Ãkum. Frauenkreuzweg 2011 - Texte - Jahr des Gottesdienstes
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5. Ökumenischer <strong>Frauenkreuzweg</strong> am<br />
Karfreitag:<br />
Durchkreuzte Wege<br />
22.April 2010, 12-14 Uhr<br />
1.Station vor St. Eberhard<br />
Karin<br />
Durchkreuzte Wege – ein ökumenischer <strong>Frauenkreuzweg</strong>:<br />
In diesem <strong>Jahr</strong> zum sechsten Mal machen wir uns auf zu<br />
einem Kreuzweg-Gang durch die Stadt. Viele Stationen<br />
wären möglich gewesen, um durchkreuzte Lebenswege von<br />
Frauen zur Sprache zu bringen. Drei Stationen haben wir<br />
ausgewählt für den Kreuzweg, den wir heute gemeinsam<br />
gehen.<br />
Wir tun das im Gedächtnis an den Kreuzweg, den Jesus<br />
gegangen ist.<br />
Verspottet werden, Gewalt erleiden, erniedrigt und<br />
gedemütigt werden, verraten und verlassen sein, getötet<br />
werden - der Leidensweg Jesu holt das Leiden von<br />
Menschen aus Unsichtbarkeit und Verleugnung heraus und<br />
macht es öffentlich.<br />
Wir gehen einen Kreuzweg, und bedenken an jeder Station<br />
oft verdrängtes Leiden und Gewalt, aber auch alltägliche<br />
belastende Situationen von Frauen. Wir machen es sichtbar,<br />
bringen es vor Gott und die Menschen und erbitten die Kraft,<br />
es auszuhalten und zur Veränderung aufzustehen.<br />
Musik von Rebekka Kirchner auf der Klarinette wird unseren<br />
Weg begleiten.<br />
1
Gottesfinsternis (Zum Karfreitag)<br />
Susanne<br />
Da brach jeder Halt weg<br />
und schien auch kein Sinn mehr<br />
da schloss sich die Angst<br />
wie ein Schmerz um die Seele<br />
da war auch kein Trost mehr<br />
die anderen lachten<br />
und Du ganz alleine im Dunkeln<br />
Da hab ich Dich schreien gehört<br />
Bruder<br />
da hab ich Dich weinen gehört<br />
Schwester<br />
da hab ich Dir glauben gelernt<br />
Gott Schwester Bruder<br />
dass Du auch mein Weinen und Schreien hörst<br />
Carola Moosbach<br />
Wir beginnen diesen Passionsweg<br />
Karin<br />
im Namen Gottes, Schutz allen Lebens,<br />
im Namen Jesu, Hoffnung aller Gedemütigten<br />
und <strong>des</strong> Heiligen Geistes, Kraft der Empörung, die uns<br />
stärkt. Amen<br />
Musik<br />
2
Bibeltext: Mk 14,3-9<br />
Susanne<br />
Der Passionsweg Jesu beginnt mit einer Salbung:<br />
Als Jesus in Betanien im Haus Simons <strong>des</strong> Aussätzigen bei<br />
Tisch war, kam eine Frau mit einem Alabastergefäß voll<br />
echtem, kostbarem Nardenöl, zerbrach es und goss das Öl<br />
über sein Haar….<br />
Da waren einige verärgert und sagten zueinander: »Was soll<br />
diese Vergeudung <strong>des</strong> Salböls? Dieses Öl hätten wir für<br />
mehr als 300 Denare verkaufen und das Geld den<br />
Bettelarmen geben können.« Und sie herrschten die Frau an.<br />
Aber Jesus erwiderte: »Lasst sie in Frieden! Warum quält ihr<br />
sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Die Bettelarmen<br />
habt ihr immer bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen<br />
Gutes tun; mich aber habt ihr nicht für immer bei euch. Sie<br />
hat getan, was sie konnte.<br />
Sie hat meinen Leib im Voraus für mein Begräbnis gesalbt .<br />
Amen, ich sage euch: Überall auf der Welt, wo das<br />
Evangelium verkündet wird, wird man sich an sie erinnern<br />
und erzählen, was sie getan hat.<br />
Karin<br />
Sie hat ein Gespür, für das, was verborgen ist. Sie nimmt wahr,<br />
