das magazin 03/04 2010 - Kölner Philharmonie
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erstaunliche, mithin halsbrecherische<br />
Fliehende Klangimpulse und<br />
Bewegungsabläufe.<br />
Szene aus „Jagden und Formen“<br />
Sasha Waltz<br />
Termine<br />
<strong>04</strong>.<strong>04</strong>.<strong>2010</strong> Sonntag 20:00<br />
05.<strong>04</strong>.<strong>2010</strong> Montag 20:00<br />
Sasha Waltz & Guests<br />
Sasha Waltz Konzept und Choreographie<br />
Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola Künstlerische Projektleitung<br />
Martin Hauk Licht<br />
Beate Borrmann Kostüme<br />
Ensemble Modern<br />
Franck Ollu Musikalische Leitung<br />
Wolfgang Rihm<br />
Jagden und Formen (Zustand 2008)<br />
Ein musikalisch-choreographisches Projekt des<br />
Ensemble Modern und von Sasha Waltz & Guests<br />
Gefördert durch <strong>das</strong> Kuratorium KölnMusik e.V.<br />
KölnMusik<br />
€ 25,–<br />
„Jagden und Formen“ ein überaus passendes Stück, und Wolfgang<br />
Rihm erklärte sich gleich bereit, dem prozesshaften Werk<br />
neue Wendungen, neue Wachstumsformen einzuverleiben, es mit<br />
neuen Zuflüssen auszustatten. Denn schon in seiner Ursprungsfassung<br />
ist „Jagden und Formen“ ein Werk des steten Wandels,<br />
der fortwährenden Neubestimmung und Neuverortung. Zahlreiche<br />
Koordinaten, Schichten und Formulierungen aus älteren<br />
bzw. zeitgleich entstandenen Kompositionen ähnlicher Ideen<br />
hat Rihm hier einfließen lassen, hat sie dem neuen Klangtext und<br />
den veränderten Vorstellungen angepasst, sie übermalt, anders<br />
arrangiert, ergänzt, kommentiert, modifiziert, bearbeitet, kurzum:<br />
an ihnen und mit sich selbst gearbeitet. „Jagden und Formen“<br />
ist Modell und jeweiliges (Zwischen-)Ergebnis eines vital-vegetativen<br />
Prozesses, der sich, so Rihm, „aus vielen Quellen meiner<br />
Werklandschaft speist“. Ein „work in progress“ mit fortwährend<br />
fliehenden Klangimpulsen und erstaunlichen, mithin halsbrecherischen<br />
Bewegungsabläufen. Die kommentierende Interpretation<br />
durch Sasha Waltz & Guests erweitert die akustische Dramaturgie<br />
von „Jagden und Formen“ um die Dimension der Gestik, verleiht<br />
dem organischen Musikstück eine zweite Form der Lebendigkeit,<br />
gibt ihm durch die körperliche Manifestation einen neuen, einen<br />
multisensorischen Zustand, auch eine neue Rolle. Die verflochtenen,<br />
unaufhörlich nach vorne treibenden Strukturen des live gespielten<br />
Werkes werden sichtbar, zeigen, verdeutlichen, markieren<br />
die Rihm’sche Klangjagd nach der musikalischen Form, nach<br />
den Formen samt Ausformungen und Verformungen mit Füßen<br />
und Händen, denen der Tänzer sowieso. Aber auch die Musiker<br />
sind in die Choreographie eingebunden. „Jagden und Formen“<br />
mit dem Ensemble Modern und der Tanzcompagnie Sasha<br />
Waltz & Guests am Osterwochenende in der <strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong><br />
ist ein mäandernder Klang-Körper, ein wahrhaftig haptisches<br />
Hörabenteuer mit einem sicher nur vorläufigen Doppelstrich und<br />
mit einem großen Nachhall – womöglich bis in die Morgenstunden<br />
und länger, ein anderer Zustand. Stefan Fricke