb)unterschieden.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Mehrzahl der Episkleritiden<br />

ist idiopathisch. Eine Systemerkrankung<br />

meist autoimmunologischer Natur<br />

liegt in ca. 35 % vor (Tab. 1). Seltener sind lokale<br />

Infektionen oder Verätzungen.<br />

Epidemiologie. Nicht selten. Vorwiegend betroffen<br />

sind Patienten im jungen bis mittleren<br />

Erwachsenenalter und Frauen. Beidseitigkeit in<br />

30–35 %.<br />

Klinik. Der Beginn ist meist akut mit Rötung des<br />

Auges, Epiphora und leichten bis mäßigen<br />

Schmerzen. Die Druckschmerzhaftigkeit ist geringer<br />

als bei der Skleritis. Die diffuse Episkleritis<br />

imponiert als variable, flächige und<br />

ödematöse Veränderung der Episklera mit<br />

Stauung des oberflächlichen episkleralen Gefäßplexus.<br />

Die noduläre Episkleritis zeigt ein<br />

oder mehrere, umschriebene knötchenförmige<br />

Verdickungen der Episklera mit vermehrter Gefäßinjektion.<br />

Die Knötchen sind auf der Sklera<br />

verschieblich.<br />

Diagnostik. Die Diagnose erfolgt anhand des<br />

klinischen Bildes. Eine internistische/dermatologische<br />

Untersuchung ist v. a. bei Systemerkrankung<br />

oder rezidivierendem Verlauf durchzuführen<br />

(Tab. 1.). Infektionen (Syphilis) und<br />

Stoffwechselstörungen (Gicht) sollten ausgeschlossen<br />

werden.<br />

Differenzialdiagnose. Konjunktivitis, Skleritis.<br />

Therapie. Bei Vorliegen einer Systemerkrankung<br />

steht die Behandlung dieser im Vordergrund.<br />

Milde, idiopathische Episkleritiden<br />

ohne Beschwerden können beobachtet werden.<br />

Schwerere Verläufe können kurzfristig mit lokalen<br />

Kortikosteroiden und der systemischen<br />

Gabe nichtsteroidaler Antiphlogistika behandelt<br />

werden. Die hoch dosierte orale Kortikosteroidtherapie<br />

ist nur selten notwendig.<br />

Prognose. Meist milder, selbst limitierender<br />

Verlauf (1–2 Wochen). Rezidivhäufigkeit ca.<br />

30 %. Okuläre Komplikationen sind seltener als<br />

bei der Skleritis: Uveitis anterior (12 %), Hornhautbeteiligung<br />

(15 %), Sekundärglaukom (4–<br />

8 %).<br />

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B. Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

a Senile Skleraplaques<br />

C. Episkleritis<br />

b Staphyloma posticum<br />

Fehlbildungen/Degenerationen/Episkleritis<br />

a Diffuse Episkleritis<br />

b Noduläre Episkleritis<br />

Tab. 1 Systemerkrankungen bei Episkleritis<br />

Gelenke<br />

Bindegewebe<br />

Vaskulitiden<br />

infektiös/granulomatös<br />

Darm<br />

Haut<br />

Stoffwechsel<br />

rheumatoide Arthritis<br />

seronegative Spondylarthropathien<br />

systemischer Lupus erythematodes<br />

rezidivierende Polychondritis<br />

Morbus Behçet<br />

Polyarteriitis nodosa<br />

Riesenzellarteriitis<br />

Wegener-Granulomatose<br />

Cogan-Syndrom II<br />

Syphilis<br />

Tuberkulose<br />

Herpes simplex<br />

Sarkoidose<br />

Colitis ulcerosa<br />

Morbus Crohn<br />

Rosazea<br />

atopische Dermatitis<br />

Zoster ophthalmicus<br />

Gicht<br />

109<br />

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9 Lederhaut<br />

110<br />

A. Skleritis<br />

Als Skleritis wird eine schwere Entzündung der<br />

Bulbuswand (Lederhaut) bezeichnet. Es wird<br />

eine anteriore Skleritis (Beteiligung des vorderen<br />

Sklerabereiches) und posteriore Skleritis<br />

unterschieden. Die anteriore Skleritis wird unterteilt<br />

in eine diffuse (Aa), noduläre (Ab),<br />

nekrotisierende Skleritis mit Entzündung (Ac)<br />

und nekrotisierende Skleritis ohne Entzündung<br />

(Scleromalacia perforans, Ad).<br />

Ätiologie/Pathogenese. Es sind infektiöse<br />

Skleritiden (Bakterien, Viren, Pilze), nekrotisierende<br />

Skleritiden nach okulären Eingriffen,<br />

Skleritiden im Rahmen von Vaskulitiden/Systemerkrankungen<br />

und idiopathische Skleritiden<br />

zu unterscheiden (Tab. 1). Bei den beiden<br />

Letztgenannten handelt es sich um primär immunmediierte<br />

Vaskulitiden.<br />

Epidemiologie. Die Skeritis ist selten. Frauen<br />

sind etwas häufiger betroffen als Männer. Sie<br />

kann in jedem Lebensalter auftreten, eine Häufung<br />

findet sich zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr.<br />

Die anteriore Skleritis ist wesentlich<br />

häufiger (95 %) als die posteriore Skleritis (5 %).<br />

Beidseitigkeit in 30–50 %, bei der Scleromalacia<br />

perforans 80 %. Eine einmal manifestierte Skleritisform<br />

geht i. d. R. nicht in eine andere Form<br />

über. Bei rund 57 % aller Patienten mit Skleritis<br />

ist eine zugrunde liegende Systemerkrankung<br />

anzunehmen, bei 48 % handelt es sich um Kollagenosen<br />

oder Vaskulitiden. Häufigste Systemerkrankung<br />

ist die rheumatoide Arthritis.<br />

Klinik. Meist akuter Beginn mit heftigen, stechenden<br />

Augenschmerzen, Bewegungsschmerz,<br />

Photophobie, Epiphora und Rötung des Auges.<br />

Bei der diffusen anterioren Skleritis ist eine<br />

sektoriell begrenzte livide Verfärbung der Sklera<br />

mit vermehrter Füllung tiefer und oberflächlicher<br />

episkleraler und konjunktivaler Gefäße<br />

erkennbar. Der entzündliche Bereich ist<br />

stark druckschmerzhaft. Bei der anterioren, nodulären<br />

Skleritis findet sich eine umschriebene,<br />

granulomatöse Verdickung der Sklera mit<br />

umgebender entzündlicher Begleitreaktion.<br />

Die anteriore nekrotisierende Skleritis mit Entzündung<br />

führt zu einem fortschreitenden<br />

Untergang von skleralem Gewebe, begleitet<br />

von deutlichen entzündlichen Veränderungen,<br />

wie sie auch bei der diffusen anterioren Skleritis<br />

zu finden sind. Im Gegensatz dazu imponiert<br />

die Scleromalacia perforans als nekrotisierende<br />

Skleritis, bei der sich kaum entzündliche<br />

Phänomene wie Rötung und Schwellung umgebender<br />

Gewebe oder Schmerzhaftigkeit beobachten<br />

lassen. Die Verdünnung der Lederhaut<br />

kann in eine deutliche Sklerektasie<br />

übergehen. Eine Skleraperforation ist selten.<br />

Eine posteriore Skleritis imponiert neben der<br />

Schmerzhaftigkeit des Auges durch Visusverlust,<br />

Papillenödem, Netzhaut-Aderhaut-Falten<br />

(Ae), seröse Ablatio, subretinales Granulom und<br />

Aderhautamotio. Eine diffuse anteriore Skleritis<br />

besteht häufig gleichzeitig.<br />

Diagnostik. Die Diagnose wird anhand des klinischen<br />

Bildes gestellt. Die Verdickung der posterioren<br />

Sklera v. a. bei Scleritis posterior kann<br />

mittels Ultraschall dargestellt werden. Eine internistische<br />

Untersuchung ist zum Ausschluss<br />

einer Systemerkrankung/Vaskulitis bei jeder<br />

Skleritis unklarer Genese erforderlich. Sarkoidose,<br />

Borreliose, Tuberkulose und Syphilis sind<br />

ferner auszuschließen.<br />

Differenzialdiagnose. Konjunktivitis, Episkleritis,<br />

Myositis, Pseudotumor orbitae. Selten als<br />

Masquerade-Syndrom bei malignem Aderhautmelanom,<br />

Lymphom und multiplem Myelom<br />

(Skleritis posterior) oder invasivem Plattenepithelkarzinom<br />

der Bindehaut (nekrotisierende<br />

anteriore Skleritis).<br />

Therapie. Sie erfolgt in Abhängigkeit von der<br />

Genese, der Schwere der Skleritis und dem Vorliegen<br />

einer Systemerkrankung. Eine lokale<br />

Therapie allein ist nicht ausreichend. Eine<br />

milde idiopathische Skleritis kann zunächst<br />

mit nichtsteroidalen Antiphlogistika behandelt<br />

werden. Reicht dies nicht aus, erfolgt die hochdosierte<br />

orale Gabe von Kortikosteroiden. Ggf.<br />

sind andere Immunsuppressiva einzusetzen<br />

(z. B. Methotrexat). Bei Vorliegen einer Systemerkrankung<br />

steht die Therapie dieser im<br />

Vordergrund.<br />

Prognose. Sehr variabler Verlauf. Chronisch<br />

rezidivierender Verlauf mit akuter Bedrohung<br />

des Auges möglich. Okuläre Komplikationen<br />

sind häufig, v. a. bei nekrotisierender Skleritis:<br />

Visusverlust (40 %), Uveitis anterior (40 %), periphere<br />

ulzerative Keratitis, Glaukom und<br />

Katarakt (je 15–20 %). Insbesondere die Wegener-Granulomatose<br />

geht mit einer schweren<br />

nekrotisierenden Skleritis einher.<br />

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A. Skleritis<br />

Tab.1 Systemerkrankungen bei Skleritis<br />

Gelenke<br />

– rheumatoide Arthritis<br />

– polyartikuläre juvenile idiopathische<br />

Arthritis (seropositiv)<br />

– seronegative Spondylarthropathien<br />

Bindegewebe<br />

– systemischer Lupus erythematodes<br />

– rezidivierende Polychondritis<br />

– IgA-Nephropathie<br />

Vaskulitiden<br />

– Morbus Behçet<br />

– Polyarteriitis nodosa<br />

– Riesenzellarteriitis<br />

– Wegener-Granulomatose<br />

– Cogan-Syndrom II<br />

– Takayasu-Krankheit<br />

a Diffuse Scleritis anterior<br />

infektiös/<br />

granulomatös<br />

– Syphilis<br />

– Tuberkulose<br />

– Borreliose<br />

– Sarkoidose<br />

Darm<br />

Haut<br />

– Colitis ulcerosa<br />

– Morbus Crohn<br />

– Zoster ophthalmicus<br />

– Porphyrie<br />

– Pyoderma gangraenosum<br />

b Noduläre Scleritis anterior<br />

Skleritis<br />

Stoffwechsel<br />

– Gicht<br />

c Nekrotisierende Skleritis mit Entzündung<br />

d Scleromalacia perforans<br />

e Fundusbild bei Scleritis posterior<br />

111<br />

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9 Lederhaut<br />

112<br />

A. Tumoren<br />

Primäre Tumoren der Lederhaut sind sehr selten.<br />

Hierzu zählen Fibrome, Fibrosarkome,<br />

Hämangiome, Epidermoide (Aa), Neurofibrome,<br />

Schwannome oder ektopisches Tränendrüsengewebe.<br />

Das benigne episklerale ossäre<br />

Choristom entsteht aus versprengtem Knochengewebe<br />

und findet sich temporal oben zwischen<br />

dem M. rectus lateralis und superior.<br />

Die Lederhaut weist bei Kaukasiern nur eine geringe<br />

Pigmentierung (Ab) auf. So genannte<br />

„Pigment Spots“ sind vor allem bei dunkler Iris<br />

zu beobachten und bestehen aus episkleralen,<br />

etwa 3–4 mm vom Limbus entfernten Ansammlungen<br />

uvealer Melanozyten, die über<br />

Sklerakanäle (Aa. ciliaris, intrasklerale Nervenschleife<br />

nach Axenfeld) aus der Uvea ausgewandert<br />

sind. Sie haben keinen Krankheitswert.<br />

Vereinzelt können blaue Nävi der<br />

Lederhaut vorkommen. Eine auffällige Pigmentierung<br />

der Lederhaut ist gemeinsam mit einer<br />

verstärkten Pigmentierung anderer okulärer<br />

Strukturen (Lider, Uvea) im Rahmen der okulodermalen<br />

Melanozytose (Nävus von Ota, Ac) zu<br />

beobachten (s. Kap. 10).<br />

Häufiger als die primären Tumoren ist eine sekundäre<br />

Beteiligung der Lederhaut durch Einwachsen<br />

maligner Tumoren der Konjunktiva<br />

(malignes Melanom, Plattenepithelkarzinom)<br />

oder der Aderhaut (malignes Melanom).<br />

B. Operative Veränderungen und<br />

Traumata<br />

Die chirurgisch induzierte, nekrotisierende<br />

Sklerokeratitis ist eine seltene, schwere Komplikation<br />

nach okulärer Chirurgie. Betroffen<br />

sind v. a. Patienten mit mehreren okulären Eingriffen<br />

(Kataraktchirurgie, Schieloperation, Trabekulektomie,<br />

Vitrektomie, eindellende Chirurgie).<br />

Es handelt sich meist um eine nekrotisierende<br />

anteriore Skleritis, seltener um eine periphere<br />

posteriore Skleritis, die meist auf das<br />

ursprüngliche Operationsgebiet beschränkt ist.<br />

Die Skleritis manifestiert sich meist mehrere<br />

Monate nach der Operation, seltener nach Jahren.<br />

Die Ätiologie ist unklar; diskutiert wird<br />

eine Hypersensitivitätsreaktion gegen ein während<br />

eines Eingriffes freigesetztes sklerales<br />

Antigen und eine lokale Ischämie als initiierende<br />

Faktoren für eine Autoimmunreaktion.<br />

Tatsächlich kann bei der Mehrzahl der Patienten<br />

eine prädisponierende Systemerkrankung<br />

(v. a. Kollagenosen) nachgewiesen werden. Die<br />

Diagnostik muss sich deshalb auf den Nachweis<br />

einer prädisponierenden Systemerkrankung<br />

(s. S. 111, Tab. 1) richten. Die Therapie sollte in<br />

der oralen Gabe hochdosierter Kortikosteroide,<br />

ggf. auch anderer Immunsuppressiva bestehen.<br />

Die Rezidivneigung beträgt über 30 %.<br />

Neben den eher seltenen entzündlichen Veränderungen<br />

führen viele Eingriffe an der Sklera<br />

zu umschriebenen Skleraatrophien (Ba), die<br />

meist ohne Krankheitswert bleiben, gelegentlich<br />

aber zu Sklerektasien führen.<br />

Etwa 5 % aller okulären Traumata gehen mit<br />

einer Beteiligung der Lederhaut einher. Dies<br />

schließt oberflächliche und penetrierende<br />

Fremdkörper, spitze penetrierende und stumpfe<br />

Traumen ein. Stumpfe Traumen können zur<br />

Skleraruptur führen, wobei die Risse hauptsächlich<br />

in der Nähe des Limbus corneae, im<br />

Ansatzbereich der äußeren geraden Augenmuskeln<br />

oder im Bereich vorheriger operativer<br />

Eingriffe liegen. Dies betrifft insbesondere kataraktoperierte<br />

Augen, bei denen etwa 0,3 %<br />

eine traumatische Wundsprengung erleiden<br />

(Bb). Bei korneoskleralem Zugang zur Kataraktoperation<br />

besteht eine lang andauernde<br />

verminderte postoperative Wundfestigkeit<br />

(Prädilektionstelle): Sie beträgt nach einem<br />

Monat etwa 30 %, nach zwei Jahren 75 % der<br />

Ausgangsituation.<br />

Bei jeder starken traumatischen Bindehautunterblutung<br />

muss an eine darunter befindliche<br />

Skleraruptur gedacht werden (Bc). Indirekte<br />

Hinweise sind niedriger Augeninnendruck,<br />

Abflachung oder Vertiefungen der Vorderkammer<br />

(Seitenvergleich!) und der Unfallhergang.<br />

Fremdkörper und durchgreifende Defekte können<br />

mittels Ultraschall oder Computertomographie<br />

dargestellt werden. Sklerarupturen und<br />

-risse bedürfen prinzipiell der chirurgischen<br />

Versorgung, um dem Bulbus wieder Stabilität<br />

zu verleihen, eine Infektion des Augeninneren<br />

zu verhindern und eine (spätere) innere Rekonstruktion<br />

zu ermöglichen.<br />

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A. Tumoren<br />

B. Operative Veränderungen und<br />

Traumata<br />

a Epidermoid<br />

a Skleraatrophie nach Zyklokryokoagulation<br />

Tumoren/Operative Veränderungen<br />

b Normale Sklerapigmentierung (Pigment Spots)<br />

b Traumatische Wundsprengung nach Kataraktextraktion<br />

mit korneoskleralem Schnitt<br />

c Okulodermale Melanozytose<br />

c Gedeckte Bulbusruptur<br />

113<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

114<br />

A. Fehlbildungen und Anomalien<br />

Ein komplettes Fehlen der Iris wird als Aniridie<br />

(Aa) bezeichnet, wobei es sich meistens um<br />

eine extreme Hypoplasie handelt. Die kongenitale<br />

Aniridie ist beidseitig, wird autosomaldominant<br />

vererbt (Mutationen des PAX6-Gens)<br />

und tritt häufig gemeinsam mit weiteren okulären<br />

Fehlbildungen auf. Die seltenere, sporadisch<br />

auftretende Aniridie kann mit dem<br />

Auftreten eines Wilms-Tumors (seltener Hodentumoren),<br />

geistiger Retardierung und Fehlbildungen<br />

des Urogenitaltraktes assoziiert sein<br />

(Miller-Syndrom). Ursache des Syndroms sind<br />

Mutationen und größere Deletionen des kurzen<br />

Arms von Chromosom 11, die neben dem<br />

PAX6-Gen auch das Wilms-Tumor-Gen (WT1)<br />

erfassen. Kinder mit sporadisch auftretender Aniridie<br />

müssen deshalb regelmäßig pädiatrisch<br />

untersucht werden. Eine kausale Therapie der<br />

Aniridie ist nicht möglich (evtl. Iriskontaktlinse<br />

oder Irisdiaphragma bei Kataraktoperation).<br />

Die Membrana pupillaris persistens (Pupillarmembran,<br />

Ab) entsteht aus einer inkompletten<br />

Rückbildung der Tunica vasculosa lentis und<br />

mesodermalen Gewebes der Vorderkammer.<br />

Das Ausmaß ist sehr variabel. Dichte, das Sehvermögen<br />

einschränkende Membranen sind<br />

selten und können exzidiert werden.<br />

Die Korektopie beschreibt eine meist beidseitige,<br />

symmetrische <strong>Verlag</strong>erung der Pupille<br />

(v. a. nach oben und außen) und ist häufig mit<br />

weiteren okulären Fehlbildungen assoziiert.<br />

Als Heterochromie wird eine angeborene oder<br />

erworbene unterschiedliche Färbung der Regenbogenhaut<br />

beider Augen bezeichnet. Der<br />

angeborenen Heterochromie können verschiedene<br />

Ursachen zugrunde liegen: die Heterochromia<br />

simplex ist als isolierte Fehlbildung<br />

unklarer Genese zu verstehen (betroffene Seite<br />

mit hellerer Iris). Die Heterochromia sympathica<br />

entsteht wahrscheinlich als Folge einer<br />

geburtstraumatischen Schädigung des Halssympathikus<br />

und mündet in einer fortschreitenden<br />

Entfärbung und Hypoplasie der Iris der<br />

betroffenen Seite (oft kombiniert mit Horner-<br />

Syndrom). Hinzu kommt die Heterochromie bei<br />

Melanosis iridis im Rahmen der kongenitalen<br />

okulären (Ac) bzw. okulodermalen Melanose<br />

(Nävus von Ota). Primär besteht keine Therapiemöglichkeit.<br />

Die okulodermale Melanose (Nävus von Ota)<br />

ist durch die unilaterale (sehr selten binokulare)<br />

vermehrte melanozytäre Pigmentierung<br />

von Lidern, Bindehaut, Lederhaut, Iris, Kammerwinkel<br />

und Aderhaut gekennzeichnet (Ausbreitungsbereich<br />

1./2. Trigeminusast). Bei der<br />

selteneren rein okulären Melanose liegt keine<br />

Hautbeteiligung vor. Die okulodermale Melanose<br />

ist bei Menschen schwarzer Hautfarbe<br />

und orientalischer/asiatischer Abstammung<br />

häufiger, selten bei Menschen weißer Hautfarbe.<br />

Nur bei Letztgenannten besteht das erhöhte<br />

Risiko einer malignen Entartung (Bindehautund<br />

Aderhautmelanom). Ein Sekundärglaukom<br />

entsteht häufig am betroffenen Auge. Eine regelmäßige<br />

Kontrolle dieser Patienten ist erforderlich.<br />

Die Iris bicolor (Ad) ist eine seltene, ein- oder<br />

beidseitige, umschriebene Hyper- oder Hypopigmentierung<br />

der Iris und bedarf keiner Therapie.<br />

Dies gilt auch für angeborene, im Irisstroma<br />

oder am Pupillarsaum gelegene Iriszysten.<br />

Das angeborene Ectropium uveae ist eine seltene<br />

Fehlbildung des Pupillarsaumes, die durch<br />

eine umschriebene Vorwölbung des Pigmentblattes<br />

der Regenbogenhaut entsteht und selbst<br />

keiner Therapie bedarf.<br />

Kolobome können sich auf einen Anteil der<br />

Uvea (Iris, Ae; Aderhaut, Af) beschränken oder<br />

die ganze Uvea betreffen. Kolobome sind Substanzdefekte,<br />

die auf einem fehlerhaften Verschluss<br />

der Augenbecherspalte während der<br />

Embryogenese (5.–8. Woche) beruhen und deshalb<br />

im nasal unteren Quadranten entstehen.<br />

Eine therapeutische Notwendigkeit kann bei<br />

Iriskolobomen wegen einer erhöhten Blendungsempfindlichkeit<br />

entstehen (operative<br />

Adaptation der Iris, Iriskontaktlinse). Aderhautkolobome<br />

können zwischen kleinen, etwa<br />

einen Papillendurchmesser großen und den<br />

ganzen Quadranten erfassenden Defekten variieren.<br />

Im Bereich des Aderhautkoloboms kann<br />

sich wegen des fehlenden retinalen Pigmentepithels<br />

keine funktionsfähige Netzhaut entwickeln.<br />

Ist die Makula nicht betroffen, resultiert<br />

eine normale Sehschärfe. Die Gefahr der Netzhautablösung<br />

ist wegen einer hohen Tendenz<br />

zu Netzhautrissen im Randbereich des Aderhautkoloboms<br />

deutlich erhöht.<br />

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A. Fehlbildungen und Anomalien<br />

a Aniridie<br />

b Persistierende Pupillarmembran<br />

Fehlbildungen und Anomalien<br />

c Okuläre Melanose rechts (Heterochromie)<br />

d Iris bicolor<br />

e Iriskolobom<br />

f Netzhaut- Aderhaut-Kolobom<br />

115<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

116<br />

A. Dystrophien, Degenerationen und<br />

Alterungsveränderungen<br />

Typische Alterungsveränderungen der Aderund<br />

Regenbogenhaut (Uvea) sind die Pupillarsaumatrophie,<br />

Verdünnung des Irisstromas mit<br />

Atrophie der Mm. sphincter und dilatator<br />

pupillae und entsprechend träger Pupillenreaktion.<br />

Selten ist die Iridoschisis (Aa), wobei<br />

eine Separierung des Irisstromas meist unten<br />

auftritt. Ziliarkörperzotten und -stroma unterliegen<br />

im Alter einer zunehmenden Hyalinisierung.<br />

Der Bindegewebsanteil nimmt kontinuierlich<br />

zu und wird von einer kompensatorischen<br />

Hypertrophie des Ziliarmuskels, der<br />

selbst einer Fibrosierung unterliegt, begleitet.<br />

Die Kontraktilität des Ziliarmuskels bleibt aber<br />

lebenslang erhalten. Die atrophischen Veränderungen<br />

erfassen auch das Ziliarkörperepithel.<br />

Als senile Aderhautsklerose wird die<br />

Zunahme der Aderhautgefäßzeichnung bezeichnet,<br />

die v. a. auf einer Ausdünnung des retinalen<br />

Pigmentepithels beruht.<br />

Uveale Degenerationen können Begleitphänomen<br />

zahlreicher Krankheitsprozesse mit intraokularer<br />

Beteiligung sein, u. a. traumatischer,<br />

inflammatorischer, postoperativer oder ischämischer<br />

Natur. Die Veränderungen weisen ein<br />

teilweise charakteristisches Muster auf. Insbesondere<br />

bei der exzessiv fortschreitenden<br />

Myopie (Ab) sind ausgeprägte degenerative<br />

Aderhaut-/Netzhautveränderungen zu beobachten.<br />

Betroffen ist v. a. der hintere Pol einschließlich<br />

der Makula. Es bilden sich ovale,<br />

runde oder geographische Atrophiezonen aus,<br />

bei denen das retinale Pigmentepithel fehlt und<br />

Lederhaut und Aderhautgefäße sichtbar werden.<br />

Die Dystrophien der Aderhaut sind durch den<br />

progredienten Untergang der Choriokapillaris<br />

mit sekundärer Atrophie des retinalen Pigmentepithels<br />

gekennzeichnet (Tab. 1).<br />

Die zentrale areoläre Aderhautdystrophie wird<br />

meist im 3.–5. Lebensjahrzehnt in Form einer<br />

exsudativen, ödematösen Makulopathie manifest.<br />

Im weiteren Verlauf kommt es zu beidseitig<br />

symmetrisch ausgeprägten, umschriebenen<br />

und langsam progredienten Atrophien der<br />

Aderhaut und des retinalen Pigmentepithels im<br />

Makulabereich. Der Funktionsverlust mündet<br />

in ein Zentralskotom. Die Netzhautperipherie<br />

bleibt unbeteiligt.<br />

Der Atrophia gyrata (Ac) liegt ein Defekt des<br />

Enzyms Ornithinketoaminotransferase (OAT) zugrunde,<br />

der zu einem erhöhten Ornithinspiegel<br />

führt. Klinisch manifest wird die Erkrankung<br />

zwischen dem 1. und 2. Lebensjahrzehnt. Die<br />

große Mehrzahl der Patienten hat gleichzeitig<br />

eine hohe Myopie. Der degenerative Prozess<br />

beginnt in der mittleren Netzhautperipherie<br />

und erfasst allmählich die gesamte Netzhaut/Aderhaut.<br />

Die zentrale Sehschärfe bleibt<br />

relativ lange erhalten, ehe der Prozess die Makula<br />

erfasst. Die Atrophie erstreckt sich im<br />

Spätstadium auch auf die Papille, retinale Gefäße,<br />

Ziliarkörper und Regenbogenhaut. Zu diesem<br />

Zeitpunkt ist häufig eine Sekundärkatarakt<br />

zu beobachten. Therapeutisch kann bei teilweiser<br />

Funktionsfähigkeit der OAT (Heterozygotie<br />

mit 50 % funktionsfähiger OAT) durch Zugabe<br />

des Coenzyms Vitamin B6 (Pyridoxin) die<br />

Aktivität des Enzyms gesteigert werden. Die<br />

Prognose hängt also wesentlich vom Erfolg<br />

einer solchen Vitaminsubstitution ab. Die Ornithinkonzentration<br />

kann auch über argininarme<br />

Diät oder erhöhte renale Ausscheidung von<br />

Arginin beeinflusst werden.<br />

B. Vaskuläre Veränderungen<br />

Zu den vaskulären Veränderungen der Aderund<br />

Regenbogenhaut gehören Hyperämie, Blutungen,<br />

Neovaskularisationen und ischämische<br />

Veränderungen. Als Rubeosis iridis (Ba) werden<br />

Neovaskularisationen der Iris bezeichnet. Die<br />

Ursachen sind zahlreich:<br />

● vaskuläre Hypoxie (z. B. Zentralvenenverschluss),<br />

● neoplastisch (z. B. Aderhautmelanom),<br />

● entzündlich (z. B. Uveitis),<br />

● neuronale/retinale Erkrankungen (z. B. diabetische<br />

Retinopathie).<br />

Die Rubeosis beginnt meist am Pupillarsaum<br />

und der Iriswurzel. Während bei der reinen<br />

Irishyperämie die dilatierten Gefäße stets radiär<br />

verlaufen, zeigt sich bei der Rubeosis ein irreguläres,<br />

diffuses Wachstum. Es besteht eine<br />

deutlich erhöhte Blutungsneigung. Die Invasion<br />

der Kammerwinkelstrukturen führt zur<br />

Ausbildung eines sekundären Winkelblockglaukoms<br />

durch Ausbildung vorderer Synechien<br />

(Neovaskularisationsglaukom, Bb).<br />

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A. Dystrophien, Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

a Iridoschisis<br />

Tab. 1 Dystrophien der Aderhaut<br />

Dystrophie umschrieben/ Erbgang<br />

diffus<br />

zentrale umschrieben AD<br />

areoläre<br />

Aderhautdystrophie<br />

Chorioid- diffus XR<br />

eremie<br />

Atrophia diffus AR<br />

gyrata<br />

generalisierte diffus AD,<br />

Aderhaut-<br />

selten AR<br />

atrophie<br />

kristalline diffus AD/AR<br />

Retinopathie<br />

Erbgänge: AD = autosomal-dominant<br />

AR = autosomal-rezessiv<br />

XR = X-chromosomal-rezessiv<br />

B. Vaskuläre Veränderungen<br />

b Myopia magna<br />

c Atrophia gyrata<br />

Dystrophien/Vaskuläre Veränderungen<br />

a Rubeosis iridis<br />

b Vordere Synechierung bei Neovaskularisationsglaukom<br />

(HE-Färbung, 63fach)<br />

117<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

118<br />

A. Benigne Tumoren der Uvea<br />

Häufigster Tumor der Iris ist der Nävus. Die<br />

Nävi gehen aus Irismelanozyten hervor und<br />

werden meist um die Pubertät bis ins frühe Erwachsenenalter<br />

sichtbar. Unterschieden werden<br />

umschriebene (Aa) und diffuse (Ab) Irisnävi.<br />

Umschriebene Nävi können in ihrer Lage,<br />

Größe, Pigmentierungsgrad und Form sehr<br />

unterschiedlich sein. Eine Größenzunahme<br />

tritt i. d. R. nicht auf. Bei Lage am Pupillarsaum<br />

kann es zu Pupillenverziehung und Ectropium<br />

uveae kommen. Diffuse Irisnävi sind flacher<br />

und erfassen einen ganzen Sektor oder auch die<br />

gesamte Iris. Die Diagnose erfolgt klinisch und<br />

ist durch Verlaufskontrollen zu sichern. Maligne<br />

Transformation selten.<br />

Irispigmentepithelzysten (Ac) sind meist idiopathischer<br />

Natur, seltener treten sie nach medikamentöser<br />

Therapie (z. B. Miotika) auf. Eine<br />

Manifestation erfolgt gehäuft im mittleren Lebensalter.<br />

Es handelt sich um bräunliche, rundliche<br />

Tumoren am Pupillarsaum oder im mittleren<br />

Irisstroma. Bei peripherer Lage sind sie<br />

nicht direkt sichtbar und fallen durch Vorwölbung<br />

des Irisstromas auf. Die Diagnose erfolgt<br />

anhand des klinischen Bildes und mit der Ultraschallbiomikroskopie.<br />

Keine Therapie.<br />

Varixknoten der Iris sind sehr seltene, rundlich-konvexe,<br />

braun-schwarze Tumoren mit<br />

deutlicher Blutungsneigung. Meist spontane<br />

Regression.<br />

Primär gutartige Tumoren des Ziliarkörpers<br />

sind selten (Leiomyome, Adenome, Zysten). Das<br />

Medulloepitheliom des Ziliarkörpers wird<br />

meist im Kindesalter als einseitiger, unifokaler<br />

Tumor des Ziliarkörpers auffällig. Es werden<br />

gut- und bösartige Formen unterschieden.<br />

Extraokulares Wachstum und Metastasierung<br />

sind möglich. Bei lokal begrenztem Wachstum<br />

Blockexzision des Tumors, sonst Enukleation.<br />

Nävi der Aderhaut (Ad) sind die häufigsten<br />

intraokularen Tumoren. Die Ätiologie ist nicht<br />

geklärt. Sie sind überwiegend am hinteren Pol<br />

lokalisiert und nicht selten multifokal oder<br />

bilateral. In der großen Mehrzahl der Fälle bleiben<br />

sie asymptomatisch. Die Größe liegt bei<br />

ca. 90 % der Nävi zwischen 0,5 und 6 mm. Klinisch<br />

imponieren sie als runde bis ovale, nicht<br />

ganz randscharfe, gräulich-bräunliche Läsionen<br />

ohne wesentliche Prominenz (< 1 mm). Im<br />

Gegensatz zum Aderhautmelanom verschwindet<br />

der Nävus i. d. R. im rotfreien Licht. Bis zu<br />

50 % der Nävi weisen an der Oberfläche Drusen<br />

als Ausdruck eines chronisch-stationären<br />

Prozesses auf. Eine Therapie ist nur selten notwendig.<br />

Maligne Transformation etwa 1 : 5000<br />

pro Jahr.<br />

Hämangiome der Aderhaut (Ae) sind selten.<br />

Unterschieden werden diffuse und umschriebene<br />

Formen. Die diffusen Hämangiome sind<br />

meist mit dem Sturge-Weber-Syndrom assoziiert<br />

und durchsetzen oft mehr als die Hälfte der<br />

gesamten Uvea. Sie werden bereits innerhalb<br />

des ersten Lebensjahrzehnts diagnostiziert. Die<br />

lokalisierten Hämangiome werden i. d. R. erst<br />

um die 4./5. Lebensdekade symptomatisch und<br />

sind überwiegend am hinteren Pol lokalisiert.<br />

Klinisch imponieren Aderhauthämangiome<br />

durch eine rötlich-orangene Farbe. Eine Wachstumstendenz<br />

besteht nicht. Unabhängig von<br />

der Form führen sie in bis zu 80 % zu einer exsudativen<br />

Netzhautablösung und Netzhautdegeneration.<br />

Ein Sekundärglaukom ist v. a. beim<br />

diffusen Hämangiom zu erwarten. Asymptomatische<br />

Hämangiome bedürfen keiner Therapie.<br />

Bei Komplikationen Laserkoagulation oder<br />

photodynamische Therapie.<br />

Das Aderhautosteom (Af) ist eine verknöcherte<br />

Läsion, die in der zweiten bis dritten Lebensdekade<br />

vorwiegend bei Frauen auftritt. Beidseitigkeit<br />

besteht in etwa 25 %. Charakteristisch ist<br />

eine juxtapapilläre, gut abgegrenzte, irregulär<br />

weiß-gelbliche Erhebung. Diagnosesicherung<br />

mittels Echographie (max. Reflektivität). Histologisch<br />

ausgereiftes Knochengewebe mit Markräumen.<br />

Keine Therapie.<br />

Die bilaterale uveale Hyperplasie ist sehr selten<br />

und durch eine zunehmende Zahl bilateraler,<br />

nävusartiger Aderhautläsionen gekennzeichnet.<br />

Es kommt schnell zu okulären<br />

Komplikationen (Katarakt, Uveitis, Ablatio). Es<br />

handelt sich wahrscheinlich um uveale Melanozyten,<br />

die durch Wachstumsfaktoren aus<br />

malignen Tumoren zur Proliferation angeregt<br />

werden. Die uvealen Veränderungen gehen der<br />

eigentlichen Tumormanifestation um Monate<br />

voraus. Primärtumoren sind Tumoren des Gatrointestinaltraktes,<br />

der Lunge und der weiblichen<br />

Geschlechtsorgane. Im Vordergrund<br />

steht die Suche und die Therapie des Primärtumors.<br />

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A. Benigne Tumoren der Uvea<br />

a Umschriebener Irisnävus<br />

b Diffuser Irisnävus<br />

Benigne Tumoren<br />

c Irispigmentepithelzyste<br />

d Aderhautnävus<br />

e Aderhauthämangiom<br />

f Aderhautosteom<br />

119<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

120<br />

A. Malignes Melanom von Iris und Ziliarkörper<br />

Bei den malignen Tumoren der Uvea handelt es<br />

sich v. a. um das maligne Melanom und Metastasen<br />

primär extraokularer Tumoren.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Unbekannt.<br />

Epidemiologie. Maligne Melanome der Iris machen<br />

etwa 3–10 %, Ziliarkörpermelanome rund<br />

9 % aller uvealen Melanome aus. Beide Formen<br />

sind insgesamt selten.<br />

Klinik. Klinisch werden umschriebene von diffusen<br />

Irismelanomen (Aa) unterschieden. In<br />

beiden Fällen finden sich häufig zuführende<br />

Gefäße aus dem Circulus arteriosus iridis major.<br />

Der Pigmentierungsgrad des Tumors kann sehr<br />

unterschiedlich sein. Bei den häufigeren umschriebenen<br />

Tumoren gelingt die Unterscheidung<br />

zum Irisnävus i. d. R. nur über eine nachweisbare<br />

Wachstumstendenz. Klinisch können<br />

Prominenz des Tumors, Hornhautödem und beginnende<br />

bandförmige Hornhautdegeneration<br />

auf einen aktiven Wachstumsprozess hindeuten.<br />

Diffuse Irismelanome sind seltener und<br />

fallen häufig durch die Kombination von Heterochromie<br />

(betroffene Seite dunkler) und erhöhtem<br />

Intraokulardruck auf. Klinisch imponiert<br />

die verdickte, verwaschene, oft dunklere<br />

Irisoberfläche sowie ein im Seitenvergleich<br />

stärker pigmentierter Kammerwinkel.<br />

Das Ziliarkörpermelanom (Ab – e) wird aufgrund<br />

seiner Lokalisation häufig erst spät entdeckt.<br />

Meist führen eher unspezifische Symptome<br />

wie lokalisierte Katarakt, Pigmentdispersion<br />

mit/ohne Sekundärglaukom, Glaskörperblutung,<br />

Netzhautablösung, umschriebene<br />

Episkleritis oder Uveitis zur Diagnose. Neben<br />

lokalisierten Tumoren kann sehr selten ein<br />

ringförmig diffuses Wachstum (Ringmelanom)<br />

mit früher Invasion des Kammerwinkels („einseitiges<br />

Pigmentglaukom“!) auftreten, wobei<br />

der Tumor nur schwer nachzuweisen ist und<br />

deshalb oft spät diagnostiziert wird.<br />

Diagnostik. Bei Irismelanomen muss eine Ausdehnung<br />

des Tumors nach posterior ausgeschlossen<br />

werden. Bei Ziliarkörpermelanom evtl.<br />

Feinnadelbiopsie zum Tumornachweis. Zum<br />

Ausschluss eines primär extraokularen Primärtumors/Metastasen<br />

sind Röntgen-Thorax, Abdomensonographie<br />

und dermatologische, urologische<br />

bzw. gynäkologische Untersuchungen<br />

durchzuführen.<br />

Differenzialdiagnose. Irisnävus.<br />

Therapie. Liegt eine eindeutige Wachstumstendenz<br />

vor, besteht die Therapie umschriebener<br />

Irismelanome meist in primär Bulbus-erhaltenden,<br />

operativen Maßnahmen (Iridektomie,<br />

Iridozyklektomie). Gelingt die Exzision, ist<br />

häufig eine gute Visusprognose gegeben. Wesentlich<br />

schwieriger sind die diffusen Irismelanome<br />

zu behandeln, die wegen des Sekundärglaukoms<br />

mit einer deutlich schlechteren<br />

Visusprognose verbunden sind und im fortgeschrittenen<br />

Stadium häufig zur Enukleation<br />

führen. Dies gilt ebenso für die diffus wachsenden<br />

Ziliarkörpermelanome.<br />

Prognose. Die Prognose quoad vitam ist für<br />

Irismelanome gut, eine Metastasierung sehr<br />

selten. Die Melanome des Ziliarkörpers haben<br />

wie alle uvealen Melanome eine schlechte Prognose,<br />

da sie spät diagnostiziert werden.<br />

B. Metastasen von Iris und Ziliarkörper<br />

Irismetastasen sind selten und machen etwa<br />

5–10 % aller okulären Metastasen aus. Häufig<br />

besteht gleichzeitig eine Beteiligung des Ziliarkörpers.<br />

Sie entstehen in Folge einer hämatogenen<br />

Metastasierung extraokularer Tumoren.<br />

Betroffen sind vorwiegend Patienten mit<br />

höherem Lebensalter. Primärtumoren sind v. a.<br />

Mamma- (B) und Bronchialkarzinome, seltener<br />

kutane Melanome, gastrointestinale Karzinome<br />

und bronchiale Karzinoide.<br />

Klinisch ist ein weißlich-fleischfarbener Tumor<br />

(Pigmentierung bei Melanommetastase) mit unregelmäßiger<br />

Oberfläche zu beobachten. Meist<br />

unilokulär, gelegentlich multilokulär, selten<br />

bilateral. In etwa 1 / 3 gleichzeitig ipsi- oder<br />

kontralaterale Metastase der Aderhaut. Die<br />

Verdachtsdiagnose wird klinisch gestellt, meist<br />

ist der Primärtumor bereits bekannt. Differenzialdiagnostisch<br />

kommen amelanotisches<br />

Melanom, Granulome, Xanthogranulome oder<br />

Leiomyome infrage. Die Therapie des Primärtumors<br />

steht im Vordergrund (interdisziplinäre<br />

Zusammenarbeit), zusätzlich sind externe<br />

Bestrahlung oder Brachytherapie möglich, seltener<br />

chirurgische Exzision der Metastase.<br />

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A. Malignes Melanom von Iris und Ziliarkörper<br />

a Irismelanom<br />

b Ziliarkörpermelanom<br />

Maligne Tumoren<br />

c Nach anterior durchgebrochenes Ziliarkörpermelanom<br />

d Makroskopischer Befund eines Ziliarkörpermelanoms<br />

B. Metastasen von Iris und<br />

Ziliarkörper<br />

e Durchbruch eines Ziliarkörpermelanoms durch die<br />

Lederhaut entlang einer Emissarie<br />

Metastase eines Mammakarzinoms<br />

121<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

122<br />

A. Malignes Melanom der Aderhaut<br />

Das maligne Melanom der Aderhaut ist der<br />

häufigste primäre maligne intraokulare Tumor.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Ungeklärt.<br />

Epidemiologie. Inzidenz uvealer Melanome<br />

etwa 6 von 1 Million Einwohner pro Jahr. Davon<br />

80–90 % Melanome der Aderhaut. Häufigkeitsgipfel<br />

in der 6./7. Lebensdekade.<br />

Klinik. Symptome sind Visusabfall und Gesichtsfeldeinschränkung,<br />

seltener Veränderungen<br />

der Iris/Pupille nach Tumordurchbruch in<br />

die Vorderkammer. Die klinische Untersuchung<br />

zeigt einen meist unilokulären Tumor, überwiegend<br />

im Bereich der posterioren Uvea. Gelegentlich<br />

vermehrte episklerale Gefäßfüllung<br />

über dem Tumor („Wächtergefäße“). Der Tumor<br />

besitzt eine glatte Oberfläche mit bräunlichgrau-schwarzer<br />

Farbe (weiße Farbe bei amelanotischem<br />

Melanom). Stark melanomverdächtig<br />

sind oberflächliche Lipofuszinablagerungen<br />

(„Orangepigment“, Aa), eine tumorinduzierte,<br />

exsudative Ablatio am unteren Rand des Tumors<br />

sowie eine Pilzform (Ab u. c) des Tumors.<br />

Bei nekrotischen Melanomen häufig intraokulare<br />

Entzündung (etwa 5 % aller Aderhautmelanome<br />

imponieren primär als Entzündung). Gelegentlich<br />

Sekundärglaukom mit Rubeosis iridis<br />

oder direkter Kammerwinkelinvasion. Aderhautmelanome<br />

wachsen langsam mit einer Tumorverdopplungszeit<br />

von etwa 30 Tagen (epitheloidzelliges<br />

Melanom, Ad) bis 350 Tagen<br />

(spindelzelliges Melanom).<br />

Diagnostik. Diagnose anhand des klinischen<br />

Bildes, Echographie und Diaphanoskopie. Evtl.<br />

Feinnadelbiopsie. Ausschluss eines primär<br />

extraokularen Tumors/Metastasen durch Röntgen-Thorax<br />

(oder Thorax-CT), Oberbauchsonographie,<br />

konsiliarische Untersuchung in Dermatologie,<br />

Gynäkologie, Urologie (evtl. Ganzkörper-NMR).<br />

Differenzialdiagnose. Aderhautnävus und -metastasen,<br />

disziforme Makuladegeneration, Aderhautblutung<br />

und -abhebung, Hypertrophie des<br />

retinalen Pigmentepithels, Hamartome.<br />

Therapie. Erfolgt in Abhängigkeit vom Allgemeinzustand<br />

und Alter des Patienten, Tumorgröße<br />

und -lokalisation sowie begleitenden<br />

okulären Veränderungen. Es stehen eine Reihe<br />

von Therapieoptionen zur Verfügung: Beobachtung<br />

ohne Intervention, lokale Strahlentherapie<br />

über Applikatoren (Brachytherapie), direkte<br />

Zerstörung des Tumorgewebes durch<br />

Laserenergie (transpupillare Thermotherapie =<br />

TTT), Endoresektion des Tumors, transsklerale<br />

Tumorresektion und Enukleation. Insgesamt<br />

besteht ein Trend hin zu primär bulbuserhaltenden<br />

Maßnahmen.<br />

Prognose. Trotz unterschiedlicher Therapieformen<br />

gleichbleibende Mortalitätsrate. Etwa<br />

40 % der Patienten entwickeln Lebermetastasen<br />

innerhalb von 10 Jahren nach Diagnosestellung.<br />

Die mittlere Überlebenszeit nach Auftreten<br />

einer Lebermetastase liegt zwischen 2 und 7<br />

Monaten. Prognostische Parameter für die Entwicklung<br />

von Metastasen sind Tumorlokalisation<br />

(v. a. Ziliarkörperbeteiligung), Tumorgröße<br />

(größter Tumordurchmesser), histologischer<br />

Zelltyp (epitheloide Zellen), Tumorinvasion<br />

(tiefe Sklera, extraokulares Wachstum) sowie<br />

bestimmte Gefäßmuster und die Monosomie 3<br />

im Tumor.<br />

B. Metastasen der Aderhaut<br />

Metastasen sind die häufigsten intraokularen<br />

Malignome überhaupt, von denen etwa 80–<br />

90 % in der Aderhaut lokalisiert sind. Sie entstehen<br />

überwiegend im höheren Lebensalter<br />

als Folge einer hämatogenen Metastasierung<br />

extraokularer Tumoren. Hauptsächlich sind es<br />

Karzinome, v. a. das Mammakarzinom (Ba, insgesamt<br />

40–50 %) und Bronchialkarzinom (Bb,<br />

20–30 %), seltener Tumoren des Gastrointestinaltraktes,<br />

der Niere oder Karzinoide. Von den<br />

nicht epithelialen Tumoren ist das maligne kutane<br />

Melanom der häufigste in die Aderhaut<br />

streuende Tumor.<br />

Die meisten Aderhautmetastasen sind am hinteren<br />

Pol lokalisiert. Leitsymptom ist eine<br />

schmerzlose Sehverschlechterung. Das klinische<br />

Bild ist durch uni- oder multilokuläre<br />

gelbliche, gräuliche oder graurote Infiltrationen<br />

gekennzeichnet, die wenig prominent sind.<br />

Häufig besteht eine begleitende exsudative<br />

Netzhautablösung.<br />

Die Therapie des Grundleidens ist auch die Therapie<br />

der Aderhautmetastasen (Chemo- oder<br />

Hormontherapie). Darunter oft Rückgang der<br />

okulären Metastasen. Ergänzend auch lokale<br />

Bestrahlung. Die Prognose quoad vitam ist aufgrund<br />

der Tumorgeneralisation schlecht.<br />

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A. Malignes Melanom der Aderhaut<br />

a Aderhautmelanom mit Orangepigment<br />

b Ultraschallbild eines Aderhautmelanoms mit typischer<br />

Pilzform<br />

Malignes Melanom der Aderhaut<br />

c Aderhautmelanom mit Kragenknopfphänomen<br />

bei Durchbruch der Bruch-Membran<br />

d Histologie eines epitheloidzelligen Aderhautmelanoms<br />

B. Metastasen der Aderhaut<br />

a Multilokuläre Metastase eines Mammakarzinoms<br />

b Metastase eines Bronchialkarzinoms<br />

123<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

124<br />

A. Operative Veränderungen<br />

Die gut durchblutete Uvea unterliegt bei Eingriffen<br />

stets einem besonderen Blutungsrisiko<br />

und neigt zu entzündlichen Veränderungen.<br />

Eine Alteration der Iris, z. B. bei Kataraktoperation,<br />

kann schnell zur Ausbildung einer Fibrinreaktion<br />

der Vorderkammer, eine ausgiebige<br />

Panlaserkoagulation der Retina zu einer konsekutiven<br />

Aderhautschwellung führen. Eine<br />

sehr seltene Komplikation ist das choroidale<br />

Effusionssyndrom, wobei die massive Aderhauteinblutung<br />

durch eine relativ plötzliche<br />

Absenkung des Augeninnendrucks während<br />

eines operativen Eingriffs ausgelöst werden<br />

kann. Postoperativ findet sich v. a. nach drucksenkenden<br />

Eingriffen gelegentlich eine Aderhautabhebung<br />

(A), die durch den niedrigen Augeninnendruck<br />

bedingt wird und sich bei<br />

Anstieg des Augeninnendrucks wieder spontan<br />

zurückbildet.<br />

B. Veränderungen der Uvea bei penetrierenden<br />

Traumata<br />

Penetrierende Verletzungen des Auges sind offene<br />

Augenverletzungen, die durch das Eindringen<br />

spitzer oder scharfer Objekte in das<br />

Auge entstehen. Jüngere Männer und Kinder<br />

sind überwiegend betroffen. Eine Beteiligung<br />

der Uvea liegt praktisch immer vor. Dabei<br />

kommt es zum direkten Zerreißen uvealen Gewebes<br />

oder dessen Schädigung durch Prolaps<br />

in den Wundspalt (B). Die Diagnose ist meist<br />

unproblematisch. Bei ensprechender Anamnese<br />

sind bildgebende Verfahren durchzuführen,<br />

um intraokulare Fremdkörper zu erfassen. Primäre<br />

Versorgung durch wasserdichten Verschluss<br />

der Wunde. Im Rahmen der weiteren<br />

Versorgung kann die Korrektur von Gewebedefekten<br />

(z. B. Pupillendefekt durch Iriseinriss)<br />

erfolgen. Spätkomplikation ist u. a. die sympathische<br />

Ophthalmie (s. u.).<br />

C. Contusio bulbi<br />

Die Contusio bulbi bezeichnet eine Prellungsverletzung<br />

des Auges durch stumpfe Gewalteinwirkung.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Verletzungen entstehen<br />

durch:<br />

● Kompression des vorderen Augenabschnittes<br />

mit Expansion des Bulbusäquators,<br />

● die der Kompressionsphase nachfolgende Expansionsphase<br />

mit Längsausdehnung des Bulbus<br />

(Verletzungen des hinteren Augenabschnittes),<br />

● die Fortleitung der Kontusionswelle (Coup-<br />

Contrecoup-Effekt).<br />

Bei extemen, die Widerstandskraft der Bulbuswand<br />

übersteigenden Kompressionskräften<br />

kommt es zur Bulbusruptur, häufig mit Prolaps<br />

uvealen Gewebes.<br />

Epidemiologie. 1–7 % aller okulären Verletzungen.<br />

Überwiegend jüngere Männer (> 80 %).<br />

Klinik. Eine Vielzahl okulärer Strukturen kann<br />

unterschiedlich stark betroffen sein. Häufige<br />

nichtuveale Veränderungen sind Lidödem/<br />

-hämatom, Bindehautrötung, Katarakt und das<br />

Berlin-Ödem der Retina. Zu den uvealen Veränderungen<br />

gehören Iritis (100 %), Kammerwinkelrezessus<br />

(50–80 %), Abriss der Iriswurzel<br />

(Iridodialyse, 4–30 %, Ca), Vorderkammerblutung<br />

(50–60 %, Cb), Mydriasis (bis 50 %)<br />

sowie seltener Irissphinkterrisse (Cc), Zyklodialyse,<br />

Aderhautblutung, Aderhautruptur (Cd),<br />

Retinopathia sclopetaria (Ruptur von Netzhaut<br />

und Aderhaut) und spätere Aderhautatrophie.<br />

Diagnostik. Die Diagnose erfolgt anhand des<br />

klinischen Bildes. Bei Verdacht auf Bulbusberstung<br />

oder Orbitafrakturen: CT.<br />

Differenzialdiagnose. Gedeckte Bulbusberstung,<br />

penetrierende Verletzung mit/ohne intraokularen<br />

Fremdkörper.<br />

Therapie. Die Contusio bulbi wird konservativ<br />

behandelt: körperliche Schonung, Leseverbot,<br />

lokal Kortikosteroide je nach Reizzustand,<br />

drucksenkende Medikamente bei Bedarf. Bei<br />

fehlender Resorption einer Vorderkammerblutung,<br />

Entwicklung einer Hämatokornea und<br />

medikamentös nicht kontrollierbarer Augeninnendruckerhöhung<br />

erfolgt die chirurgische<br />

Entfernung des Hyphämas. Bei Bulbusberstung<br />

prinzipiell operative Versorgung.<br />

Prognose. Zumeist sehr gute Visusprognose.<br />

Prävalenz des traumatischen Sekundärglaukoms<br />

etwa 0,5–9 %. Die Visusprognose ist deutlich<br />

schlechter, wenn eine Aderhautruptur am<br />

hinteren Pol, Bulbusruptur, Hämophthalmus,<br />

Netzhautablösung oder traumatische Optikusneuropathie<br />

vorliegen.<br />

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A. Operative Veränderungen<br />

