Wohlfühl-Klang
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die einstigen VU-Meter. Zum<br />
anderen, weil es nun auch im<br />
digitalen Bereich einen festen<br />
Bezugspegel gibt, der noch<br />
reichlich Spielraum für Transienten<br />
ohne die Gefahr digitaler<br />
Übersteuerungen bietet (siehe<br />
den Kasten „Lautstärke im<br />
Griff: der Standard EBU R 128“<br />
auf Seite 111).<br />
Apple iTunes hat von Haus aus eine ordentlich arbeitende Lautstärke-Normalisierung an Bord: Die<br />
international „Sound Check“ heißende Funktion muss man im Einstellungsmenü aber erst aktivieren.<br />
Bei aktivierter Sound-Check-Funktion zeigt iTunes im Informations-<br />
Fenster den Grad der Lautstärke-Anpassung, bezogen auf -16 LUFS.<br />
Nicht von heute<br />
auf morgen<br />
Bis die Lautstärke-Normalisierung<br />
in allen Bereichen etabliert<br />
ist, wird es noch einige Zeit<br />
dauern; weil hier Global Player<br />
wie Apple voranschreiten,<br />
könnte es allerdings auch ganz<br />
schnell gehen. Wer schon jetzt<br />
in den Genuss von Lautstärkenormalsiertem<br />
Programm kommen<br />
möchte, braucht nur das<br />
entsprechende Häkchen im<br />
iTunes-Setup-Menü bei „Lautstärke<br />
anpassen“ zu aktivieren,<br />
und schon hat der Gang zum<br />
Volume-Steller ein Ende.<br />
Was für den HiFi-Fan jedoch<br />
noch wichtiger sein dürfte:<br />
Lautstärke-Normalisierung<br />
macht nicht nur auf hohe<br />
Durchschnittspegel getrimmte<br />
Produktionen überflüssig – auch<br />
lässt sie solche im Direktvergleich<br />
mit dynamischeren Mixes<br />
in Sachen <strong>Klang</strong> ziemlich<br />
schlecht aussehen, was das<br />
Qualitätsbewußtsein auf der<br />
Produktionsseite nachhaltig<br />
steigern wird. stereoplay-Leser<br />
können jetzt schon erleben, wie<br />
sich das in der Praxis auswirkt:<br />
Zu diesem Zweck haben wir<br />
vom gleichen Titel („Karabu“<br />
von Annuluk, www.annuluk.<br />
net) drei unterschiedlich laut<br />
gemasterte Versionen bereitgestellt,<br />
die Sie gratis unter www.<br />
stereoplay.de downloaden können<br />
– inklusive einer genauen<br />
Anleitung zum Direktvergleich.<br />
Dabei haben wir bewusst auf<br />
Fakes verzichtet, die einen möglichst<br />
deutlich hörbaren Effekt<br />
vortäuschen sollen. Vielmehr<br />
entsprechen die Pegelabstufungen<br />
realen Durchschnittslautstärken,<br />
wie sie bei Produktionen<br />
dieser Art heutzutage gefordert<br />
werden. Selbst die<br />
lauteste Version ist noch so<br />
ausgetüftelt komprimiert, dass<br />
sie bei normalem Hören keine<br />
wirklich auffälligen Artefakte<br />
zeigt. Erst die Lautstärke-Normalisierung<br />
lässt das ganze<br />
Ausmaß der <strong>Klang</strong>veränderung<br />
erkennen.<br />
Der einzige Preis, den der<br />
Zuhörer für die Vorteile der<br />
Lautstärke-Normalisierung, zu<br />
zahlen hat: Er muss den Volume-Steller<br />
ein wenig weiter<br />
aufdrehen, um die gleiche Lautstärke<br />
wie bisher zu erreichen<br />
(was technisch jedoch eher Vorteile<br />
mit sich bringt). Der Grund<br />
hierfür: Der Richtwert der Lautstärke-Normalisierung<br />
muss<br />
zwangsläufig unterhalb der digitalen<br />
Vollaussteuerung (0 dB<br />
FS) angesiedelt sein, damit nach<br />
oben hin genügend Sicherheitsspielraum<br />
für Transienten<br />
bleibt: Diese wirken sich zwar<br />
kaum auf die durchschnittliche<br />
Lautstärke, wohl aber positiv<br />
auf das <strong>Klang</strong>erlebnis aus.<br />
Natürlich sind die Lautstärke-Normalisierungs-Routinen,<br />
die zum Beispiel iTunes verwendet,<br />
im Detail noch verbesserungsfähig:<br />
Schwerpunktmäßig<br />
auf schnelle Pegelerfassung<br />
ausgelegt, treffen sie nicht ganz<br />
so exakt den Normpegel wie<br />
echte Normalizer-Programme.<br />
Auch wäre es vorteilhafter, ein<br />
Album-Normalizing einzuführen,<br />
das die gewollten Pegelunterschiede<br />
zwischen den Titeln<br />
einer Produktion nicht ausbügelt<br />
– aber das sind allesamt<br />
keine unlösbaren Aufgaben.<br />
Ein Wermutstropfen bei der<br />
Lautstärke-Normalisierung sei<br />
jedoch nicht verschwiegen: Aus<br />
Gründen des Gehörschutzes<br />
darf nach der Europa-Norm EN<br />
50332 bei mobilen Kombis aus<br />
Zuspieler und Kopfhörer der<br />
Schalldruckpegel am Ohr voll<br />
aufgedreht 100 Dezibel nicht<br />
überschreiten. Hier könnte es<br />
je nach Tonmaterial mit der maximal<br />
möglichen Lautstärke<br />
unter Umständen recht knapp<br />
werden. Sinnvoller wäre hier<br />
aber auf jeden Fall eine Anpassung<br />
der EN 50332 an die neuen<br />
Gegebenheiten – ist doch die<br />
Lautstärke-Normalisierung ein<br />
wirklich bedeutsamer Schritt<br />
nach vorn.<br />
Jürgen Schröder ■<br />
A<br />
11/14 stereoplay.de 113