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Therapeutisches Lernarrangement: Gestaltend Tätigsein ...

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<strong>Therapeutisches</strong> <strong>Lernarrangement</strong>:<br />

<strong>Gestaltend</strong> Tätigsein Moormonster, Sumpfhexen und Dreckferkeleien<br />

Marcus Adrian, Vinzenz-von-Paul-Schule Schönebürg<br />

I. Einordnung des Konzepts in den curricularen Rahmen der Unterstufe<br />

Förderschule<br />

Das Therapeutische <strong>Lernarrangement</strong> hat inhaltlich wie auch organisatorisch eine<br />

gewisse Sonderstellung im Schulalltag. Ich möchte es bewußt nicht integrieren in<br />

laufende Projekte oder verbinden mit anderen Fächern. Die Schülerinnen und<br />

Schüler sollen innerhalb der kreativ-schöpferischen Einheiten keine<br />

Anknüpfungspunkte finden zu den Dingen, an denen sie gerade noch arbeiten und<br />

die sie kognitiv beschäftigen. Dadurch möchte ich ihnen einen Freiraum geben, der<br />

es ihnen ermöglicht, abzuschalten und sich auf das kreative Schaffen einzulassen.<br />

Dennoch werden mehr oder weniger zwangsläufig Aspekte angesprochen, die Wissen<br />

und Fertigkeiten aus den Fächern HuS (Tierarten, Lebensräume), Bildende Kunst<br />

(Arbeiten mit Materialien, Werkzeugen) und Deutsch (Lesen, Beschreiben,<br />

Geschichten erfinden) berühren.<br />

Das hier organisierte Setting ist Teil des insgesamt 17 Einheiten à 2 Schulstunden<br />

umfassenden Therapeutischen <strong>Lernarrangement</strong>s „Tiere gestalten“. Jede Einheit<br />

besteht aus einem festen, stabilisierenden Rahmen und einer immer neuen variierten<br />

Schaffensphase.<br />

Den Rahmen bilden folgende Phasen:<br />

1. Impuls: Den Einstieg ins <strong>Lernarrangement</strong> bildet jeweils ein zur Technik oder<br />

Aufgabenstellung passender Impuls im (Stuhl-)Kreis. Dies kann ein Spiel, eine<br />

Bewegungseinheit, eine Phantasiereise, eine Massage, auch ein Text usf. sein.<br />

2. Einführung: Nach dem immer gleichen Muster werden die aktuellen Handlungsund<br />

Arbeitsschritte eingeführt. Dazu werden die jeweiligen Schilder (Piktogramme +<br />

Text) gelesen und besprochen: „Was wir brauchen:“ „So wird es gemacht:“<br />

3. Kontext: Die Techniken, Materialien und inhaltlichen Schwerpunktsetzungen<br />

variieren von Einheit zu Einheit. Jede Schaffenseinheit hat jedoch denselben<br />

inhaltlichen Kontext. Es geht immer darum, Tiere zu erschaffen. Dieser stabile<br />

Kontext verschafft den Kindern die nötige Sicherheit, die sie brauchen, um Ideen zu<br />

entwickeln und um ihrer Phantasie immer größere Freiräume zugestehen zu<br />

können.<br />

4. Auswertung: Nach jeder Einheit werden die Produkte der Kinder in den<br />

Mittelpunkt gestellt. Die Kinder erzählen, erklären, zeigen, spielen, bewerten,<br />

kommentieren.....<br />

Sie erklären ihren Mitschülern, was es mit ihrem Tier auf sich hat. Oder sie lassen<br />

sie raten, um welches Tier es sich handelt. Oder aber sie erfinden aus ihren Tieren<br />

eine kleine Geschichte, die sie am Ende dem Plenum vorstellen.<br />

II. Das Therapeutische <strong>Lernarrangement</strong> „<strong>Gestaltend</strong> Tätigsein“<br />

Die persönliche Zugangsweise zu dieser Form des (Kunst-) Unterrichts, das eigene<br />

Verständnis von Kunsterziehung und die Ziele, die der Leiter mit dem<br />

Therapeutischen <strong>Lernarrangement</strong> verfolgt, bestimmen ganz wesentlich die Art und<br />

Weise, wie die Kinder arbeiten und sich ausdrücken (können). Aus diesem Grund


sollen hier zunächst, als inhaltliche Grundüberlegungen, meine Sichtweise und meine<br />