was gefährdet und verletzlich ist. Sie sieht das Leiden, das auf<br />
Jesus zukommt.<br />
Erzählt, was diese Frau getan hat. Habt Mut, dem Leiden ins<br />
Gesicht zu sehen.<br />
Kyrieruf 1x Vorspiel, 3x Singen<br />
3
Susanne<br />
Wir lassen einen Stein aus unserer Mitte hier auf der<br />
Königstraße liegen.<br />
Zeichen dafür, dass wir hinspüren und wahrnehmen wollen,<br />
was uns an Leiden und Bedrohung begegnet.<br />
Karin<br />
Wir gehen jetzt über den Schlossplatz und den Marktplatz<br />
zur Eberhardstraße.<br />
Wir laden Sie ein, auch unterwegs in Gedanken auf dem<br />
Passionsweg zu sein und zu schweigen.<br />
Wir werden vorausgehen und bitten, am Anfang <strong>des</strong> Zuges<br />
im Schweigen zu bleiben.<br />
Wer sich für Reden entscheidet, möge bitte hinten gehen.<br />
Wir bitten Sie im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes den<br />
Passionsweg mit zu tragen, alles was hier liegt soll von<br />
Station zu Station getragen werden und wird vor dem<br />
Parkhaus wieder aufgebaut.<br />
Auch die Musikerin braucht tragfähige Unterstützung.<br />
4
2. Station: vom Holocaust durchkreuzte Wege<br />
Ort: Eberhardstraße 1<br />
Worte zum Ort<br />
Susanne<br />
Wir befinden uns hier vor dem Haus der Eberhardstraße 1.<br />
Hier hat bis 1942 Martha Baer mit ihrer Familie gewohnt, bis<br />
sie 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde.<br />
Ein Gedenkstein erinnert seit 2005 an ihr Leben und ihr<br />
Schicksal.<br />
Susanne Joos, Krankenhauspfarrerin und Mitglied der<br />
Initiative Stolperstein Stuttgart Mitte, erzählt uns hier vom<br />
Lebensweg einer Frau, der vom Holocaust durchkreuzt<br />
wurde.<br />
Thema: Vom Holocaust durchkreuzte Lebenswege<br />
Susanne Joos<br />
Musik<br />
Bibeltext: Mk 14, 32 – 41<br />
Karin<br />
Sie kamen zu einem Olivenhain namens Getsemane. Da<br />
sagte er zu seinen Jüngerinnen und Jüngern: „Setzt euch hier<br />
so lange hin, bis ich gebetet habe.“ Petrus, Jakobus und<br />
Johannes nahm er mit. Zittern, Zagen und große Furcht<br />
erfassten ihn. Da sagte er zu ihnen: „Meine Seele ist zu Tode<br />
betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir.“ Er ging ein wenig<br />
weiter, warf sich auf die Erde und betete, dass die Stunde,<br />
wenn möglich, an ihm vorüberginge. Er sagte: „Gott, dir ist<br />
alles möglich. Lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Doch<br />
es geschehe nicht, was ich will, sondern was du willst.“<br />
Er ging zurück, fand sie schlafend und sagte zu Petrus:<br />
„Simon, schläfst du etwa? Hast du nicht die Kraft, auch nur<br />
eine Stunde zu wachen? Wacht und betet, damit ihr nicht in<br />
Versuchung geratet. Euer Wollen ist stark, euer Körper mit<br />
seinen Grenzen aber macht euch schwach.“<br />
5
Wieder entfernte er sich und betete dieselben Worte noch<br />
einmal. Zum wiederholten Mal kehrte er zurück und fand sie<br />
schlafend, denn die Augen waren ihnen vor Müdigkeit<br />
zugefallen. Und sie wussten nicht, was sie ihm antworten<br />
sollten. Später kam er zum dritten Mal und sagte zu ihnen:<br />
„Schlaft noch ein wenig, und ruhet aus. Denn bald ist es so<br />
weit. Die Stunde ist gekommen, siehe, der Sohn der<br />
Menschen wird übergeben in die Hände derer, die unrecht<br />
handeln.“<br />
Susanne<br />
Die Bedrohung <strong>des</strong> Lebens ist greifbar nahe gerückt. Doch<br />
