das magazin 03/04 2010 - Kölner Philharmonie
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Prüfstein für die<br />
Aufrichtigkeit des Musizierens<br />
Christine Schäfer, Matthias Goerne, Hilary Hahn<br />
und <strong>das</strong> Münchener Kammerorchester mit Werken von Bach<br />
„Nicht Bach, sondern Meer sollte er heißen“, ist ein bekannter<br />
Ausspruch von Ludwig van Beethoven über<br />
den Komponisten Johann Sebastian Bach. Beethoven<br />
erklärte seine Begeisterung „wegen seines unendlichen,<br />
unerschöpflichen Reichtums an Tonkombinationen und<br />
Harmonien“. Das Werkverzeichnis von Johann Sebastian<br />
Bach umfasst weit über 1000 verschiedene Kompositionen,<br />
doch die meisten Konzertaufführungen mit<br />
Musik von Bach bieten entweder Kantaten, Lieder, Solokonzerte<br />
oder Ouvertüren. Diese Reduzierung auf nur<br />
einige Gattungen ist aber zu wenig, um dem Genius<br />
von Johann Sebastian Bach in seiner ganzen Fülle gerecht<br />
zu werden, wie sie schon Ludwig van Beethoven<br />
beschrieb. Um einen Querschnitt durch <strong>das</strong> kompositorische<br />
Schaffen von Bach in seiner beeindruckenden<br />
Vielfalt zu geben, haben die Sopranistin Christine Schäfer,<br />
der Bariton Matthias Goerne und die Geigerin Hilary<br />
Hahn eine variantenreiche Programmfolge entworfen,<br />
in der sakrale Gesänge und brillante Instrumentalwerke<br />
einander abwechseln. Auf dem Programm stehen<br />
weltliche und geistliche Arien und Duette, in denen zu<br />
den Gesangssoli noch eine weitere, instrumentale Solostimme<br />
tritt: die Violine. Unter diesen Stücken finden<br />
sich Perlen wie <strong>das</strong> virtuos-galante „Laudamus Te“ aus<br />
der h-moll-Messe oder die ergreifende „Erbarme Dich“-<br />
Arie aus der Matthäus-Passion. Aber nicht nur Christine<br />
Schäfer und Matthias Goerne sind ausgewiesene Bach-<br />
Experten, wie ihre CD-Einspielungen belegen. Als die<br />
Geigerin Hilary Hahn im Alter von 18 Jahren ihre erste<br />
CD-Aufnahme vorbereitete, entschied sie sich mit den<br />
Solo-Partiten von Johann Sebastian Bach gleich für den<br />
Olymp der Geigenkunst. Ihr Debütalbum entfachte<br />
noch vor der Veröffentlichung in der Musikwelt eine<br />
große Diskussion. Es ging um die Frage, was darf und<br />
kann eine so junge Künstlerin spielen. „Ich habe Bach<br />
für meine erste Aufnahme gewählt“, entgegnete Hilary<br />
Hahn ihren Kritikern, „weil ich Bach bisher am meisten<br />
gespielt hatte. Warum sollte ich etwas machen, was ich<br />
noch nicht so gut kannte?“ Ihre Risikobereitschaft zahlte<br />
sich aus: Die immensen Schwierigkeiten, die Mehrfachgriffe,<br />
die Arpeggien, <strong>das</strong> Skalenwerk gelangen ihr<br />
makellos, unangestrengt intonationsrein, als seien <strong>das</strong><br />
Kleinigkeiten. Auch heute noch gehört Bach zu ihrem<br />
täglichen Arbeitspensum. „Johann Sebastian Bach“,<br />
sagte Hilary Hahn, „ist für mich der eigentliche Prüfstein<br />
für die Aufrichtigkeit meines Spiels.“ Die Zusammenarbeit<br />
mit zwei Sängern ist für sie eine neue Erfahrung:<br />
Christine Schäfer<br />
„Es geht darum, etwas zu lernen von jemandem, der eine<br />