Prämissen formuliert werden:<br />

• Die Personen und die Beziehungen untereinander müssen nach meinem<br />

Verständnis wesentlich deutlicher im Mittelpunkt stehen als dies im<br />

kunsterzieherischen Unterricht der Fall ist, in dem traditionell das<br />

Handlungsprodukt und die handlungsleitenden Theorien im Vordergrund stehen.<br />

• Die unterrichtlichen Rahmenbedingungen (Setting / Arrangement) müssen den<br />

Kindern auf der einen Seite Sicherheit verleihen und auf der anderen Seite<br />

Freiräume eröffnen, die individuelle Kreativität und gestalterisches Arbeiten<br />

möglich machen.<br />

Diese beiden Bedingungen finden sich auch als Grundbausteine in der Kunsttherapie<br />

wieder oder aber auch im Therapeutischen <strong>Lernarrangement</strong> „<strong>Gestaltend</strong> Tätigsein“,<br />

wie es Wittoch unter anderem für die pädagogische Arbeit in Kindergärten und<br />

Schulen, also für Erzieherinnen, Erzieher und Lehrerinnen, Lehrer, entwickelt hat. Im<br />

Gegensatz zur Kunsttherapie verfolgt das Therapeutische <strong>Lernarrangement</strong> jedoch<br />

keinen (klinisch tiefenpsychologisch-orientierten) psychotherapeutischen Anspruch.<br />

Als Prämisse gilt lediglich:<br />

• Gestalter, Gestaltungsprozess und die neue Gestalt sind gleichwertig.<br />

Diese drei Grundbedingungen sollen dem gemeinsamen Schaffen in dieser<br />

spezifischen Form zu Grunde gelegt werden.<br />

Die Ziele und Vorgehensweisen, die Wittoch für das Therapeutische <strong>Lernarrangement</strong><br />

formuliert, sind die Grundlage meiner Anpassung des Konzepts an meine<br />

anthropologische Grundeinstellung, meine persönliche Arbeitsweise, an meine<br />

Schülerinnen und Schüler und Schüler und an mein Verständnis von einem<br />

förderlichen (therapeutischen) Setting.<br />

Ziele des Therapeutischen <strong>Lernarrangement</strong>s sind:<br />

1. Gestalten in Gang setzen.<br />

2. Barrieren beiseite schieben, die der schöpferischen Kraft im Wege stehen.<br />

3. Vertrauen in die eigene schöpferische Kraft finden.<br />

4. Offenheit für das entwickeln, was aus oder von uns kommt.<br />

Grundsätze für die Arbeit im Therapeutischen <strong>Lernarrangement</strong>:<br />

1. Vor der organisatorischen steht die persönliche Vorbereitung, Selbsterfahrung ist<br />

die Grundlage dafür, dass ich das Therapeutische <strong>Lernarrangement</strong> leiten kann.<br />

Ich muss selbst erfahren haben, welche Chancen diese Unterrichtsform bieten<br />

kann, welche Elemente wichtig sind, wie es ist, an gestalterische Grenzen zu<br />

kommen, usf.<br />

2. Die organisatorischen Vorbereitungen:<br />

a) Absprachen mit Hausmeister, Schulleitung, Lehrern, ...<br />

(Beispiel: dürfen die Produkte liegen bleiben?)<br />

b) Störquellen beseitigen. Dazu ist es wichtig, die individuellen (Lern-)<br />

Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler und Schüler gut zu kennen.<br />

(Beispiel: Ist es einem Kind nicht möglich, „seinen“ Platz zu wechseln?)<br />

3. „Vertrautes verhindert Gewahrwerden“: In der Auswahl der Arbeitstechnik und des<br />

Materials sollte bedacht werden, dass erworbene Erkenntnisse die Wahrnehmung<br />

leiten. Ungegenständliches Arbeiten, das „Auf den Kopf stellen“ von Alltäglichem


oder das Erfinden von Phantasiewesen kann Blockaden durch vertraute<br />

Wahrnehmung vermeiden. (Beispiel: Ausschneiden ist für viele Kinder ein Horror.<br />

