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Homöopathie am Dr. von Haunerschen Kinderspital

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<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong><br />

<strong>Kinderspital</strong><br />

S. Kruse, A. Wackerl, M. Dorcsi-Ulrich und M. Dorcsi<br />

Seit 1995 besteht <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> der Ludwig-<br />

Maximilians-Universität München das Modellprojekt „<strong>Homöopathie</strong> in der<br />

Pädiatrie“. Es dient der Integration homöopathischer Therapie an einer Universitätskinderklinik.<br />

Neben der Patientenbetreuung wurden bisher Beobachtungsstudien<br />

zur <strong>Homöopathie</strong> durchgeführt. Diese Verlaufsbeobachtungen sollen<br />

dazu beitragen, wissenschaftliche Studien zu planen. Außerdem soll die Frage<br />

geklärt werden, ob sich die Erfolge der homöopathischen Therapie in Studien<br />

nachweisen lassen.<br />

Ermöglicht wurde dieses Projekt durch die Finanzierung der Karl und<br />

Veronica Carstens-Stiftung. Sie hat die Assistenzarztstelle <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. Sigrid<br />

Kruse in der Zeit <strong>von</strong> 1995–2001, sowie eine weitere Assistenzarztstelle <strong>von</strong><br />

1997–2000 finanziert. Nachdem die Elterninitiative Intern 3 e.V. (Eltern krebskranker<br />

Kinder) die Finanzierung einer Assistenzarztstelle seit März 2001 für<br />

ein Jahr übernommen hat, wird seit August 2001 die Ärztin im Praktikum<br />

Annette Wackerl durch die Karl und Veronica Carstens-Stiftung bezahlt.<br />

Eine weitere Voraussetzung für das Gelingen des Projekts ist die Supervision.<br />

Sie erfolgte bis Mai 2001 durch den homöopathischen Arzt Prof. Mathias<br />

Dorcsi und seine Frau <strong>Dr</strong>. Mira Dorcsi-Ulrich, die seit 20 Jahren homöopathische<br />

Kinderärztin in München ist. Nach dem Tod <strong>von</strong> Prof. Mathias Dorcsi<br />

wird die Supervision seit Juni 2001 durch seine Frau allein weitergeführt.<br />

Über die bisherige Entwicklung des Projekts wurde bereits in den Jahrbüchern<br />

3, 4, 5 und 6 der Carstens-Stiftung berichtet.<br />

Seit dem Jahr 2000 sind mit dem Clementine-Kinderhospital in Franfurt/Main<br />

und der Kinderklinik an der Lachnerstraße in München zwei weitere<br />

Kinderkliniken zum Projekt „<strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie“ gestoßen. Berichte<br />

über die Arbeit an diesen Kliniken sind im Anschluss an diesen Bericht zu lesen.<br />

Integration homöopathischer Therapie – Bilanz nach<br />

sechseinhalb Jahren<br />

Nach sechseinhalb Jahren Modellprojekt „<strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie“ <strong>am</strong><br />

<strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> werden bei Bedarf homöopathische Konsile


50 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

<strong>von</strong> allen Stationen und den verschiedenen Ambulanzen im Hause durch die<br />

Ärzte angefordert.<br />

Dabei ist folgende Vorgehensweise üblich: Zunächst wird bei jedem Kind,<br />

das vorgestellt wird, eine angemessene Diagnostik durchgeführt. Anschließend<br />

wird mit der für das Krankheitsbild üblichen Therapie begonnen. Die Indikation<br />

für eine homöopathische Behandlung stellt der Arzt der Station bzw. Ambulanz.<br />

Gründe für eine meist begleitend durchgeführte homöopathische Therapie<br />

sind unbefriedigende konventionelle Therapiemöglichkeiten (z.B. therapieresistente<br />

Epilepsie) oder der Wunsch der Eltern nach homöopathischer Behandlung<br />

für ihre Kinder. Sehen wir im konkreten Krankheitsfall eine homöopathische<br />

Therapiemöglichkeit, dann erheben wir bei chronischen Erkrankungen<br />

eine ausführliche homöopathische An<strong>am</strong>nese (Dauer: 1–2 Stunden).<br />

Bei akuten Erkrankungen reicht eine ausführliche An<strong>am</strong>nese der<br />

Lokalbeschwerden.<br />

Dann untersuchen wir das Kind körperlich und führen anschließend eine<br />

kurze Videoaufnahme durch. Schließlich erfolgt die individuelle homöopathische<br />

Arzneimittelfindung, meist in Supervision durch Dorcsi.<br />

Nach Verordnung der Arznei bleiben wir möglichst auch nach Entlassung<br />

des Kindes mit dessen Eltern in Kontakt, um die homöopathische Behandlung<br />

fortzuführen und längerfristige Krankheitsverläufe zu begleiten und die Therapieergebnisse<br />

zu dokumentieren.<br />

Wir wenden eine praktikable, zielführende und menschengerechte <strong>Homöopathie</strong><br />

mit Einzelmitteln an, wie sie Dorcsi in seiner Wiener Schule der<br />

<strong>Homöopathie</strong> gelehrt hat. In der folgenden Definition der <strong>Homöopathie</strong> sind<br />

die wichtigsten Besonderheiten dieser Therapierichtung erwähnt:<br />

<strong>Homöopathie</strong> ist eine<br />

- ärztliche Therapieform<br />

- mit Einzelmitteln,<br />

- die <strong>am</strong> gesunden Menschen geprüft sind und<br />

- in potenzierter Form<br />

- nach der Ähnlichkeitsregel verordnet werden<br />

Prof. Mathias Dorcsi (1923–2001)<br />

Prof. Mathias Dorcsi hat über 50 Jahre lang die <strong>Homöopathie</strong> klinisch eingesetzt,<br />

zunächst 40 Jahre lang in Wien, dann – nach seiner Übersiedlung 1989 –<br />

12 Jahre lang in München.


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 51<br />

In Wien hat er schon 1975 die <strong>Homöopathie</strong> durch ein besonderes Ausbildungsprogr<strong>am</strong>m<br />

lehr- und lernbar gemacht. Durch diesen Stufenplan begründete<br />

er die Wiener Schule der <strong>Homöopathie</strong>. Seine berühmten „Badener Intensivkurse“<br />

wurden Vorbild für die <strong>Homöopathie</strong>-Ausbildung in vielen Ländern<br />

dieser Welt, auch in Deutschland.<br />

Prof. Dorcsi hat den Menschen ins Zentrum der Therapie gestellt. Er hat<br />

durch sein Denken in Konstitution und Diathese einen besonderen Zugang zum<br />

kranken Menschen gefunden. Seine legendäre Frage <strong>am</strong> Ende einer ausführlichen<br />

homöopathischen An<strong>am</strong>nese war immer: „Was ist das für ein Mensch –<br />

mit dieser Krankheit, mit diesen Ängsten, mit diesem Schicksal?“<br />

Außerdem war er in Kliniken in Wien tätig und hat dort in unterschiedlichen<br />

Fachbereichen homöopathische Ambulanzen eingerichtet. Er wurde konsiliarisch<br />

auf die verschiedenen Abteilungen gerufen, immer mit der Frage, ob<br />

er bei besonders schwierigen Krankheitsfällen noch homöopathisch helfen<br />

könne. Ein wichtiges Anliegen <strong>von</strong> Prof. Mathias Dorcsi war es, Brücken zur<br />

konventionellen Medizin zu bauen. Er wollte die <strong>Homöopathie</strong> als einen Teil<br />

der ges<strong>am</strong>ten Medizin in die Kliniken integrieren.<br />

1975 bek<strong>am</strong> Dorcsi mit dem Ludwig-Boltzmann-Institut für <strong>Homöopathie</strong><br />

einen Forschungsauftrag, 1984 begann er im Rahmen des Lehrauftrags der<br />

Medizinischen Fakultät Wien, <strong>Homöopathie</strong>-Vorlesungen zu halten. Seine<br />

erfolgreiche Tätigkeit wurde 1985 durch die Verleihung des Professorentitels<br />

gekrönt. So hat Prof. Dorcsi die <strong>Homöopathie</strong> in Österreich etabliert und „gesellschaftsfähig“<br />

gemacht.<br />

1989 siedelte Prof. Dorcsi nach München um. Dort begann er gemeins<strong>am</strong><br />

mit der homöopathischen Kinderärztin <strong>Dr</strong>. Mira Ulrich, regelmäßige <strong>Homöopathie</strong>kurse<br />

für Kinderärzte im Pädiatrischen Zentrum für Entwicklungsrehabilitation<br />

bei Prof. Hellbrügge in München durchzuführen. Diese Wochenendkurse<br />

waren <strong>von</strong> der Ärztek<strong>am</strong>mer anerkannt zum Erwerb der Zusatzbezeichnung<br />

