Hans Kock
Hans Kock
Hans Kock
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Künstler in der Kirche<br />
Ev. luth. Kirchengemeinde Aumühle bei Hamburg<br />
Künstler in der Kirche<br />
Im zweiten Teil dieser<br />
Serie stellt die<br />
Nordelbische Kirchenzeitung<br />
(NEZ) den<br />
Bildhauer <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong><br />
vor, dessen Arbeiten<br />
viele Gotteshäuser<br />
bereichern. Bei einem<br />
Rundgang durch seinen<br />
Skulpturenpark bei Kiel<br />
spricht er auch über das<br />
Verhältnis von Kunst<br />
und Natur.<br />
Bildhauer <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong> V , Gut Seekamp bei Kiel<br />
Kulturpreisträger der Landeshauptstadt Kiel 2004<br />
Das Streben nach Vollkommenheit<br />
Kiel. - Man muss sich erst ein wenig einfinden in die Gedankenwelt des Bildhauers<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong>. Ohne lange Vorrede ist er bei Nolde und Nietzsche, begibt sich auf die<br />
Spuren der großen Auseinandersetzungen zwischen Glaube und Philosophie und<br />
startet schließlich wie selbstverständlich einen Exkurs zum Begriff<br />
"Schöpfungsstimmigkeit". Dabei sollten es doch eigentlich bloß ein paar Sätze zu<br />
seiner Biographie und ein kurzer Überblick über sein Wirken als "Kirchenkünstler"<br />
sein. Schließlich hat kaum ein anderer in den vergangenen Jahrzehnten so viele<br />
Kirchräume durch Kunst zum Klingen gebracht wie <strong>Kock</strong>.<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong>, am 27. Dezember 1920 in Kiel geboren, siedelte schon in frühen<br />
Jugendjahren mit der Familie nach Hamburg über, besuchte dort die Albrecht-Thaer-<br />
Oberrealschule, um nach seinem Kriegsdienst zunächst an der Technischen<br />
Hochschule Braunschweig Architektur zu studieren. Doch bereits nach einem Jahr<br />
wechselte er 1948 von der Architektur zur Bildhauerei. an der Hamburger<br />
Landeskunstschule wurde er Meisterschüler und später Mitarbeiter des Bildhauers und<br />
Graphikers Gerhard Marcks, der nach dem Ersten Weltkrieg unter anderem am<br />
Bauhaus gelehrt hatte, unter den Nazis verfemt war und seit 1946 als Professor in<br />
Hamburg wirkte. 1953 wurde <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong> freischaffender Bildhauer in Hamburg.<br />
Zahlreiche Stipendien und Kunstpreise, Plaketten und Medaillen sowie Verleihung<br />
eines Professorentitels durch das Land Schleswig-Holstein im Jahre 1987 würdigen die<br />
Leistungen <strong>Kock</strong>s. Seine Werk umfasst Skulpturen in Stein und Metall. Die<br />
Ausstellungen seiner Werke sind kaum zu zählen.<br />
Als besonders bedeutsam gilt <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong>s Arbeit im Greifswalder Dom. Hier<br />
gestaltete er noch zu DDR-Zeiten den gesamten Innenraum, schuf Altar, Fenster und<br />
Leuchter. "Das war schon etwas Außergewöhnliches", erinnert sich <strong>Kock</strong>. Es habe<br />
damals komplexe Zustimmung gegeben und so mancher Atheist sei auf diesem Wege<br />
über die Kunst zu Gott gekommen. Ein "Vorkämpfer für die Freiheit", wie er damals<br />
häufig zu hören bekommen habe, sei der dennoch nicht gewesen.<br />
In seiner Heimatstadt Kiel arbeitete <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong> vier Jahre lang an der<br />
Neugestaltung des Innenraum der dortigen Ansgarkirche. Weitere Kirchen gestaltete<br />
u.a. in Kellinghusen und Hamburg. (auch in Aumühle bei Hamburg, Bismarck-<br />
Gedächtnis-Kirche; Anm. des Kirchenvorstandes Aumühle). Kurzum: <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong> zählt<br />
zu den bedeutendsten Kirchenkünstlern des Landes. In Deutschland ist er wohl einer<br />
der bedeutendsten Bildhauer des Gegenwart. Doch darüber spricht er, wie bereits<br />
erwähnt, nicht gern.<br />
http://www.kirche-aumuehle.de/Bildhauer<strong>Hans</strong><strong>Kock</strong>.htm[14.04.2012 15:58:46]
