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328 Döhring, Helge - Anarcho-Syndikalismus in Ostpreußen

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auszahlen ließ, welche ihm die Nazis wegen se<strong>in</strong>er Verdienste im Kampf gegen die<br />

revolutionäre Arbeiterbewegung zugestanden.<br />

4. Die Seeschifffahrt<br />

Der Polizeidirektion Bremen lag 1922 e<strong>in</strong>e Liste von verme<strong>in</strong>tlichen Vere<strong>in</strong>slokalen der<br />

„Industrial Workers of the World“ (IWW) <strong>in</strong> folgenden Städten vor:<br />

Hamburg, Stett<strong>in</strong>, Bremen, Emden, Lübeck, Kiel, Rostock, Wismar, Danzig, Pillau,<br />

Sw<strong>in</strong>emünde, Königsberg, Memel, Bremerhafen, Brake und Nordenham.(23)<br />

In Königsberg hatte der Deutsche Schifffahrtsbund, im Jahre 1922 am Lizentgraben se<strong>in</strong><br />

Lokal. Der Kassierer des DSB für Königsberg sei Julius Mottens, der daselbst wohne und<br />

gleichzeitig Inhaber der Gaststätte sei. Von Verb<strong>in</strong>dungen des DSB zur IWW wurde nichts<br />

vermerkt. Zudem wurden von den örtlichen Polizeibehörden ke<strong>in</strong>e Aktivitäten „l<strong>in</strong>ksradikaler“<br />

Seeleute <strong>in</strong> Königsberg festgestellt.(24) Ähnliches ließ im gleichen Jahr die Polizeiverwaltung<br />

<strong>in</strong> Pillau verlauten: „Die Gastwirtschaft von Henri Hammer, Holzwiese 5, ist Vere<strong>in</strong>slokal des<br />

‚Deutschen Schifffahrtsbundes’“.(25)<br />

Dieser sei nicht der IWW zugehörig. In Memel hatte der Deutsche Seemannsbund e<strong>in</strong> Lokal<br />

mit dem Restaurant Kylau „Am W<strong>in</strong>terhafen“ als Zahlstelle. Jedoch meldete auch die hiesige<br />

Polizeistelle ke<strong>in</strong>erlei Versammlungen „l<strong>in</strong>ksradikaler“ Art:<br />

„Auch sonst ist die IWW hier <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung getreten.“(26)<br />

Sowohl die IWW als auch der Deutsche Schifffahrtsbund, welcher aus dem Deutschen<br />

Seemannsbund hervorg<strong>in</strong>g, standen der anarcho-syndikalistischen Organisation<br />

phasenweise sehr nahe. Die IWW, 1905 gegründet und mit zeitweise 100.000 Mitgliedern<br />

weltweit, stellte vor allem e<strong>in</strong>e klassenkämpferische Organisation für prekär Beschäftigte<br />

Arbeiter dar. Dazu zählte vor allem die Schifffahrt. Das erklärt auch die Unsicherheit bei den<br />

polizeilichen Ermittlungen <strong>in</strong> Bezug auf die deutschen Vere<strong>in</strong>igungen, welche mehrere<br />

tausend Mitglieder von der Memel bis zur Ems vere<strong>in</strong>igen konnte. Der Deutsche<br />

Seemannsbund gehörte von 1918 bis 1920 der FAUD an, trat dann jedoch <strong>in</strong> den<br />

Zentralverband über und der Roten Gewerkschafts<strong>in</strong>ternationale (RGI) bei, was zum Bruch<br />

mit den <strong>Anarcho</strong>-Syndikalisten führte. Andernorts verbanden sich syndikalistische<br />

Hafenarbeiter direkt mit den Seeleuten und g<strong>in</strong>gen so e<strong>in</strong>e organisatorische Verb<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>.<br />

Für Königsberg gab es ke<strong>in</strong>e Hafenarbeiterföderation. Der Schwerpunkt syndikalistischer<br />

Organisation lag im Baubereich.<br />

5. E<strong>in</strong> Streik der Hafenarbeiter<br />

Dass es selbst <strong>in</strong> der tiefen Prov<strong>in</strong>z <strong>Ostpreußen</strong> zu bemerkenswerten Erhebungen <strong>in</strong><br />

Küstengebiet kommen konnte, macht folgendes Beispiel deutlich:<br />

Die Hafenarbeiter Königsberg befanden sich seit dem 01. Juni 1931 im Streik.<br />

Dieser wurde organisiert von „Die Internationale der Seeleute und Hafenarbeiter“.<br />

Als Gegner stellten sich der Zentralverband und die Streikbrecherorganisation „Technische<br />

Nothilfe“ (THW-Vorläufer) heraus: „Die Königsberger Hafenarbeiter schützen ihren Kampf<br />

durch Massenstreikschutz“.<br />

Der Streik war überschrieben mit „Kampf dem Lohnraub!“ und richtete sich auch gegen den<br />

dazugehörigen Schiedsspruch: „Hafenarbeiter! Nehmt überall sofort Stellung zum Kampf<br />

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