<strong>Homöopathie</strong> und wurden als sehr praxisnahe <strong>Homöopathie</strong>kurse sehr gut<br />

besucht.<br />

Im Jahre 1995 übernahmen Prof. Dorcsi und seine Frau die Supervision im<br />

Modellprojekt „<strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie“ <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong><br />

der LMU München. So standen sie uns 1–2x pro Woche abends zur<br />

Supervision persönlich zur Verfügung; bei dringenden Fällen telefonisch jederzeit.<br />

Durch Dorcsis unvergleichliche klinische Erfahrung in der <strong>Homöopathie</strong><br />

und seine umfassenden Arzneimittelkenntnisse gelang es, gerade auch bei<br />

schwerkranken Kindern unerwartete Therapieerfolge zu erreichen (vgl. Jahrbücher<br />

der Karl und Veronica Carstens-Stiftung 3, 4, 5 und 6). Dies hat ganz<br />

entscheidend dazu beigetragen, dass die <strong>Homöopathie</strong> im Laufe der Zeit große


52 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

Akzeptanz und Anerkennung in der Kinderklinik gefunden hat, sowohl bei den<br />

Eltern und dem Pflegepersonal, aber auch in der ges<strong>am</strong>ten Ärzteschaft.<br />

Klinikstruktur<br />

Der stationäre Bereich im <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> umfasst insges<strong>am</strong>t<br />

160 Betten. Der Pädiatrische Bereich besteht aus vier Normalstationen,<br />

zwei Intensivstationen (Pädiatrische Intensivpflegestation = PIPS und der Neonatologischen<br />

Intensivpflegestation = NIPS), der onkologischen Abteilung mit<br />

der Station für krebskranke Kinder und der Einheit für Knochenmarkstransplantation.<br />

Außerhalb des Gebäudes, aber zur Kinderklinik gehörend, befinden sich<br />

zwei weitere Stationen und zwei Neugeborenen-Intensivstationen in den beiden<br />

Universitätsfrauenkliniken der LMU München. Außerdem gibt es innerhalb<br />

des Hauses die große Abteilung für Kinderchirurgie, die die Chirurgische<br />

Intensivpflegestation (= CIPS) und drei chirurgische Stationen umfasst (Tab. A<br />

im Anhang).<br />

Der <strong>am</strong>bulante Bereich im <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> ist sehr umfangreich.<br />

Man kann die täglich stattfindende Ambulanz für die Allgemeine<br />

Pädiatrie <strong>von</strong> vielen Spezial<strong>am</strong>bulanzen unterscheiden.<br />

In der Notfall<strong>am</strong>bulanz, die nachts und <strong>am</strong> Wochenende durch den diensthabenden<br />

Arzt betreut wird, stellen sich vorwiegend Kinder mit akuten Erkrankungen<br />

aus allen Bereichen der Pädiatrie vor. Häufige Gründe für einen<br />

Besuch in der Notfall<strong>am</strong>bulanz sind fieberhafte Infektionen und unklares<br />

Schreien beim Säugling. Die einzelnen Fachgebiete der Spezial<strong>am</strong>bulanzen<br />

sind Tabelle B (im Anhang) zu entnehmen.<br />

Täglich kommen ungefähr 140–160 Kinder in die verschiedenen Ambulanzen.<br />

Einsatz homöopathischer Therapie in der Kinderklinik<br />

Von allen oben beschriebenen Stationen im Hause erfolgen regelmäßige Anforderungen<br />

für ein homöopathisches Konsil, die rasch erfüllt werden müssen.<br />

Die homöopathische Betreuung der stationär aufgenommenen Kinder stellt den<br />

Schwerpunkt der Arbeit des Modellprojekts „<strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie“<br />

dar. Nach Entlassung werden viele der begonnenen homöopathischen Behandlungen<br />

<strong>am</strong>bulant fortgeführt.


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 53<br />

Allerdings kommen auch aus der Ambulanz wiederholt Anfragen nach einer<br />

begleitenden homöopathischen Therapie, sowohl aus der Allgemeinpädiatrischen<br />

Ambulanz wie aus den verschiedenen Spezial<strong>am</strong>bulanzen. Bei komplexen<br />

Erkrankungen und längerfristiger Betreuung in anderen Spezial<strong>am</strong>bulanzen<br />

wird eine homöopathische Begleittherapie ermöglicht. Anderen<br />

Kindern wird aus Kapazitätsgründen empfohlen, einen homöopathisch erfahrenen<br />

Kinderarzt in ihrer Wohnortnähe aufzusuchen.<br />

Die begleitende homöopathische Therapie wird bei ganz unterschiedlichen<br />

Erkrankungen und Beschwerden erfolgreich eingesetzt (vgl. Jahrbücher 3, 4, 5<br />

und 6).<br />

Onkologie und <strong>Homöopathie</strong><br />

Im Jahr 2000 wurde die Abteilung für Onkologie zu einem wichtigen Schwerpunkt<br />

für eine begleitende homöopathische Therapie. Hintergrund dieser Entwicklung<br />

ist der <strong>von</strong> den dortigen Eltern immer häufiger geäußerte Wunsch<br />

nach einer sanften Begleittherapie für ihre krebskranken Kinder. Ziel dieser<br />

Begleittherapie ist die Behandlung der Nebenwirkungen der meist sehr belastenden<br />

Therapien wie Chemotherapie, Operation und Bestrahlung.<br />

Voraussetzung für eine homöopathische Therapie ist auch hier eine ausführliche<br />

An<strong>am</strong>nese, um die Besonderheiten und die Person des jeweiligen<br />

Kindes kennenzulernen.<br />

Die häufigsten Grunderkrankungen der betroffenen Kinder sind: Akute<br />

lymphatische Leukämie, akute myeloische Leukämie, chronisch-myeloische<br />

Leukämie, Non-Hodgkin-Lymphom, Neuroblastom, Wilmstumor, Osteosarkom,<br />

Hirntumor, myelodysplastisches Syndrom bei Trisomie 21 und andere<br />

solide Tumoren an verschiedenen Lokalisationen.<br />

In den letzten 12 Monaten wurden 26 Kinder mit onkologischen Erkrankungen<br />

begleitend homöopathisch behandelt. Tabelle 1 zeigt häufig vorkommende<br />

Probleme und eine kleine Auswahl der begleitenden homöopathischen<br />

Therapiemöglichkeiten. Allerdings ist immer die aktuelle Symptomatik des<br />

einzelnen Kindes für eine individuelle homöopathische Arzneimittelfindung<br />

entscheidend.<br />

Nach Abschluss der Chemotherapie haben viele Eltern große Sorge vor einem<br />

Rezidiv der bösartigen Erkrankung. Dann steht die konstitutionelle Homöotherapie<br />

des Kindes nach ausführlicher An<strong>am</strong>nese ganz im Vordergrund.<br />

Die Zus<strong>am</strong>menarbeit mit den Ärzten und Oberärzten der onkologischen<br />

Abteilung ist sehr gut. Sowohl in der onkologischen Tagesklinik wie auf der<br />

Station Intern 3 und im LAF (Life Island, Einheit für Knochenmarkstransplan-


54 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

tation) werden regelmäßig homöopathische Konsile angefordert. Es wurden<br />

stationsintern Fortbildungen zur Anwendung der homöopathischen Arzneien in<br />

der Onkologie durchgeführt, die auf großes Interesse vor allem bei den Krankenschwestern<br />

gestoßen sind. Es wird nun nach und nach eine kleine homöopathische<br />

Stationsapotheke mit 120 Arzneien aufgebaut, d<strong>am</strong>it die wichtigsten<br />