B. Penetrierende Verletzungen<br />

Aderhautabhebung<br />

C. Contusio bulbi<br />

Hornhautwunde mit Irisprolaps<br />

Operationen/Verletzungen<br />

a Irisdialyse<br />

b Hyphäma<br />

c Irissphinkterriss und traumatische Kontusionsrosette<br />

der Linse<br />

d Aderhautruptur<br />

125<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

126<br />

A. Definition und Klassifikation uvealer<br />

Entzündungen<br />

Als Uveitis werden primäre Entzündungen der<br />

Uvea unterschiedlicher Ätiologie bezeichnet.<br />

Unter anatomischen Gesichtspunkten wird unterschieden<br />

in:<br />

● Uveitis anterior: Iritis, Iridozyklitis;<br />

● Uveitis intermedia;<br />

● Uveitis posterior: Choroiditis, Chorioretinitis,<br />

Retinochoroiditis;<br />

● Panuveitis: Uveitis anterior et posterior.<br />

Der Verlauf kann akut, akut-rezidivierend oder<br />

chronisch (Entzündung > 3 Monate persistierend)<br />

sein. Hinsichtlich der Ätiologie sind infektiöse,<br />

traumatische, iatrogene (postoperativ,<br />

medikamentös), immunologisch mediierte (mit/<br />

ohne Systemerkrankung) und idiopathische<br />

Formen zu unterscheiden.<br />

B. Uveitis anterior<br />

Die Uveitis anterior ist eine Entzündung, die<br />

sich auf die Regenbogenhaut (Iritis) oder auf<br />

Regenbogenhaut und Ziliarkörper (Iridozyklitis)<br />

beschränkt.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Häufigste Ursache einer<br />

infektiösen Uveitis anterior in Westeuropa sind<br />

Borreliose, Tuberkulose, Lues, Herpesviren. Ein<br />

großer Teil ist nichtinfektiös und als primär autoimmunologisches<br />

Geschehen zu interpretieren<br />

(Tab. 1). Bei 40–60 % der akuten Formen Assoziation<br />

zu HLA-B27. Traumatisch nach Kontusion,<br />

intraokularen Verletzungen und Eingriffen, selten<br />

durch Medikamente oder Kontaktlinsen.<br />

Epidemiologie. Häufigste Form der Uveitis (ca.<br />

60 %). Für alle Uveitiden wird von einer Inzidenz<br />

von ca. 17/100 000 und Prävalenz von ca.<br />

34/100 000 ausgegangen.<br />

Klinik. Die akute Uveitis anterior ist durch ihren<br />

plötzlichen Beginn mit Schmerzen, Rötung des<br />

Auges, Tränenlaufen, Blendungsempfindlichkeit<br />

und Sehverschlechterung gekennzeichnet.<br />

Es finden sich häufig eine gemischte Injektion<br />

(konjunktival und ziliar, Ba), Hornhautrückflächenbeschläge<br />

(Bb), ein kräftiger Vorderkammerreizzustand<br />

(Zellen, Tyndall) bis hin zu<br />

einer Fibrinreaktion, eine Reizmiosis und bereits<br />

beginnende oder vorbestehende Verklebungen<br />

zwischen Iris und Linse. Besonders<br />

schwere Verläufe gehen mit einem Hypopyon<br />

(Leukozytenablagerung am Boden der Vorderkammer)<br />

einher.<br />

Die chronische Uveitis anterior (Bc) zeigt einen<br />

langsam schleichenden Verlauf bei äußerlich<br />

reizfreiem Auge. Es bestehen keine Schmerzen,<br />

sodass die Sehverschlechterung als Hauptbeschwerde<br />

wahrgenommen wird. Wegen der anfangs<br />

geringen Symptomatik wird die Diagnose<br />

gerade bei Kindern mit juveniler<br />

idiopathischer Arthritis oft spät gestellt. Bei<br />

langem Verlauf treten dann sekundäre Veränderungen<br />

wie bandförmige Hornhautdegeneration<br />

(Bd), Sekundärkatarakt (Cataracta subcapsularis<br />

posterior) und Sekundärglaukom hinzu.<br />

Diagnostik. Sorgfältige Allgemeinanamnese, da<br />

die Uveitis anterior oft Begleitphänomen systemischer<br />

Erkrankungen ist. Teilweise führt ein<br />

typisches klinisches Bild (Heterochromiezyklitis,<br />

Herpes-simplex-Keratouveitis) direkt<br />

zur Diagnose. Bei der Untersuchung ist auf<br />

Komplikationen der Uveitis anterior zu achten<br />

(Makulaödem, Katarakt, Glaukom). Röntgen-<br />

Thorax zum Ausschluss aktiver Tuberkulose<br />

und Sarkoidose. Serologisch Ausschluss von<br />

Lues und Borreliose. Zusätzlich Angiotensin-<br />

Converting-Enzym (ACE) als Marker für Sarkoidose<br />

und evtl. HLA-B27 bei akut-rezidivierender<br />

Uveitis anterior. Bei Allgemeinbeschwerden<br />

immer Abklärung einzufordern. Bei Kindern<br />

Nachweis antinukleärer Antikörper (ANA) und<br />

rheumatologisch-pädiatrische Untersuchung<br />

hinsichtlich juveniler idiopathischer Arthritis.<br />

Differenzialdiagnose. Alte Ablatio retinae, Pigmentdispersionssyndrom,<br />

intraokulare Blutungen,<br />

Endophthalmitis.<br />

Therapie. Bei infektiöser Genese entsprechende<br />

Therapie mit Virustatika oder Antibiotika<br />

(z. B. bei Borreliose). Nichtinfektiöse Uveitiden<br />

werden symptomatisch behandelt. Die lokale<br />

Therapie besteht aus Kortikosteroid-Augentropfen<br />

und Mydriatika/Zykloplegika zur Vermeidung<br />

hinterer Verklebungen zwischen Iris<br />

und Linse und zur Schmerzdämpfung durch<br />

Ruhigstellung des Ziliarkörpers. Evtl. ergänzend<br />

auch subkonjunktivale, parabulbäre oder<br />

orale Gabe von Kortikosteroiden. Bei chronischer<br />

oder häufig rezidivierender Uveitis selten<br />

auch Immunsuppression.<br />

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B. Uveitis anterior<br />

Tab. 1 Systemerkrankungen bei Uveitis anterior<br />

Gelenke<br />

seronegative Spondylarthropathien<br />

juvenile idiopathische Arthritis<br />

Bindegewebe<br />

Vaskulitiden<br />

infektiös/granulomatös<br />

Darm<br />

Niere<br />

Haut<br />

systemischer Lupus erythematodes<br />

rezidivierende Polychondritis<br />

Dermatomyositis<br />

Morbus Behçet<br />

Polyarteriitis nodosa<br />

Wegener-Granulomatose<br />

Cogan-Syndrom II<br />

Syphilis<br />

Tuberkulose<br />

Borreliose<br />

Lepra<br />

Herpes simplex<br />

Sarkoidose<br />

Colitis ulcerosa<br />

Morbus Crohn<br />

TINU-Syndrom<br />

Zoster ophthalmicus<br />

Uveitis<br />

a Ziliare Injektion<br />

b Speckige Hornhautrückflächenbeschläge in der<br />

unteren Hornhauthälfte<br />

c Chronische Uveitis anterior mit hinterer Synechierung<br />

und Sekundärkatarakt<br />

d Bandförmige Hornhautdegeneration<br />

127<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

128<br />

A. Herpes-simplex-Keratouveitis<br />

Die durch eine Reaktivierung von HSV-1 ausgelöste<br />

akut-rezidivierende Keratouveitis imponiert<br />

durch eine aufgehobene Hornhautsensibilität,<br />

Keratitis (oft vorbestehende Hornhautstromanarben<br />

mit Neovaskularisation, A),<br />

Vorderkammerreizzustand, Verklebungen zwischen<br />

Iris und Linse und diffusen Irispigmentepitheldefekten.<br />

Sekundärkatarakt und -glaukom<br />

(Trabekulitis) sind häufig. Lokal antientzündliche<br />

und virustatische Therapie sowie systemische<br />

virustatische Therapie über längere<br />

Zeit, auch zur Rezidivprophylaxe.<br />

B. Heterochromiezyklitis (Fuchs)<br />

Die Fuchs-Heterochromiezyklitis ist eine seltene,<br />

in 90 % einseitige, chronische Iridozyklitis<br />

unklarer Genese ohne ethnische, Alters- oder<br />

Geschlechtsprädilektion. Meist wenig Symptome,<br />

gelegentlich rezidivierende Vorderkammerblutung.<br />

In klassischer Form charakterisiert<br />

durch ein äußerlich reizfreies Auge, eine<br />

Heterochromie (betroffenes Auge heller! Ba), diffus<br />

über die gesamte Hornhautrückfläche verteilte,<br />

feine, teils sternförmige Rückflächenbeschläge,<br />

mäßiger Vorderkammerreizzustand,<br />

Irisstromaatrophie (Bb), Fehlen von Verklebungen<br />

zwischen Iris und Linse, Sekundärkatarakt<br />

(hintere Schalentrübung) und zelluläre Infiltration<br />

des stark degenerativ veränderten Glaskörpers.<br />

Häufig Gefäßanomalien im Kammerwinkel.<br />

Keine retinale Beteiligung. Meist milder<br />

Ausprägungsgrad, sodass eine Therapie nicht<br />

notwendig ist. Die Entzündung ist zudem kaum<br />

durch Kortikosteroide beeinflussbar. Hauptproblem<br />

ist die Entwicklung eines schwer behandelbaren<br />

Sekundärglaukoms bei 5–60 %<br />

aller Patienten.<br />

C. Uveitis intermedia<br />

Als Uveitis intermedia werden intraokulare<br />

Entzündungen bezeichnet, die durch entzündliche<br />

Glaskörperveränderungen, retinale Gefäßeinscheidungen<br />

und/oder eine vorwiegende<br />

Infiltration der Pars plana des Ziliarkörpers<br />

(Pars planitis) charakterisiert sind. Infiltrationen<br />

der Aderhaut gehören nicht zum Krankheitsgeschehen<br />

(vgl. Uveitis posterior).<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Ätiologie bleibt<br />

meist unklar. Bekannte Ursachen sind Borreliose,<br />

Syphilis, Sarkoidose. Assoziation mit Encephalomyelitis<br />

disseminata.<br />

Epidemiologie. 5–20 % aller Uveitiden, 1 / 3 der<br />

kindlichen Uveitiden. 70–90 % beidseitig.<br />

Klinik. Leitsymptom ist die schmerzlose Sehverschlechterung<br />

(Verschwommensehen, bewegliche<br />

Trübungspunkte). Oft Zufallsbefund,<br />

da das Auge oft äußerlich reizfrei ist. Sehschärfe<br />

je nach Ausprägung der Entzündung<br />

variabel. Vorderkammerreiz kann vorliegen. Im<br />

Glaskörper finden sich meist zahlreiche Zellen,<br />

zusätzlich oft schlieriger Umbau des Glaskörpergerüstes<br />

(Ca, b). Peripher bevorzugt in der<br />

unteren Zirkumferenz weißliche, flauschig bis<br />

scharf begrenzte Akkumulation von Entzündungszellen<br />

(„Snow Balls“, Cc). Bei der Pars planitis<br />

können sich die Veränderungen als auf der<br />

Pars plana aufliegende dichte weißliche Membranen<br />

(„Snow Banks“) beschränken. Oft v. a.<br />

periphere entzündliche Einscheidungen bevorzugt<br />

venöser Gefäße. Bei chronisch persistierender<br />

Entzündung häufig Komplikationen wie<br />

Makulaödem, Sekundärkatarakt und Sekundärglaukom.<br />

Über Glaskörpertraktionen Gefahr von<br />

Blutungen und Lochbildung mit Netzhautablösung.<br />

Diagnose. Die Diagnose wird klinisch gestellt.<br />

Borreliose, Syphilis und Sarkoidose sind auszuschließen<br />

(Serologie, Röntgen-Thorax). Bei<br />

Symptomen einer Encephalomyelitis disseminata<br />

neurologische Abklärung.<br />

Differenzialdiagnose. Endophthalmitis, Masquerade-Syndrom<br />

(intraokulares Lymphom, alte<br />

Netzhautablösung).<br />

Therapie. Bei infektiöser Genese antibiotisch.<br />

Bei idiopathischen Fällen mit guter Sehschärfe,<br />

geringer Entzündungsaktivität und Fehlen von<br />

Komplikationen Befundkontrolle ohne Therapie.<br />

Bei leichter Entzündungsaktivität evtl.<br />

parabulbäre Kortikosteroidgabe. Stärkere Entzündungen<br />

mit Makulaödem bedürfen einer<br />

systemischen Therapie mittels oraler Gabe<br />

von Kortikosteroiden (initial 1–2 mg Prednisolonäquivalent/kg<br />

KG/Tag), bei Makulaödem<br />

evtl. kombiniert mit Carboanhydrasehemmern<br />

(Acetazolamid). Bei schwerem Verlauf auch Immunsuppression<br />

(z. B. Cyclosporin A).<br />

Prognose. Überwiegend gute Visusprognose.<br />

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A. Herpes-simplex-Keratouveitis C. Uveitis intermedia<br />

a Zellige Infiltration des vorderen Glaskörpers<br />

B. Heterochromiezyklitis<br />

Uveitis<br />

a Heterochromie und Katarakt am rechten Auge<br />

b Retinale Gefäßeinscheidungen und Glaskörpermembranen<br />

b Retroillumination der Iris, Defekte des Irispigmentepithels<br />

c Snow Balls im Glaskörper<br />

129<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

130<br />

A. Uveitis posterior<br />

Die Uveitis posterior ist ein Sammelbegriff für<br />

eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die<br />

primär mit entzündlichen Veränderungen der<br />

Aderhaut (häufig unter sekundärer Beteiligung<br />

der Retina) einhergehen.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Sehr heterogen und in<br />

vielen Teilen ungeklärt (T-Zell-vermittelte Reaktion<br />

gegen uveale Antigene, direkte entzündliche<br />

Reaktion gegen in die Uvea eingewanderte<br />

Erreger). In Frage kommen infektiöse<br />

Ursachen (z. B. Tuberkulose), autoimmunologisch<br />

mediierte Erkrankungen (z. B. Cogan-Syndrom)<br />

oder idiopathische Ursachen (Tab. 1).<br />

Epidemiologie. Ca. 20 % aller Uveitiden. Am<br />

häufigsten durch Toxoplasmen oder im Rahmen<br />

einer Sarkoidose (Aa).<br />

Klinik. Fast immer Sehverschlechterung. Verzerrtsehen.<br />

Mit und ohne Schmerzen oder Rötung<br />

des Auges. Oft starke entzündliche Veränderungen<br />

des Glaskörpers, die den Einblick auf<br />

Retina und Choroidea behindern können. Vaskulitis<br />

retinaler Gefäße möglich. Beteiligung<br />

der Aderhaut in Form einzelner oder multipler<br />

entzündlicher Läsionen (Ab). Teilweise für einzelne<br />

Krankheitsbilder charakteristische Veränderungen,<br />

die die Diagnose erlauben.<br />

Diagnose. Bei typischem klinischem Bild (z. B.<br />

Toxoplasmose) keine weitere Diagnostik. Sonst<br />

Röntgen-Thorax zum Ausschluss Sarkoidose/<br />

Tuberkulose, serologisch Borreliose, Syphilis,<br />

Angiotensin Converting Enzyme, im Kindesalter<br />

Toxocara. Bei Verdacht auf Systemerkrankung<br />

weitere interdisziplinäre Abklärung. Glaskörperpunktion<br />

bei therapieresistentem Verlauf.<br />

Differenzialdiagnose. Masquerade-Syndrome<br />

(alte Netzhautablösung, intraokulares Lymphom),<br />

Endophthalmitis.<br />

Therapie. Bei infektiöser Ursache primär kurativ<br />

und antiinfektiös. Bei idiopatischer oder<br />

autoimmunologischer Erkrankung symptomorientiert,<br />

meist durch orale Gabe von Kortikosteroiden<br />

(initial 1–2 mg Prednisolonäquivalent/kg<br />

KG/Tag). Bei schweren Verläufen evtl.<br />

Immunsuppression.<br />

Prognose. Abhängig von Grunderkrankung<br />

und Schwere des Verlaufs.<br />

B. Toxoplasmose-Retinochoroiditis<br />

Die Toxoplamose-Retinochoroiditis ist die häufigste<br />

Form der Uveitis posterior.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Erkrankung wird<br />

durch Infektion mit dem Protozoon Toxoplasma<br />

gondii ausgelöst. Die Infektion kann intrauterin<br />

bei Infektion der Mutter während der<br />

Schwangerschaft (konnatale Toxoplasmose) oder<br />

nach Geburt (erworbene Toxoplasmose) erfolgen.<br />

Epidemiologie. Die Durchseuchung der Bevölkerung<br />

mit Toxoplasmen beträgt in Deutschland<br />

50–70 % der Erwachsenen. Bei kongenitaler<br />

Toxoplasmose entwickeln 70–90 % eine<br />

Toxoplasmose-Retinochoroiditis, bei erworbener<br />

Toxoplasmose etwa 2–4 %. Immunsupprimierte<br />

und HIV-Patienten haben ein deutlich<br />

erhöhtes Risiko einer Toxoplasmose.<br />

Klinik. Die intrauterine Primärinfektion läuft<br />

meist unbemerkt ab. Rezidive der kongenitalen<br />

Toxoplasmose führen häufig zu beidseitigen<br />

(ca. 30 %) chorioretinalen Narben (Ba, b) mit<br />

Bevorzugung des hinteren Pols einschließlich<br />

der Makula. Okuläre Spätschäden entwickeln<br />

sich durch weitere Rezidive der Retinochoroiditis,<br />

die im Randbereich bereits vorhandener<br />

Narben ihren Ausgang nehmen. Weitere okuläre<br />

Manifestationen sind Vorderkammerreiz,<br />

retinale Vaskulitis, Papillitis (juxtapapilläre<br />

Retinitis Jensen) und bei ZNS-Infektion neuroophthalmologische<br />

Manifestationen.<br />

Diagnose. Bei gutem Einblick wird die Retinochoroiditis<br />

wegen des typischen Erscheinungsbildes<br />

klinisch diagnostiziert.<br />

Differenzialdiagnose. Bei schlechtem Funduseinblick<br />

alle anderen Formen der Uveitis posterior,<br />

Panuveitis, Endophthalmitis.<br />

Therapie. Bei Lage des chorioretinalen Infiltrates<br />

innerhalb der großen Gefäßbögen unter Beteiligung/Bedrohung<br />

der Makula oder einer<br />

massiven Glaskörperinfiltration Therapie mit<br />

einer Kombination aus Kortikosteroiden und<br />

Pyrimethamin/Sulfadiazin-Kombination oder<br />

Clindamycin. Sie ist nicht kurativ und dient primär<br />

dem Schutz okulärer Strukturen. Periphere<br />

Infiltrate können bei immunkompententen<br />

Patienten beobachtet werden.<br />

Prognose. Das aktive Stadium ist selbst limitierend.<br />

Es besteht in Abhängigkeit von der<br />

Lage überwiegend eine gute Visusprognose.<br />

Rezidive sind jederzeit möglich.<br />

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A. Uveitis posterior<br />

Tab. 1 Differenzialdiagnose der Uveitis posterior<br />

idiopathisch<br />

granulomatös<br />

Infektionskrankheiten<br />

Autoimmunerkrankungen/Vaskulitiden<br />

Chorioretinitis serpiginosa<br />

multifokale Chorioretinitis<br />

White-Dot-Syndrom (APMPPE, MEWDS, etc.)<br />

Sarkoidose<br />

Histoplasmose<br />

Tuberkulose<br />

Syphilis<br />

Borreliose<br />

Toxoplasmose<br />

Toxocariasis<br />

Morbus Behçet<br />

Cogan-Syndrom II<br />

Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom<br />

Uveitis<br />

a Zentrales choroidales Granulom bei Sarkoidose<br />

b Multifokale Choroiditis<br />

B. Toxoplasmose-Retinochoroiditis<br />

a Typische zentrale Vernarbung<br />

b Große choroidale Narbe mit beginnender Pigmentierung<br />

im Randbereich oben sowie frischem Infiltrat<br />

darunter<br />

131<br />

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10 Aderhaut und Regenbogenhaut<br />

132<br />

A. Serpiginöse (geographische)<br />

Chorioretinopathie<br />

Die serpiginöse Chorioretinopathie ist eine seltene,<br />

beidseitige, asymmetrisch bis symmetrisch<br />

ausgeprägte, langsam progrediente Erkrankung,<br />

die zu einem allmählichen Verlust<br />

des retinalen Pigmentepithels und der Choriokapillaris<br />

führt.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Unklar.<br />

Epidemiologie. Betroffen sind vorwiegend<br />

Kaukasier in der 4.–6. Lebensdekade.<br />

Klinik. Der Verlauf ist variabel, es können Jahre<br />

zwischen einzelnen Aktivitätsphasen vergehen.<br />

Das klinische Bild ist anfangs durch peripapilläre<br />

Infiltrate und Vernarbungen gekennzeichnet,<br />

von denen es zu einer fingerförmigen<br />

Ausbreitung Richtung Makula kommt (Aa). Isolierte<br />

Herde können am hinteren Pol bis in die<br />

mittlere Peripherie auftreten.<br />

Diagnose. Diese wird anhand des klinischen<br />

Bildes und der Fluoreszenzangiographie (Ab, c)<br />

gestellt. In der Fluoreszenzangiographie zeigen<br />

frische Herde typischerweise eine frühe Blockade<br />

und späte Hyperfluoreszenz.<br />

Differenzialdiagnose. Uveitis posterior anderer<br />

Genese.<br />

Therapie. Die alleinige systemische Therapie<br />

mit Kortikosteroiden kann den Krankheitsverlauf<br />

meist nicht ausreichend eindämmen. Es<br />

wird deshalb eine frühe systemische Immunsuppression<br />

(Cyclosporin A, Alkylanzien) empfohlen.<br />

Prognose. Wegen der progredienten narbigen<br />

Veränderungen der Makula und häufigen makulären<br />

choroidalen Neovaskularisationen besteht<br />

unbehandelt eine schlechte Visusprognose.<br />

Unter Therapie mit Immunsuppressiva<br />

scheint die Prognose besser zu sein.<br />

B. Panuveitis<br />

Als Panuveitis wird das gleichzeitige Vorliegen<br />

einer Uveitis anterior und posterior bezeichnet<br />

(B). Eine Panuveitis ist aber insgesamt selten<br />

und kann infektiös (Borreliose), granulomatös<br />

(Sarkoidose), autoimmun (sympathische Ophthalmie)<br />

bedingt und Teil schwerer immunologischer<br />

Systemerkankungen (Morbus Behçet,<br />

Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom) sein. Eine<br />

Therapie erfolgt kurativ bei infektiöser Ursache<br />

bzw. symptomorientiert bei idiopathischer<br />

oder immunologischer Ursache (s. Therapie der<br />

Uveitis anterior und posterior auf S. 126 u. 130).<br />

Die Visusprognose hängt von der jeweiligen Erkrankung<br />

ab, ist aber häufig schlecht.<br />

C. Sympathische Ophthalmie<br />

Die sympathische Ophthalmie ist eine bilaterale,<br />

granulomatöse Panuveitis, die klassischerweise<br />

nach penetrierender Verletzung eines<br />

Auges mit uvealer Beteiligung auftritt. Sie kann<br />

auch Folge eines okulären Eingriffs sein.<br />

Ätiologie/Pathogenese. T-Zell-vermittelte Autoimmunreaktion,<br />

ausgelöst durch Freisetzung<br />

uvealer Antigene (wahrscheinlich aus Melanozyten).<br />

Genetische Prädisposition (Assoziation<br />

mit HLA-DRB1*04 und DQA1*03).<br />

Epidemiologie. Sehr selten. Manifestation Tage<br />

bis viele Jahre nach auslösendem Trauma (90 %<br />

innerhalb eines Jahres).<br />

Klinik. Die Sehschärfe ist variabel. Speckige<br />

Hornhautrückflächenbeschläge, variabler Vorderkammerreiz.<br />

Entzündungszellen im Glaskörper,<br />

Aderhautverdickung, Papillitis, retinale<br />

Gefäßeinscheidungen, Fuchs-Dalen-Knötchen<br />

(kleine weiße Infiltrate in der mittleren Fundusperipherie)<br />

(C). Weiterhin Makulaödem, exsudative<br />

Netzhautablösung, Optikusatrophie<br />

möglich.<br />

Diagnose. Klinisch bei Ausschluss von Panuveitiden<br />

anderer Genese.<br />

Differenzialdiagnose. Endophthalmitis, andere<br />

Panuveitiden, Masquerade-Syndrome (intraokulare<br />

Lymphome).<br />

Therapie. Ohne adäquate Therapie hohes Erblindungsrisiko<br />

bei beidseitiger Manifestation.<br />

Die lokale und systemische Kortikosteroidgabe<br />

stellt die Basistherapie dar. Häufig auch Einsatz<br />

von Immunsuppressiva (z. B. Cyclosporin A)<br />

notwendig.<br />

Prognose. Rezidive sind nach Therapiereduktion<br />

oder -beendigung häufig. Deshalb ist eine<br />

langfristige bis lebenslange Therapie notwendig.<br />

Häufigste visusbeeinträchtigende Komplikationen<br />

sind Makulaödem, Sekundärkatarakt<br />

und Sekundärglaukom.<br />

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A. Serpiginöse Chorioretinopathie<br />

B. Panuveitis<br />

a Aktive Läsion (Pfeil) neben vernarbten Arealen<br />

Tuberkulosebedingte Panuveitis<br />

Uveitis<br />

b Fluoreszenzangiographie in der Frühphase<br />

C. Sympathische Ophthalmie<br />

c Fluoreszenzangiographie: diffuse Leckage (Pfeil)<br />

in der Spätphase<br />

133<br />

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11 Linse<br />

134<br />

Die Linse (Lens crystallina) ist neben dem Glaskörper<br />

die zentralste Struktur des Auges und<br />

bildet mit dem Zonulaapparat und dem Ziliarkörper<br />

eine funktionelle Einheit. Im Vergleich<br />

mit der Hornhaut besitzt sie aufgrund der relativ<br />

ähnlichen Brechungsindices von Kammerwasser,<br />

Linse und Glaskörper eine deutlich<br />

geringere Brechkraft von ca. 17 Dioptrien<br />

(Hornhaut ca. 42 Dioptrien). Die Linse ist aber<br />

der einzige Teil des brechenden Apparates, der<br />

verstellbar ist. Deshalb ist die Naheinstellungsfähigkeit<br />

(Akkommodation) allein an die Linse<br />

gebunden. Daneben fungiert die Linse als UV-<br />

Filter für die Wellenlängen zwischen 300 und<br />

400 nm und übt damit eine Schutzfunktion für<br />

die Makula aus.<br />

Die Reaktionsmuster der Linse auf schädigende<br />

Noxen sind relativ stereotyp und umfassen im<br />

Wesentlichen die Trübung (Katarakt) und Verfärbung,<br />

die Einschränkung der Akkommodation<br />

sowie die <strong>Verlag</strong>erung (Subluxation oder<br />

Luxation).<br />

A. Fehlbildungen und Anomalien<br />

Eine echte Spaltbildung der Linse (Kolobom)<br />

scheint extrem selten zu sein, wenn sie überhaupt<br />

vorkommt. Spaltbildungen der Uvea können<br />

aber mit einem Kolobom der Zonulafasern<br />

(Aa) einhergehen und dann, durch die fehlende<br />

Spannung in diesem Bereich, zu einer Einkerbung<br />

der Linse („Pseudokolobom“) führen.<br />

Abweichungen von der normalen Linsenform<br />

umfassen die Kugellinse (Sphärophakie, Ab)<br />

und den Lentikonus bzw. Lentiglobus, bei welchem<br />

die Linse nach vorn oder hinten quasi<br />

„ausgebeult“ ist. Die Sphärophakie kann durch<br />

Okklusion der Pupille ein Glaukom hervorrufen<br />

während Lentikonus und Lentiglobus insbesondere<br />

bei geringerem Ausprägungsgrad meist<br />

symptomlos bleiben.<br />

Eine angeborene Linsenlosigkeit (kongenitale<br />

Aphakie) in einem sonst normalen, funktionstüchtigen<br />

Auge ist bisher nicht beobachtet worden.<br />

Wahrscheinlich fungiert die Linse als Induktor<br />

für die weitere Augenentwicklung,<br />

sodass ein Fehlen der Linse nicht mit einer normalen<br />

Augenentwicklung vereinbar ist. Sehr<br />

außergewöhnlich ist eine Linsenverdoppelung<br />

(Biphakie).<br />

Die als Fehlbildung interpretierbaren, angeborenen<br />

Linsentrübungen werden unten besprochen.<br />

B. Auflagerungen und intralentale<br />

Ablagerungen<br />

Reste der Pupillarmembran (Membrana pupillaris<br />

persistens) können der Linsenvorderfläche<br />

als Pigmentzellen oder als von der Iriskrause<br />

ausgehende, bindegewebige Stränge<br />

aufliegen (Ba). Sie haben nur ausnahmsweise<br />

klinische Bedeutung. Mit zunehmenden Alter<br />

werden Ablagerungen von Pseudoexfoliationsmaterial<br />

(PEX, Bb) häufiger. Diese werden oft<br />

erst bei erweiterter Pupille sichtbar und disponieren<br />

zum Glaukom und zur Linsensubluxation<br />

(siehe dort).<br />

Intraokulare Eisenfremdkörper rufen u. U. eine<br />

Verrostung der Linse (Siderosis lentis, s. u.)<br />

hervor, während entsprechende Kupferfremdkörper<br />

oder der Morbus Wilson eine auch als<br />

Sonnenblumenkatarakt bezeichnete gelblichgrüne<br />

Verfärbung der Linse (Chalcosis lentis)<br />

induzieren können. Bei längerfristiger Therapie<br />

mit Goldpräparaten (z. B. bei PCP) kann es gelegentlich<br />

zu unter der Kapsel gelegenen, granulären<br />

Goldablagerungen kommen (Chrysiasis<br />

lentis). Auch andere Medikamente wie z. B.<br />

Amiodaron oder Chlorpromazin lagern sich<br />

mitunter in der Linse ab. Bei Patienten mit<br />

Katarakt finden sich nicht selten glitzernde<br />

Cholesterinkristalle in der Linse (sog. Christbaumschmuckkatarakt,<br />

Bc). Ein Zusammenhang<br />

mit den Blutfettwerten scheint hierbei<br />

aber nicht zu bestehen.<br />

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A. Fehlbildungen und Anomalien<br />

B. Auflagerungen und intralentale<br />

Ablagerungen<br />

a Iris-Zonula-Kolobom (schematisch); im Bereich<br />

des Zonuladefektes Einziehung der Linse<br />

(„Pseudo-Linsenkolobom“)<br />

a Reste der Pupillarmembran (Membrana pupillaris<br />

persistens) auf der Linsenvorderfläche bei einem<br />

Säugling; typischerweise beginnen die bindegewebigen<br />

Stränge nicht am Pupillarrand, sondern<br />

an der Iriskrause<br />

Fehlbildungen und Anomalien/Ablagerungen<br />

b Kugellinse (Sphärophakie) bei Homozystinurie,<br />

der Linsenäquator ist am Pupillarrand sichtbar;<br />

Gefahr des Pupillarblock-Glaukoms!<br />

b Ablagerungen von Pseudoexfoliationsmaterial<br />

(PEX) auf der Linse; der vordere Linsenpol bleibt<br />

meist ausgespart<br />

c Cholesterinkristalle in einer getrübten Linse<br />

(Christbaumschmuckkatarakt)<br />

135<br />

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11 Linse<br />

136<br />

A. Presbyopie<br />

Presbyopie (Alterssichtigkeit oder Altersweitsichtigkeit)<br />

liegt dann vor, wenn die Naheinstellungsfähigkeit<br />

der Augenlinse nicht mehr<br />

ausreicht, um ein scharfes und bequemes<br />

Sehen in der Nähe zu ermöglichen.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Mechanismen der<br />

Akkommodation und die zur Presbyopie führenden<br />

Veränderungen sind noch nicht endgültig<br />

geklärt. Die gängigen Akkommodationstheorien<br />

gehen davon aus, dass der Ziliarkörper<br />

beim Sehen in die Ferne entspannt ist (Desakkommodation),<br />

wodurch die Zonulafasern<br />

gespannt sind und die Linse eine flachere Form<br />

(mit geringerer Brechkraft) annimmt. Im Rahmen<br />

der Akkommodation kommt es zur Kontraktion<br />

des parasympathisch innervierten, aus<br />

verschiedenen Muskelportionen zusammengesetzten<br />

M. ciliaris, der sich dadurch nach innen<br />

vorwölbt. Dieses entlastet die Zonulafasern, sodass<br />

sich die Linse aufgrund ihrer Eigenelastizität<br />

verformen (verdicken) kann, wobei insbesondere<br />

die Krümmung der hinteren Linsenfläche<br />

zunimmt (Aa). Die jetzt mehr kugelige<br />

Linse hat eine höhere Brechkraft und erlaubt<br />

damit ein scharfes Sehen in der Nähe. Wird<br />

wieder in die Ferne geschaut, nimmt die Linse<br />

durch Erschlaffung des Ziliarmuskels und<br />

Spannung der Zonulafasern erneut die flache,<br />

desakkommodierte Form an (Aa).<br />

Mit zunehmendem Lebensalter nimmt die Elastizität<br />

der Linse als Folge des fortwährenden,<br />

appositionellen Wachstums von Linsenfasern<br />

ab. Ebenso vermindert sich die Kontraktionsfähigkeit<br />

des Ziliarmuskels, da es zu strukturellen<br />

Veränderungen im Muskel selbst kommt.<br />

Auch wenn die lentogenen Veränderungen<br />

meist betont werden, ist die Presbyopie daher<br />

sowohl durch Veränderungen in der Linse als<br />

auch durch solche im Ziliarkörper bedingt.<br />

Epidemiologie. Die Presbyopie betrifft jeden<br />

ein höheres Lebensalter erreichenden Menschen<br />

und ist damit das bedeutsamste Alterungsphänomen<br />

am Auge überhaupt.<br />

Klinik. Unabhängig vom Geschlecht nimmt die<br />

Naheinstellungsfähigkeit (Akkommodationsbreite)<br />

der Augenlinse praktisch vom frühesten<br />

Kindesalter an kontinuierlich ab (Ab). Sie erreicht<br />

meist im mittleren Lebensalter (um das<br />

45. Lebensjahr) die „kritische Grenze“ von etwa<br />

4 bis 5 dpt, die für ein bequemes Sehen in der<br />

Nähe erforderlich sind. Sinkt die Naheinstellungsfähigkeit<br />

weiter ab, wird das Sehen in der<br />

Nähe unscharf, oder der Nahpunkt muss durch<br />

<strong>Verlag</strong>erung des betrachteten Objekts in die<br />

Ferne verlagert werden (die Zeitung wird<br />

immer weiter weg gehalten, bis die Arme zu<br />

kurz sind). In der Regel bleibt bis ins hohe Lebensalter<br />

eine gewisse Restakkommodation<br />

erhalten. Weitsichtige (hyperope) Menschen<br />

entwickeln in der Regel früher eine Presbyopie<br />

als kurzsichtige (myope). Die Presbyopie hat<br />

keinen Einfluss auf die Fernsehschärfe.<br />

Diagnostik. Die Diagnose ergibt sich in erster<br />

Linie aus der Anamnese. Die verbliebene Naheinstellungsfähigkeit<br />

kann mit verschiedenen<br />

Geräten (z. B. Akkommodometer) gemessen<br />

werden.<br />

Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch<br />

kommen gelegentlich Akkommodationsstörungen<br />

anderer Genese (durch Erkrankungen<br />

des Ziliarkörpers oder der Linse, Diabetes mellitus<br />

oder bestimmte Medikamente) in Betracht.<br />

Therapie. Der Ausgleich der Presbyopie erfolgt<br />

auf optischem Wege durch einen Nahzusatz in<br />

Form einer Sammellinse (Pluslinse bzw. Abschwächung<br />

einer evtl. vorhandenen Minuskorrektur).<br />

Begonnen wird meist mit einem<br />

Nahzusatz von +1 dpt, der dann mit zunehmendem<br />

Alter auf +3 dpt gesteigert wird. Da<br />

der Bereich des scharfen Sehens umso kleiner<br />

wird je stärker das Brillenglas ist, sollte die Nahaddition<br />

so schwach wie möglich sein. Wichtig<br />

ist auch, den Arbeits- bzw. Leseabstand zu erfragen,<br />

da die benötigte Gläserstärke hiervon<br />

abhängt.<br />

Emmetropen Patienten wird eine separate<br />

Nahbrille verschrieben. Bei Fehlsichtigkeit<br />

kann der Nahzusatz in die Fernbrille integriert<br />

werden (Bifokal- oder Gleitsichtbrille). Kurzsichtige<br />

Patienten müssen zum Ausgleich ihrer<br />

Presbyopie u. U. nur ihre Fernbrille abnehmen.<br />

Kontaktlinsen mit integriertem Nahzusatz oder<br />

chirurgische Maßnahmen an der Hornhaut<br />

haben sich zum Presbyopie-Ausgleich bisher<br />

nicht durchgesetzt. Medikamentöse Maßnahmen<br />

oder ein „Augentraining“ zur Verlangsamung<br />

der Presbyopie haben keinen Nutzen.<br />

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A. Presbyopie<br />

Ferne<br />

Nähe<br />

a Obere Bildhälfte: Auge im Zustand der Desakkommodation (Sehen in die Ferne); der Ziliarmuskel ist erschlafft,<br />

die Zonulafasern sind gespannt, die Linse ist abgeflacht (geringere Brechkraft)<br />

Untere Bildhälfte: Auge im Zustand der Akkommodation (Sehen in die Nähe); der kontrahierte Ziliarmuskel<br />

wölbt sich ringartig vor, wodurch es zur Entspannung der Zonulafasern und damit aufgrund der Eigenelastizität<br />

zur verstärkten Wölbung der Linse (Erhöhung der Brechkraft) kommt<br />

Presbyopie<br />

14<br />

12<br />

10<br />

AB (dpt)<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Alter (Jahre)<br />

137<br />

b Abnahme der Akkommodationsbreite mit dem Lebensalter (Duane-Kurve)<br />

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11 Linse<br />

138<br />

A. Katarakt<br />

Jede über die Altersnorm hinausgehende Trübung<br />

der Linse kann als Katarakt, im Volksmund<br />

„grauer Star“, bezeichnet werden. Der<br />

Begriff rührt daher, dass die alten Ägypter geglaubt<br />

haben sollen, dass die Linsentrübungen<br />

durch ein „Häutchen“, das sich wie ein Wasserfall<br />

(Katarakt) über die Linse legt, hervorgerufen<br />

würde.<br />

Eine Katarakt kann nach verschiedenen Gesichtspunkten<br />

klassifiziert werden (s. S. 140,<br />

Tab. 1), sodass die Terminologie recht vielfältig<br />

ist. Im klinischen Sprachgebrauch werden die<br />

verschiedenen Klassifikationen oft miteinander<br />

kombiniert, also z. B. Cataracta polaris congenita,<br />

Cataracta nuclearis brunescens oder<br />

Cataracta senilis provecta.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die Ursachen des Transparenzverlustes<br />

der Linse sind ausgesprochen<br />

vielfältig (s. S. 141, Tab. 2) und großenteils noch<br />

unverstanden. Für die senile Katarakt werden<br />

am ehesten photooxidative Schädigungen der<br />

Linsenfasermembranen und der Linsenproteine<br />

– die Linse ist mit einem Proteingehalt von<br />

35 % das eiweißreichste Organ des menschlichen<br />

Körpers – angenommen. Hinzu kommt<br />

mit der Alterung eine zunehmende Pigmentakkumulation<br />

in der Linse, sodass sich das Maximum<br />

der Lichtabsorption in den Blaubereich<br />

verschiebt. Hohe Myopie, Rauchen, stärkerer<br />

Alkoholkonsum und höhere UV-Licht-Exposition<br />

scheinen Risikofaktoren für die senile Kataraktentstehung<br />

zu sein.<br />

Die Kontusionskatarakte beruhen auf einer<br />

prellungsbedingten Destruktion von Linsenfasern,<br />

während die spitzen Kapselsackeröffnungen<br />

durch Einstrom von Kammerwasser und<br />

Quellung des Linsenmaterials zum Transparenzverlust<br />

führen. Die subkapsulären, weißlichen<br />

Trübungen („Glaukomflecken“), die nach<br />

akutem Winkelblockglaukom auftreten, werden<br />

als fokale, druckbedingte Nekrosen des Linsenepithels<br />

interpretiert.<br />

Die Katarakte vom Complicata-Typ (Ae) finden<br />

sich bevorzugt bei Uveitis, Retinopathia pigmentosa,<br />

intraokularen Tumoren, vorausgegangener<br />

Bestrahlung und Kortikosteroidtherapie.<br />

Es wird vermutet, dass es unter dem<br />

Einfluss der schädigenden Noxe zu einer Kompromittierung<br />

des äquatorialen Linsenepithels<br />

kommt mit der Konsequenz, dass die normale<br />

Linsenfaserdifferenzierung unterbleibt und das<br />

proliferierende Linsenepithel in Richtung auf<br />

den (normalerweise epithelfreien) hinteren Pol<br />

migriert, wobei die Zellen eine blasenförmige<br />

Gestalt (Wedl-Blasenzellen) annehmen.<br />

Die kongenitalen Katarakte (Af) sind Ausdruck<br />

genetischer Veränderungen, okulärer Fehlbildungen,<br />

intrauteriner Schädigungen (z. B. durch<br />

Infektion) oder von Stoffwechselstörungen. Bei<br />

etwa 25 % der kongenitalen Katarakte lassen sich<br />

betroffene Familienmitglieder eruieren (meist<br />

autosomal-dominanter Erbgang). Der größte Teil<br />

angeborener Linsentrübungen bleibt ursächlich<br />

unklar.<br />

Epidemiologie. Wahrscheinlich mehr als 90 %<br />

aller Katarakte sind vom senilen Typ (Cataracta<br />

senilis). Die Katarakt ist daher eine Erkrankung<br />

vor allem des höheren und hohen Lebensalters.<br />

Die Übergänge zwischen normalem, altersbedingtem<br />

Transparenzverlust der Linse und<br />

Katarakt sind fließend, sodass die Zahlen zur<br />

Inzidenz der Katarakt schwanken. Man kann<br />

davon ausgehen, dass etwa 20–40 % der 60- und<br />

60–80 % der 80-jährigen Menschen visusmindernde<br />

Linsentrübungen, d. h. eine Katarakt,<br />

aufweisen.<br />

Die Prävalenz der kongenitalen Katarakt liegt<br />

in Industrienationen bei etwa 2–4 pro 10 000<br />

Geburten.<br />

Alle Kataraktformen betreffen beide Geschlechter<br />

mit ungefähr gleicher Häufigkeit. Eine Ausnahme<br />

bilden lediglich die traumatischen Linsentrübungen,<br />

die eine deutliche Dominanz<br />

des männlichen Geschlechts zeigen.<br />

Derzeit werden in Deutschland über 500 000<br />

Kataraktextraktionen pro Jahr vorgenommen.<br />

Weltweit sind etwa 20 Millionen Menschen an<br />

einer (prinzipiell operablen) Katarakt erblindet.<br />

Die Katarakt ist damit die führende Erblindungsursache<br />

auf der Erde. Es ist eine wesentliche<br />

Aufgabe der Weltgemeinschaft, dass<br />

die Operationszahlen in den weniger entwickelten<br />

Ländern dem tatsächlichen Bedarf angepasst,<br />

d. h. erheblich gesteigert werden.<br />

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A. Katarakt<br />

a Cataracta matura (reifer Star); die Pupille ist weiß<br />

b Cataracta hypermatura Morgagni; der bräunliche<br />

Linsenkern ist innerhalb des weißen, verflüssigten<br />

Rindenmaterials nach unten abgesunken<br />

Katarakt<br />

c Intralentale Wasserspalten bei Diabetes mellitus;<br />

derartige Linsentrübungen sind mitunter reversibel<br />

d Cataracta syndermatotica; schildpattartige Trübung<br />

der vorderen subkapsulären Rindenanteile<br />

bei einem Patienten mit Neurodermitis<br />

e Trübung der hinteren subkapsulären Linsenanteile<br />

wie sie typischerweise bei Cataracta complicata<br />

gefunden wird<br />

f Trübung des embryonalen Linsenkernes bei Cataracta<br />

congenita<br />

139<br />

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Tab. 1<br />

Klassifikation (Terminologie) der Linsentrübungen<br />

●<br />

Ausprägungsgrad<br />

– beginnende Katarakt (Cataracta incipiens)<br />

– fortgeschrittene Katarakt (Cataracta provecta)<br />

– noch nicht ganz reife Katarakt (Cataracta praematura)<br />

– reife Katarakt (Cataracta matura) (s. S. 139, Aa)<br />

– überreife Katarakt mit im Kapselsack abgesunkenem Kern (Cataracta hypermatura Morgagni)<br />

(s. S. 139, Ab)<br />

– Katarakt mit Linsenquellung (Cataracta intumescens)<br />

●<br />

Lokalisation<br />

– Kernkatarakt (Cataracta nuclearis) (s. S. 143, Ab)<br />

– Rindenkatarakt (Cataracta corticalis anterior oder posterior) (s. S. 143, Aa)<br />

– Trübungen der äußeren (subkapsulären) Rindenanteile (Cataracta subcapsularis)<br />

– Trübungen des vorderen oder hinteren Linsenpols (Cataracta polaris anterior oder posterior)<br />

(s. S. 139, Ad; s. S. 143, Ac)<br />

– Trübungen verschiedener Schichten, z.B. Kern- und Rindenkatarakt (Cataracta corticonuclearis)<br />

11 Linse<br />

●<br />

Form der Linsentrübungen, z.B.<br />

– keilförmige Katarakt (Cataracta cuneiformis) (s. S. 143, Aa)<br />

– fischförmige Katarakt (Cataracta pisciformis)<br />

– pulverförmige Katarakt (Cataracta pulverulenta)<br />

– sternförmige Katarakt (Cataracta stellaris)<br />

●<br />

Farbe<br />

– bräunliche Katarakt (Cataracta brunescens) (s. S. 143, Ab)<br />

– schwarze Katarakt (Cataracta nigra)<br />

●<br />

Zeitpunkt der Manifestation<br />

– angeborene Katarakt (Cataracta congenita) (s. S. 139, Af; s. S. 143, Ac)<br />

– kindliche Katarakt (Cataracta infantilis)<br />

– jugendliche Katarakt (Cataracta juvenilis)<br />

– Katarakt im Erwachsenenalter (Cataracta präsenilis)<br />

– Katarakt im Senium (Cataracta senilis) (s. S. 143, Aa u. b)<br />

●<br />

Genese<br />

– traumatische Katarakt (Cataracta traumatica)<br />

– Katarakt bei Hautkrankheiten (Cataracta syndermatotica) (s. S. 139, Ad)<br />

– Katarakt aufgrund anderer (Augen-) Erkrankungen (Cataracta complicata) (s. S. 139, Ae)<br />

140<br />

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Tab. 2<br />

Ursachen von Linsentrübungen<br />

●<br />

Alterung (photooxidative Veränderungen/ Cataracta senilis)<br />

●<br />

Okuläres (mechanisches) Trauma: stumpfes (Contusio bulbi) bzw.<br />

spitzes (penetrierende Verletzung) Trauma<br />

●<br />

Okuläre Operationen<br />

– Pars-plana-Vitrektomie<br />

– fistulierende Operationen<br />

– periphere Iridektomie<br />

●<br />

●<br />

Intraokuläre Erkrankungen<br />

– Entzündungen: chronische Uveitis, (infektiöse) Endophthalmitis,<br />

Röteln-Embryopathie (Gregg-Syndrom), Syphilis, Toxoplasmose, andere<br />

– Tumoren: (anteriores) Aderhautmelanom, andere<br />

– Degenerationen / Dystrophien: Retinitis pigmentosa<br />

– Primär intraokuläre Ischämie: Zustand nach Cerclage-Operation (String-Syndrom)<br />

– akutes Winkelblockglaukom („Glaukomflecken“)<br />

– Fehlbildungen : Mikrophthalmus, PHPV, Peters-Anomalie, Aniridie, andere<br />

Syndrome<br />

– Trisomie 13<br />

– Trisomie 18<br />

– Trisomie 21<br />

– Turner-Syndrom<br />

– Lowe-Syndrom<br />

– Alport-Syndrom, andere<br />

Katarakt (Fortsetzung)<br />

●<br />

Allgemeinerkrankungen<br />

– Stoffwechselstörungen: Diabetes mellitus, Galaktosämie und Galaktokinasemangel, α-Galaktosidase-Defekt<br />

(Morbus Fabry), Tetanie, myotonische Dystrophie (Morbus Curschmann-<br />

Steinert), Refsum-Syndrom, hepatolentikuläre Degeneration (Morbus Wilson), Mangelernährung,<br />

Dialyse, andere<br />

– Durchblutungsstörungen: Carotisstenose (ischämische Ophthalmopathie), Pulseless-Disease<br />

(Morbus Takayasu)<br />

– Hauterkrankungen (Cataracta syndermatotica): atopische Dermatitis,<br />

Werner-Syndrom (adulte Progerie), andere<br />

– sonstige: Neurofibromatose (NF) Typ II, Frühgeburt, andere<br />

●<br />

Medikamente<br />

– Kortikosteroide<br />

– bestimmte Zytostatika<br />

– Chlorpromazin<br />

– lokale Parasympathomimetika, andere<br />

●<br />

Strahlung:<br />

– ionisierende: Röntgenstrahlen, β-Strahlen, γ-Strahlen<br />

– nichtionisierende: UV-Licht, Infrarot-Strahlen („Glasbläserstar“), Mikrowellen, hochvoltaischer<br />

Strom (Cataracta electrica)<br />

141<br />

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11 Linse<br />

142<br />

A. Katarakt (Fortsetzung)<br />

Klinik. Die Cataracta senilis ist gewöhnlich<br />

durch keilförmige Trübungen der Linsenrinde<br />

(Cataracta cuneiformis, Aa) und/oder zunächst<br />

weißliche, im weiteren Verlauf bräunliche Trübungen<br />

des Linsenkerns (Cataracta nuclearis<br />

[brunescens], Ab) gekennzeichnet. Korrespondierend<br />

zum Transparenzverlust geben die Patienten<br />

ein Nebel- oder Verschwommensehen,<br />

ein vermindertes Kontrastsehen, eine erhöhte<br />

Blendungsempfindlichkeit (Streulicht) und<br />

Veränderungen der Farbwahrnehmung (meist<br />

gelblicher Seheindruck) an. Mitunter kommt es<br />

auch zur Doppelbildwahrnehmung (monokulare<br />

Diplopie) aufgrund verschiedener Brechungsindices<br />

in der Linse. Da bei weiter Pupille eher<br />

an den Linsentrübungen vorbeigeschaut werden<br />

kann, berichten nicht wenige Patienten<br />

über stärkere Beschwerden bei hellem Licht<br />

(Sonnenschein) oder beim Lesen, beides Zustände,<br />

die mit einer Pupillenverengung einhergehen.<br />

Insgesamt sind die kataraktbedingten<br />

Beschwerden relativ individuell und nicht<br />

unbedingt mit dem Visus korreliert. Manche<br />

Patienten fühlen sich bereits bei geringen<br />

Transparenzminderungen der Linse deutlich<br />

gestört, während andere selbst bei einer fortgeschrittenen<br />

Katarakt mit ihrem Sehvermögen<br />

subjektiv noch gut zurecht kommen. Die<br />

Cataracta senilis ist in aller Regel bilateral, kann<br />

aber asymmmetrisch ausgeprägt sein.<br />

Kongenitale Katarakte sind zu ca. 65 % bilateral.<br />

Typische Trübungsmuster stellen der Transparenzverlust<br />

des embryonalen Linsenkerns (Cataracta<br />

nuclearis; s. S. 139, Af), Trübungen des<br />

vorderen oder hinteren Linsenpoles (Cataracta<br />

polaris, Ac) sowie die Trübung der gesamten<br />

Linse (Cataracta matura) dar. Da Säuglinge und<br />

Kleinkinder den Visusverlust nicht angeben,<br />

stellen die graue oder weiße Pupille (Leukokorie)<br />

und der sekundäre Strabismus die führenden<br />

Symptome dar.<br />

Traumatische Linsentrübungen sind meist einseitig.<br />

Hier findet man oft rosettenartige Trübungen<br />

(Kontusions- bzw. Perforationsrosette).<br />

Nach spitzen Verletzungen sind Defekte oder<br />

(später) Vernarbungen der Linsenkapsel sichtbar.<br />

Die meisten Linsentrübungen und insbesondere<br />

die senilen Formen zeigen üblicherweise<br />

einen langsam progredienten Verlauf über Monate<br />

und Jahre. Manche Katarakte vom Complicata-Typ<br />

nehmen u. U. relativ schnell zu. Den<br />

schnellsten Transparenzverlust findet man bei<br />

traumatischen Eröffnungen des Kapselsackes<br />

(Cataracta traumatica). Unter bestimmten, besonderen<br />

Bedingungen können sich Linsentrübungen<br />

zurückbilden, wie z. B. bei Frühgeborenen<br />

(Reifung der Linse) oder nach Besserung<br />

der Stoffwechsellage bei Diabetes mellitus oder<br />

Galaktosämie. Selten unterliegt eine ganze, getrübte<br />

Linse mit Ausnahme des Kapselsackes<br />

der spontanen Resorption (z. B. nach Trauma,<br />

bei Röteln-Katarakt oder Katarakt im Rahmen<br />

eines Hallermann-Streiff-Syndroms).<br />

Diagnostik. Die Diagnose ergibt sich aus Anamnese<br />

und spaltlampenmikroskopischem Befund,<br />

wobei zur Beurteilung der Linse eine medikamentöse<br />

Mydriasis erfolgen sollte. Ist der<br />

Funduseinblick bei weit fortgeschrittener Linsentrübung<br />

nicht gegeben, sollte zumindest bei<br />

einseitiger Katarakt eine Ultraschalluntersuchung<br />

des Bulbus vorgenommen werden, um<br />

okuläre Begleiterkrankungen wie z. B. einen Tumor<br />

oder eine Netzhautablösung auszuschließen.<br />

Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnosen<br />

gibt es kaum. Das Problem bei der Cataracta senilis<br />

besteht allerdings oft darin, dass sehr häufig<br />

zusätzliche Veränderungen am Auge (z. B.<br />

Glaukom, altersabhängige Makuladegeneration)<br />

vorliegen und dann nicht immer sicher entschieden<br />

werden kann, welchen Anteil die Katarakt<br />

am Visusverlust hat.<br />

Bei der kongenitalen Katarakt ist differenzialdiagnostisch<br />

an andere, mit einer Leukokorie<br />

einhergehende Erkrankungen zu denken. In erster<br />

Linie kommen hier Retinoblastom, Morbus<br />

Coats, Toxocara-Infektion, große Aderhautkolobome,<br />

PHPV und persistierende Pupillarmembran<br />

(s. S. 135, Ba) in Betracht.<br />

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A. Katarakt<br />

a Cataracta (corticalis) cuneiformis<br />

(keilförmige Katarakt); typischer<br />

Altersstar<br />

b Cataracta nuclearis brunescens<br />

(bräunliche Kernkatarakt); typischer<br />

Altersstar<br />

c Cataracta polaris anterior (vorderer<br />

Polstar); diese Linsentrübungen<br />

sind meist angeboren<br />

d Schema der Kataraktextraktion<br />

Katarakt (Fortsetzung)<br />

d1 Eingehen in die Vorderkammer mit einer Lanze<br />

(von temporal)<br />

d2 Kreisförmige Eröffnung der vorderen Linsenkapsel<br />

(Kapsulorhexis)<br />

d3 Ultraschallzerkleinerung des Linsenkerns im<br />

Kapselsack (Phakoemulsifikation)<br />

d4 Klinisches Bild einen Tag nach der Operation;<br />

man erkennt die runde Eröffnung der vorderen<br />

Linsenkapsel und die dahinter im Kapselsack<br />

liegende Kunstlinse, deren oberer Rand unterhalb<br />

des Pupillarsaumes sichtbar ist<br />

143<br />

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11 Linse<br />

144<br />

A. Katarakt (Fortsetzung)<br />

Therapie. Fänger freier Radikale (z. B. Vitamin C)<br />

sollen die Kataraktentwicklung verlangsamen<br />

können. Die diesbezügliche Datenlage ist aber<br />

noch sehr spärlich. Medikamente, die vorhandene<br />

Linsentrübungen rückbilden, gibt es nicht.<br />

Ausnahmsweise wird (bei Kindern) eine dauerhafte<br />

medikamentöse Mydriasis vorgenommen,<br />

wenn die parazentralen Linsenanteile<br />

klar sind. Die Behandlung der Katarakt ist aber<br />

fast immer eine operative.<br />

Die Kataraktextraktion wird dann vorgenommen,<br />

wenn die Sehschärfe so weit abgefallen<br />

ist, dass eine Beeinträchtigung im täglichen<br />

Leben besteht. Mitunter muss eine Linse entfernt<br />

werden, um den Augenhintergrund besser<br />

untersuchen und ggf. behandeln zu können<br />

(z. B. bei diabetischer Retinopathie). Die Kataraktextraktion<br />

ist im Regelfall ein elektiver,<br />

mittelfristig planbarer Eingriff. Linsenbedingte<br />

Komplikationen wie z. B. ein lentogenes Glaukom<br />

oder eine Entzündung durch Linsenzersetzung<br />

(Phakolyse) können allerdings ein zügiges<br />

Handeln erfordern. Die angeborenen und<br />

frühkindlich erworbenen, deutlich funktionsmindernden<br />

Katarakte bedürfen ebenfalls einer<br />

zügigen Extraktion, da sonst eine Unterentwicklung<br />

von Netzhaut und Sehrinde (Amblyopia<br />

ex anopsia) droht.<br />

Die heutzutage gängigste Operationsmethode<br />

ist die extrakapsuläre, d. h. unter Erhaltung des<br />

Kapselsackes vorgenommene Kataraktextraktion<br />

mit Ultraschallzerkleinerung des Linsenkernes<br />

(Phakoemulsifikation) und Implantation<br />

einer intraokularen Linse (IOL). Der prinzipielle<br />

Ablauf dieses Eingriffs ist in Tab. 1 geschildert<br />

und auf der vorherigen Seite illustriert<br />

(s. S. 143, Ad 1–4). Bei sehr hartem Linsenkern<br />

wird dieser nach einem größeren Schnitt und<br />

einer größeren Kapseleröffnung durch leichten<br />

Druck aus dem Auge herausgeleitet (Kernexpression).<br />

Nur in Ausnahmefällen, meist bei insuffizientem<br />

Zonulaapparat, wird die Linse im<br />

Kapselsack entfernt (intrakapsuläre Kataraktextraktion).<br />

Da eine Kunstlinsenimplantation<br />

in oder auf den Kapselsack dann nicht mehr<br />

möglich ist, muss die Linsenlosigkeit (Aphakie)<br />

durch eine Vorderkammerlinse, eine an der Iris<br />

fixierte Linse oder eine an der Sklera angenähte<br />

Hinterkammerlinse ausgeglichen werden.<br />

Kongenitale und infantile Katarakte können<br />

einfach abgesaugt werden, da die Linse zu Beginn<br />

des Lebens sehr weich ist. Der Zugang erfolgt<br />

von vorn oder über die Pars plana. Üblicherweise<br />

wird wegen der bei Kindern großen<br />

Nachstar- und damit Amblyopiegefahr eine<br />

vordere Vitrektomie und eine Ausschneidung<br />

der hinteren Linsenkapsel (primäre Kapsulotomie)<br />

vorgenommen. Kunstlinsen werden bei<br />

Kindern zurückhaltend und meist erst ab dem<br />

3. oder 4. Lebensjahr eingepflanzt, wenn der<br />

Augapfel annähernd die endgültige Länge erreicht<br />

hat und die Refraktion damit stabiler ist.<br />

Der Aphakieausgleich erfolgt vorher meist mit<br />

Kontaktlinsen.<br />

Künstliche Intraokularlinsen werden heutzutage<br />

aus starrem Plexiglas (Polymethylmethacrylat,<br />

PMMA) oder weichen Materialen wie<br />

Acrylaten oder Silikon, die eine Faltung der<br />

Linse und damit eine Implantation über einen<br />

kleineren Schnitt erlauben, in den unterschiedlichsten<br />

Designs hergestellt. Sie bestehen<br />

alle im Prinzip aus einer zentralen Optik<br />

und meist 2 Bügeln (Haptiken), welche für die<br />

Zentrierung der Linse im Kapselsack sorgen.<br />

Der Verlust der Linse geht mit einem Verlust<br />

der Naheinstellungsfähigkeit (Akkommodation)<br />

einher. Operierte Patienten brauchen deshalb<br />

normalerweise mindestens eine Fernoder<br />

eine Nahbrille. Sog. „akkommodative“<br />

Kunstlinsen gewährleisten bisher wenn überhaupt<br />

nur eine sehr geringe Naheinstellungsfähigkeit.<br />

Eine „Pseudoakkommodation“ ist<br />

durch multifokale Kunstlinsen erzielbar. Diese<br />

nur ausnahmsweise implantierten Linsen<br />

haben den Nachteil einer etwas geringeren<br />

Sehschärfe und eines verminderten Kontrastsehens.<br />

In geübten Händen liegt die technische Erfolgsrate<br />

der Kataraktextraktion bei normalen<br />

anatomischen Verhältnissen bei 95–99 %, und<br />

die große Mehrzahl der operierten Patienten<br />

erfährt einen deutlichen Funktionsgewinn.<br />

Allerdings liegen bei den meist älteren Patienten<br />

nicht selten Begleitveränderungen wie<br />

Makuladegeneration, diabetische Retinopathie<br />

oder glaukomatöse Optikusatrophie vor, welche<br />

den Anstieg der Sehschärfe limitieren können.<br />

Trotz sehr ausgereifter Operationstechniken<br />

gibt es Komplikationen während der Operation<br />

wie auch im kurz- bis langfristigen postoperativen<br />

Verlauf (Tab. 2).<br />

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Tab. 1 Prinzipieller Ablauf der heutzutage üblichen Phakoemulsifikation<br />

mit Kunstlinsenimplantation (auf mögliche Modifikationen wird hier nicht eingegangen)<br />

1. Präoperativ<br />

● Aufklärung über den Verlauf ohne Operation, die Operation und mögliche Risiken.<br />

● Festlegung, ob die Operation ambulant oder stationär durchgeführt werden soll. Hierbei<br />

sind okuläre Begleiterkrankungen, der Allgemeinzustand und die häusliche Versorgung zu<br />

berücksichtigen.<br />

● Festlegung des Anästhesieverfahrens. Zumeist wird die Operation in lokaler Anästhesie<br />

(Parabulbäranästhesie) durchgeführt. Alternativ kommt (insbesondere unter gerinnungshemmender<br />

Therapie) eine Tropfanästhesie in Betracht. Bei unkooperativen Patienten<br />

(z.B. Kinder) oder erheblich erschwerten Ausgangsbedingungen ist eine Intubationsnarkose<br />

erforderlich.<br />

● Echographische Bestimmung der Augapfellänge (Biometrie) und optische Messung der<br />

Hornhautbrechkraft. Daraufhin Berechnung der Stärke der zu implantierenden Kunstlinse.<br />

2. Intraoperativ<br />

● Durchführung der Anästhesie.<br />

● Ausübung eines Druckes auf das Auge (Okulopression), um den Augeninnendruck zu senken<br />

und eine bessere Verteilung des Anästhetikums zu erzielen (optional).<br />

● Sterile Abdeckung und Einsetzen eines Lidsperrers.<br />

● Eingehen in die Vorderkammer über die Kornea oder, nach Ablösung der Bindehaut, über<br />

die Korneosklera unter Präparation eines Tunnels.<br />

● Stabilisierung der Vorderkammer durch Eingeben einer viskösen Substanz (Viskoelastikum).<br />

● Zirkuläres Einreißen der vorderen Linsenkapsel mit einer gebogenen Kanüle oder einer Pinzette<br />

(Kapsulorhexis).<br />

● Injektion von Flüssigkeit zwischen Kapsel und Rinde und zwischen Rinde und Kern (Hydrodissektion<br />

und Hydrodelineation).<br />

● Anlegen von 2 Stichinzisionen (Parazentesen), um bimanuelles Arbeiten zu ermöglichen.<br />

● Zerkleinerung des Linsenkerns in Kapselsack (Phakoemulsifikation).<br />

● Absaugen des weichen Rindenmaterials mit einem Saug-Spül-System, evtl. Polieren des<br />

Kapselsackes.<br />

● Entfaltung des Kapselsackes mit Viskoelastikum.<br />

● Implantation der Kunstlinse.<br />

● Absaugung des Viskoelastikums.<br />

● Wundverschluss durch Naht, sofern kein selbstschließender Tunnel angelegt wurde.<br />

● Subkonjunktivale Injektion eines Antibiotikums und eines Kortikosteroids zur Infektions-<br />

und Inflammationsprophylaxe.<br />

● Verband für maximal 1 bis 2 Tage.<br />

Katarakt (Fortsetzung)<br />

3. Postoperativ<br />

● Augenärztliche Kontrolle am ersten postoperativen Tag, weitere Kontrollen je nach Befund.<br />

● Aufklärung über notwendiges Verhalten (Vermeidung von direktem Druck auf das Auge).<br />

● lokale Therapie bis zum Abklingen der Reizerscheinungen.<br />

● Anpassung eines neuen Brillenglases nach ca. 2 bis 4 Wochen.<br />

145<br />

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Tab. 2<br />

Komplikationen der Kataraktchirurgie<br />

1. Intraoperativ<br />

● Radiärer Einriss der Kapsulorhexis oder Ruptur der hinteren Linsenkapsel (Häufigkeit ca.<br />

1–3 %). In diesen Fällen kommt es dann häufig zum Glaskörperprolaps oder zur Dislokation<br />

von Linsenmaterial in den Glaskörperraum, was dann eine Vitrektomie erforderlich macht<br />

und die Kunstlinsenimplantation erschwert.<br />

● Massive Blutung in die Aderhaut oder unter die Netzhaut (expulsive Blutung) (sehr selten,<br />

aber oft deletär).<br />

● Läsion der Iris durch das Phako-Handstück (insbesondere bei atrophischer Iris).<br />