Deshalb sollten Schablonen o.ä. bereits vorgefertigt angeboten werden, um<br />

Blockaden zu vermeiden.)<br />

4. Das Material als entscheidende Wirkkomponente muss auch diejenigen<br />

ansprechen, deren Zutrauen in ihre kreativen und schöpferischen Kräfte gering ist.<br />

Es muss zum Bearbeiten, Gestalten, Umfunktionieren anregen und zu einer „guten“<br />

Gestalt führen. (Die Ansprüche der Kinder sind sehr hoch.)<br />

5. Dem Leiter kommt während des Gestaltens die Rolle des begleitenden<br />

Beobachters zu. Er soll nur in Notfällen (Störungen) eingreifen. Wenn für ihn<br />

ersichtlich ist, dass sich ein Schüler räumlich oder geistig vom Tätigkeitsprozess<br />

entfernt hat, soll er den Schüler vor die bewusste Entscheidung stellen:<br />

„Weiterarbeiten oder Aufhören“. Beides ist sinnvoll, muss aber entschieden<br />

werden.<br />

Der Begleiter sollte sich frei machen von dem Zwang, dass etwas „so“ sein muss.<br />

Es gibt im gestalterischen Ausdruck kein „richtig“ und kein „falsch“, kein „gut“ und<br />

kein „schlecht“. Er ist damit offener für die eigene Gestimmtheit und die<br />

Wahrnehmung der Stimmungen und Prozesse im Raum.<br />

6. „Einzelarbeit mit erwünschter Kooperation“. Einzelarbeit ist grundlegend wichtig, um<br />

individuelle Prozesse in Gang zu setzen, individuelle Ergebnisse zu erzielen,<br />

individuellen Ausdruck zu ermöglichen. Oft verhindern Barrieren diesen Ausdruck<br />

und dann ist Kooperation im Sinne von Abgrenzung oder Imitation gut und sinnvoll.<br />

Die gegenseitige Anteilnahme am kreativen Schaffensprozess ist somit erlaubt und<br />

erwünscht. Sie regt zum Experimentieren an und vermittelt neue Perspektiven.<br />

7. Der Gestaltungsprozess ist ebenso wichtig wie die neue Gestalt und der Gestalter<br />

selbst (s.o.): Es ist deshalb in Ordnung, wenn kreative Prozesse später oder gar<br />

nicht einsetzen. Es ist ebenso in Ordnung, wenn das Kind sein fertiges Produkt<br />

oder seinen Entwurf zerstört. Oftmals stellt das zerstörte einen wesentlich klareren<br />

und echteren Ausdruck dar als das „perfekte“ Produkt.<br />

Zwei Arbeitsgänge beim schöpferischen Gestalten sollen den Schaffensprozess<br />

strukturieren. Sie sind dem natürlichen Vorgehen von Kindern beim Umgang mit<br />

neuen Materialien abgeschaut:<br />

1. Arbeitsgang: Vertiefung oder Versenkung in den Gegenstand, das Material.<br />

Die Eigengesetzlichkeit des Materials prägt schöpferisches<br />

Gestalten:<br />

„Was ist das Eigentümliche an dem Gegenstand, Material?“<br />

„Was kann ich (noch) darin sehen?“<br />

„Welche Besonderheiten verleihen ihm seine Gestalt?“<br />

2. Arbeitsgang: Selbständiges Gestalten, Ausführen, Verwirklichen ...<br />

... nicht der Natur, sondern einer zunächst nur vagen Vorstellung.<br />

Wahrnehmung und Gestalten gehören zusammen, machen den<br />

schöpferischen Ausdruck erst möglich:<br />

Während des Gestaltens bleibt die Wahrnehmung als Vorstellung<br />

präsent. Und während des Wahrnehmens entstehen bereits unbewusste<br />

Vorstellungsbilder von der zu verwirklichenden Gestalt. Dies gilt für das<br />

gegenständlich-realistische, in erhöhtem Maße aber für das<br />

ungegenständliche und gegenstandsfreie und gegenständlichphantastische<br />

Arbeiten.