Künstler in der Kirche<br />
Er wendet sich lieber den großen Dingen zu: warum wir uns selbst nur aus der<br />
Tradition heraus verstehen können, was Künstler von den Philosophen lernen können<br />
und immer wieder der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Kunst und Natur.<br />
Das sind die Themen, die dem 81-jährigen auch nach einer so langen Schaffenszeit<br />
noch immer unter den Nägeln zu brennen scheinen. "Die großen Linien sind wichtig",<br />
sagt er wie zur Bestätigung und greift nach seinem Strohhut.<br />
Seekamp,<br />
<strong>Kock</strong>s Seebüll an der Ostseeküste<br />
Es zieht ihn nach draußen. Vor der Tür seines malerischen Landhauses vor den Toren<br />
von Kiel erstreckt sich ein parkartiges Gelände, aus dessen Wiesen scheinbar zufällig<br />
angeordnete Skulpturen wachsen. "Seekamp - hier an diesem Flecken habe ich die<br />
Möglichkeit, die Schöpfungsstimmigkeit zu erfahren", sagt <strong>Kock</strong>. Genau hier, auf dem<br />
ehemals als gut errichteten Hof der Vorfahren seiner vor drei Jahren verstorbenen<br />
Frau Anna, will <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong> seinen großen Lebenstraum verwirklichen: die Natur und<br />
Kunst gemeinsam zum Klingen zu bringen. "Durch das Einbringen der Kunst kommt<br />
die ursprüngliche Vollkommenheit der Schöpfung wieder zum Tragen". Zwölf seiner<br />
Großskulpturen stehen im Parkgelände des Hofbereiches. Das ehemalige Gutshaus<br />
zeigt in ständiger Ausstellung die Kleinplastiken des Künstlers, der ehemalige<br />
Pferdestall ist für Wechselausstellungen junger Bildhauer und für Veranstaltungen<br />
hergerichtet.<br />
Über jede einzelne Figur und Stele auf der zur "<strong>Hans</strong>-<strong>Kock</strong>-Stiftung"<br />
umgewidmeten Gutsgelände gibt der Kirchenkünstler ebenso bereitwillig wie<br />
ausführlich Auskunft. Etwa über "die Rose", die er einmal als Geschenk für seinen<br />
Freund, den Clown Charlie Rivel, geschaffen hat, oder über die runde<br />
Feldsteinterrasse, die bis zu dessen Umbau früher den Hamburger Rathausmarkt<br />
geschmückt hat und heute den nördlichen Abschluss der Seekamper Parkanlage<br />
bildet.<br />
Doch auch in Bezug auf seine Werke hält sich <strong>Kock</strong> nicht lange mit<br />
Oberflächlichem auf. Wie lange eine Arbeit gedauert hat, welche Technik er<br />
angewendet hat, über all das verliert er kau meine Silbe. Was für <strong>Kock</strong> zählt, ist<br />
ausschließlich das Ergebnis. Und das muss perfekt sein. "Künstler müssen arbeiten<br />
wie Hochseilartisten", sagt <strong>Kock</strong>, "Dilletantismus ist bei beiden absolut tödlich".<br />
Künstlerische Irrlichter in Kirchen<br />
Und künstlerische Irrlichter gibt es laut <strong>Kock</strong> in Kirchen genug. Überall dort, wo<br />
kirchliche Kunst Trends hinterher zu jagen versuche, werde sie sich selbst untreu:<br />
"Sie verliert dann die Botschaft in Reinheit", lautet sein Vorwurf. Zwar könne man im<br />
Glauben wie in der Kunst durchaus auf verschiedenen Wegen zu Gott gelangen. Aber<br />
dieses Ziel das Streben nach dem Göttlichen, das zugleich das Vollkommene ist,<br />
müsse schließlich bleiben. "Dem kann sich niemand entziehen". Ebenso wenig wie<br />
man sich auch der eigenen Herkunft entziehen könne, sagt <strong>Kock</strong>, der in<br />
Norddeutschland fest verwurzelt ist. Vielleicht fühlt sich der Künstler, dessen Mutter<br />
von der Halbinsel Eiderstedt kommt, auch deshalb dem Wirken Emil Noldes so stark<br />
verbunden. "Zwischen Seebüll (dem letzten Wohnsitz Noldes und heutigen Standort<br />
des Nolde-Museums) und Seekamp besteht gewissermaßen eine Art<br />
Diagonalbeziehung", sinniert <strong>Kock</strong> und meint damit nicht nur die geographische Lage.<br />
"Dort die Malerei, hier die Bildhauerei".<br />
Das eigentlich verbindende scheint aber auch hier weit unter der Oberfläche zu<br />