Arzneien immer auf Station vorrätig sind.<br />

Tab. 1: Bewährte Indikationen für eine begleitende homöopathische Therapie in<br />

der Pädiatrischen Onkologie<br />

Problem Bewährte Indikation<br />

Übelkeit, Erbrechen<br />

nach Chemotherapie<br />

Stomatitis aphthosa<br />

(z.B. nach Methotrexat)<br />

Nux vomica C30, 1–2x 3 Glob. täglich<br />

Borax C6, 3x3 Glob. täglich oder<br />

Calendula C6, 3x3 Glob. (auch vorbeugend)<br />

Folgemittel: Phosphorus C30,<br />

Arsen.alb. C30<br />

Durchfall nach Chemotherapie Okoubaka C6, 3x3 Glob. täglich<br />

Schwäche und Erschöpfung Ac.phos. C6, 3x3 Glob. täglich oder<br />

China C6, 3x3 Glob. täglich oder<br />

Chininum arsenicosum C6, 3x3 Glob. täglich<br />

Leukopenie<br />

Thrombopenie<br />

Phosphor C12, 2x3 Glob. täglich für<br />

1 Woche od.<br />

Lachesis C12, 2x3 Glob. täglich für<br />

1–2 Wochen<br />

Anämie Ferrum phosphoricum C6, 3x3 Glob. täglich<br />

Seitdem die homöopathische Begleittherapie im Bereich der Onkologie intensiviert<br />

wurde, sind die Eltern viel zufriedener. Das hat das psychosoziale Te<strong>am</strong><br />

als neutraler Beobachter einhellig festgestellt. Es wird den Psychologen und<br />

Sozialpädagogen gegenüber immer wieder positiv bemerkt, dass es sehr fortschrittlich<br />

ist, wenn in einer führenden Universitätskinderklinik neben der intensiven<br />

Chemotherapie auch die Möglichkeiten der <strong>Homöopathie</strong> genutzt<br />

werden. Seither konnte die Lebensqualität der Kinder während der Chemotherapie<br />

verbessert werden durch Abfangen der Nebenwirkungen wie Übelkeit,<br />

Erbrechen, Durchfall, Schwäche und Verhaltensauffälligkeiten u.a. Außerdem<br />

hat sich eine größere Offenheit zwischen den Eltern und den Ärzten entwickelt.<br />

Die Eltern lassen die Kinder weniger häufig <strong>von</strong> außerhalb „heimlich mitbe-


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 55<br />

handeln“ als in den Jahren zuvor. Wie der gerade emeritierte Onkologe Prof.<br />

Haas berichtete, bek<strong>am</strong> früher fast jedes Kind <strong>von</strong> außerhalb zum Teil sehr<br />

zweifelhafte Therapien, die nicht immer ungefährlich und meistens sehr teuer<br />

waren. Diese alternativen Therapien wurden häufig lange Zeit den Ärzten verschwiegen.<br />

Jetzt fragen die Eltern an, ob sie das eine oder andere Mittel ihrem<br />

Kind geben können und sind sehr froh über die gute Zus<strong>am</strong>menarbeit zwischen<br />

den onkologischen und homöopathischen Ärzten im <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong><br />

<strong>Kinderspital</strong>.<br />

Kinderchirurgie und <strong>Homöopathie</strong><br />

Die Anfragen nach begleitender homöopathischer Therapie <strong>von</strong> Seiten der<br />

Kinderchirurgie nehmen immer mehr zu. Einerseits fragen die Eltern kranker<br />

Kinder an, die <strong>von</strong> dem Projekt „<strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie“ gehört haben.<br />

Andererseits kommen homöopathische Konsilanforderungen <strong>von</strong> den Ärzten<br />

und Krankenschwestern, dann meistens bei Problemkindern mit z.B. Angstzuständen,<br />

Unruhe, Trinkschwäche, Wundheilungsstörungen, Verbrennungen<br />

und ihren Folgen. In der Chirurgischen Ambulanz hat sich der Einsatz <strong>von</strong><br />

Arnica C30 als Einmalgabe bei Verletzungsfolgen sowie die Gabe <strong>von</strong> Aconitum<br />

C30 bei panischen Kindern, die beispielsweise einen erschreckenden Unfall<br />

miterlebt haben, sehr bewährt. Sehr eindrucksvoll war die Reaktion eines<br />

4-jährigen Kindes, das nach einem schrecklichen Unfall unaufhörlich panisch<br />

geschrien hatte. Nach Gabe <strong>von</strong> Aconitum C30 (1x3 Glob.) wurde das Kind<br />

nach fünf Minuten plötzlich ruhig und entspannte sich. Die weiteren Untersuchungen<br />

konnten ohne Gegenwehr durchgeführt werden.<br />

Tab. 2: Bewährte Indikationen für eine begleitende homöopathische Therapie in<br />

der Kinderchirurgie<br />

Problem Bewährte Indikation<br />

Verletzung, Folge <strong>von</strong> Verletzung Arnica C30, 1x3 Glob.<br />

Panik, Schreck, Schock, Unruhe Aconitum C30, 1x3 Glob.<br />

z.B. nach dem schrecklichen Unfall,<br />

vor dem Verbandswechsel<br />

Aconitum C30 hat sich auch bei Kindern sehr bewährt, die panische Angst vor<br />

dem notwendigen Verbandswechsel haben. Dadurch entspannt sich meist die<br />

angespannte Situation für das Kind und für alle Beteiligten. Tabelle 2 zeigt die<br />

bewährten Indikationen im Überblick.


56 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

Im <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> hat sich eine Arbeitsgruppe<br />

„Schmerztherapie bei Kindern“ aus Ärzten (Kinderchirurgen und Kinderanästhesisten)<br />

und Krankenschwestern gebildet, die Leitlinien für die Behandlung<br />

<strong>von</strong> Schmerzen im Kindesalter erarbeiten. Lange Zeit wurden die Schmerzen<br />

bei Kindern weniger ernst genommen und weniger intensiv behandelt als bei<br />

Erwachsenen. Sehr erfreulich ist es, dass auf Wunsch der Arbeitsgruppe<br />

„Schmerztherapie“ die Möglichkeiten der homöopathischen Therapie in den<br />

Leitlinien mitberücksichtigt und eingearbeitet werden sollen. Derzeit finden<br />

monatliche Treffen statt, um die Leitlinien zu optimieren. Sie müssen klar und<br />

übersichtlich sein. Von homöopathischer Seite sollen auf allen kinderchirurgischen<br />

Stationen zwölf homöopathische Arzneien eingeführt werden, die bei<br />

häufigen und wiederholt auftretenden Problemen rund um Verletzungen und<br />

Operationen eingesetzt werden können. In regelmäßigen Fortbildungen sollen<br />

die Arzneien nach und nach vorgestellt und eingeführt werden. Dann müssen<br />

sie sich beim kranken Kind bewähren. Das Interesse <strong>von</strong> Seiten der Krankenschwestern<br />

ist sehr groß, die Ärzte reagieren ganz unterschiedlich auf diese<br />

zusätzliche Therapiemöglichkeit.<br />

Forschung zur <strong>Homöopathie</strong> in der Universitätskinderklinik<br />

Verlaufsbeobachtung: Hirnblutung 3. Grades in der Neonatologie<br />

Einleitung<br />

Hirnblutungen sind immer wieder ein gefürchtetes Problem, das vor allem<br />

Frühgeborene betrifft. Je kleiner ein Frühgeborenes ist, desto größer ist die<br />

Gefahr, dass eine Hirnblutung auftritt (vgl. Baumeister et al. 2000). Wenn sich<br />

eine Hirnblutung bildet, tritt sie häufig <strong>am</strong> 2.–4. Lebenstag auf. Die Hirnblutungen<br />

werden in drei Grade eingeteilt (vgl. Staudt et al. 1999):<br />

Die Prognose der Hirnblutung ist abhängig vom Schweregrad. Eine Hirnblutung<br />

1. und 2. Grades heilt meist vollständig aus. Die Prognose bei der<br />

Hirnblutung 3. Grades ist nicht so günstig: Die Entwicklung eines posthämorrhagischen<br />

Hydrocephalus mit Hirndruck ist eine sehr gefürchtete und<br />

häufige Komplikation und muss meistens durch einen ventrikulo-peritonealen<br />

Shunt entlastet werden. Im weiteren Verlauf entwickeln sich sehr häufig intracerebrale<br />