III. Handlungsspielräume<br />

Die persönlichen Handlungsspielräume ergeben sich aus den (Selbst-)<br />

Erfahrungen, die der Leiter des Therapeutischen <strong>Lernarrangement</strong>s gesammelt hat.<br />

Entsprechend seiner Vorerfahrung, seiner Schwerpunkt- und Zielsetzung, seinem<br />

anthropologischen Verständnis etc. werden seine Arbeitsweise, seine Beobachtungen<br />

und sein Verhalten während der Schaffensphase geprägt und damit seine<br />

Handlungsspielräume bestimmt.<br />

Die fachlichen Handlungsspielräume sind trotz (oder gerade aufgrund) des engen<br />

Rahmens, den vor allem das Material, die Zeit (90 Minuten) und die Themenstellung<br />

vorgeben, sehr groß. Die Aufgabenstellung und die Wahl der Sozialform (kooperative<br />

Einzelarbeit) erlauben eine enorme Tiefe und Bandbreite von Handlungsformen. Die<br />

individuellen Kompetenzen, seien es motorische Fertigkeiten, erworbenes Wissen<br />

(hier z.B. um Dinosaurier, Reptilien u.ä.) und Fertigkeiten im Umgang mit dem Material<br />

(hier mit Ton) können in jeder Form umgesetzt werden:<br />

Das eine Kind kann sich mit seinem perfektionistischen Drang auf die detailgenaue<br />

Ausgestaltung seines Monsters konzentrieren, während das andere Kind mehr<br />

Freude daran hat, intuitiv zu matschen und sich zu überlegen, welche schauerlichen<br />

Geräusche sein Sumpftier wohl macht. Auch Kinder mit Schwierigkeiten im<br />

feinmotorischen Bereich können eine „gute“ Gestalt finden, indem sie ein größeres<br />

Monster erschaffen, mit gröberen Gliedmaßen. Überhaupt lässt sich gerade bei<br />

dieser Aufgabenstellung den Kindern sehr gut vermitteln, dass alles gut und richtig ist,<br />

was sie gestalten: Es handelt sich zum einen um Monster, die nicht ebenmäßig und<br />

gut proportioniert sein müssen. Zum anderen handelt es sich um Phantasiegestalten,<br />

die keine reale Natur abbilden. Somit ist zwangsläufig alles gut, was aus und von den<br />

Kindern kommt.<br />

Die Grundfertigkeiten im Umgang mit Ton (Kneten, Schlagen, Rollen, Wässern) sollen<br />

in der Hinführung zur Schaffensphase einfließen lassen, jedoch nicht im Detail<br />

eingeführt oder gar geübt werden. Das elementare Arbeiten mit Ton setzt meiner<br />

Ansicht nach voraus, dass die Schüler intuitiv mit dem Werkstoff umgehen können.<br />

Additive Techniken wie Anschlickern oder Plattentechnik gehören außerdem verstärkt<br />

in den Bereich des Töpferns.<br />

Für entscheidend halte ich, dass das Material Ton für die Schüler immer sehr reizvoll<br />

ist. Das Matschen, Formen und „Dreckeln“ lieben die Schüler in der Regel sehr. Diese<br />

Tatsache ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass alle Schülerinnen und Schüler<br />

und Schüler mit Mut, Lust und Zutrauen an die Arbeit herangehen.<br />

Eine große Chance, die diese Arbeitsweise heute bieten kann, ist meiner Erfahrung<br />

nach, dass sich alle Schülerinnen und Schüler mit ihren ureigensten, persönlichen<br />

Sichtweisen, Erwartungen, Einstellungen und auch Verhaltensweisen ausdrücken und<br />

einbringen können - und dies zwangsläufig auch tun. Selbst diejenigen, die aus<br />

Protest oder zur Provokation nur „Müll“ produzieren wollen, gestalten eine Form, die<br />

gut ist und Teil einer Geschichte sein kann.<br />

Für die diagnostische Arbeit sind gerade auch verworfene, zerstörte („geschlachtete“)<br />

und verweigerte Produkte sehr bedeutsam, weil sie auch einen Teil der Persönlichkeit<br />

des Gestalters ausdrücken (- der Gestaltungsprozess ist der neuen Gestalt<br />

gleichwertig).


