BILDUNG SCHWEIZ 7/8 I <strong>2012</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
BILDUNG SCHWEIZ 7/8 I <strong>2012</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AKTUELL Mangel an Lehrpersonen: Keine Entwarnung Die grossen Pädagogischen Hochschulen der Schweiz melden stark wachsende Studierendenzahlen . Ist damit eine Trendwende <strong>beim</strong> Mangel an Lehrerinnen und Lehrern schon abzusehen? Der <strong>LCH</strong>, der die Entwicklung seit Jahren intensiv beobachtet, sagt klar nein . Hier ein Auszug aus der aktualisierten Situationsbeurteilung . Der Verband der Schulleiterin nen und Schulleiter Schweiz VS<strong>LCH</strong> erfragte Ende Mai <strong>2012</strong> wiederum die Stellensituation an den Schulen der Deutsch schweiz. Das Ergebnis: Schul leitende finden zu wenig qua- lifizierte Lehrpersonen. Fast 40% der Befragten erachteten die im letzten Sommer vorge nommenenStellenbesetzun gen als «teilweise ungenügend» oder «ungenügend». Daniel Lang In der Volksschule ist die Rek rutierung für die Sekundar stufeI nach wie vor besonders schwierig. Hier geben 60% der Schulleitenden an, grosse Schwierigkeiten bei der Stel lenbesetzung zu haben. Adäquate Diplome fehlen Schulleitungen sehen sich ge zwungen, Lehrpersonen ohne adäquate Ausbildung einzu stellen. Das wirkt sich auf die Zusammensetzung des Lehr körpers aus und gefährdet die Qualität des Unterrichts. Lehrpersonen verfügen in vie len Fällen nicht mehr über ein adäquates Diplom. Eine Studie des Büro BASS im Kanton Graubünden aus dem Jahr 2010 ergab, dass – je nach An spruchsniveau – auf der Ober stufe nur ein Viertel bis ein Fünftel in allen Fächern ein entsprechendes Diplom be sitzt. Mit einer Lehramtsausbildung und entsprechenden pädago gisch-didaktischenFähigkei ten können hingegen nicht per se alle Fächer unterrichtet werden. Um beispielsweise Fremdsprachen oder Natur wissenschaften in hoher Quali tät zu unterrichten, braucht es sowohl fachliche wie fachdi daktische Grundlagen. Im Kanton Solothurn verfügt ein Drittel der Lehrpersonen auf Sekundarstufe I nicht über das entsprechende Diplom; im Kanton Luzern ist es ein Vier tel. Am gravierendsten ist die Situation bei den Schulischen Heilpädagogen/innen, wo viel fach mehr als die Hälfte der Lehrpersonen nicht über ein entsprechendes Diplom ver fügt. Neben Lehrpersonen, die kein adäquates Fach- oder Stufendi Zwei Drittel der Schulleitenden haben Mühe, Stellen adäquat zu besetzen . 7,8% schätzen die Lage gar als hoffnungslos ein . plom haben, gibt es solche, de nen jegliches Lehrdiplom fehlt. Das sind entweder Berufsleute, die einzelne Fächer abdecken, oder Studierende Pädagogi scher Hochschulen, die schon vor Abschluss der Ausbildung unterrichten. Im Kanton Bern waren dies im Schuljahr 2011/12 immerhin 2% oder 272 Personen. Situationen, in denen sich sehr wenige oder unter Umständen gar keine geeigneten und qua lifizierten Lehrkräfte bewerben, sind längst keine Seltenheit mehr. Um den Schulbetrieb sicherzustellen, senken Schul leitungen gezwungenermassen die Ansprüche. Dieser qualita tive Lehrermangel wird in Zahlen nicht ausgewiesen. «Viele Schulleitende sind ge zwungen, Stellen mit unzurei chend qualifizierten Lehrper sonen zu besetzen. Qualitäts verluste müssen die Schullei tenden und das Kollegium mit Zusatzarbeit auffangen. Dies belastet die Betroffenen, was zu Kündigungen führen kann und die Negativspirale weiter ankurbelt», schreibt der Schul leiterverband in seiner Me dienmitteilung vom 10. Juni. 17 Problembereiche Besonders betroffen sind die Realschulstufe, Sonderpädago gik, Hauswirtschaft und Ma thematik. Sehr schwierig ist es, auf der Sekundarstufe II für fol gende Fächer adäquat ausge bildete Lehrpersonen zu fin den: Mathematik, Informatik, Physik, Chemie, Wirtschaft & Recht sowie zunehmend auch Französisch. Schulische Heil pädagoginnen und Heilpäda gogen gibt es auf allen Stufen zu wenig. Hier konnten im Schuljahr 2011/12 nicht alle Stellen besetzt werden. Durch Wegfall der Ausbildun gen zur Lehrperson Werken und Lehrperson Handarbeit respek tive Hauswirtschaft ist auch in diesen Fächern die Stellenbe setzung schwierig geworden. Die Situation wird sich in den kommenden Jahren verschär fen, wobei es regional und je nach Stufe grosse Unterschiede gibt. Mehr Pensionierungen Während der Anteil der über 50-Jährigen 1998 noch 20% des Lehrkörpers ausmachte, sind es derzeit 35%. Dieser Wert Rund 40% der Rekrutierten entsprachen nicht den Anforderungen (Zahlen der Ostschweizer Kantone) . Grafiken: VSL CH