wer spürt, dass Menschen Unrecht geschieht? Wer nimmt die<br />
Zeichen der Bedrohung von Menschenwürde wahr? Wer<br />
kann wach bleiben, wenn die Not kaum zu ertragen ist?<br />
Wachet und betet.<br />
Kyrieruf 3x, Vorspiel nur Akkord, gleich singen<br />
Susanne<br />
Wir lassen auch einen unserer Steine hier liegen beim<br />
Stolperstein, der an das durchkreuzte Leben von Martha<br />
Baer erinnert.<br />
Zeichen, dass wir heute wachsam sein wollen für<br />
Bedrohungen und Leiden, die wir oft verdrängen.<br />
Zeichen, dass wir sie er-tragen wollen und uns die Kraft dazu<br />
zu wächst im Erinnern an das Leid, das Jesus getragen hat.<br />
Karin<br />
Unser Weg führt uns jetzt die Eberhardstraße entlang bis zur<br />
Ausländerbehörde (am Josef-Hirner-Platz).<br />
6
3. Station : Durchkreuzte Wege durch Migration<br />
Ort: Ausländerbehörde, Josef Hirner-Platz<br />
Worte zum Ort<br />
Karin<br />
Wir stehen hier vor der Ausländerbehörde der Stadt<br />
Stuttgart. Anlaufpunkt für Menschen, die aus anderen<br />
Ländern hier bei uns leben, bzw. hier leben wollen.<br />
Birgit Susanne Dinzinger, Beauftragte für Migration der<br />
Evang. Lan<strong>des</strong>kirche und Referentin für Migration im<br />
Diakonischen Werk Württemberg erzählt von den Frauen,<br />
die gar nicht bis hierher gelangt sind.<br />
Thema:<br />
Birgit Dinzinger<br />
Musik<br />
Bibeltext: Mk 14,55-56, 60-65a Susanne<br />
Die Hohenpriester aber und das ganze Synhedrium suchten<br />
Zeugenaussagen gegen Jesus, um ihn mit dem Ziel eines<br />
To<strong>des</strong>urteils anzuklagen. Doch sie fanden nichts. Zwar<br />
sagten viele falsch gegen ihn aus, doch die Aussagen<br />
stimmten nicht überein… Da trat der Hohepriester in die<br />
Mitte und fragte Jesus: „Antwortest du nichts auf das, was<br />
die Zeugen gegen dich aussagen?“ Er aber schwieg und<br />
sagte kein Wort. Wieder fragte ihn der Hohepriester: „Bist du<br />
der Messias, das Kind Gottes, <strong>des</strong> Lebendigen?“ Jesus<br />
antwortete: „Ich bin es, und ihr werdet die himmlische<br />
Menschengestalt zur Rechten der Macht sitzen und inmitten<br />
der Wolken <strong>des</strong> Himmels kommen sehen.“ Der Hohepriester<br />
zerriss sein Gewand und sagte: „Wofür brauchen wir noch<br />
weitere Zeugen? Ihr habt die Gotteslästerung gehört. Was ist<br />
eure Meinung?“ Sie verurteilten ihn alle, dass er mit dem<br />
Tode bestraft gehöre. Und einige begannen, ihn<br />
anzuspucken, ihm das Gesicht zu verhüllen und ihn mit<br />
Fäusten zu schlagen.<br />
7
Karin<br />
Verkannt, beschuldigt, unverstanden, sprachlos – wer<br />
erkennt, wer es ist, der zu uns gekommen ist? Wer erkennt,<br />
wer es ist, die zu uns gekommen ist? Statt Aufnahme und<br />
Verstehenwollen nur Abwehr, Ausgrenzung, Verurteilung<br />
und erniedrigende Gewalt.<br />
Kyrieruf 3 x, ohne Vorspiel<br />
Karin<br />
Wir lassen einen Stein liegen, für die Frauen, die Menschen,<br />
die ihre Heimat verlassen, um Aufnahme zu finden in einem<br />
neuen Land. Für die, die hier nicht angekommen sind und für<br />
die, die sich hier erklären müssen und Perspektiven in<br />
unserem Land suchen. Zeichen für die weltweite<br />
Gemeinschaft der Geschöpfe Gottes, die uns aufgegeben<br />
ist.<br />
Wir gehen jetzt weiter die Eberhardstraße Susanne<br />
Entlang, über die Tübingerstraße in die Marienstraße.<br />
8