● Ablederung der Descemet-Membran.<br />

11 Linse<br />

2. Postoperativ<br />

● Ablatio retinae (Häufigkeit ca. 1 % bei regelrechtem Operationsverlauf; nach Kapselruptur<br />

und bei höherer Myopie häufiger). Die meisten Netzhautablösungen treten innerhalb von 3<br />

Jahren nach der Kataraktextraktion auf.<br />

● Erhöhung des Augendruckes/Glaukom. In der unmittelbar postoperativen Phase ist meist<br />

im Auge verbliebenes Viskoelastikum ursächlich; diese Druckerhöhung ist reversibel.<br />

Längerfristige Druckerhöhungen nach Kataraktextraktion bei Erwachsenen selten – die<br />

Linsenentfernung führt tendenziell eher zur Drucksenkung -, nach Lentektomie im Kindesalter<br />

im Langzeitverlauf aber sehr häufig (20–40 %).<br />

● Subakute, akute oder hyperakute Infektion (meist durch Bakterien, Häufigkeit ca. 1 ‰) (Af).<br />

● Sterile Entzündung mit Fibrinbildung und Gefahr der Ausbildung von Verwachsungen (Synechien).<br />

● Ödem der Makula (Irvine-Gass-Syndrom).<br />

● Trübung der Hornhaut (insbesondere bei bereits präoperativ reduzierter Endothelzelldichte).<br />

● Astigmatismus (Hornhautverkrümmung).<br />

● Wundundichtigkeit mit Druckerniedrigung (Hypotonie) und Gefahr der vorderen Synechierung.<br />

● Einklemmung der Iris in den Wundspalt mit Entrundung der Pupille.<br />

● <strong>Verlag</strong>erung der Kunstlinse, u.U. mit Iriseinklemmung (Iris capture) (Ad u. e).<br />

● Trübung der Kunstlinse durch Calciumeinstrom (insbesondere bei weichen, hydrophilen<br />

Acryllinsen) (Ag).<br />

● Intraokulares, tumorartiges Wachstum von konjunktivalem oder kornealem Epithel (sehr<br />

selten).<br />

● Verschlechterung einer vor der Operation bestehenden Erkrankung (z. B. diabetische Retinopathie,<br />

altersabhängige Makuladegeneration).<br />

● Trübung der vorderen oder – wichtiger – der hinteren Linsenkapsel durch Proliferation verbliebenen<br />

Linsenepithels. Dieser Nachstar kommt in einer sog. regeneratorischen Variante<br />

(mit froschlaichartigen Kugeln, Aa) und einer fibrotischen Variante (Ab) vor und führt zu<br />

einer späten Reduktion der zunächst guten Sehschärfe. Die Häufigkeit des Nachstars liegt je<br />

nach Linsentyp und Operationstechnik zwischen 3 und 30 %. Die Behandlung des Nachstars<br />

besteht in der Regel in der Eröffnung der hinteren Linsenkapsel mittels Laser (YAG-Laser-<br />

Kapsulotomie, Ac). Hierdurch wird jedoch in ca. 2 % der Fälle eine Netzhautablösung hervorgerufen.<br />

Unter Umständen gelangen chirurgische Verfahren zur Anwendung (z. B. Nachstarabsaugung).<br />

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A. Katarakt<br />

a Nachstar vom regeneratorischen Typ (froschlaichartige<br />

Proliferation des Linsenepithels)<br />

b Nachstar vom fibrotischen Typ<br />

c Zustand nach Durchtrennung der hinteren Linsenkapsel<br />

(Kapsulotomie) mittels Neodymium: YAG-<br />

Laser wegen eines Nachstars<br />

d Erhebliche Dislokation einer älteren Kunstlinse<br />

nach unten<br />

Katarakt (Fortsetzung)<br />

e Vorwärtsverlagerung einer bei einem Kind implantierten<br />

Kunstlinse mit Einklemmung der Iris (Iris<br />

capture)<br />

f Infektion des Kapselsackes nach Kunstlinsenimplantation<br />

g Trübung einer weichen Kunstlinse (durch Einstrom<br />

von Calcium)<br />

147<br />

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11 Linse<br />

148<br />

A. Linsenluxation<br />

Eine <strong>Verlag</strong>erung der Linse innerhalb der Retropupillar-Ebene<br />

wird als Subluxation (Subluxatio<br />

lentis) bezeichnet. Ist die Linse so weit<br />

gelöst, dass sie im hinteren Glaskörperraum<br />

oder in der Vorderkammer liegt spricht man<br />

von Luxation (Luxatio lentis). Die Linsenverlagerung<br />

wird insgesamt auch mit dem Terminus<br />

Dislokation belegt.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Subluxatio und Luxatio<br />

lentis beruhen auf einer partiellen oder totalen<br />

Destruktion des Zonulaapparates. Ursächlich<br />

sind hauptsächlich Verletzungen, daneben auch<br />

verschiedene Stoffwechselstörungen und Erkrankungen<br />

des Auges (Tab. 1).<br />

Epidemiologie. Subluxationen und Luxationen<br />

der Linse sind im klinischen Alltag nicht selten<br />

und manifestieren sich mit Ausnahme der<br />

durch Pseudoexfoliation (PEX) bedingten Linsenverlagerungen<br />

bevorzugt im jüngeren<br />

Lebensalter. Die traumatischen (Sub-)Luxationen<br />

betreffen vor allem Männer, während<br />

die stoffwechselbedingten Varianten beide Geschlechter<br />

etwa gleich häufig befallen (Tab. 2).<br />

Die Häufigkeit der Linsen-(sub-)luxation bei<br />

Marfan-Syndrom, Weill-Marchesani-Syndrom<br />

und Homozystinurie liegt bei ca. 80–90 %.<br />

Klinik. Die Beschwerden des Patienten hängen<br />

vor allem vom Ausmaß der Linsenverlagerung<br />

ab. Geringe Dislokationen bleiben oft symptomlos.<br />

Ist die Linse soweit verlagert, dass die<br />

optische Achse nicht mehr durch die Linse<br />

verläuft, besteht optisch gesehen eine Linsenlosigkeit<br />

(Aphakie) mit entsprechendem<br />

Brechkraftdefizit. Typische Beschwerden bei<br />

Linsenverlagerung sind Einschränkungen der<br />

Akkommodation, Sehschärfenminderung und<br />

Doppeltsehen (Diplopie) insbesondere dann,<br />

wenn die optische Achse durch die Linsenperipherie<br />

verläuft. In vielen Fällen ist die<br />

Linsendislokation mit einem spaltlampenmikroskopisch<br />

sichtbaren Linsenschlottern (Lentodonesis)<br />

vergesellschaftet.<br />

Diagnostik. Die <strong>Verlag</strong>erung der Linse ist meist<br />

gut an der Spaltlampe sichtbar (Aa). Diskrete<br />

Formen der Linsendislokation werden oft erst<br />

bei erweiterter Pupille sichtbar. Bei fehlendem<br />

Einblick kann die Lage der Linse echographisch<br />

dargestellt werden.<br />

Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnosen<br />

gibt es praktisch nicht. Die Linsenluxation in<br />

den Glaskörperraum ist gegen den operativen<br />

oder traumatischen Linsenverlust abzugrenzen.<br />

Therapie. Die Therapie orientiert sich am Beschwerdebild.<br />

Bei Symptomlosigkeit beschränkt<br />

man sich auf gelegentliche Befundüberprüfungen.<br />

Da eine „Reparatur“ der Zonulafasern nicht<br />

möglich ist, kommt bei stärkeren Beschwerden<br />

nur die Linsenentfernung in Betracht. Dabei<br />

muss in aller Regel der Kapselsack mitentfernt<br />

werden (intrakapsuläre Extraktion). Der Zugang<br />

zur Linse kann von vorn oder über die Pars<br />

plana erfolgen. Der Ausgleich der Aphakie erfolgt<br />

bevorzugt durch eine Vorderkammerlinse<br />

oder eine sklerafixierte Hinterkammerlinse,<br />

u. U. auch durch Kontaktlinsen oder eine Starbrille.<br />

Die Entfernung gelockerter Linsen geht<br />

mit einem erhöhten postoperativen Risiko für<br />

eine Ablatio retinae (insbesondere bei Marfan-<br />

Syndrom und hoher Myopie sowie nach Trauma)<br />

einher.<br />

Symptomlos im Glaskörper liegende Linsen<br />

können belassen werden, da sie oft jahre- oder<br />

jahrzehntelang keine Probleme bereiten. Allerdings<br />

kann es zu Komplikationen durch eine<br />

Zersetzung (Phakolyse) kommen, sodass im<br />

Zeitalter der modernen vitreoretinalen Operationstechniken<br />

üblicherweise zur Extraktion<br />

solcher Linsen geraten wird. In die Vorderkammer<br />

luxierte Linsen (Ab) rufen meist ein Sekundärglaukom<br />

hervor und stellen deshalb<br />

eine Operationsindikation dar.<br />

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A. Linsenluxation<br />

Tab.1 Erkrankungen, die mit einer Subluxation<br />

oder Luxation der Linse einhergehen können<br />

• spitze und insbesondere stumpfe Verletzungen (Contusio<br />

bulbi)<br />

• Stoffwechselstörungen<br />

– Marfan-Syndrom<br />

– Homozystinurie<br />

– Weill-Marchesani-Syndrom<br />

– Hyperlysinämie<br />

– Sulfit-Oxidase-Mangel<br />

– Ehlers-Danlos-Syndrom<br />

– Osteogenesis imperfecta<br />

– PEX-Syndrom, andere<br />

• Überdehnung der Zonulafasern durch exzessive Hornhautund/oder<br />

Skleradehnung<br />

– hohe Myopie<br />

– Hydrophthalmus<br />

– Megalokornea<br />

– Staphylome<br />

• andere Ursachen/Assoziationen<br />

– kongenitale Aniridie<br />

– mandibulofaziale Dysplasie<br />

– fokale, dermale Hypoplasie<br />

– Uveitis luica<br />

– Retinitis pigmentosa<br />

– Cataracta hypermatura<br />

– intraokuläre Tumoren (insbesondere Ziliarkörpermelanom)<br />

• idiopathische (Sub-)Luxation<br />

– hereditär<br />

– nicht hereditär<br />

a Subluxation der Linse nach temporal-oben<br />

bei einem Patienten mit Marfan-Syndrom;<br />

erkennbar sind die deutlich gedehnten, aber<br />

noch intakten Zonulafasern<br />

b Luxation einer vollständig gelockerten Linse<br />

in die Vorderkammer<br />

Linsenluxation<br />

Tab. 2 Synopsis der wichtigsten Krankheitsbilder, die mit einer Linsendislokation einhergehen<br />

können<br />

Häufigkeit<br />

Manifestation<br />

Richtung der Linsen-<br />

(Sub-)Luxation<br />

sonst zu beachten<br />

Augentrauma<br />

sehr<br />

häufig<br />

jedes, überw.<br />

jüngeres LA,<br />

m >> w<br />

variabel (jede Richtung<br />

möglich)<br />

traumatische Ablatio retinae,<br />

traumatisches Sekundärglaukom<br />

PEX-Syndrom<br />

sehr<br />

häufig<br />

höheres LA<br />

m = w<br />

meist nach vorn oder<br />

hinten<br />

PEX-Glaukom<br />

PEX-Irido- und -Keratopathie<br />

idopathische<br />

Linsendislokation<br />

nicht<br />

selten<br />

meist<br />

jüngeres LA<br />

m = w<br />

variabel<br />

Linsendislokation<br />

bei hoher Myopie<br />

nicht<br />

selten<br />

meist<br />

jüngeres LA<br />

m = w<br />

variabel<br />

rhegmatogene Ablatio<br />

retinae<br />

Marfan-Syndrom<br />

nicht<br />

selten<br />

jüngeres LA<br />

m = w<br />

meist temporal-oben,<br />

etwas seltener nasaloben<br />

Vorstellung beim Kardiologen<br />

(Cave Aortenaneurysma!),<br />

Arachnodaktylie<br />

Homozystinurie<br />

selten<br />

jüngeres LA<br />

m = w<br />

(nasal) unten, häufig<br />

Glaskörperraum<br />

oft Sphärophakie, Thromboseneigung<br />

Weill-Marchesani-<br />

Syndrom<br />

selten<br />

jüngeres LA<br />

m = w<br />

unten, vorn<br />

oft kleine, kugelige Linse, Minderwuchs,<br />

Brachyzephalie<br />

149<br />

m = männliches Geschlecht, w = weibliches Geschlecht, LA = Lebensalter<br />

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11 Linse<br />

A. Entzündungen<br />

Entzündungen einer intakten Linse sind unbekannt.<br />

Durch Trauma oder Operation freigesetztes<br />

Linseneiweiß kann eine phakogene<br />

Uveitis hervorrufen, wobei die entzündlichen<br />

Veränderungen (Lymphozyten, Plasmazellen,<br />

Epitheloidzellen, Riesenzellen) typischerweise<br />

in unmittelbarer Nachbarschaft des Kapselsackes<br />

am stärksten ausgeprägt sind. Ein Linsenabszess<br />

nach (traumatischer) Einbringung von<br />

Bakterien in den Kapselsack ist eine ausgesprochene<br />

Rarität.<br />

B. Tumoren<br />

Die Linse gehört zu den ganz wenigen Geweben<br />

des menschlichen Körpers, an denen eine<br />

Tumorentwicklung niemals beobachtet wurde.<br />

Der Grund für die fehlende maligne Transformationsfähigkeit<br />

des Linsenepithels liegt<br />

höchstwahrscheinlich an der Gefäßlosigkeit<br />

der Linse und ihrer vom normalen Stoffwechsel<br />

weitgehend isolierten Lage.<br />

C. Traumata<br />

Stumpfe oder spitze Verletzungen des Auges<br />

sind häufig verantwortlich für eine Linsentrübung<br />

(Cataracta traumatica, Ca u. b) oder eine<br />

Linsenverlagerung (siehe dort). Etwa 5 % aller<br />

intraokular eingesprengten Fremdkörper liegen<br />

in der Linse. Sie werden üblicherweise mit<br />

der getrübten Linse zusammen entfernt. In bestimmten<br />

Fällen können intralentale Fremdkörper<br />

(bei klarem Linsenzentrum) belassen<br />

oder linsenerhaltend extrahiert werden. Längerfristig<br />

in der Linse liegende Eisenfremdkörper<br />

rufen u. U. eine Verrostung der Linse<br />

(Siderosis lentis, Cc) hervor. Hierbei finden sich<br />

typischerweise bräunliche Ablagerungen hinter<br />

der Iris, die erst bei erweiterter Pupille<br />

sichtbar werden. Kupferfremdkörper führen<br />

eher zu einer gelb-grünlichen Katarakt, die aufgrund<br />

der strahlenförmig angeordneten Trübungen<br />

auch Sonnenblumenkatarakt genannt<br />

wird.<br />

(z. B. Katarakt beim Hallermann-Streiff-Syndrom)<br />

oder der persistierende hyperplastische<br />

primäre Glaskörper (PHPV). Es verbleiben<br />

dann meist mehr oder weniger transparente<br />

Anteile der Linsenkapsel.<br />

Mitunter kommt es zur fibrösen Metaplasie<br />

des Linsenepithels, bei der sich die linsenfaserbildenden<br />

Epithelzellen nach Entzündung,<br />

Verletzung oder Operation in fibrozytenähnliche,<br />

kontraktionsfähige Zellen umwandeln.<br />

Auf diese Weise kann aus der Linse eine derbe,<br />

bindegewebige Membran werden. Bei PHPV<br />

kommt es in seltenen Fällen zum Ersatz des<br />

Linsenmaterials durch Fettgewebe (Pseudophakia<br />

lipomatosa, D). Eine ausgesprochene<br />

Rarität stellt die Verknöcherung der Linse (Cataracta<br />

ossea) dar. Diese beruht meist auf<br />

einem lange zurückliegenden Trauma, welches<br />

erhebliche intraokulare Umbauvorgänge in<br />

Gang gesetzt hat.<br />

150<br />

D. Spontane Linsenresorption und Linsenmetaplasie<br />

Unter bestimmten Bedingungen kann eine<br />

Linse vor allem bei weicher Konsistenz spontan<br />

resorbiert werden. Ursächlich sind Verletzungen,<br />

Entzündungen (z. B. Röteln-Embryopathie),<br />

bestimmte syndromassozierte Kataraktformen<br />

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C. Traumata<br />

a Trübung und Quellung des Linsenmaterials nach<br />

spitzer, penetrierender Bulbusverletzung<br />

b Rosettenförmige Linsentrübung nach Augapfelprellung<br />

(Kontusionsrosette)<br />

c Zirkuläre Rostflecken unterhalb der Linsenkapsel<br />

(Siderosis lentis)<br />

Entzündungen/Tumoren/Traumata/Linsenresorption<br />

D. Spontane Linsenresorption und Linsenmetaplasie<br />

Umbau der Linse durch Fettgewebe bei PHPV mit weit fortgeschrittener Degeneration des Bulbus; Irisreste<br />

am oberen Bildrand<br />

151<br />

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12 Glaukom<br />

152<br />

A. Definition und Klassifikation<br />

Über Jahrzehnte ist der Begriff Glaukom primär<br />

im Sinne einer Störung der Kammerwasserdynamik<br />

mit der Konsequenz eines erhöhten<br />

Augeninnendruckes definiert worden. Neuere<br />

Erkenntnisse haben die alleinige Bedeutung<br />

des Augeninnendruckes als pathogenetischen<br />

Faktor bei der Glaukomentstehung relativiert.<br />

Demnach muss das Glaukom heute als Optikusneuropathie<br />

definiert werden, die klinisch<br />

anhand ihres charakteristischen Papillenbefundes<br />

sowie typischer Veränderungen des<br />

Gesichtsfeldes diagnostiziert und durch verschiedene<br />

Risikofaktoren einschließlich eines<br />

erhöhten Augeninnendruckes hervorgerufen<br />

werden kann. Die Klassifikation erfolgt unter<br />

ätiologischen und pathogenetischen Aspekten<br />

und wird meist durch ihren charakteristischen<br />

Verlauf zusätzlich erweitert (Tab. 1).<br />

B. Diagnostik<br />

Die Messung des Augeninnendruckes erfolgt<br />

i. d. R. applanationstonometrisch (nach Goldmann).<br />

Hierbei wird die Kraft gemessen, die benötigt<br />

wird, die zentralen 7,35 mm 2 der Hornhaut<br />

zu applanieren. Der durchschnittliche<br />

Augeninnendruck liegt bei 16,5 mm Hg und<br />

unterliegt einer zirkadianen Rhythmik von<br />

± 5 mm Hg. Glaukomtypisch sind Druckwerte<br />

zwischen 25 und 35 mm Hg sowie größere<br />

tageszeitliche Schwankungen. Die einmalige<br />

Feststellung eines Druckes von 21 mm Hg oder<br />

niedriger schließt deshalb ein Glaukom nicht<br />

aus. Da die Dicke der Hornhaut, wie auch andere<br />

korneale Faktoren, Einfluss auf die applanationstonometrisch<br />

erhobenen Augeninnendruckwerte<br />

hat, erfolgt zunehmend die<br />

Hornhautdickenmessung zur kritischen Überprüfung<br />

der Werte. Der Korrekturfaktor beträgt<br />

0,2–0,7 mm Hg/10µm (Norm: 545µm). Die Indentationstonometrie<br />

(nach Schiötz) und andere<br />

Verfahren sind klinisch weniger gebräuchlich.<br />

Hohen differenzialdiagnostischen Stellenwert<br />

hat die Gonioskopie. Die Beurteilung des Kammerwinkels<br />

erfolgt (nach Spaeth) nach der<br />

Weite der Kammerwinkelbucht (10°–40°), der<br />

Form der Iriswölbung (flach, normal, steil)<br />

sowie der Höhe der Irisinsertion im Kammerwinkel<br />

(A = hoch bis E = tief). Darüber hinaus<br />

werden der Grad der trabekulären Pigmentierung<br />

sowie vordere Synechierungen beachtet.<br />

Eine Reihe weiterer Klassifikationen sind<br />

klinisch gebräuchlich. Mittels Ultraschallbiomikroskopie<br />

(UBM) können Iris, Iriswurzel,<br />

Kammerwinkel, Ziliarkörper und Linse auch sonographisch<br />

dargestellt werden.<br />

Die Beurteilung der Papille beinhaltet Größe<br />

und Form von Papille, neuroretinalem Randsaum<br />

und parapapillärer, chorioretinaler Atrophie<br />

(Zone α und β), weiterhin Exkavationstiefe,<br />

Sichtbarkeit retinaler Nervenfasern,<br />

Durchmesser retinaler Gefäße sowie Vorkommen<br />

von Randblutungen. Die glaukomatöse<br />

Optikusneuropathie ist gekennzeichnet durch<br />

den Verlust retinaler Ganglienzellen und astrozytären<br />

Stützgewebes innerhalb der Papille,<br />

der sich als Zunahme der Tiefe und Fläche der<br />

Exkavation zeigt. Die Untersuchung erfolgt<br />

mittels direkter oder indirekter Ophthalmoskopie.<br />

Über verschiedene morphometrische<br />

Verfahren ist eine Quantifizierung des Verlustes<br />

an neuroretinalem Gewebe möglich. Die fotografische<br />

Dokumentation von Papille und<br />

Nervenfaserschicht erleichtert die Verlaufsbeurteilung.<br />

Die Gesichtsfelduntersuchung ist ein entscheidender<br />

Teil der Diagnostik. Der früheste klinisch<br />

signifikante Defekt ist ein Skotom, das<br />

sich zwischen 10° und 20° vom Fixierpunkt entfernt<br />

manifestiert (Bjerrum-Areal). Bei Fortschreiten<br />

des Glaukoms finden die Skotome<br />

Verbindung zum blinden Fleck und konfluieren.<br />

Im Spätstadium kommt es zu einem<br />

Durchbruch der Defekte in die Peripherie.<br />

Meist verschwindet der temporale Gesichtsfeldrest<br />

zuletzt, vor dem Verlust der zentralen<br />

Sehschärfe. Der Prüfung des Gesichtsfeldes<br />

dient insbesondere die statische Schwellen-<br />

Perimetrie. Kinetische Verfahren werden bei<br />

spezieller Fragestellung und fortgeschrittenem<br />

Verlauf hinzugezogen.<br />

Zu einer umfassenden Diagnostik gehören weiterhin<br />

die Erfassung von Alter, Eigenanamnese<br />

(insbesondere vaskuläre Risikofaktoren) sowie<br />

Familienanamnese (s. auch „Primäre Offenwinkelglaukome“).<br />

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A. Definition und Klassifikation B. Diagnostik<br />

Tab. 1 Glaukomklassifikation nach Vorschlägen<br />

der European Glaucoma Society<br />

• primär kongenitale Glaukome/dysgenetische<br />

Glaukome<br />

LA<br />

30°-Gesichtsfeld<br />

• primäre Offenwinkelglaukome<br />

– primäres Offenwinkelglaukom mit Hochdruck/Glaucoma<br />

chronicum simplex<br />

– primäres Offenwinkelglaukom ohne Hochdruck/Normaldruckglaukom<br />

– primär juveniles Glaukom<br />

– okuläre Hypertension<br />

• sekundäre Offenwinkelglaukome<br />

– sekundäre Offenwinkelglaukome als Folge<br />

okulärer Erkrankungen<br />

– Pseudoexfoliationsglaukom<br />

– Pigmentdispersionsglaukom<br />

– linseninduzierte sekundäre Offenwinkelglaukome<br />

(phakolytisches Glaukom, Linsenteilchenglaukom,<br />

phakoanaphylaktisches<br />

Glaukom)<br />

– Glaukome bei intraokularer Blutung (Glaukom<br />

bei Hyphäma, hämolytisches Glaukom,<br />

Geisterzellglaukom)<br />

– Glaukome bei intraokularen Entzündungen<br />

– Glaukome bei intraokularen Tumoren<br />

– Glaukome bei Netzhautablösung<br />

– traumatische Glaukome<br />

– iatrogene sekundäre Offenwinkelglaukome<br />

– Steroidglaukom<br />

– Glaukome nach intraokularen Eingriffen<br />

und Laser<br />

– sekundäre Offenwinkelglaukome als Folge<br />

extraokularer Erkrankungen<br />

– Glaukome bei erhöhtem episkleralen Venendruck<br />

30°<br />

30°<br />

30°<br />

Stadium I<br />

Stadium II<br />

Stadium III<br />

Definition/Klassifikation/Diagnostik<br />

• primäre Engwinkelglaukome<br />

– primärer Winkelblock<br />

• sekundäre Engwinkelglaukome<br />

– sekundäre Engwinkelglaukome mit Pupillarblock<br />

– sekundäre Engwinkelglaukome ohne Pupillarblock<br />

mit anteriorem „Pulling“-Mechanismus<br />

– sekundäre Engwinkelglaukome ohne Pupillarblock<br />

mit posteriorem „Pushing“-Mechanismus<br />

30°<br />

Stadium IV<br />

90°-Gesichtsfeld<br />

30° 90°<br />

Stadium V<br />

Stadien glaukomatöser Gesichtsfelddefekte nach<br />

Aulhorn<br />

153<br />

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12 Glaukom<br />

154<br />

A. Primär kongenitale Glaukome,<br />

dysgenetische Glaukome<br />

Die dysgenetischen oder entwicklungsbedingten<br />

Glaukome sind gekennzeichnet durch Fehlentwicklungen<br />

der Kammerwasserabflussstrukturen,<br />

häufig verbunden mit weiteren<br />

okulären oder systemischen Veränderungen.<br />

Ursächlich sind Differenzierungsstörungen des<br />

kranialen Neuralrohres während der Embryonalzeit.<br />

Glaukome im Kindesalter treten mit<br />

einer Inzidenz von 1 : 10 000 auf. Ausprägungsgrad<br />

und Manifestationsalter variieren stark.<br />

Bei Manifestation bis zum dritten Lebensjahr<br />

spricht man von kongenitalen Glaukomen, bei<br />

späterer Manifestation von juvenilen Glaukomen<br />

(bis zum 35. Lebensjahr). Der pathologisch<br />

erhöhte Augendruck kann durch die noch vorhandene<br />

Dehnbarkeit des Bulbus eine Vergrößerung<br />

des gesamten Augapfels induzieren<br />

(Buphthalmus). Diagnostisches Leitsymptom<br />

ist ein vergrößerter Hornhautdurchmesser<br />

(> 13 mm). Einrisse der Descemetmembran und<br />

anschließende Reparaturmechanismen führen<br />

zu typischen Hornhautnarben (Haab-Leisten).<br />

Weitere Symptome sind Epiphora und Photophobie.<br />

Die Einteilung erfolgt nach syndromatologischen<br />

oder morphologischen Gesichtspunkten.<br />

Bei etwa 50 % der Glaukome im Kindes- und<br />

Jugendalter liegen isolierte Trabekulodysgenesien<br />

vor, bei denen es zu einer Behinderung<br />

des Kammerwasserabflusses ohne zusätzliche<br />

okuläre und systemische Anomalien kommt<br />

(Aa). Unterschieden werden drei Kammerwinkelformationen:<br />

posteriore, anteriore und konkave<br />

Irisinsertion. Der Schlemm-Kanal ist meist<br />

offen. Die morphologische und funktionelle Ausprägung<br />

ist stark variabel. Spontanremissionen<br />

im Sinne einer Kammerwinkelnachreifung sind<br />

beschrieben.<br />

Iridotrabekulodysgenesien erklären sich aus<br />

dem gemeinsamen Ursprung in einem Zellverband<br />

des kranialen Neuralrohrs. Dysgenetische<br />

Befunde der Iris können sich als Irisstromahypoplasie,<br />

Persistieren der Pupillarmembran,<br />

Irishyperplasie (u. a. Ectropium uveae), pathologische<br />

Irisgefäße (irreguläre, oberflächliche<br />

Irisgefäße, Persistenz der Tunica vasculosa lentis),<br />

als Lochbildungen, Iriskolobome oder als<br />

Aniridie darstellen (Ab – d).<br />

Bei den Iridokorneotrabekulodysgenesien (Ae<br />

u. f) lassen sich periphere, mittelperiphere und<br />

zentrale Formen unterteilen: Als Embryotoxon<br />

posterius bezeichnet man die prominente<br />

Begrenzung der Descemetmembran, die sich<br />

als feiner, weißlicher Ring der peripheren<br />

Hornhaut bei 15–30 % normaler Augen findet.<br />

Treten zusätzlich periphere, mesodermale<br />

Stränge vom Irisstroma zur Schwalbe-Linie auf,<br />

spricht man von einer Axenfeld-Anomalie. In<br />

50 % der Fälle tritt, durch Verlegung des Kammerwinkels,<br />

ein Glaukom auf (Axenfeld-Syndrom).<br />

Bei der Rieger-Anomalie sind neben<br />

Embryotoxon posterius, mittelperiphere, vordere<br />

Synechien sowie eine Irisstromahypoplasie<br />

kennzeichnend. Pupillenektopie, Hornhautstromatrübungen<br />

und Glaukom (50 % der<br />

Fälle) können hinzutreten. Zusätzliche Zahnoder<br />

Skelettanomalien bezeichnen ein Rieger-<br />

Syndrom. Da fließende Übergänge zwischen<br />

Axenfeld- und Rieger-Anomalie bestehen und<br />

häufig beide Veränderungen gemeinsam vorkommen,<br />

geht man davon aus, dass es sich um<br />

Varianten des gleichen Fehlbildungskomplexes<br />

handelt, die unter dem Begriff Axenfeld-Rieger-<br />

Syndrom zusammengefasst werden. Die zentrale<br />

Form der Iridokorneotrabekulodysgenesie<br />

wird als Peters-Anomalie bezeichnet. Es handelt<br />

sich um eine seltene, meist bilaterale Anomalie.<br />

In 50–70 % der Augen tritt ein dysgenetisches<br />

Glaukom auf. Daneben finden sich<br />

zentrale Hornhauttrübungen, Fehlen oder Ausdünnung<br />

einzelner Hornhautschichten, vordere<br />

Synechien von Iris und Linse, vorderer<br />

Polstar und Mikrophthalmus. Zusätzliche Fehlbildungen<br />

von ZNS, Herz, Kreislauf oder Gesichtsschädel<br />

werden als Peters-Plus-Syndrom<br />

bezeichnet.<br />

Typische systemische Fehlbildungen, in deren<br />

Rahmen es zur Entwicklung eines dysgenetischen<br />

Glaukoms kommt, sind Lowe-Syndrom,<br />

Phakomatosen (v. a. Sturge-Weber-Syndrom),<br />

Rubinstein-Taybi-Syndrom, Pierre-Robin-Syndrom,<br />

Chromosomenabberationen, Marfan-<br />

Syndrom, Weil-Marchesani-Syndrom, Rötelnembryopathie<br />

und Homozystinurie.<br />

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A. Primär kongenitale Glaukome, dysgenetische Glaukome<br />

a Trabekulodysgenesie<br />

b Iridotrabekulodysgenesie<br />

Primär kongenitale Glaukome, dysgenetische Glaukome<br />

c Iridotrabekulodysgenesie<br />

d Aniridie<br />

e Iridokorneotrabekulodysgenesie<br />

f Iridokorneotrabekulodysgenesie<br />

155<br />

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12 Glaukom<br />

156<br />

A. Glaucoma chronicum simplex<br />

Das Glaucoma chronicum simplex (primäres<br />

Offenwinkelglaukom mit Hochdruck, primär<br />

chronisches Offenwinkelglaukom) ist gekennzeichnet<br />

durch einen Augeninnendruck größer<br />

21 mm Hg (Aa), einen offenen Kammerwinkel<br />

(Ab), eine charakteristische Papillenexkavation<br />

(Ac–e) mit Gesichtsfelddefekten (Af) sowie das<br />

Fehlen einer bekannten sekundären Ursache<br />

der Glaukomentstehung. Der Anstieg des Augeninnendruckes<br />

wird durch einen erhöhten<br />

Abflusswiderstand im juxtakanalikulären Trabekelmaschenwerk<br />

verursacht. Assoziierte<br />

Genmutationen (MYOC/TIGR) konnten in den<br />

letzten Jahren vermehrt aufgedeckt werden.<br />

Das primär chronische Offenwinkelglaukom<br />

stellt die häufigste Glaukomform dar. Die Prävalenz<br />

beträgt circa 1,4 % in der Bevölkerung<br />

über 40 Jahre. Eine Geschlechtsdisposition findet<br />

sich nicht. 20 % aller Erblindungen der<br />

westlichen Welt werden durch das Simplexglaukom<br />

verursacht. Die Erkrankung beginnt<br />

schleichend und zeigt zunächst keine Symptome,<br />

bis bereits deutliche Gesichtsfelddefekte<br />

entstanden sind. In den meisten Fällen ergibt<br />

sich der Verdacht durch einen routinemäßig<br />

entdeckten, auffälligen Papillenbefund. Ohne<br />

Therapie liegt der Augeninnendruck i. d. R. zwischen<br />

25 und 35 mm Hg. Der Kammerwinkel ist<br />

weit offen. Die Erkrankung ist chronisch und<br />

langsam progredient. Unbehandelt führt sie<br />

zum allmählichen Funktionsverlust des Auges.<br />

B. Normaldruckglaukom<br />

Wesentliches Merkmal des Normaldruckglaukoms<br />

(Glaucoma sine tensio) ist das Vorhandensein<br />

einer glaukomatösen Optikusneuropathie<br />

mit Gesichtsfelddefekten bei im Normbereich<br />

liegendem Augeninnendruck, offenem<br />

Kammerwinkel und Fehlen einer bekannten sekundären<br />

Ursache der Glaukomentstehung.<br />

Der Begriff umfasst eine ganze Gruppe von<br />

Glaukomen. Zahlreiche Risikofaktoren (Kompression<br />

des N. opticus, vaskuläre Dysregulation,<br />

arterielle Hypertension und Hypotension,<br />

Schlaf-Apnoe-Syndrom, Veränderungen der<br />

Blutrheologie, -viskosität, -koagulabilität) können<br />

Entstehung und/oder Verlauf beeinflussen.<br />

Weiterhin kristallisieren sich zunehmend genetische<br />

Zusammenhänge (Optineurin) heraus,<br />

die auch eine bessere Abgrenzung zum primär<br />

chronischen Offenwinkelglaukom erlauben.<br />

Die Prävalenz in Westeuropa beträgt etwa<br />

0,6 %. Die Diagnosestellung erfolgt primär als<br />

Ausschlussdiagnose anderer Glaukomformen<br />

und nichtglaukomatöser Optikusneuropathien.<br />

Der Augeninnendruck spielt im pathogenetischen<br />

Geschehen trotz allem eine Rolle. Eine<br />

Drucksenkung um 30 % und mehr kann eine<br />

weitere Progression des Krankheitsgeschehens<br />

verhindern oder zumindest verlangsamen. Ein<br />

Fortschreiten des Glaukomschadens trotz effektiver<br />

Drucksenkung sollte an einen starken<br />

nächtlichen Blutdruckabfall denken lassen.<br />

Ergeben sich nachhaltige Hinweise auf das<br />

Vorliegen eines vasospastischen Syndroms, so<br />

kann bei milderen Formen eine systemische<br />

Therapie mit Magnesium, bei stärkeren Formen<br />

mit niedrig dosierten Calciumkanalblockern<br />

erfolgen. Eine Zusammenarbeit mit dem betreuenden<br />

Hausarzt ist hierbei auf jeden Fall<br />

anzuraten.<br />

C. Primär juveniles Glaukom<br />

Das primär juvenile Glaukom tritt im Alter von<br />

10 bis 35 Jahren auf. Bei ähnlichem klinischen<br />

Verlauf zeigt es eine stärkere genetische Abhängigkeit<br />

als das primär chronische Offenwinkelglaukom.<br />

Assoziierte Gene konnten auf<br />

Chromosom 1 und MYOC nachgewiesen werden.<br />

Häufig findet sich eine positive Familienanamnese.<br />

D. Okuläre Hypertension<br />

Die okuläre Hypertension ist gekennzeichnet<br />

durch Augeninnendruckwerte von mehr als<br />

21 mm Hg ohne charakteristische glaukomatöse<br />

Optikusneuropathie. Zur kritischen Überprüfung<br />

der applanatorisch erhobenen Druckwerte<br />

ist eine Hornhautdickenmessung notwendig.<br />

Nur eine Minderheit der Patienten entwickelt<br />

im Laufe der Jahre eine glaukomatöse Schädigung.<br />

Die 5-Jahres-Konversionsrate beträgt<br />

etwa 10 %. Bei Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren<br />

ist eine Therapie sinnvoll.<br />

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A. Glaucoma chronicum simplex<br />

(mmHg)<br />

32<br />

30<br />

28<br />

26<br />

24<br />

22<br />

20<br />

18<br />

Intraokulardruck<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24<br />

Zeit (h)<br />

RA<br />

LA<br />

a Druckprofil bei Glaucoma chronicum simplex<br />

b Offener Kammerwinkel bei Glaucoma chronicum<br />

simplex<br />

Primäre Offenwinkelglaukome<br />

c Fortgeschrittene Optikusneuropathie bei Glaucoma<br />

chronicum simplex<br />

d Nervenfaserschichtdefekte bei Glaucoma chronicum<br />

simplex<br />

e Scanning-Laser-Ophthalmoskopie (Heidelberg Retina<br />

Tomograph) bei Glaucoma chronicum simplex<br />

f Gesichtsfelddefekte bei Glaucoma chronicum simplex<br />

157<br />

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12 Glaukom<br />

158<br />

A. Sekundäre Offenwinkelglaukome<br />

Sekundäre Offenwinkelglaukome sind charakterisiert<br />

durch einen erhöhten Augeninnendruck<br />

mit progressiver, typisch glaukomatöser<br />

Optikusneuropathie und Gesichtsfelddefekten<br />

als Folge einer okulären oder extraokularen Erkrankung<br />

und/oder Behandlung. Der Kammerwinkel<br />

ist über mehr als 270° offen. Fließende<br />

Übergänge zu sekundären Engwinkelglaukomen<br />

sind häufig.<br />

Das Pseudoexfoliationssyndrom ist charakterisiert<br />

durch die Ablagerung von Pseudoexfoliationsmaterial<br />

im vorderen Augenabschnitt<br />

sowie in verschiedenen extraokularen Geweben.<br />

Durch Verlegung des trabekulären Maschenwerkes<br />

entwickeln etwa 20–60 % der<br />

Patienten ein Glaukom (PEX-Glaukom, Glaucoma<br />

capsulare). Das Pseudoexfoliationsmaterial<br />

stellt ein fibrilläres Basalmembranprotein<br />

dar, für dessen Herkunft genetische und<br />

nichtgenetische Ursachen (UV-Strahlung, autoimmunologische<br />

Faktoren, Slow-Virus-Infektion,<br />

Trauma) verantwortlich gemacht werden.<br />

Betroffen sind überwiegend Patienten im 6.–7.<br />

Lebensjahrzehnt. Eine erhöhte Prävalenz zeigt<br />

sich bei skandinavischer Abstammung. Eine<br />

familiäre Häufung ist beschrieben. Das PEX-<br />

Glaukom manifestiert sich meist mit deutlich<br />

höherem Druckniveau, schnellerer Progression<br />

und niedrigerer Drucktoleranz als das primär<br />

chronische Offenwinkelglaukom. Das PEX-Material<br />

imponiert als grau-weißliche Flocken<br />

und findet sich neben den intra- und intertrabekulären<br />

Zwischenräumen des Trabekelmaschenwerks<br />

auch auf Hornhautendothel, Iris,<br />

Linse, Zonulafasern und Ziliarkörperfortsätzen<br />

(Aa, b). Gelegentlich zeigt sich eine Phakodonesis<br />

oder Spontanluxation der Linse. Gonioskopisch<br />

fällt eine vermehrte Pigmentierung des<br />

Kammerwinkels auf, gelegentlich eine wellenförmige<br />

Linie anterior der Schwalbe-Linie<br />

(Sampaolesi-Linie). Daneben findet sich entsprechend<br />

eine glaukomatöse Optikusneuropathie<br />

mit erhöhten Augeninnendruckwerten.<br />

Wie beim primär chronischen Offenwinkelglaukom<br />

handelt es sich um eine chronisch<br />

progressive Erkrankung, die jedoch ein vermindertes<br />

Ansprechen auf die konservative<br />

Therapie aufweist, was meist zur frühzeitigen<br />

chirurgischen Intervention führt.<br />

Das Pigmentdispersionssyndrom ist gekennzeichnet<br />

durch Pigmentablagerung im vorderen<br />

Augenabschnitt. Durch Überfrachtung des<br />

Trabekelmaschenwerkes mit nachfolgender<br />

Veränderung der Trabekellamellen entwickeln<br />

etwa 25–35% der Patienten ein Glaukom (Pigmentdispersionsglaukom).<br />

Entsprechend der<br />

Theorie des inversen Pupillarblockes stellt die<br />

Iris ein Ventil dar, durch das der Augeninnendruck<br />

in der Vorderkammer höher ist als in der<br />

Hinterkammer. Dies führt zum Zurückdrängen<br />

der peripheren Iris gegen die Linse. Durch Abrieb<br />

zwischen Zonulafasern und Irisrückfläche<br />

kommt es zur Freisetzung von Melaningranula.<br />

Überwiegend betroffen sind myope Männer im<br />

Alter von 30–40 Jahren. Ein Pigmentglaukom<br />

entwickelt sich meist innerhalb der ersten<br />

15 Jahre nach Nachweis der Pigmentdispersion.<br />

In manchen Fällen kommt es zum Augeninnendruckanstieg<br />

bei körperlicher Anstrengung<br />

oder nach Pupillenerweiterung, vermutlich als<br />

Folge einer vermehrten Pigmentdispersion. Typischerweise<br />

zeigt sich eine spindelförmige bis<br />

dreieckige Pigmentierung des Hornhautendothels<br />

mit der Basis nach unten (Krukenbergspindel,<br />

Ac). Das Trabekelwerk ist hochgradig<br />

pigmentiert (Ad). Durch den Pigmentverlust des<br />

Irispigmentepithels entstehen radiäre Transilluminationsdefekte<br />

(Kirchenfenster-Phänomen,<br />

Ae). Staubartige Pigmentablagerungen<br />

können sich auch auf Irisvorderfläche, Linse,<br />

Zonulafasern und Netzhautperipherie zeigen.<br />

Tritt eine Augeninnendrucksteigerung hinzu,<br />

kann sich eine charakteristische glaukomatöse<br />

Optikusneuropathie entwickeln. Zur Diagnose<br />

des inversen Pupillarblockes ist die Ultraschallbiomikroskopie<br />

hilfreich (Af). Wie beim<br />

primär chronischen Offenwinkelglaukom handelt<br />

sich um eine chronisch progressive Erkrankung.<br />

Neben der lokal drucksenkenden<br />

Therapie wird die Durchführung einer Laseriridotomie<br />

oder einer chirurgischen Iridektomie<br />

zur Aufhebung des inversen Pupillarblockes<br />

empfohlen. Im Verlauf sind Spontanremissionen<br />

möglich.<br />

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A. Sekundäre Offenwinkelglaukome<br />

a Pseudoexfoliationsglaukom<br />

b Pseudoexfoliationsglaukom<br />

Sekundäre Offenwinkelglaukome<br />

c Krukenberg-Spindel bei Pigmentdispersionsglaukom<br />

d Kammerwinkelbefund bei Pigmentdispersionsglaukom<br />

e Kirchenfensterphänomen bei Pigmentdispersionsglaukom<br />

f Ultraschallbiomikroskopiebefund bei Pigmentdispersionsglaukom<br />

159<br />

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12 Glaukom<br />

160<br />

A. Sekundäre Offenwinkelglaukome<br />

(Fortsetzung)<br />

Das phakolytische Glaukom beobachtet man<br />

gelegentlich bei maturer oder hypermaturer<br />

Katarakt (Aa). Durch die intakte Linsenkapsel<br />

tritt denaturiertes Linsenprotein aus, das phagozytiert<br />

wird. Die Verlegung des Trabekelmaschenwerkes<br />

durch Makrophagen oder<br />

Linsenprotein führt zur Erhöhung des Abflusswiderstandes<br />

mit nachfolgendem Anstieg des<br />

Augeninnendruckes. Beim Linsenteilchenglaukom<br />

erfolgt die Obstruktion des Trabekelmaschenwerkes<br />

durch Linsenpartikel einer<br />

durch Trauma oder Operation verletzten Linse.<br />

Das phakoanaphylaktische Glaukom ist gekennzeichnet<br />

durch eine granulomatöse Entzündung<br />

des Trabekelwerkes nach komplikationsloser,<br />

extrakapsulärer Kataraktextraktion<br />

aufgrund einer bestehenden Sensibilisierung<br />

des Immunsystems auf freigesetztes Linsenprotein.<br />

Eine Vorderkammereinblutung (Hyphaema),<br />

führt durch Verlegung des trabekulären Maschenwerkes<br />

zu einer Erhöhung des Augeninnendruckes<br />

(Ab). Das hämolytische Glaukom<br />

entsteht durch Obstruktion des Trabekelmaschenwerkes<br />

durch Makrophagen, die die erythrozytären<br />

Abbauprodukte phagozytieren.<br />

Nach Glaskörperblutungen degenerieren die<br />

Erythrozyten zu sogenannten Geisterzellen,<br />

die durch Defekte der vorderen Glaskörpergrenzmembran<br />

in die Vorderkammer gelangen<br />

können, wo sie, aufgrund des Verlustes ihrer<br />

natürlichen Verformbarkeit, das trabekuläre<br />

Maschenwerk verlegen und den Abflusswiderstand<br />

erhöhen.<br />

Während der akuten Phase einer Uveitis anterior<br />

oder intermedia kann der Augeninnendruck<br />

auf subnormale Werte absinken, da die<br />

Entzündung des sekretorischen Ziliarkörperepithels<br />

zu einer Verminderung der Kammerwasserproduktion<br />

führt. Im weiteren Verlauf<br />

entsteht jedoch nicht selten ein entzündungsbedingtes<br />

Glaukom durch Erhöhung der Kammerwasserviskosität<br />

infolge eines erhöhten<br />

Proteingehaltes, Verlegung des Trabekelwerkes<br />

durch Entzündungszellen oder Schwellung der<br />

Trabekelmaschenwerkzellen im Rahmen einer<br />

Trabekulitis. Der erhöhte Abflusswiderstand<br />

führt zur Steigerung des Augeninnendruckes.<br />

Bei chronischer Entzündung (Ac) kann es zur<br />

Ausbildung von Neovaskularisationen, Verklebungen<br />

und Narben kommen. Durch vordere<br />

Synechien entsteht ein sekundäres Winkelblockglaukom.<br />

Wichtige Formen, die mit einer<br />

Erhöhung des Augeninnendruckes einhergehen,<br />

sind Fuchs-Heterochromiezyklitis und<br />

Posner-Schlossman-Syndrom sowie Uveitis bei<br />

juveniler idiopathischer Arthritis, Herpes simplex,<br />

Herpes zoster oder Morbus Behçet.<br />

Ein Glaukom bei intraokularen Tumoren entsteht<br />

durch Tumorextension in das Trabekelmaschenwerk<br />

und/oder Obstruktion des trabekulären<br />

Maschenwerkes aufgrund tumorbedingter<br />

Neovaskularisation, Entzündung,<br />

Nekrose, Hämorrhagie oder Pigmentdispersion<br />

(Ad). Klinik und Verlauf sind sehr variabel.<br />

Obwohl eine Netzhautablösung üblicherweise<br />

mit einem Abfall des Augeninnendruckes verbunden<br />

ist, können sekundäre Umbauvorgänge<br />

auch einen Anstieg des Augeninnendruckes<br />

bewirken.<br />

Bei den traumatischen Glaukomen handelt es<br />

sich um eine heterogene Gruppe von Glaukomerkrankungen,<br />

bei denen nicht nur die Art des<br />

okulären Traumas eine Rolle spielt, sondern<br />

auch zahlreiche unterschiedliche pathogenetische<br />

Prozesse zum Tragen kommen. Die Behandlung<br />

ist schwierig, die Ergebnisse oft unbefriedigend.<br />

Zum Teil entwickelt sich ein<br />

Glaukom erst nach Jahren.<br />

Nach intraokularen Eingriffen und Laserbehandlung<br />

entstehen gelegentlich transiente<br />

Augeninnendrucksteigerungen durch Verbleiben<br />

viskoelastischer Substanzen, Linsenpartikel,<br />

Glaskörpervorfall oder Prostaglandinausschüttung.<br />

Mit Zunahme des Einsatzes von<br />

Silikonöl in der vitreoretinalen Chirurgie<br />

nimmt auch die Zahl der Silikonölglaukome<br />

durch Verlegung des Trabekelmaschenwerkes<br />

zu (Ae).<br />

Glaukome bei erhöhtem episkleralen Venendruck<br />

(Af) entstehen infolge einer intravasalen<br />

Abflussbehinderung oder durch arterio-venöse<br />

Shunts. Im Gegensatz zu anderen Glaukomformen<br />

liegt die Ursache der Abflusswiderstanderhöhung<br />

jenseits des Schlemm-Kanals.<br />

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A. Sekundäre Offenwinkelglaukome<br />

a Phakolytisches Glaukom bei maturer Katarakt<br />

b Glaukom bei Hyphaema und Haematocornea<br />

Sekundäre Offenwinkelglaukome (Fortsetzung)<br />

c Glaukom bei chronischer Uveitis<br />

d Glaukom bei malignem Melanom der Iris<br />

e Silikonölglaukom mit emulsifiziertem Silikonölbläschen<br />

in der Vorderkammer<br />

f Glaukom bei erhöhtem episkleralen Venendruck<br />

161<br />

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12 Glaukom<br />

162<br />

A. Primärer Winkelblock<br />

Unter dem Begriff des primären Winkelblockes<br />

fasst man den Verschluss des Kammerwinkels<br />

durch eine Reihe unterschiedlicher Mechanismen<br />

bei Fehlen einer bekannten sekundären<br />

Ursache der Augeninnendrucksteigerung zusammen.<br />

Die Verlegung des Kammerwasserabflusses<br />

führt neben einem Anstieg des Augeninnendruckes<br />

auch zu strukturellen Veränderungen<br />

des Auges. Ein akuter Winkelblock ist<br />

gekennzeichnet durch eine reversible, iridocorneale<br />

Apposition, wohingegen ein chronischer<br />

Winkelblock auf der Basis irreversibler,<br />

vorderer Synechien entsteht.<br />

Häufigster Pathomechanismus ist der Pupillarblockmechanismus<br />

(Aa): Die Verlegung des<br />

transpupillaren Kammerwasserabflusses bewirkt<br />

einen Druckanstieg in der hinteren Augenkammer.<br />

Hierdurch wird die periphere Iris<br />

gegen das Trabekelmaschenwerk und die<br />

Schwalbe-Linie gedrückt. Die zirkuläre Obstruktion<br />

des trabekulären Abflusses bewirkt<br />

einen Anstieg des Augeninnendruckes auf<br />

Werte bis zu 80 mm Hg. Prädisponierend wirken<br />

anatomische (Linsengröße, Hornhautdurchmesser,<br />

Achsenlänge) und physiologische<br />

(Pupillenweite) Faktoren. Beim selteneren<br />

Plateau-Iris-Mechanismus (Ab) kann bei sehr<br />

dicker und/oder flacher, peripherer Iris sowie<br />

bei anteriorer Irisinsertion die Iriswurzel in<br />

Mydriasis den trabekulären Kammerwasserabfluss<br />

verlegen Die zentrale Vorderkammertiefe<br />

ist häufig nicht vermindert. Die Diagnose<br />

erfolgt mittels Ultraschallbiomikroskopie. Iridotomie<br />

und Iridektomie sind oft wirkungslos.<br />

Besserung ist durch Gabe starker Miotika zu erreichen.<br />

Systemische Risikofaktoren für einen<br />

Pupillarblock sind weiterhin weibliches Geschlecht,<br />

positive Familienanamnese sowie<br />

sympathomimetische und sympatholytische<br />

Therapie.<br />

Das akute Winkelblockglaukom (Glaukomanfall,<br />

Ac) ist die Folge eines reversiblen, plötzlichen<br />

und vollständigen Kammerwinkelverschlusses<br />

meist in Folge eines Pupillarblockmechanismus.<br />

Die Patienten beklagen eine rasch<br />

fortschreitende Sehverschlechterung sowie<br />

Schmerzen und Rötung des betroffenen Auges.<br />

Übelkeit, Erbrechen und Herzrhythmusstörungen<br />

können hinzutreten. Morphologisch findet<br />

sich eine gemischte Injektion mit Hornhautödem,<br />

aufgehobener Vorderkammer, positivem<br />

Tyndall-Effekt, hochoval verzogener, mittelweiter<br />

bis weiter, lichtstarrer Pupille sowie<br />

hyperämischer Papille. Durch Miotika, Carboanhydrasehemmer<br />

und Hyperosmotika wird<br />

der Anfall unterbrochen. Im anfallfreien Intervall<br />

erfolgt die kausale Behandlung (beider<br />

Augen) mittels Laseriridotomie oder chirurgischer<br />

Iridektomie (Ad, e). In den meisten Fällen<br />

kann hierdurch der Augeninnendruck dauerhaft<br />

und ohne Medikation auf Normalwerte gesenkt<br />

werden. Sind mehr als 50 % des Kammerwinkels<br />

verschlossen, ist gelegentlich eine<br />

weiterführende Therapie mit lokalen Antiglaukomatosa<br />

notwendig. Das kumulative Risiko<br />

für einen Glaukomanfall des Partnerauges beträgt<br />

10 % pro Jahr.<br />

Als intermittierendes Winkelblockglaukom<br />

bezeichnet man eine Form des Winkelblockglaukoms,<br />

bei der die Symptome des akuten<br />

Winkelblockes milder, jedoch rezidivierend<br />

auftreten.<br />

Das chronische Winkelblockglaukom ist charakterisiert<br />

durch die irreversible, langsam<br />

progrediente Obstruktion des Kammerwinkels.<br />

Die Verlegung des trabekulären Abflussweges<br />

beginnt gewöhnlich oben und breitet sich allmählich<br />

nach unten aus. Der Augeninnendruck<br />

ist meist nur mäßig erhöht, Papillenveränderungen<br />

und Gesichtsfeldbefunde gleichen<br />

denen beim primär chronischen Offenwinkelglaukom.<br />

Als Folge der mechanischen Schädigung während<br />

der akuten Druckerhöhung finden sich<br />

nach einem akutem Winkelblock herdförmige<br />

Irisatrophien und Pupillenentrundungen. Der<br />

Kammerwinkel kann offen oder in unterschiedlichem<br />

Maße verschlossen sein. Beweisend<br />

für einen ehemaligen akuten Winkelblock<br />

sind kleine, grauweißliche subkapsuläre Linsentrübungen<br />

(Glaukomflecken, Af). Die Druckschädigung<br />

kann zu einer blassen Optikusatrophie<br />

führen. Unbehandelt oder zu spät<br />

behandelt führt das Winkelblockglaukom zur<br />

dauerhaften Funktionsstörung des Auges bis<br />

hin zur schmerzhaften Erblindung.<br />

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A. Primärer Winkelblock<br />

a Ultraschallbiomikroskopiebefund bei enger Vorderkammer<br />

b Ultraschallbiomikroskopiebefund bei Plateauiris<br />

Primäre Engwinkelglaukome<br />

c Akuter Winkelblock<br />

d Pupillarblock vor Laseriridotomie<br />

e Z. n. Pupillarblock nach Laseriridotomie<br />

f Glaukomflecken<br />

163<br />

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12 Glaukom<br />

164<br />

A. Sekundäre Engwinkelglaukome<br />

Die sekundären Engwinkelglaukome werden<br />

entsprechend ihrem Pathomechanismus weiter<br />

unterteilt. Unter Pupillarblock versteht man die<br />

Obstruktion des trabekulären Abflusses durch<br />

die periphere Iris aufgrund einer Verlegung des<br />

transpupillaren Kammerwasserflusses mit konsekutivem<br />

Anstieg des Druckes in der hinteren<br />

Augenkammer. Sekundäre Engwinkelglaukome<br />

mit Pupillarblock entstehen bei Linsenschwellung,<br />

anteriorer Linsendislokation, posterioren<br />

Synechien, Glaskörperprotrusion bei Aphakie<br />

(Aa), Mikrosphärophakie und Intraokularlinsen<br />

(Ab).<br />

Sekundäre Engwinkelglaukome mit anteriorem<br />

(„Pulling-“)Mechanismus finden sich neben<br />

dem Neovaskularisationsglaukom und dem ICE-<br />

Syndrom auch nach Trauma, chirurgischen Eingriffen<br />

und Entzündungen. Das Trabekelmaschenwerk<br />

wird hierbei durch Irisgewebe oder<br />

eine Membran verlegt, die durch Kontraktion<br />

den Kammerwinkel nach und nach einengt und<br />

letztlich verschließt.<br />

Das Neovaskularisationsglaukom (Ac) stellt<br />

eine typische Komplikation einer Netzhauthypoxie<br />

dar, die, wie z. B. bei proliferativer<br />

diabetischer Retinopathie, Zentralvenen- oder<br />

Zentralarterienverschluss, Morbus Eales, Ablatio<br />

retinae insanata, schweren intraokularen<br />

Entzündungen oder Tumoren, zur Ausbildung<br />

neuer Gefäße führt. Die Proliferation der Neovaskularisationen<br />

beginnt typischerweise am<br />

Pupillarrand und setzt sich von dort radiär in<br />

Richtung Kammerwinkel fort (Rubeosis iridis),<br />

bis die Gefäßneubildungen Anschluss an den<br />

Circulus arteriosus iridis major finden. Von dort<br />

aus erfolgt die Proliferation über die Oberfläche<br />

des Ziliarkörpers sowie des Sklerasporns<br />

weiter bis in die Tiefe des Trabekelmaschenwerkes<br />

(Ad). Durch Kontraktion des neugebildeten<br />

fibrovaskulären Gewebes entstehen früh<br />

periphere vordere Synechien. Der Augendruck<br />

beginnt zu steigen. Durch fortschreitende Kontraktion<br />

des fibrovaskulären Gewebes kommt<br />

es allmählich zur vollständigen Verlegung des<br />

Kammerwinkels. Die Iris wird über das gesamte<br />

Trabekelmaschenwerk gezogen. Pupillenverziehung<br />

und Ektropium uveae sind die Folge.<br />

Der Augeninnendruck steigt weiter deutlich an.<br />

Es entstehen Schmerzen sowie die kongestive<br />

Hyperämie des gesamten Bulbus. Das Neovaskularisationsglaukom<br />

zeichnet sich durch<br />

einen z. T. fulminanten Verlauf aus. Neben der<br />

obligaten Behandlung der Grunderkrankung<br />

sind häufig frühzeitige chirurgische Interventionen<br />

notwendig. Die Prognose ist schlecht.<br />

Die Enukleation gilt als Ultima ratio.<br />

Unter dem Begriff des iridocornealen endothelialen<br />

(ICE-)Syndroms (Ae) fasst man die essenzielle<br />

oder progressive Irisatrophie, das Iris-<br />

Nävus- oder Cogan-Reese-Syndrom sowie das<br />

Chandler-Syndrom zusammen, bei denen es<br />

sich um unterschiedliche Erscheinungsbilder<br />

ein und derselben Erkrankung handelt. Ausgehend<br />

von einer primären Hornhautendothelveränderung<br />

wächst eine aus Endothelzellen<br />

und descemetartigen Zellen bestehende Membran<br />

über den offenen Kammerwinkel und auf<br />

die Vorderseite der Iris. Eine Kontraktion der<br />

Membran führt zur Ausbildung vorderer Synechien<br />

mit Verziehung der Pupille in Richtung<br />

der Synechie sowie zur Irisatrophie und Ausbildung<br />

von Irislöchern im gegenüberliegenden<br />

Quadranten. Durch Verlegung des Kammerwinkels<br />

entsteht ein Glaukom (Af). Der<br />

Verlust an regulären Endothelzellen führt sekundär<br />

zur Hornhautdekompensation mit<br />

schmerzhafter Visuseinschränkung. Ein viraler<br />

Aspekt in der Genese wird vermutet. Betroffen<br />

sind überwiegend Frauen im mittleren Lebensalter.<br />

Die Erkrankung ist einseitig, eine familiäre<br />

Häufung findet sich nicht. Therapeutisch<br />

steht neben der konservativen und chirurgischen<br />

Behandlung des Glaukoms, bei starker<br />

Visusreduktion, die perforierende Keratoplastik<br />

im Vordergrund.<br />

Sekundäre Engwinkelglaukome durch posteriore<br />

(„Pushing-“)Mechanismen entstehen durch<br />

Vorverlagerung des Iris-Linsen-Diaphragmas<br />

und damit verbundener Einengung des Trabekelmaschenwerkes.<br />

Posteriore Mechanismen<br />

findet man beim malignen Glaukom, bei Irisund<br />

Ziliarkörperzysten, intraokularen Tumoren,<br />

Silikonöl oder Gas im Glaskörperraum,<br />

uvealer Effusion, Retinopathia praematurorum<br />

sowie verschiedenen angeborenen Anomalien.<br />

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A. Sekundäre Engwinkelglaukome<br />

a Aphakieglaukom<br />

b Glaukom bei Vorderkammerlinse<br />

Sekundäre Engwinkelglaukome<br />

c Neovaskularisationsglaukom<br />

d Kammerwinkelbefund bei Neovaskularisationsglaukom<br />

(sekundärer Winkelblock)<br />

e ICE-Syndrom<br />

f Kammerwinkelbefund bei ICE-Syndrom<br />

165<br />

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12 Glaukom<br />

A. Medikamentöse Therapie<br />

Ziel der Glaukomtherapie ist die Vermeidung<br />

einer weiteren Progression der Erkrankung<br />

durch Senkung des Augeninnendruckes um<br />

mindestens 30 % sowie auf Werte unter<br />

18 mm Hg. Ersttherapie ist gewöhnlich die medikamentöse<br />

Therapie. Derzeit sind verschiedene<br />

Wirkstoffgruppen im Einsatz, die zum Teil<br />

auch als Kombinationspräparate vorliegen.<br />

Allen lokal applizierten Antiglaukomatosa sind<br />

lokale Unverträglichkeiten sowie lokale, zytotoxische<br />

Effekte gemein. Sympathomimetika<br />

(nichtselektiv/alpha-2-selektiv) senken den<br />

Augeninnendruck durch Reduktion der Kammerwasserbildung<br />

und Verbesserung des Abflusses.<br />

Sympatholytika (beta-selektiv) senken<br />

den Augeninnendruck durch Reduktion der<br />

Kammerwasserbildung. Die Wirkung tritt nach<br />

zwei Stunden ein und hält circa 24 Stunden an.<br />

Bis auf wenige Ausnahmen sind Betablocker<br />

das Mittel der Wahl. Systemische Nebenwirkungen<br />

umfassen insbesondere Herzrhythmusstörungen<br />

und Bronchospasmen, weshalb<br />

vorbestehende Rhythmusstörungen sowie chronisch<br />

obstruktive Lungenerkrankungen eine<br />

Kontraindikation darstellen. Carboanhydrasehemmer<br />

senken den Augeninnendruck ebenfalls<br />

durch eine Reduktion der Kammerwasserbildung.<br />

Die Wirkung tritt bereits nach einer<br />

Stunde ein und hält bis zu zwölf Stunden an.<br />

Typische systemische Nebenwirkung bei oraler<br />

Applikation ist eine Hypokaliämie durch diuretischen<br />

Kaliumverlust. Bei systemischer Therapie<br />

sollte deshalb Kalium substituiert werden.<br />

Parasympathomimetika (Cholinergika) senken<br />

den Augeninnendruck durch Reduktion des<br />

Abflusswiderstandes. Darüber hinaus wirken<br />

sie pupillenverengend. Prostaglandinderivate<br />

senken den Augeninnendruck durch eine Verbesserung<br />

des uveoskleralen Abflussweges.<br />

Typische lokale Nebenwirkungen sind die Dunkelfärbung<br />

von Wimpern und Iris, ein verstärktes<br />

Wachstum der Wimpern und eine Bindehauthyperämie.<br />

Osmotika sind die effektivsten<br />

Augeninnendrucksenker. Sie werden beim akuten<br />

Winkelblock intravenös verabreicht.<br />

B. Chirurgische Therapie<br />

Indikation für ein chirurgisches Vorgehen ist<br />

eine unzureichende medikamentöse Drucksenkung<br />

sowie eine Progression bei offenbar<br />

gut kontrolliertem Augendruck. Bei der Neodynium-YAG-Laseriridotomie<br />

entsteht ein kleines<br />

Loch in der Iris, ohne dass das Auge, wie bei<br />

der chirurgischen Iridektomie, eröffnet werden<br />

muss. Hierdurch kann beim akuten Winkelblock<br />

ein Druckausgleich zwischen hinterer<br />

und vorderer Augenkammer geschaffen werden,<br />

die Vorderkammer vertieft sich, ein Abfluss<br />

über das Trabekelwerk ist wieder möglich.<br />

Durch die Argon-Laser-Trabekuloplastik wird<br />

eine narbige Verziehung in der Umgebung des<br />

Trabekelwerkes und damit eine Aufweitung der<br />

Abflusswege geschaffen. Die Wirkung ist meist<br />

zeitlich begrenzt, ähnlich der Zyklophotokoagulation,<br />

bei der mittels Laser die Atrophie von<br />

Teilen des kammerwasserproduzierenden Ziliarkörpers<br />

hervorgerufen wird. Die Wirkung<br />

setzt meist innerhalb der ersten Wochen ein.<br />

Die Behandlung kann auch mit Wärme (Zyklodiathermie),<br />

Hochfrequenzultraschall oder<br />

Kälte (Zyklokryokoagulation) erfolgen. Durch<br />

Anlage eines korneoskleralen Tunnels wird bei<br />

der Trabekulektomie das Kammerwasser unter<br />

die Bindehaut abgeleitet, wo ein Sickerkissen<br />

entsteht (Ba). Durch den Einsatz von Antimetaboliten<br />

(Mitomycin, 5-Fluorouracil), die<br />

die postoperative Wundheilung beeinflussen,<br />

konnte die Erfolgsrate deutlich verbessert werden.<br />

Es existieren eine Reihe von Variationen<br />

dieses häufigsten Eingriffs der Glaukomtherapie.<br />

Im Gegensatz hierzu handelt es sich bei der<br />

tiefen Sklerektomie und der Viskokanalostomie<br />

nicht um durchgreifende, penetrierende<br />

Operationen, da Teile des Schlemm-Kanals<br />

sowie das Trabekelwerk intakt bleiben. Zyklodialyse,<br />

Goniocurettage und Trabekelaspiration<br />

konnten sich klinisch bislang nicht<br />

durchsetzen. Der Stellenwert von Kunststoffimplantaten<br />

(Bb) sowie der Retinektomie bei<br />

schwersten, therapierefraktären Glaukomen ist<br />

bislang nicht endgültig geklärt. Beim kongenitalen<br />

Glaukom erfolgt die Goniotomie oder<br />

Trabekulotomie.<br />

166<br />

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A. Medikamentöse Therapie<br />