IV. Lehrziele<br />

• Die Schülerinnen und Schüler sollen im Einstieg Gelegenheit bekommen, ihre<br />

Vorstellungen von Monstern und anderen gruseligen Nachtgestalten frei zu äußern<br />

und ihrem Drang, die schauerlichen Geräusche und das gefährlichen Gebaren<br />

dieser Wesen zu imitieren, nachzugeben.<br />

Gleichzeitig sollen die Schülerinnen und Schüler für die Eigentümlichkeiten von<br />

diesen Phantasiewesen sensibilisiert werden, was sich später für die<br />

Schaffensphase produktiv auswirken kann.<br />

• Oberstes Ziel für die kreative Schaffensphase ist es, dass bei den Schülerinnen<br />

und Schülern ein kreativer Prozess in Gang gesetzt wird. Es ist dabei gerechtfertigt,<br />

dass dieser Prozess bei jedem Schüler zu einem anderen Zeitpunkt einsetzt.<br />

• Die Schülerinnen und Schüler sollen sich durch Imitation und Abgrenzung, durch<br />

Beratung und Hilfestellung in ihrem kreativen Schaffen auch gegenseitig anregen<br />

(lassen) können.<br />

• Die Schülerinnen und Schüler sollen in der kreativen Einzelarbeit Zutrauen in ihre<br />

schöpferischen Fähigkeiten gewinnen können. Es soll ihnen vermittelt werden,<br />

dass auch das Verwerfen oder Zerstören einer angefangenen Gestalt in Ordnung<br />

ist, weil selbst dies einen legitimen Schritt innerhalb des kreativen Prozesses<br />

darstellt.<br />

V. Handlungsziele der Schülerinnen und Schüler<br />

• Im Impuls können sich sicherlich die meisten Schülerinnen und Schüler in die<br />

Gruselgeschichte eindenken und sich diverse Moormonster vorstellen, für einige<br />

wird es schwierig sein, Gebärden und Geräusche der Phantasiewesen auch<br />

darzustellen. Die Darstellung ist deshalb ein freiwilliges Angebot.<br />

• Der taktile Reizcharakter des Werkstoffes bringt es mit sich, dass vor allem jüngere<br />

Kinder völlig von dessen Beschaffenheit fasziniert sind und somit gerne das<br />

gestalterische Ziel aus den Augen verlieren.<br />

• Die Schaffensphase sollte möglichst in Einzelarbeit geschehen, was eine individuell<br />

kreative Auseinandersetzung ermöglichen soll. Kooperation durch Imitation oder<br />

Abgrenzung ist dann wünschenswert, wenn Blockaden dadurch umgangen werden.<br />

Ständiges Kooperieren verhindert jedoch eigene Kreativität.<br />

• Der Austausch über die Tiere am Ende der Stunde kann schwierig sein, weil zwar<br />

die meisten, jedoch nicht alle Schülerinnen und Schüler in der Lage sind,<br />

zuzuhören. Diese soziale Kompetenz ist aber ein wichtiges (Fern-) Ziel. Aus diesem<br />

Grund findet immer am Ende einer Einheit eine Plenumsrunde statt, bei der die<br />

Schülerinnen und Schüler lernen sollen, sich an Gesprächsregeln zu halten.<br />

V. Stundenverlauf und Begründung der Ziel-, Inhalts- und<br />

Methodenentscheidung<br />

Impuls<br />

Den Impuls bildet heute eine kurze Gruselgeschichte von Erwin Moser. Dabei sollen<br />

die Schülerinnen und Schüler spontan die passenden Geräusche bilden:<br />

„Leise gluckst es im Sumpf...“<br />

„... und eine zerzauste Pappel rauscht im Wind.“


Im Anschluss daran werden die grausigen Moorbewohner genannt. Der Leiter fordert<br />

jeweils drei, vier freiwillige Schülerinnen und Schüler auf, diese Gestalten<br />

darzustellen.<br />

Ein großes schwarzes Tuch soll als Sumpf dienen, aus dem die Monster entsteigen<br />

können.<br />

Die Fragestellung „Was macht ein Sumpfmonster aus?“ soll die Schülerinnen und<br />

Schüler dazu bringen, sich konkrete Vorstellungen von den Monstern zu machen und<br />

diese Eigenschaften zu verbalisieren:<br />

Monster sind hässlich, unheimlich, gefährlich, haben lange Zähne, schielende<br />

Augen, riesige Tatzen, mehrere Köpfe, einen langen Schwanz, speien Gift und<br />

Feuer...<br />

Hinführung zur Schaffensphase<br />

Der Leiter erklärt den Schülerinnen und Schülern das Ziel der heutigen Einheit:<br />

Jede Schülerin und jeder Schüler soll aus Ton ein Monster erschaffen, das in diesem<br />