Zysten an den Stellen, an denen Hirngewebe zugrunde gegangen ist.<br />

Die meisten der betroffenen Kinder leiden im weiteren Verlauf an neurologischen<br />

Defiziten unterschiedlicher Ausprägung. Ca. 70% dieser Kinder zeigen


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 57<br />

schwere Entwicklungsstörungen, nur 10% haben keine Beeinträchtigung in<br />

ihrer Entwicklung (vgl. Baumeister et al. 2000).<br />

Tab. 3: Einteilung der Hirnblutung in Grad 1–3<br />

Hirnblutung Ausmaß der Blutung<br />

1. Grades Die Hirnventrikel sind max. bis zu 50% mit Blut gefüllt.<br />

2. Grades Die Hirnventrikel sind zwischen 50% und 100% mit Blut gefüllt.<br />

3. Grades Die Hirnventrikel sind vollständig mit Blut gefüllt. Es kommt zur<br />

Vorwölbung ins Hirnparenchym oder zum Parenchymeinbruch.<br />

Verlaufsbeobachtung<br />

In diese Verlaufsbeobachtung eingeschlossen wurden alle Neugeborenen, bei<br />

denen in der Neonatalzeit eine Hirnblutung 3. Grades aufgetreten ist und die<br />

auf der neonatologischen Intensivpflegestation (=NIPS) des <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong><br />

<strong>Kinderspital</strong>s betreut wurden. Es wurden zwei Hauptzielpar<strong>am</strong>eter zur<br />

Verlaufsbeurteilung definiert:<br />

1. Ist ein ventrikuloperitonealer Shunt wegen Entwicklung eines posthämorrhagischen<br />

Hydrocephalus mit Hirndruck notwendig?<br />

2. Wie ist der Entwicklungsstand im Alter <strong>von</strong> 12 Monaten?<br />

(nach entwicklungsneurologischer Untersuchung)<br />

� unauffällige Entwicklung<br />

� mäßige Entwicklungsstörung, (d.h. Retardierung um 25–50%,<br />

z.B. fehlende Fortbewegung durch Robben oder Krabbeln)<br />

� schwere Entwicklungsstörung (d.h. Retardierung um 50% und mehr,<br />

z.B. fehlendes Greifen, fehlendes <strong>Dr</strong>ehen vom Rücken auf den Bauch,<br />

fehlende Hand-Fuß-Koordination)<br />

Die Rekrutierung der Kinder erfolgte in der Zeit <strong>von</strong> August 1997 bis August<br />

2000. Die ersten sieben Kinder mit Hirnblutung dritten Grades wurden nicht<br />

homöopathisch begleitend behandelt, da in dieser Zeit die Einarbeitungszeit<br />

<strong>von</strong> Sigrid Kruse auf der NIPS stattfand. Die nächsten sieben Kinder erhielten<br />

nach Einverständnis der Stationsleitung und der Eltern eine homöopathische<br />

Begleittherapie. So ergaben sich zwei Gruppen mit je sieben Kindern. Das<br />

Gestationsalter in der Gruppe 1 lag zwischen der 24. bis 33. Schwangerschaftswoche<br />

(=SSW), im Durchschnitt bei 28,2 SSW. In der Gruppe 2 betrug


58 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

das Gestationsalter 25 bis 39 SSW, im Durchschnitt 28,4 SSW. Die Geschlechtsverteilung<br />

war in beiden Gruppen identisch mit jeweils vier männlichen<br />

und drei weiblichen Neugeborenen. Somit sind beide Gruppen sehr ähnlich<br />

bezüglich des Gestationsalters und der Geschlechtsverteilung (Tab. 3).<br />

Tab. 4: Vergleich der Gruppe 1 und Gruppe 2 bei Neugeborenen mit Hirnblutung<br />

3. Grades<br />

Gruppe 1 Gruppe 2<br />

Zahl der Kinder N = 7 N = 7<br />

Rekrutierungszeitraum 8/1997–7/1998 8/1998–8/2000<br />

Gestationsalter 24.–33. SSW 25.–39. SSW<br />

Durchschnittliches Gestationsalter 28,2 SSW 28,4 SSW<br />

Männlich : weiblich 4:3 4:3<br />

Homöopathische Begleittherapie Nein Ja<br />

Homöopathische Begleittherapie bei Neugeborenen mit Hirnblutung<br />

3. Grades<br />

Die homöopathische Begleittherapie in dieser Verlaufsbeobachtung wurde<br />

nach einer ausführlichen An<strong>am</strong>nese mit verschiedenen Arzneien durchgeführt.<br />

Im Folgenden sollen die häufigsten der verwendeten Arzneien kurz vorgestellt<br />

werden.<br />

Das wichtigste Anfangsmittel bei einer Hirnblutung ist Arnica montana C30<br />

oder C200. Es wurde vier der sieben Kindern gegeben, meist in 2–3 Einzelgaben<br />

je 1x3 Glob. an 2–3 aufeinanderfolgenden Tagen. Bei Arnica montana handelt es<br />

sich um die Gebirgsblume Bergwohlverleih. Sie ist das Hauptmittel bei inneren<br />

Blutungen, auch bei Hirnblutungen, um die Resorption des Blutes zu fördern<br />

(vgl. Dorcsi: <strong>Homöopathie</strong> Bd. 6 – Symptomenverzeichnis, S. 201).<br />

Das wichtigste Folgemittel nach Arnica montana ist nach den Erfahrungen<br />

<strong>von</strong> Mira Dorcsi-Ulrich Latrodectus mactans C12, 2x3 Glob. jeden Tag für 4–6<br />

Wochen. Latrodectus mactans ist die Schwarze Witwe, eine sehr giftige Spinne.<br />

Diese Arznei ist vor allem dann indiziert, wenn die Kinder unruhig werden,<br />

häufige Schreiphasen haben und kaum zu beruhigen sind. Möglicherweise<br />

haben sie Kopfschmerzen, da sie sehr häufig <strong>am</strong> Kopf berührungsempfindlich<br />

sind. In der Arzneimittellehre und aus der Toxikologie finden wir den Hinweis<br />

auf Blutungen, auf heftigste Schmerzen mit Aufschreien und extreme Kälte <strong>am</strong><br />

Körper (vgl. Dorcsi: <strong>Homöopathie</strong> Bd 5 – Arzneimittellehre, S. 562). Latrodec-


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 59<br />

tus mactans haben sechs der sieben behandelten Kinder erhalten und wurden<br />

deutlich ruhiger.<br />

Einige der Kinder entwickelten einen posthämorrhagischen Hydrocephalus<br />

mit Hirndruck. Bei vier der sieben Kinder haben wir Apis C30 oder C200 in<br />

Einzelgaben wiederholt gegeben und bei einigen Kindern eine Erleichterung<br />

erreicht. Apis mellifica ist die Honigbiene, für die Schwellung, Ödembildung<br />

und Flüssigkeitsans<strong>am</strong>mlung typische Hinweise sind. In der Arzneimittellehre<br />

finden wir immer wieder den Hinweis auf Hydrocephalus und Cri encéphalique<br />

(vgl. Dorcsi: <strong>Homöopathie</strong> Bd. 5 – Arzneimittellehre, S. 145).<br />

Einige Kinder zeigten trotz regelmäßiger Gabe <strong>von</strong> Latrodectus mactans<br />

C12 immer wieder akute Schreiattacken und Unruhephasen. Hier bewährt sich<br />

häufig die Einzelgabe <strong>von</strong> Opium C30 oder C200, das bei vier der sieben Kinder<br />

eingesetzt wurde. Ausgangssubstanz für Opium ist der Mohnsaft, der in<br />

Urtinktur auch als Rauschgift eingesetzt werden kann. Unserer Erfahrung nach<br />

wirkt Opium C30/200 besonders dann bei Unruhephasen in der Neonatologie,<br />

wenn die Kinder entweder in der Anfangszeit viele Sedativa benötigten<br />

und/oder wenn es immer wieder Situationen gab, die mit Schreck für das Kind<br />

verbunden waren wie z.B. eine notwendige Intubation bei zunehmender Atemnot,<br />

wiederholtes Absaugen bei Verschleimung u.a. Opium C30/200 ist eines<br />

der wichtigsten Mittel bei Folge <strong>von</strong> Schreck und Furcht (vgl. Mezger:<br />