Monotherapie<br />

– α2-Agonisten<br />

– β-Blocker<br />

– Carboanhydrasehemmer<br />

– Prostaglandinderivate<br />

Reduktion<br />

des IOD<br />

keine Reduktion<br />

des IOD<br />

Zieldruck<br />

erreicht<br />

Zieldruck nicht<br />

erreicht<br />

Monotherapie<br />

wechseln<br />

weiter<br />

b Zustand nach Implantation eines Drainageimplantats<br />

Kombinationstherapie<br />

Zieldruck<br />

halten<br />

Zieldruck<br />

erreicht<br />

Zieldruck nicht<br />

erreicht<br />

Reduktion<br />

des IOD<br />

keine Reduktion<br />

des IOD<br />

Therapie<br />

regelmäßige<br />

Kontrollen von:<br />

– Gesichtsfeld<br />

– Papille<br />

–IOD<br />

Kombinationstherapie<br />

wechseln<br />

Laser,<br />

Trabekulektomie,<br />

etc.<br />

Therapie des Glaukoms<br />

B. Chirurgische Therapie<br />

a Zustand nach Trabekulektomie<br />

167<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

168<br />

A. Kolobom<br />

Ein Aderhaut-Netzhaut-Kolobom ist durch eine<br />

nach unten gerichtete Spaltbildung charakterisiert.<br />

Die Ursache dieser kongenitalen Anomalie<br />

liegt in einem inkompletten Schluss der<br />

fetalen Augenbecherspalte. Bei über 60 % der<br />

Patienten sind die Kolobome beidseitig. Eine<br />

gut abgrenzbare, ovale, weiß-gelbliche Läsion<br />

zeigt sich meist in der unteren temporalen Fundushälfte<br />

(A). Sie kann sich bis zur Papille und<br />

Makula erstrecken. Iris oder Linse können beteiligt<br />

sein. Mikrophthalmie, hohe Myopie, Katarakt<br />

und Phthisis bulbi können assoziiert<br />

sein. Die Visusprognose ist vom Ausmaß des<br />

Koloboms und vom Vorhandensein anderer<br />

Anomalien abhängig. Amblyopie, Nystagmus<br />

und Strabismus sind häufig. Sekundäre choroidale<br />

Neovaskularisationen und die Netzhautablösung<br />

sind Komplikationen des Aderhaut-<br />

Netzhaut-Koloboms.<br />

B. Fibrae medullaris<br />

Fibrae medullaris sind kongenital angelegte,<br />

markhaltige, intraretinale Nervenfasern. 80 %<br />

der Fälle sind einseitig. Es zeigt sich häufig eine<br />

juxtapapilläre hellweiße federartige Läsion (B).<br />

Fibrae medullaris sind in den inneren Schichten<br />

der Netzhaut lokalisiert. Isolierte Läsionen<br />

am hinteren Pol und in der mittleren Peripherie<br />

können vorkommen. Differenzialdiagnostisch<br />

sollten ein Papillenödem, Papillitis, retinale<br />

Entzündungen und Cotton-Wool-Herde<br />

ausgeschlossen werden. Die zentrale Sehschärfe<br />

wird selten beeinflusst.<br />

C. Kapilläres Hämangiom (Von-Hippel-<br />

Tumor, Angiomatosis retinae)<br />

Ein kapilläres Hämangiom kann sich in der<br />

Netzhautperipherie oder am Papillenrand präsentieren.<br />

Der Tumor zeigt sich als rötlich-weißliche,<br />

prominente, runde Läsion mit versorgenden<br />

Gefäßen (C). Abhängig von der Leckage des<br />

Tumors zeigen sich harte Exsudate, exsudative<br />

Ablatio, fibrovaskuläre Proliferationen und Hämorrhagien.<br />

Sind andere Organe (Kleinhirn,<br />

Niere, Nebenniere, Pankreas) betroffen, handelt<br />

es sich um die hereditäre Von-Hippel-Lindau-<br />

Erkrankung. Eine Allgemeinuntersuchung der<br />

Patienten und ein Familienscreening sind daher<br />

unentbehrlich. Die Therapie beinhaltet die Laserfotokoagulation,<br />

Kryotherapie, fotodynamische<br />

Therapie, Brachytherapie und Vitrektomie.<br />

D. Retinoblastom<br />

Das Retinoblastom ist der häufigste maligne<br />

Augentumor im Kindesalter. Es stammt von primitiven<br />

Retinoblasten ab. Das verantwortliche<br />

Gen für das Retinoblastom ist auf dem Chromosom<br />

13q14 lokalisiert. Die Häufigkeit liegt<br />

bei 1 : 14 000 Lebendgeburten. Das durchschnittliche<br />

Diagnosealter beträgt 18 Monate.<br />

67 % der Fälle sind unilateral. Die häufigste<br />

Präsentation des Retinoblastoms sind Leukokorie<br />

(50 %), Strabismus (20 %), Sehminderung,<br />

rotes Auge, Glaukom und orbitale Zellulitis.<br />

Das Retinoblastom wächst endophytisch<br />

(subretinal), (Da) oder exophytisch (in den<br />

Glaskörperraum, (Db). Echographisch zeigt<br />

sich eine solide Masse mit einer hohen Innenreflektivität.<br />

Die Klassifikation in den Tumorgeweben<br />

lässt sich echographisch und computertomographisch<br />

darstellen, wobei die<br />

Differenzialdiagnose anderer Ursachen einer<br />

Leukokorie bedeutsam ist (s. u.). Histopathologisch<br />

sichern die Rosetten (Flexner-Wintersteiner-,<br />

Dc, und Homer-Wright-) und Fleuretten<br />

die Diagnose. Therapieoptionen sind Laser Fotokoagulation,<br />

Thermotherapie, Kryotherapie,<br />

externale Strahlentherapie, Brachytherapie,<br />

Chemotherapie und Enukleation. Die betroffenen<br />

Familien bedürfen einer ausführlichen genetischen<br />

Beratung. Die Prognose des Retinoblastoms<br />

ist von der Invasion des Sehnervs und<br />

der Aderhaut abhängig. Die Mortalität beträgt<br />

ca. 8 % in Abwesenheit einer Sehnervinvasion,<br />

wobei diese Rate auf 45 % steigt, wenn eine Tumorinvasion<br />

bis hinter die Lamina cribrosa<br />

reicht.<br />

E. Leukokorie<br />

Als Leukokorie wird ein weißlicher Reflex in<br />

der Pupillaröffnung bezeichnet. Die Leukokorie<br />

bedarf einer präsizen Differenzialdiagnose.<br />

Mögliche Ursachen einer Leukokorie sind primärer,<br />

hyperplastischer, persistierender Glaskörper,<br />

Morbus Coats, okuläre Toxoplasmose,<br />

Retinoblastom, Netzhautablösung, Katarakt,<br />

Endophthalmitis.<br />

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A. Kolobom B. Fibrae medullaris<br />

Retinochoroidales Kolobom in der unteren Fundushälfte<br />

C. Kapilläres Hämangiom<br />

Fibrae medullaris unterhalb der Papille<br />

D. Retinoblastom<br />

Kongenitale Anomalien und Tumoren<br />

Kapilläres Hämangiom der Netzhaut mit versorgenden<br />

Gefäßen<br />

a Kalzifiziertes Retinom (evtl. regredientes Retinoblastom)<br />

b Exophytisches Retinoblastom (makroskopisches<br />

Bild nach Enukleation)<br />

c Flexner-Wintersteiner-Rosetten bei Retinoblastom<br />

169<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

170<br />

A. Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

Glaskörperverflüssigung. Mit zunehmendem<br />

Alter kommt es zu einer Verflüssigung des gelförmigen<br />

Glaskörpers. Dies beginnt vor der Makula<br />

oder im Zentrum des Glaskörpers. Bei über<br />

40-Jährigen findet sie sich in über 90 %. Ein früheres<br />

Auftreten ist bei Myopie, Uveitis, Trauma,<br />

Operationen und bei manchen hereditären<br />

Syndromen zu beobachten.<br />

Hintere Glaskörperabhebung. Nach der Glaskörperverflüssigung<br />

löst sich die hintere Glaskörpergrenzmembran<br />

von der Netzhaut (Aa).<br />

Der hintere Glaskörper ist an der Papille mit<br />

einer ringförmigen Struktur angeheftet, die<br />

sich nach der Abhebung im Glaskörperraum als<br />

beweglicher Ring (Weiss-Ring) zeigt. Dies gilt<br />

als sicherer Nachweis einer Glaskörperabhebung.<br />

Patienten nehmen diese Struktur oft als<br />

ein durchsichtiges bewegliches Objekt vor dem<br />

Auge wahr. Eine hintere Glaskörperabhebung<br />

zeigt sich bei 25 % der 60- bis 69-Jährigen. Im<br />

Alter von 70 bis 79 Jahren steigt diese Rate auf<br />

mehr als 60 % an. Eine vorzeitige Glaskörperabhebung<br />

kann sich bei hoher Myopie, nach<br />

Kataraktoperation, intraokulärer Entzündung<br />

sowie Trauma entwickeln.<br />

Glaskörperblutung. Nach einer akuten hinteren<br />

Glaskörperabhebung kommt es oft zu einer<br />

Trennung des Glasköpergels an der Glaskörperbasis<br />

in den oberen Quadranten der Netzhaut.<br />

Führt der Zug des Glaskörpers dabei zu<br />

einer Blutung in den Glaskörperraum, zeigt sich<br />

oft in der unteren Peripherie, an der Grenze des<br />

noch anliegenden Glaskörpers eine spiegelbildende<br />

Blutung (Ab).<br />

Äquatoriale Degeneration (Pallisade). Äquatoriale<br />

Degenerationen zeigen sich bei ca. 4,5 %<br />

emmetroper und ca. 17 % myoper Augen über<br />

6 dpt. Diese Läsionen können sich zirkulär, im<br />

Bereich des posterioren Äquators oder auch radiär<br />

entlang eines peripheren Netzhautgefäßes<br />

zeigen. Oft werden multiple atrophische Rundlöcher<br />

in der Pallisade sichtbar. Dennoch sind<br />

klinisch die sog. Hufeisenforamina, die am<br />

Rande der Pallisade entstehen, die eigentliche<br />

Ursache einer rhegmatogenen Netzhautablösung.<br />

Weiß (mit oder) ohne Druck. Hierbei handelt<br />

es sich um eine gut abgrenzbare weißliche Läsion<br />

in der Netzhautperipherie. Kann sie ohne<br />

zusätzliches Eindellen der Netzhaut durch den<br />

Untersucher dargestellt werden, wird von Weiß<br />

mit Druck gesprochen. Ist diese bereits ohne<br />

zusätzliche Manipulation sichtbar, spricht man<br />

von Weiß ohne Druck. Ein erhöhtes Risiko für<br />

eine Netzhautablösung besteht nicht. Es wird<br />

dennoch eine prophylaktische Laserbehandlung<br />

empfohlen, wenn das Partnerauge zu<br />

einem früheren Zeitpunkt einen Riesenriss der<br />

Netzhaut entwickelt hatte.<br />

Pflasterstein-Degeneration. Als solche werden<br />

in der Netzhautperipherie lokalisierte, gut abgrenzbare<br />

Areale einer Pigmentepithelatrophie<br />

bezeichnet. Es besteht keine Assoziation mit<br />

einer primären Netzhautrissbildung.<br />

Retinoschisis. Bei der Retinoschisis ist die neurosensorische<br />

Netzhaut in sich selbst gespalten.<br />

Die typische Retinoschisis (Aufspaltung in<br />

der äußeren plexiformen Schicht) beginnt in<br />

der Ora serrata als zystoide Degeneration (Ac).<br />

Der retikuläre Typ der Retinoschisis zeigt eine<br />

Aufspaltung in den innersten Schichten der<br />

neurosensorischen Netzhaut. Die Retinoschisis<br />

ist häufig beidseitig und in den unteren Quadranten<br />

der Netzhautperipherie lokalisiert. Die<br />

Häufigkeit beträgt 4–10 %. Bei über 20 % der<br />

Augen mit Retinoschisis werden Außenschichtforamina<br />

gesehen. Innenschichtforamina sind<br />

dagegen sehr selten. Die Retinoschisis ist oft<br />

benigne und erfordert keine Therapie. Das Risiko<br />

einer progredienten Schisisablatio liegt bei<br />

1 %. Die Retinoschisis zeigt im Gegensatz zur<br />

Netzhautablösung eine durchsichtige, starre<br />

Oberfäche, keine Mitbewegungen mit Augenbewegungen,<br />

und innerhalb der Schisiskavität<br />

weiße Herde bei Laserapplikation. Die Therapie<br />

einer progredienten Schisisablatio erfolgt mittels<br />

Buckelchirurgie oder Pars-plana-Vitrektomie.<br />

Asteroide Hyalose. Es zeigen sich zahlreiche<br />

gelblich-runde Partikel im Glaskörper, die sich<br />

mit Augenbewegungen mitbewegen (Ad). In<br />

70% einseitig und ohne Krankheitsbedeutung.<br />

Sehvermögen nicht eingeschränkt.<br />

Synchisis scintillans. Zahlreiche, kleine, gelbe<br />

Strukturen im Glaskörperraum. Nach Augenbewegungen<br />

senken sich die Partikel ab. Häufig<br />

beidseitig. Auf die Sehschärfe haben sie keinen<br />

negativen Einfluss.<br />

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A. Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

a Glaskörperabhebung mit avulsiertem Netzhautgefäß<br />

und Deckel eines Netzhautforamens; exsudative<br />

Laserherde verriegeln das Foramen<br />

b Glaskörperblutung bei hinterer Glaskörperabhebung<br />

Degenerationen und Alterungsveränderungen<br />

c Retinoschisis mit Außenschichtforamina<br />

d Asteroide Hyalose<br />

171<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

172<br />

A. Netzhautablösung<br />

Als Netzhautablösung (Ablatio retinae) wird<br />

die Ablösung der neurosensorischen Netzhaut<br />

vom retinalen Pigmentepithel durch Einströmen<br />

von Flüssigkeit in den subretinalen Raum<br />

bezeichnet. Es werden verschiedene Formen<br />

(rhegmatogen, exsudativ, traktiv) unterschieden.<br />

B. Rhegmatogene Netzhautablösung<br />

Die rhegmatogene (= rissbedingte) Netzhautablösung<br />

wird durch einen durchgreifenden<br />

Defekt (Foramen) ausgelöst. Es handelt sich um<br />

einen ophthalmologischen Notfall, der unbehandelt<br />

zur Erblindung führen kann.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Am häufigsten sind<br />

eine altersbedingte Destruktion und die Verflüssigung<br />

des Glaskörpers ursächlich beteiligt.<br />

Die der Degeneration folgende Glaskörperabhebung<br />

kann über Traktion (Glaskörperzug)<br />

auf die periphere Netzhaut Löcher und Risse<br />

verursachen, durch die der flüssige Anteil des<br />

Glaskörpers eindringen und die neurosensorische<br />

Schicht der Netzhaut von der Pigmentepithelschicht<br />

trennen kann. Andere prädisponierende<br />

Faktoren sind hohe Myopie,<br />

Kataraktoperation und okuläre Traumen.<br />

Epidemiologie. Die Inzidenz der rhegmatogenen<br />

Netzhautablösung beträgt 0,01 %. Die rhegmatogene<br />

Amotio retinae wird zwischen dem<br />

50. und 70. Lebensjahr am häufigsten diagnostiziert.<br />

Das Risiko der rhegmatogenen Ablatio<br />

am Partnerauge liegt bei 10 %.<br />

Klinik. Wichtigste Symptome sind Photopsie<br />

(Blitze am Auge), fliegende Mücken („Mouches<br />

volantes“) und ein absolutes Skotom („Vorhang“).<br />

Ist die Makula nicht betroffen (Ba),<br />

kann die Sehschärfe relativ gut sein.<br />

Klinisch zeigt die abgelöste Netzhaut eine<br />

weißliche und faltige Oberfläche (Ba – c). Es<br />

finden sich Netzhautdefekte, Pigmentzellen<br />

und Erythrozyten im Glaskörper sowie ein häufig<br />

subnormaler Augeninnendruck.<br />

Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch durch<br />

eine ausführliche indirekte Ophthalmoskopie<br />

in Mydriasis. Ziel der Untersuchung ist es, alle<br />

ursächlichen Netzhautdefekte zu erfassen. Sollte<br />

sich kein Netzhautdefekt zeigen, ist eine<br />

Echographie zum Ausschluss einer exsudativen<br />

Netzhautablösung erforderlich.<br />

Typen von Netzhautlöchern:<br />

● Hufeisenforamen (Bd). Der anteriore Teil der<br />

Netzhaut ist durch Glaskörperzug eleviert. Es<br />

kann sich ein Brückengefäss zeigen. Das<br />

Risiko der Netzhautablösung ist hoch.<br />

● Rundes Loch mit Deckel. Der Deckel liegt frei<br />

oberhalb des Netzhautloches. An den Lochrändern<br />

besteht kein Glaskörperzug. Somit<br />

ist das Risiko für die Ablösung gering.<br />

● Atrophisches Loch. Oftmals zeigt sich ein<br />

rundes Netzhautloch ohne Glaskörperzug<br />

mitten in einer Palisade. Das Risiko für eine<br />

Netzhautablösung ist gering.<br />

● Dialyse. Der Netzhautdefekt zeigt sich im Bereich<br />

der Ora serrata. Die Ursache ist oftmals<br />

ein Trauma (s. Ablösung bei Orariss).<br />

C. Exsudative Netzhautablösung<br />

Bei der exsudativen Ablatio erfolgt die Trennung<br />

der neurosensorischen Netzhaut vom<br />

Pigmentepithel durch einen vermehrten Flüssigkeitsaustritt<br />

(Leckage) aus intraokularen<br />

Tumoren, eine Störung der Blut-Retina-Schranke<br />

oder durch die mechanische Blockade des<br />

venösen Abflusses der Netzhaut.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Aderhaut oder Netzhauttumore<br />

(Hämangiom, malignes Melanom,<br />

Retinoblastom, Angiomatosis retinae, Metastasen,<br />

periphere vasoproliferative Netzhauttumore),<br />

systemische Erkrankungen (Leukämie,<br />

fortgeschrittene arterielle Hypertension, Niereninsuffizienz,<br />

Schwangerschaftsgestose), vaskuläre<br />

Netzhauterkrankungen (ischämischer<br />

Zentralvenenverschluss, Morbus Coats, Aderhautischämie),<br />

Entzündungen (Skleritis, Morbus<br />

Harada, orbitale Echinococcus). Eine internistische<br />

Untersuchung ist zum Ausschluss von<br />

Fernmetastasen bei Tumorverdacht durchzuführen.<br />

Diagnose. Die Grenzen der exsudativen Ablösung<br />

ändern sich mit der Lage (im Gegensatz<br />

zur rhegmatogenen und traktiven Ablatio) und<br />

die Oberfläche ist glatt. Sie wird oftmals in der<br />

unteren Fundushälfte gesehen (C). Eine prominente<br />

Masse, auffällig dilatierte Netzhautvenen<br />

oder andere Entzündungszeichen sind wegweisend.<br />

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B. Rhegmatogene Netzhautablösung<br />

a Netzhautablösung in der temporalen mittleren<br />

Peripherie ohne Makulabeteiligung<br />

b Subtotale Netzhautablösung mit Makulabeteiligung<br />

Netzhautablösung<br />

c Totale Netzhautablösung<br />

d Hufeisenforamen mit Brückengefäß umriegelt mit<br />

exsudativen Laserherden<br />

C. Exsudative Netzhautablösung<br />

Inferiore exsudative Netzhautablösung<br />

bei retinaler<br />

Gefäßanomalie<br />

173<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

174<br />

A. Traktive Netzhautablösung<br />

Bei der traktiven Netzhautablösung zeigt die<br />

abgelöste Netzhaut eine starre, konkave Oberfläche.<br />

Nachbewegungen der Netzhaut fehlen.<br />

Epiretinale Membranen und Sternfalten der<br />

Netzhaut sind zusätzlich charakteristische Befunde.<br />

Häufigste Ursachen sind die proliferative Vitreoretinopathie<br />

(Diabetes mellitus, Gefäßverschlüsse<br />

der Netzhaut, Ablatiooperation, Trauma),<br />

eine persistierende Glaskörpertraktion<br />

und hereditäre vitreoretinale Erkrankungen.<br />

B. Sonderformen der Netzhautablösung<br />

Netzhautablösung bei Orariss. Bei 85 % der<br />

Netzhautablösungen nach stumpfem okulären<br />

Trauma findet sich ein Orariss. Es entwickelt<br />

sich eine Desinsertio der Netzhaut in der Ora<br />

serrata. 80 % der Ablösungen werden innerhalb<br />

von 2 Jahren nach dem Trauma diagnostiziert.<br />

Am häufigsten wird der superonasale oder inferotemporale<br />

Quadrant betroffen. Die Progression<br />

der Orariss-Ablösung ist aufgrund der<br />

festen Konsistenz des Glaskörpers bei jungen<br />

Patienten schleichend. Therapie der Wahl ist<br />

ein limbusparalleler Buckel mit Kryochirurgie<br />

(s. u.).<br />

Riesenrissablatio. Ein zirkulärer Netzhautriss<br />

über mehr als 90° der Zirkumferenz wird als<br />

Riesenriss bezeichnet. Größtenteils ist dieser<br />

idiopathischer Natur oder entwickelt sich nach<br />

stumpfen oder operativen okulären Traumen.<br />

Andere Ursachen sind vitreoretinale Dystrophien<br />

(Wagner-Stickler) und die akute Netzhautnekrose.<br />

Männer sind häufiger betroffen.<br />

Die Erkrankung ist häufig beidseitig. Operativ<br />

kommen verschiedene Verfahren (Buckelchirurgie<br />

mit oder ohne intraokulare exponierende<br />

Gasinjektion, Pars-plana-Vitrektomie<br />

mit Silikonölendotamponade) in Frage. Das<br />

Partnerauge muss regelmäßig kontrolliert<br />

werden. Eine prophylaktische Behandlung auffälliger<br />

peripherer Netzhautareale am Partnerauge<br />

wird empfohlen, besonders bei gleichzeitig<br />

vorhandener hoher Myopie und Glaskörpertraktion.<br />

Frühgeborenen-Retinopathie (Retrolentale Fibroplasie,<br />

ROP). Es handelt sich um eine vasoproliferative<br />

Vitreoretinopathie, die bei den Betroffenen<br />

bereits im Kindes- und Jugendalter<br />

zur Ablatio führen kann. Die ROP betrifft Frühgeborene,<br />

die hohen Sauerstoffkonzentrationen<br />

ausgesetzt werden. Dadurch kann die normale<br />

vaskuläre Entwicklung der unreifen Netzhaut<br />

unterbrochen werden. Infolgedessen kommt es<br />

zu unerwünschten gefäßproliferativen Prozessen<br />

(aktive ROP), die in ein Narbenstadium mit<br />

Glaskörper- und epiretinale Traktion übergehen.<br />

Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von<br />

weniger als 1500 g oder mit einer Schwangerschaftsdauer<br />

von weniger als 32 Wochen haben<br />

ein hohes Risiko für die Entwicklung einer ROP.<br />

Die Netzhautablösungen im ersten Lebensmonat<br />

sind meistens traktiv oder exsudativ. Eine<br />

rhegmatogene Ablösung entwickelt sich erst<br />

nach einigen Jahren mit Veränderungen des gelförmigen<br />

Glaskörpers.<br />

Eine internationale Klassifikation hat die Stadien<br />

der ROP definiert (Tab. 1, Ba – c). Auch<br />

wenn die Mehrzahl der betroffenen Kinder eine<br />

spontane Regression zeigt, kann das Fortschreiten<br />

der ROP zur Erblindung führen. Die<br />

Behandlung ist abhängig von den Stadien, Ausprägung<br />

und von der Lage der pathologischen<br />

Veränderungen. Therapeutische Optionen sind<br />

die Kryotherapie, Laserkoagulation, Buckelchirurgie<br />

und Vitrektomie.<br />

Proliferative Vitreoretinopathie (PVR). Eine PVR<br />

entwickelt sich nach Migration und Proliferation<br />

von Pigmentzellen, Gliazellen, Makrophagen<br />

und Fibroblasten im Glaskörper und auf der<br />

Netzhautoberfläche (epi- und subretinal). Die<br />

resultierenden Membranstrukturen führen zur<br />

traktiven Netzhautablösung (Bd). Häufig bei<br />

lange unbehandelten Netzhautablösungen und<br />

nach misslungener Ablatio-Chirurgie. Weitere<br />

Risikofaktoren sind Zahl, Größe und Lage der<br />

Netzhautrisse, eine vorherige Laserkoagulation<br />

oder Kryotherapie der Netzhautrisse sowie<br />

mehrfache intraokuläre Eingriffe. Abhängig<br />

vom Schweregrad der PVR kann durch eindellende<br />

Verfahren ein anatomischer Erfolg bei ca.<br />

40 % der Patienten erreicht werden. Durch<br />

Kombination mit der Vitrektomie kann ein Erfolg<br />

von über 75 % erzielt werden. Die funktionellen<br />

Ergebnisse sind auch nach Erreichen<br />

einer Netzhautanlage sehr bescheiden.<br />

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B. Sonderformen der Netzhautablösung<br />

Tab. 1 Stadien der Frühgeborenenretinopathie<br />

Stadium<br />

I<br />

II<br />

III<br />

IV<br />

a<br />

b<br />

V<br />

Klinik<br />

Demarkationslinie (zwischen der gesunden und avaskulären Netzhaut)<br />

Leistenbildung<br />

extraretinale fibrovaskuläre Proliferation<br />

inkomplette Netzhautablösung<br />

– ohne Makulabeteiligung<br />

– mit Makulabeteiligung<br />

totale traktive Netzhautablösung; evtl. trichterförmig<br />

Netzhautablösung<br />

a Demarkationslinie mit beginnender extraretinaler<br />

Neovaskularisation bei ROP, Stadium III<br />

b Echographisch trichterförmige Netzhautablösung<br />

bei ROP, Stadium V<br />

c Netzhautzug bei spontan regredienter ROP<br />

d Traktive Netzhautablösung bei PVR<br />

175<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

A. Therapie der rhegmatogenen und<br />

traktiven Netzhautablösung<br />

Allgemeine Behandlungsziele sind: Induktion<br />

einer Adhäsion (Narbe) um den Netzhautriss<br />

herum, Wiederherstellung des Kontaktes zwischen<br />

abgelöster neurosensorischer Netzhaut<br />

und retinalem Pigmentepithel, Beseitigung<br />

traktiver Kräfte.<br />

Unterschiedliche Methoden werden in Abhängigkeit<br />

von der Lochsituation, Alter des Patienten<br />

und der Ablatio, Funduseinblick und Erfahrung<br />

des Chirurgen eingesetzt.<br />

Die rhegmatogene Netzhautablösung ist ein<br />

Notfall. Nach der Diagnose sollte der Patient<br />

nüchtern bleiben, um möglichst rasch eine Eingriff<br />

vornehmen zu können. Leseverbot bis zur<br />

Operation und Lagerung der Patienten zur<br />

Lochseite (z. B. Hufeisenloch bei 10 h am rechten<br />

Auge, flach und Rechtslage) werden empfohlen,<br />

da so einer weiteren Progression der<br />

Ablatio bis zum Operationszeitpunkt entgegengewirkt<br />

werden kann.<br />

B. Eindellende Verfahren (Buckelchirurgie)<br />

Nach der Markierung des Netzhautdefektes auf<br />

der äußeren Lederhaut wird um die Läsion<br />

herum eine Kryoapplikation der Netzhaut<br />

durchgeführt. Anschließend erfolgt die Annäherung<br />

der Bulbuswand an die abgelöste<br />

Netzhaut über eine Eindellung der Bulbuswand<br />

durch die Fixierung einer segmentalen Plombe<br />

oder eines zirkulären Bandes (Cerclage über<br />

360°) auf die Lederhaut. Die Vorteile der Buckelchirurgie<br />

liegen in der einfachen technischen<br />

Grundausstattung, der kurzen Rehabilitation,<br />

dem geringen Risiko einer iatrogen<br />

induzierten Linsentrübung und der Vermeidung<br />

intraokularer Komplikationen wie Blutungen<br />

oder Entzündungen (besonders wenn<br />

keine Punktion zur Drainage der subretinalen<br />

Flüssigkeit durchgeführt wird). Grenzen der<br />

Buckelchirurgie sind ein reduzierter Funduseinblick<br />

(z. B. bei Miosis), multiple Netzhautlöcher<br />

in unterschiedlichen Quadranten und<br />

Limbusdistanzen, große und zentrale Netzhautrisse<br />

und Skleraverdünnungen.<br />

Bei der pneumatischen Retinopexie (Tab. 1)<br />

wird ein inert expandierendes Gas oder Luft in<br />

den Glaskörperraum injiziert. So wird die Netzhaut<br />

zu einer Anlage gebracht. Eine Kryoapplikation<br />

vor oder nach der Gasinjektion oder eine<br />

Laserkoagulation nach der Netzhautanlage wird<br />

um den Netzhautdefekt herum durchgeführt.<br />

Ablationes mit einzelnem Netzhautriss in der<br />

oberen Fundusperipherie (10 h bis 2 h) stellen<br />

die beste Voraussetzung für dieses Verfahren<br />

dar.<br />

D. Pars-plana-Vitrektomie (ppV)<br />

Unter dem Operationsmikroskop werden der<br />

Glaskörper und alle epi- und subretinalen traktiven<br />

Komponenten entfernt. Anschließend<br />

wird die Netzhaut durch Applikation von flüssigem<br />

Perfluorokarbon („schweres Wasser“)<br />

zur Anlage gebracht. Die Netzhautdefekte werden<br />

mit Endolaser- (von innen) oder Exokryoapplikation<br />

(von außen) verriegelt. Anschließend<br />

wird das Perfluorokarbon zum Zwecke<br />

einer zeitweisen Tamponade der Netzhaut<br />

gegen Silikonöl oder expandierende Gase ausgetauscht.<br />

Für die Entfernung des Silikonöls ist<br />

ein zweiter Eingriff erforderlich.<br />

Vorteile der ppV. Präsize Lokalisation aller<br />

Netzhautlöcher, Beseitigung von Medientrübungen,<br />

kombinierbar mit Kataraktextraktion,<br />

direkte Entlastung der Glaskörpertraktion, Entfernung<br />

epi- und subretinaler Stränge.<br />

Nachteile der ppV. Teures Equipment und erfahrenes<br />

Team notwendig, langsame Eintrübung<br />

der natürlichen Linse (Katarakt), ggf.<br />

zweiter Eingriff zur Entfernung des Silikonöls,<br />

Notwendigkeit frühpostoperativer Nachkontrollen<br />

(Fibrinreaktion in der Vorderkammer,<br />

erhöhter Augeninnendruck).<br />

Erweiterte Indikationen für eine ppV. Primäres<br />

Verfahren bei rhegmatogener Pseudophakieund<br />

PVR-Ablatio, Makulaerkrankungen (Makulaforamen,<br />

choroidale Neovaskularisation,<br />

Makulaödem), Materialgewinnung bei Entzündungen<br />

bzw. infiltrativen Erkrankungen), Endophthalmitis,<br />

Netzhautgefäßverschlüsse (z. B.<br />

arteriovenöse Dekompression bei Venenastverschlüssen),<br />

Tumorendoresektion, therapierefraktäre<br />

Glaukome, interne Rekonstruktion<br />

nach Bulbustrauma.<br />

176<br />

C. Pneumatische Retinopexie<br />

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C. Pneumatische Retinopexie<br />

Tab. 1 Eigenschaften der intraokular verwendeten expandierenden Gase<br />

Gas Expansion intraokulare Anwendung Verweildauer<br />

SF 6 , Sulfurhexafluorid 2 20 % 10 – 14 Tage<br />

C 2 F 6 , Perfluoroethan 3,5 16 % 30 – 35 Tage<br />

C 3 F 8 , Perfluoropropan 4 16 % 55 – 65 Tage<br />

D. Pars-plana-Vitrektomie<br />

Netzhautablösung<br />

PVR-Ablatio mit<br />

subretinaler Störung<br />

Tab. 2 Klassifikation der proliferativen Vitreoretinopathie<br />

Grade<br />

A<br />

Lokalisation<br />

Glaskörper<br />

Eigenschaften<br />

Trübungen und Pigmentzellverklumpungen im Glaskörper (vorwiegend inferior)<br />

B<br />

Netzhautoberfläche<br />

Fältelungen der inneren Netzhautoberfläche, eingerollte Netzhautlochränder;<br />

Zunahme der Gefäßanschlängelung; starre Netzhaut; Abnahme der Glaskörpermotilität<br />

C<br />

posterior<br />

1 – fokal<br />

Sternfalte<br />

2–diffus<br />

konfluierende Sternfalten; Sehnerv oftmals nicht einsehbar<br />

posterior oder<br />

anterior<br />

3 – subretinal<br />

subretinale Proliferationen; „Serviettenring“-ähnliche Stränge<br />

um den Sehnerv; dendritische „Wäscheleinen“-mottenfraßähnliche<br />

Plaques<br />

anterior<br />

4–zirkulär<br />

Kontraktion entlang des hinteren Rands der Glaskörperbasis;<br />

Netzhaut nach Richtung Glaskörper verzogen; posteriore<br />

radiäre Netzhautfalten<br />

anterior<br />

5 – anteriore<br />

<strong>Verlag</strong>erung<br />

Glaskörper anterior verzogen; Dehnung des Ziliarkörper; Irisretraktion;<br />

Hypotonie<br />

177<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

178<br />

A. Zentralvenenverschluss (ZVV)<br />

Der Zentralvenenverschluss (ZVV) ist die zweithäufigste<br />

vaskuläre Erkrankung der Netzhaut<br />

nach der diabetischen Retinopathie. Netzhautblutungen<br />

sowie eine Erweiterung und vermehrte<br />

Schlängelung der Netzhautvenen zeigen<br />

sich in allen 4 Quadranten.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Die arterielle Hypertonie<br />

ist die wichtigste prädisponierende<br />

Systemerkrankung. Diabetes mellitus, kardiovaskuläre<br />

Erkrankungen, Hyperviskositätssyndrome<br />

und ein erhöhter Augeninnendruck sind<br />

weitere Risikofaktoren. Histopathologisch zeigen<br />

sich Thrombosen innerhalb der Vena centralis<br />

retinae auf Höhe der Lamina cribrosa.<br />

Epidemiologie. Der ZVV zeigt sich gehäuft zwischen<br />

der 5. und 7. Lebensdekade.<br />

Klinik. Die Perfusion der Netzhaut bestimmt<br />

die Klinik des ZVV (s. unten).<br />

Nichtischämischer ZVV (venöse Stase- Retinopathie,<br />

nichthämorrhagischer ZVV, perfundierter<br />

ZVV, Aa u. b). Das kapilläre Nicht-Perfusionsareal<br />

der Netzhaut ist kleiner als 10 Papillenflächen.<br />

Die Visusminderung wird durch das Ödem oder<br />

Hämorrhagien in der Makula verursacht. Wenn<br />

die zentrale Sehschärfe bei der Erstpräsentation<br />

0,5 oder besser ist, ist die Visusprognose<br />

bei über 67 % der Patienten günstig. Dennoch<br />

können bis zur 34 % der nichtischämischen ZVV<br />

innerhalb von 32 Monaten in einen ischämischen<br />

ZVV konvertieren.<br />

Ischämischer ZVV (hämorrhagischer ZVV, nichtperfundierter<br />

ZVV, Ac). Das kapilläre Nicht-Perfusionsareal<br />

ist größer als 10 Papillenflächen. Es<br />

finden sich ausgedehnte Netzhautblutungen,<br />

Cotton-Wool-Herde am Papillenrand und im<br />

Bereich des hinteren Pols. Eine ausgeprägte Papillenschwellung<br />

ist im akuten Stadium häufig.<br />

Ursachen für die Visusminderung sind Ödeme,<br />

Blutungen und eine Ischämie in der Makula,<br />

das Neovaskularisationsglaukom, die Glaskörperblutung<br />

und eine exsudative oder traktive<br />

Netzhautablösung.<br />

Zwei schwerwiegende Komplikationen eines<br />

ischämischen ZVV sind die Rubeosis iridis und<br />

das Neovaskularisationsglaukom.<br />

Diagnostik. Das klinische Bild ist für die Diagnose<br />

oft ausreichend. Die Fluoreszenzangiographie<br />

ermöglicht die Messung des Ischämieareals<br />

der Netzhaut, sodass die Einteilung des<br />

ZVV möglich wird. Afferente Pupillenstörung<br />

und die Elektroretinographie sind zusätzliche<br />

diagnostische Methoden zur Beurteilung der<br />

Netzhautischämie im akuten Stadium des ZVV.<br />

Therapie.<br />

Beobachten: Bei nichtischämischem ZVV ohne<br />

Makulaödem monatliche Kontrollen, um das<br />

Auftreten oder die Zunahme einer Netzhautischämie<br />

früh zu diagnostizieren. Neben der<br />

Ophthalmoskopie unbedingt Spaltlampenuntersuchung<br />

des vorderen Segments und<br />

Tonometrie, um die am meisten gefürchteten<br />

Komplikationen (Rubeosis iridis, Kammerwinkelneovaskularisation,<br />

Neovaskularisationsglaukom)<br />

rechtzeitig zu erkennen.<br />

Medikamentös: Die Regulierung eines erhöhten<br />

Blutdrucks und die Behandlung von Risikofaktoren<br />

wirken sich günstig auf die Prognose aus.<br />

Die Anwendung von Thrombozytenaggregationshemmern,<br />

isovolemische Hämodilution<br />

und systemische Kortikosteroidgabe finden<br />

unterschiedliche Akzeptanz.<br />

Laserfotokoagulation: Eine panretinale Laserfotokoagulation<br />

wird nach der „Central Retinal<br />

Vein Occlusion Study Group“ bei folgenden Befunden<br />

empfohlen:<br />

● Netzhautischämie über 10 Papillenflächen,<br />

● Neovaskularisationen der Netzhaut,<br />

● Neovaskularisation der Iris über 2 Stunden,<br />

● Kammerwinkelneovaskularisation.<br />

Chirurgisch: Radiäre Optikusneurotomie, intravitreale<br />

Kortisoninjektion. Diese neuen chirurgischen<br />

Verfahren sind bis jetzt nicht durch<br />

prospektive randomisierte Studien evaluiert<br />

worden.<br />

B. Venenastverschluss (VAV)<br />

Es finden sich Hämorrhagien und ein Ödem der<br />

Retina im Bereich der betroffenen Netzhautvenen<br />

(Ba). Die okkludierte Netzhautvene ist<br />

peripher der arteriovenösen Kreuzungsstelle<br />

dilatiert. Visusminderung und sektorielle Gesichtsfeldausfälle<br />

resultieren aus Hämorrhagien,<br />

Ödem oder Netzhautischämie (Bb, c). Bei<br />

perfundierter Makula mit Ödem ist die Gridlaserfotokoagulation<br />

indiziert. Eine sektorielle<br />

Laserkoagulation wird bei retinaler Neovaskularisation,<br />

einer Ischämie über 5 Papillenflächen<br />

oder bei Rubeosis iridis empfohlen.<br />

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A. Zentralvenenverschluss (ZVV) B. Venenastverschluss (VAV)<br />

a Venöse Stase-Retinopathie (nichtischämischer<br />

ZVV)<br />

a Frischer Verschluss der Vena temporalis inferior<br />

Vaskuläre Erkrankungen der Netzhaut<br />

b Venöse Stase-Retinopathie nach 12 Monaten mit<br />

Rückgang der Hämorrhagien und des Ödems<br />

b Fluoreszenzangiographisch zeigt sich ein perfundiertes<br />

Makulaödem bei Verschluss der Vena<br />

temporalis superior<br />

c Ischämischer ZVV (hämorrhagischer ZVV) mit<br />

ausgeprägten Hämorrhagien und Ödem<br />

c Fluoreszenzangiographisch zeigt sich eine Netzhautischämie<br />

unterhalb der Makula bei Verschluss<br />

der Vena temporalis inferior<br />

179<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

A. Zentralarterienverschluss (ZAV)<br />

Der Zentralarterienverschluss wird durch die<br />

Okklusion der Arteria centralis retinae hervorgerufen.<br />

Leitsymptom ist die schmerzlose,<br />

plötzliche Sehminderung.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Meist handelt es sich<br />

um einen Embolus oder Thrombus. Ein gelber<br />

Cholesterin-Embolus (Hollenhorst-Plaque) auf<br />

dem Sehnervkopf oder in einer Astarterie der<br />

Netzhaut sichert die Diagnose. Wichtigste<br />

Ursachen für die Embolien sind atherosklerotische<br />

Plaques der Karotisarterien, arterielle<br />

Hypertonie und Herzklappenfehler.<br />

Epidemiologie. Die Prävalenz des ZAV beträgt<br />

0,85 /100 000 der Bevölkerung in einem Jahr. Es ist<br />

eine Erkrankung des Erwachsenenalters (im<br />

Durchschnitt 6. Lebensdekade). Bilateraler Befall<br />

in 1–2 %, mit Ausnahme der Arteriitis temporalis<br />

und anderer systemischer Vaskulitiden.<br />

Klinik. Sichtbare Embolien in den Netzhaut-<br />

Arterien und kirschroter Reflex (dunkelroter<br />

Foveareflex umgeben von weißlichem Netzhautödem<br />

am hinteren Pol, Aa, b) ist pathognomonisch<br />

für einen Zentralarterienverschluss<br />

der Netzhaut. Die Arterien sind dünn und der<br />

segmentierte Blutfluss in den Netzhautarterien<br />

kann in den akuten Stadien der Erkrankung beobachtet<br />

werden (Ac).<br />

Diagnose. Die Klinik (s. unten) und durch die<br />

Fluoreszenzangiographie kann die Diagnose<br />

gesichert werden.<br />

Diffenzialdiagnose. Die Differenzierung zwischen<br />

arteriitischen (Morbus Horton) und nichtarteriitischen<br />

ZAV ist sehr wichtig, weil beim<br />

Morbus Horton ohne entsprechende Therapie<br />

ein Befall des Partnerauges innerhalb weniger<br />

Tage eintreten kann.<br />

Therapie. Zurzeit besteht kein Konsens über die<br />

Effektivität verschiedener Behandlungsformen.<br />

● Konservative Behandlung: Bulbusmassage,<br />

Vorderkammerparazentese, Infusionsbehandlung<br />

mit Pentoxifyllin, hyperbarer Sauerstoff,<br />

rheologische Maßnahmen, intravenöse rTPAoder<br />

Kortikosteroidinjektion.<br />

● Invasive Behandlung: Selektive Katheterisation<br />

der Arteria ophthalmica mit Applikation<br />

fibrinolytischer Medikamente.<br />

B. Arterienastverschluss (AAV)<br />

Entsprechend der okkludierten Astarterie zeigt<br />

sich betont am hinteren Pol ein Netzhautödem<br />

(Ba). Die Patienten berichten über einen sektorförmigen<br />

Gesichtsfeldausfall. Der Abfall der<br />

zentralen Sehschärfe ist von der Perfusion der<br />

Fovea abhängig (Bb). Neben dem weißlichen<br />

Netzhautödem sind gelbliche intraarterielle<br />

Embolien und die Verengung der Arterien<br />

wichtige klinische Befunde. Eine internistische<br />

Abklärung kardiovaskulärer Risikofaktoren und<br />

eine konservative Therapie (s. ZAV) wird empfohlen.<br />

Die Prognose für das zentrale Sehvermögen<br />

ist gut. Gesichtsfeldausfälle können<br />

aber persistieren.<br />

C. Okuläres Ischämiesyndrom<br />

Hierbei handelt es sich um eine chronische<br />

Insuffizienz der Arteria ophthalmica, die zur<br />

Minderdurchblutung des gesamten Auges<br />

führt. Die häufigste Ursache ist dabei eine<br />

Karotisstenose. Die zentrale Sehschärfe ist in<br />

fortgeschrittenen Stadien reduziert. Klinisch<br />

zeigen sich verengte Netzhautarterien, punktund<br />

fleckförmige Blutungen in der Peripherie<br />

der Netzhaut. Dilatationen und Tortuositas der<br />

Netzhautvenen fehlen (Differenzialdiagnose<br />

venöse Stase-Retinopathie). Rubeosis iridis<br />

und Tyndalleffekt der Vorderkammer sind<br />

häufig. Die retinalen Neovaskularisationen<br />

entwickeln sich häufig nach der Rubeosis iridis.<br />

Die pathologisch verlängerte Arm-Netzhaut-<br />

Füllungszeit bei der Fluoreszenzangiographie<br />

ist pathognomonisch. Die Karotis-Doppler-<br />

Untersuchung kann das Ausmaß der Stenose<br />

darstellen. Die betroffenen Patienten zeigen<br />

meistens ein hohes Risikoprofil bezüglich kardiovaskulärer<br />

Erkrankungen. Die Mortalität<br />

beträgt ca. 50 % innerhalb von 5 Jahren nach<br />

Diagnosestellung. Eine internistische Abklärung<br />

ist daher dringend zu empfehlen. Die<br />

panretinale Laserfotokoagulation wird bei ausgedehnten<br />

Netzhautischämien sowie bei Vorhandensein<br />

einer Rubeosis iridis und retinaler<br />

Neovaskularisationen durchgeführt.<br />

180<br />

Prognose. Die Sehschärfe bei der Erstpräsentation<br />

entscheidet im Allgemeinen über die<br />

Prognose. Spontane Besserungen sind in bis zu<br />

15 % zu beobachten.<br />

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A. Zentralarterienverschluss (ZAV) B. Arterienastverschluss (AAV)<br />

a ZAV mit Netzhautödem durch die Ischämie; umschriebene<br />

Netzhautperfusion temporal der Papille<br />

ist bedingt durch die patente A. zilioretinalis<br />

a AAV mit Netzhautödem entsprechend dem Versorgungsgebiet<br />

der A. temporalis superior; Netzhautblutung<br />

am Rand der Papille, Dilatation und<br />

Anschlängelung der Venen deutet auf kombinierten<br />

arteriovenösen Verschluss der Netzhaut hin<br />

Vaskuläre Erkrankungen der Netzhaut<br />

b ZAV mit kirschrotem Fleck in der Fovea<br />

b Die Fluoreszenzangiographie zeigt die Nichtperfusion<br />

der Netzhaut<br />

c Die Fluoreszenzangiographie mit nichtperfundiertem<br />

Areal der Netzhaut und segmentiertem<br />

Blutfluss<br />

181<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

182<br />

A. Arterielles Makroaneurysma<br />

Runde Dilatationen der retinalen Arteriolen<br />

innerhalb der ersten arteriolaren Bifurkation<br />

werden als erworbene arterielle Makroaneurysmen<br />

bezeichnet. Arterielle Hypertonie und<br />

Atherosklerose sind die wichtigsten Ursachen.<br />

In der Regel ist der Befall einseitig und bei Frauen<br />

häufiger. Eine Visusminderung oder ein Gesichtsfeldausfall<br />

tritt auf, wenn eine Leckage<br />

oder Hämorrhagie im Bereich der Makula auftritt.<br />

Hämorrhagien können in unterschiedlichen<br />

Schichten der Netzhaut und im Glaskörperraum<br />

auftreten. Subpigmentepitheliale<br />

Hämorrhagien zeigen sich als dunkelrote<br />

Läsionen und erfordern die differenzialdiagnostische<br />

Abgrenzung zu pigmentierten Aderhauttumoren.<br />

Finden sich multiple Makroaneurysmen,<br />

Entzündungszellen im Glaskörper<br />

oder Kollateralgefäße, ist die präzise Diagnosestellung<br />

von Bedeutung, weil die Prognose und<br />

die Behandlung der arteriellen Makroaneurysma<br />

unterschiedlich sein kann (s. Morbus Coats,<br />

Venenastverschluss). Mittels Indocyaningrün-<br />

Angiographie können arterielle Makroaneurysmata<br />

oft trotz epiretinaler Hämorrhagien dargestellt<br />

werden. Die Hämorrhagien sind fast<br />

immer reversibel. Besteht eine Visusminderung<br />

nach der Resorption der Hämorrhagien<br />

empfiehlt sich eine Fluoreszenzangiographie<br />

zur Darstellung einer Leckage des Makroaneurysmas.<br />

Eine Laserfotokoagulation des Makroaneurysmas<br />

kann dann zur Zurückbildung der<br />

Leckage führen.<br />

B. Morbus Coats<br />

Der Morbus Coats ist eine kongenitale retinale<br />

Gefäßerkrankung, die durch retinale Teleangiektasien,<br />

Mikroaneurysmen und kapilläre<br />

Minderperfusionsareale in der Peripherie der<br />

Netzhaut charakterisiert ist. Leber-Miliaraneurysmen<br />

und gewisse Formen der idiopathischen<br />

juxtafovealen Teleangiektasien werden<br />

als Varianten des Morbus Coats angesehen. Histopathologisch<br />

zeigt sich ein Verlust an Endothelzellen<br />

und Perizyten der retinalen Gefäßwände.<br />

Das männliche Geschlecht wird<br />

bevorzugt befallen. 80 % der Manifestationen<br />

sind unilateral. Die Erkrankung tritt gehäuft in<br />

der ersten und fünften Lebensdekade auf. Periphere<br />

retinale Gefäßanomalien verursachen<br />

eine Leckage, die sich in fortgeschrittenem Stadium<br />

am hinteren Pol als Makulaödem und<br />

subretinale Lipidablagerungen präsentiert (Ba,<br />

b). Der Morbus Coats ist eine chronische, langsam<br />

fortschreitende Erkrankung. I. d. R. wird<br />

die Diagnose durch die Exsudation am hinteren<br />

Pol gestellt. Komplikationen sind Netzhautablösung,<br />

vasoproliferativer Tumor der Netzhaut,<br />

Katarakt, Glaukom und Phthisis bulbi.<br />

Die Diagnose wird durch die Klinik, demographische<br />

Auffälligkeiten (Geschlecht, Alter) und<br />

die fluoreszenzangiographischen Befunde in<br />

der Netzhautperipherie gestellt (Bc). Diffenzialdiagnostisch<br />

kommen im Kindesalter andere<br />

Ursachen der Leukokorie und im Erwachsenenalter<br />

periphere retinale Vaskulopathien in<br />

Betracht. Die Therapie des Morbus Coats basiert<br />

auf der Destruktion der avaskulären Netzhautareale<br />

und leckenden Mikroaneurysmen.<br />

Therapie der Wahl ist die Laserfotokoagulation.<br />

Bei Versagen der Lasertherapie, Lage der Läsionen<br />

in der extremen Peripherie der Netzhaut<br />

oder bei Zunahme der subretinaler Exsudationen<br />

wird die Kryotherapie angewendet. Im<br />

fortgeschrittenen Stadium des Morbus Coats<br />

(exsudative Netzhautablösung, vasoproliferative<br />

Tumorbildung) kommen auch vitreoretinale<br />

Verfahren in Frage.<br />

C. Fundus hypertonicus<br />

Die chronische arterielle Hypertonie führt zu<br />

einer Verengung retinaler Arteriolen und zu<br />

einer Störung der inneren Blut-Retina-Schranke.<br />

Als Folge entwickeln sich Exsudationen,<br />

Blutungen, Cotton-Wool-Herde, Lipidablagerungen<br />

mit Bevorzugung des hinteren Pols der<br />

Netzhaut. Stadien des Fundus hypertonicus<br />

(nach Scheie) sind:<br />

Stadium 0: Normaler Netzhautbefund.<br />

Stadium I: Diffuse arteriolare Verengung. Keine<br />

Kaliberschwankungen der Arteriolen.<br />

Stadium II: Ausgeprägte arterioläre Verengung<br />

mit zusätzlichen fokalen Konstriktionen (Ca).<br />

Stadium III: Ausgeprägte diffuse und fokale arteriolare<br />

Verengungen mit retinalen Hämorrhagien.<br />

Stadium IV: Zusätzlich zu den genannten Befunden<br />

zeigen sich ein retinales Ödem, harte<br />

Exsudate und eine Papillenschwellung (Cb).<br />

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A. Arterielles Makroaneurysma B. Morbus Coats<br />

