Therapeutisches Lernarrangement: Gestaltend Tätigsein ...
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III. Handlungsspielräume<br />
Die persönlichen Handlungsspielräume ergeben sich aus den (Selbst-)<br />
Erfahrungen, die der Leiter des Therapeutischen <strong>Lernarrangement</strong>s gesammelt hat.<br />
Entsprechend seiner Vorerfahrung, seiner Schwerpunkt- und Zielsetzung, seinem<br />
anthropologischen Verständnis etc. werden seine Arbeitsweise, seine Beobachtungen<br />
und sein Verhalten während der Schaffensphase geprägt und damit seine<br />
Handlungsspielräume bestimmt.<br />
Die fachlichen Handlungsspielräume sind trotz (oder gerade aufgrund) des engen<br />
Rahmens, den vor allem das Material, die Zeit (90 Minuten) und die Themenstellung<br />
vorgeben, sehr groß. Die Aufgabenstellung und die Wahl der Sozialform (kooperative<br />
Einzelarbeit) erlauben eine enorme Tiefe und Bandbreite von Handlungsformen. Die<br />
individuellen Kompetenzen, seien es motorische Fertigkeiten, erworbenes Wissen<br />
(hier z.B. um Dinosaurier, Reptilien u.ä.) und Fertigkeiten im Umgang mit dem Material<br />
(hier mit Ton) können in jeder Form umgesetzt werden:<br />
Das eine Kind kann sich mit seinem perfektionistischen Drang auf die detailgenaue<br />
Ausgestaltung seines Monsters konzentrieren, während das andere Kind mehr<br />
Freude daran hat, intuitiv zu matschen und sich zu überlegen, welche schauerlichen<br />
Geräusche sein Sumpftier wohl macht. Auch Kinder mit Schwierigkeiten im<br />
feinmotorischen Bereich können eine „gute“ Gestalt finden, indem sie ein größeres<br />
Monster erschaffen, mit gröberen Gliedmaßen. Überhaupt lässt sich gerade bei<br />
dieser Aufgabenstellung den Kindern sehr gut vermitteln, dass alles gut und richtig ist,<br />
was sie gestalten: Es handelt sich zum einen um Monster, die nicht ebenmäßig und<br />
gut proportioniert sein müssen. Zum anderen handelt es sich um Phantasiegestalten,<br />
die keine reale Natur abbilden. Somit ist zwangsläufig alles gut, was aus und von den<br />
Kindern kommt.<br />
Die Grundfertigkeiten im Umgang mit Ton (Kneten, Schlagen, Rollen, Wässern) sollen<br />
in der Hinführung zur Schaffensphase einfließen lassen, jedoch nicht im Detail<br />
eingeführt oder gar geübt werden. Das elementare Arbeiten mit Ton setzt meiner<br />
Ansicht nach voraus, dass die Schüler intuitiv mit dem Werkstoff umgehen können.<br />
Additive Techniken wie Anschlickern oder Plattentechnik gehören außerdem verstärkt<br />
in den Bereich des Töpferns.<br />
Für entscheidend halte ich, dass das Material Ton für die Schüler immer sehr reizvoll<br />
ist. Das Matschen, Formen und „Dreckeln“ lieben die Schüler in der Regel sehr. Diese<br />
Tatsache ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass alle Schülerinnen und Schüler<br />
und Schüler mit Mut, Lust und Zutrauen an die Arbeit herangehen.<br />
Eine große Chance, die diese Arbeitsweise heute bieten kann, ist meiner Erfahrung<br />
nach, dass sich alle Schülerinnen und Schüler mit ihren ureigensten, persönlichen<br />
Sichtweisen, Erwartungen, Einstellungen und auch Verhaltensweisen ausdrücken und<br />
einbringen können - und dies zwangsläufig auch tun. Selbst diejenigen, die aus<br />
Protest oder zur Provokation nur „Müll“ produzieren wollen, gestalten eine Form, die<br />
gut ist und Teil einer Geschichte sein kann.<br />
Für die diagnostische Arbeit sind gerade auch verworfene, zerstörte („geschlachtete“)<br />
und verweigerte Produkte sehr bedeutsam, weil sie auch einen Teil der Persönlichkeit<br />
des Gestalters ausdrücken (- der Gestaltungsprozess ist der neuen Gestalt<br />
gleichwertig).