Gesichtete Homöopathische Arzneimittellehre Bd. II, S. 1105).<br />

Tab. 5: Wichtige Arzneien bei der Therapie der Hirnblutung dritten Grades<br />

Arznei Dosierung Leitsymptom Kinder<br />

Arnica montana<br />

(=Bergwohlverleih)<br />

Latrodectus mactans<br />

(=Schwarze Witwe)<br />

Apis mellifica<br />

(=Honigbiene)<br />

Opium<br />

(=Mohnsaft)<br />

Helleborus niger<br />

(=Christrose)<br />

C30 od. C200 in<br />

Einzelgaben<br />

C12<br />

2x3 Glob. täglich<br />

für 4-6 Wochen<br />

C30 od. C200 in<br />

Einzelgaben<br />

C30 od. C200 in<br />

Einzelgaben<br />

C6<br />

3x3 Glob. täglich<br />

für 4-6 Wochen,<br />

danach ev. C12<br />

Hauptmittel bei inneren<br />

Blutungen<br />

Hirnblutung mit häufigem<br />

Aufschreien, der Kopf ist<br />

empfindlich<br />

Ödembildung, Hydrocephalus,<br />

Unruhe<br />

Große Unruhe nach vielen<br />

Sedativa oder nach<br />

Schreckerlebnissen<br />

Angeborenes und erworbenes<br />

Hirntrauma zur<br />

besseren Hirnentwicklung<br />

4/7<br />

6/7<br />

4/7<br />

4/7<br />

6/7


60 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

Eine weitere wichtige Arznei in der langfristigen Betreuung der Kinder, die<br />

eine Hirnblutung dritten Grades erlitten haben, ist Helleborus C6. Von den<br />

sieben behandelten Kindern bek<strong>am</strong>en sechs Kinder Helleborus C6. Es handelt<br />

sich dabei um die Christrose, die eine große Rolle spielt in der Behandlung <strong>von</strong><br />

Kindern mit Hirnschädigung. Helleborus kann helfen, dass bei diesen Kindern<br />

andere Hirnareale die Funktion des geschädigten Gewebes übernehmen. Diese<br />

Arznei setzen wir langfristig ein, jeden Tag 3x3 Glob. Nach 4–6 Wochen kann<br />

man die Potenz wechseln auf Helleborus C12, 2x3 Glob. täglich. In der Arzneimittellehre<br />

finden wir es als wichtiges Mittel bei angeborenen und erworbenen<br />

Hirntraumen sowie bei Hydrocephalus (vgl. Dorcsi: <strong>Homöopathie</strong> Bd. 5 –<br />

Arzneimittellehre, S. 472).<br />

Neben den ausführlicher erwähnten, wichtigen Arzneien wurden weitere<br />

homöopathische Mittel eingesetzt, je nach Symptomatik des einzelnen Kindes.<br />

Ergebnis der Verlaufsbeobachtung<br />

Nach Auswertung der Daten nach einem Jahr kann folgendes Ergebnis berichtet<br />

werden: Der erste Hauptverlaufspar<strong>am</strong>eter war die Häufigkeit einer Anlage<br />

eines ventrikuloperitonealen Shunts zur Entlastung des Hirndrucks bei posthämorrhagischem<br />

Hydrocephalus. In Gruppe 1, die nicht homöopathisch begleitend<br />

behandelt worden ist, brauchten sechs der sieben Kinder einen Shunt zur<br />

Entlastung. In Gruppe 2, die begleitend homöopathisch behandelt worden ist,<br />

bek<strong>am</strong>en fünf der sieben Kinder einen solchen Shunt.<br />

Der zweite Hauptverlaufspar<strong>am</strong>eter war die Beurteilung der neurologischen<br />

Entwicklung des Kindes im Alter <strong>von</strong> einem Jahr durch den Entwicklungsneurologen.<br />

Wenn man die Entwicklung der Kinder beschreibt als unauffällig,<br />

mit mittleren Entwicklungsstörungen (Retardierung um 25–50%, z.B.<br />

fehlende Fortbewegung durch Robben oder Krabbeln) oder mit schweren Entwicklungsstörungen<br />

(Retardierung um 50% und mehr, z.B. fehlendes Greifen,<br />

fehlendes <strong>Dr</strong>ehen vom Rücken auf den Bauch, fehlende Hand-Fuß-<br />

Koordination), dann kann man die Kinder wie folgt zuordnen: In Gruppe 1<br />

(ohne homöopathische Begleittherapie) entwickelte sich keines der Kinder mit<br />

Hirnblutung dritten Grades unauffällig, vier der sieben Kinder zeigen mäßige<br />

Entwicklungsstörungen und drei der sieben Kinder leiden an schwerer Entwicklungsstörung<br />

im Sinne einer Retardierung um mindestens 50%. In der<br />

homöopathisch begleitend behandelten Gruppe 2 entwickeln sich zwei der<br />

sieben Kinder völlig unauffällig, ebenfalls vier der sieben Kinder zeigen mäßige<br />

Entwicklungsstörungen und eines der sieben Kinder leidet an einer schweren<br />

Entwicklungsstörung.


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 61<br />

Tab. 6: Ergebnis der Verlaufsbeobachtung<br />

Gruppe 1<br />

(keine homöopathische<br />

Therapie)<br />

Gruppe 2<br />

(homöopathische<br />

Therapie)<br />

Zahl der Kinder N = 7 N = 7<br />

Shuntanlage 6 Kinder 5 Kinder<br />

Entwicklung im Alter <strong>von</strong> zwölf<br />

Monaten:<br />

Unauffällige Entwicklung<br />

Mäßige Entwicklungsstörung<br />

Schwere Entwicklungsstörung<br />

0 Kinder<br />

4 Kinder<br />

3 Kinder<br />

2 Kinder<br />

4 Kinder<br />

1 Kind<br />

Ergänzend zu den oben beschriebenen Ergebnissen ist der Umstand erwähnenswert,<br />

dass es sich bei den beiden Kindern, die sich trotz der Hirnblutung<br />

dritten Grades unauffällig entwickeln, jeweils um ein Zwillingspärchen handelt.<br />

Das bedeutet, dass es neben dem Kind mit der Hirnblutung noch jeweils<br />

einen Zwillingsbruder bzw. eine Zwillingsschwester gibt, die nicht <strong>von</strong> der<br />

Hirnblutung betroffen war. So lässt sich die Entwicklung auch direkt mit dem<br />

gleichaltrigen Geschwisterchen vergleichen.<br />

Beim ersten Zwillingspärchen (Paula und Anna, Frühgeborene der 29.<br />

SSW, Geburtsgewicht 1100g) hat Paula mit der Hirnblutung dritten Grades<br />

links sogar rascher sprechen gelernt als ihre Schwester Anna. Beide besuchen<br />

nun den Regelkindergarten und fühlen sich dort sehr wohl. Sie wurden beide<br />

entwicklungsneurologisch als völlig unauffällig eingestuft.<br />

Beim zweiten Zwillingspärchen (Timo und Marco, Reifgeborene der 39.<br />

SSW, Geburtsgewicht 2080g) haben sich beide Jungen normal entwickelt und<br />

werden ebenfalls entwicklungsneurologisch als völlig unauffällig eingestuft.<br />

Nicht in diese Studie eingeschlossen wurden zwei Frühgeborene, die nach<br />

dem Ende der Rekrutierungszeit mit Hirnblutung dritten Grades und posthämorrhagischem<br />

Hydrocephalus zum Legen eines ventrikuloperitonealen Shunts<br />

auf die Neonatologie des <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong>s verlegt wurden.<br />

Beide Kinder hatten deutliche Hirndruckzeichen mit Kopfwachstum <strong>von</strong> 1cm<br />

pro Tag, eine vorgewölbte Fontanelle und rezidivierende Bradykardien. Jeder<br />

erfahrene Neonatologe war sich sicher, dass angesichts der bedrohlichen Situtation<br />

in spätestens ein bis zwei Tagen zur Entlastung des Hirndruck ein Shunt<br />

notwendig sein würde.<br />

Beide Kinder reagierten prompt auf die Gabe <strong>von</strong> Arnica C200 je 1x3 Glob.<br />

an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Das immense Kopfwachstum normalisierte<br />

sich, die Fontanelle wurde wieder weich und kehrte ins Niveau zurück. Klinisch


62 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

stabilisierten sich die beiden Kinder und wurden weiterhin homöopathisch begleitend<br />

behandelt. Beide Kinder konnten <strong>am</strong> errechneten Geburtstermin ohne<br />