Arterielles Makroaneurysma im Verlauf der A. temporalis<br />

superior; es zeigen sich retinale, subretinale<br />

und subpigmentepitheliale Hämorrhagien<br />

a Makulaödem mit Lipidablagerungen verursacht<br />

durch arterielles Mikroaneurysma<br />

Vaskuläre Erkrankungen der Netzhaut<br />

b Submakulärer Cholesterinplaque bei Morbus Coats<br />

c Fluoreszenzangiographie bei Morbus Coats: retinale<br />

Teleangiektasien, Mikroaneurysmen, Kapillarabbrüche<br />

mit Leckage in der Peripherie<br />

C. Fundus hypertonicus<br />

a Fundus hypertonicus Stadium II<br />

b Fundus hypertonicus Stadium IV mit Papillenödem<br />

und Makulastar<br />

183<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

184<br />

A. Diabetische Retinopathie<br />

Die diabetische Retinopathie (DR) ist eine durch<br />

einen Insulinmangel hervorgerufene Mikroangiopathie<br />

der Netzhaut.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Folgende Stoffwechselstörungen<br />

werden beim Diabetes mellitus<br />

durch eine Hyperglykämie ausgelöst: Sorbitolzyklus,<br />

nichtenzymatische Glykierung und Bildung<br />

von AGE (Advanced Glycation End Products),<br />

Aktivierung der DAG/PKC (Diacylglyceral/Proteinkinase<br />

C).<br />

Die diabetische Retinopathie ist durch die<br />

Mikrovaskulopathie charakterisiert. Histologisch<br />

zeigen sich folgende mikrovaskuläre Veränderungen:<br />

Verdickung der Basalmembran,<br />

Perizytenverlust, Abnahme der Extrazellulärmatrix.<br />

Als Folge dieser Veränderungen können<br />

sich Mikroaneurysmen, Netzhautödeme, Netzhautischämie<br />

und retinale Neovaskularisationen<br />

entwickeln.<br />

Das Zytokin VEGF (Vascular endothelial Growth<br />

Factor) ist ein wichtiger Faktor in der Pathogenese<br />

der diabetischer Retinopathie. Der Verschluss<br />

retinaler Kapillargefäße und die daraus<br />

resultierende Hypoxie führen zu einer vermehrten<br />

Freisetzung von VEGF. VEGF induziert<br />

dann retinale Neovaskularisationen und eine<br />

Leckage retinaler Gefäße.<br />

Epidemiologie. In westlichen Industrieländern<br />

beträgt die Erblindungsrate bei diabetischer<br />

Retinopathie ca. 8 % bei den unter 65-Jährigen.<br />

Sie liegt bei den 65- bis 74-Jährigen doppelt so<br />

hoch (14,5 %).<br />

Diagnostik. Entscheidend ist die fundoskopische<br />

Untersuchung in Mydriasis.<br />

Stadieneinteilung der DR.<br />

Nichtproliferative DR (NPDR, Aa u. b):<br />

● milde Form: einzelne Mikroaneurysmen;<br />

● mäßige Form: Netzhautblutungen und/oder<br />

Mikroaneurysmen am hinteren Pol und/oder<br />

weiche Exsudate, perlschnurartige Venen,<br />

oder intraretinale mikrovaskuläre Anomalien<br />

(IRMA) in einem Quadranten;<br />

● schwere Form: weiche Exsudate, perlschnurartige<br />

Venen und IRMA in mindestens 2 Quadranten<br />

der mittleren Peripherie, zwei von<br />

oben erwähnten Läsionen und Netzhautblutungen<br />

und Mikroaneurysmen in 4 Quadranten<br />

oder IRMA in allen 4 Quadranten.<br />

Proliferative DR (PDR):<br />

● Papillenneovaskularisation (NVD = neue Gefäße<br />

an der Papille): Gefäßneubildungen auf<br />

oder in 1 Papillendurchmesser entfernt zur Papille;<br />

● papillenferne Neovaskularisationen (NVE =<br />

neue Gefäße außerhalb der Papille, Ac – e):<br />

Gefäßneubildungen, deren Entfernung zur Papille<br />

mehr als 1 Papillendurchmesser beträgt.<br />

Klinisch signifikantes Makulaödem. Netzhautverdickung<br />

im Zentrum innerhalb von 500µm<br />

Entfernung zur Makula, oder Lipidablagerungen<br />

im Zentrum innerhalb von 500µm Entfernung<br />

zur Makula assoziiert mit einer Verdickung<br />

der benachbarten Netzhaut; Verdickung<br />

der Netzhaut über mindestens eine Papillenfläche,<br />

Größe lokalisiert innerhalb 1 Papillendurchmesser<br />

vom Zentrum der Makula.<br />

4 : 2 : 1-Regel. Zahlreiche Mikroaneurysmen in<br />

allen 4 Quadranten oder perlschnurartige Venen<br />

in mindestens 2 Quadranten oder IRMA in<br />

mindestens 1 Quadranten. Die Veränderungen<br />

deuten auf einen schweren Verlauf der diabetischen<br />

Retinopathie hin.<br />

Therapie.<br />

Lasertherapie: Das Konzept der Laserfotokoagulation<br />

(LK) bei PDRP basiert auf einer Downregulation<br />

der VEGF-Produktion durch ablative<br />

Therapie ischämischer Netzhautareale. Durch<br />

überführen der Hypoxie in eine Anoxie kann<br />

der Rückgang retinaler Neovaskularisationen<br />

erreicht werden. Die fokale Laserfotokoagulation<br />

wird bei nichtischämischen Formen eines<br />

diabetischen Makulaödems eingesetzt. Indikationen<br />

sind:<br />

● NPDR (schwere Form): panretinale LK,<br />

● PDR: panretinale LK,<br />

● klinisch signifikantes Makulaödem: fokale LK.<br />

Durch rechtzeitige und effiziente Lasertherapie<br />

kann das Risiko eines schweren Sehverlusts in<br />

bis zu 60 % verhindert werden. In der klinischen<br />

Routine wird die fokale Laserfotokoagulation<br />

des klinisch signifikanten Makulaödems vor<br />

einer flächendeckenden panretinalen Laserfotokoagulation<br />

durchgeführt (s. S. 187, Tab. 1 u.<br />

2, Aa – c).<br />

Komplikationen der Laserkoagulation sind Gesichstfeldausfall,<br />

Nyktalopie, Störungen der<br />

Kontrast- und Lichtempfindlichkeit und Zunahme<br />

des Makulaödems.<br />

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A. Diabetische Retinopathie<br />

a Am hinteren Pol zeigt sich ein klinisch signifikantes<br />

Makulaödem bei NPDR<br />

b Die Fluoreszenzangiographie zeigt zahlreiche Mikroaneurysmen<br />

in der Makula<br />

Diabetische Retinopathie<br />

c Venöser Looping und NVE mit präretinaler Blutung<br />

d NVE mit glialer Proliferation<br />

e Die Fluoreszenzangiographie zeigt eine Leckage<br />

am aktiv proliferierenden Rand der NVE und eine<br />

retinale Ischämie unterhalb der NVE<br />

185<br />

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13 Netzhaut und Glaskörper<br />

186<br />

A. Diabetische Retinopathie (Fortsetzung)<br />

Pars-plana-Vitrektomie: Indikationen für eine<br />

Vitrektomie (Glaskörperentfernung) mit Instrumentenzugang<br />

über die Pars plana des Ziliarkörpers<br />

sind:<br />

● Makula bedrohende oder progrediente traktive<br />

Ablatio retinae,<br />

● Glaskörperblutung ohne Resorption,<br />

● rezidivierende Glaskörperblutung,<br />

● therapierefraktäres Neovaskularisationsglaukom,<br />

● chronisches Makulaödem ohne positiven Therapieeffekt<br />

nach fokaler Laserkoagulation.<br />

Prognose. Folgende Risikofaktoren korrelieren<br />

positiv mit dem Beginn und der Progression der<br />

diabetischen Retinopathie:<br />

Dauer des Diabetes: Das Risiko der Entstehung<br />

und die Progression der diabetischen Retinopathie<br />

steigen mit zunehmender Dauer des<br />

Diabetes. Bei Typ-1-Diabetikern beträgt die<br />

Häufigkeit der diabetischen Retinopathie (NPDR<br />

und PDR) bei einer Erkrankungsdauer von bis<br />

zu 5 Jahren nach Diagnose 13 %. Der Anteil von<br />

Patienten mit einer diabetischen Retinopathie<br />

steigt auf 90 % bei einer Dauer der Erkrankung<br />

von 10 bis 15 Jahren. Während bei Typ-2-Diabetikern<br />

mit einer Erkrankungsdauer von 5 Jahren<br />

das Risiko einer PDR bei 2 % liegt, steigt<br />

dieser Anteil bei einer Diabetesdauer von 25<br />

Jahren und mehr auf 25 %.<br />

Blutzucker: Zahlreiche Studien haben den negativen<br />

Effekt eines ungenügend eingestellten<br />

Blutzuckers auf das Fortschreiten der diabetischen<br />

Retinopathie belegt. Bei Typ-1-Diabetikern<br />

ohne sichtbare Netzhautveränderungen<br />

verringert die strenge Blutzuckerkontrolle<br />

durch Insulintherapie das Entstehungsrisiko<br />

der Retinopathie um bis zu 75 % im Vergleich<br />

zu konventionell behandelten Patienten. Bei<br />

50 % der behandelten Typ-1-Diabetiker mit bestehender<br />

Retinopathie konnte diese Therapie<br />

eine Progression der Retinopathie im Vergleich<br />

zur Kontrollgruppe verhindern. Dabei soll berücksichtigt<br />

werden, dass die strenge Einstellung<br />

des Blutzuckers in den ersten 6 bis 12<br />

Monaten als Nebenwirkung zu einer Progression<br />

der bestehenden Retinopathie führen<br />

kann. Bei Typ-2-Diabetikern wird durch die<br />

strenge Blutzuckereinstellung das Entstehen<br />

und die Progression der diabetischen Retinopathie<br />

im Vergleich zu Kontrollpatienten (konservative<br />

Behandlungsgruppe) reduziert. Als<br />

Folge wird der Bedarf der Lasertherapie deutlich<br />

verringert.<br />

Andere Risikofaktoren: Arterielle Hypertonie,<br />

Hyperlipidämie, Nephropathie.<br />

Differenzialdiagnose.<br />

Okuläres Ischämiesyndrom: Kann einseitig auftreten.<br />

Die Netzhautarterien sind verengt, es<br />

zeigen sich ischämische Netzhautblutungen typischerweise<br />

in der mittleren Netzhautperipherie.<br />

Rubeosis iridis und Vorderkammerreiz<br />

als Erstbefund nicht selten. Verlängerte Arm-<br />

Netzhaut-Füllungszeit in der Fluoreszenzangiographie.<br />

Die Carotis-Doppler-Sonographie<br />

ist eine entscheidende Untersuchung.<br />

Venolenastverschluss: Sektorielle Verteilung<br />

der Blutungen und Netzhautverdickung. Im betroffenen<br />

Netzhautbereich zeigt sich eine dilatierte<br />

Netzhautvene.<br />

Fundus hypertonicus: Oberflächliche und streifenförmige<br />

Netzhautblutungen betont am hinteren<br />

Pol. Abhängig von der Ausprägung der<br />

Hypertonie können sich weiche Exsudate und<br />

Papillenschwellung zeigen.<br />

Strahlenretinopathie: Ischämische Netzhautblutungen<br />

in der mittleren Peripherie. Die Anamnese<br />

einer vorangegangenen Strahlenbehandlung<br />

(meist uveales Melanom) ist für die<br />

Diagnose entscheidend.<br />

Schwangerschaft und diabetische Retinopathie.<br />

Eine Schwangerschaft gilt als Risikofaktor<br />

für das Auftreten oder Fortschreiten einer diabetischen<br />

Retinopathie. Sollte eine NPDR (mild<br />

bis mäßig) zu Beginn der Schwangerschaft vorhanden<br />

sein, wird pro Trimester eine opthalmoskopische<br />

Kontrolle empfohlen. Wird eine<br />

Progression oder eine schwere Form der NPDR/<br />

PDR festgestellt, sind eine panretinale Laserkoagulation<br />

und monatliche Kontrollen zu empfehlen.<br />

Katarakt und diabetische Retinopathie. Nach<br />

Kataraktextraktion kann eine diabetische Retinopathie<br />

zunehmen. Vor Kataraktextraktion<br />

sollte deshalb eine ausreichende Behandlung<br />

der Retinopathie entsprechend oben genannter<br />

Kriterien erfolgt sein.<br />

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A. Diabetische Retinopathie<br />

Tab.1 Augenärztliche Kontrollen bei Diabetikern<br />

Typ der DR<br />

keine DR<br />

Untersuchungsintervall<br />

12 Monate<br />

milde oder mäßige<br />

NPDR ohne Makulaödem<br />

milde oder mäßige NPDR<br />

mit Makulaödem<br />

schwere NPDR<br />

PDR<br />

6 Monate<br />

3 Monate<br />

3 Monate<br />

1 – 3 Monate<br />

DR: diabetische Retinopathie<br />

NPDR: nichtproliferative diabetische Retinopathie<br />

PDR: proliferative diabetische Retinopathie<br />

a Frische, exsudative Herde in der nasalen Fundushälfte<br />

bei panretinaler Laserfotokoagulation<br />

Diabetische Retinopathie (Fortsetzung)<br />

b Atrophische und teilweise pigmentierte Laserherde<br />

bei Zustand nach panretinaler Laserfotokoagulation<br />

c PDR mit ausgeprägter Traktion am hinteren Pol<br />

Tab. 2 Laserfotokoagulation der diabetischen Retinopathie<br />

Stadium der DR Technik Herde<br />

NPDR (schwer) panretinal 2000 – 3000<br />

PDR panretinal 2000 – 3000<br />

KSMÖ fokal variabel<br />

DR: diabetische Retinopathie,<br />

NPDR: nichtproliferative diabetische Retinopathie,<br />

PDR: proliferative diabetische Retinopathie,<br />

KSMÖ: klinisch signifikantes Makulaödem<br />

187<br />

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14 Makula<br />

188<br />

A. Fluoreszenzangiographie (FA)<br />

Bei der FA wird ein fluoreszierender Farbstoff<br />

intravenös injiziert und seine Passage durch die<br />

Gefäße am Augenhintergrund fotografisch dokumentiert.<br />

Nach Bestrahlung des Farbstoffs in<br />

den Gefäßen am Augenhintergrund mit kurzwelligem<br />

Licht wird langwelligeres Licht emittiert.<br />

Mittels Erreger- und Sperrfilter, die in den<br />

Strahlengang einer Funduskamera eingebaut<br />

sind, kann das emittierte Licht selektiv dargestellt<br />

werden und es entsteht ein reines Fluoreszenzbild<br />

der vaskulären Strukturen des Augenhintergrunds.<br />

Die verwendeten Farbstoffe können bei einem<br />

normalen Augenhintergrund die retinalen Gefäße<br />

(innere Blut-Retina-Schranke) und das<br />

Pigmentepithel (äußere Blut-Retina-Schranke)<br />

nicht passieren, der Austritt von Farbstoff (Leckage)<br />

ist pathologisch. Bei der Interpretation<br />

der Angiogramme werden Areale mit vermehrter<br />

Fluoreszenz (Hyperfluoreszenz) und solche<br />

mit verminderter Fluoreszenz (Hypofluoresenz)<br />

unterschieden. Eine Hypofluoreszenz wird<br />

durch Blockade (Blut, Pigment etc.) oder Minderperfusion<br />

verursacht, eine Hyperfluoreszenz<br />

durch anomale Gefäße, Pigmentepithelatrophie<br />

(Fensterdefekt) oder Leckage.<br />

Angiographie mit Fluorescein (FA, Aa, b). Besonders<br />

bei Makulaerkrankungen dient die FA<br />

zur Darstellung choroidaler Neovaskularisationen<br />

und deren Klassifikation, des Weiteren zur<br />

Erfassung von Durchblutungsstörungen, der<br />

Permeabilität von retinalen Gefäßen und des<br />

Pigmentepithels sowie von Pigmentepithelatrophien.<br />

Nebenwirkungen in Form allergischer<br />

Reaktionen sind selten.<br />

Angiographie mit Indocyaningrün (ICGA, Ac).<br />

Bei der ICGA liegen Absorptions- und Emmissionsmaxima<br />

im Vergleich zur FA im langwelligen<br />

infraroten Spektrum. In diesem Bereich<br />

ist eine Blockade der Aderhautfluoreszenz<br />

durch das Pigmentepithel gering. Des Weiteren<br />

bindet ICG stärker an Plasmaproteine und führt<br />

dadurch im Vergleich zu Fluorescein zu einer<br />

geringeren Leckage-Aktivität. Damit ergeben<br />

sich Vorteile für die Darstellung von Aderhautgefäßen<br />

und deren Pathologien, v. a. okkulte<br />

choroidale Neovaskularisationen, retinochoroidale<br />

Anastomosen und Tumorgefäße. ICG ist<br />

im Vergleich zu Fluorescein jodhaltig.<br />

B. Optische Kohärenztomographie<br />

(OCT, B)<br />

Die OCT bietet die Möglichkeit, morphologische<br />

Strukturen am Augenhintergrund mit<br />

einer hohen räumlichen Auflösung im Mikrometerbereich<br />

nichtinvasiv darzustellen. Mittels<br />

Reflexion von kohärentem Licht entstehen<br />

Schnittbilder von Gewebestrukturen, basierend<br />

auf deren unterschiedlich optisch streuenden<br />

Eigenschaften. Das OCT-Bild der gesunden<br />

menschlichen Netzhaut zeigt 2 hyperreflektive<br />

Schichten: die Nervenfaserschicht und als dickstes<br />

Band den Pigmentepithel-Choriocapillaris-<br />

Komplex.<br />

Eingesetzt wird die OCT v. a. bei der Klassifikation<br />

von Makulaforamina, Darstellung vitreoretinaler<br />

Traktionen, Pigmentepithelabhebungen,<br />

Makulaödem und zum Therapiemonitoring.<br />

C. Multifokales Elektroretinogramm<br />

(mfERG, C)<br />

Das mfERG erlaubt eine objektive Funktionsbestimmung<br />

der Photorezeptoren und Bipolarzellen<br />

am hinteren Pol und ermöglicht damit<br />

eine Funktionskartierung der Makula. Der diagnotische<br />

Wert des mfERG liegt in der Früherkennung<br />

des Morbus Stargardt und toxischer<br />

Makulopathien. Darüber hinaus ist das mfERG<br />

eine wichtige Ergänzung bei der Lokalisation<br />

unklarer Sehstörungen.<br />

D. Funduskontrollierte Perimetrie (D)<br />

Mit der Scanning-Laser-Ophthalmoskopie sind<br />

Funktionsuntersuchungen unter simultaner<br />

Sicht auf den Augenhintergrund möglich. Neben<br />

der automatischen Schwellenperimetrie können<br />

eine kinetische Perimetrie und eine Fixationsprüfung<br />

durchgeführt werden. Die direkte<br />

Korrelation von Morphologie und Funktion<br />

ermöglicht besonders die Darstellung kleiner<br />

Skotome bei makulären Erkrankungen. Auch<br />

Untersuchungen zum Leseverhalten mit exakter<br />

Beobachtung des Fixationsverhaltens sind<br />

möglich.<br />

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A. Fluoreszenzangiographie B. Optische Kohärenztomographie<br />

Zystoides Makulaödem<br />

a Fluorescein-Angiogramm: klassische choroidale<br />

Neovaskularisation; Frühphase<br />

C. Multifokales Elektroretinogramm<br />

Diagnostik<br />

b Fluorescein-Angiogramm: klassische choroidale<br />

Neovaskularisation; Spätphase<br />

D. Funduskontrollierte Perimetrie<br />

c Indocyaningrün-Angiogramm: choroidale Neovaskularisation<br />

mit zuführendem Gefäß aus dem<br />

choroidalen Gefäßsystem<br />

189<br />

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14 Makula<br />

190<br />

A. Alterungsveränderungen<br />

Die Makula zeigt im höheren Lebensalter einen<br />

verstrichenen Wallreflex und aufgehobenen<br />

Fovealreflex. Das Pigmentepithel weist eine<br />

feine Granulation auf und eine geringe Anzahl<br />

kleiner harter Drusen kann beobachtet werden,<br />

die jedoch keinen Krankheitswert haben (Aa, b).<br />

B. Altersbedingte Makuladegeneration<br />

(AMD)<br />

Die AMD ist mittlerweile die häufigste Ursache<br />

für einen irreversiblen Verlust der zentralen<br />

Sehschärfe und eine Erblindung nach gesetzlicher<br />

Definition in den westlichen Industrienationen.<br />

Während im Frühstadium (Ba) mit<br />

großen, weichen Drusen und Pigmentverschiebungen<br />

meist noch keine wesentlichen Funktionseinschränkungen<br />

bestehen, kommt es in<br />

den Spätstadien durch Pigmentepithelatrophie<br />

(trockene AMD, Bb) oder choroidale Neovaskularisationen<br />

(feuchte AMD, Bc) zu einem erheblichen<br />

Sehverlust.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Eine Störung im Metabolismus<br />

des Pigmentepithels führt zu Ablagerungen<br />

im Bereich Bruch-Membran/Pigmentepithel<br />

und zur Drusenbildung. Schließlich<br />

kommt es zu einem Untergang von<br />

Pigmentepithelzellen, einem chronischen Entzündungsprozess<br />

sowie zur Ausschüttung von<br />

Wachstumsfaktoren mit Ausbildung choroidaler<br />

Neovaskularisationen (CNV). Als Risikofaktoren<br />

werden neben der gesicherten Altersabhängigkeit<br />

das weibliche Geschlecht, Nikotinabusus,<br />

intensive Sonneneinstrahlung, kardiovaskuläre<br />

Faktoren und eine genetische<br />

Komponente diskutiert.<br />

Epidemiologie. Die Inzidenzrate für die Spätstadien<br />

der AMD steigt von 0,8 in der Altersgruppe<br />

der 65- bis 69-Jährigen auf 6,8 bei den<br />

über 80-Jährigen an.<br />

Klinik. Die trockene AMD ist gekennzeichnet<br />

durch eine zunehmende Atrophie des Pigmentepithels<br />

und der Choriocapillaris. Es entstehen<br />

zunächst multiple kleine Atrophiezonen, die<br />

um die Fovea gruppiert sind und sich später in<br />

die Fovea ausdehnen. Die trockene Form entwickelt<br />

sich meist langsam; sobald die Fovea<br />

miteinbezogen wird, kommt es zu einem starken<br />

Visusabfall.<br />

Die feuchte AMD ist charakterisiert durch das<br />

Einsprossen von choroidalen Neovaskularisationen<br />

durch die Bruch-Membran in den subpigmentepithelialen<br />

und subretinalen Raum.<br />

Begleitet von Blutungen führen sie schließlich<br />

zu ausgedehnten fibrösen Vernarbungen der<br />

Makula (Bd). Metamorphopsien sind die charakteristischen<br />

Symptome. Klinisch zeigt sich<br />

die CNV als gräuliche subretinale Läsion, umgeben<br />

von subretinalen Blutungen und Ödem,<br />

das Pigmentepithel kann vorgewölbt sein.<br />

Diagnostik. Mittels Fluoreszenzangiographie<br />

lassen sich CNV darstellen und klassifizieren.<br />

Es werden klassische, okkulte und gemischte<br />

CNV differenziert.<br />

Differenzialdiagnostik. Chronisch rezidivierende<br />

Retinopathia centralis serosa, Venenastverschluss<br />

der Makula, CNV bei anderen Erkrankungen.<br />

Therapie. Die gegenwärtig zur Verfügung stehenden<br />

therapeutischen Möglichkeiten können<br />

den fortschreitenden Funktionsverlust<br />

meist nur verlangsamen, eine ursächliche Therapie<br />

gibt es bis heute nicht.<br />

Bei der feuchten AMD sind die Therapieoptionen<br />

von der Lage und dem angiographischen<br />

Typ der CNV abhängig. Eine klassische extrafoveal<br />

gelegene CNV kann mittels Laserkoagulation<br />

behandelt werden. Bei subfovealer Lage<br />

der CNV wird eine photodynamische Therapie<br />

durchgeführt. Alternative Behandlungskonzepte<br />

umfassen u. a. die Makulatranslokation,<br />

intravitreale Injektion von Angiogeneseinhibitoren,<br />

transpupilläre Thermotherapie, chirurgische<br />

Exzision der CNV und Transplantation<br />

von Pigmentepithelzellen.<br />

Der Anpassung vergrößernder Sehhilfen im<br />

Rahmen der optischen Rehabilitation kommt<br />

sowohl bei der trockenen als auch der feuchten<br />

AMD immer noch eine sehr große Bedeutung<br />

zu.<br />

Prognose. Der Spontanverlauf der verschiedenen<br />

Formen der AMD ist sehr ungünstig. Ein<br />

Leseverlust tritt fast immer auf, völlige Blindheit<br />

ist selten, da das periphere Geischtsfeld<br />

erhalten bleibt. Die 5-Jahres-Inzidenz für die<br />

Erkrankung des zweiten Auges liegt bei 40 %.<br />

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A. Alterungsveränderungen<br />

a Normale Makulareflexe<br />

B. Altersbedingte Makuladegeneration<br />

b Altersveränderungen der Makula: Verlust der Reflexe,<br />

harte Drusen<br />

Alterungsveränderungen, Degenerationen<br />

a Frühstadium der AMD mit großen konfluierenden<br />

Drusen<br />

b Trockene AMD mit geographischer Atrophie<br />

c Feuchte AMD mit choroidaler Neovaskularisation<br />

d Disziforme Narbe<br />

191<br />

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14 Makula<br />

192<br />

A. Retinopathia centralis serosa (RCS)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Eine Schrankenstörung<br />

im Bereich des Pigmentepithels und der Choriokapillaris<br />

führt zu einer umschriebenen<br />

serösen Netzhautablösung.<br />

Epidemiologie. Vorwiegend Männer im mittleren<br />

Lebensalter, seltener Frauen.<br />

Klinik. Die betroffenen Patienten klagen über<br />

einen Visusabfall und Metamorphopsien. Die<br />

Sehschärfe kann durch die Gabe von Plusgläsern<br />

oft verbessert werden. Am Fundus ist<br />

bei reizfreiem Glaskörper eine runde bis ovale<br />

seröse Abhebung der Netzhaut zu sehen. Kleine<br />

Pigmentepithelabhebungen und atrophische<br />

Pigmentepithelveränderungen können das Bild<br />

begleiten.<br />

Diagnostik. Die Diagnose wird ophthalmoskopisch,<br />

evtl. mit Unterstützung der Fluoreszeinangiographie<br />

gestellt. Angiographisch erscheinen<br />

ein oder mehrere Quellpunkte, die sich im<br />

Verlauf rauchfahnenförmig oder meist diffus<br />

vergrößern in Folge der Fluoreszeinleckage.<br />

Rezidivierende Verlaufsformen zeigen neben<br />

ausgedehnten Pigmentepithelatrophien multiple<br />

flächige hyperfluoreszente Areale.<br />

Differenzialdiagnostik. Feuchte altersbedingte<br />

Makuladegeneration, Grubenpapille.<br />

Therapie. In den meisten Fällen tritt eine spontane<br />

Heilung mit Rückbildung innerhalb von<br />

2–6 Monaten ein. Bei ausbleibender Regression<br />

oder rezidivierendem Verlauf kann man eine<br />

fokale Laserkoagulation erwägen.<br />

Prognose. Die Rezidivquote liegt zwischen 20<br />

und 30 %. Bei rezidivierendem Verlauf kann es zu<br />

ausgedehnten Atrophien des Pigmentepithels<br />

mit bleibenden Sehbeeinträchtigungen kommen.<br />

B. Epiretinale Gliose (Macular Pucker)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Epiretinale Membranen<br />

entstehen infolge retinaler Gefäßerkrankungen,<br />

intraokulärer Entzündungen sowie<br />

nach Trauma und intraokularen operativen Eingriffen.<br />

Meistens findet man sie idiopathisch<br />

nach Glaskörperabhebung.<br />

Epidemiologie. Häufig, Alterskorrelation.<br />

Klinik. Das klinische Bild ist sehr variabel, vom<br />

asymptomatischen Zufallsbefund bis zum ausgeprägten<br />

Macular Pucker mit Metamorphopsien<br />

und Visusreduktion. Die Makula zeigt anfänglich<br />

Glitzerpunkte, später eine Fältelung<br />

mit oder ohne sichtbare Membran und Verziehung<br />

der perimakulären Gefäße (Ba, b).<br />

Diagnostik. Die Diagnose erfolgt anhand des<br />

klinischen Bildes. Angiographisch kann im fortgeschrittenen<br />

Stadium eine Leckage aus retinalen<br />

Gefäßen, evtl. mit Ausbildung eines zystoiden<br />

Makulaödems beobachtet werden.<br />

Therapie. Pars-plana-Vitrektomie bei Visusminderung<br />

und Metamorphopsien.<br />

C. Idiopathisches Makulaforamen<br />

Ätiologie/Pathogenese. Tangentiale Traktionen<br />

spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung<br />

des Makulaforamens. Bei anliegendem<br />

Glaskörper kommt es im Stadium I zu einer<br />

Abhebung der Fovea (drohendes Makulaforamen).<br />

Das Stadium I ist durch eine Glaskörperabhebung<br />

reversibel. Im weiteren Verlauf<br />

kommt es zu einem meist exzentrischen<br />

kleinen Einriss der Netzhaut (Stadium II),<br />

schließlich entsteht ein voll ausgebildetes<br />

Makulaloch (Stadium III) mit oder ohne Operkulum<br />

(Deckel). Im Stadium IV liegt zusätzlich<br />

eine hintere Glaskörperabhebung vor (Ca, b).<br />

Epidemiologie. Meist sind Frauen in der 6. bis<br />

8. Lebensdekade betroffen. Prävalenz 0,05 %.<br />

Beidseitigkeit in ca. 20 %.<br />

Klinik. Neben dem Visusverlust werden Metamorphopsien<br />

und/oder ein Zentralkotom angegeben.<br />

Das Stadium I ist klinisch erkennbar an<br />

einem gelben Fleck oder einem gelben Ring bei<br />

anliegender Glaskörpergrenzmembran. Charakteristisch<br />

sind im Stadium III der vollständige<br />

Netzhautdefekt mit Pigmentumschichtungen<br />

am Boden des Loches und Anhebung der<br />

Foramenränder.<br />

Diagnostik. Die Kohärenztomographie (OCT)<br />

ermöglicht eine verbesserte Diagnostik der frühen<br />

Erkrankungsstadien.<br />

Differenzialdiagnostik. Pseudoforamen bei der<br />

epiretinalen Gliose, Retinopathia centralis serosa,<br />

zystoides Makulaödem.<br />

Therapie. Pars-plana-Vitrektomie mit Endotamponade<br />

für Stadium II–IV.<br />

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A. Retinopathia centralis serosa (RCS)<br />

a Neurosensorisches Ödem<br />

b Fluorescein-Angiogramm mit Quellpunkt, Rauchfahnenphänomen<br />

und neurosensorischem Ödem<br />

B. Epiretinale Gliose (Macular Pucker)<br />

Degenerationen<br />

a Epiretinale Gliose (Macular Pucker) mit Verziehung<br />

der perimakulären Gefäße<br />

b Fluorescein-Angiographie<br />

C. Idiopathisches Makulaforamen<br />

a u. b Idiopathisches Makulaforamen (Stadium IV) mit Anhebung der Foramenränder und Operculum im<br />

OCT<br />

193<br />

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14 Makula<br />

194<br />

A. Aderhautfalten<br />

Ätiologie/Pathogenese. Aderhautfalten entstehen<br />

bei einer Deformierung der Bulbuswand<br />

durch eine Raumforderung retrobulbär oder<br />

innerhalb der Bulbuswand sowie bei einer Bulbushypotonie.<br />

Klinik. Das klinisch-angiographische Bild ist<br />

charakterisiert durch meist horizontal verlaufende<br />

Falten (A).<br />

Diagnostik. Ophthalmoskopisch sind Aderhautfalten<br />

leicht zu übersehen, sie stellen sich aber<br />

angiographisch deutlicher dar.<br />

Therapie. Therapie der Grunderkrankung.<br />

B. Erkrankungen mit choroidaler<br />

Neovaskularisation (CNV)<br />

Erkrankungen, die zu entzündlichen und degenerativen<br />

Veränderungen der Makula oder<br />

Rupturen der Bruch-Membran führen, können<br />

einen vasoproliferativen Prozess auslösen, bei<br />

dem Gefäße aus der Aderhaut durch die Bruch-<br />

Membran unter die Netzhaut proliferieren.<br />

Diese CNV unterläuft nach einer exsudativen<br />

Phase mit subretinalen Blutungen und neurosensorischem<br />

Ödem einen selbstlimitierenden<br />

narbigen Prozess (disziforme Narbe) und führen<br />

zu Metamorphopsien und einer erheblichen<br />

Sehbeeinträchtigung.<br />

C. Degenerative Myopie<br />

Epidemiologie. Höhere Inzidenzen bei Frauen<br />

und im asiatischen Raum.<br />

Klinik. Der Fundus erscheint meist recht hell<br />

mit charakteristischen Dehnungsherden am<br />

hinteren Pol, in denen langgestreckte größere<br />

Aderhautgefäße sichtbar werden. Peripapillär<br />

sind ausgedehnte chorioretinale Atrophien<br />

sichtbar (Conus myopicus). Eine Verdünnung<br />

der Sklera kann zu einer Ausbuchtung der Augenwand<br />

am hinteren Pol (Staphylom) mit Verstärkung<br />

der Myopie oder einer umschriebenen<br />

Netzhautablösung führen.<br />

Risse in der Bruch-Membran (Lacksprünge)<br />

sind als gelblich atrophische Streifen sichtbar.<br />

Diese können zum Einsprossen von CNV mit<br />

Verlust der Lesefähigkeit führen. Es bleibt<br />

schließlich eine pigmentierte Narbe zurück, die<br />

als Fuchs-Fleck bezeichnet wird (B).<br />

Therapie. Photodynamische Therapie der CNV.<br />

D. Angioid Streaks<br />

Ätiologie/Pathogenese. Es liegt eine Rissbildung<br />

in der Bruch-Membran vor, die eine kalzifizierende<br />

Degeneration zeigt.<br />

Angioid Streaks können isoliert auftreten oder<br />

mit einer Vielzahl systemischer Erkrankungen<br />

assoziiert sein.<br />

Klinik. Am hinteren Pol imponieren gräuliche<br />

bis dunkelrote „gefäßähnliche“ Streifen, die<br />

von der Papille ausgehend radiär in die Peripherie<br />

verlaufen (D). Das Pigmentepithel über<br />

diesen Rissbildungen ist atrophisch oder proliferiert.<br />

Charakteristisch ist weiterhin eine<br />

diffuse Pigmentepitheliopathie mit orangefarbener<br />

Granulierung (Peau d´orange) am hinteren<br />

Pol und eine peripapilläre Atrophie.<br />

Diagnostik. In der Fluoreszeinangiographie<br />

zeigen die Angioid Streaks eine Hyperfluoreszenz.<br />

Differenzialdiagnostik. Aderhautruptur.<br />

Therapie. Bei CNV Laserkoagulation oder photodynamische<br />

Therapie je nach Lokalisation der<br />

CNV.<br />

E. Parafoveale Teleangiektasien<br />

Ätiologie/Pathogenese. Nicht bekannt.<br />

Epidemiologie. Selten, betrifft vorwiegend Patienten<br />

in der 5.–6. Dekade.<br />

Klinik. Die ektatischen Kapillaren liegen meist<br />

symmetrisch temporal der Fovea. Nach Entstehung<br />

eines Makulaödems kommt es zu<br />

Metamorphopsien und einer Visusminderung.<br />

Diagnostik. Gute Darstellung der Teleangiektasien<br />

in der Fluoreszenzangiographie.<br />

Differenzialdiagnostik. Diabetische Makulopathie.<br />

Therapie. Wegen der zentralen Lage der ektatischen<br />

Kapillaren ist eine Laserkoagulation<br />

meist nicht möglich, photodynamische Therapie<br />

der CNV.<br />

Prognose. Gute Visusprognose, der Visusverlust<br />

verläuft sehr langsam solange sich keine<br />

sekundären CNV bilden (E).<br />

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A. Aderhautfalten B. Erkrankungen mit choroidalen<br />

Neovaskularisationen (CNV)<br />

Myopia magna mit choroidaler Neovaskularisation<br />

und subretinalen Blutungen<br />

D. Angioid Streaks<br />

Tab. 1 Erkrankungen mit choroidaler Neovaskularisation<br />

•altersabhängige Makuladegeneration<br />

•Myopie<br />

•Angioid Streaks<br />

•perifoveale Teleangiektasien<br />

•traumatische Aderhautruptur<br />

•hereditäre Drusen<br />

•vitelliforme Degeneration<br />

•Drusenpapille<br />

•multifokale Choroiditis<br />

•Presumed-Ocular-Histoplasmosis-Syndrom<br />

(POHS)<br />

•serpiginöse Choriopathie<br />

•Birdshot-Chorioretinopathie<br />

•Toxoplasmose-Chorioretinopathie<br />

•Aderhautkolobom<br />

•Aderhautnävus<br />

•idiopathisch<br />

Degenerationen<br />

E. Parafoveale Teleangiektasien<br />

Tab. 2 Erkrankungen mit Angioid Streaks<br />

•Pseudoxanthoma elasticum<br />

(Grönblad-Strandberg)<br />

•Ehlers-Danlos-Syndrom<br />

•senile Elastose<br />

•Morbus Paget<br />

•Sichelzellanämie<br />

•Thalassämie<br />

•Akromegalie<br />

•idiopathisch<br />

Perifoveale Teleangiektasien mit choroidaler Neovaskularisation<br />

(Pfeile)<br />

195<br />

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A. White-Dot-Syndrome<br />

Entzündliche Erkrankungen, die bevorzugt die<br />

Makula befallen, werden als White-Dot-Syndrome<br />

zusammengefasst. Sie sind gekennzeichnet<br />

durch multiple gelblich-weißliche<br />

Herde am hinteren Pol und weisen sehr häufig<br />

als sekundäre Komplikation die Entwicklung<br />

von choroidalen Neovaskularisationen (CNV)<br />

mit erheblicher Sehverschlechterung auf.<br />

Epidemiologie. Selten, meist junge Frauen.<br />

Klinik. Es kommt meist zu einem einseitigen<br />

Visusverlust, der von einer Vergrößerung des<br />

blinden Flecks begleitet werden kann. Am Fundus<br />

sind die zahlreichen, sehr kleinen weißen<br />

Herde in der äußeren Netzhaut schwer zu erkennen<br />

(E). Typisch ist eine orange, granuläre<br />

Auflockerung des makulären Pigments.<br />

Diagnostik. Charakteristisch ist der gewöhnlich<br />

unilaterale Verlauf und das fluoreszenzangiographische<br />

Bild mit einer frühen Hyperfluoreszenz<br />

der Herde, die wiederum aus einer<br />

Vielzahl kleiner hyperfluoreszenter Punkte zusammengesetzt<br />

sind.<br />

Prognose. Sehr gut, die Herde können sich<br />

ohne Narbenbildung zurückbilden. Selten CNV.<br />

14 Makula<br />

B. Presumed-Ocular-Histoplasmosis-<br />

Syndrom (POHS)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Erkrankung, die in<br />

endemischen Gebieten in den USA dem Pilz<br />

Histoplasma capsulatum zugeschrieben wird,<br />

in Europa ähnliches Krankheitsbild aber ohne<br />

Pilznachweis.<br />

Epidemiologie. Gesunde Erwachsene zwischen<br />

dem 20. und 50. Lebensjahr.<br />

Klinik. Ausgestanzte, atrophische Herde (Histo-<br />

Spots) in Kombination mit peripapillärer Atrophie,<br />

peripheren pigmentierten Streifenläsionen<br />

und reizfreiem Glaskörper (B).<br />

Prognose. Neigt zu Rezidiven, häufig CNV.<br />

C. Mutifokale Choroiditis<br />

Epidemiologie. Selten, meist junge Frauen.<br />

Klinik. Am hinteren Pol und in der mittleren Peripherie<br />

zeigen sich multiple weißliche aktive<br />

Herde neben atrophischen Narben (C). Eine begleitende<br />

zelluläre Glaskörperinfiltration grenzt<br />

das Krankheitsbild zum POHS ab.<br />

Prognose. Neigt zu Rezidiven und subretinaler<br />

Fibrosierung, häufig CNV.<br />

D. Punktförmige innere Choriopathie<br />

(PIC)<br />

Epidemiologie. Selten, meist junge Frauen.<br />

Klinik. Gewöhnlich bilaterale Erkrankung mit<br />

kleinen, unscharf begrenzten, zum gleichen<br />

Zeitpunkt entstandenen Herden am hinteren<br />

Pol, die narbig abheilen (D).<br />

Prognose. Häufig CNV.<br />

F. Akute posteriore multifokale plakoide<br />

Pigmentepitheliopathie (APMPPE)<br />

Epidemiologie. Junge Erwachsene, häufig nach<br />

viralem Infekt.<br />

Klinik. Das Fundusbild ist charakterisiert durch<br />

bilaterale, cremefarbene Läsionen, die meist<br />

größer sind als bei den anderen White-Dot-<br />

Erkrankungen (F). Eine begleitende milde Vitritis<br />

ist häufig. Systemische Krankheitserscheinungen<br />

(Erythema nodosum, zerebrale<br />

Vaskulitis) sind möglich.<br />

Diagnostik. Das fluoresceinangiographische<br />

Bild ist diagnoseweisend: Die akuten Läsionen<br />

zeigen eine frühe Hypo- und späte Hyperfluoreszenz.<br />

Prognose. Günstiger Spontanverlauf mit Abheilung<br />

und zarter Vernarbung der Herde. Selten<br />

CNV.<br />

G. Birdshot-Chorioretinopathie<br />

Epidemiologie. Beginn im mittleren Alter.<br />

Klinik. Am Fundus imponieren mittelgroße<br />

cremiggelbe Aderhautinfiltrate nasal der Papille<br />

und außerhalb der Gefäßbögen mit Glaskörperinfiltration.<br />

Im weiteren Verlauf entstehen<br />

die charakteristischen depigmentierten<br />

Narben (G). Weitere Sehverschlechterung durch<br />

zystoides Makulaödem möglich.<br />

Diagnostik. HLA-A29-Assoziation. In der Fluoreszenzangiographie<br />

sind intraretinale Leckagen<br />

zu beobachten.<br />

Prognose. Chronisch rezidivierender Verlauf.<br />

Selten CNV.<br />

196<br />

E. Multiple-Evanescent-White-Dot-<br />

Syndrom (MEWDS)<br />

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B. Presumed-Ocular-Histoplasmosis-<br />

Syndrom<br />

C. Multifokale Choroiditis<br />

Presumed-Ocular-Histoplasmosis-Syndrom mit<br />

choroidaler Neovaskularisation (Pfeil) und Histo-<br />

Spots<br />

D. Punktförmige innere Choriopathie E. Multiple-Evanescent-White-Dot-<br />

Syndrom<br />

Entzündungen<br />

F. Akute posteriore multifokale plakoide<br />

Pigmentepitheliopathie<br />

G. Birdshot-Chorioretinopathie<br />

197<br />

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14 Makula<br />

198<br />

A. Morbus Stargardt, Fundus flavimaculatus<br />

Ätiologie/Pathogenese. Zugrunde liegt eine<br />

Mutation im ABCA4-Gen. Autosomal-rezessiver<br />

Erbgang.<br />

Epidemiologie. Häufigste Makuladystrophie.<br />

Klinik. Typischerweise beginnt der Morbus<br />

Stargardt in der 1.–2. Lebensdekade mit einer<br />

rapiden Verschlechterung des zentralen Sehens,<br />

danach schreitet der weitere Verlauf<br />

langsamer fort. Am Fundus zeigt sich initial ein<br />

Reflexverlust. Schließlich entsteht ein ovaläres<br />

Areal mit Pigmentepithelatrophie, das an gehämmertes<br />

Metall erinnert (Aa). Diese Atrophiezone<br />

kann im weiteren Krankheitsverlauf<br />

von gelblichen, fischschwanzförmigen Flecken<br />

(Fundus flavimaculatus) umgeben werden, die<br />

auch isoliert auftreten können.<br />

Diagnostik. Diagnoseweisend ist im Frühstadium<br />

das multifokale Elektroretinogramm (ERG,<br />

Ab). Das Elektrookulogramm (EOG) liegt im<br />

subnormalen Bereich. Charakteristisch ist in<br />

der Fluoreszenzangiographie eine starke Blockade<br />

der Aderhautfluoreszenz.<br />

Therapie. Optische Rehabilitation.<br />

Prognose. Visusminderung auf 0,1 und schlechter.<br />

B. Vitelliforme Makuladystrophie<br />

(Morbus Best)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Zugrunde liegt eine<br />

Mutation im VMD2-Gen. Autosomal-dominanter<br />

Erbgang.<br />

Klinik. Um die 1.–2. Lebensdekade entwickelt<br />

sich eine charakteristische prominente, gelbe<br />

zystische Läsion (vitelliformes Stadium). Zu<br />

diesem Zeitpunkt ist das Sehvermögen meist<br />

noch nicht beeinträchtigt. Im weiteren Verlauf<br />

verflüssigt sich der Zysteninhalt, sinkt nach<br />

unten ab (Pseudohypopyon, Ba) und die Zyste<br />

rupturiert (vitelliruptives Stadium, Bb). Schließlich<br />

entsteht eine atrophische Makulanarbe mit<br />

zunehmender Sehverschlechterung.<br />

Diagnostik. Das EOG ist bei Vorliegen eines<br />

normalen ERG diagnostisch und zeigt einen<br />

stark erniedrigten bis erloschenen Hellanstieg.<br />

Prognose. Relativ gut, viele Patienten behalten<br />

einen Lesevisus am besseren Auge.<br />

Therapie. Optische Rehabilitation.<br />

C. Zapfendystrophie<br />

Ätiologie/Pathogenese. Als Zapfendystrophie<br />

wird eine heterogene Gruppe von Erkrankungen,<br />

die vorwiegend mit einer Funktionsstörung<br />

der retinalen Zapfen einhergehen, zusammengefasst.<br />

Oft sporadisches Auftreten<br />

oder autosomal-dominanter, autosomal-rezessiver<br />

und X-chromosomaler Erbgang.<br />

Klinik. Eine langsame Visusreduktion mit Fotophobie<br />

und Störung des Farbensehens manifestiert<br />

sich meistens in den ersten beiden<br />

Lebensdekaden. Eine charakteristische Fundusveränderung<br />

stellt die Schieß-Scheiben-<br />

Makulopathie (Bull´s Eye) dar, bei der eine zentrale<br />

Insel von intaktem Pigmentepithel von<br />

einer ringförmigen Pigmentepithelatrophiezone<br />

umgeben wird (C). Häufig ist auch nur<br />

eine diffuse Pigmentverklumpung der Makula<br />

mit einer temporalen Papillenabblassung zu<br />

beobachten.<br />

Diagnostik. Charakteristisch ist eine frühzeitige<br />

Farbsehstörung. Das photopische ERG und<br />

das multifokale ERG sind reduziert, das EOG<br />

unverändert.<br />

Differenzialdiagnostik. Stäbchen-Zapfen-Dystrohie,<br />

hereditäre Optikusatrophien.<br />

Therapie. Optische Rehabilitation.<br />

Prognose. Visusminderung auf 0,1 und schlechter.<br />

D. Musterdystrophie<br />

Ätiologie/Pathogenese. Meist autosomal-dominanter<br />

Erbgang.<br />

Klinik. Musterdystrophien führen erst im mittleren<br />

Alter zu einer geringfügigen Visusbeeinträchtigung.<br />

Diagnostik. Im Fluoreszenzangiogramm imponieren<br />

durch Fensterdefekte und Blockadephänomene<br />

die typischen schmetterlingsförmigen,<br />

retikulären oder granulären „Muster“ (D). Das<br />

EOG kann subnormal sein, das ERG ist regelrecht.<br />

Prognose. Gute Visusprognose, häufig verbleibt<br />

bis ins hohe Alter ein gutes Sehvermögen<br />

auf einem Auge.<br />

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A. Morbus Stargardt<br />

a<br />

b Multifokales ERG bei Morbus Stargardt<br />

B. Morbus Best<br />

Makuladystrophien<br />

a Pseudohypopyon-Stadium<br />

b Vitelliruptives Stadium<br />

C. Zapfendystrophie D. Musterdystrophie<br />

199<br />

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14 Makula<br />

200<br />

A. Berlin-Ödem, Commotio retinae<br />

Ätiologie/Pathogenese. Nach stumpfem Bulbustrauma<br />

kann indirekt als Folge eines Contrecoup-Effekts<br />

ein Berlin-Ödem am hinteren<br />

Pol entstehen. Dabei handelt es sich nicht um<br />

ein Netzhautödem, sondern wahrscheinlich um<br />

eine Fragmentierung der Außensegmente der<br />

Photorezeptoren.<br />

Klinik. Am Fundus kann ein umschriebener Bezirk<br />

mit einer grau-weißlichen Verfärbung der<br />

Netzhaut (Aa), die von sub- und intraretinalen<br />

Blutungen begleitet sein kann, beobachtet werden.<br />

Therapie. Kortikoidsteroide.<br />

Prognose. Obwohl eine gute Rückbildungstendenz<br />

besteht, können sekundäre Veränderungen<br />

wie Gliose, Pigmentepithelatrophie<br />

(Ab) oder eine Makulalochbildung induziert<br />

werden. Relative und absolute Skotome können<br />

zurückbleiben.<br />

B. Aderhautruptur<br />

Ätiologie/Pathogenese. Nach stumpfem Bulbustrauma<br />

kann sich indirekt als Folge eines<br />

Contrecoup-Mechanismus eine Ruptur der<br />

Aderhaut entwickeln.<br />

Klinik. Nach Resorption begleitender Blutungen<br />

ist die Aderhautruptur als gelbliche halbmondförmige,<br />

konzentrisch um die Papille verlaufende<br />

Linie sichtbar (B).<br />

Prognose. Im weiteren Verlauf können sich sekundäre<br />

Veränderungen wie eine epiretinale<br />

Gliose, eine Pigmentepithelatrophie und eine<br />

choroidale Neovaskularisation (CNV) entwickeln.<br />

C. Purtscher-Retinopathie<br />

Atiologie/Pathogenese. Die Purtscher-Retinopathie<br />

kann als indirekte Folge nach einem<br />

Poly- oder Thorax-Trauma zu einer Störung der<br />

Mikrozirkulation führen. Ursächlich wird ein<br />

komplexes Geschehen aus traumatischen Gefäßschäden<br />

und Granulozytenaggregaten diskutiert.<br />

Klinik. Am hinteren Pol imponiert das charakteristische<br />

Bild mit Cotton-Wool-ähnlichen<br />

Flecken und intraretinalen Blutungen, die vorwiegend<br />

um die Papille gruppiert sind.<br />

Diagnostik. In der Fluorescein-Angiographie<br />

werden die Kapillarverschlüsse sichtbar.<br />

Differenzialdiagnose. Berlin-Ödem, Fettembolien<br />

verschiedener Ursachen.<br />

Prognose. Meist spontane Erholung des Sehvermögens.<br />

D. Makulablutung, Vasalva-Retinopathie<br />

Während eines Vasalva-Manövers kann es durch<br />

den erhöhten venösen Druck zu Blutungen<br />

unter die Lamina limitans interna kommen (D).<br />

Differenzialdiagnose. Blutungen durch Gerinnungsstörungen<br />

oder Hypoxie, Blutungen bei<br />

Makroaneurysmen.<br />

Prognose. Gewöhnlich spontane Resorption.<br />

E. Retinopathia solaris<br />

Ätiologie/Pathogenese. Lichtschäden nach direkter<br />

Sonnenbetrachtung oder infolge einer<br />

Operationslicht-Exposition entstehen durch<br />

phototoxische und thermische Vorgänge.<br />

Klinik. Macht sich im akuten Stadium durch ein<br />

Nachbild, Verschwommensehen und ein Zentralskotom<br />

bemerkbar. Am Fundus kann eine<br />

kleine gelblich-weiße foveale Läsion beobachtet<br />

werden, die sich nach einigen Wochen zurückbildet<br />

und ein kleines, rötliches, scharf<br />

begrenztes lamelläres Loch oder Grube hinterlässt<br />

(E).<br />

Therapie. Kortikosteroide.<br />

F. Zystoides Makulaödem (cMÖ, Irvine-<br />

Gass-Syndrom)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Ursprünglich beschrieben<br />

nach Kataraktextraktion kann das cMÖ<br />

nach allen intraokularen Eingriffen vorkommen.<br />

Die bei intraoperativen Eingriffen freigesetzten<br />

Prostaglandine werden für das Ödem<br />

verantwortlich gemacht.<br />

Klinik. Fehlender Fovealreflex sowie zystoide<br />

Auflockerung der Fovea mit Visusreduktion.<br />

Diagnostik. Die Fluorescein-Angiographie zeigt<br />

in der Spätphase eine intraretinale Leckage aus<br />

den parafovealen Kapillaren in die charakteristischen<br />

Zysten (F) OCT.<br />

Therapie. Kortikosteroide, nichtsteroidale Antiphlogistika.<br />

Prognose. Obwohl eine gute Rückbildungstendenz<br />

besteht, kann ein permanenter Visusverlust<br />

bestehen bleiben.<br />

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A. Berlin-Ödem<br />

a Frisches Berlin-Ödem<br />

b Ausgedehnte Pigmentepithelatrophie bei Zustand<br />

nach Berlin-Ödem<br />

B. Aderhautruptur D. Makulablutung, Valsalva-Retinopathie<br />

Traumatische und postoperative Makulopathien<br />

Frische Aderhautruptur<br />

Makulablutung nach Valsalva-Manöver<br />

E. Retinopathia solaris F. Zystoides Makulaödem<br />

Solarretinopathie<br />

Fluorescein-Angiogramm: zystoides Makulaödem<br />

201<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

202<br />

A. „Pseudostauungspapille“<br />

Die häufigste angeborene Papillenanomalie mit<br />

prominenter Papille findet sich bei Hyperopie<br />

(Ab) als Zufallsbefund. Sie kann ein- oder beidseitig<br />

vorliegen. Eine Beeinträchtigung der<br />

Sehfunktion besteht nicht. Der Übergang von<br />

normal zu auffällig ist fließend. Am Augenhintergrund<br />

findet sich oft eine verhältnismäßig<br />

kleine Papille, die nicht exkaviert und nasal<br />

oder zirkulär randunscharf begrenzt, jedoch<br />

selten mehr als 3 dpt prominent ist. Die Gefäße<br />

werden nicht durch ödematöses Nervengewebe<br />

verdeckt. Die peripapilläre Zone ist frei<br />

von Ödem. Häufig finden sich anomale Gefäßabgänge<br />

der Arterien mit Schleifenbildung oder<br />

Trifurkationen. Falls ein spontaner Venenpuls<br />

beobachtet werden kann, spricht das gegen<br />

eine Stauungspapille. Eine Therapie ist nicht erforderlich.<br />

Die Prognose ist gut. Allerdings besteht<br />

ein erhöhtes Risiko, eine anteriore, ischämische<br />

Optikusneuropathie (AION) zu erleiden<br />

(Disc at Risk).<br />

Bei der vor allem bei Kindern diagnostisch<br />

Schwierigkeiten bereitenden Drusenpapille<br />

(Ac) handelt es sich um eine Ablagerung von<br />

hyalinen Körperchen, die erst im Laufe des Lebens<br />

verkalken. Ursache ist eine Enge im Sklerakanal,<br />

wodurch es zu einer Störung des axoplasmatischen<br />

Flusses kommt. Meist liegt sie<br />

doppelseitig vor (66 %). Da autosomal-dominante<br />

Vererbung die Regel ist, sollten die Eltern<br />

untersucht werden, wenn die Diagnose unklar<br />

ist. Eine Visusbeeinträchtigung besteht nicht,<br />

allerdings treten manchmal Nervenfaserverlaufsausfälle<br />

im Gesichtsfeld auf. Sonographisch<br />

stellen sich verkalkte Drusen stark echogebend<br />

mit nachfolgendem Schallschatten dar<br />

und sind auch bei herabgesetzter Empfindlichkeit<br />

noch darstellbar (Ad). Verkalkte Drusen<br />

entwickeln sich erst im Schulalter. Man sieht<br />

dann prominente Papillen, die an eine chronische<br />

Stauungspapille erinnern, aber ohne ödematöse<br />

Schwellung der peripapillären Zone.<br />

Mit zunehmendem Alter kommen die Drusen<br />

an die Oberfläche und werden dann als weißliche,<br />

glänzende Körperchen sichtbar. Blutungen<br />

in der oberflächlichen Nervenfaserschicht<br />

sind möglich. Bei der Ophthalmoskopie leuchtet<br />

man neben die Drusen, wodurch diese deutlicher<br />

sichtbar werden. Die Papille erscheint<br />

durch die Drusen blasser, was an eine atrophe<br />

Stauungspapille oder eine Optikusatrophie<br />

nach anteriorer ischämischer Optikusneuropathie<br />

denken lässt. Therapiemöglichkeit besteht<br />

keine. Die Prognose hängt von dem Ausmaß der<br />

Gesichtsfeldausfälle ab, die aber in der Regel<br />

subjektiv nicht wahrgenommen werden. Das<br />

Risiko einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie<br />

ist erhöht, ebenso wie das eines<br />

papillennahen, retinalen Verschlusses.<br />

B. Papillenanomalie mit Exkavation<br />

Beim Papillenkolobom (Ba) handelt es sich um<br />

einen unvollständigen Verschluss des Augenbechers<br />

im Bereich des Sehnervs, meist nasal<br />

unten. Das Kolobom ist ein- oder beidseitig. Es<br />

kann sich in die Retina und Choroidea fortsetzen<br />

und auch an den vorderen Augenabschnitten<br />

beobachtet werden. Ein Mikrophthalmus<br />

ist möglich. Spontanes Auftreten oder autosomal-dominante<br />

Vererbung kommen vor. Kraniale<br />

Mittelliniendefekte des Gesichts oder des<br />

Schädels wie Hypertelorismus, breite flache<br />

Nasenwurzel, Lippenspalte und basale Enzephalozele<br />

sind assoziiert. Auch Nierenhypoplasien<br />

treten in Kombination mit Papillenkolobomen<br />

auf (papillorenales Syndrom). Die<br />

Papille ist vergrößert und weist eine große<br />

Exkavation nach unten auf. Das Sehvermögen<br />

ist in unterschiedlichem Maße betroffen. Als<br />

seltene Komplikation kann eine seröse Makulaabhebung<br />

auftreten. Aufgrund der möglichen<br />

zerebralen Beteiligung sollte eine Kernspintomographie<br />

durchgeführt werden. Therapiemöglichkeit<br />

besteht keine. Eine Amblyopie<br />

(z. B. durch Anisometropie oder Schielen) muss<br />

behandelt werden.<br />

Grubenpapillen (Bb) sind kleine, meist temporal<br />

unten gelegene Vertiefungen im Bereich der<br />

Papille, die Hernien in der Lamina cribrosa entsprechen.<br />

Manchmal kommunizieren sie mit<br />

dem subretinalen Raum. Sie sind einseitig, sporadisch<br />

und nicht mit weiteren systemischen<br />

Anomalien vergesellschaftet. Oft zeigen sich<br />

bogenförmige Gesichtsfeldausfälle entsprechend<br />

der Lokalisation. Die zentrale Sehschärfe<br />

ist normal. Eine seröse Abhebung der Makula<br />

mit Visusverschlechterung tritt in etwa der<br />

Hälfte der Fälle im Lauf des Lebens auf. Die Prognose<br />

hängt von der Makulabeteiligung ab.<br />

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A. „Pseudostauungspapille“<br />