liegen. Schließlich war auch Nolde stets getrieben von dem Bestreben, Natur und<br />
Kunst in Einklang zu bringen. Überall dort, wo sich er Maler niederließ, legte er<br />
Blumengärten an. Die Eigenart der nordfriesischen Landschaft sowie das Seebüller<br />
Ambiente von Architektur und Garten blieben in Noldes Kunst nicht bloße Zutat,<br />
sondern bildet - ähnlich in ihrem Gesamtgefüge - eine harmonische Einheit aus Kunst<br />
und Natur. Dadurch wird bei <strong>Kock</strong> wie bei Nolde die Außenwelt zur Innenwelt und<br />
erläutert das künstlerische Werk und umgekehrt. Versinnbildlicht sieht <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong> die<br />
Vollkommenheit von Gottes Schöpfung vor allem in den alten Bäumen, die auf dem<br />
http://www.kirche-aumuehle.de/Bildhauer<strong>Hans</strong><strong>Kock</strong>.htm[14.04.2012 15:58:46]
Künstler in der Kirche<br />
Gelände des Skulpturenparks wachsen.<br />
Wo die Bäume in den Himmel wachsen<br />
"Schon die Zufahrt", eine Allee aus hoch gewachsenen Linden, "hat etwas von einer<br />
Kathedrale". Besonders symbolkräftig ist für den Künstler jedoch die dickstammige<br />
Linde am äußerten Rand der Rasenfläche: "Weit geöffnet gen Himmel, einstandfester<br />
Stamm mit schützender Rinde und das alles getragen von kräftigem Wurzelwerk -<br />
einfach vorbildlich", sucht <strong>Kock</strong> Analogien zur menschlichen Existenz. Nahezu<br />
Makellose Schönheit verkörpern auch die zahlreichen Frauenskulpturen, die <strong>Kock</strong> im<br />
Laufe seines künstlerischen Wirkens geschaffen hat. Beinahe selbst überrascht ist er<br />
dann auch, als er, mittlerweile im Ausstellungsraum angelangt, vor der von ihm<br />
angefertigten Büste seiner verstorbenen Frau steht. "Das unterschiedlich einfallende<br />
Sonnenlicht gibt ihr immer wieder neue Konturen", staunt er über das unerwartete<br />
neuerliche Zusammenspiel von Kunst und Natur.<br />
Die bekannteste von <strong>Kock</strong>s Frauenskulpturen dürfte zweifellos seine "Minerva"<br />
sein, an derem entblößten Oberkörper Sonntag für Sonntag tausende von Touristen<br />
auf Hamburgs berühmten Fischmarkt vorbeiziehen. Der Kirche bescheinigt <strong>Kock</strong> in<br />
dieser Hinsicht übrigens einen fatalen Hang zur Prüderie. "Nicht etwa aus Angst vor<br />
Nacktheit, sondern mangels eines ganzheitlichen Blickes". Es sei für die Beurteilung<br />
eines Werkes generell hinderlich, wenn man zu sehr auf Details fixiert sei, gibt <strong>Kock</strong><br />
mit einem schelmischen Grinsen zu bedenken.<br />
Über jeglichen Hintergedanken erhaben sein dürfte hingegen die vorerst letzte<br />
Skulptur in kirchlichem Auftrag, die <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong> vor mittlerweile vier Jahren für die<br />
Hamburger Hauptkirche St. Katharinen geschaffen hat: eine bronzene Katharina, die<br />
mit ausgestrecktem Arm vom Kirchendach aus über den Hamburger Hafen blickt.<br />
Unerschrocken, zielstrebig und mit klaren Zügen, ganz wie die heilig gesprochene<br />
Namenspatronin der Kirche.<br />
Als <strong>Kock</strong> nach dem Rundgang durch den Skulpturenpark und die dazu gehörenden<br />
Ausstellungsräume seinen Strohhut wieder an den Haken hängt, lässt sich bei ihm<br />
zum ersten Mal so etwas wie Zufriedenheit ausmachen: Keinen Hieb würde er heute<br />
anders machen, lautet das Resümee seines ausgiebigen Rundganges. "Fertig" sei sein<br />
Werk aber noch lange nicht. "Wer das sagt, strebt nicht nach Vollkommenheit"<br />
Foto und Text: Carsten Splitt<br />
Bericht und Foto wurden freundlicherweise vom Autor,<br />
Herrn Carsten Splitt, zur Verfügung gestellt. © NEZ.<br />
Weiteres über <strong>Hans</strong> <strong>Kock</strong> und seine Seekamper Stiftung ...hier<br />
http://www.kirche-aumuehle.de/Bildhauer<strong>Hans</strong><strong>Kock</strong>.htm[14.04.2012 15:58:46]