Shunt in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden.<br />

Es bleibt nun abzuwarten, wie die weitere Entwicklung dieser beiden Kinder<br />

verlaufen wird. Im Alter <strong>von</strong> 12 Monaten werden sie abschließend beurteilt<br />

werden können. Bemerkenswert ist die rasche Reaktion beider Kinder in einer<br />

akut bedrohlichen Situation.<br />

Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

Die oben genannten Ergebnisse zeigen, dass sich die Kinder in der Gruppe, die<br />

als Frühgeborene mit Hirnblutung dritten Grades begleitend homöopathisch<br />

behandelt wurden, tendenziell besser entwickeln und tendenziell weniger häufig<br />

einen ventrikuloperitonealen Shunt brauchen als die Kinder, die keine begleitende<br />

homöopathische Therapie bekommen haben. Allerdings sind die<br />

Zahlen zu klein, um einen signifikanten Unterschied erkennen zu können. Es<br />

sollten unbedingt mehr Kinder mit Hirnblutung dritten Grades unter Studienbedingungen<br />

untersucht und behandelt werden, um eine sichere Aussage machen<br />

zu können.<br />

Trotz der geringen Zahl behandelter Kinder kann man bei Neugeborenen<br />

mit Hirnblutung dritten Grades aufgrund der fehlenden konventionellen Therapiemöglichkeiten<br />

und der schlechten Prognose für die Entwicklung des Kindes<br />

einen homöopathischen Therapieversuch empfehlen.<br />

Geplante Studie zum Postpunktionellen Syndrom (PPS) und<br />

homöopathische Therapie<br />

Das Postpunktionelle Syndrom (PPS) ist gekennzeichnet durch Rücken-<br />

und/oder Kopfschmerzen, die innerhalb <strong>von</strong> drei Tagen nach einer Lumbalpunktion<br />

neu auftreten.<br />

Idee einer Studie zum Postpunktionellen Syndrom (PPS)<br />

Es gibt immer wieder Kinder, die nach der Durchführung einer Lumbalpunktion<br />

heftige Rücken- und/oder Kopfschmerzen bekommen. Dieses Problem tritt<br />

bei etwa 5–10% der Kinder nach Lumbalpunktion auf. Oft ist es schwierig,<br />

mithilfe üblicher Schmerzmittel wie Paracet<strong>am</strong>ol etc. eine Linderung zu erreichen.<br />

Nach den jahrzehntelangen Erfahrungen des versierten Onkologen Herrn


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 63<br />

Prof. Haas ist Abwarten, bis es nach wenigen Tagen ohnehin besser wird, oft<br />

die einzig hilfreiche Strategie.<br />

Folgendes Erlebnis mit einem 13 Monate alten Jungen war sehr überraschend:<br />

Der Junge schrie heftig in der Folgenacht nach einer Lumbalpunktion<br />

und war durch nichts zu beruhigen. Erst die Gabe <strong>von</strong> Ledum C30 1x3 Glob.<br />

(homöopathische Arznei bei Folge <strong>von</strong> Stichverletzung) und die Auflage <strong>von</strong><br />

Coldpack an der Einstichstelle lumbal brachte binnen fünf Minuten den ersehnten<br />

Erfolg: Das Kind schlief selig ein.<br />

So wurde die Idee geboren, eine Studie zum Thema „Postpunktionelles<br />

Syndrom und homöopathische Therapie“ durchzuführen.<br />

Beim PPS handelt es sich also um ein akutes Schmerzproblem, das einige<br />

Tage anhalten kann. Über die Pathophysiologie und Ätiologie des PPS gibt es<br />

verschiedene Hypothesen, die überprüft werden sollen.<br />

Da es sich um ein akutes und begrenztes Geschehen handelt, ist ein Erfolg<br />

der homöopathischen Therapie im Verlauf rasch beurteilbar. Außerdem sind<br />

die konventionellen Behandlungsmöglichkeiten unbefriedigend, so dass jeder<br />

froh wäre, wenn es eine andere Therapie gäbe. Zudem waren die bisherigen<br />

Erfahrungen mit homöopathischen Arzneien beim Postpunktionellen Syndrom<br />

sehr erfreulich. Somit erscheint dieses Thema für eine Studie zur <strong>Homöopathie</strong><br />

gut geeignet.<br />

Kooperation dreier Kinderkliniken<br />

Die geplante Studie zum Postpunktionellen Syndrom wird in Kooperation mit<br />

Herrn <strong>Dr</strong>. Christian Lucae <strong>von</strong> der Kinderklinik in der Lachnerstraße in München<br />

sowie mit Herrn <strong>Dr</strong>. Klaus Niehoff vom Clementine-Kinderhospital in<br />

Frankfurt <strong>am</strong> Main durchgeführt. Sowohl Herr <strong>Dr</strong>. Lucae als auch Herr <strong>Dr</strong>.<br />

Niehoff sind in ihren Kinderkliniken für den Bereich <strong>Homöopathie</strong> zuständig,<br />

den sie versuchen, in den klinischen Alltag zu integrieren.<br />

Bei der Studie zum PPS wird es sich somit um eine multizentrische Studie<br />

handeln, die an drei verschiedenen Kinderkliniken durchgeführt wird.<br />

Studiendesign<br />

Bei der geplanten Studie zum PPS bei Kindern handelt es sich um eine prospektive,<br />

multizentrische, nicht randomisierte klinische Studie, die in den drei<br />

oben genannten Kinderkliniken stattfinden wird.


64 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

In die Studie eingeschlossen werden alle Kinder, die älter als zwei Jahre sind<br />

und bei denen eine Lumbalpunktion durchgeführt wird. Außerdem müssen<br />

deren Eltern einverstanden sind, dass ihr Kind an dieser Studie teilnimmt.<br />

Ausgeschlossen werden alle Kinder, die jünger als zwei Jahre alt sind, die<br />

an einer eitrigen Meningitis erkrankt sind, die schon früher immer wieder<br />

Kopf- oder Rückenschmerzen hatten und deren Eltern nicht einverstanden sind,<br />

dass ihr Kind an einer solchen Studie teilnimmt.<br />

Die Studie ist zunächst für 16 Monate (2x8 Monate) geplant. In den ersten<br />

acht Monaten sollen die Kinder, bei denen ein PPS auftritt, primär homöopathisch<br />

behandelt werden. Im zweiten Teil der Studie (Monat 9–16) sollen die<br />

Kinder mit PPS primär konventionell wie in der jeweiligen Klinik gewohnt,<br />

behandelt werden. Dadurch entstehen zwei Gruppen, die im Verlauf des PPS<br />

verglichen werden können.<br />

Fragestellung<br />

Folgende Fragen sollen durch diese Studie zum Postpunktionellen Syndrom<br />

(PPS) und seine Therapie geklärt werden:<br />

� Wie häufig ist das Postpunktionelle Syndrom bei Kindern?<br />

� Welche Faktoren begünstigen ein PPS bei Kindern?<br />

� Wie ist der Verlauf des PPS unter homöopathischer Therapie?<br />

� Wie ist der Verlauf des PPS unter homöopathischer Therapie im Vergleich<br />

zur konventionellen Therapie?<br />

Datenerhebung<br />

Die Daten werden mithilfe <strong>von</strong> Fragebögen erhoben.<br />

Im ersten Teil der Studie sollen die ersten beiden Fragen nach der Häufigkeit<br />

des PPS und nach den Faktoren, die ein PPS begünstigen, untersucht werden.<br />

Daher soll der Arzt sofort nach jeder Lumbalpunktion einen Fragebogen<br />

ausfüllen, in dem der Ablauf und die eventuellen Schwierigkeiten bei der<br />

Lumbalpunktion dokumentiert werden. Spätestens bei der Entlassung werden<br />

die Fragen beantwortet nach dem Ergebnis der Liquoruntersuchung, nach der<br />

Grunderkrankung und nach dem weiteren Befinden des Kindes. Wenn nach der<br />

Lumbalpunktion Schmerzen im Sinne eines PPS auftreten, beginnt der zweite<br />

Teil der Studie.<br />

Sobald das Kind innerhalb der ersten drei Tage nach der Lumbalpunktion<br />

über neu aufgetretene Rücken- oder Kopfschmerzen klagt, wird ein Verlaufs-


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 65<br />

bogen begonnen, der vor allem <strong>von</strong> den Krankenschwestern mindestens einmal<br />

pro Schicht ausgefüllt werden soll. Es geht vor allem darum, den Verlauf und die<br />