andere Sicht auf die Dinge hat. Das wiederum hilft mir<br />
sehr bei der Zusammenarbeit mit anderen Musikern in der<br />
klassischen Musik.“ Die Sopranistin Christine Schäfer, die<br />
weltweit in allen bedeutenden Konzertsälen und Opernhäusern<br />
gesungen hat, beschreibt ihren Zugang zu Bach<br />
so: „Seine Musik ist voll mit Sehnsüchten, die jeder Mensch<br />
Alexander Liebreich<br />
Matthias Goerne<br />
Hilary Hahn<br />
heute noch hat. Es geht um Liebe und ums Sterben, <strong>das</strong><br />
ist nun mal <strong>das</strong> zentrale Thema des Menschseins.“ Auch<br />
Matthias Goerne, der mit seiner warmen, geschmeidigen<br />
Baritonstimme international hohes Ansehen erwarb, hat<br />
sich Gedanken über seine interpretatorische Herangehensweise<br />
zu Bach gemacht. „Egal, welches Sujet Bach<br />
benutzt hat“, sagte der Sänger, „es ist immer <strong>das</strong> Erklären<br />
von einem irdischen Dasein, von einem menschlichen<br />
Konflikt, von einer fast alltäglichen Welt, ohne <strong>das</strong>s sie<br />
banal ist“. Begleitet werden Christine Schäfer, Matthias<br />
Goerne und Hilary Hahn vom Münchener Kammerorchester<br />
unter Alexander Liebreich, <strong>das</strong> den musikalischen<br />
Kosmos von Johann Sebastian Bach ausschreitet,<br />
zu dem Friedrich Nietzsche sich wie folgt äußerte: „In<br />
dieser Woche habe ich drei Mal die Matthäuspassion<br />
gehört, jedes Mal mit dem selben Gefühl der unermesslichen<br />
Bewunderung. Wer <strong>das</strong> Christentum völlig verlernt<br />
hat, der hört es hier wirklich wie ein Evangelium.“<br />
Jürgen Gauert<br />
Konzerttermin<br />
25.<strong>03</strong>.<strong>2010</strong> Donnerstag 20:00<br />
Christine Schäfer Sopran<br />
Matthias Goerne Bariton<br />
Hilary Hahn Violine<br />
Münchener Kammerorchester<br />
Alexander Liebreich Dirigent<br />
Carl Philipp Emanuel Bach Sinfonie G-Dur Wq 182,1 „Hamburger Sinfonie Nr. 1“<br />
Allegro assai aus: Sinfonie A-Dur Wq 182, 4 „Hamburger Sinfonie Nr. 4“<br />
Johann Sebastian Bach „Die Welt mit allen Königreichen“. Arie für Bariton, Solo-Violine<br />
und Basso continuo aus: „Wer mich liebet, der wird mein Wort erhalten“ BWV 59<br />
„Die Schätzbarkeit der weitern Erden“. Arie für Sopran, Solo-Violine und Continuo<br />
aus: „Ich bin in mir vergnügt“ – Von der Genügsamkeit BWV 2<strong>04</strong><br />
„Ja ja ich halte Jesum feste“. Arie für Bass, Traversflöte, Viola d‘amore, Orgel und Continuo<br />
aus: „Ich lasse Dich nicht, du segnest mich denn“ BWV 157<br />
„Angenehmer Zephyrus“. Arie für Sopran, Solo-Violine und Continuo aus: „Ach bleib<br />
bei uns, Herr Jesus Christ“ BWV 649<br />
„Hier in meines Vaters Stätte“. Arie für Bariton, Solo-Violine und Basso continuo<br />
aus: „Liebster Jesu, mein Verlangen“ BWV 32 (1726)<br />
„Erbarme dich“ aus: Matthäuspassion BWV 244<br />
Air aus: Ouvertüre D-Dur BWV 1068 für drei Trompeten, Pauken, zwei Oboen, Fagott,<br />
Streicher und Basso continuo<br />
„Welt ade, ich bin dein müde“. Arie aus: „Der Friede sei mit dir“ BWV 158<br />
u. a.<br />
KölnMusik<br />
€ 10,– 21,– 32,– 44,– 52,– 62,–<br />
€ 38,– Chorempore (Z)<br />
Seite 40