a Normale Papille, rechtes Auge<br />

b Anomale Papille ohne Exkavation mit Randunschärfe<br />

bei Hyperopie, linkes Auge<br />

Fehlbildungen und Anomalien<br />

c Drusenpapille, linkes Auge<br />

d Echographie bei Drusen<br />

B. Papillenanomalie mit Exkavation<br />

a Papillenkolobom, linkes Auge<br />

b Grubenpapille temporal unten, rechtes Auge<br />

203<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

204<br />

A. Papillenanomalie mit Exkavation<br />

(Fortsetzung)<br />

Die Tilted Disc (Aa) ist eine angeborene Anomalie,<br />

bei der der Sehnerv schräg in den Bulbus<br />

eintritt. Die Papille erscheint oval und<br />

weist unten eine Depression sowie oben eine<br />

relative Elevation des Papillenrandes auf. Oft<br />

sind die Gefäße nach nasal verdrängt und unten<br />

ist ein Sklerakonus sichtbar. Der nasal untere<br />

Fundus kann hypopigmentiert sein. Liegt eine<br />

Ektasie in diesem Bereich vor, weicht die Refraktion<br />

von der der Makula ab. Dies führt im<br />

Gesichtsfeld zu temporal gelegenen relativen<br />

Skotome, die die Mittellinie nicht respektieren.<br />

Diese Skotome verschwinden, wenn man die<br />

Refraktion entsprechend (meist myoper Astigmatismus)<br />

ausgleicht.<br />

Die Morning-Glory-Papille (Ab) ist eine trichterförmig<br />

exkavierte Struktur mit zentraler<br />

Vertiefung und zirkulärer Veränderung des retinalen<br />

Pigmentepithels. Meist einseitig. Das<br />

Sehvermögen liegt bei 90 % der Patienten unter<br />

0,1. Die Papille ist gut gefärbt und vergrößert.<br />

Zentral füllt Gliagewebe die Papille aus. Die Gefäße<br />

teilen sich zu früh. Es kann eine seröse<br />

Netzhautabhebung entstehen. Enzephalozelen<br />

kommen vor und dürfen nicht mit Tumoren<br />

verwechselt werden. Gesichtsfehlbildungen<br />

sind möglich. Keine Therapiemöglichkeiten.<br />

Eine Verschlechterung der Sehfunktion hängt<br />

von der retinalen Beteiligung ab.<br />

Bei der Makropapille (Ac) ist der Papillendurchmesser<br />

größer als normal. An der Papille<br />

fällt eine große Exkavation auf, die entsprechend<br />

der ISNT-Regel (inferior > superior > nasal ><br />

temporal) das dickste Nervenfaserpolster unten<br />

und das dünnste temporal hat, Kerben fehlen.<br />

Die Funktion ist nicht beeinträchtigt. Differenzialdiagnostisch<br />

muss an ein Glaukom gedacht<br />

werden.<br />

B. Papillenanomalie ohne Exkavation<br />

Die häufigere Mikropapille ist bei regelrechter<br />

Funktion kleiner als eine normale Papille und<br />

nicht oder nur wenig exkaviert.<br />

Die Optikushypoplasie (Ba) zeichnet sich durch<br />

Mangel an Nervenfasern aus, was zu einer<br />

unterschiedlichen Ausprägung der Funktionsbeeinträchtigung<br />

führt. Sie kann ein- oder<br />

beidseitig auftreten. Die Ursache ist unklar,<br />

Risikofaktoren sind junges Alter der Mutter,<br />

Antikonvulsiva, Alkohol oder Halluzinogene in<br />

der Schwangerschaft sowie mütterlicher Diabetes<br />

mellitus. Die diabetesbedingte Optikushypoplasie<br />

ist typischerweise auf den oberen<br />

Pol der Papille begrenzt und geht mit entsprechenden<br />

Gesichtsfeldausfällen nach unten einher.<br />

Visus und Gesichtsfeld sind meist deutlich<br />

beeinträchtigt, normale Sehfunktionen sind<br />

aber beschrieben. Bei beidseitiger Hypoplasie<br />

kann in Abhängigkeit von der Sehfunktion ein<br />

Nystagmus vorliegen, bei einseitiger Ausprägung<br />

ist Einwärtsschielen möglich. Dies kann<br />

zusätzlich zu einer Amblyopie führen, weshalb<br />

eine Okklusionstherapie im Zweifelsfalle versucht<br />

werden sollte. Bei einer deutlich hypoplastischen<br />

Papille findet man einen zu kleinen<br />

Sehnerv in einem normalen Sklerakanal, sodass<br />

eine pigmentierte Doppelringstruktur um den<br />

Sehnerv gesehen werden kann. Evtl. hilft eine<br />

Papillenfotografie weiter. Da Optikushypoplasien<br />

mit zerebralen Missbildungen wie z. B.<br />

dem DeMorsier-Syndrom, das durch ein fehlendes<br />

Septum pellucidum, eine Chiasma-Hypoplasie<br />

sowie endokrinologische Störungen<br />

gekennzeichnet ist, oder mit okzipitaler Porenzephalie<br />

einhergehen können, sollte bei<br />

diesen Kindern ein Kernspintomogramm und<br />

v. a. auch endokrinologische Untersuchungen<br />

durchgeführt werden. Keine Therapiemöglichkeiten.<br />

Eine Verschlechterung ist nicht zu erwarten.<br />

Als Maximalvariante kann die sehr seltene,<br />

ein- oder beidseitige Optikusaplasie<br />

angesehen werden. Hier fehlen Nervenfasern<br />

vollständig. Die betroffenen Augen sind blind.<br />

Fibrae medullares (Bb) sind markhaltige Fasern<br />

an oder auf der Papille sowie in der peripheren<br />

Netzhaut. Bei ca. 1 % der Bevölkerung findet<br />

sich diese harmlose Veränderung.<br />

Bei einer Bergmeisterpapille hat sich die A. hyaloidea<br />

nicht vollständig zurückgebildet. Ein<br />

Rest verläuft von der Papille als weißer Strang<br />

in den Glaskörper in Richtung Linsenrückfläche,<br />

wo ggf. ein weißer Mittendorf-Fleck gesehen<br />

werden kann.<br />

Melanozytome (Bc) der Papille sind tiefschwarze,<br />

prominente Veränderungen im Bereich<br />

der Papille und darüber hinausgehend. Es<br />

handelt sich hierbei um einen gutartigen melanozytären<br />

Tumor.<br />

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A. Papillenanomalie mit Exkavation B. Papillenanomalie ohne Exkavation<br />

a Tilted Disc, rechtes Auge<br />

a Papillenhypoplasie, linkes Auge<br />

Fehlbildungen und Anomalien<br />

b Morning-Glory-Papille, rechtes Auge<br />

b Fibrae medullaris, linkes Auge<br />

c Makropapille, rechtes Auge<br />

c Melanozytom der Papille, linkes Auge<br />

205<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

206<br />

A. Ischämische Optikusneuropathien<br />

Die nicht arteriitische, anteriore ischämische<br />

Optikusneuropathie (NAION, Aa) ist eine Infarzierung<br />

der den Sehnerv versorgenden, kurzen<br />

Ziliararterien. Sie geht mit plötzlichem,<br />

schmerzlosem Visusverlust einher, der meist<br />

morgens bemerkt wird. Er kann sich in den folgenden<br />

Tagen noch etwas verschlechtern. Der<br />

Visus liegt zwischen 1,0 und nulla lux. Im Gesichtsfeld<br />

zeigen sich altitudinale Nervenfaserbündeldefekte,<br />

oft im unteren Halbfeld. Ein relativer<br />

Afferenzdefekt findet sich immer. Die<br />

Papille ist randunscharf und prominent. Passend<br />

zu den Gesichtsfeldausfällen (Ab) besteht<br />

eine diffuse oder segmental begrenzte Papillenschwellung.<br />

Papillenrandblutungen und<br />

Cotton-Wool-Herde kommen vor. Die Patienten<br />

sind meist über 45 Jahre alt und weisen oft kardiovaskuläre<br />

oder hämatorheologische Risikofaktoren<br />

auf. Kleine oder Drusenpapillen<br />

haben ein erhöhtes Risiko einer NAION. Innerhalb<br />

von 5 Jahren wird in bis zu 20 % das Partnerauge<br />

betroffen. Innerhalb von 6 bis 12 Wochen<br />

bildet sich eine Optikusatrophie mit<br />

segmentaler Blässe der Papille im betroffenen<br />

Bereich (Ac). Eine Therapieoption gibt es nicht.<br />

Vorbeugend werden zum Schutz des Partnerauges<br />

Thrombozytenaggregationshemmer<br />

gegeben. Eine Abklärung und Behandlung von<br />

Risikofaktoren ist nötig. Eine wichtige Differenzialdiagnose<br />

der NAION ist die arteriitische<br />

AION. Die Ursache des Sehnervinfarktes ist die<br />

Riesenzellarteriitis Horton. Ophthalmologische<br />

Klinik und Verlauf unterscheiden sich nicht von<br />

der NAION, sind aber meist gravierender ausgeprägt.<br />

Es handelt sich um ältere Patienten.<br />

Die Inzidenz bei den über 70-Jährigen liegt bei<br />

27/100 000. In 10 % der Fälle gehen dem Ereignis<br />

vorübergehende Sehverschlechterungen<br />

48 Stunden voraus. Häufig erfragt man bei den<br />

Patienten andere Symptome, wie Kauschmerzen,<br />

Kopfschmerzen, ungewollter Gewichtsverlust,<br />

allgemeines Krankheitsgefühl. Die pulslose<br />

Schläfenarterie ist knotig verdickt. Die<br />

Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und das C-<br />

reaktive Protein sind bei diesen Patienten deutlich<br />

erhöht (Tab. 1). Da das Risiko für das andere<br />

Auge sehr hoch ist, vor allem in den ersten<br />

10 Tagen nach dem ersten Ereignis, muss sofort<br />

eine hochdosierte Steroidtherapie, bis zu<br />

1500 mg/die Methylprednisolon i. v. über drei<br />

bis fünf Tage eingeleitet werden. Anschließend<br />

erfolgt eine vorsichtige Reduktion (zunächst<br />

1 mg/kg KG Prednisolon) unter BSG-Kontrolle.<br />

Eine Erhaltungsdosis wird über ca. ein Jahr gegeben<br />

und auch nach Absetzen der Steroide<br />

sollten regelmäßige Kontrollen der BSG erfolgen,<br />

da Rezidive möglich sind. Eine Sehverbesserung<br />

ist nicht zu erwarten. Die Temporalisbiopsie<br />

ist auch einige Tage nach Beginn der<br />

Steroidtherapie noch möglich.<br />

Eine Verbesserung der Funktion bei der anterioren<br />

ischämischen Optikusneuropathie (AION)<br />

ist nur minimal zu erwarten.<br />

Die hintere ischämische Optikusneuropathie<br />

(PION) ist eine sehr seltene Variante des Sehnervinfarktes,<br />

bei der ein schmerzloser Sehverlust<br />

eintritt, ohne dass eine Schwellung der<br />

Papille beobachtet werden kann. Auch hier bestehen<br />

immer ein relatives Afferenzdefizit und<br />

entsprechende Gesichtsfelddefekte. Die Papille<br />

wird nach 6–12 Wochen atrophisch. Diese Form<br />

ist bei hohem Blutverlust (dann oft beidseitig)<br />

und bei systemischen Erkrankungen des Gefäßsystems<br />

wie z. B. Morbus Wegener, beschrieben.<br />

B. Strahlenoptikusneuropathie<br />

Die Strahlenoptikusneuropathie kann 6–9 Monate<br />

nach Bestrahlung der paranasalen Sinus,<br />

des Nasopharynx oder der mittleren Schädelgrube<br />

ab einer kumulativen Strahlendosis<br />

meist über 6000 cGy und einer täglichen fraktionierten<br />

Dosis über 180 cGy auftreten. Bei<br />

vorgeschädigten Nerven, älteren Patienten,<br />

Diabetes mellitus oder Arteriosklerose kann die<br />

kritische Grenze niedriger liegen. Pathophysiologisch<br />

handelt sich um eine Schädigung des<br />

Gefäßendothels mit nachfolgender Ischämie<br />

des Nervengewebes. Der Patient bemerkt eine<br />

Sehverschlechterung bei unauffälligem Fundusbefund.<br />

Es besteht ein relativer Afferenzdefekt,<br />

im Gesichtsfeld findet man Nervenfaserbündelausfälle.<br />

Im Kernspintomogramm sieht<br />

man eine Kontrastmittelanreicherung im betroffenen<br />

Areal. Therapeutisch kann ein Versuch<br />

mit Steroiden und Vollheparinisierung gemacht<br />

werden, mit anschließender Umstellung<br />

auf Kumarinderivate unter Quick- und INR-<br />

Kontrolle.<br />

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A. Ischämische Optikusneuropathien<br />

Tab. 1 Symptome der Arteriitis temporalis<br />

a AION mit deutlichem Papillenödem, linkes Auge<br />

•Alter über 70 Jahre<br />

•Kauschmerzen<br />

•Schmerzen im Bereich der Kopfhaut<br />

•Schmerzen im Schultergürtel<br />

•Appetitverlust und Gewichtsabnahme<br />

•Fieber<br />

•Anämie<br />

•Abgeschlagenheit<br />

•ausgeprägter Visusverlust<br />

•Beidseitigkeit möglich<br />

•deutliche Papillenblässe<br />

•druckschmerzhafte, pulslose, knotig verdickte<br />

Temporalarterie<br />

•erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit und<br />

C-reaktives Protein<br />

Einseitige Optikusneuropathien<br />

b Gesichtsfeld bei AION links<br />

c Sektorielle Optikusatrophie nach AION, linkes Auge<br />

207<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

208<br />

Bei Patienten mit beidseitig langsamer Sehverschlechterung,<br />

gestörtem Farbensehen und<br />

Zentral- oder Zentrozökalskotomen müssen<br />

hereditäre, toxische oder malnutritive Ursachen<br />

abklärt werden.<br />

A. Hereditäre Optikusneuropathie<br />

Die häufigste Form der hereditären Optikusneuropathien<br />

ist die autosomal-dominante Optikusneuropathie<br />

(ADOA). Innerhalb der ersten<br />

Lebensdekade kommt es zu einem leichten,<br />

symmetrischen Visusverlust. Es handelt sich<br />

um den Untergang von retinalen Ganglienzellen<br />

und ihrer Axone im papillomakulären Bündel.<br />

Die Sehschärfe liegt zwischen 0,025 und<br />

0,8. Meist besteht Lesefähigkeit. In der Funduskopie<br />

sieht man eine temporal betonte Optikusblässe<br />

(Aa). Im Gesichtsfeld finden sich<br />

Zentral- oder Zentrozökalskotome (Ab). Typisch<br />

sind Verwechslungen entlang der Tritanachse<br />

im Panel-D15-Test (Ac). Aufgrund der seitengleichen<br />

Ausprägung liegt kein relativer<br />

Afferenzdefekt vor. Abhängig von der Sehschärfe<br />

und bei sehr frühem Beginn kann ein<br />

Nystagmus vorliegen. Da innerhalb der Familie<br />

unterschiedliche Ausprägungen möglich sind,<br />

ist die gezielte Untersuchung der Familienmitglieder<br />

notwendig. Die ursächliche Mutation<br />

liegt auf dem Chromosom 3q. Ein molekulargenetischer<br />

Test steht zur Verfügung. Therapeutische<br />

Möglichkeiten gibt es nicht. Im Laufe<br />

des Lebens kann es zur leichten Verschlechterung<br />

kommen, meist bleibt aber die Lesefähigkeit<br />

erhalten.<br />

Sehr selten tritt eine rezessiv vererbte Optikusneuropathie<br />

auf. Meist sind die Eltern konsanguin.<br />

Schon bei Geburt oder in den ersten<br />

Lebensjahren zeigt sich eine starke Visusreduktion<br />

mit Pendelnystagmus und blassen,<br />

sonst normal konfigurierten Papillen und betonten<br />

retinalen Gefäßen. Die elektrophysiologischen<br />

Untersuchungen hinsichtlich der Differenzialdiagnose<br />

einer Leberschen kongenitalen<br />

Amaurose sind aber normal. Immer sollte eine<br />

Bildgebung der Chiasmaregion erfolgen, um<br />

eine Kompression in diesem Bereich auszuschließen.<br />

Weitere systemische Abnormalitäten<br />

sind häufig. Therapeutische Möglichkeiten<br />

gibt es nicht.<br />

Eine mitochondrial vererbte Optikusneuropathie<br />

ist die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie<br />

(LHON, Ad), die von den Müttern<br />

vererbt wird. Vier mitochondriale Genommutationen<br />

sind bekannt: 11.778 (50 % der Fälle),<br />

3460, 14 484 und 14 459. Die mutierte, mitochondriale<br />

DNA kann die notwendigen Enzyme<br />

für die Atmungskette nicht codieren. Dadurch<br />

ist die Energieproduktion gestört. Die<br />

retinalen Ganglienzellen sind selektiv betroffen.<br />

Das Verhältnis der Männer zu Frauen beträgt<br />

8 : 1 für die Mutation 14 484, 4 : 1 bei<br />

11 778- und 3460-Mutationen. Die Diagnose<br />

erfolgt biochemisch aus Vollblut. Das Vorhandensein<br />

einer Mutation bedeutet aber nicht die<br />

klinische Erkrankung der betroffenen Person<br />

(Heteroplasmie). Bevor der Visus abfällt, können<br />

bei Genträgern Teleangiektasien (Ad) an<br />

der Papille beobachtet werden. Gewöhnlich<br />

tritt zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr eine<br />

schmerzlose, akute oder subakute monokulare<br />

Sehverschlechterung ein. Es zeigt sich ein relativer<br />

Afferenzdefekt. Im Gesichtsfeld findet<br />

sich eine Zentral- oder Zentrozökalskotom (Ae).<br />

Die peripapillären Teleangiektasien werden<br />

deutlicher, die Nervenfaserschicht ist verdickt<br />

und leicht geschwollen. In der Fluoreszenzangiographie<br />

sieht man keine Leckage. Der Visus<br />

fällt über Tage bis Wochen auf 0,1 oder schlechter<br />

ab. Im weiteren Verlauf verschwinden die<br />

Teleangiektasien und die Papille wird diffus<br />

blass (Af). Innerhalb von Wochen bis Monaten<br />

folgt das zweite Auge nach. Bei 5 % der Patienten<br />

mit 11 778-Mutation, 22 % mit 3460-Mutation<br />

und 37 % mit 14 484-Mutation kann es auch<br />

noch nach Jahren zu einer Visusbesserung<br />

kommen. Systemische Beteiligungen mit Ataxie,<br />

peripherer Neuropathie oder kardialen<br />

Überleitungsstörungen sind beschrieben. Therapeutische<br />

Möglichkeiten bestehen nicht.<br />

Genträger sollten allerdings Tabak und cyanidhaltige<br />

Nahrungsmittel meiden. Die Einnahme<br />

von Vitamin C und E, sowie Coenzym Q scheint<br />

sinnvoll, es gibt aber keine Studien, die eine<br />

Wirkung belegen können.<br />

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A. Hereditäre Optikusneuropathie<br />

a Temporale Blässe bei autosomal-dominanter Optikusatrophie,<br />

linkes Auge<br />

b Relatives Zentralskotom bei autosomal-dominanter<br />

Optikusatrophie, linkes Auge<br />

Bilaterale Optikusneuropathien<br />

d Akute Veränderung bei Leberscher hereditärer Optikusneuropathie<br />

mit Gefäßerweiterung und Teleangiektasien,<br />

linkes Auge<br />

c Panel-D15-Farbtest (desaturiert) bei autosomaldominanter<br />

Optikusatrophie<br />

e Gesichtsfeld mit Zentralskotom bei Leberscher<br />

hereditärer Optikusatrophie<br />

f Optikusatrophie bei länger bestehender Leberscher<br />

hereditärer Optikusneuropathie, linkes Auge<br />

209<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

210<br />

A. Toxische Optikusneuropathie<br />

Die toxisch verursachten Optikusneuropathien<br />

(Tab. 1) betreffen das papillomakuläre Bündel.<br />

Sie gehen mit zeitgleichem binokularem Visusabfall<br />

und Zentral- oder Zentrozökalskotom<br />

(Aa) einher. Ein relativer Afferenzdefekt besteht<br />

bei der seitengleichen Ausprägung nicht.<br />

Farbsinnstörungen (Ab) gehen der Visusverschlechterung<br />

oft voraus und sollten zur Kontrolle<br />

insbesondere bei tuberkulostatischer<br />

Therapie eingesetzt werden. Zunächst wird vor<br />

Beginn und dann in regelmäßigen Abständen<br />

wiederholt untersucht. Bei Veränderungen<br />

sollte das Medikament abgesetzt werden. Vermeiden<br />

des auslösenden Toxins ist die einzige<br />

Behandlungsmöglichkeit, leider oft nicht mehr<br />

kurativ.<br />

Bei der Methanoloptikusneuropathie wird<br />

Methanol zu Ameisensäure abgebaut, die zu<br />

einer schweren Azidose führt. Es kommt zur<br />

Anoxie im Bereich des Sehnervs, der Basalganglien<br />

und der weißen Substanz parietookzipital.<br />

Neben dem Visusverlust treten Erbrechen,<br />

Bewusstlosigkeit, Delir und Parkinsonismus<br />

auf. Ophthalmoskopisch sieht man einen Normalbefund<br />

oder ein leichtes Papillenödem.<br />

Nach einiger Zeit wird die Papille blass. Therapeutisch<br />

muss zunächst die Azidose korrigiert<br />

werden, aber bei schweren Vergiftungen bleiben<br />

der Sehverlust, der Parkinsonismus und<br />

der Gedächtnisverlust bestehen.<br />

Ethambutol wird zur Tuberkulosetherapie eingesetzt.<br />

Es führt zu einer langsam progressiven,<br />

beidseitigen Optikusneuropathie. Auch hier<br />

werden bevorzugt die Fasern des papillomakulären<br />

Bündels geschädigt, sodass ein Zentrozökalskotom<br />

und schlechtes Farbensehen auftreten.<br />

Chiasmabeteiligung mit bitemporaler<br />

Hemianopsie möglich. Bei einer Dosis von<br />

15–25 mg/kg liegt die Inzidenz unter 3 %. Vorsicht<br />

ist allerdings bei Patienten mit Niereninsuffizienz<br />

geboten. Nach 2–8 Monaten kommt<br />

es zur Störung des Farbensehens und zum Visusverlust.<br />

Wegen der binokularen Beteiligung<br />

besteht kein relativer Afferenzdefekt. Zu Beginn<br />

gibt es keine ophthalmologisch sichtbaren<br />

Veränderungen. Visuell evozierte Potenziale<br />

können hilfreich sein. Wird die Medikation nicht<br />

abgesetzt, kommt es zu weiterem Visusverfall<br />

und zur Optikusatrophie. Ist eine Optikusatrophie<br />

schon fortgeschritten, ist auch bei Absetzen<br />

keine wesentliche Besserung mehr zu erwarten.<br />

Isoniazid führt zu ähnlichen Symptomen wie<br />

Ethambutol, nur dass hier ein Papillenödem zu<br />

sehen ist.<br />

Die Tabak-Alkohol-Optikopathie (Ac) ist eine<br />

binokulare, langsam progressive Optikusneuropathie<br />

bei Patienten, die hohe Mengen an<br />

Tabak und Alkohol konsumieren und keine andere<br />

Ursache einer Erkrankung des Sehnervs<br />

haben. Tabak führt zur Anhäufung von Cyanidverbindungen.<br />

Ein erniedrigter Cobalaminspiegel<br />

(B12), wie er bei Alkoholikern häufig vorkommt,<br />

kann dies noch verstärken. Alkohol<br />

führt zu einer direkten Neurotoxizität. Eine genetische<br />

Disposition und ein Vitaminmangel,<br />

insbesondere des B-Komplexes, scheinen für<br />

diese Neurotoxizität notwendig zu sein. Mit<br />

Thiamin- und Cobalamin-Substitution kann die<br />

Optikusneuropathie gebessert werden. Allerdings<br />

sollte auf die i.m. Gabe von Vitamin B 12<br />

als Hydroxycobalamin zurückgegriffen werden,<br />

da Cyanoverbindungen zu einer Beeinträchtigung<br />

der Atmungskette führen können<br />

(s. o.).<br />

B. Malnutritive Optikusneuropathie<br />

Die meisten malnutritiven Mangelzustände,<br />

die eine Optikusneuropathie beinhalten, betreffen<br />

den Vitamin-B-Komplex. Thiamin-B1<br />

ist ein Coenzym in der Energiegewinnung beim<br />

Abbau von Glucose zu Acetylcoenzym A. Folsäure<br />

und Vitamin B12 entgiften Cyanide und<br />

Ameisensäure, die in den mitochondrialen<br />

Stoffwechsel eingreifen. Eine megaloblastäre<br />

Anämie weist auf einen solchen Mangel hin. Bei<br />

Mangel dieser Vitamine tritt eine bilaterale<br />

Sehverschlechterung mit Zentral- oder Zentrozökalskotom<br />

auf. Im weiteren Verlauf entwickelt<br />

sich eine Optikusatrophie. Beim Vitamin-<br />

B12-Mangel können neben der bilateralen<br />

Optikusneuropathie weitere Neuropathien auftreten.<br />

Ein solcher Mangel entsteht bei perniziöser<br />

Anämie, nach gastrointestinalen Eingriffen<br />

oder bei Fischbandwurminfektionen. Eine<br />

Substitution des jeweiligen Mangels kann zu<br />

einer gewissen Verbesserung der Optikusneuropathie<br />

führen. Auch hier sollte auf die Gabe<br />

von Hydroxycobalamin i. m. geachtet werden.<br />

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A. Toxische Optikusneuropathie<br />

a Gesichtsfeld bei toxischer Optikusneuropathie<br />

b Farbensehen bei toxischer Optikusneuropathie<br />

Tab.1 Wichtigste Ursachen toxischer Optikusneuropathien<br />

Bilaterale Optikusneuropathien<br />

•Ethambutol/Myambutol<br />

•Isoniacid<br />

•Chloramphenicol<br />

•Streptomycin<br />

•Zytostatika<br />

•Digitalis-Glykoside<br />

•Penicillamin<br />

•Tamoxifen<br />

•Methanol<br />

•Kombination aus Tabak und Ethanol<br />

•Blei<br />

c Fundusbild einer Tabak-Alkohol-Amblyopie<br />

211<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

212<br />

A. Typische Neuritis nervi optici<br />

Bei der Neuritis nervi optici (NNO) handelt es<br />

sich um Entzündungen des Sehnervs unterschiedlicher<br />

Genese. Es erfolgt eine grobe Einteilung<br />

in typische und atypische NNO. Die<br />

typische NNO kommt idiopathisch oder in Assoziation<br />

mit multipler Sklerose vor. Hier wird<br />

die Myelinscheide angegriffen.<br />

Das Bild der typischen NNO (Tab. 1) setzt sich<br />

aus einer einseitigen Sehverschlechterung mit<br />

Bulbusbewegungsschmerzen bei Patienten<br />

zwischen 15 und 45 Jahren zusammen. 75 % der<br />

Patienten sind Frauen. Der Visus schwankt zwischen<br />

normal und fehlender Lichtscheinwahrnehmung.<br />

Ein relativer Afferenzdefekt ist<br />

immer vorhanden, außer bei Vorschaden des<br />

anderen Auges. Die Patienten berichten häufig<br />

über eine Farbentsättigung. Im Gesichtsfeld<br />

finden sich Nervenfaserbündeldefekte. Typisch<br />

ist auch eine vorübergehende Sehverschlechterung<br />

in Zusammenhang mit körperlicher Anstrengung<br />

(Uhthoff-Phänomen). Nur in einem<br />

Drittel der Patienten findet sich ein Papillenödem,<br />

das selten massiv ausgeprägt ist (Papillitis).<br />

Bei den meisten Patienten ist die Papille<br />

unauffällig (Retrobulbärneuritis). Veränderungen<br />

der Netzhaut, der Choroidea oder des Glaskörpers<br />

sprechen gegen eine typische NNO.<br />

Innerhalb der ersten Woche nach Krankheitsbeginn<br />

kann noch eine Sehverschlechterung<br />

eintreten, danach beginnt eine langsame Verbesserung<br />

innerhalb weiterer vier Wochen.<br />

Eine temporale Optikusblässe beginnt sich selten<br />

nach ca. 5 Wochen zu entwickeln. In visuell<br />

evozierten Potenzialen (VEP) wird bei der NNO<br />

eine Latenzverzögerung festgestellt werden. Da<br />

dies aber auch bei anderen Optikusneuropathien<br />

beobachtet wird, handelt es sich um ein<br />

sehr unzuverlässiges Merkmal. Bei eindeutiger<br />

Klinik sind VEP zur Diagnosesicherung nicht<br />

notwendig. Eine Kernspinuntersuchung des<br />

Gehirns sollte bei allen Patienten durchgeführt<br />

werden, um das Risiko einer multiplen Sklerose<br />

(MS) abzuschätzen. Ca. 50 % der Patienten<br />

mit einer erstmaligen NNO weisen Demyelinisierungen<br />

im Kernspintomogramm auf (A).<br />

Finden sich keine Entmarkungsherde, beträgt<br />

das Risiko innerhalb der nächsten 5 Jahre an<br />

einer MS zu erkranken 16 %, nach 10 Jahren<br />

22 %. Bei drei oder mehr Entmarkungsherden<br />

liegt das Risiko dagegen bei 51 % (Tab. 2). Nach<br />

10 Jahren beträgt das Risiko mit einem Entmarkungsherd<br />

bei Diagnose der NNO 51 %. Die<br />

Lumbalpunktion kann bei Verdacht auf eine MS<br />

nach der Kernspintomographie die Diagnose<br />

erhärten, wenn erhöhte Immunglobuline und<br />

oligoklonale Banden gefunden werden. Therapeutisch<br />

wird die typische NNO mit einer Prednisolon-Infusionstherapie<br />

von 1000 mg/die<br />

über 3 Tage behandelt. Bei fast allen Patienten<br />

(80 %) kommt es zu einer deutlichen Visusbesserung<br />

innerhalb der ersten 30 Tage, manchmal<br />

dauert eine endgültige Erholung aber bis zu<br />

sechs Monaten. 90 % erreichen eine Sehschärfe<br />

von mehr als 0,8 innerhalb eines Jahres nach<br />

Beginn der NNO. Die weitere Prognose hängt<br />

von der Häufigkeit der NNO ab, da diese Entzündung<br />

v. a. bei MS, rezidivieren kann.<br />

B. Atypische Neuritis nervi optici<br />

Die atypische Neuritis nervi optici ist weitaus<br />

häufiger mit anderen Erkrankungen als mit MS<br />

assoziiert. Die Symptomatik entspricht nicht<br />

der in Tab. 1. Die Patienten sind älter oder jünger<br />

als bei typischer NNO, der Bewegungsschmerz<br />

kann fehlen. Ophthalmologisch kann<br />

man häufig ein Papillenödem finden (Papillitis).<br />

Dann sollte eine Abklärung hinsichtlich<br />

entzündlicher Ursachen erfolgen (Tab. 3). Da es<br />

sich hier um spezifische Ursachen handeln<br />

kann, sollte auch bei einem Mischbild zwischen<br />

typischer und atypischer NNO eine solche Abklärung<br />

erfolgen.<br />

Zu den infektiösen Ursachen gehören: infektiöse<br />

Meningitis/Enzephalitis, Lues, Toxoplasmose,<br />

Herpes simplex, Herpes zoster, Tuberkulose,<br />

Borreliose, Bartonellose und bakterielle oder<br />

fungale Sinusitis.<br />

Bei den nichtinfektiösen entzündlichen Ursachen<br />

ist an akute disseminierte Encephalomyelitis,<br />

Guillain-Barré-Syndrom, Morbus Crohn,<br />

Colitis ulcerosa, Morbus Reiter, Sjögren-Syndrom,<br />

Morbus Behçet, Morbus Wegener, Lupus<br />

erythematodes und Sarkoidose zu denken.<br />

Da es sich um behandlungsbedürftige Erkrankungen<br />

handelt, deren Prognose oft von einer<br />

frühzeitigen Diagnose und spezifischen Therapie<br />

abhängen kann, ist eine serologische Abklärung<br />

bei atypischer NNO sinnvoll.<br />

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A. Typische Neuritis nervi optici<br />

Tab. 1 Symptomatik der typischen Optikusneuritis<br />

•Einseitigkeit<br />

•Motilitätsschmerzen<br />

•Farbentsättigung<br />

•Afferenzdefekt<br />

•Alter zwischen 18 und 45 Jahren<br />

•unauffällige oder leicht ödematöse Papille<br />

•Beginn innerhalb einer Woche, dann Besserung<br />

innerhalb vier Wochen<br />

•keine Systemerkrankung außer MS<br />

Tab. 2 Risiko der manifesten MS nach NMR-<br />

Herden (ONTT: High- and Low-Risk- Profiles<br />

for the Development of Multiple Sclerosis<br />

Within 10 Years After Optic Neuritis, Arch<br />

Ophthalmol /Vol 121, July 2003: 944)<br />

Anzahl der MS-Risiko in MS-Risiko in<br />

Entmarkungs- den nächsten den nächsten<br />

herde im 5 Jahren 10 Jahren<br />

NMR<br />

0 16 % 22 %<br />

≥ 1 56 %<br />

≥ 3 51 %<br />

Gesamt 30 % 38 %<br />

Entzündung<br />

B. Atypische Neuritis nervi optici<br />

Tab. 3 Ursachen der atypischen NNO<br />

infektiös<br />

– infektiöse Meningitis/Enzephalitis<br />

– Lues<br />

– Toxoplasmose<br />

– Herpes simplex, Herpes zoster<br />

– Tuberkulose<br />

– Borreliose<br />

– Bartonellose<br />

– bakterille Sinusitis<br />

– fungale Sinusitis<br />

Kernspintomogramm bei Patientin mit MS-typischen<br />

marklagernahen Entmarkungsherden<br />

immuno- – postviral<br />

logisch – postvakzinal<br />

– akut-disseminierte Enzephalomyelitis<br />

– Guillain-Barré-Syndrom<br />

– posteriore Uveitis<br />

– Retinitis<br />

– Morbus Crohn<br />

– Colitis ulcerosa<br />

– Sjögren-Syndrom<br />

– Morbus Behçet<br />

– Morbus Wegener<br />

– Lupus erythematodes<br />

– infektiöse NNO<br />

– Sarkoidose<br />

213<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

214<br />

0,5–5 % der geschlossenen Schädelverletzungen<br />

betreffen den Sehnerv. Man unterscheidet<br />

präkanalikuläre, kanalikuläre und intrakranielle<br />

Optikusverletzungen (Tab. 1).<br />

A. Präkanalikuläre Verletzung<br />

Durch seine lockeren Verlauf in der Orbita wird<br />

der intraorbitale Anteil nur selten durch ein<br />

Trauma verletzt, da er in gewissem Rahmen beweglich<br />

ist und ausweichen kann. Vor allem<br />

durch direkte Einwirkung (z. B. Fremdkörper)<br />

kann es dennoch zu Verletzungen kommen. Im<br />

Maximalfall wird der Nerv vom Bulbus abgetrennt<br />

(Avulsion, Evulsion). Das Auge ist sofort<br />

blind. Falls keine Blutung den Einblick verhindert,<br />

sieht man ein graues Loch umgeben von<br />

einem Hämatom. Eine Therapie ist ausgeschlossen.<br />

Besserung ist nicht möglich. Bei<br />

einer Verletzung des Sehnervs innerhalb eines<br />

Zentimeters hinter dem Bulbus beobachtet<br />

man evtl. zusätzlich einen Zentralarterienverschluss.<br />

Liegt die Verletzung weiter hinten,<br />

sieht man keine Veränderungen am Fundus.<br />

Der Visus kann sich nach der Verletzung noch<br />

weiter durch Kompression infolge eines in der<br />

Optikusscheide gelegenen Hämatoms verschlechtern.<br />

Für eine Kompression durch ein<br />

Hämatom außerhalb der Optikusscheide sprechen<br />

erhöhter Augeninnendruck und Proptosis.<br />

Bei einem Augendruck über 40 mmHg sind eine<br />

laterale Kanthotomie und Kantholyse indiziert.<br />

Bei partieller Verletzung des Sehnervs finden<br />

sich im Gesichtsfeld Nervenfaserbündeldefekte<br />

entsprechend der betroffenen Optikusanteile.<br />

Es liegt ein Afferenzdefekt vor. Nach einigen<br />

Wochen entwickelt sich eine partielle Optikusatrophie.<br />

Über eine Optikusscheidenfensterung<br />

zur Dekompression eines in der Optikusscheide<br />

gelegenen Hämatoms gibt es nur vereinzelte<br />

Berichte. Ebenso gibt es nur einzelne Berichte<br />

über die Entfernung von Fremdkörpern,<br />

die den Sehnerv in der Nähe seines Eintritts in<br />

den Optikuskanal komprimieren. Kontrollierte<br />

Studien fehlen.<br />

B. Kanalikuläre Verletzung<br />

Bei geschlossenen Schädeltraumen entstehen<br />

meist kanalikuläre Verletzungen des N. opticus.<br />

Häufig findet sich diese Art von Verletzung<br />

nach Schlägen gegen den Kopf, sogar bei solchen,<br />

die nicht zur Bewusstlosigkeit führen.<br />

Nur in der Hälfte der Fälle findet sich eine Fraktur<br />

des Sphenoids, Frakturen des Optikuskanals<br />

sind ungewöhnlich und dadurch bedingte direkte<br />

Verletzung des Sehnervs durch Knochenfragmente<br />

selten. Der Pathomechanismus ist<br />

vermutlich ein ischämischer Schaden nach<br />

Kompression oder Abscherung der den Sehnerv<br />

versorgenden Gefäße. Der Sehverlust tritt sofort<br />

ein und ist nur selten progressiv. Im Gesichtsfeld<br />

finden sich Nervenfaserbündeldefekte<br />

(Ba). Der Bulbus erscheint normal, lediglich<br />

ein relativer Afferenzdefekt ist festzustellen.<br />

Nach zwei bis vier Wochen wird die Optikusatrophie<br />

(Bb) sichtbar. Die Therapie ist umstritten.<br />

In der Regel wurde bisher hoch dosiert<br />

mit Steroiden und/oder einer Dekompression<br />

des Optikuskanals behandelt. Allerdings bessern<br />

sich bis zu 57 % der funktionellen Ausfälle<br />

spontan. Die hoch dosierte Steroidtherapie basiert<br />

auf den Ergebnissen der Therapie bei<br />

Rückenmarksverletzungen. Chirurgische Dekompression<br />

des Optikuskanals kann transkraniell<br />

oder transethmoidal durchgeführt<br />

werden. Die einzige prospektive, nichtrandomisierte<br />

Studie, die die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten<br />

der kanalikulären Optikusverletzungen<br />

– Beobachtung, hoch dosierte<br />

Therapie mit 100 mg bis 5400 mg/die Methylprednisolon<br />

sowie chirurgische Dekompression<br />

des Optikuskanals – miteinander verglich,<br />

konnte keinen positiven Effekt der Steroidtherapie<br />

oder der chirurgischen Therapie gegenüber<br />

der alleinigen Beobachtung zeigen. Eine<br />

Therapieempfehlung kann folglich nicht gegeben<br />

werden. Evtl. kann bei fortschreitender<br />

Verschlechterung der Sehschärfe eine Dekompression<br />

des Optikuskanals versucht werden.<br />

C. Intrakranielle Verletzung<br />

Bei schweren Schlägen gegen den Kopf kommt<br />

es infolge der plötzlichen Bewegung des Gehirns<br />

zur axonalen Scherung des intrakraniellen<br />

Anteils des Sehnervs (ähnlich wie bei der<br />

intrakanalikulären Verletzung). Hier tritt in der<br />

Regel eine Bewusstlosigkeit ein. Häufig besteht<br />

ein relativer Afferenzdefekt bei unauffälligem<br />

Fundus. Nach mehreren Wochen bildet sich<br />

eine Optikusatrophie aus.<br />

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Tab. 1 Vergleich präkanalikulärer, kanalikulärer und intrakranieller Optikusverletzung<br />

Läsionsort Mechanismus Therapie<br />

präkanalikulär direkte Einwirkung keine, ggf. Optikusscheidenfensterung,<br />

laterale Kanthotomie, Kantholyse<br />

intrakanalikulär indirekte Schädigung durch keine, ggf. chirurgische Dekompression<br />

Schleuderbewegung<br />

bei fortschreitender Verschlechterung<br />

intrakraniell indirekte Schädigung durch keine<br />

Schleuderbewegung<br />

B. Kanalikuläre Verletzung<br />

b Optikusatrophie am linken Auge bei traumatischer<br />

Optikusneuropathie<br />

Traumatische Optikusneuropathie<br />

a Gesichtsfeld bei traumatischer Optikusneuropathie<br />

215<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

216<br />

A. Kompressive Optikusneuropathie<br />

Bis zu 20 % der Hirntumoren liegen im Bereich<br />

des Chiasmas und führen so zu Veränderungen<br />

des Sehnervs. Altersabhängig ändert sich die<br />

Prävalenz bestimmter Tumoren. Bei Kindern<br />

stehen pilozytische Astrozytome im Vordergrund.<br />

Die Gliome weisen auf Neurofibromatose<br />

hin. Meningeome treten im mittleren Lebensalter<br />

gehäuft auf. Im Alter muss man an<br />

Glioblastome und Metastasen denken (Tab. 1).<br />

Da ophthalmologische die einzigen Symptome<br />

sein können, sollte man die Möglichkeit eines<br />

Hirntumors immer in Betracht ziehen. Untersucht<br />

werden müssen die Sehschärfe, relativer<br />

Afferenzdefekt, Gesichtsfeld beider Augen, Farbentsättigung,<br />

Motilität und Fundusbefund im<br />

Seitenvergleich. Bei Verdacht auf einen Tumor<br />

ist eine Bildgebung, wenn möglich Kernspintomographie,<br />

zwingend notwendig.<br />

Prächiasmaler Tumor. Bei einer Schädigung des<br />

Sehnervs durch Kompression zeigt sich ein<br />

sehr variables ophthalmologisches Bild. Sehschärfe<br />

und Gesichtsfeld können bei Kompression<br />

lange normal oder nur wenig beeinträchtigt<br />

sein. Man findet als sehr empfindliches<br />

Zeichen einen relativen Afferenzdefekt. Liegt<br />

der Tumor in der Orbita sind Exophthalmus,<br />

Chemosis, Motilitäts- und Sensibilitätsstörungen<br />

sowie Netzhautfalten assoziiert. Bei Lage in<br />

der Orbitaspitze ist ein chronisches Papillenödem<br />

möglich (Aa). Die Papille kann normal<br />

aussehen, wenn die Optikusatrophie die Papille<br />

noch nicht erreicht hat. Bei langsamem<br />

Wachstum kann die Papille primär blass imponieren.<br />

Optoziliare Shuntgefäße sind möglich<br />

(Ab). Im Gesichtsfeld erwartet man Nervenfaserbündeldefekte.<br />

Im Optikuskanal sind die<br />

Ausfälle unspezifisch. Je näher der Tumor am<br />

Chiasma liegt, umso mehr orientiert sich der<br />

Ausfall an der vertikalen Mittellinie. Bei einem<br />

ausgeprägten Gesichtsfeldausfall des einen<br />

Auges und einer Mitbeteiligung der temporalen<br />

Gesichtsfeldhälfte des Partnerauges (Anterior-Junction-Läsion)<br />

kann von einer chiasmanahen<br />

Lokalisation ausgegangen werden.<br />

Differenzialdiagnostisch werden langsam wachsende<br />

Meningeome leicht mit einem Normaldruckglaukom<br />

verwechselt. Bei einer chronisch<br />

progredienten Sehverschlechterung muss ein<br />

Tumor ausgeschlossen werden. Dies ist insbesondere<br />

bei kleinen Meningeomen im Optikuskanal<br />

schwierig und oft erst nach mehrfacher<br />

Wiederholung der Kernspintomographie (Ac)<br />

möglich.<br />

Chiasmaler Tumor. Hier findet sich eine beidseitige<br />

Optikusatrophie, die oft aber nicht symmetrisch<br />

ist. Bei Hypophysenadenomen sind<br />

bitemporale Ausfälle typisch, die aber nicht seitengleich<br />

verteilt sein müssen (Ad, e).<br />

Postchiasmale Tumoren. Tumoren im Tractus<br />

opticus zeichnen sich durch homonyme, wenig<br />

symmetrische Gesichtsfeldausfälle mit relativem<br />

Afferenzdefekt auf der Seite des temporalen<br />

Gesichtsfeldausfalls aus, eine asymmetrische<br />

Optikusatrophie ist häufig. Die Optikusatrophie<br />

ist auf der zur Läsion kontralateralen Seite<br />

horizontal bandförmig und auf der ipsilateralen<br />

Seite temporal betont. Neurologische Herdsymptome<br />

sind möglich.<br />

Therapiemöglichkeiten. Therapeutisch versucht<br />

man die Tumoren chirurgisch zu entfernen. Lediglich<br />

bei manchen Hypophysenadenomen<br />

kann mit Bromocriptin eine Verkleinerung erreicht<br />

werden. Bei diesen Adenomen sollen im<br />

Rahmen einer Schwangerschaft engmaschige<br />

Kontrollen erfolgen, da sie dann zu Wachstum<br />

neigen. Bei primär inoperablen Tumoren wird,<br />

wenn möglich, bestrahlt. Gliome bei Kindern<br />

werden nur bei Wachstumstendenz behandelt.<br />

Ab einem Alter über 5 Jahren kann bestrahlt<br />

werden. Darunter versucht man mit einer Chemotherapie<br />

das Tumorwachstum aufzuhalten.<br />

Die Betreuung dieser Kinder obliegt speziellen<br />

Zentren. Bei allen Patienten sind regelmäßige<br />

Gesichtsfeldkontrollen indiziert, um Rezidive<br />

frühzeitig zu erkennen.<br />

B. Infiltrative Optikusneuropathie<br />

Infiltrationen des Sehnervs kommen bei Karzinomen,<br />

Lymphomen, Leukämien oder intraorbitalen<br />

Entzündungen vor. Die Patienten bemerken<br />

eine Sehverschlechterung. Die Papille<br />

ist normal oder ödematös. Diagnostisch kann<br />

eine Bildgebung sowie ggf. Lumbalpunktion<br />

weiterhelfen. Therapeutisch helfen Steroide<br />

(1 mg/kg KG). Bei bakteriellen Ursachen wird<br />

zunächst antibiotisch behandelt. Differenzialdiagnostisch<br />

muss an eine Neuritis nervi optici<br />

gedacht werden.<br />

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A. Kompressive Optikusneuropathie<br />

Tab. 1 Übersicht über Tumoren der prägenikulären<br />

Sehbahn<br />

Arten<br />

– pilozytisches Astrozytom<br />

(Optikusgliome)<br />

– Neurinome<br />

– kavernöses Hämangiom, Meningeom<br />

– Hypophysenadenom<br />

– Kraniopharyngeom<br />

– Metastasen (je nach Primärtumor)<br />

a Optikusmeningeom in der Orbitaspitze mit chronischem<br />

Papillenödem, rechtes Auge<br />

Tumoren, Infiltration<br />

c NMR eines Optikusscheidenmeningeoms<br />

b Optikusmeningeom mit primär blasser Papille und<br />

erweitertem, optikoziliarem Shuntgefäß, linkes<br />

Auge<br />

d Asymmetrische, bitemporale Hemianopsie bei<br />

Hypophysenadenom<br />

e CT eines Hypophysenadenoms<br />

217<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

218<br />

A. Stauungspapille<br />

Bei beidseitigen Papillenödemen im Rahmen<br />

erhöhten Hirndrucks spricht man von Stauungspapillen<br />

(STP). Geschwollen sind die Axone.<br />

Der erhöhte intrakranielle Druck wird entlang<br />

der Optikusscheide fortgeleitet. Infolgedessen<br />

kommt es zu einer Störung des langsamen, axoplasmatischen<br />

Flusses an der Lamina cribrosa.<br />

Daraus resultieren die Schwellung des Sehnervs<br />

und die Opazifizierung der retinalen Nervenfasern.<br />

Bei sonst gesundem Sehnerv ist dieses<br />

Phänomen immer beidseitig. Bei einseitiger<br />

Optikusatrophie kann die atrophische Papille<br />

nicht schwellen und die STP ist einseitig (Foster-Kennedy-Syndrom).<br />

Ophthalmologisch unterscheidet<br />

man 4 Stadien: eine frühe STP ist<br />

gering hyperämisch (Aa), die Nervenfasern sind<br />

wenig opak, der Venenpuls fehlt und eine Exkavation<br />

ist noch zu sehen. Bei voll entwickelter<br />

STP findet man zusätzlich Blutungen und<br />

Cotton-Wool-Herde, die Exkavation ist verstrichen<br />

(Ab). Der Patient bemerkt eventuell transiente<br />

Obskurationen. Beim chronischem Papillenödem<br />

zeigen sich Kapillarektasien, die<br />

Blutungen und Exsudate werden weniger (Ac).<br />

Drusenähnliche Körperchen entwickeln sich an<br />

der Oberfläche. Optoziliare Shuntgefäße können<br />

entstehen. Das atrophische Papillenödem<br />

zeichnet sich durch eine Atrophie der Nervenfasern<br />

und entsprechende Gesichtfeldausfälle<br />

aus (Ad). Die Sehschärfe ist beim akuten Papillenödem<br />

normal und verändert sich erst spät,<br />

außer bei Entwicklung eines Makulaödems mit<br />

Sternfigur. Im Gesichtsfeld stellt man einen<br />

vergrößerten blinden Fleck fest (Ae). Im weiteren<br />

Verlauf finden sich Nervenfaserbündeldefekte<br />

zunächst nasal unten (Af). Eine Stauungspapille<br />

ist ein medizinischer Notfall. Eine<br />

Bildgebung, möglichst eine Kernspintomographie,<br />

ist sofort indiziert. Bei einer Raumforderung<br />

richtet sich das weitere Vorgehen nach der<br />

Entität des Tumors. Findet sich kein raumfordernder<br />

Prozess und ist das Ventikelsystem<br />

nicht erweitert, müssen durch eine Lumbalpunktion<br />

entzündliche und infiltrative Ursachen<br />

ausgeschlossen sowie der intrakranielle<br />

Druck gemessen werden. Bei entsprechenden<br />

Veränderungen des Liquors wird je nach Ursache<br />

behandelt. Ist der Liquor normal und der<br />

intrakranielle Druck erhöht, liegt ein Pseudotumor<br />

cerebri (PTC) vor. Abgesehen von Abduzensparesen<br />

dürfen keine weiteren neurologischen<br />

Symptome vorliegen. In 25 % der Fälle<br />

findet sich im Kernspintomogramm eine<br />

Empty-Sella. Der PTC ist meist idiopathisch<br />

(56–90 %). Oft handelt es sich um übergewichtige<br />

Frauen (8 : 1 gegenüber Männern) in der 3.<br />

Lebensdekade. Die Inzidenz ist 15/100 000. Der<br />

idiopathische PTC ist selbstlimitierend, kann<br />

aber rezidivieren. Man nimmt einen erhöhten<br />

Widerstand der Arachnoidalzellen gegenüber<br />

Liquor an. Die Patienten klagen über Kopfschmerzen,<br />

Doppelbilder und Obskurationen.<br />

Gesichtsfelddefekte finden sich bei 90 % der Patienten.<br />

Meist zeigen sich ein vergrößerter<br />

blinder Fleck, eine konzentrische Einengung<br />

oder Nervenfaserbündeldefekte nasal unten.<br />

Neben wiederholten Lumbalpunktionen wird<br />

mit Acetazolamid behandelt. Mit 1 g/die beginnend<br />

kann man bis zu 2 g/die steigern, (evtl.<br />

auch mehr). Die adipösen Patienten sollten<br />

Gewicht reduzieren. Das chirurgische Vorgehen<br />

hängt von der Symptomatik ab: Bei Kopfschmerzen<br />

kann über einen ventrikuloperitonealen<br />

Shunt nachgedacht werden, bei<br />

Gesichtsfelddefekten über eine Optikusscheidenfensterung,<br />

falls die medikamentöse Therapie<br />

nicht ausreicht. Die Prognose ist i. d. R. günstig.<br />

Ein bleibender Gesichtsfeldverfall ist nach<br />

unterschiedlichen Zeiträumen selten (Wochen<br />

bis Jahre). Systemischer Hypertonus, Obskurationen,<br />

multiple, peripapilläre Blutungen sowie<br />

höheres Alter sind hinsichtlich des Gesichtsfeldes<br />

prognostisch ungünstig.<br />

Der nichtidiopathische PTC kommt bei Sinusvenenthrombosen,<br />

exogenen Stoffen wie z. B.<br />

Tetracyclinen, Nalidixinsäure, Hypervitaminose<br />

A, Steroiden oder deren Entzug u. a., endokrinologischen<br />

Störungen oder systemischen<br />

Erkrankungen wie z. B. Lupus erythematodes,<br />

Eisenmangelanämie, systemischer Hypertension<br />

mit Enzephalopathie, Urämie oder Lyme-<br />

Borreliose vor. Beim nichtidiopathischen PTC<br />

muss je nach Ursache behandelt werden. Weitere<br />

Ursachen beidseitiger Papillenschwellungen<br />

sind Diabetes mellitus (Zufallsbefund) und<br />

toxische oder hereditäre Schädigungen. Allerdings<br />

liegen bei letzteren Zentrozökalskotome<br />

vor.<br />

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A. Stauungspapille<br />

a Beginnende Stauungspapille, rechtes Auge<br />

b Akute Stauungspapille mit Blutungen und Cotton-<br />

Wool-Herden, linkes Auge<br />

Stauungspapille<br />

c Chronische Stauungspapille, rechtes Auge<br />

d Atrophische Stauungspapille, linkes Auge<br />

e Vergrößerter blinder Fleck bei Stauungspapille<br />

f Gesichtsfeldausfälle nasal unten, betont und vergrößerter<br />

blinder Fleck bei Stauungspapille<br />

219<br />

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

220<br />

A. Sehbahn<br />

Die Sehbahn beginnt in der Retina mit den<br />

Photorezeptoren (ca. 125 Mio., 1. Neuron). Es<br />

erfolgt noch in der Netzhaut die Umschaltung<br />

auf das 2. Neuron, die Bipolarzellen (ca. 10 Mio.).<br />

Dabei werden die Zellen im Netzhautzentrum<br />

1 : 1 umgeschaltet. Anschließend wird die Erregung<br />

durch die Ganglienzellen (ca. 1,2 Mio.)<br />

bis zum Corpus geniculatum laterale (CGL)<br />

fortgeleitet (3. Neuron). Im CGL erfolgt die Umschaltung<br />

auf das 4. Neuron (ca. 5 Mio.), das die<br />

Erregung über die Sehstrahlung zur Sehrinde<br />

trägt.<br />

Sehnerv. Die Axone der Ganglienzellen laufen<br />

in der Netzhaut im temporalen Bereich bogenförmig<br />

auf die Papille zu, wobei die horizontal<br />

verlaufende Raphe nicht gekreuzt wird. Nasal<br />

laufen sie gerade in Richtung Papille. Nach Eintritt<br />

in die Papille liegen die peripheren Nervenfasern<br />

im Sehnerv außen, die die zentralen<br />

Anteile des Gesichtsfeldes vertretenden Fasern<br />

im Zentrum des Sehnervs. Bei Schäden im Sehnerv<br />

während seines orbitalen, intrakanalikulären<br />

und intrakraniellen Verlaufs finden sich<br />

einseitige, bogenförmig nach nasal (z. B. kompressiv)<br />

und keilförmig nach temporal verlaufende<br />

Nervenfaserbündeldefekte (A1). Ein relativer<br />

Afferenzdefekt (RAPD) ist immer auf der<br />

betroffenen Seite zu sehen. Nach sechs bis<br />

zwölf Wochen zeigt sich entsprechend der Gesichtfelddefekte<br />

eine Optikusatrophie. Niemals<br />

ist das zweite Auge betroffen.<br />

Anterior-Junction-Syndrom. Entsprechend der<br />

Neuordnung der Nervenfasern zeigen sich ab<br />

prächiasmal an der vertikalen Mittellinie orientierte<br />

Gesichtsfelddefekte. Beim Anterior-Junction-Syndrom<br />

kommt es zu ausgeprägten Defekten<br />

im Gesichtsfeld des einen Auges in<br />

Kombination mit einem evtl. nur angedeuteten<br />

Ausfall der temporalen Gesichtsfeldhälfte des<br />

Partnerauges (A2). Die Ursache liegt darin, dass<br />

die nasalen Nervenfasern bei ihrem Weg zur<br />

Gegenseite auch in Richtung des gegenseitigen<br />

Sehnervs verlaufen, bevor sie zum Tractus opticus<br />

ziehen. Durch diese Asymmetrie der Beteiligung<br />

der Augen kann bei Läsionen in diesem<br />

Bereich oft ein RAPD beobachtet werden.<br />

Chiasma. Läsionen im Chiasma sind durch die<br />

Kreuzung der nasalen Nervenfasern auf die<br />

Gegenseite bitemporal, aber nicht symmetrisch<br />

(A3). Der RAPD ist auf der stärker betroffenen<br />

Seite. Da es zu beiden Seiten durch die Carotiden<br />

und den Sinus cavernosus begrenzt ist,<br />

nach unten die Hypophyse, nach vorne die<br />

Siebbeinzellen und nach oben der Boden des<br />

dritten Ventrikels folgt, kann durch die räumliche<br />

Enge und die hohe Verdichtung der visuellen<br />

Information in diesem Bereich eine<br />

Schädigung zur Erblindung beider Augen führen.<br />

Generell sind Patienten mit Gesichtfelddefekten,<br />

die eine auch nur angedeutete vertikale<br />

Trennlinie aufweisen, einer sofortigen<br />

Bildgebung zuzuführen.<br />

Tractus opticus. Traktusläsionen sind selten.<br />

Sie zeichnen sich durch homonyme Gesichtsfelddefekte<br />

zur Gegenseite der Läsion aus, die<br />

durch eine vertikale Mittellinie begrenzt sind.<br />

Postchiasmal sind sie durch die Unordnung der<br />

Nervenfasern noch asymmetrisch. Je höher<br />

man in der Sehbahn gelangt, umso symmetrischer<br />

werden die homonymen Ausfälle (A4).<br />

Der RAPD kann auf der Seite des temporalen<br />

Ausfalls liegen. Nach Wochen findet sich beidseitig<br />

eine asymmetrische Optikusatrophie.<br />

Corpus geniculatum laterale (CGL). Bei Läsionen<br />

im CGL treten keilförmige, homonyme<br />

Gesichtsfeldausfälle auf. Ist der obere Kniehöcker<br />

betroffen, liegt der Defekt direkt ober- und<br />

unterhalb der horizontalen Mittellinie (A5), bei<br />

Beteiligung des unteren Kniehöckers orientieren<br />

sich die beiden keilförmigen Ausfälle an der<br />

oberen und unteren vertikalen Mittellinie (A6).<br />

Bis kurz nach dem CGL kann ein RAPD auf der<br />

Gegenseite der Läsion festgestellt werden.<br />

Sehstrahlung. Im Anschluss an das CGL fächern<br />

sich die Neurone zur Sehstrahlung auf. Die<br />

unteren Gesichtsfeldanteile werden dabei parietal<br />

oben (A7), die oberen Gesichtsfeldanteile<br />

temporal unten (A8) vertreten. Vorne in der<br />

Meyer-Schleife ist die weit peripher gelegene,<br />

temporale Sichel vertreten, die keinen homonymen<br />

Anteil in der Gegenseite hat (A9). Läsionen<br />

liegen hier im Temporallappen am<br />

Vorderhorn des Seitenventrikels.<br />

Sehrinde. Die Sehrinde wird durch die Fissura<br />

calcarina in einen oberen und einen unteren<br />

Anteile geteilt. Das untere Gesichtsfeld wird<br />

oberhalb und das obere Gesichtfeld unterhalb<br />

der Fissura calcarina vertreten. Die Hälfe der<br />

Sehrinde vertritt das zentrales 5°-Gesichtsfeld<br />

(A10). Je weiter anterior umso peripherere Gesichtsfeldanteile<br />

werden vertreten (A11). Die<br />

temporale Sichel wird am weitesten ventral repräsentiert.<br />

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A. Sehbahn<br />

1. + 2.<br />

Neuron<br />

Netzhaut<br />

1<br />

2<br />

3. Neuron 4. Neuron<br />

Sehnerv,<br />

Chiasma,<br />

T. opticus<br />

Sehstrahlung<br />

Sehrinde<br />

(Area<br />

17/V1)<br />

CGL<br />

3<br />

4<br />

9<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

Gesichtsfeld<br />

10<br />

11<br />

Schematische Darstellung der menschlichen Sehbahn und ihrer neuronalen Teilabschnitte mit Gesichtsfelddefekten<br />

221<br />

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16 Medikamentöse Nebenwirkungen<br />