Intensität der Schmerzen genau zu dokumentieren. Dabei sollen die Schmerzen<br />

in ihrer Intensität mithilfe <strong>von</strong> sog. Smileys <strong>von</strong> den Kindern bzw. den Krankenschwestern<br />

eingeschätzt werden. Außerdem wird genau dokumentiert, wann und<br />

wie viele Medik<strong>am</strong>ente das Kind benötigt, bis eine Besserung eintritt.<br />

Verlaufspar<strong>am</strong>eter<br />

Die Hauptzielpar<strong>am</strong>eter zur Beurteilung des Verlaufs des PPS sind die<br />

Schmerzdauer und der Schmerzmittelverbrauch. Diese beiden Par<strong>am</strong>eter werden<br />

mithilfe des Verlaufsbogens regelmäßig beurteilt. Sie sollten beim Vergleich<br />

der homöopathischen mit der konventionellen Therapie auf Signifikanz<br />

getestet werden.<br />

Als Nebenzielpar<strong>am</strong>eter wurde die Schmerzintensität und das Allgemeinbefinden<br />

gewählt, die im Verlauf des PPS deskriptiv beschrieben werden sollen.<br />

Konventionelle Therapie des Postpunktionellen Syndroms<br />

Die konventionelle Therapie des Postpunktionellen Syndroms besteht aus den<br />

verschiedenen Analgetika. Begonnen wird meist mit dem leichten Schmerzmittel<br />

Paracet<strong>am</strong>ol in der Dosierung 20–30mg/kg max. alle sechs Stunden. Alternativ<br />

kommt das Kombinationspräparat Talvosilen zum Einsatz, das aus Paracet<strong>am</strong>ol<br />

und Codein besteht. Wenn das nicht zur gewünschten Besserung führt,<br />

werden stärkere Schmerzmittel wie Novalgin (=Met<strong>am</strong>izol) in der Dosierung<br />

10–20mg/kg/d gegeben. Wenn auch das keine Erleichterung bringt, können<br />

Morphinderivate angewendet werden wie Tr<strong>am</strong>al (= Tr<strong>am</strong>adol) 1–2mg/kg als<br />

Einzeldosis oder Dipidolor (= Piritr<strong>am</strong>ie) 0,05-0,1mg/kg/d.<br />

Homöopathische Therapie des Postpunktionellen Syndroms<br />

Bei der homöopathischen Therapie ist neben der Ges<strong>am</strong>theit der Symptome<br />

besonders die Ätiologie des Geschehens zur Arzneimittelwahl sehr wichtig.<br />

Eine Lumbalpunktion stellt eine Stichverletzung dar. Somit kommt jedes Mittel<br />

in die engere Wahl, das sich bei Folge <strong>von</strong> Stichverletzung bewährt hat.<br />

Das Hauptmittel bei Stichverletzungen ist Ledum pallustre C30<br />

(=Sumpfporst). Bei dieser Arznei ist es typisch, dass sich die Schmerzen durch<br />

kalte Auflagen verbessern.


66 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

Ein weiteres wichtiges Mittel bei Folge <strong>von</strong> Stichverletzungen ist Hypericum<br />

perforatum C30 (=Johanniskraut). Typisch ist besonders die extreme Schmerzempfindlichkeit<br />

und die große Beziehung zu Irritationen des Nervens und des<br />

Nervensystems.<br />

Das dritte wichtige Mittel bei Stichverletzungen ist Apis C30<br />

(=Honigbiene). Auch hier werden die Schmerzen durch eiskalte Umschläge<br />

gebessert, wie bei Ledum C30. Allerdings ist das Kind meistens auffallend<br />

unruhig und ruhelos.<br />

Tab. 7: Homöopathische Arzneien beim Postpunktionellem Syndrom<br />

Arznei Dosierung Leitsymptom<br />

Ledum pallustre<br />

(=Sumpfporst)<br />

Hypericum perforatum<br />

(=Johanniskraut)<br />

Apis mellifica<br />

(=Honigbiene)<br />

C30 1x3 Glob., ev. in ½<br />

Glas Wasser aufgelöst<br />

C30 1x3 Glob., ev. in ½<br />

Glas Wasser aufgelöst<br />

C30 1x3 Glob., ev. in ½<br />

Glas Wasser aufgelöst<br />

Stichverletzung, besser<br />

durch kalte Umschläge<br />

Stichverletzung mit starken<br />

Schmerzen, Nervenirritation<br />

Stichverletzung, besser<br />

durch kalte Auflagen,<br />

meist unruhig, hastig<br />

Weitere Arzneien, die sich bei Folge <strong>von</strong> Stichverletzungen bewährt haben,<br />

sind bei Mateu und Ratera 1997 nachzulesen.<br />

Die passende homöopathische Arznei wird in der C30 als Einmalgabe 1x3<br />

Glob. auf die Zunge gegeben und danach 15 Min. gewartet. Wenn es dann<br />

nicht besser wird, sollen 3 Glob. in ½ Glas Wasser aufgelöst, 10x umgerührt<br />

und da<strong>von</strong> ein Schluck genommen werden. Dann wartet man wieder 15 Min.,<br />

bei fehlender Besserung erneut 10x umrühren und da<strong>von</strong> einen Schluck nehmen.<br />

Das kann man bis zu 4x wiederholen. Sollte dann keine Besserung eintreten,<br />

ist die Arzneimittelwahl zu überdenken und eventuell ein konventionelles<br />

Schmerzmittel zu versuchen, d<strong>am</strong>it das Kind nicht unnötig leiden muss.<br />

Studienablauf<br />

Es ist geplant, dass zunächst in den ersten acht Monaten der Studie alle Kinder,<br />

bei denen ein Postpunktionelles Syndrom auftritt, primär homöopathisch therapiert<br />

werden. In der zweiten Hälfte der Studie (Monat 9 bis 16) sollen dann alle<br />

Kinder mit PPS konventionell wie in der jeweiligen Klinik üblich behandelt<br />

werden.


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 67<br />

Anschließend sollen die beiden Gruppen im Verlauf verglichen werden, wobei<br />

die Hauptzielpar<strong>am</strong>eter die Schmerzdauer und der Schmerzmittelverbrauch<br />

sind.<br />

Sollte sich bei diesem Studiendesign ein signifikanter Unterschied zwischen<br />

den beiden beobachteten Gruppen ergeben, könnte überlegt werden, eine<br />

doppelblinde und placebokontrollierte Folgestudie durchzuführen.<br />

Vor Beginn der Studie ist das Einverständnis der Ethik-Kommission einzuholen.<br />

Danach kann die Studie zum PPS begonnen werden.<br />

Rückblick und Ausblick<br />

Die begleitende homöopathische Therapie hat sich im Laufe der letzten sechs<br />

Jahre <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> sehr gut etabliert. Das ist vor allem<br />

daran zu erkennen, dass alle Stationen und Ambulanzen regelmäßig ein homöopathisches<br />

Konsil anfordern. Somit ist die Integration der begleitenden<br />

homöopathischen Therapie an dieser renommierten Kinderklinik gelungen<br />

(vgl. Lüdtke et al 2001).<br />

Wenn anfangs manche Ärzte und Oberärzte doch sehr zweifelnd gegenüber<br />

der homöopathischen Therapie waren, so konnten im Laufe der Jahre<br />

einige Ärzte durch den überraschend positiven Krankheitsverlauf beim einzelnen<br />

kranken Kind überzeugt werden. Ein eindrucksvoller und unerwarteter<br />

Verlauf bei einem kranken Kind nach homöopathischer Therapie beeindruckt<br />

die ärztlichen Kollegen wahrscheinlich mehr als eine fragliche Studie.<br />

Solche eindrucksvollen Verläufe konnten nur erreicht werden dank der besonderen<br />

