MALLNOWER BOTE
MALLNOWER BOTE
MALLNOWER BOTE
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>MALLNOWER</strong> <strong>BOTE</strong><br />
Gemeindebrief Ausgabe November / Dezember 2006 / Januar 2007<br />
NACHLESE Gottesdien#t an der Quelle Hohenjesar 6. August 06<br />
Grußwort von Pfarrer Alfred Salomon an die Festgemeinde (ungekürzt):<br />
Liebe Zeschdorfer!<br />
Genau genommen gehörte vor 1945 nur der<br />
Ortsteil Hohenjesar zum Pfarrsprengel<br />
Treplin. Eigentlich seltsam, dass sich auch<br />
die aus dem östlichen Teil des Ortes kirchlich<br />
als Trepliner Pfarrkinder fühlten. Doch das<br />
hatte gute Gründe: Die Kirche des Gesamtortes<br />
lag nun einmal in Hohenjesar und dort<br />
predigte regelmäßig der Pastor aus Treplin.<br />
Unweit der Kirche lag auch die Schule, deren<br />
Lehrer - in jenen Jahren Herr Nitschke -<br />
zugleich als Organist tätig war. Verständlich<br />
also, dass sich alle Kinder, die ins Konfirmandenalter<br />
kamen, nach Treplin orientierten.<br />
Dorthin fuhren sie mit Rädern allwöchentlich.<br />
Dorthin kutschierten sie alljährlich<br />
mit dem blumengeschmückten Konfirmationswagen<br />
mit Eltern und Verwandten zur<br />
Einsegnung. Jung gewohnt ist alt getan. Auch<br />
wenn sie konfirmiert waren, blieben alle Altzeschdorfer<br />
dem Pastor von Treplin treu.<br />
Acht Jahre war ich euer Pastor - von Ostern<br />
1937 bis Ende Februar 1945 -, als unsere<br />
Dörfer „Front” wurden und geräumt werden<br />
mussten. Acht Jahre war ich bei Euch. Eine<br />
recht kurze Zeit. Und recht lange her. Könnt<br />
Ihr verstehen, wie erstaunt ich war, als ich<br />
jetzt von Euch eingeladen wurde? Nach mehr<br />
als 60 Jahren erinnert Ihr euch an mich? Ich<br />
musste tief durchatmen. 60 Jahre schrumpften<br />
zu einem Nichts. Das Gestern - nein, das<br />
Vorgestern – verschmolz mit dem Heute. 60<br />
Jahre wurden „wie ein Tag und wie eine<br />
Nachtwache.”<br />
Ihr, meine Konfirmanden von damals, erinnert<br />
Euch: Das steht im 90. Psalm, Vers 4.<br />
Damals, in der Dachstube des Trepliner<br />
Pfarrhauses, habt Ihr das Wohl kaum fassen<br />
können. Jetzt aber, nach diesen 60 Jahren,<br />
ahnt Ihr zumindest, was dieses Psalmwort<br />
uns sagt. Aus dem Grab der Vergangenheit<br />
steigen jene Jahre wieder herauf. Als wären<br />
sie das Heute. Als kehre die Zeit sich um;<br />
unsere Zeit und unser Leben.<br />
Viele von denen, die damals mit dem Rade<br />
zum Unterricht ins Pfarrhaus Treplin fuhren,<br />
sind nicht mehr unter uns. Sie sind, wie es in<br />
der Bibel heißt, „versammelt zu ihren Vätern”.<br />
Einige ruhten hier auf Eurem Friedhof,<br />
andere irgendwo in der Fremde. Seid getrost!<br />
Sie alle wo immer sie ruhen, fielen in Gottes<br />
Hand. Und aus der kann niemand sie reißen!<br />
Lasst mich dazu noch ein Trostwort zu Euch<br />
Lebenden sagen: Die von Euch, die wieder<br />
nach Altzeschdorf zurück fanden, hatten<br />
Jahrzehnte vor sich, in denen Christen verspottet<br />
und bekämpft wurden. Mir selbst blieben<br />
diese Jahrzehnte erspart. Ich habe darum<br />
kein Recht, über irgendeinen, der damals<br />
Gott absagte, zu richten. Ich weiß nicht, ob<br />
ich all die Jahre durchgehalten hätte. Ich<br />
möchte aber denen, die sich heute ihrer<br />
Schwachheit schämen, zurufen: Vergesst<br />
nicht, dass der Vater Jesu Christi der Gott des<br />
Erbarmens und der vergebenden Liebe ist! Er<br />
wird keinen zurückstoßen, der vor ihm bekennt:<br />
„Herr, ich habe versagt. Doch ich vertraue<br />
mich deiner Barmherzigkeit an.”<br />
Ich sage Euch: Gott wird den nicht zurückstoßen,<br />
der nach seiner Hand greift! Ihr Jungen<br />
seid dann dankbar, dass Ihr die „Blütezeit<br />
der Diktaturen” nur aus den Berichten der<br />
Älteren kennt, Ihr schüttelt den Kopf, wenn<br />
ihr hört, wie man damals dachte und handel-<br />
4