4. Station: Durchkreuzte Wege – durch häusliche Pflege<br />
Ort: vor einem Pflegedienst, vor einem Drogeriemarkt<br />
Worte zum Ort:<br />
Susanne<br />
Wir stehen hier in der Marienstraße vor einem Häuslichen<br />
Krankenpflegedienst, geleitet von einer Frau. Auf der<br />
anderen Straßenseite war bis vor kurzem ein Drogeriemarkt<br />
angesiedelt, weiter oben findet sich eine Apotheke und auch<br />
ein Sanitätshaus ist nicht fern.<br />
Kunden in diesen Geschäften sind überwiegend Frauen –<br />
und sie erstehen hier ungezählte Artikel für den Pflegebedarf<br />
- vor allem zur Pflege anderer: Windeln, Fläschchen,<br />
Breigläschen, Hygieneartikel jeglicher Art, Pflaster,<br />
Mullbinden, Tabletten, Salben, Cremes, Medizinische<br />
Hilfsmittel in allen Variationen. Frauen sind die ersten<br />
Ansprechpartnerinnen, wenn es darum geht,<br />
pflegebedürftige Menschen zuhause zu versorgen.<br />
Ungefähr 2,5 Millionen Menschen werden bun<strong>des</strong>weit als<br />
pflegebedürftig eingestuft, mehr als 2/3 von ihnen ,also ca.<br />
1,7 Mio werden zu Hause versorgt, meist durch die alleinige<br />
Pflege von Angehörigen.<br />
Immer noch sind es zum größten Teil Frauen, die ihr Leben<br />
von Pflegeanforderungen durchkreuzen lassen: 75 % aller<br />
pflegenden Angehörigen sind Frauen, die ihre Eltern,<br />
Schwiegereltern, Ehemänner oder Kinder pflegen. Dazu hin<br />
ungezählte Frauen aus Osteuropa, die als Pflegekräfte an<br />
der Grenze der Legalität, ihr eigenes Leben und ihre<br />
Familien zuhause lassen und hier 24 Stunden am Tag für<br />
wenig Geld schwere Pflegearbeit übernehmen.<br />
Pflegesituationen lassen sich meist nicht von langer Hand<br />
planen, sie kommen von heute auf morgen und fordern<br />
unaufschiebbar Hilfe ein:<br />
9
ein Schlaganfall <strong>des</strong> Vaters, die zunehmende Demenz der<br />
Schwiegermutter, ein Motorradunfall der Tochter, der<br />
schwerst mehrfach behinderte Sohn, die bettlägrige Mutter,<br />
der vom Krebs gezeichnete Ehemann...<br />
Nicht nur das Leben der Betroffenen wird von heute auf morgen<br />
verändert, auch die Lebensplanungen der pflegenden Frauen<br />
werden radikal durchkreuzt. Die hohe Doppelbelastung von<br />
Berufstätigkeit und Pflege hinterlässt bleibende Spuren. Oft ist<br />
der Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit unvermeidbar, um die<br />
zunehmende Pflege bewältigen zu können, und verringert das<br />
Einkommen der Frauen, bringt ihnen Einbußen bei der Rente<br />
und erschwert den Wiedereinstig in den Beruf nach Beenedn<br />
der Pflegesituation. Pflege ist Schwerstarbeit und hinterlässt<br />
Spuren. Die pflegenden Frauen spüren die Überanstrengung<br />
am eigenen Leib, es schmerzt der Rücken, die Gelenke. Rund<br />
um die Uhr eingebunden sein, wenig Austausch haben, den<br />
Stimmungen der Pflegebedürftigen ausgesetzt und täglich mit<br />
Leid und der Endlichkeit <strong>des</strong> Lebens eng verbunden – die<br />
Frauen spüren die Überanstrengung auch an seelischen<br />
Belastungen und rutschen in Depressionen und Burn-Out.<br />
Es ist ein großer Dienst, den Frauen hier für die Menschen<br />
und die Gesellschaft tun. Dass Pflege ihre Lebenswege<br />
durchkreuzt, wird dabei in Kauf genommen.<br />
Wer sorgt für die pflegenden Frauen? Was wird dafür getan,<br />
dass häusliche Pflege nicht einseitig die Frauen belastet?<br />