Sumpf wohl lebt.<br />

In jeder Einheit wird die Vorgehensweise eingehalten.<br />

Gerade am Anfang des Therapeutischen <strong>Lernarrangement</strong>s ist es wichtig, den<br />

Rahmen zu bewahren. Es werden folgende Schilder aufgehängt und vorgelesen:<br />

Was wir brauchen:<br />

altes Hemd oder Schürze<br />

Ton oder Erde<br />

Wasser<br />

So wird es gemacht:<br />

Ton formen<br />

Die Tätigkeitsbeschreibung (heute: „den Ton formen“) sollen die Schülerinnen und<br />

Schüler umformulieren in die Ich-Perspektive: „Ich forme den Ton“.<br />

Das ist heute wiederum für die Schaffensphase sicherlich nicht wichtig, für die<br />

kommenden Einheiten, in denen mehrere Arbeitsschritte koordiniert werden müssen<br />

hingegen ist diese Formulierung sinnvoll. Gleichzeitige lernen sie zusammengesetzte<br />

Verben richtig zu trennen und im Satz richtig einzubauen (Schablone auflegen ⇒ „Ich<br />

lege die Schablone auf“).<br />

Nachdem die Vorgehensweise klar ist, verlassen wir den Stuhlkreis. Die Schülerinnen<br />

und Schüler sollen sich ihre alten Hemden anziehen und sich einen Platz am<br />

Werktisch suchen. Die Platzwahl wird immer den Kindern überlassen, weil es wichtig<br />

ist, dass sie sich mit ihren Nebensitzern verstehen (Unstimmigkeiten in der Pause u. ä.<br />

können nicht berücksichtigt werden, was evt. zu Störungen oder Blockaden während<br />

der Arbeitsphase führen könnte).<br />

Kreative Schaffensphase<br />

Das warme Wasser soll in großen Schalen bereitgestellt sein. Schalen eignen sich<br />

besser als Becher, weil sie größere Öffnungen haben und nicht kippen können.<br />

Das Tonmaterial befindet sich portioniert in einer Wanne (dem Sumpf). Jedes Kind<br />

darf sich nacheinander einen Monsterklumpen aus dem Sumpf herausholen – ohne<br />

hineinzuschauen. Bis jedes Kind seinen Tonklumpen hat, sollen die anderen Kinder<br />

das Material bereits befühlen. Die meisten Kinder werden sicherlich gleich anfangen,<br />

ihn zu kneten.<br />

Als Hinführung zum Gestalten kann der Leiter die Schülerinnen und Schüler bitten,


... den Klumpen richtig fest zu schlagen, ihn weich zu machen.<br />

... Anschließend sollen sie eine Kugel daraus rollen.<br />

... Danach soll jedes Kind seine Hände nass machen und die Kugel in seinen Händen<br />

rollen ...<br />

... und schließlich in den Händen kneten.<br />

Immer wieder sollen die Schülerinnen und Schüler formulieren, wie sich das Material<br />

anfühlt und verändert hat. Nach der gemeinsamen Hinführung dürfen die Kinder ihre<br />

ureigensten Phantasiewesen nach Lust und Laune gestalten.<br />

Zwischenauswertung (Checkpoint)<br />

Eine Zwischenauswertung kann sinnvoll sein, wenn der Leiter erkennt, dass die<br />

Kinder sehr rasch zu Gestalten gekommen sind, keine Ideen mehr haben oder bereits<br />

gute Gestalten wieder verwerfen, usf.<br />

Folgende Fragen können die Schülerinnen und Schüler leiten, ihr Monster<br />

vorzustellen:<br />

Was ist das besondere an deinem Monster?<br />

(Warum) Ist es gefährlich?<br />

Welche Geräusche macht es? (Wie) Kann es brüllen?<br />

Nach diesem Checkpoint dürfen die Kinder weitergestalten. Eventuell ergibt sich in<br />

der Zwischenauswertung auch eine neue Richtung, ein neuer Gestaltungsaspekt,<br />

eine neue Geschichte....<br />

Abschlussauswertung<br />

Die Schülerinnen und Schüler stellen ihre Tiere ähnlich wie in der<br />

Zwischenauswertung vor, wobei sie ihre Tiere nun aber in der Mitte des Tisches frei<br />