Supervision durch Prof. Mathias Dorcsi (bis Mai 2001) und jetzt<br />

durch seine Frau Mira Dorcsi-Ulrich.<br />

Allerdings sollten unbedingt Studien zur homöopathischen Therapie<br />

durchgeführt werden. An dieser Universitätskinderklinik gäbe es viele Möglichkeiten,<br />

eine Studie durchzuführen, da <strong>von</strong> allen Seiten große Unterstützung<br />

angeboten wird. Allerdings müsste unbedingt die <strong>Homöopathie</strong>-Forschungsgruppe<br />

erweitert werden, um sowohl dem Auftrag der Versorgung der kranken<br />

Kinder als auch dem Auftrag, Forschung zur <strong>Homöopathie</strong> zu betreiben, gerecht<br />

werden zu können. Eine erfreuliche Entwicklung ist die Kooperation mit<br />

anderen Kinderkliniken, wie mit der Kinderklinik in der Lachnerstraße in<br />

München und mit dem Clementine-Kinderhospital in Frankfurt. Eine solche<br />

Kooperation erleichtert die Durchführung <strong>von</strong> Studien durch raschere Rekrutierung<br />

der Kinder für eine Studie.


68 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

Am <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> bietet sich die besondere Chance, die<br />

<strong>Homöopathie</strong> als Erweiterung der Therapiemöglichkeiten in der Universität<br />

fest zu verankern und zu etablieren.<br />

Dann könnte die <strong>Homöopathie</strong> als ein Teil der ges<strong>am</strong>ten, modernen Medizin<br />

die Therapiemöglichkeiten auch in anderen Kinderkliniken erweitern und<br />

zur Selbstverständlichkeit werden – zum Wohle der kranken Kinder.<br />

Ein ganz besonderer Dank gilt der Karl und Veronica Carstens-Stiftung,<br />

die durch ihre Finanzierung seit 1995 diese höchst erfreuliche Entwicklung <strong>am</strong><br />

<strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> ermöglicht hat. Durch die aktuelle Finanzierung<br />

der Ärztin im Praktikum Annette Wackerl hat sie dazu beigetragen, dass<br />

sich die personelle Situation wieder etwas entspannt hat und eine <strong>Homöopathie</strong>-Forschungsgruppe<br />

entstehen kann.<br />

Literatur<br />

Baumeister F.A.M, Hofer M, Egger J: Progressive posthämorrhagische Ventrikelerweiterung<br />

der Frühgeborene – Inzidenz, Prognose und Therapie, Monatsschrift Kinderheilkunde<br />

2000; 12: 1072–1077<br />

Dorcsi M: <strong>Homöopathie</strong> Bd. 5 – Arzneimittellehre, Karl F. Haug-Verlag Heidelberg,<br />

3. Aufl. 1991<br />

Dorcsi M: <strong>Homöopathie</strong> Bd. 6 – Symptomenverzeichnis, Karl F. Haug-Verlag Heidelberg,<br />

4. Aufl. 1992<br />

Kruse S: Modellprojekt „<strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie“. Jahrbuch 3 der Karl und<br />

Veronica-Carstens-Stiftung. Hippokrates Verlag Stuttgart 1996: 118–131<br />

Kruse S, Naske K, Ulrich M, Dorcsi M: Modellprojekt „<strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie.<br />

Jahrbuch 4 der Karl und Veronica-Carstens-Stiftung. KVC Verlag Essen 1997:<br />

60–90<br />

Kruse S, Naske K, Ulrich M, Dorcsi M: Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie.<br />

Jahrbuch 5 der Karl und Veronica-Carstens-Stiftung. KVC Verlag Essen 1998: 3–19<br />

Lüdtke R, Kruse S, Naske K, Dittloff S, Reinhardt D: <strong>Homöopathie</strong> an der Universität:<br />

Ist eine Integration möglich? Forsch Komplementärmed Klass Naturheilkd 2001;<br />

8: 213–218<br />

Mateu I Ratera M: Erste Hilfe durch <strong>Homöopathie</strong>, Hahnemann Institut Greifenberg<br />

1997; 25<br />

Mezger J: Gesichtete Homöopathische Arzneimittellehre Bd. 2, Karl F. Haug-Verlag<br />

Heidelberg, 10. Auflage 1993<br />

Schroyens F: Synthesis, Hahnemann-Institut Greifenberg, 7. Auflage 2001<br />

Staudt et al: Einteilung der intraventrikulären Hämorrhagien bei Frühgeborenen nach<br />

den Richtlinien der DEGUM, Monatsschrift Kinderheilkunde 1999; 26II: 845–847


<strong>Homöopathie</strong> <strong>am</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong> 69<br />

Anhang<br />

Tab. A: Struktur der Kinderklinik und Kinderpoliklinik im <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong><br />

<strong>Kinderspital</strong> der Ludwig-Maximilians-Universität München<br />

Pädiatrie/ N<strong>am</strong>e der Normalstation/ Schwerpunkt der Betten<br />

Chirurgie Station Intensivstation Station<br />

Pädiatrie Intern 1 Normalstation Infektiologie/<br />

Immunologie<br />

12<br />

Intern 2 Normalstation Nephrologie/<br />

Neurologie<br />

12<br />

Intern 3 Normalstation Onkologie 15<br />

Intern 4 Normalstation Stoffwechsel/<br />

Privatstation<br />

8<br />

Intern 5 Normalstation Gastroenterologie 12<br />

Intern<br />

Säugling<br />

Normalstation Säuglinge 21<br />

NIPS Intensivstation Neonatologie 11<br />

PIPS Intensivstation Pädiatrie, Kinder<br />

älter als 4 Wochen<br />

11<br />

LAF Intensivstation Knochenmarkstransplantation<br />

2<br />

Onkologische Tagesklinik Onkologie Tages-<br />

Tagesklinik<br />

stationär<br />

Kinderchirurgie CIPS Intensivstation Chirurgie 8<br />

Chirurgie 1 Normalstation Privatstation 12<br />

Chirurgie 2 Normalstation Unfall- und Allgemeinchirurgie<br />

12<br />

Chirurgie 3 Normalstation Unfall- und Allgemeinchirurgie<br />

12<br />

Chirurgische Tagesklinik Ambulante OperaTages- Tagesklinik<br />

tionenstationär<br />

Pädiatrie Neonatologie Intensivstation Neonatologie 12<br />

außerhalb Maistraße<br />

Neonatologie<br />

Großhadern<br />

Intensivstation Neonatologie 12<br />

Kinderpoliklinik Station 1 Normalstation Onkologie 12<br />

Station 2 Normalstation Pädiatrie 12<br />

Psychosomatik-Station<br />

Normalstation Psychosomatik 4<br />

Chirurgie au- Herzchirurgie Intensivstation Kinderkardiologie 8<br />

ßerhalb Großhadern


70 Modellprojekt <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

Tab. B: Verschiedene Ambulanzen im <strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> <strong>Haunerschen</strong> <strong>Kinderspital</strong><br />

Ambulanz Sprechstunde<br />

Allgemeinpädiatrische<br />

Ambulanz<br />

Montag bis Freitag, vormittags<br />

Notfall-Ambulanz Nachts und <strong>am</strong> Wochenende<br />

Spezial<strong>am</strong>bulanzen<br />

� Pulmologie<br />

� Allergie und Asthma<br />

� Gastroenterologie<br />

� Hepatologie<br />

� Stoffwechselerkrankungen<br />

� Endokrinologie<br />

� Diabetes mellitus<br />

� Entwicklungsneurologie<br />

� Neurologie<br />

� Immunologie/<br />

Immundefekte<br />

� Monitor-Sprechstunde<br />

� Kardiologie<br />

� Nephrologie<br />

� Rheumatologie<br />

� Hämostaseologie<br />

� Psychosomatik<br />

� <strong>Homöopathie</strong><br />

Spezieller Wochentag, meist<br />

nachmittags<br />

<strong>Dr</strong>. med. Sigrid Kruse<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>von</strong> Haunersches <strong>Kinderspital</strong> der LMU München, Lindwurmstr. 4,<br />

80337 München

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