222<br />

A. Kausalitätsnachweis<br />

Die medizinische Literatur berichtet ständig<br />

und in wachsendem Maße über unerwünschte<br />

Arzneiwirkungen am Auge. Richtig ist sicher,<br />

dass unerwünschte Arzneiwirkungen auch am<br />

Auge häufig sind, wenngleich eine Vielzahl von<br />

ihnen bislang nicht ausreichend erforscht ist.<br />

Für viele berichtete Nebenwirkungen fehlt ein<br />

eindeutiger Kausalitätsnachweis, da sie sehr<br />

selten sind und damit erst nach der Zulassung<br />

eines Medikaments im Rahmen der langfristigen<br />

klinischen Anwendung vereinzelt sichtbar<br />

werden. Die Kenntnis gesicherter unerwünschter<br />

Nebenwirkungen von Medikamenten gehört<br />

aber ohne Frage zu den grundlegenden<br />

Pflichten des klinisch tätigen Arztes.<br />

B. Veränderungen der Bindehaut und Lider<br />

Bindehaut und Lider können zahlreiche, medikamentös<br />

bedingte Veränderungen aufweisen:<br />

● Bindehautblutungen, z. B. durch Antikoagulanzien,<br />

Thrombozytenaggregationshemmer,<br />

Kortikosteroide;<br />

● konjunktivale Hyperämie, z. B. durch lokal<br />

eingesetzte Parasympatholytika (Atropin), Parasympathomimetika<br />

(Pilocarpin), Betarezeptorenblocker,<br />

Prostaglandinanaloga, Cromoglicinsäure;<br />

● toxisch-irritative Konjunktivitis, z. B. durch<br />

lokal und systemisch eingesetzte Antibiotika<br />

und konservierungsmittelhaltige Augentropfen;<br />

● Conjunctivitis sicca, z. B. Verschlechterung<br />

oder Auslösung durch systemisch und lokal<br />

eingesetzte Betarezeptorenblocker, konservierungsmittelhaltige<br />

Augentropfen (Benzalkoniumchlorid);<br />

● pseudomembranöse Konjunktivitis (Ba) bei<br />

Stevens-Johnson-Syndrom/Lyell-Syndrom,<br />

z. B. durch Salicylate, Antibiotika;<br />

● medikamentös induziertes okuläres Pemphigoid<br />

(s. u.);<br />

● Pigmentierungen und Ablagerungen, z. B.<br />

durch Amiodaron, Gentamycin, Chloroquin<br />

und Derivate;<br />

● Nekrosen der Bindehaut, z. B. durch Antikoagulanzien;<br />

● allergische Blepharokonjunktivitis (Bb), auslösbar<br />

durch zahlreiche lokale und systemisch<br />

verabreichte Medikamente, insbesondere<br />

lokale Mydriatika, Miotika und systemische<br />

Antibiotika (v. a. Sulfonamide);<br />

● Anästhesie der Bindehaut, durch lokal eingesetzte<br />

Betarezeptorenblocker und nichtsteroidale<br />

Antiphlogistika;<br />

● Lidödem, Liddermatitis, z. B. durch Goldpräparate,<br />

synthetische Retinoide;<br />

● Photosensitivitätsreaktionen, z. B. durch synthetische<br />

Retinoide und nichtsteroidale Antiphlogistika;<br />

● Depigmentierung der Lider, sehr selten, z. B.<br />

durch Zytostatika (Methotrexat);<br />

● vermehrte Pigmentierung der Lider, z. B. durch<br />

lokal eingesetzte Prostaglandinderivate in der<br />

Glaukomtherapie;<br />

● Wimpernverlust (Madarosis), z. B. durch Zytostatika,<br />

Amiodaron, Chloroquin und Derivate,<br />

Acetazolamid, Lithium, Allopurinol, Betarezeptorenblocker<br />

(lokal);<br />

● Wimpernwachstum (Bc), durch Prostaglandinanaloga<br />

in der Glaukomtherapie.<br />

C. Effekte einer Langzeittherapie mit Antiglaukomatosa<br />

auf Bindehaut und Lider<br />

Die lokal angewandten Glaukomtherapeutika<br />

führen wegen ihrer Langzeitanwendung besonders<br />

häufig zu unerwünschten Effekten, die nicht<br />

nur durch die Wirkstoffe, sondern oft auch<br />

durch Konservierungsmittel (meist Benzalkoniumchlorid)<br />

hervorgerufen werden (Tab. 1, C).<br />

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B. Veränderungen der Bindehaut und Lider<br />

a Pseudomembranöse Konjunktivitis unter Goldtherapie<br />

C. Effekte einer Langzeittherapie mit<br />

Antiglaukomatosa auf Bindehaut<br />

und Lider<br />

b Akut allergische Blepharitis<br />

c Wimpernwachstum unter Prostaglandinderivaten<br />

Lid- und Bindehautveränderungen<br />

Verschluss des unteren Tränenpünktchens unter<br />

Miotika<br />

Tab. 1<br />

Betarezeptorenblocker<br />

Pilocarpin, Carbachol<br />

Prostaglandinanaloga<br />

Carboanhydrasehemmer<br />

Alpharezeptoragonisten<br />

* = häufig<br />

allergische Blepharokonjunktivitis, Bindehauthyperämie*, Hornhaut-Bindehautanästhesie*,<br />

Wimpernverlust (Einzelfälle), Keratoconjunctivitis sicca*,<br />

Kontaktlinsenunverträglichkeit, myasthenes Syndrom (Timolol), okuläres<br />

Pseudopemphigoid<br />

allergische Blepharokonjunktivitis, Bindehauthyperämie*, okuläres Pseudopemphigoid,<br />

Verschluss der Tränenwege, Keratitis superficialis punctata,<br />

Akkommodationsspasmus*, Gesichtsfeldeinengung, Miosis*, transitorische<br />

Myopie*, Glaskörperblutung, Iris-/Ziliarkörperzysten, Netzhautablösung,<br />

Pupillarblockglaukom, hintere Synechierung<br />

allergische Blepharokonjunktivitis, Bindehauthyperämie*, Lidrandpigmentierung,<br />

Wimpernwachstum und -pigmentierung*, Irispigmentierung*<br />

allergische Blepharokonjunktivitis, periorbitale Dermatitis, Bindehauthyperämie<br />

allergische Blepharokonjunktivitis, periorbitale Dermatitis, Bindehauthyperämie,<br />

Lidretraktion (Apraclonidin)<br />

223<br />

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16 Medikamentöse Nebenwirkungen<br />

224<br />

A. Medikamentös induziertes okuläres<br />

Pemphigoid<br />

Das medikamentös induzierte, okuläre Pemphigoid<br />

ist selten und kann durch lokal oder<br />

systemisch applizierte Medikamente hervorgerufen<br />

werden (Tab. 1).<br />

Die Ätiopathogenese ist unklar. Bislang ist nicht<br />

sicher, ob es sich tatsächlich um ein eigenständiges<br />

Krankheitsbild handelt oder um eine Variante<br />

des klassischen okulären Pemphigoids.<br />

Zu den Symptomen gehören eine chronische<br />

Bindehautreizung und Tränenlaufen. Das klinische<br />

Bild ist im Frühstadium durch eine chronische<br />

Konjunktivitis und eine Verkürzung des<br />

unteren Fornix gekennzeichnet. Im Spätstadium<br />

entspricht das klinische Bild dem des<br />

klassischen okulären Pemphigoids (Hornhautpannus,<br />

Symblepharabildung, Motilitätseinschränkung).<br />

Die Diagnose basiert auf der Anamnese,<br />

klinischem Bild und immunhistologischer<br />

Untersuchung einer Bindehautbiopsie.<br />

Immunhistochemisch lassen sich charakteristischerweise,<br />

jedoch seltener als beim klassischen<br />

Pemphigoid, Ablagerungen von Immunglobulinen<br />

(meist IgG) auf der Basalmembran<br />

des Bindhautepithels nachweisen.<br />

Bei Verdacht auf ein medikamentös induziertes<br />

Pemphigoid besteht die Therapie primär im<br />

Absetzen der vermuteten auslösenden Agenzien.<br />

Es sollte sich dann eine engmaschige Verlaufskontrolle<br />

anschließen. Bei Progression<br />

trotz Therapiebeendigung ist eine systemische<br />

Immunsuppression wie beim klassischen Pemphigoid<br />

(Dapson, Mycophenolatmofetil) angezeigt.<br />

Die Prognose ist besser als beim klassischen<br />

okulären Pemphigoid. Häufig kommt es<br />

zum Stillstand des Prozesses bei Aussetzen der<br />

verursachenden Agenzien.<br />

B. Veränderungen der Hornhaut<br />

Zahlreiche Medikamente können zu Degenerationen<br />

und Ablagerungen in der Hornhaut führen<br />

(Tab. 2).<br />

Die Einnahme von Amiodaron ist die häufigste<br />

Ursache einer Cornea verticillata (wirbelförmige<br />

Hornhautdegeneration, Vortex-Keratopathie,<br />

Ba). Unter einer Dosierung von 100–<br />

400 mg/die sind erste Ablagerungen bei der<br />

überwiegenden Mehrzahl der Patienten bereits<br />

nach 1 bis 4 Monaten, eine volle Ausprägung<br />

bei praktisch allen Patienten innerhalb von 6–<br />

12 Monaten zu beobachten. Symptome (Halos)<br />

entstehen selten. Das klinische Bild besteht typischerweise<br />

in beidseitigen, goldbraunen,<br />

wirbelförmigen Trübungslinien innerhalb des<br />

Hornhautepithels. Eine Therapie ist meist nicht<br />

erforderlich, ebenso wie Amiodaron nicht<br />

wegen einer Vortex-Keratopathie abgesetzt<br />

werden muss. Die Hornhautveränderungen<br />

sind vollständig reversibel nach Therapiebeendigung.<br />

Eine durch Chloroquin oder Hydroxychloroquin<br />

hervorgerufene Cornea verticillata tritt<br />

bei Therapie über mehrere Monate in 30–75 %<br />

auf. Anfangs zeigen sich oft diffuse, punktförmige<br />

Ablagerungen, die im Weiteren in das<br />

Vollbild der Vortex-Keratopathie übergehen.<br />

Eine Therapie der Hornhautveränderungen ist<br />

nicht erforderlich. Eine Vortex-Keratopathie<br />

unter Chloroquin und Derivaten ohne weitere<br />

okuläre Beteiligung ist kein Grund für eine Therapiebeendigung.<br />

Allerdings sollte die Dosishöhe<br />

überprüft werden, da die Keratopathie<br />

auch Zeichen einer Überdosierung sein kann.<br />

Noch entscheidender ist die Überprüfung und<br />

Verlaufskontrolle des retinalen Funktionszustandes,<br />

da eine retinale Beteiligung zu einem<br />

irreversiblen Visusverlust führen kann.<br />

Hornhautveränderungen wie eine Keratitis<br />

superficialis punctata, Erosio und Ulcus corneae<br />

können direkte oder indirekte Folge eines<br />

Arzneimittelgebrauchs sein (Bb). Eine direkte<br />

toxische Hornhautschädigung hängt bei lokaler<br />

Gabe von der Dosis und Toxizität der Substanz,<br />

bei systemischer Gabe zusätzlich von<br />

deren Sekretion über die Tränenflüssigkeit ab.<br />

Bei lokaler Anwendung sind u. a. Neomycin,<br />

Virustatika, Benzalkoniumchlorid, Kortikosteroide<br />

und die im Rahmen von Glaukomoperationen<br />

lokal eingesetzten Zytostatika 5-Fluorouracil<br />

und Mitomycin C zu nennen.<br />

Der Abusus von Oberflächenanästhetika nach<br />

Hornhautverletzung kann zu einer massiven<br />

Hornhautschädigung führen.<br />

Die Auslösung eines Lagophthalmus nach periokularer<br />

Gabe von Botulinumtoxin kann eine<br />

Expositonskeratitis induzieren.<br />

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A. Medikamentös induziertes okuläres Pemphigoid<br />

Tab. 1 Auslösende Wirkstoffe eines Pemphigoids<br />

•bei systemischer Gabe<br />

– ACE-Hemmer: Captopril, Enalapril<br />

– Antibiotika: Rifampicin, Sulfonamide<br />

– Betarezeptorenblocker: Propranolol<br />

– Chemotherapeutikum: Sulfadiazin<br />

•bei topischer Gabe<br />

– Betarezeptorenblocker: Betaxolol, Carteolol,<br />

Levobunolol, Metipranolol, Pindolol, Timolol<br />

– Konservierungsmittel: Benzalkoniumchlorid<br />

– Miotika: Carbachol, Pilocarpin<br />

– Sympathomimetika: Dipivefrin, Adrenalin<br />

– Virustatika: Idoxuridin, Trifluridin, Vidarabin<br />

B. Veränderungen der Hornhaut<br />

Wirkstoff<br />

Fornixverkürzung/Symblephara<br />

Tab. 2 Auslösende Wirkstoffe von Hornhautdegenerationen und -ablagerungen<br />

Charakteristika<br />

Vortex-Keratopathie Amiodaron häufig, reversibel nach Therapiebeendigung<br />

Atavaquon<br />

Chloroquin und Derivate<br />

Indomethacin<br />

Einzelfall<br />

häufig, reversibel nachTherapiebeendigung<br />

selten unter Langzeittherapie, reversibel<br />

Pemphigoid/Hornhautveränderungen<br />

Pigmentierungen/Abla- Amantadin selten, reversibel nach Therapiebeendigung<br />

gerungen (ohne Vortex-<br />

Keratopathie) Chlorpromazin unter Langzeittherapie häufig, reversibel nach<br />

Therapiebeendigung<br />

Ciprofloxacin, Norfloxacin<br />

(lokal)<br />

Gold<br />

Isotretinoin<br />

Einzelfallberichte unter Behandlung<br />

von Keratitiden, reversibel<br />

häufig bei Langzeittherapie und Gesamtdosis<br />

> 1 g, reversibel nach Absetzen<br />

Häufigkeit unbekannt, reversibel<br />

bandförmige Prednisolon-Phosphat- Einzelfälle bei vorbestehenden, kornealen<br />

Degeneration Augentropfen Oberflächendefekten<br />

Vitamin D<br />

Zeichen einer Vitamin-D-Intoxikation<br />

225<br />

a Cornea verticillata unter Amiodaron<br />

b Erosio corneae unter 5-Fluorouracil<br />

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16 Medikamentöse Nebenwirkungen<br />

226<br />

A. Kortikosteroidinduzierte okuläre<br />

Hypertension/Steroidglaukom<br />

Beim Steroidglaukom handelt es sich um ein sekundäres<br />

Offenwinkelglaukom.<br />

Ätiologie/Pathogenese. Der Anstieg des Intraokulardrucks<br />

ist durch eine Zunahme des trabekulären<br />

Abflusswiderstandes als Folge biochemischer<br />

und morphologischer Veränderungen<br />

der trabekulären Maschenwerkzellen bedingt.<br />

U. a. finden sich Veränderungen der Zellmorphologie<br />

(Zytoskelett, Zellkerngröße), Zellfunktion<br />

(Phagozytose, Zellmigration, Zellproliferation)<br />

und der Zusammensetzung der<br />

Extrazellularmatrix. Die genaue Ätiopathogenese<br />

ist aber noch unklar.<br />

Epidemiologie. Ca. 5 % der gesunden Allgemeinbevölkerung<br />

zeigen innerhalb von 4–6<br />

Wochen einer lokalen Kortikosteroidgabe einen<br />

deutlichen Anstieg des Intraokulardrucks (sog.<br />

„High Responder“, Tab. 1). Neben einer individuellen<br />

Empfindlichkeit wird die Wahrscheinlichkeit<br />

eines intraokularen Druckanstiegs<br />

durch zusätzliche Risikofaktoren (Tab. 2) sowie<br />

Dauer, Art der Applikation, Dosierung und Potenz<br />

des Kortikosteroids beeinflusst.<br />

Klinik. Zu einem Druckanstieg kommt es frühestens<br />

1–2 Wochen nach Beginn der Kortikosteroidtherapie<br />

bis Monate oder Jahre später<br />

bei fortgesetzter Therapie. Im frühen Kindesalter<br />

kann sich ein klinisches Bild ähnlich dem<br />

des kongentialen/juvenilen Glaukoms entwickeln<br />

(s. Kapitel 12). Im späten Kindesalter/Erwachsenenalter<br />

dann klinisches Bild ähnlich<br />

dem des primär chronischen Offenwinkelglaukoms,<br />

d.h. meist symptomloser, schleichender<br />

Beginn mit reizfreiem Auge, erhöhtem Augeninnendruck<br />

und ggf. Papillen- und Gesichtsfeldveränderungen<br />

(A).<br />

Diagnostik. Die Diagnostik besteht in der sorgfältigen<br />

Anamnese einer zurückliegenden oder<br />

gegenwärtigen Kortikosteroideinnahme neben<br />

den beim Glaukom sonst üblichen Untersuchungen<br />

(s. Kapitel 12). Weitere sichtbare kortikosteroidbedingte<br />

Veränderungen (z. B. Sekundärkatarakt)<br />

können die Diagnose unterstützen.<br />

Therapie. Diese besteht wenn immer möglich<br />

primär in einer Beendigung der Kortikosteroidtherapie.<br />

Im Übrigen erfolgt sie ähnlich der<br />

des primär chronischen Offenwinkelglaukoms.<br />

Prognose. Gut, da Normalisierung des Augeninnendrucks<br />

nach Beendigung der Kortikosteroidtherapie<br />

zumeist innerhalb weniger Wochen.<br />

Bei vielen Patienten handelt es sich deshalb<br />

um eine transiente okuläre Hypertension<br />

ohne dauerhafte Optikusschädigung. Eine einmal<br />

eingetretene glaukomatöse Optikusneuropathie<br />

ist irreversibel.<br />

B. Andere Formen der medikamentös<br />

induzierten Steigerung des Intraokulardrucks<br />

Mydriatika/Zykloplegika lösen selten ein akutes<br />

Winkelblockglaukom aus. Es handelt sich<br />

um Augen mit vorbestehend engen Kammerwinkelverhältnissen.<br />

Die Gefahr eines Druckanstiegs<br />

ist deutlich höher bei bereits bekanntem<br />

Glaukom: immerhin > 30 % der Patienten<br />

mit primär chronischem Offenwinkelglaukom<br />

zeigen unter Mydriatikagabe einen Anstieg des<br />

Intraokulardrucks von > 5 mmHg.<br />

Viele Psychopharmaka können in Abhängigkeit<br />

von ihrer gleichzeitig vorhandenen anticholinergen<br />

Wirkung ebenfalls ein akutes Winkelblockglaukom<br />

verursachen. Es handelt sich<br />

um eine sehr seltene Nebenwirkung.<br />

Eine Reihe von unterschiedlichen Wirkstoffen<br />

(v. a. Sulfonamide und Derivate) können sehr<br />

selten über die Vorverlagerung des Iris-Linsen-<br />

Diaphragmas (Winkelblockglaukom ohne Pupillarblock)<br />

aufgrund eines Ziliarkörperödems<br />

eine akute Steigerung des Intraokulardrucks<br />

hervorrufen.<br />

Eine äußerst schwere Nebenwirkung stellt das<br />

Sekundärglaukom als Folge einer intraokularen<br />

Blutung unter Therapie mit Kumarinderivaten<br />

dar (Ba, b). Prädisponiert sind vor allem Patienten<br />

mit exsudativer altersbedingter Makuladegeneration.<br />

Das Krankheitsbild ist therapeutisch<br />

nur schwer beherrschbar und führt in<br />

> 50 % der Fälle zum Verlust des Auges oder zur<br />

Erblindung.<br />

Paradoxe Drucksteigerungen entstehen durch<br />

die lokale Gabe von Antiglaukomatosa. Hierzu<br />

zählt die Verstärkung eines Pupillarblocks<br />

durch Pilocarpin oder der Druckanstieg unter<br />

Kombinationstherapie von Prostaglandinderivaten.<br />

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A. Kortikosteroidinduzierte okuläre Hypertension/Steroidglaukom<br />

Tab. 1 Steroid-Responder in der gesunden Allgemeinbevölkerung bei lokaler Therapie mit potenten<br />

Kortikosteroiden nach Armaly (1965) 1 und Becker (1965) 2<br />

Augentropfen Low Responder Intermediate High Responder<br />

(%) Responder (%) (%)<br />

Dexamethason 0,1 % 66 29 5<br />

(4 Wochen) 1 IOD < 6 mmHg IOD = 6 – 15 mmHg IOD > 15 mmHg<br />

Betamethason 58 36 6<br />

(6 Wochen) 2 IOD < 20 mmHg IOD = 20 – 31 mmHg IOD > 31 mmHg<br />

IOD = Intraokulardruck, IOD<br />

= Anstieg des IOD<br />

Tab. 2 Prädisponierende okuläre und Allgemeinerkrankungen,<br />

die das Risiko eines kortikosteroidbedingten<br />

Anstiegs des Augeninnendrucks<br />

erhöhen<br />

•primär chronisches Offenwinkelglaukom<br />

•Verwandte ersten Grades von Patienten mit primär<br />

chronischem Offenwinkelglaukom<br />

•„Angle Recession Glaucoma“ (traumatisches<br />

Glaukom)<br />

•hohe Myopie<br />

•Diabetes mellitus<br />

•Bindegewebserkrankungen (v.a. rheumatoide<br />

Arthritis)<br />

•Cushing-Syndrom<br />

Medikamentös induzierte Glaukome<br />

Glaukomatöse Papillenexkavation<br />

B. Andere Formen der medikamentös induzierten Steigerung des Intraokulardrucks<br />

a Massive subkonjunktivale und intraokulare Blutung unter<br />

Antikoagulanzien<br />

b Massive subretinale Blutung und exsudative<br />

Ablatio unter Antikoagulanzientherapie<br />

227<br />

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16 Medikamentöse Nebenwirkungen<br />

A. Medikamentös induzierte Katarakt<br />

Die Zahl der Medikamente mit gesicherter Kataraktogenität<br />

in der klinischen Anwendung ist<br />

begrenzt (Tab. 1).<br />

Ohne Zweifel ist die glukokortikosteroidinduzierte<br />

Katarakt (Aa) die weit häufigste<br />

medikamenteninduzierte Linsentrübung überhaupt<br />

und auch die häufigste okuläre Komplikation<br />

einer solchen Therapie. Die genaue<br />

Ätiopathogenese ist nicht bekannt. Die Linsentrübung<br />

kann durch jede Form (oral, topisch,<br />

inhalativ) der Kortisontherapie ausgelöst werden.<br />

Bei oraler Gabe von täglich 10 mg Prednisolonäquivalent<br />

über mehr als ein Jahr besteht<br />

ein relativ hohes Risiko der Kataraktentstehung,<br />

eine sichere Grenzdosis zu deren Vermeidung<br />

existiert aber nicht. Kindliche Linsen<br />

sind prinzipiell empfindlicher als die von Erwachsenen,<br />

sollen aber eine begrenzte Fähigkeit<br />

zur Rückbildung der Trübungen aufweisen.<br />

Klinisch liegt typischerweise eine variabel ausgeprägte<br />

hintere Schalentrübung vor, die neben<br />

der Sehverschlechterung insbesondere eine<br />

deutliche Blendungsempfindlichkeit und eine<br />

Myopisierung hervorrufen kann. In fortgeschrittenen<br />

Fällen kommt es dann zur völligen<br />

Durchtrübung der Linse, die sich dann morphologisch<br />

nicht von einer senilen Katarakt<br />

unterscheidet. Die Kataraktextraktion kann<br />

ohne erhöhtes Risiko intra- und postoperativer<br />

Komplikationen durchgeführt werden.<br />

B. Veränderungen der Lederhaut<br />

Medikamentöse Nebenwirkungen sind an der<br />

Lederhaut sehr selten (bradytropher Stoffwechsel).<br />

Eine Episkleritis und Skleritis ist<br />

unter Gabe von Biphosphonaten (Palmidronsäure)<br />

und nach lokaler Gabe von Mitomycin C,<br />

eine Skleraatrophie unter Mitomycin C und<br />

Kortikosteroiden, eine orangene Verfärbung<br />

der Lederhaut unter systemischer Gabe von<br />

Rifabutin und eine Lederhautkalzifizierung<br />

unter Vitamin-D-Überdosierung beschrieben<br />

worden.<br />

Die durch zahlreiche lokal oder systemisch verabreichte<br />

Medikamente auslösbare Keratoconjunctivitis<br />

sicca beruht in vielen Fällen auf<br />

einer Hyposekretion der Tränendrüse, die z. B.<br />

auf eine anticholinerge Wirkkomponente (Psychopharmaka)<br />

oder den direkten Gewebsumbau<br />

der Tränendrüse (Lipofuszeinablagerung<br />

durch Amiodaron) zurückgeführt werden kann.<br />

Stenosen der ableitenden Tränenwege können<br />

unter systemischer Gabe von Quinacrin oder 5-<br />

Fluorouracil sowie unter längerfristiger lokaler<br />

Therapie mit Antiglaukomatosa (Parasympathomimetika,<br />

Epinephrin) und Virustatika entstehen.<br />

D. Veränderungen der Augenhöhle und<br />

Augenmotorik<br />

Zu den wichtigsten orbitalen Veränderungen<br />

unter Medikamenteneinnahme gehören die<br />

seltenen spontanen Einblutungen, die infolge<br />

einer intravenösen thrombolytischen Therapie<br />

mit Streptokinase, Urokinase und Tissue Plasminogen<br />

Activator (tPA) sowie durch verschiedene<br />

Heparine ausgelöst werden können. Eine<br />

mögliche Ursache heparininduzierter Blutungen<br />

ist eine IgG-Antikörper-vermittelte Thrombopenie,<br />

die deshalb auf jeden Fall auszuschließen<br />

ist.<br />

Eine Reihe von Medikamenten können über<br />

eine Beeinflussung des Schilddrüsenstoffwechsels<br />

zu einem Exophthalmus führen (Thyreostatika,<br />

Vitamin A, Lithium). Die orale Langzeittherapie<br />

mit Kortikosteroiden kann über<br />

die Vermehrung des infraorbitalen Fettgewebes<br />

zu einem reversiblen Exophthalmus führen.<br />

Zahlreiche Medikamente können in unterschiedlicher<br />

Form zu einer Beeinträchtigung<br />

der Augenmotorik führen: Hierzu gehören<br />

Augenmuskellähmungen (z. B. Botulinumtoxin<br />

bei essenziellem Blepharospasmus), Auslösung<br />

eines myasthenen Syndroms oder Verschlechterung<br />

einer Myasthenie (z. B. zahlreiche Antibiotika),<br />

totale externe Ophthalmoplegie (z. B.<br />

Amitriptylin), internukleäre Ophthalmoplegie<br />

(z. B. Cimetidin), Nystagmus (z. B. Aminoglykoside,<br />

Antiepileptika), und eine okulogyre Krise<br />

(z. B. Antidepressiva).<br />

228<br />

C. Veränderungen des Tränenapparates<br />

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A. Medikamentös induzierte Katarakt<br />

Tab. 1 Medikamente mit gesicherter Kataraktogenität in der klinischen Anwendung<br />

Wirkstoff Art der Linsentrübung Dosisabhängigkeit, Verlauf<br />

Amiodaron vordere, subkapsuläre, dosisabhängig, in 50 – 60 % der Patienweiß-gelbliche<br />

Trübungen<br />

ten mit Dauertherapie, wenig visusrelevant,<br />

keine Therapiebeendigung<br />

erforderlich<br />

Busulfan hintere subkapsuläre Trübung dosisabhängig bei 10 – 30 % der<br />

polychromatische Reflexe<br />

Patienten<br />

Chlorpromazin gelb-braune, zentrale subkapsuläre nur unter mehrjähriger Dauertherapie<br />

(Ab) Ablagerungen mit einzelnen peri- (kumulative Dosis > 500 g), in 40 % bei<br />

pheren Ausläufern<br />

Dosis von 300 mg/die über mehr als<br />

3 Jahre, wenig visusrelevant, keine<br />

Therapiebeendigung notwendig<br />

Glukokortikosteroide ein- oder beidseitige, posteriore langsam progredient, keine sichere<br />

subkapsuläre Trübung<br />

Dosisabhängigkeit<br />

Goldsalze Chrysiasis lentis: feine, granuläre, unter Dauertherapie bei kumulativer<br />

gelbliche Ablagerungen in der<br />

Dosis > 2,5 g bei über 50 % der Patienzentralen<br />

vorderen Kapsel und im ten, keine Visusverschlechterung,<br />

Nahtsystem der Linse<br />

kein Therapieabbruch erforderlich<br />

Methoxalen/PUVA- vordere, subkapsuläre Trübung Linsentrübungen vermeidbar durch<br />

Therapie<br />

Tragen von UV-Schutzbrillen am Tag<br />

der Bestrahlungen<br />

Katarakt<br />

a Steroidkatarakt<br />

b Chlorpromazininduzierte Linsentrübung<br />

229<br />

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16 Medikamentöse Nebenwirkungen<br />

230<br />

A. Veränderungen der Netzhaut<br />

Die als Antiglaukomatosa heute kaum noch<br />

verwandten Adrenergika Adrenalin und sein<br />

Prodrug Dipivefrin sind wegen der Auslösung<br />

eines Makulaödems bei aphaken Patienten<br />

kontraindiziert. Für die ebenfalls in der Glaukomtherapie<br />

lokal eingesetzten Prostaglandinanaloga<br />

besteht kein gesicherter Zusammenhang<br />

zwischen Medikament und Auslösung<br />

eines Makulaödems. Bei aphaken/pseudophaken<br />

Patienten empfiehlt sich jedoch die engmaschige<br />

Kontrolle. Die Miotika Pilocarpin und<br />

Carbachol können sehr selten eine rhegmatogene<br />

Netzhautablösung auslösen, v. a. bei<br />

vorbestehenden retinalen Veränderungen. Bei<br />

Patienten mit Risikofaktoren für eine Netzhautablösung<br />

sind Miotika deshalb nur sehr zurückhaltend<br />

anzuwenden.<br />

Die Langzeitanwendung von Chloroquin und<br />

Hydroxychloroquin in der Behandlung von<br />

Kollagenosen und rheumatischen Erkankungen<br />

kann zu irreversiblen retinalen Schädigungen<br />

führen. Bei adäquater Dosierung (Chloroquin<br />

250 mg/die oder weniger als 3,5–4,0 mg/kg/die;<br />

Hydroxychloroquin 400 mg/die oder weniger<br />

als 6,0–6,5 mg/kg/die) ist diese Nebenwirkung<br />

selten (häufiger durch Chloroquin). Im Frühstadium<br />

finden sich feine Pigmentveränderungen<br />

der Makula, die noch nicht mit Veränderungen<br />

der Sehschärfe oder des Gesichtsfeldes<br />

einhergehen. Im Spätstadium kommt es dann<br />

zu ausgeprägten Pigmentveränderungen im<br />

Makulabereich (Schießscheibenmakulopathie),<br />

Reduktion der Sehschärfe und Gesichtsfeldausfällen.<br />

Der Befund ist dann auch nach Therapiebeendigung<br />

nicht reversibel und kann sich<br />

weiter verschlechtern. Die Therapie besteht im<br />

Absetzen des Medikaments in Rücksprache mit<br />

den behandelnden Internisten. Prinzipiell sollte<br />

ein Screening der Patienten (Visus, Farbensehen,<br />

Makulabefund) unter dieser Therapie<br />

erfolgen (Basisuntersuchungen, Kontrolle alle 6<br />

Monate).<br />

Das zur Therapie des Mammakarzinoms eingesetzte<br />

Antiöstrogen Tamoxifen kann selten (in<br />

bis zu 6 %) zu gelb-weißen, teils reflektierenden,<br />

intraretinalen Ablagerungen unter Bevorzugung<br />

der Makula führen, die mit einem<br />

Makulaödem einhergehen können ( Aa). Entsprechend<br />

kann eine Reduktion der Sehschärfe<br />

eintreten. In Rücksprache mit den behandelnden<br />

Onkologen sollte in diesen Fällen eine<br />

Dosisreduktion oder Therapiebeendigung angestrebt<br />

werden.<br />

Makulaveränderungen sind noch für eine Reihe<br />

weiterer Medikamente bekannt wie Chinin,<br />

Hydrochlorothiazit, Indomethazin oder Mitomycin<br />

C (Hypotoniemakulopathie nach fistulierender<br />

Glaukomchirurgie). Insbesondere<br />

Patienten mit feuchter altersbedingter Makuladegeneration<br />

haben ein erhöhtes Risiko für<br />

die Entwicklung massiver intraokularer Blutungen<br />

unter Antikoagulanzientherapie. Für<br />

Thrombozytenaggregationshemmer ließ sich<br />

ein solches erhöhtes Risiko nicht belegen.<br />

Der Einsatz von α-Interferon v. a. zur Therapie<br />

der chronischen Hepatitis B und C kann mit<br />

der Ausbildung retinaler Gefäßveränderungen<br />

(Cotton-Wool-Herde, Punktblutungen, Zentralvenen-,<br />

Venenast- und Arterienastverschlüsse)<br />

einhergehen (Ab). Häufigkeit und Pathogenese<br />

sind unklar.<br />

Die Phenothiazine Thioridazin und Fluphenazin<br />

können Veränderungen des retinalen Pigmentepithels<br />

verursachen, die zu einer Sehschärfereduktion<br />

und Störungen des Farbsinn<br />

und der Dunkeladaptation führen. Meist komplette<br />

Rückbildung der Symptome nach Therapiebeendigung.<br />

Ein halbjährliches Screening<br />

wird unter Therapie empfohlen.<br />

Das Antiepileptikum Vigabatrin wird bei<br />

schweren Formen der kindlichen Epilepsie<br />

eingesetzt. Es kommt häufig zu irreversiblen,<br />

konzentrischen Gesichtsfeldausfällen (Ac). Okuläre<br />

Nebenwirkungen und Nutzen der Behandlung<br />

sind im Einzelfall gegeneinander abzuwägen.<br />

B. Veränderungen der Uvea<br />

Eine Reihe von Medikamenten werden als mögliche<br />

Auslöser einer Uveitis diskutiert. Hierzu<br />

gehören die lokal eingesetzten Antiglaukomatosa<br />

Metipranolol (Betarezeptorenblocker),<br />

Prostaglandinanaloga und (im Rahmen der<br />

Glaukomchirurgie) die Zytostatika Mitomycin C<br />

und 5-Fluorouracil. Zu den systemisch applizierten<br />

Medikamenten gehören Biphosphonate,<br />

Chinin, Rifabutin, Sulfonamide und Impfstoffe.<br />

Für die Mehrzahl der genannten<br />

Wirkstoffe besteht kein gesicherter Zusammenhang<br />

zwischen Medikamentengabe und<br />

Uveitis.<br />

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A. Veränderungen der Netzhaut<br />

a Tamoxifeninduzierte Retinopathie<br />

1<br />

120 105 90 75 60<br />

70<br />

135<br />

60<br />

50<br />

150<br />

40<br />

45<br />

30<br />

b α-Interferon-induzierte Retinopathie<br />

2<br />

120 105 90 75 60<br />

70<br />

135<br />

60<br />

50<br />

150<br />

40<br />

45<br />

30<br />

Netzhautveränderungen<br />

30<br />

30<br />

165<br />

20<br />

15<br />

165<br />

20<br />

15<br />

10<br />

10<br />

90 80 70 60 50 40 30 20 10 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

180<br />

0<br />

10<br />

90 80 70 60 50 40 30 20 10 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

180<br />

0<br />

10<br />

195<br />

20<br />

345<br />

195<br />

20<br />

345<br />

30<br />

30<br />

210<br />

40<br />

50<br />

330<br />

210<br />

40<br />

50<br />

330<br />

225<br />

240<br />

255<br />

60<br />

70<br />

270<br />

285<br />

300<br />

315<br />

225<br />

240<br />

255<br />

60<br />

70<br />

270<br />

285<br />

300<br />

315<br />

3<br />

135<br />

120 105 90 75 60<br />

70<br />

60<br />

45<br />

4<br />

135<br />

120 105 90 75 60<br />

70<br />

60<br />

45<br />

150<br />

50<br />

40<br />

30<br />

150<br />

50<br />

40<br />

30<br />

30<br />

30<br />

165<br />

20<br />

15<br />

165<br />

20<br />

15<br />

10<br />

10<br />

90 80 70 60 50 40 30 20 10 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

180<br />

0<br />

10<br />

90 80 70 60 50 40 30 20 10 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

180<br />

0<br />

10<br />

195<br />

20<br />

345<br />

195<br />

20<br />

345<br />

30<br />

30<br />

210<br />

40<br />

50<br />

330<br />

210<br />

40<br />

50<br />

330<br />

225<br />

240<br />

255<br />

60<br />

70<br />

270<br />

285<br />

300<br />

315<br />

225<br />

240<br />

255<br />

60<br />

70<br />

270<br />

285<br />

300<br />

315<br />

c Stadienabhängige vigabatrinbedingte Gesichtsfeldeinschränkung (1: normal; 2: leichte Einschränkung;<br />

3: mäßige Einschränkung; 4: schwere Einschränkung)<br />

231<br />

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16 Medikamentöse Nebenwirkungen<br />

232<br />

A. Veränderungen des N. opticus und<br />

der Sehbahn<br />

Bei den medikamentös induzierten Veränderungen<br />

können unterschieden werden:<br />

● anteriore ischämische Optikusneuropathie<br />

(AION),<br />

● optikusneuritisähnliche Neuropathie,<br />

● Papillenödem/Optikusatrophie.<br />

Eine AION kann selten durch Amiodaron, Ergotamin,<br />

Interferon α und orale Kontrazeptiva<br />

ausgelöst werden. Das Ausmaß der Visusminderung<br />

ist variabel und wie bei anderen Formen<br />

der AION meist irreversibel. Bei Auftreten<br />

einer amiodaroninduzierten AION muss eine<br />

Therapiebeendigung geprüft werden, um eine<br />

Manifestation am zweiten Auge zu verhindern.<br />

Die Vorgehensweise hängt aber von der oft vitalen<br />

Indikation zur Amiodarontherapie ab und<br />

muss deshalb in jedem Einzelfall abgewogen<br />

werden. Eine AION unter Gabe moderner Kontrazeptiva<br />

ist als sehr selten einzustufen.<br />

Bei der optikusneuritisähnlichen Neuropathie<br />

handelt es sich um eine medikamentös induzierte<br />

toxische Neuropathie, die klinisch der<br />

Optikusneuritis ähnelt und bei frühzeitigem<br />

Absetzen des verursachenden Medikamentes<br />

mit einer Erholung der Sehschärfe einhergeht.<br />

Neben zahlreichen anderen Medikamenten ist<br />

insbesondere das Tuberkulostatikum Ethambutol<br />

zu nennen, das bereits Tage bis wenige<br />

Wochen nach Therapiebeginn eine axiale (Visusabfall,<br />

Zentralskotom, Grünschwäche) oder<br />

paraxiale Optikusneuropathie (periphere oder<br />

parazentrale Gesichtsfeldausfälle, normale Sehschärfe,<br />

normales Farbensehen) verursachen<br />

kann ( Aa u. b). Eine Prüfung von Visus, Gesichtsfeld<br />

und Farbensehen sollte deshalb<br />

innerhalb der ersten 2 Wochen des Therapiebeginns<br />

erfolgen und danach in Abständen von<br />

6 Wochen fortgesetzt werden. Werden okuläre<br />

Veränderungen frühzeitig entdeckt, so besteht<br />

nach Beendigung der Ethambutoltherapie eine<br />

gute Aussicht auf eine allmähliche Rückbildung<br />

der Veränderungen. Wird die Therapie trotzdem<br />

fortgesetzt, ist mit einer schweren, irreversiblen<br />

Schädigung des Sehvermögens in<br />

Folge einer Optikusatrophie zu rechnen.<br />

Neben Ethambutol besitzt auch Isoniazid, welches<br />

i. d. R. kombiniert mit Ethambutol eingesetzt<br />

wird, eine neutoxische Wirkung, die aber deutlich<br />

geringer scheint als die von Ethambutol.<br />

Optikusatrophien und optikusneuritisähnliche<br />

Neuropathien sowie kortikale Erblindung und<br />

homonyme Hemianopsien sind außerdem im<br />

Rahmen der intraarteriellen oder intrathekalen<br />

Applikation von Zytostatika wie Methotrexat,<br />

Cisplatin oder Carmustin beschrieben worden.<br />

Kortikale Erblindung und Hemianospien sind<br />

auch unter Gabe von Vincaalkaloiden, Interleukin<br />

2, Interferon α, Takrolimus und Cyclosporin<br />

A in Einzelfällen beobachtet worden. Ursache<br />

der kortikalen Erblindung unter Cyclosproin A<br />

und Takrolimus ist eine neurotoxisch induzierte<br />

posteriore Leukenzephalopathie.<br />

B. Veränderungen der Pupillenfunktion,<br />

Refraktion und Akkommodation<br />

Eine unerwünschte Pupillenerweiterung nach<br />

systemischer Medikamentenapplikation ist<br />

sehr selten und hauptsächlich durch Abusus<br />

(Amphetamine) oder Überdosierung (Barbiturate,<br />

Carbamazepin, Phenothiazine, trizyklische<br />

Antidepressiva, Chloroquin, Chinin, Clonidin)<br />

bedingt. Die lokal zum Zwecke der Mydriasis<br />

eingesetzten Paraympatholytika (Atropin, Tropicamid)<br />

bewirken zusätzlich eine unterschiedlich<br />

lang andauernde Akkommodationslähmung.<br />

Die Pupillenverengung ist eine bei allen Glaukompatienten<br />

zu beobachtende Nebenwirkung<br />

nach Gabe der direkten Parasympathomimetika<br />

Pilocarpin und Carbachol. Hierdurch kann<br />

eine zusätzliche Gesichtsfeldeinschränkung verursacht<br />

werden. Neben der Miosis ist die transitorische<br />

Myopie die häufigste, durch Miotika<br />

hervorgerufene Nebenwirkung (Dauer 2–3<br />

Stunden bei einmaliger Applikation). Ursache<br />

ist ein Ziliarkörperspasmus. Selten können auch<br />

andere Medikamente (Sulfonamide, Carboanhydrasehemmer)<br />

eine transitorische Myopie<br />

als Folge eines Ziliarkörperödems auslösen ( B).<br />

Nach Absetzen des Medikaments ist die Nebenwirkung<br />

innerhalb weniger Tage vollständig<br />

reversibel.<br />

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A. Veränderungen des N. opticus und der Sehbahn<br />

18 21<br />

a<br />

Visus 1,25<br />

30<br />

links<br />

10° 20° 30° 10° 20° 30°<br />

30 °-Gesichtsfeld<br />

(Tübinger Automatik Perimeter)<br />

relativer Ausfall absoluter Ausfall<br />

12<br />

rechts<br />

12<br />

13 9<br />

Visus 0,20<br />

Optikusneuropathie/transitorische Myopie<br />

10° 20° 30°<br />

10° 20° 30°<br />

19<br />

16<br />

b<br />

Visus 0,03<br />

links<br />

30 °-Gesichtsfeld<br />

(Tübinger Automatik Perimeter)<br />

relativer Ausfall absoluter Ausfall<br />

rechts<br />

B. Veränderungen der Pupillenfunktion, Refraktion und Akkommodation<br />

transitorische Myopie<br />

Visus 0,06<br />

Gesichtsfeldveränderungen unter Ethambutoltherapie (a paraxiale Optikusneuropathie; b axiale Optikusneuropathie)<br />

Myopie<br />

aufhebbar<br />

Gabe von Zykloplegika<br />

Myopie nicht<br />

aufhebbar<br />

ja<br />

Schmerzen<br />

möglich<br />

nein<br />

Differenzialdiagnose der transitorischen Myopie<br />

ja<br />

Ziliarkörperspasmus<br />

Ziliarkörperödem<br />

Vorverlagerung<br />

der Linse<br />

nein<br />

Linsenquellung<br />

233<br />

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17 Augenerkrankungen in Entwicklungsländern<br />

234<br />

A. Epidemiologie<br />

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzte<br />

1998 die Zahl der weltweit erblindeten<br />

Menschen auf 45 Mio. und die Zahl der hilfsbedürftigen<br />

Menschen aufgrund einer eingeschränkten<br />

Sehfunktion auf 150–180 Mio. Neun<br />

von zehn Blinden leben in den Ländern der<br />

Dritten Welt. Betroffen sind zu 60 % Menschen<br />

in Afrika (südlich der Sahara), China und Indien.<br />

80 % der Erblindungen werden von der WHO als<br />

vermeidbar eingeschätzt. Die häufigste Erblindungsursache<br />

stellt die Katarakt mit einem Anteil<br />

von ca. 40–50 % dar. Weitere Erkrankungen<br />

sind das Trachom, das Glaukom, der Vitamin-<br />

A-Mangel und die Onchozerkose (A).<br />

B. Katarakt<br />

Die WHO schätzt die Anzahl der an Katarakt erblindeten<br />

Menschen auf 16 Mio. Die altersabhängige<br />

mature Katarakt (B) ist dabei die häufigste<br />

Kataraktform. Verantwortlich für den<br />

hohen Anteil Kataraktblinder in den Ländern<br />

der Dritten Welt, ist die Tatsache, dass den Betroffenen<br />

keine Operationsmöglichkeit zur Verfügung<br />

steht, oder dass die Operation nicht erschwinglich<br />

ist. Verschiedene Organisationen<br />

haben sich im Rahmen des Projektes Vision<br />

2020 daher zum Ziel gesetzt, die Zahl der weltweit<br />

bestehenden Erblindungen vom Jahr 1999<br />

bis zum Jahr 2020 um die Hälfte zu reduzieren.<br />

Dies bedeutet in erster Linie eine Erhöhung der<br />

Anzahl der Kataraktoperationen in diesen Ländern.<br />

C. Trachom (Ägyptische Körnerkrankheit)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Das Trachom ist eine<br />

Infektion durch Chlamydia trachomatis.<br />

Epidemiologie. Der Erreger ist weltweit verbreitet<br />

und verursacht 15 % aller Erblindungen.<br />

Etwa 146 Mio. Menschen sind behandlungbedürftig<br />

erkrankt. Häufig tritt das Trachom hauptsächlich<br />

in armen ländlichen Gegenden Afrikas<br />

auf, wobei die Erreger innerhalb von Familien<br />

übertragen werden (Finger-Auge-Finger).<br />

Klinik. Das Trachom zeigt sich primär als eine<br />

Keratokonjunktivitis mit Rötung der Konjunktiven,<br />

Juckreiz und Epiphora. Der weitere Krankheitsverlauf<br />

wird in 4 Stadien eingeteilt:<br />

I. Follikuläre Entzündung: An der oberen tarsalen<br />

Bindehaut zeigen sich mindestens 5 Follikel<br />

mit einem Durchmesser von mindestens<br />

0,5 mm. Seröse Konjunktivitis.<br />

II. Ausgeprägte follikuläre Entzündung: An der<br />

oberen tarsalen Bindehaut zeigen sich zahllose<br />

Follikel. Die Bindehaut ist stark gerötet, rauh<br />

und verdickt.<br />

III. Narbenbildung nach Aufplatzen der Follikel<br />

der tarsalen Konjunktiva (Ca).<br />

IV. Lidfehlstellung aufgrund der Narbenbildung.<br />

Trichiasis, wobei mindestens eine Wimper<br />

auf dem Auge reibt.<br />

V. Hornhauttrübungen und Visusminderungen<br />

(Cb). Starke Vernarbungen der oberen Umschlagfalte.<br />

Pannusbildung.<br />

Diagnose. Klinisches Bild. Histologischer Erregernachweis,<br />

Anzucht oder DNA-Nachweis<br />

des Erregers.<br />

Therapie. Azithromycin.<br />

Prognose. Die Erkrankung hinterlässt keine<br />

dauerhafte Immunität.<br />

D. Glaukomerkrankungen<br />

Das Glaukom steht an dritter Stelle der Erblindungsursachen,<br />

nach der Katarakt und dem<br />

Trachom. Ca. 5,2 Mio. Menschen sind weltweit<br />

aufgrund eines Glaukoms erblindet und bei<br />

rund 105 Mio. Menschen besteht ein Glaukomverdacht.<br />

Eine genaue Schätzung wird durch<br />

die fehlende einheitliche Glaukomdefinition<br />

und Glaukomdiagnostik erschwert. Menschen<br />

afrikanischer und asiatischer Herkunft scheinen<br />

im Vergleich zu Kaukasiern häufiger an<br />

einem Offenwinkelglaukom zu erkranken. Die<br />

Erkrankung ist aufgrund von fehlenden Symptomen<br />

im Frühstadium schwer zu erkennen.<br />

Die Behandlung des Offenwinkelglaukoms erfordert<br />

eine dauerhafte, oft lebenslange Therapie<br />

mit drucksenkenden Augentropfen. Alternativ<br />

gibt es verschiedene drucksenkende<br />

Operationen (s. Kapitel 12). Sowohl die konservative<br />

als auch die operative Therapie ist für<br />

den größten Teil der betroffen Menschen in der<br />

Dritten Welt jedoch nicht zugänglich oder erschwinglich.<br />

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A. Epidemiologie B. Katarakt<br />

16 %<br />

14 %<br />

5 %<br />

23 %<br />

42 %<br />

Katarakt<br />

Degenerationen und<br />

metabolische Erkrankungen<br />

Trachom<br />

Glaukom<br />

Onchozerkose und<br />

Vitamin-A-Mangel<br />

Häufigste Ursachen für die beidseitige Erblindung<br />

weltweit (nach WHO)<br />

Cataracta matura<br />

Epidemiologie/Katarakt/Glaukom/Trachom<br />

C. Trachom<br />

a Trachom Stadium III<br />

b Trachom Stadium V<br />

235<br />

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17 Augenerkrankungen in Entwicklungsländern<br />

236<br />

A. Onchozerkose (Flussblindheit)<br />

Ätiologie/Pathogenese. Wurminfektion duch<br />

Onchocerca volvulus. Weibliche Würmer leben<br />

parasitisch bis zu 14 Jahren in Bindegewebsknoten<br />

unter der Haut. Sie geben ca. 300µm<br />

große Mikrofilarien ab, die beim Blutsaugen<br />

von der Kriebelmücke aufgenommen und nach<br />

Ausbilden einer Larve auf einen anderen Menschen<br />

übertragen werden.<br />

Epidemiologie. Der Erreger ist endemisch in<br />

Afrika und Lateinamerika. Geschätzt wird, dass<br />

ca. 18 Mio. Menschen weltweit infiziert sind.<br />

Ca. 270 000 Menschen sind erblindet, davon<br />

99 % in Afrika.<br />

Klinik. Die durch den Körper wandernden<br />

Mikrofilarien verursachen die klinischen, v. a.<br />

dermatologischen Beschwerden. Adulte Würmer<br />

führen zur Knotenbildung. Schwerste Folge<br />

der Erkrankung ist die Erblindung. Dringen die<br />

Mikrofilarien in die Kornea oder in den vorderen<br />

Augenabschnitt vor, zeigt sich eine „schneeflockenartige“<br />

Keratitis, Iridozyklitis, Neovaskularisationen<br />

der Hornhaut, sklerosierende<br />

Keratitis mit Visusverlust und Erblindung.<br />

Diagnose. Klinisches Bild. Mikroskopischer<br />

Nachweis in Gewebeproben.<br />

Therapie. Bekämpfung der Kriebelmücke durch<br />

Insektizide, die ihre Eier in schnell fließende<br />

Gewässer ablegt. Ist der Kreislauf der Erkrankung<br />

für 14 Jahre unterbrochen, so ist in diesem<br />

Zeitraum das Reservoir adulter Würmer in<br />

der menschlichen Population ausgestorben.<br />

Systemische Therapie mit Ivermectin 1-mal<br />

jährlich.<br />

Prognose. Adulte Würmer werden durch Ivermectin<br />

nicht abgetötet.<br />

B. Loiasis/Loa loa<br />

Es handelt sich um eine Filariose durch den Nematoden<br />

Loa loa. Erkrankung durch subkutan<br />

gelegene Würmer. Die subkutan gelegenen<br />

weiblichen Würmer werden bis zu 7 cm, die<br />

männlichen Würmer bis zu 3 cm lang. Die von<br />

den weiblichen Würmern abgegebenen Mikrofilarien<br />

finden sich im peripheren Blut und<br />

werden dort durch den Saugakt der Bremse<br />

(Chrysops) auf andere Menschen übertragen. Die<br />

Erkrankung ist endemisch in den Küstenländern<br />

Westafrikas, v. a. in Nigeria und Kamerun.<br />

Hauptmanifestation sind subkutane, schmerzhafte,<br />

1–2 Tage andauernde Schwellungen an<br />

den distalen Extremitäten (Calabar-Schwellungen)<br />

oder der Befall periokulärer Gewebe. Die<br />

Beschwerden werden durch die wandernden<br />

Würmer ausgelöst. Im Spaltlampenbild finden<br />

sich subkonjunktival gelegene, bewegliche<br />

Würmer. Die Erkrankung führt nicht zur Erblindung.<br />

Therapeutisch kann der Wurm chirurgisch<br />

entfernt werden. Als Medikament steht<br />

Diethylcarbamazin zur Verfügung.<br />

C. Lepra<br />

Lepra wird durch das Mycobacterium leprae<br />

hervorgerufen. Die Erkrankung tritt in tropischen<br />

Ländern auf, ist aber nicht an ein warmes<br />

Klima gebunden. 1996 wurde die Anzahl der an<br />

Lepra erkrankten Menschen von der WHO auf<br />

1,3 Mio. geschätzt. Bei ca. 50 000–100 000<br />

Menschen führt die Erkrankung zur Erblindung.<br />

Es handelt sich um einen sehr langsam replizierenden<br />

Erreger mit geringer Ansteckungsgefahr.<br />

Das klinische Bild zeigt zwei Hauptformen:<br />

die tuberkuloide Lepra und die<br />

lepromatöse Lepra (Übergänge: Borderline-<br />

Lepra). Bei der tuberkuloiden Form der Lepra<br />

führt die Infektion peripherer Nerven zur Ausbildung<br />

einer Keratitis e lagophthalmo mit Benetzungsstörungen<br />

und Ulzerationen und damit<br />

zur Erblindung. Bei der lepromatösen Form<br />

findet sich eine Keratitis und Iridozyklitis. Die<br />

systemische Behandlung erfolgt mit Dapson.<br />

D. Vitamin-A-Mangel<br />

Vitamin-A-Mangel (Xerophthalmie) führt bei<br />

ca. 350 000 Kindern jährlich zur Erblindung.<br />

Ursache der Erkrankung ist der Mangel an<br />

vitaminreicher Nahrung. Vitamin A bildet zusammen<br />

mit dem Opsin das Sehpigment Rhodopsin.<br />

Mangelzustände führen zu Nachtblindheit,<br />

trockenen Konjunktiven (Xerophthalmie)<br />

und Ausbildung kleiner, grau weißer Plaques<br />

im Lidspaltenbereich (Bitot-Flecken), Keratomalazien,<br />

Ulzerationen. Der Mangel kann durch<br />

vitaminreiche Nahrung oder Vitaminsubstitution<br />

behoben werden.<br />

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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart


A. Onchozerkose B. Loiasis<br />

Adulte Onchozerkosewürmer<br />

Loa loa, subkonjunktivaler Wurm<br />

Onchozerkose/Loa loa/Vitamin-A-Mangel<br />

C. Lepra D. Vitamin-A-Mangel<br />

Lepraomatöse Veränderung im Gesichtsbereich<br />

Hornhautveränderungen bei Vitamin-A-Mangel<br />

237<br />

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Sachverzeichnis<br />

238<br />

A<br />

Abdecktest<br />

– alternierender 50, 55<br />

– einseitiger 50, 55<br />

Abduzensparese 60<br />

Ablagerung, intralentale 134<br />

Ablatio retinae s. Netzhautablösung<br />

Abszess, subperiostaler, orbitaler 44<br />

ACE (Angiotensin-Converting-Enzym)<br />

126, 130<br />

Aciclovir 98<br />

Adaptation 12<br />

Aderhaut 4<br />

– Altersveränderung 116<br />

Aderhautabhebung 124<br />

Aderhautatrophie, generalisierte 117<br />

Aderhautdystrophie 116<br />

– areoläre, zentrale 116<br />

Aderhauteinblutung 124<br />

Aderhautfalten 40, 194<br />

Aderhautfluoreszenz, blockierte 198<br />

Aderhauthämangiom 118<br />

Aderhautkolobom 114<br />

Aderhautmelanom, malignes 114, 122<br />

– epitheloidzelliges 122<br />

Aderhautmetastase 122<br />

Aderhautnävus 118<br />

Aderhautosteom 118<br />

Aderhautruptur 124<br />

Aderhautschwellung, konsekutive 124<br />

Aderhauttumor, pilzförmiger 122<br />

ADOA (autosomal-dominante Optikusneuropathie)<br />

208<br />

Afferenzdefekt, relativer 220<br />

Ägyptische Körnerkrankheit 234<br />

A-Inkomitanz 58<br />

Akanthamöben-Keratitis 100<br />

Akkommodation 8, 136<br />

Akkommodationsapparat 4<br />

Akkommodationsbreite 8<br />

– Abnahme 136<br />

Akkommodationslähmung, medikamentös<br />

bedingte 232<br />

Akkommodationsstörung 136<br />

Akommodationslähmung 62<br />

Alkaptonurie 108<br />

Alkohol, Neurotoxizität 210<br />

Allgemeinerkrankung<br />

– Katarakt 141<br />

– Sicca-Syndrom 35<br />

Alpharezeptoragonisten, unerwünschte<br />

Effekte 223<br />

Amblyopie 50<br />

– ametropische 51<br />

– Formen 51<br />

AMD (altersbedingte Makuladegeneration)<br />

190<br />

Amiodaron<br />

– Hornhautveränderung 224<br />

– Linsentrübung 229<br />

Amnionmembran 106<br />

Amphetaminabusus 232<br />

Anämie, megaloblastäre 210<br />

Angiod Streaks 194<br />

Angiomatosis retinae 168<br />

Angiotensin-Converting-Enzym 126,<br />

130<br />

Aniridie 114, 154<br />

Anisometropie 51<br />

Ankyloblepharon 14<br />

Anterior-junction-Syndrom 216, 220<br />

Antiglaukomatosa<br />

– Augeninnendrucksteigerung, paradoxe<br />

226<br />

– Netzhautschädigung 230<br />

– unerwünschte Effekte 222<br />

Antikoagulanzientherapie, Blutung,<br />

intraokulare 230<br />

Aphakie 144, 148<br />

– kongenitale 134<br />

Aphakieglaukom 164<br />

APMPPE (akute posteriore multifokale<br />

plakoide Pigmentepitheliopathie)<br />

196<br />

Apparat, optischer 4, 8<br />

Applanationstonometrie 152<br />

Apraxie, okulomotorische 64<br />

Arcus lipoides 88, 94<br />

Area striata 6<br />

Argon-Laser-Trabekuloplastik 166<br />

Arm-Netzhaut-Füllungszeit, pathologisch<br />

verlängerte 180<br />

Arteria<br />

– centalis retinae, Okklusion s.<br />

Zentralarterienverschluss<br />

– hyaloidea, persistierende 204<br />

– ophthalmica 4<br />

– – Katheterisierung 180<br />

Arterienastverschluss 180<br />

– unter α-Interferon-Therapie 230<br />

Arteriitis temporalis 207<br />

Arthritis, rheumatoide, Hornhautveränderung<br />

90<br />

Astigmatismus<br />

– Amblyopie 51<br />

– irregulärer 8<br />

– regulärer 8<br />

Atrophia gyrata 116<br />

Atropin 232<br />

Aufapfel 2, 4<br />

Auge<br />

– rotes 70, 74<br />

– – Differenzialdiagnose 81<br />

– stark vergrößertes 38<br />

– trockenes 34, 70<br />

Augenbewegungsstörung, supranukleäre<br />

54, 64<br />

Augendruckerhöhung nach Kataraktextraktion<br />

146<br />

Augenfolgebewegungen 54<br />

Augenhöhle s. Orbita<br />

Augeninnendruck 152<br />

– Messung 152<br />

Augeninnendrucksteigerung 156<br />

– kortikosteroidinduzierte 226<br />

– medikamentös bedingte 226<br />

– paradoxe, Antiglaukomatosabedingte<br />

226<br />

Augenmotilitätsdefizit 38<br />

– posttraumatisches 48<br />

Augenmotilitätsprüfung 54<br />

Augenmotorikstörung, medikamentös<br />

bedingte 228<br />

Augenmuskeln 2<br />

– äußere, Innervation 64<br />

Augenmuskelparalyse 58<br />

Augenmuskelparese 58<br />

– mechanische 38<br />

– neurogene 38<br />

Augenstellung 50<br />

Auswärtsschielen<br />

– intermittierendes 56<br />

– konsekutives 56<br />

– sekundäres 58<br />

Autoimmunerkrankung, Uveitis posterior<br />

131<br />

Axenfeld-Anomalie 154<br />

Azithromycin 234<br />

B<br />

Bagolini-Streifengläser-Test 52<br />

Bandkeratopathie 88<br />

Basaliom 30, 84<br />

– Morphaea-Typ 30<br />

– noduläres 30<br />

Basedow, Morbus, Lidzeichen 44<br />

Begleitschielen 54<br />

Bell-Phänomen 14<br />

Bergmeister-Papille 204<br />

Berlin-Ödem 200<br />

Beschwerden, asthenopische 8, 58<br />

Best, Morbus 198<br />

Betamethason-Augentropfen 227<br />

Betarezeptorenblocker, unerwünschte<br />

Effekte 223<br />

Bielschowsky-Phänomen 60<br />

Bindehaut 2<br />

– trockene 236<br />

Bindehautanästhesie, medikamentös<br />

bedingte 222<br />

Bindehautaustrocknung 68<br />

Bindehautbiopsie 52<br />

Bindehautblutung, medikamentös<br />

bedingte 222<br />

Bindehautdefekt nach Tumorexzision<br />

86<br />

Bindehautentzündung s. Konjunktivitis<br />

Bindehautfalte, lidkantenparallele 34,<br />

78<br />

Bindehautfleck, weißer 82<br />

Bindehaut-Fremdkörpergranulom 82<br />

Bindehautgefäßaneurysma 66<br />

Bindehautgefäßschlängelung 66<br />

Bindehautgranulom, pyogenes 82<br />

Bindehautmelanom 114<br />

Bindehautmelanose, epitheliale,<br />

erworben 82<br />

Bindehautnarben 234<br />

Bindehautnävus 82<br />

Bindehautnekrose, medikamentös<br />

bedingte 222<br />

Bindehautriss 86<br />

Bindehautschwellung s. Chemosis<br />

Bindehautsekretion 74<br />

Bindehauttumor 82<br />

– benigner 82<br />

– Biopsie<br />

– – exzisionale 84<br />

– – inzisionale 84<br />

– Differenzialdiagnose 84<br />

– Hornhautbeteiligung 82<br />

– Kryotherapie, adjuvante 86<br />

– maligner 84<br />

– Prognose 86<br />

– Therapie 84, 86<br />

Bindehautunterblutung 68, 76<br />

– traumatische 112<br />

Bindehautverätzung 86<br />

Bindehautverfärbung 66<br />

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Bindehautverletzung 86<br />