Wer setzt sich ein, dass ihre Lebenswege nicht durchkreuzt<br />
bleiben?<br />
Musik<br />
10
Bibeltext: Mk 15,20 - 23<br />
Karin<br />
Sie führten ihn auf die Straße hinaus, um ihn zu kreuzigen.<br />
Da kam Simon aus dem afrikanischen Zyrene, der Vater von<br />
Alexander und Rufus, vom Feld zurück und wollte<br />
vorbeigehen. Ihn zwangen sie, den Querbalken <strong>des</strong> Kreuzes<br />
für Jesus zu tragen.<br />
Sie schleppten Jesus bis zur Anhöhe Golgota, das heißt<br />
übersetzt: Schädelplatz. Dort reichten sie ihm einen mit<br />
Myrrhe versetzten, betäubenden Wein, aber er nahm ihn<br />
nicht.<br />
Susanne<br />
Wenn Belastung zu schwer wird, können Menschen ihr<br />
Kreuz nicht mehr alleine tragen. Wer hilft die Lasten tragen?<br />
Wer lindert die Not? Wer sorgt für die Bedürftigen?<br />
Nicht alle gehen vorüber. Wer lässt sein Leben von der Not<br />
anderer durchkreuzen?<br />
Kyrieruf 3x, ohne Vorspiel<br />
Susanne<br />
Einen Stein legen wir hier ab, den Stein der pflegenden<br />
Angehörigen auf der Seele liegt, den Stein, der ihnen das<br />
Kreuz belastet, den Stein, der ihr Leben durchkreuzt, indem<br />
sie die Belastung anderer auf sich nehmen.<br />
Karin<br />
Wir gehen jetzt weiter und dann neben der Paulinenbrücke<br />
hinunter zur Kirche St.Maria.<br />
11
5. Station: Abschluss in der Marienkirche<br />
Ort: Marienkirche<br />
Karin<br />
Zum Abschluss sind wir in der Marienkirche angekommen.<br />
Nach einem langen Weg durch die Stadt können wir hier<br />
Ruhe und Schutz finden.<br />
An dieser letzten Station <strong>des</strong> diesjährigen Kreuzwegs blicken wir ins<br />
Angesicht <strong>des</strong> To<strong>des</strong>. Jesus stirbt am Kreuz. Unausweichlich war<br />
es, und gleichzeitig unbegreiflich, inakzeptabel: wie konnte das<br />
geschehen? Warum musste es so weit kommen?<br />
In diesem <strong>Jahr</strong> denken wir an dieser Station besonders an die<br />
Menschen, die ihr Leben verloren haben – in Japan: unbegreiflich,<br />
warum musste das geschehen? Und was werden die Folgen dieser<br />
Katastrophenerfahrungen auf lange Zeit sein?<br />
Wir denken auch an die Menschen, die in unserem Umfeld<br />
gestorben sind oder gewaltsam ums Leben gekommen sind.<br />
Wir denken an die Menschen, für die der Tod immer präsent ist –<br />
durch Hunger, Krieg, Gewalt.<br />
Wie die Frauen unterm Kreuz trauen, klagen, weinen wir um die<br />
Menschen, die wir für dieses Leben unwiederbringlich verloren<br />
haben.<br />
Musik<br />
12
Bibeltext: Mk 15,33- 41 Tod Jesu<br />
Susanne<br />
Um 12 Uhr breitete sich eine Finsternis im ganzen Land aus<br />
bis um 3 Uhr. Um 3 Uhr schrie Jesus laut: Elo-i, elo-i lama<br />
sabachthani? Das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott,<br />
warum hast du mich verlassen? Nochmals schrie Jesus laut<br />
auf, und sein Lebensgeist verließ ihn. Da zerriss der<br />
Vorhang <strong>des</strong> Tempels von oben bis unten in zwei Teile. Von<br />
ferne schauten Frauen zu, unter ihnen Maria aus Magdala,<br />
Maria, die Mutter von Jakobus und von Joses, und Salome.<br />
Diese Frauen waren Jesus schon in Galiläa nachgefolgt und<br />
hatten mit ihm in der Verkündigung und in der Versorgung<br />
der Gruppe gearbeitet. Und noch viele andere Frauen waren<br />
mit ihm zusammen nach Jerusalem gezogen.<br />
Karin<br />
Jesus schreit laut auf für die vielen geschundenen,<br />