arrangieren sollen.<br />

Hier könnten sich spontane Episoden ergeben ...<br />

... die Riesenschlange schleicht sich an den Sumpfzwerg an<br />

... das eine Moormonster versteckt sich hinter einem anderen, weil es so schüchtern<br />

ist...<br />

Diese Geschichten sollten aus den Schülerinnen und Schüler heraus kommen, ohne<br />

dass der Leiter stark in diese Richtung lenken sollte.<br />

Das Monsterstandbild sowie die einzelnen Moormonster werden fotografiert; die Bilder<br />

werden später im Raum arrangiert (Werkstattgedanke: Die Produkte bleiben um uns,<br />

inspirieren uns neu.)<br />

Ganz zum Schluss kann der Leiter die Schülerinnen und Schüler vor die Entscheidung<br />

stellen:<br />

Sollen die Monster wieder zurück in ihr Moor?<br />

Ja ⇒ Jeder Schüler darf sein eigenes Monster im Sumpf (Wanne)<br />

einstampfen.<br />

Die Schülerinnen und Schüler trennen sich gleich von ihrem Produkt.<br />

Nein ⇒ Die Monster werden gebrannt. Eventuell platzen sie, weil die Figuren<br />

nicht richtig bearbeitet und aufgebaut wurden. Die Schülerinnen und Schüler<br />

trennen sich später von ihrem Produkt.<br />

Die Wahlfreiheit soll den Schülerinnen und Schülern überlassen bleiben, obwohl es<br />

langfristig wichtig ist, den Schülern zu vermitteln, dass es genauso sehr auf den<br />

Gestaltungsprozess ankommt wie auf das Endprodukt. In einer späteren Einheit<br />

(„Zurück in die Wildnis“) werden die Tiere auf jeden Fall ausgewildert.


Dipl. Päd. Marcus Adrian


Literatur<br />

Wittoch, M.: <strong>Gestaltend</strong> Tätigsein als therapeutisches <strong>Lernarrangement</strong>.<br />

Vorpublikation 1993<br />

Selle, G.: Kunstpädagogik jenseits ästhetischer Rationalität? Über eine<br />

vergessene Dimension der Erfahrung. In: Kunst + Unterricht, Hf. 192 /<br />

1995<br />

Kahrmann, K.-O.: Das Prinzip Werkstatt. Eine Alternative zur alltäglichen<br />

kunstpädagogischen Praxis. In: Kunst + Unterricht, Hf. 161 /<br />

1992<br />

Bildungsplan für die Schule für Sprachbehinderte LPH1 / 1995<br />

Bildungsplan für die Grundschule LPH 1 / 1994<br />

Das Haus im Moor (nach Erwin Moser)<br />

Einsam steht ein Haus im Moor.<br />

Weit und breit nichts als Sumpf und Moor<br />

und einige wenige zum Teil abgestorbene, alte, verknorrte Bäume...<br />

Es ist Vollmond.<br />

Leise gluckst es im Sumpf (blobb, blobb)<br />

Eine zerzauste alte Pappel rauscht im Wind (schschsch)<br />

Das Schilfgras raschelt ...<br />

Aber kein einziges Tier ist zu hören<br />

... nur eine Eule wagt es, in die Nacht hinein zu rufen (Huhuuuuu)<br />

Es ist Mitternacht und bald werden sie wieder kommen ...<br />

... die unheimlichen Gestalten aus dem Sumpf<br />

... die schauerlichen Wesen, die man nur in der Nacht ertragen kann<br />

Wer hat Lust im Sumpf die Monster zu spielen ....<br />

... sie sind schauerlich schlimm, aber fassen niemals einander an ...<br />

die schleimigen Moormonster ... (die Schüler sollen versuchen, die Monster<br />

darzustellen)<br />

die bissigen Sumpfschlangen<br />

die schüchternen, kleinen Wasserhexen<br />

die bösen Moorwölfe<br />

die glotzäugigen Wassermänner<br />

und die über alle Maßen schrecklichen, von Dreck nur so stinkenden, klebrigschleimigen<br />

und grunzenden Tümpelkobolde<br />

Noch ist es aber still.<br />

Noch rührt sich nichts.<br />

Vielleicht trauen sie sich heute nacht nicht aus ihren nassen Schlupflöchern?<br />

Wir werden sehen ...

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