Binokularsehen, Prüfung 52<br />

Biopsie<br />

– exzisionale 84<br />

– inzisionale 84<br />

Bipolarzellen 220<br />

Birdshot-Chorioretinopathie 196<br />

Bissverletzung 32<br />

Bitot-Flecken 236<br />

Blendungsempfindlichkeit 90, 142<br />

Blepharitis<br />

– marginalis 22<br />

– squamosa 22<br />

– ulcerosa 22<br />

Blepharochalasis 20<br />

Blepharoconjunctivitis herpetica 22<br />

Blepharokonjunktivitis, allergische,<br />

medikamentös bedingte 222<br />

Blepharophimose 14<br />

Blickdeviation, tonische 64<br />

Blicklähmung 64<br />

– horizontale 64<br />

Blickrichtungsnystagmus 64<br />

Blow-out-Fraktur 48<br />

Blut-Retina-Schranke<br />

– äußere 188<br />

– innere 188<br />

Blutung<br />

– intraokulare, bei Antikoagulanzientherapie<br />

226, 230<br />

– subkonjunktivale 68, 76, 112<br />

Blutzuckereinstellung bei diabetischer<br />

Retinopathie 186<br />

Botulinumtoxin 14, 224<br />

Bowman-Membran 4<br />

Brechkraft 8<br />

Brennweite 8<br />

Brown-Syndrom 62<br />

Bruch-Membran-Risse 194<br />

Buckelchirurgie 174, 176<br />

Bulbus oculi 2, 4<br />

Bulbushyperämie 164<br />

Bulbusindentation 40<br />

Bulbusruptur 112<br />

Bulbustrauma, stumpfes 200<br />

Bulbusverletzung 32<br />

Bull’s Eye 198<br />

Buphthalmus 154<br />

Busulfan, Linsentrübung 229<br />

C<br />

Calabar-Schwellung 236<br />

Canaliculus lacrimalis 2<br />

Carbachol 232<br />

– unerwünschte Effekte 223, 232<br />

Carboanhydrasehemmer<br />

– Glaukombehandlung 166<br />

– unerwünschte Effekte 223<br />

Carotis-sinus-cavernosus-Fistel 44<br />

Cataracta s. auch Katarakt<br />

– complicata 138<br />

– cuneiformis 142<br />

– hypermatura 139<br />

– matura 139<br />

– nuclearis 142<br />

– polaris 142<br />

– senilis 138, 142<br />

– subcapsularis posterior 126<br />

– syndermatotica 139<br />

– traumatica 142, 150<br />

Chalazion 26<br />

Chandler-Syndrom 164<br />

CHED (kongenitale hereditäre Hornhautendotheldystrophie)<br />

94<br />

Chemosis 68, 76<br />

Chiasma opticum 6<br />

Chiasmakompression, tumorbedingte<br />

216<br />

Chiasmaläsion 220<br />

Chlamydia trachomatis 234<br />

Chlamydien-Konjunktivitis 78<br />

Chloroquin<br />

– Hornhautveränderung 224<br />

– Netzhautschädigung 230<br />

Chlorpromazin, Linsentrübung 229<br />

Cholesterinkristallablagerung, intralentale<br />

134<br />

Chorioideremie 117<br />

Choriokapillarisatrophie 190<br />

Choriopathie, innere, punktförmige<br />

196<br />

Chorioretinitis 126<br />

Chorioretinopathie<br />

– geographische 132<br />

– serpiginöse 132<br />

Choroidea 4<br />

Choroiditis 126<br />

– multifokale 130, 196<br />

Christbaumschmuck-Katarakt 134<br />

Chrysops 236<br />

Ciliae 2<br />

CNV (choroidale Neovaskularisation)<br />

190, 194, 196<br />

Coatas, Morbus 182<br />

Cogan-Hornhautdystrophie 92<br />

Cogan-Reese-Syndrom 164<br />

Cogan-Syndrom 64<br />

Commotio retinae 200<br />

Compoundnävus 82<br />

Computertomographie, orbitaler<br />

Prozess 42<br />

Conjunctiva<br />

– bulbi 2<br />

– palpebrae 2<br />

Conjunctivitis sicca 70<br />

– medikamentös bedingte 222<br />

Contrecoup-Effekt 200<br />

Contusio bulbi 124<br />

Conus myopicus 194<br />

Cornea<br />

– guttata 88, 94<br />

– verticillata 90<br />

– – Amiodaron-bedingte 224<br />

– – Chloroquin-bedingte 224<br />

– – Hydroxychloroquin-bedingte 224<br />

Cornu cutaneum 28<br />

Corpus<br />

– ciliare 6<br />

– geniculatum laterale 220<br />

– – Läsion 220<br />

Cotton-Wool-Herde 178, 182, 218<br />

– unter α-Interferon-Therapie 230<br />

Coup-Contrecoup-Effekt 124<br />

Cyanocrylat-Verletzung 102<br />

D<br />

Dakryoadenitis 40<br />

– akute 34<br />

– chronische 34<br />

Dakryops 34<br />

Dakryozystitis<br />

– akute 36<br />

– – Therapie 37<br />

– chronische 36<br />

Dalrymple-Zeichen 44<br />

Dapson 236<br />

Degeneration<br />

– äquatoriale 170<br />

– uveale 116<br />

Dellwarze 26<br />

DeMorsier-Syndrom 204<br />

Dermatitis<br />

– allergica 22<br />

– atopische 22<br />

Dermatochalasis 20<br />

Dermoid<br />

– epibulbäres 88<br />

– limbales 66<br />

Dermoidzyste 28, 46<br />

Desakkommodation 136<br />

Descemet-Membran 4<br />

– Einriss 96, 154<br />

– Verdickung 94<br />

Dexamethason-Augentropfen 227<br />

Dialyse 172<br />

Diethylcarbamazin 236<br />

Diplopie s. Doppelbilder<br />

Distichiasis 14<br />

Doppelbilder 148<br />

– Strabismus 54, 56<br />

– Trochlearisparese 60<br />

– verkippte 60<br />

Drainageimplantat bei Glaukom 166<br />

Drusen 190<br />

– verkalkte 202<br />

Drusenpapille 202, 206<br />

Ductus nasolacrimalis 2<br />

Dunkeladaptation 12<br />

Dunkelrotglas-Test 52<br />

Dystrophie<br />

– myotone 20<br />

– vitreoretinale 174<br />

E<br />

Ectropium<br />

– cicatriceum 16<br />

– congenitum 16<br />

– paralyticum 16<br />

– senile 16<br />

– spasticum 16<br />

– uveae 114<br />

Effusionssyndrom, choroidales 124<br />

Eineinhalbsyndrom 64<br />

Eingriff, intraokularer<br />

– Augeninnendrucksteigerung 160<br />

– Makulaödem, zystoides 200<br />

Einwärtsschielen 56<br />

– frühkindliches 56<br />

Eisenablagerung, korneale 90<br />

Ektropium 16<br />

Elektroretinogramm, multifokales<br />

188<br />

– Morbus Stargardt 198<br />

Emphysem 86<br />

Empty-Sella 218<br />

Engwinkelglaukom<br />

– primäres 153<br />

– sekundäres 153, 164<br />

Enophthalmus 38, 49<br />

– posttraumatischer 48<br />

Sachverzeichnis<br />

239<br />

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Sachverzeichnis<br />

240<br />

Entmarkungsherdezahl, MS-Risiko<br />

212<br />

Entropium 16<br />

– cicatriceum 16<br />

– congenitum 16<br />

– senile 16<br />

– spasticum 16<br />

Entzündung<br />

– intraokuläre 128<br />

– konjunktivale s. Konjunktivitis<br />

– orbitale 44<br />

– uveale s. Uveitis<br />

Epiblepharon 14<br />

Epidermoid 88<br />

Epikanthus 14<br />

Epiphora 36, 74, 234<br />

Episkleritis 108<br />

– diffuse 108<br />

– noduläre 108<br />

– bei Systemerkrankung 108<br />

Epitheldystrophie, mikrozystische 92<br />

Erblindung, Ursachen 235<br />

ERG s. Elektroretinogramm<br />

Erythrozytenzirkulation, konjunktivale<br />

68<br />

Ethambutol, Optikusschädigung 210,<br />

232<br />

Excimerlaser-Keratektomie 104<br />

Exenteratio orbitae 86<br />

Exophthalmometer 38<br />

Exophthalmus 38, 44, 49<br />

– medikamentös bedingter 228<br />

Expositionskeratitis 14, 38<br />

Exsudate<br />

– harte 182<br />

– weiche 184<br />

Exzyklorotation 65<br />

Exzyklotropie 60<br />

F<br />

Falte, konjunktivale,<br />

lidkantenparallele 34, 78<br />

Fazialisparese 14<br />

Fazioaurikulovertebrales Syndrom 88<br />

Fehlbildung 14, 66<br />

– orbitale 42<br />

Fett, orbitales, Vorfall 66<br />

Fibrae medullares 168, 204<br />

Fibrinolyse, Arteria ophthalmica 180<br />

Fibrinreaktion, Vorderkammer 124,<br />

126<br />

Fibroplasie, retrolentale 174<br />

– Stadieneiteilung 175<br />

Filariose 236<br />

Filzläuse 24<br />

Fixation, zentrale 50<br />

Fixationsprüfung 50<br />

Fleck<br />

– blinder 10<br />

– – vergrößerter 218<br />

– weißer, konjunktivaler 82<br />

Fleischer-Ring 90<br />

Fleuretten 168<br />

Flexner-Wintersteiner-Rosetten 168<br />

Fluorescein-Angiographie 188<br />

Fluoreszenzangiographie 179 f, 182,<br />

188<br />

– serpiginöse Chorioretinopathie 132<br />

Flussblindheit 236<br />

Follikelbildung 76<br />

Foramen, retinales 172<br />

– mit Deckel 172<br />

– rundes 172<br />

Formatio reticularis 54<br />

– pontine, paramediane 64<br />

Fornixverkürzung 224<br />

Foster-Kennedy-Syndrom 218<br />

Foveareflex, dunkelroter 180<br />

Fremdkörper<br />

– eisenhaltiger 105<br />

– Hornhaut<br />

– subkonjunktivaler 86<br />

– subtarsaler 86<br />

Fremdkörpergefühl 74<br />

Fremdkörpergranulom, konjunktivales<br />

82<br />

Frühgeborenen-Retinopathie 174<br />

Fuchs-Dalen-Knötchen 132<br />

Fuchs-Fleck 194<br />

Fuchs-Heterochromiezyklitis 128<br />

Fuchs-Hornhautendotheldystrophie<br />

94<br />

Fundus<br />

– flavimaculatus 198<br />

– hypertonicus 182, 186<br />

G<br />

Ganglienzellen 220<br />

Gas, expandierendes, intraokular<br />

verwendetes 176<br />

– Eigenschaften 177<br />

Gefäßeinscheidung, retinale 128<br />

Geisterzellen 160<br />

Gerstenkorn 26<br />

Gesichtsfeld 10<br />

– Untersuchung 10, 42<br />

– – funduskontrollierte 188<br />

– – bei Glaukom 152<br />

Gesichtsfeldausfall 10<br />

– bogenförmiger 202<br />

– konzentrischer, Vigabatrin-bedingter<br />

230<br />

– Raumforderung, orbitale 40<br />

– sektorförmiger 180<br />

Gesichtsfelddefekt<br />

– glaukomatöser 152<br />

– mit vertikaler Trennlinie 220<br />

Gesichtsfelddefekte, homonyme 220<br />

– keilförmige 220<br />

Gesichtsfeldeinschränkung,<br />

vigabatrinbedingte 231<br />

Gesichtsfeldveränderung, Ethambutol-bedingte<br />

232<br />

Gesichtsrose 24<br />

Glandula lacrimalis s. Tränendrüse<br />

Glaskörper 4<br />

– Entzündungszellenakkumulation<br />

128<br />

– primärer, hyperplastischer, persistierender<br />

150<br />

Glaskörperabhebung<br />

– hintere 170<br />

– Netzhautablösung 172<br />

Glaskörperblutung 170<br />

Glaskörperretraktion 128<br />

Glaskörperverflüssigung 170<br />

Glassplitterverletzung 105<br />

Glaucoma s. auch Glaukom<br />

– capsulare 158<br />

– chronicum simplex 156<br />

– – Scanning-Laser-Ophthalmoskopie<br />

157<br />

– sine tensio 156<br />

Glaukom (s. auch Glaucoma) 152<br />

– dysgenetisches 154<br />

– in Entwicklungsländern 234<br />

– Gesichtsfelduntersuchung 152<br />

– hämolytisches 160<br />

– Kindesalter 154<br />

– Klassifikation 152<br />

– kongenitales 153, 154<br />

– lentogenes 144<br />

– Papillenbeurteilung 152<br />

– phakoanaphylaktisches 160<br />

– phakolytisches 160<br />

– primär juveniles 156<br />

– sekundäres 126, 128<br />

– Therapie<br />

– – chirurgische 166<br />

– – medikamentöse 166<br />

– traumatisches 160<br />

– Tumor, intraokularer 160<br />

– Venendruck, episkleraler, erhöhter<br />

160<br />

Glaukomanfall 162<br />

Glaukomflecken 138, 162<br />

Gliose, epiretinale 192<br />

Goldenhar-Syndrom 88<br />

Goldsalze, Linsentrübung 229<br />

Goniocurettage 166<br />

Gonioskopie 152<br />

Goniotomie 166<br />

Gonoblennorrhö 75, 78<br />

Graefe-Zeichen 44<br />

Granulom<br />

– choroidales 130<br />

– pyogenes 26<br />

– – konjunktivales 82<br />

Gratiolet-Strahlung 6<br />

Gridlaserfotokoagulation 178<br />

Groenow-Hornhautdystrophie 92<br />

Grubenpapille 202<br />

H<br />

Haab-Leisten 154<br />

Hagelkorn 26<br />

Hämangiom<br />

– Aderhaut 118<br />

– kapilläres 28<br />

– – retinales 168<br />

– kavernöses, retrobulbäres 43<br />

– orbitales 46<br />

Hamartom 82<br />

Hämatokornea 104<br />

Hämatom, orbitales 48<br />

Hämosiderinring, kornealer 96<br />

Hasner-Klappe, Stenose 36<br />

Hassall-Henle-Körperchen 88<br />

Haze 104<br />

Helladaptation 12<br />

Hemianopsie, bitemporale, asymmetrische<br />

217<br />

Hering-Nachbild 52<br />

Herpes-simplex-Keratitis 98<br />

– auf Hornhauttransplantat 106<br />

Herpes-simplex-Keratouveitis 128<br />

Herpes-simplex-Virus 24<br />

Herpes-zoster-Keratitis 98<br />

Hertoghe-Zeichen 22<br />

Heterochromia sympathica 114<br />

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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart


Heterochromie 114<br />

Heterochromiezyklitis 128<br />

Heterophorie 50, 55<br />

Heterotropie 50, 55<br />

von-Hippel-Tumor 168<br />

Hirndruck, erhöhter 218<br />

Hirntumor<br />

– Chiasmakompression 216<br />

– Diagnostik 216<br />

Hirschberg-Test 50<br />

HLA-A29 196<br />

HLA-B27 126<br />

Höhenschielen, dissoziiertes 56, 58<br />

Homer-Wright-Rosetten 168<br />

Homozystinurie 148<br />

Hordeolum 26<br />

– internum 26<br />

Horner-Syndrom 18<br />

Hornhaut 4<br />

Hornhautdegeneration 88<br />

– altersabhängige 88<br />

– bandförmige 126<br />

– marginale, pelluzide 96<br />

– neurogene 90<br />

– periphere 88<br />

– zentrale 88<br />

Hornhautdelle 88<br />

Hornhautdickenmessung 152<br />

Hornhautdystrophie 90<br />

– gittrige 92<br />

– granuläre 92<br />

– – bröckelige 92<br />

– kristalline, zentrale 94<br />

– makuläre 94<br />

– polymorphe, posteriore 94<br />

– wabenförmige 92<br />

Hornhautendotheldystrophie 94<br />

– hereditäre, kongenitale 94<br />

Hornhautepithelbläschen 92<br />

Hornhautepitheldystrophie,<br />

mikrozystische 92<br />

Hornhautepithel-Flap 104<br />

Hornhautepithelödem 94<br />

Hornhauterosion, rezidivierende 90<br />

Hornhautfehlbildung 88<br />

Hornhaut-Flap 104<br />

Hornhautfremdkörper 104<br />

Hornhautgeschwür s. Hornhautulkus<br />

Hornhautinfektion 96<br />

Hornhautkristalle 90<br />

Hornhautnarbe 154<br />

– zentrale 104<br />

Hornhautneovaskularisation 236<br />

Hornhautreflexbild 50<br />

Hornhautring 90<br />

Hornhautrückflächenbeschlag 126<br />

– Ophthalmie, sympathische 132<br />

Hornhautschädigung, toxische,<br />

medikamentös bedingte 224<br />

Hornhautsensibilität, verminderte 98<br />

Hornhautstromaödem 94<br />

Hornhauttransplantat, Stromanekrose,<br />

akute 106<br />

Hornhauttransplantation 106<br />

– Abstoßungsreaktion, epitheliale 106<br />

– endotheliale Veränderung 106<br />

– immunologische Reaktion 106<br />

– subepitheliale Veränderung 106<br />

Hornhauttransplantatversagen 106<br />

Hornhauttrübung 90<br />

– fleckige, bilaterale 94<br />

– subepitheliale 92<br />

– Trachom 234<br />

Hornhautulkus 38<br />

– bakterielles 96<br />

– Herpes simplex 98<br />

Hornhautveränderung, operationsbedingte<br />

104<br />

Hornhautverdünnung 96<br />

Hornhautverletzung 102<br />

– oberflächliche 104<br />

– perforierende 104<br />

Horton, Morbus 180<br />

Horton-Riesenzellarteriitis 206<br />

Hudson-Stähli-Linie 90<br />

Hufeisenforamen, retinales 172<br />

Hyalose, asteroide 170<br />

Hydroxychloroquin<br />

– Hornhautveränderung 224<br />

– Netzhautschädigung 230<br />

Hydroxylcobalamin 210<br />

Hyperämie, konjunktivale 70<br />

– Differenzialdiagnose 81<br />

– medikamentös bedingte 222<br />

Hyperopie 8<br />

– Papillenanomalie 202<br />

Hyperplasie, uveale, bilaterale 118<br />

Hypertension, okuläre s. Augeninnendrucksteigerung<br />

Hypertonie, arterielle 182<br />

Hyphäma 104, 124, 160<br />

Hypophysenadenom 216<br />

Hypopyon 126<br />

Hyposphagma 68, 76<br />

– traumatisches 112<br />

Hypotoniemakulopathie 230<br />

I<br />

ICE-Syndrom (iridokorneales endotheliales<br />

Syndrom) 164<br />

IgA-Dermatose, lineare 78<br />

Indocyaningrünangiographie 182, 188<br />

Infektion, intrapartale 75<br />

Infektionskrankheit, Uveitis posterior<br />

131<br />

Injektion<br />

– konjunktivale 126<br />

– ziliare 126<br />

Inkomitanz 54, 58<br />

Intraokuläre Erkrankung, Katarakt<br />

141<br />

Intraokularlinse, künstliche 144<br />

Inzyklorotation 65<br />

Iridektomie, chirurgische 158, 166<br />

Iridodialyse 124<br />

Iridokorneales endotheliales Syndrom<br />

164<br />

Iridokornealwinkel 6<br />

Iridokorneotrabekulodysgenesie 154<br />

Iridoschisis 116<br />

Iridotrabekulodysgenesie 154<br />

Iridozyklitis 126<br />

– Lepra 236<br />

– Onchozerkose 236<br />

Iris 6<br />

– Altersveränderung 116<br />

– bicolor 114<br />

Irisatrophie, progressive 164<br />

Irishypoplasie 114<br />

Irisinsertion am Kammerwinkel 152<br />

Iriskolobom 114<br />

Iriskontaktlinse 114<br />

Iris-Linsen-Diaphragma, Vorverlagerung<br />

164<br />

Irislöcher 164<br />

Irismelanom, malignes 120<br />

– Glaukom 160<br />

Irismetastase 120<br />

Irisnävus 118<br />

Iris-Nävus-Syndrom 164<br />

Irisneovaskularisation 116<br />

Irispigmentepithelzyste 118<br />

Irissphinkterriss 124<br />

Irisstromaverdünnung 116<br />

Irisvarixknoten 118<br />

Iriswölbung, Form 152<br />

Iris-Zonula-Kolobom 134<br />

Iritis 126<br />

Ischämiesyndrom, okuläres 180, 186<br />

Ivermectin 236<br />

J<br />

Juckreiz 74<br />

K<br />

Kalkablagerung, konjunktivale 66<br />

Kammerwasserabflussstrukturen,<br />

Fehlentwicklung 154<br />

Kammerwinkel 6<br />

– Beurteilung 152<br />

Kammerwinkelbucht-Weite 152<br />

Kanalikulitis 36<br />

– Therapie 37<br />

Kapsulorhexis 143<br />

Kapsulotomie, primäre 144<br />

Karotis-Sinus-cavernosus-Fistel 71<br />

Karotisstenose 180<br />

Karunkelonkozytom 82<br />

Karunkelschwellung 76<br />

Katarakt (s. auch Cataracta) 138<br />

– in Entwicklungsländern 234<br />

– glukokortikosteriodinduzierte 228<br />

– Klassifikation 140<br />

– kongenitale 138, 142<br />

– medikamentenbedingte 141<br />

– medikamentös induzierte 228<br />

– Retinopathie, diabetische 186<br />

– sekundäre 126, 128<br />

– strahlenbedingte 141<br />

– syndromassoziierte 141<br />

– traumatisch bedingte 138, 142<br />

– Ursache 138, 141<br />

Kataraktextraktion 138, 144<br />

– intrakapsuläre 144<br />

– Komplikation 146<br />

– Schema 143<br />

Kayser-Fleischer-Ring 90<br />

Kearns-Sayre-Syndrom 62<br />

Keratektomie, photorefraktive 104<br />

Keratitis 90<br />

– bakterielle 96<br />

– dendritica 98<br />

– disciformis 98<br />

– e lagophthalmo 14, 90<br />

– filiformis 78<br />

– Lepra 236<br />

– marginalis 88<br />

– metaherpetica 98<br />

– neuroparalytica 90<br />

– punctata 90, 98<br />

Sachverzeichnis<br />

241<br />

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Sachverzeichnis<br />

242<br />

Keratitis, punctata<br />

– – superficialis 102<br />

– schneeflockenartige 236<br />

Keratoakanthom 28<br />

Keratoconjunctivitis<br />

– epidemica 76, 78, 100<br />

– – Prognose 100<br />

– lignosa 76<br />

– sicca 70<br />

Keratoglobus 96<br />

Keratokonjunktivitis 76, 78, 100<br />

– limbale 74<br />

– Trachom 234<br />

Keratokonus 96<br />

– akuter 96<br />

– Hornhauttopographie 96<br />

Keratomalazie 236<br />

Keratopathia photoelectrica 102<br />

Keratopathie, bullöse 94<br />

Keratoplastik 90, 106<br />

– à chaud 96, 106<br />

– Komplikation 106<br />

– lamelläre 106<br />

– perforierende 98, 106<br />

– tektonische 106<br />

Keratotomie, radiäre 104<br />

Keratouveitis 128<br />

Khodadoust-Linie<br />

– endotheliale 106<br />

– epitheliale 106<br />

Kirchenfensterphänomen 158<br />

Kohärenztomographie, optische 188,<br />

192<br />

Kollagenose, Keratitis 90<br />

Kolobom 168<br />

– choroidales 114<br />

– retinochoroidales 168<br />

Komitanz 54<br />

Konfusion 52<br />

Konjunktivitis 70<br />

– Abstrich 80<br />

– allergische 70<br />

– Ätiologie 70, 72<br />

– atopische 70<br />

– chronisch-vernarbende 78<br />

– Diagnostik 80<br />

– Differenzialdiagnose 81<br />

– Epidemiologie 74<br />

– follikuläre 76, 234<br />

– holzartige 76<br />

– Hornhautbeteiligung 76, 78<br />

– Lymphknotenschwellung, regionäre<br />

78<br />

– membranöse 76<br />

– papilläre 76<br />

– Prognose 81<br />

– pseudomembranöse, medikamentös<br />

bedingte 222<br />

– Therapie 72, 81<br />

– toxische 74<br />

– toxisch-irritative, medikamentös<br />

bedingte 222<br />

Kontaktallergie, Spättyp 22<br />

Kontaktlinsen<br />

– Infektionsgefahr 96<br />

– therapeutische 90<br />

Kontusionskatarakt 138, 142<br />

Kontusionsrosette, Linse 125<br />

Konvergenzexzess 56<br />

– akkommodativer 56<br />

Kopfläuse 24<br />

Kopfzwangshaltung bei Trochlearisparese<br />

60<br />

Korektopie 114<br />

Kornea s. Hornhaut<br />

Kortisoninjektion, intravitreale 178<br />

Kragenknopfphänomen 123<br />

Kriebelmücke 236<br />

Krokodilchagrin 88<br />

Krukenberg-Spindel 158<br />

Kryotherapie 182<br />

– adjuvante 86<br />

Kryptophthalmus 14, 66<br />

Kugellinse 134<br />

Kumarinderivate, intraokulare Blutung<br />

226<br />

Kunstlinsendislokation 147<br />

Kunstlinsenimplantation, Ablauf 145<br />

Kunstlinsentrübung 147<br />

Kupfereinlagerung, korneale 90<br />

L<br />

Lacksprünge 194<br />

Lagophthalmus 14, 16<br />

Lähmungsschielen 58<br />

Landolt-Ringe 50<br />

Lang-Stereotest 52<br />

LASEK 104<br />

Laserablation, Xanthom 28<br />

Laserbehandlung<br />

– Augeninnendrucksteigerung 160<br />

– Retinopathie, diabetische 184<br />

Laserfotokoagulation<br />

– Komplikation 184<br />

– panretinale 178, 180<br />

– – bei diabetischer Retinopathie 187<br />

Laser-in-situ-Keratomileusis 104<br />

Laser-Iridotomie 158, 166<br />

Laser-Keratektomie 104<br />

Laser-Trabekuloplastik 166<br />

LASIK (Laser-in-situ-Keratomileusis)<br />

104<br />

Laugenverätzung 102<br />

Lea-Hyvärinen-Test 50<br />

Leber-Miliaraneurysmen 182<br />

Lebersche hereditäre Optikusneuropathie<br />

208<br />

Lederhaut s. Sklera<br />

Lederhautveränderung, medikamentös<br />

bedingte 228<br />

Lens cristallina s. Linse<br />

Lentikonus 134<br />

Lentodonesis 148<br />

Lepra 236<br />

– tuberkuloide 236<br />

Leukokorie 142, 168, 182<br />

Leukoplakie 82<br />

LHON (Lebersche hereditäre Optikusneuropathie)<br />

208<br />

LH-Test (Lea-Hyvärinen-Test) 50<br />

Lichtscheu 76<br />

Lichtschweiftest 52<br />

Lidabszess 24<br />

Lidbändchendurchtrennung, traumatische<br />

32<br />

Liddepigmentierung, medikamentös<br />

bedingte 222<br />

Liddermatitis, medikamentös bedingte<br />

222<br />

Lidentzündung<br />

– allergische 22<br />

– infektiöse 24<br />

Liderysipel 24<br />

Lidfehlstellung<br />

– postoperative 32<br />

– Trachom 234<br />

Lidhämatom 32<br />

Lidherpes 24<br />

Lidkolobom 14<br />

Lidödem 20<br />

– medikamentös bedingtes 222<br />

Lidphlegmone 24<br />

Lidpigmentierung, medikamentös<br />

bedingte 222<br />

Lidrandentzündung 22<br />

Lidschlag 2<br />

Lidschluss 2<br />

Lidspaltenfleck 66<br />

Lidtrauma 32<br />

Lidveränderung<br />

– bei Konjunktivitis 78<br />

– operativ bedingte 32<br />

– bei orbitaler Erkrankung 40<br />

Lidverklebung 74<br />

Linse 4, 134<br />

– Auflagerung 134<br />

– Brechkraft 134<br />

– Fehlbildung 134<br />

– im Glaskörper liegende 148<br />

– Kontusionsrosette 125, 142, 151<br />

– UV-Filter-Funktion 134<br />

– in die Vorderkammer luxierte 148<br />

Linsendislokation 148<br />

– idiopathische 149<br />

Linsenepithelmetaplasie, fibröse 150<br />

Linsenextraktion, intrakapsuläre, bei<br />

Luxation 148<br />

Linsenkapseltrübung nach<br />

Kunstlinsenimplantation 146<br />

Linsenkernexpression 144<br />

Linsenluxation 148<br />

– Krankheitsbilder 149<br />

– traumatisch bedingte 149<br />

Linsenresorption, spontane 142, 150<br />

Linsenschädigung, photooxidative<br />

138<br />

Linsenschlottern 148<br />

Linsenteilchenglaukom 160<br />

Linsentrübung s. auch Cataracta;<br />

s. auch Katarakt<br />

– subkapsuläre 162<br />

Linsenverletzung 150<br />

Lipidablagerung, retinale 182<br />

Lipidkeratopathie 88, 99<br />

Lipodermoid 66<br />

Lithium, Exophthalmusentstehung<br />

228<br />

Loa Loa 236<br />

Loiasis 236<br />

Luftemphysem, posttraumatisches 48<br />

Lumbalpunktion 218<br />

Lyell-Syndrom 222<br />

Lymphangiom, orbitales 46<br />

M<br />

Macular Pucker 192<br />

Magnetresonanztomographie, orbitaler<br />

Prozess 42<br />

Makropapille 204<br />

Makula 188<br />

– Alterungsveränderungen 190<br />

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– Pigmentveränderung, Chloroquinbedingte<br />

230<br />

Makulaabhebung, seröse 202<br />

Makulablutung 200<br />

Makuladegeneration, altersbedingte<br />

190<br />

– feuchte 190, 230<br />

– trockene 190<br />

Makuladystrophie 198<br />

– vitelliforme 198<br />

Makulaforamen, idiopathisches 192<br />

Makulahämorrhagie 178<br />

Makulanarbe, atrophische 198<br />

Makulaödem 178<br />

– Retinopathie, diabetische 184<br />

– Tamoxifen-bedingtes 230<br />

– zystoides 189, 200<br />

Makulaveränderung, medikamentös<br />

bedingte 230<br />

MALT-Lymphom 84<br />

Map-Dot-Fingerprint-Dystrophie 92<br />

Marcus-Gunn-Phänomen 18<br />

Marfan-Syndrom, Linsendislokation<br />

148<br />

Maskerade-Syndrom 84<br />

Medikamente<br />

– intralentale Ablagerung 134<br />

– kataraktogene 229<br />

– Sicca-Syndrom 35<br />

– Nebenwirkung 222<br />

– – Kausalitätsnachweis 222<br />

Medulloepitheliom, Ziliarkörper 118<br />

Meesmann-Dystrophie 92<br />

Megalokornea 88<br />

Meibom-Drüsen-Entzündung 26<br />

Melanom, malignes<br />

– Aderhaut 122<br />

– Iris 120<br />

– konjunktivales 84<br />

– Ziliarkörper 120<br />

Melanozytom der Papille 204<br />

Melanozytose, okulodermale 112, 114<br />

Membrana pupillaris persistens 114,<br />

134<br />

Membranbildung 76<br />

Membranen, epiretinale 192<br />

Meningeom, Chiasmakompression<br />

216<br />

Merseburger Trias 44<br />

Metastase<br />

– konjunktivale 84<br />

– orbitale 46<br />

Methanoloptikusneuropathie 210<br />

Methoxalen, Linsentrübung 229<br />

MEWDS (Multiple-Evanescent-<br />

White-Dot-Syndrom) 196<br />

Mikroaneurysma, retinales 182<br />

Mikroaneurysmen, multiple,<br />

Retinopathie, diabetische 184<br />

Mikroangiopathie, diabetische, retinale<br />

184<br />

Mikroblepharon 14<br />

Mikrofilarien 236<br />

Mikrokornea 88<br />

Mikropapille 204<br />

Mikrophthalmus 66<br />

Mikrostrabismus 56<br />

Mikrozirkulationsstörung, retinale,<br />

posttraumatische 200<br />

Miller-Syndrom 114<br />

Miosis 6<br />

Miotika 232<br />

Mittendorf-Fleck 204<br />

Moll-Drüsen 2<br />

Moll-Drüsen-Entzündung 26<br />

Molluscum contagiosum 26<br />

Mooren-Ulkus 88<br />

Morbus s. Eigenname<br />

Morning-Glory-Papille 204<br />

Mouches volantes 172<br />

Multiple Sklerose 212<br />

Multiple-Evanescent-White-Dot-Syndrom<br />

196<br />

Munson-Zeichen 96<br />

Musculus<br />

– dilatator pupillae, Atrophie 116<br />

– obliquus<br />

– – inferior 2<br />

– – superior 2<br />

– – – Lähmung 60<br />

– rectus<br />

– – inferior 2<br />

– – lateralis 2<br />

– – medialis 2<br />

– – superior 2<br />

– sphincter pupillae 6<br />

–– Atrophie 116<br />

Muskeldystrophie, okulopharyngeale<br />

20<br />

Musterdystrophie 198<br />

Myasthenia gravis pseudoparalytica<br />

18, 62<br />

Mycobacterium leprae 236<br />

Mydriasis 6<br />

– Okulomotoriusparese 62<br />

– unerwünschte, medikamentös<br />

bedingte 232<br />

Mydriatika, Winkelblockglaukomauslösung<br />

226<br />

Myopathie, okuläre 20<br />

Myopia magna 116, 194<br />

Myopie 8<br />

– degenerative 194<br />

– hohe, Linsendislokation 149<br />

– transitorische, Miotika-bedingte 232<br />

Myositis 44<br />

N<br />

Nachstar 146<br />

Nachtblindheit 236<br />

NAION (nicht arteriitische anteriore<br />

ischämische Optikusneuropathie)<br />

206<br />

Narbe<br />

– chorioretinale 130<br />

– choroidale 131<br />

– hypertrophe 32<br />

Narbenkeloid 32<br />

Nävus 28<br />

– Aderhaut 118<br />

– Iris 118<br />

– konjunktivaler 82<br />

– von Ota 112, 114<br />

Nebelsehen 142<br />

Neck Dissection 86<br />

Neodynium-YAG-Laseriridotomie 166<br />

Neovaskularisation<br />

– choroidale 190, 194, 196<br />

– Iris 116<br />

– korneale 236<br />

– retinale, papillenferne 184<br />

Neovaskularisationsglaukom 116, 164<br />

Nervenfasern, markhaltige<br />

– intraretinale 168<br />

– auf der Papille 204<br />

– retinale 204<br />

Nervus<br />

– opticus 6, 220<br />

– – Infiltration 216<br />

– – Kompression 40, 44<br />

– – – hämatombedingte 48, 214<br />

– – Veränderung, medikamentös<br />

bedingte 232<br />

– – Verletzung<br />

– – – intrakanalikuläre 220<br />

– – – intrakranielle 214, 220<br />

– – – kanalikuläre 214<br />

– – – präkanalikuläre 214, 220<br />

– – Retinoblastominvasion 168<br />

– trigeminus, Erkrankung 90<br />

Netzhaut 6, 168<br />

– Lichtschädigung 200<br />

– Weiß<br />

– – mit Druck 170<br />

– – ohne Druck 170<br />

Netzhautablösung 128, 172<br />

– bei Aderhautkolobom 114<br />

– Augeninnendruck 160<br />

– exsudative 172<br />

– nach Kataraktextraktion 146<br />

– bei Orariss 174<br />

– rhegmatogene 172<br />

– – Therapie 176<br />

– totale 173<br />

– traktive 174<br />

– – Therapie 176<br />

Netzhautarterienambolien 180<br />

Netzhautarterienastverschluss 180<br />

Netzhautblutungen 178<br />

Netzhautdegeneration 170<br />

Netzhautdialyse 172<br />

Netzhautischämie 178<br />

Netzhautkorrespondenz 52<br />

Netzhautloch 172<br />

– mit Deckel 172<br />

– rundes 172<br />

Netzhautödem 178, 180<br />

Netzhautriss 172<br />

Netzhautschädigung, medikamentös<br />

bedingte 230<br />

Netzhautvenenastverschluss 178<br />

Neugeborenenkonjunktivitis 75, 81<br />

Neuritis nervi optici 212<br />

– atypische 212<br />

– – Ursache 213<br />

– infektiös bedingte 212<br />

– nicht infektiös bedingte 212<br />

– Symptome 213<br />

Non-Hodgkin-Lymphom<br />

– konjunktivales 84<br />

– orbitales 43, 46<br />

Normaldruckglaukom 156<br />

Nummuli 78, 98<br />

Nystagmus<br />

– latenter 56<br />

– optokinetischer 50, 54<br />

O<br />

OAT-Defekt (Ornithinketoaminotransferase-Defekt)<br />

116<br />

Oberlid, Paragraphenform 34, 40<br />

Sachverzeichnis<br />

243<br />

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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart


Sachverzeichnis<br />

244<br />

Oberlidretraktion 40<br />

OCT (optische Kohärenztomographie)<br />

188<br />

Ocular-Tilt-Reaction 64<br />

Offenwinkelglaukom<br />

– in den Entwicklungsländern 234<br />

– primär chronisches 156<br />

– primäres 153<br />

– sekundäres 153, 158, 160, 226<br />

Okklusion 56<br />

Okklusionstest 50<br />

Okulomotoriusparese 18, 62<br />

– äußere 62<br />

– komplette 62<br />

Onchocerca volvulus 236<br />

Onchozerkose 236<br />

Onkozytom der Karunkel 82<br />

Ophthalmie, sympathische 132<br />

Ophthalmoplegie<br />

– externe, chronisch progressive 20,<br />

62<br />

– internukleäre 64<br />

Optikusaplasie 204<br />

Optikusatrophie 40<br />

– asymmetrische 216<br />

– posttraumatische 214, 220<br />

Optikusgliom 38, 46<br />

Optikushypoplasie 204<br />

– diabetesbedingte 204<br />

Optikusneuritis s. Neuritis nervi optici<br />

Optikusneuropathie<br />

– autosomal-dominante 208<br />

– Ethambutol-bedingte 210, 232<br />

– glaukomatöse 156, 158<br />

– hereditäre 208<br />

– infiltrative 216<br />

– ischämische 206<br />

– – anteriore<br />

– – – amiodaroninduzierte 232<br />

– – – nicht arteriitische 206<br />

– – hintere 206<br />

– kompressive 216<br />

– malnutritive 210<br />

– Methanol-bedingte 210<br />

– mitochondrial vererbte 208<br />

– rezessiv vererbte 208<br />

– toxische 210<br />

– – Ursache 211<br />

– traumatische 48<br />

– – Gesichtsfeld 214<br />

Optikusneurotomie, radiäre 178<br />

Optikusscheidenfensterung 214, 218<br />

Optikusscheidenmeningeom 42, 46,<br />

216<br />

Orangepigment 122<br />

Orariss, Netzhautablösung 174<br />

Orbita 2, 38<br />

Orbitabodenfraktur 48, 62<br />

Orbitaeinblutung, medikamentös<br />

bedingte 228<br />

Orbitaerkrankung<br />

– Diagnostik 42<br />

– – bildgebende 42<br />

– Funktionsdiagnostik 42<br />

– Symptomatik 38, 40<br />

– Systematik 49<br />

Orbitafraktur 62<br />

Orbitaler Prozess, Ausdehnung 38<br />

Orbitaphlegmone 44<br />

Orbitaquadrant, temporaler, oberer,<br />

Tumor 37<br />

Orbitaspitze, Optikusmeningeom 217<br />

Orbitaspitzensyndrom 62<br />

Orbitatumor 37<br />

– entzündlicher 39<br />

Orbitavarize, Magnetresonanztomographie<br />

43<br />

Orbitopathie, endokrine 40, 44<br />

– Computertomographie 43<br />

Ornithinketoaminotransferase-Defekt<br />

116<br />

Ornithinspiegel, erhöhter 116<br />

Orthophorie 55<br />

Orthotropie 50, 55<br />

Osmotika, Glaukombehandlung 166<br />

P<br />

Pallisade 170<br />

Panlaserkoagulation, Aderhautschwellung<br />

124<br />

Pannus 78, 234<br />

Panuveitis 126, 132<br />

Papille, Beurteilung bei Glaukom 152<br />

Papillenanomalie<br />

– angeborene 202<br />

– ohne Exkavation 204<br />

Papillenaufhellung 40<br />

Papillenbildung 76<br />

Papillenexkavation 156, 202<br />

– glaukomatöse 227<br />

Papillenhypoplasie 204<br />

Papillenkolobom 202<br />

Papillenmelanozytom 204<br />

Papillenneovaskularisation 184<br />

Papillenödem 178<br />

– atrophisches 218<br />

– beidseitiges 218<br />

– chronisches 218<br />

Papillom, konjunktivales 82<br />

Parabulbäranästhesie 145<br />

Paragraphenform des Oberlides 34, 40<br />

Parasympatholytika 232<br />

Parasympathomimetika 232<br />

– Glaukombehandlung 166<br />

Parinaud-Syndrom 64<br />

Pars-plana-Vitrektomie 174, 186, 192<br />

Pars-Planitis 128<br />

Peau d’ orange 194<br />

Pemphigoid, okuläres<br />

– auslösende Wirkstoffe 225<br />

– medikamentös induziertes 224<br />

Perfluoroethan 177<br />

Perfluoropropan 177<br />

Perimetrie 10, 42<br />

– funduskontrollierte 188<br />

– bei Glaukom 152<br />

Peters-Anomalie 154<br />

PEX-Glaukom (Pseudoexfoliationsglaukom)<br />

158<br />

PEX-Syndrom (Pseudoexfoliationssyndrom)<br />

149<br />

Pfählungsverletzung 48<br />

Pflasterstein-Degeneration 170<br />

Phakodonesis 158<br />

Phakoemulsifikation 143 f<br />

– Ablauf 145<br />

Phakolyse 144<br />

Phenothiazin, Netzhautschädigung<br />

230<br />

Photophobie, Skleritis 110<br />

Photopobie (Lichtscheu) 76<br />

Photopsie 172<br />

Photorezeptoren 220<br />

Photosensitivitätsreaktion, medikamentös<br />

bedingte 222<br />

PHPV (persistierender hyperplastischer<br />

primärer Glaskörper) 150<br />

Pigmentdispersionsglaukom 158<br />

Pigmentdispersionssyndrom 158<br />

Pigmentepithel, retinales, Atrophie<br />

116<br />

Pigmentepithelatrophie 190<br />

Pigmentepitheliopathie<br />

– diffuse 194<br />

– plakoide, multifokale, posteriore,<br />

akute 196<br />

Pigmentepithelveränderung, Phenothiazin-bedingte<br />

230<br />

Pigmentierung<br />

– medikamentös bedingte 222<br />

– trabekuläre 152<br />

Pilocarpin 232<br />

– unerwünschte Effekte 223, 232<br />

Pilzinfektion, orbitale 44<br />

Pilzkeratitis 100<br />

Pinguecula 66<br />

PION (hintere ischämische Optikusneuropathie)<br />

206<br />

Plateau-Iris 162<br />

Plattenepithalkarzinom 30<br />

Plattenpithelkarzinom, konjunktivales<br />

84<br />

Plica semilunaris, Schwellung 76<br />

POHS (Presumed-Ocular-Histoplasmose-Syndrom)<br />

196<br />

Polytrichosis 14<br />

Porenzephalie, okzipitale 204<br />

Preferential-Looking-Test 50<br />

Presbyopie 8, 136<br />

Presumed-Ocular-Histoplasmose-<br />

Syndrom 196<br />

Prostaglandinanaloga, unerwünschte<br />

Effekte 223<br />

Prostaglandinderivate, Glaukombehandlung<br />

166<br />

Prostigmin-Test 18<br />

Protrusio bulbi s. Exophthalmus<br />

Pseudoakkommodation 144<br />

Pseudoexfoliationsglaukom 158<br />

Pseudoexfoliationsmaterial 158<br />

– Auflagerung auf der Linse 134<br />

Pseudoexfoliationssyndrom 158<br />

Pseudoexophthalmus 38, 49<br />

Pseudoglaukom 44<br />

Pseudohypopyon 198<br />

Pseudokolobom 134<br />

Pseudoptosis 20, 24<br />

Pseudostauungspapille 202<br />

Pseudotumor<br />

– cerebri 218<br />

– orbitae 44<br />

Psychopharmaka, Winkelblockglaukomauslösung<br />

226<br />

Pterygium 66<br />

Ptosis 18, 20<br />

– kongenitale 18<br />

– Okulomotoriusparese 62<br />

– paralytica 18<br />

Pulling-Mechanismus 164<br />

Pupillarblock 162, 164<br />

Pupillarmembran, persistierende 114<br />

Pupillarsaumatrophie 116<br />

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Pupille 6<br />

Pupillenerweiterung<br />

– Okulomotoriusparese 62<br />

– unerwünschte, medikamentös<br />

bedingte 232<br />

Pupillenmembran, persistierende 134<br />

Pupillenreaktion, eingeschränkte 62<br />

Pupillenstarre, reflektorische 64<br />

Pupillenverlagerung 114<br />

Purtscher-Retinopathie 200<br />

Pushing-Mechanismus 164<br />

PUVA-Therapie, Linsentrübung 229<br />

PVR (proliferative Vitreoretinopathie)<br />

174<br />

– Klassifikation 177<br />

Pyridoxin 116<br />

R<br />

Raumforderung, orbitale 37, 39<br />

– intrakonale 38<br />

Reflex, kirschroter 180<br />

Refraktionsanomalie 8<br />

Refraktionsfehler 51<br />

Regenbogenhaut s. Iris<br />

Reis-Bücklers-Hornhautdystrophie 92<br />

Retina 6<br />

Retinektomie 166<br />

Retinoblastom 168<br />

– endophytisches 168<br />

– exophytisches 168<br />

Retinochoroiditis 126<br />

Retinopathia<br />

– centralis serosa 192<br />

– solaris 200<br />

Retinopathie<br />

– α-Interferon-induzierte 231<br />

– diabetische 184, 186<br />

– – augenärztliche Kontrollen 187<br />

– – Blutzuckereinstellung 186<br />

– – Laserfotokoagulation, panretinale<br />

187<br />

– – Lasertherapie 184<br />

– – nichtproliferative 184<br />

– – Pars-plana-Vitrektomie 186<br />

– – proliferative 184<br />

– – Schwangerschaft 186<br />

– kristalline 117<br />

– tamoxifeninduzierte 231<br />

Retinopexie, pneumatische 176<br />

Retinoschisis 170<br />

Retraktionssyndrom 60<br />

Rezeptoren 10<br />

Rhabdomyosarkom 46<br />

Rhodopsin 10, 12<br />

Rieger-Anomalie 154<br />

Riesenzellarteriitis 206<br />

ROP (retrolentale Fibroplasie) 174<br />

Rosacea, Keratitis 90<br />

Rubeosis iridis 116, 164, 180<br />

S<br />

Saccus lacrimalis 2<br />

Sakkaden 54<br />

Salzmann-Degeneration 88<br />

Sammellinse 136<br />

Sampaolesi-Linie 158<br />

Satellitenläsionen 100<br />

Säureverätzung 102<br />

Scanning-Laser-Ophthalmoskopie<br />

157, 188<br />

Schielen s. auch Strabismus<br />

– intermittierendes 54<br />

– latentes 50, 54, 58<br />

– manifestes 50, 54<br />

– nichtparetisches 54<br />

– paretisches 54<br />

– – komplexes 62<br />

Schielwinkel<br />

– Messung 52<br />

– primärer 58<br />

– sekundärer 58<br />

Schießscheiben-Makulopathie 198<br />

– Chloroquin-bedingte 230<br />

Schirmer-I-Test 34<br />

Schlichting-Hornhautdystrophie 94<br />

Schmauchverletzung 105<br />

Schnittverletzung 32<br />

Schwangerschaft, Retinopathie, diabetische<br />

186<br />

Schwarzpulvereinsprengung, subkonjunktivale<br />

86<br />

Scleritis s. Skleritis<br />

Scleromalacia perforans 110<br />

Seborrhoe 22<br />

Sehbahn 6, 220<br />

Sehen<br />

– Duplizitätstheorie 12<br />

– photopisches 10, 12<br />

– skotopisches 10, 12<br />

– zentrales, Verlust 198<br />

Sehnerv s. Nervus opticus<br />

Sehrinde 220<br />

– Gesichtsfeldrepräsentation 220<br />

Sehschärfe 10<br />

– zentrale 190<br />

– – Glaukom 152<br />

Sehschärfetest 50<br />

Sehschärfeverlust<br />

– altersbedingte Makuladegeneration<br />

190<br />

– Erkrankungen in den<br />

Entwicklungsländern 234, 236<br />

– orbitale Raumforderung 40<br />

Sehstrahlung 6, 220<br />

– Läsion 220<br />

Sehverschlechterung, schmerzlose<br />

128<br />

Sekundenkleberverletzung 102<br />

Shunt, ventrikuloperitonealer 218<br />

Shuntgefäße, optikoziliare 40<br />

Sicca-Syndrom 34, 70<br />

– medikamentös bedingtes 35<br />

Siderosis lentis 134, 150<br />

Silikonölkeratopathie 104<br />

Silkonölglaukom 160<br />

Simpson-Test 18<br />

Sinus-cavernosus-Thrombose 44<br />

Sinusvenenthrombose 218<br />

Sklera 4<br />

– blaue 108<br />

Skleraatrophie 112<br />

Sklerafehlbildung 108<br />

Sklerakonus 204<br />

Sklerapigmentierung 112<br />

Skleraplaques, hyaline, senile 108<br />

Skleraruptur 112<br />

Sklerastaphylom 108<br />

Skleratumor 112<br />

Skleraveränderung, medikamentös<br />

bedingte 228<br />

Sklerektasie 108, 110<br />

Skleritis 110<br />

– anteriore 110<br />

– – noduläre 110<br />

– nekrotisierende, mit Entzündung<br />

110<br />

– posteriore 110<br />

– Systemerkrankung 110<br />

Sklerokeratitis 112<br />

Sklerotomie, tiefe 166<br />

Skotom 10<br />

– absolutes 172<br />

Snow Balls 128<br />

Snow Banks 128<br />

Snyder-Hornhautdystrophie 94<br />

Sonnenblumenkatarakt 134, 150<br />

Spätschielen, normosensorisches 56<br />

Sphärophakie 134<br />

Stäbchen 10<br />

Staphyloma posticum 108<br />

Star, grauer s. Cataracta; s. Katarakt<br />

Stargardt, Morbus 198<br />

Stauungspapille 218<br />

Stellwag-Zeichen 44<br />

Stereopsis 52<br />

Steroidglaukom 226<br />

Steroidkatarakt 228<br />

Steroidtherapie bei Riesenzellarteriitis<br />

206<br />

Stevens-Johnson-Syndrom 222<br />

Stilling-Türk-Duane-Syndrom 60<br />

Strabismus (s. auch Schielen) 38, 50<br />

– concomitans 54<br />

– convergens 56<br />

– divergens intermittens 56<br />

– sursoadductorius 58, 60<br />

Strabismus-Amblyopie 51<br />

Strahlenoptikusneuropathie 206<br />

Strahlenretinopathie 186<br />

Subluxatio lentis 148<br />

Sulfonamide, Winkelblockglaukomauslösung<br />

226<br />

Sulfurhexafluorid 177<br />

Supercilium 2<br />

Swinging-Flashlight-Test 42<br />

Symblepharon 76<br />

Sympatholytika, Glaukombehandlung<br />

166<br />

Sympathomimetika, Glaukombehandlung<br />

166<br />

Synchisis scintillans 170<br />

Synechierung<br />

– hintere 127<br />

– vordere 116, 152, 164<br />

Systemerkrankung<br />

– Episkleritis 108<br />

– Skleritis 110<br />

– Uveitis anterior 126<br />

T<br />

Tabak-Alkohol-Optikopathie 210<br />

Talgdrüsenkarzinom 30<br />

Tamoxifen, Netzhautschädigung 230<br />

Tangentenwand nach Harms 52<br />

Teleangiektasien<br />

– juxtafoveale, idiopathische 182<br />

– parafoveale 194<br />

Sachverzeichnis<br />

245<br />

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Sachverzeichnis<br />

246<br />

Teleangiektasien<br />

– retinale 182<br />

Telekanthus 14<br />

Tenon-Kapsel 2<br />

Terrien-Randdegeneration 88<br />

Thiel-Behnke-Hornhautdystrophie 92<br />

Thygeson-Keratitis 90<br />

Thyreostatika, Exophthalmusentstehung<br />

228<br />

Tilted Disc 204<br />

Titmus-Test 52<br />

TNO-Test 52<br />

Toxoplasmose, konnatale 130<br />

Toxoplasmose-Retinochoroiditis 130<br />

Trabekelaspiration 166<br />

Trabekelmaschenwerk 6<br />

Trabekulektomie 166<br />

Trabekulitis 128<br />

Trabekulodysgenesie 154<br />

Trabekuloplastik 166<br />

Trabekulotomie 166<br />

Trachom 234<br />

Tractus opticus 6<br />

Tractus-opticus-Läsion 220<br />

Tractus-opticus-Tumor 216<br />

Tränendrüse 2<br />

Tränendrüsenadenom, pleomorphes<br />

34<br />

Tränendrüsenaplasie 34<br />

Tränendrüsenektopie 34<br />

Tränendrüsenentzündung 34, 40<br />

Tränendrüsenhyposekretion, medikamentös<br />

bedingte 228<br />

Tränendrüsenkarzinom 46<br />

– adenoid-zystisches 36<br />

Tränendrüsenschwellung 34<br />

Tränendrüsentumor, Magnetresonanztomographie<br />

43<br />

Tränendrüsenzyste 34<br />

Tränenkanälchen 2<br />

Tränensack 2<br />

Tränenträufeln 36, 74<br />

Tränenwegserkrankung 36<br />

Tränenwegstenose 36<br />

– medikamentös bedingte 228<br />

Tränenwegsverletzung 36<br />

Trantas-Flecken 78<br />

Trauma, penetrierendes, Uveaveränderung<br />

124<br />

Trichiasis 16<br />

– Trachom 234<br />

Trochlearisparese 58, 60<br />

Tropicamid 232<br />

Tuberkulose, Panuveitis 132<br />

Tuberkulostatikatherapie, Farbsinnprüfung<br />

210<br />

Tumor<br />

– chiasmaler 216<br />

– intraokularer<br />

– – Penetration 84<br />

– – Perforation 47<br />

– orbitaler 46, 216<br />

– – Bulbusindentation 40<br />

– – Kindesalter 47<br />

– postchiasmaler 216<br />

– prächiasmaler 216<br />

– im temporalen oberen Orbitaquadranten<br />

37<br />

U<br />

Uhthoff-Phänomen 212<br />

Ultraschallbiomikroskopie 152<br />

Uveatumor, benigner 118<br />

Uveaveränderung<br />

– medikamentös bedingte 230<br />

– operationsbedingte 124<br />

– traumatisch bedingte 124<br />

Uveitis 126<br />

– akute<br />

– – Augeninnendrucksteigerung 160<br />

– – Augeninnendruckverminderung<br />

160<br />

– anterior 126<br />

– – chronische 126<br />

– – Systemerkrankung 126<br />

– intermedia 126, 128<br />

– medikamentös bedingte 230<br />

– phakogene 150<br />

– posterior 126, 130<br />

– – granulomatöse 131<br />

– – idiopathische 131<br />

V<br />

Valsalva-Retinopathie 200<br />

Varikosität, konjunktivale 66<br />

Vaskulitis, Augenhöhlenbeteiligung<br />

44<br />

Vena<br />

– centalis retinae, Okklusion s. Zentralvenenverschluss<br />

– ophthalmica<br />

– – inferior 4<br />

– – superior 4<br />

Venenastverschluss 178<br />

– unter α-Interferon-Therapie 230<br />

Venendruck, episkleraler, erhöhter,<br />

Glaukom 160<br />

Venolenastverschluss 186<br />

Verätzung 102<br />

Verblitzung 102<br />

Verbrennung 102<br />

Verletzung 48<br />

Verruca vulgaris 26<br />

Verschwommensehen 142<br />

Verwachsung 76<br />

Vigabatrin, Netzhautschädigung 230<br />

V-Inkomitanz 58, 60<br />

Viskokanalostomie 166<br />

Visuskop 50<br />

Visusminderung 90<br />

Vitamin A, Exophthalmusentstehung<br />

228<br />

Vitamin B 6 116<br />

Vitamin-A-Mangel 236<br />

Vitamin-B-Komplex-Mangel 210<br />

Vitamin-B 1 -Mangel 210<br />

Vitamin-B 12 -Mangel 210<br />

Vitrektomie, vordere 144<br />

Vitreoretinopathie, proliferative 174<br />

– Klassifikation 177<br />

Vogt-Limbusgürtel 88<br />

Vogt-Linien 96<br />

Vorderkammer, Fibrinreaktion 124,<br />

126<br />

Vorderkammereinblutung 104, 124,<br />

160<br />

Vorderkammerlinse 148<br />

– Glaukom 164<br />

Vorderkammerparazentese 180<br />

W<br />

Wächtergefäße 122<br />

Wagner-Stickler-Dystrophie 174<br />

Wasserspalten, intralentale 139<br />

Weichteilprozess, orbitaler 42<br />

Weill-Marchesani-Syndrom 149<br />

White-Dot-Syndrom 196<br />

Wilson, Morbus 90<br />

Wimpernverlust, medikamentös<br />

bedingter 222<br />

Wimpernwachstum, medikamentös<br />

bedingtes 222<br />

Winkelblock, primärer 162<br />

Winkelblockglaukom<br />

– akutes 162<br />

– intermittierendes 162<br />

– sekundäres 116<br />

Wundrose 24<br />

Würmer 236<br />

X<br />

Xanthelasma 28<br />

Xerophthalmie 236<br />

Xerose 68<br />

Z<br />

Zapfen 10<br />

Zapfendystrophie 198<br />

Zecke 24<br />

Zeis-Drüsen 2<br />

Zeis-Drüsen-Entzündung 26<br />

Zellulitis, orbitale 44<br />

Zentralarterienverschluss 180<br />

– arteriitischer 180<br />

– nichtarteriitischer 180<br />

Zentralskotom 208<br />

Zentralvenenverschluss 178<br />

– hämorrhagischer 178<br />

– unter α-Interferon-Therapie 230<br />

– ischämischer 178<br />

– nichtischämischer 178<br />

– nichtperfundierter 178<br />

Zentrozökalskotom 208<br />

Ziliarkörpermedulloepitheliom 118<br />

Ziliarkörpermelanom, malignes 120<br />

Ziliarkörpermetastase 120<br />

Ziliarkörperödem, medikamentös<br />

bedingtes 232<br />

Ziliarkörperspasmus, Miotika-bedingter<br />

232<br />

Zoster ophthalmicus 24<br />

Zyklodialyse 166<br />

Zyklokryokoagulation, Skleraatrophie<br />

112<br />

Zyklophotokoagulation 166<br />

Zykloplegika, Winkelblockglaukomauslösung<br />

226<br />

Zyklotropie 52<br />

Zystinose 90<br />

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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart

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