erniedrigten, getöteten Menschen unserer Tage. Die Frauen<br />
sind bei ihm geblieben. Von weitem schauen sie zu...<br />
Susanne<br />
Wir lassen einen Stein auch hier in der Kirche.<br />
Zeichen für die Menschen, die wir in diesem <strong>Jahr</strong> dem Tod<br />
übergeben mussten.<br />
Kyrieruf 3 x<br />
13
Karin<br />
Jesus stirbt.<br />
Sein Leichnam wird bedeckt mit einem Leichentuch,<br />
eingewickelt und umhüllt wird sein nackter Körper von<br />
leichtem Gewebe.<br />
Einst hatte Maria ihn in Windeln gewickelt,<br />
jetzt wickeln ihn die Frauen in ein Leichentuch.<br />
Verletzt<br />
Verwundet<br />
Offene Stellen<br />
An Haut und Herz<br />
Gott, woher kommt mir Hilfe?<br />
Wo Heilung aussteht<br />
Ein zarter Stoff<br />
Ein schützen<strong>des</strong> Gewebe<br />
Wenigstens<br />
Wo Nacktheit und Tod ist<br />
Ein bergen<strong>des</strong> Tuch<br />
Wenigstens.<br />
Ein Stück Stoff, ein Wundtuch wollen wir Ihnen mitgeben für<br />
Ihren Weg. Für Sie selbst oder Menschen, die es benötigen.<br />
Wer mag kann sich eines holen, hier vorne sind sie an<br />
verschiedenen Stellen ausgelegt.<br />
Dazu singen wir das Lied: Ach berge meine Tränen’,<br />
einfach mehrmals, bis alle wieder an ihren Plätzen sitzen.<br />
(Wundtücher von vorne holen)<br />
14
Beide gehen nach vorne<br />
Worte der Ermutigung<br />
vom Propheten Jesaja, auch uns heute<br />
zugesagt:<br />
Susanne<br />
Ihr, die ihr verzweifelt seid und verzagt:<br />
Stärkt die müden Hände und macht fest die<br />
zitternden Knie.<br />
Lasst die Angst nicht Macht über euch<br />
gewinnen.<br />
Bestärkt einander, es zählt jeder einzelne,<br />
jede wird gebraucht.<br />
Macht euch kundig, seht hin, schaut nicht<br />
weg,<br />
benennt das Übel beim Namen und<br />
verbündet euch untereinander.<br />
Stellt euch an die Seite der Verfolgten.<br />
Sagt denen, denen die Angst ins Gesicht<br />
geschrieben steht:<br />
Die Gewalt hat nicht das letzte Wort.<br />
Entzieht dem Hass den Boden und stellt euch<br />
der Zerstörung entgegen.<br />
Dann wird man euch glauben, wenn ihr sagt:<br />
Gottes Geist ist unsere Kraft und Stärke.<br />
15
Kollekte<br />
Karin<br />
Wir sammeln eine Kollekte für das Beratungszentrum für<br />
traumatisierte Flüchtlinge der Evangelischen Gesellschaft<br />
Stuttgart. Dort gibt es ein Nähprojekt für Flüchtlingsfrauen.<br />
Frauen, die Gewalt, Krieg und Vertreibung erlebt haben,<br />
erfahren hier besondere Unterstützung und können wieder<br />
Perspektiven für ihr Leben entwickeln. Sie erleben ihr<br />
eigenen Ressourcen und Begabungen, sie können ihre Kraft<br />
wiederentdecken und erleben Gemeinschaft.<br />
Am Ausgang stehen Körbchen dafür bereit.<br />
Herzlich eingeladen sind Sie, sich nach diesem langen Weg<br />
mit einem Stück Brot und einem Glas Wasser zu stärken.und<br />
noch – wer mag – einen Moment hier in der Kirche zu<br />
verweilen.<br />
Segen<br />
Zu guter Letzt<br />
reicht einander die Hände<br />
und schöpft Mut in den Augen der andern.<br />
Zu guter Letzt<br />
übergeben wir in die Hände Gottes,<br />
was wir nicht halten und heilen können.<br />
Zu guter Letzt<br />
wirst du uns die Tränen abwischen<br />
und unter uns wohnen.<br />
Susanne<br />
So segne uns Gott,<br />
mit der Kraft deiner stützenden Hände<br />
mit der Zärtlichkeit deiner tröstenden Hände<br />
mit der Hoffnung deiner heilenden Hände.<br />
Amen.<br />
16